Was ist neu

Drei Freunde

Seniors
Beitritt
23.07.2001
Beiträge
1.974
Zuletzt bearbeitet:

Drei Freunde

Drei Freunde

Es war einer dieser schönen, wolkenlosen Nachmittage im frühen Juni. Die Sonne hatte schon Kraft und ein leichter, warmer Windhauch brachte Hoffnung auf den kommenden Sommer.
Sie saßen auf der kleinen Terrasse des Straßencafés in der Innenstadt, einige Stufen über der nur wenig befahrenen Straße, nahe der Fußgängerzone.
Karl und Jan hatten Constantin gegenüber Platz genommen und beobachteten, wie er konzentriert und mit ernster Miene in seinem dicken Geschäftskalender blätterte, hin und wieder Eintragungen machte und Werte verglich.
Seine schwarzen Haare waren streng gescheitelt und die Sonnenstrahlen zeichneten glänzende Strähnen darauf.
Trotz der Wärme trug er einen dunklen Anzug, der ihm die Aura eines erfolgreichen Geschäftsmannes verlieh. Das weiße Hemd strahlte und eine rote Seidenkrawatte schimmerte matt im Sonnenlicht.
Der Kontrast zu Karl konnte kaum größer sein. Dessen kurzgeschorener Schädel hatte wohl einmal Autorität ausgestrahlt, doch nicht an diesem Tag, dazu war sein Blick zu schwermütig. Der Stoff seines grauen und verschlissenen Militäranzuges hing ihm am Körper wie eine blasse, faltige Haut.
Ebenso Jans schmutziger Overall, dessen ausgefranste Risse wie schorfe Wunden wirkten. Seine blonden Haare waren zottelig und eine Strähne hing ihm über der Stirn.
Sie sprachen nicht. Sie saßen einfach nur da und sahen zu, wie Constantin seine Notizen machte.
Nach einer Weile lehnte er sich zurück und nickte kaum merklich.
Mit feinen, gelassenen Bewegungen schraubte er die Kappe auf den Federhalter und schob ihn in eine Innentasche seiner Jacke.
Ein leichter Windzug wirbelte die Buchseiten auf. Constantin erhob sich, nahm den Kalender, schaute kurz wieder hinein, als wolle er sich vergewissern, lächelte schwach und raunte: „Das war’s.“
Ohne ein weiteres Wort verließ er die Terrasse und stieg die Stufen hinunter zu dem breiten Gehweg.
Karl und Jan tauschten nachdenkliche Blicke.
„Erinnerst du dich noch daran, wie er früher war?“ Jan wandte sich um und sah gerade noch, wie Constantin nebenan in dem kleinen Zeitschriftenladen verschwand.
„Ja, sehr gut sogar.“ Karl nickte nachdenklich. „Damals sind wir drei zusammen um die Häuser gezogen.“ Sein Blick hatte etwas Melancholisches. „Und er hat die Mädels klar gemacht.
Auch für mich.“
„Für mich auch.“ Jans Stimme war leiser geworden, er sprach fast zu sich selbst und es war nicht sicher, ob Karl ihn verstand.
Eine Kellnerin kam, räumte Constantins leere Kaffeetasse vom Tisch und wischte mit einem feuchten Tuch über die Platte. Dann schaute sie zum blauen Himmel hinauf, lächelte und verschwand, leise ein Lied summend, wieder in Lokal.
„Wann hatte das aufgehört?“
„Ich weiß nicht genau. Es ist wohl einfach so passiert,“ sagte Jan. „Nachdem Conny und ich geheiratet hatten, waren da zunächst noch unsere Skatabende und irgendwann ist er nicht mehr gekommen, bis …“ Jan schluckte. „... bis Jahre später meine Werkstatt nicht mehr lief und man uns das Haus wegnahm. Er hatte es für einen Spottpreis bekommen.“
Constantin verließ den Laden mit einer zusammengerollten Zeitung und trat an seinen Wagen, ein großes, schwarzes Cabriolet, das in der Sonne glänzte wie frische Kohle. Das Dach war offen und die Sonne ließ die Armaturen blitzen.
„Mit mir wollte er zur Armee.“ Karl spielte gedankenversunken an einem Rangabzeichen, das an seinem Ärmel hing.
„Er hatte mich überredet und wir haben uns dann gemeinsam gemeldet. Als es wirklich losging, stand ich alleine da.“
Constantin öffnete den Kofferraum und beugte sich hinein.
„Es ist seltsam, aber trotzdem fehlt mir unsere gemeinsame Zeit.“ Karl sah Jan an, als wolle er um Verständnis bitten. Jan schaute zur Straße, wo Constantin noch immer an seinem Kofferraum stand. Der Wind hatte aufgefrischt. Am Himmel schob sich eine kleine Wolke vor die Sonne und tauchte Constantin in einen weichen Schatten.
„Ja, mir fehlt da auch etwas und wir sollten das ändern.“ Jans Blick wurde härter und Karl nickte entschlossen.
Sie hörten nicht, wie Constantin den Kofferraum schloss. Er trat auf die Straße, öffnete die Fahrertür …
Jan nickte ganz leicht in Constantins Richtung.
… Und dann quietschten Reifen, ein Motor brüllte auf, ein Knall schlug mit aller Gewalt zwischen die Häuserfronten, wurde als vielfaches Echo zurückgeworfen und mischte sich in das helle Wimmern und Schlagen von zerreißendem Blech.
Stille.
Rufe und Schreie der Passanten wurden laut. Sie umringten den LKW und das Wrack des schwarzen Cabrios. Die Menge der Neugierigen und Helfer wurde dichter. Bald durchdrangen Sirenen das Geschrei. Blaulicht zuckte über die Wände der Häuser.
… Und dann … dann stand da Constantin, abseits, verwirrt, unbeachtet von den Menschen. Die Sonne schob einige Wolkenfetzen beiseite und ließ seine graue Gestalt fast silbern erscheinen.
Karl und Jan traten näher an die Treppe.
Jans Blick war ernst und doch offen, als stimme er mit dem Schicksal überein.
„Wir sollten ihn begrüßen.“
Karl nickte kaum merklich. Eine Amsel flog durch seine Schulter und setzte sich auf die Lehne eines Stuhles.
Gemeinsam stiegen sie die Stufen hinunter.

7 Min.

 

Hi Drei!

Wahrlich eine seltsame Geschichte, die bis kurz vor Schluss eher unscheinbar daherkommt. Die Pointe gefällt mir. Ich frag mich gerade allerdings, ob da nicht nicht ein zusätzlicher kleiner Hinweis als Vorandeutung gut wäre, ein Hinweis, den man erst nach dem Lesen als solchen erschließt. Okay, dass Constantin sie nicht beachtet, erschließt sich einem hinterher - aber vielleicht könnte man noch was mit der Kellnerin einbauen, die an den Tisch tritt und sie nicht anspricht.

Fehlerchen und Dinge, die mir auffielen:

Kommenden Sommer
-> "kommenden"
Straßencafes
Da fehlt ein ´ über dem e.
und eine rote Seidenkrawatte glänzte im Sonnenlicht.
und die Sonnenstrahlen zeichneten glänzende Strähnen darauf.
Da liegt nur ein Satz zwischen den beiden "gänzen", vielleicht findest du ein Synonym.
Sein Blick hatte was Melancholisches.
"Etwas", ist sonst zu umgangssprachlich.

Hat mir gefallen.

Ginny

 

Hi Ginny,
über die Hinweise habe ich natürlich auch nachgedacht und hatte genau deinen Gedanken mit der Kellnerin. Ich habe es dann gelassen, weil ich meinte, die Hinweise seien bereits da.
Wie du schon geschrieben hast, ignoriert Constantin seine Freunde, dann ist die Kleidung der beiden grau, Karls schäbige „Uniform“ so was hat ein Soldat nicht, jedenfalls keiner, der lebt. … Ok., ich lass die Kellnerin deren Tisch abwischen und Constantins Tasse abräumen. Mal sehen, was andere dann dazu meinen.
Danke für die Hinweise und für´s lesen.
Schön, dass dir die Geschichte gefallen hat!
LG. Manfred

 

Hallo Dreimeier!

Eine kleine, eher seichte Geschichte, gut erzählt. Meines Erachtens braucht es keine vorherigen Hinweise, man kann auch so vermuten, in welche Richtung das Ende gehen könnte oder sich überrraschen lassen.
Einziger Makel ist mMn, dass die Geschichte ein wenig zu ruhig erzählt wird. Ich meine nicht, dass Explosionen und Verfolgungsjagden fehlen, sondern eine extreme Unaufgeregtheit vorherrscht, die ein bisschen von der vollen Entfaltung der Geschichte nimmt. :)
Ein Vorschlag: Ein paar handelnde Sätze einbauen.

Alles nur meine bescheidene Meinung.

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo Nothlia,
du hast schon Recht. Richtig problematisch wäre die Ruhe, wenn die Geschichte länger wäre. Ich hatte natürlich gehofft, dass die Stimmung etwas tragen würde. … Hmm, hat nicht geklappt.
Aber das mit den Sätzen ist eine Idee und ich werde mir da was überlegen.
Danke für deine Gedanken und fürs lesen
Gruß 3

 
Zuletzt bearbeitet:

Salü Dreimeier,

ich mag einfach diese Art unspektakulären, ruhigen und nachdenklichen Geschichten. Sie hat sich mir schon von der Stelle an erschlossen, als Jan und Karl sich wortlos zu Constantin setzen. Vielleicht bin ich im Moment grade so 'gestimmt' und so tönt die 'richtige' Saite an ...

Noch ein wenig Textbearbeitung:

brachte Hoffnung auf den kommenden Sommer mit
das 'mit' würde ich streichen.
, leise ein Lied summen, wieder in Lokal.
summend, im Lokal
bis …,“ Jan schluckte. „bis
schluckte, "bis
„Es ist seltsam, denn trotzdem fehlt mir unsere gemeinsame Zeit
Der Satz ist leseholperig. Vielleicht statt 'trotzdem' ein aber? 'Seltsam, aber mir fehlt ...?
. Der Wind war aufgefrischt.
hatte aufgefrischt? Bin nicht sicher!
… Und dann quietschten Reifen
Das doppelnde 'Und dann' stoppt den Lesefluss und die Spannung. 'Dann quietschen Reifen ...
… Dann war Stille.
Einfacher: Stille!
… Und dann. …dann stand da Constantin
Einfacher: Constantin stand abseits ...
Jans Blick war ernst und doch offen, als stimme er
und doch offen? Würde ich streichen. Ernst, als stimme er ...

Ich hoffe, Dich trifft nicht der Schlag, bei so vielen Anmerkungen :) Damit will ich Dir nur zeigen, dass mir die Geschichte sehr gefallen hat.

Lieben Gruss,
Gisanne

PS: Die Schwalbe, die durch seine Schulter flog: Topp!

 

Hallo Manfred,
seltsam, seltsam, deine Geschichte. Aber deshalb steht sie ja auch in dieser Rubrik. :) Hat mir gut gefallen.
Ich muss allerdings sagen, dass ich sie erst nach dem zweiten Mal Lesen begriffen habe. Hatte z.B. beim ersten Mal den Satz: "Eine Amsel flog durch seine Schulter" nicht richtig gelesen.
Dann war mir natürlich alles klar.

Ein paar Sachen, die mir beim Lesen aufgefallen sind:
...auf der kleinen Terrasse des Straßencafe's
Straßencafés

schorfe Wunden
klingt irgendwie seltsam in meinen Ohren, vielleicht besser: Schorfwunden

Nach einer Weile lehnte er sich zurück...
hier würde ich "lehnte sich dieser zuück" schreiben.

...leise ein Lied summen, wieder in Lokal
summend, im Lokal

"Er hatte mich überredet und wir haben uns dann gemeinsam gemeldet. Als es dann wirklich losging, stand ich alleine da."
zweimal dann

LG, auch an Maria
Blanca :)

 

@Gisanne,

Vielleicht bin ich im Moment grade so 'gestimmt' und so tönt die 'richtige' Saite an ...
Nein, es war nicht deine Stimmung, es war die Geschichte! ;-) Quatsch, ich denke zu jeder Geschichte gehört die richtige Stimmung. Auch ein gutes Drama klappt nicht, wenn man total albern drauf ist. Schön wenn´s geklappt hat.
Ich hoffe, Dich trifft nicht der Schlag, bei so vielen Anmerkungen Damit will ich Dir nur zeigen, dass mir die Geschichte sehr gefallen hat.
Das ist es doch gerade, was ich meine: Keine Lobhudelei, sondern eine ehrliche Kritik.
Danke dafür und die Anmerkungen werde ich abarbeiten.
PS: Die Schwalbe, die durch seine Schulter flog: Topp!
Schade, ist doch nicht so topp. … Es war eine Amsel. :(


@Blanca,

Hatte z.B. beim ersten Mal den Satz: "Eine Amsel flog durch seine Schulter" nicht richtig gelesen.
Dann war mir natürlich alles klar.
Und genau das war der Satz, der das „Ahaaa…“ bringen sollte. ;)
Aber vielleicht hat Ginny ja Recht, wenn sie sagt, dass die Geschichte noch einige Hinweise braucht. Da sie aber schon in „Seltsam“ steht, wird einem das Seltsame schon aufgedrängt. … Eine Gradwanderung.
Straßencafés
Ich kopier das jetzt einfach mal rein. Wie bekommt man denn diesen blöden Schniepel über das e? :(
Danke auch dir fürs lesen und kommentieren.
Auch deine Anmerkungen werde ich abarbeiten.

Liebe Grüße an euch
Diesmal nicht auch an die Sonne, sondern auch von ihr! Hier ist keine Wolke an Himmel!!! 


PS. Wer hatte geschrieben, ich solle „diese oder welche“ oder so schreiben und damit was anderes ersetzen? Verdammt, ich finde die Anmerkung nicht mehr.
Es sei gesagt: Genau das sind für mich absolute Unwörter in einer Geschichte. In meinen Kritiken nerve ich damit schon. ;)

 

PS: Die Schwalbe, die durch seine Schulter flog: Topp!

"Schade, ist doch nicht so topp. … Es war eine Amsel."

Oh, Mann! :lol: und 'Topp' trotz Amsel. Hättst Du ihr `nen Namen gegeben ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Tag, Dreimeier,
ich hätte auch noch einen Senf dazu:
Für mich war sofort klar, daß die beiden toten Freunde den Unfall zumindest mitverursacht haben. Motive sind vorhanden, Emotionen zeigen sie auch als Geister noch, dann der harte Blick und die Bemerkung "mir fehlt auch etwas, und wir sollten das ändern", das entschlossene Nicken des einen und das äußerst verdächtige Nicken des anderen, der damit fast den Crash herbeigenickt haben könnte.
Dann kommt da aber das Schicksal auf die Bühne, mit dem Jan übereinzustimmen scheint.
Der kleine Kommissar will wissen:
Wußten die beiden nur, daß es ihren ehemaligen Freund erwischen würde und waren da, um sich das anzusehen, dabei ein wenig von früher zu plaudern und ihn dann abzuholen?
Oder haben sie nachgeholfen, und Jan hat danach nur schicksalsergeben dreingeschaut, um jeden Verdacht zu zerstreuen, falls Constantins Schutzengel gerade zugesehen hat?
Dr. Makita meint: Der Schicksalsblick war geheuchelt, das Schicksal kann nichts dafür, Jan war der Haupttäter (war ja auch früher Unternehmer) und Karl der Mitläufer (war ja auch Soldat).
Was sagt Sherlock Dreimeier?
Sonnige Grüße,
Makita.

 

Dr. Markita, Sie gehen fehl!
Es mag sein, dass Ihr Tag schon schlecht begann, als man Ihnen beim Becker ein Brötchen zuwenig in die Tüte getan hatte. So was zieht sich leicht durch den Tag und man meint, die Welt sei generell schlecht.
In unserem Fall soll man aber von der üblichen Betrachtungsweise abrücken und dem Guten Raum geben.
Meine Theorie ist folgende:
Wenn der Mensch vom Leben zum Tode kommt, wird er nicht vom Sensenmann geholt, sondern von bereits verstorbenen, die ihm nahe standen. Den Auftrag dazu gibt .... tja, wer weiß das schon?
Die Melancholie der Beiden ist so nur zu verständlich, tritt doch mit dem nahen Kontakt zum Freund die Vergangenhit wider zutage.
Keinesfalls sind beide so finstere Gestalten, wie Sie sie aus Ihrem Brötchenverlust wähnen.
Der Eine war wohl Unternehmer, (kein Bäcker) jedoch wegen seines guten Herzens ein wenig erfolgreicher. Der Andere war Soldat, jedoch nur aus dem Antrieb, Gutes zu tun. Er wollte wohl nur gefangene Brötchen aus den Bäckereien befreien.
Ein Mensch hätte anstelle der Beiden sicher Groll, wenn nicht gar Hass gehegt, nicht aber solch himmlische Geister, die weit über solch primitiven Regungen stehen.
Somit war das Schicksal des Freundes vorbestimmt und mit dem Nicken lediglich der Moment gekommen in dem das Unausweichliche zu geschehen hat.
Ich hoffe den Fall gelöst zu haben und verbleibe mit kriminalistischem Gruß
Ihr Sherlock Dreimeier


Ps. Ich hoffe, sie reißen dem Drecksack im Jenseits gehörig den A... auf! :)

Ach, und noch was: Wie findest du die Geschichte?:confused:

 

Guten Abend, St. Dreimeier,
wenn es also das Schicksal war, dann kann der kleine Kommissar ja nur noch in den Sonnenuntergang reiten.
Ich bin jetzt ganz durcheinander wegen der letzten Frage, denn für mich hatte der Hauptreiz der Geschichte darin bestanden, daß ich aus kleinen versteckten Indizien schließen zu dürfen glaubte, daß da eine kleine versteckte Jenseitsbosheit am Werke war.
Für diese meine niedere Gesinnung gehe ich mich jetzt schämen, dann lese ich die Erzählung nochmal, und wenn ich nichts weiter dazu sage, hat sie mir trotzdem noch gefallen. Deal?
Mit freundlichen Grüßen,
die gefallene Makita.

 

Hallo Dreimeimer

mir hat sich die Geschichte erst beim zweiten Lesen erschlossen. Gefärbt durch die Kritiken. Dennoch - oder gerade vielleicht dewegen - finde ich die Geschichte jedoch gelungen. Schön ruhig baust du die Atmosphäre auf, führst du den Leser durch leise Erinnerungen und hältst ihn am Rätseln. Wie oft bei Rätseln ist es so, dass ich mich wundere, jetzt wo ich die Auflösung kenne, warum ich nicht gleich drauf gekommen bin. Genug Indizien hast du auf jeden Fall eingestreut, angenehm dezent.
Sprachlich schmiegt sich der Tenor gut an den Inhalt, der Unfall am Ende ist ein gelungenes Gegengewicht zum übrigen ruhigen Fluss. Allerdings ist gerade das Ende recht ungeschliffen.

Wie bekommt man denn diesen blöden Schniepel über das e?
alt+Apostroph, danach das e drücken

und ein bisschen mehr:

„Wann hatte das aufgehört?“ „Ich weiß nicht genau. Es ist wohl einfach so passiert.“ sagte Jan.
Absatz bei Btausch von wörtl. Rede

mehr lief und man uns das Haus wegnahm.
Wenn Auslassungspunkte ..., dann kein Punkt für Beendigung des Satzes
- das hast du häufiger drin

Zum Ende hin verhaust du es ganz schön mit deinen ... und und danns. Das ist deutlich unter deinem sprachlichen Niveau und sollte unbedingt verschwinden!

Vorschläge:

Und dann quietschten Reifen, ein Motor brüllte auf, ein Knall schlug mit aller Gewalt zwischen die Häuserfronten, wurde als vielfaches Echo zurück geworfen und mischte sich in das helle Wimmern und Schlagen von zerreißendem Blech.
Punkte können schlicht weg. Und dann durch Plötzlich ersetzen

… Dann war Stille. … Gleich darauf kamen die Rufe und Schreie der Passanten.
fettes streichen.
Rufe, die kamen? ungelenk.
Idee: Für einen Moment herrschte Stille. Dann zerrissen die Schreie der Passanten die Ruhe.
… Und dann. …dann stand da Constantin, abseits, verwirrt, unbeachtet von den Menschen.
Idee: Constantin blinzelte. Er stand abseits. Verwirrt und unbeachtet von den Menschen.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,
ha, ich klopf mir mal selber auf die Schulter. Genau so, wie du es beschreibst, habe ich gehofft, dass man diese Geschichte liest.
Ok. Das Ende werde ich mir noch mal ansehen … und natürlich auch deine anderen Anmerkungen.
Danke für die Mühe und viele Grüße
3

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo.

Die Story ist mir persönlich zu schwarz-weiß, und die Pointe nicht die allerneuste. Aber für meinen Lesegeschmack kannst du ja nichts.

Ein bisschen was zum Handwerklichen - größtenteils solide. Einer Sache würde ich dringend Aufmerksamkeit schenken:

Es war einer dieser schönen, wolkenlosen Nachmittage im frühen Juni. Die Sonne hatte schon Kraft und ein leichter, warmer Windhauch brachte Hoffnung auf den kommenden Sommer.
...und die Sonnenstrahlen zeichneten glänzende Strähnen darauf.
Trotz der Wärme...
Das weiße Hemd strahlte und eine rote Seidenkrawatte schimmerte matt im Sonnenlicht.
Ein leichter Windzug wirbelte die Buchseiten auf.
Dann schaute sie zum blauen Himmel hinauf...
das in der Sonne glänzte wie frische Kohle. Das Dach war offen und die Sonne ließ die Armaturen blitzen.
Der Wind hatte aufgefrischt. Am Himmel schob sich eine kleine Wolke vor die Sonne und tauchte Constantin in einen weichen Schatten.
Die Sonne schob einige Wolkenfetzen beiseite...

Wetter u.ä. sind die ältesten Stimmungs-/Atmomacher der Welt. Dasselbe gilt für den Bereich Symbolik/Metaphorik. Sparsam dosiert mag's vielleicht noch gehen, aber hier...? Zumal sehr 08/15. Und besonders die ersten zwei Zeilen der Einleitung würde ich überdenken. Die riechen förmlich nach dem Versuch einer klassischen Short Story-Einleitung, und sind so oder ähnlich schon 1000 mal gemacht worden.

Sorry falls der Punkt schon erwähnt wurde und ich übertrieben heftig darauf hinweise.

Grüße, S.

 

Hallo Rabenschwarz
nein, der Punkt wurde noch nicht erwähnt.
Ich denke, jeder Autor beschreibt sein eigenes Bild, das er im Kopf hat. Ich habe und hatte Sonne im Kopf. Ich mag so was. Macht ja nix wenn andere auch Sonne im Kopf haben, sie ist ja groß genug.
...
... und sind so oder ähnlich schon 1000 mal gemacht worden.
...
Ist für mich auch kein Problem. Natürlich habe ich das Bestreben eine nette Geschichte zu schreiben. Ich kenne aber auch meine Grenzen und weiß, dass es zu mehr wohl nicht reichen wird.
Mit einem Aufschrei der literarischen Welt, „Hurra, er hat das Rad neu erfunden“, habe ich nicht gerechnet.
...
Die riechen förmlich nach dem Versuch einer klassischen Short Story-Einleitung
...
Da es nur ein Versuch war, hat die Geschichte wohl keine Einleitung. Alternativ ist Sie nur nicht klassisch geworden, dann aber schon außergewöhnlich.

Ich kann’s mir aussuchen: Außergewöhnlich oder Scheiße.
Das schlimmste wäre außergewöhnliche Scheiße. ;)

Nein, ich kann mich deiner Kritik nicht anschließen, bin aber weit davon entfernt zu sagen, dass sie keine Berechtigung hat.

Danke fürs Lesen und für die Mühe
Gruß
3

PS:
3 kommt von Dreimeier
S kommt von Rabenschwarz?

 

PS:
3 kommt von Dreimeier
S kommt von Rabenschwarz?

Genau :D Nee, S kommt von so heißt Rabenschwarz mit Vornamen. Also, S. Rabenschwarz quasi.....

Nix zu danken, weiterhin viel Erfolg.

 

Hallo Dreimeier!

Hab zu spät gesehen, daß Du Geburtstag hattest, aber jetzt wünsch ich Dir noch schnell alles Gute! :)

Also mir hat die Geschichte wirklich sehr gut gefallen, und das, obwohl sie nicht gerade meine bevorzugten Genres trifft. Die Pointe kam für mich überraschend – erst beim zweiten Lesen fiel mir auf, daß Du schon zuvor Hinweise eingestreut hast, die auf den Zustand von Jan und Karl hinweisen, die ich aber beim ersten Lesen nicht als solche wahrgenommen habe. Genau so soll das sein, weil man sich als Leser nicht für blöd verkauft vorkommt, wie das in Pointengeschichten öfter der Fall ist. Sicher reicht es noch nicht zum Literaturnobelpreis :D, aber auch wenn die Pointe nicht neu ist, kann sich die Geschichte auf jeden Fall sehen lassen, denn sie ist fein ausgearbeitet. :)

Der Stoff seines grauen und verschlissenen Militäranzuges hing ihm am Körper wie eine blasse, faltige Haut. Ebenso Jans schmutziger Overall, dessen ausgefranste Risse wie schorfe Wunden wirkten.
Das ist so eine Stelle, die, nachdem sie beim ersten Lesen vielleicht ein wenig klischeehaft klingt, beim zweiten Lesen erst so richtig wirkt: Erst dann hatte ich die beiden richtig vor Augen und mußte bei den bildhaften Beschreibungen richtig schmunzeln.
Auch teile ich Rabenschwarz‘ Kritikpunkt bezüglich der Wetterbeschreibungen nicht, da ich sie gerade für diese Geschichte passend finde.
Eine Kellnerin kam, räumte Constantins leere Kaffeetasse vom Tisch und wischte mit einem feuchten Tuch über die Platte. Dann schaute sie zum blauen Himmel hinauf, lächelte und verschwand, leise ein Lied summend, wieder in Lokal.
Hier zum Beispiel schaut die Kellnerin ja nicht zum Himmel, weil Du damit Stimmung erzeugen willst, sondern es entpuppt sich beim zweiten Lesen als Hinweis, daß sie die beiden gar nicht sieht: Für sie ist der Tisch leer, sie räumt und wischt ihn ab, und benimmt sich, als wäre sie unbeobachtet. Ich kann nur sagen: Toll gemacht!

So, aber ganz kritiklos kommst Du doch nicht davon – ein paar Kleinigkeiten hab ich noch – für dann, wenn Du Dich vom Feiern erholt hast. ;)

» einige Stufen über der nur wenig befahrenen Straße, nahe der Fußgängerzone.«
– Vorschlag: »über einer wenig befahrenen Straße nahe der Fußgängerzone«

»Der Kontrast zu Karl konnte kaum größer sein. Sein kurzgeschorener Schädel«
– Den Bezug fände ich leichter zu erfassen, wenn statt »Sein« »Dessen« stünde.

»dazu war sein Blick zu schwermütig.
Der Stoff seines grauen und verschlissenen Militäranzuges hing ihm am Körper wie eine blasse, faltige Haut. Ebenso Jans schmutziger Overall,«
– Ich würde den Zeilenwechsel da setzen, wo Du den Blick von Karl auf Jan schwenkst, also nicht nach »schwermütig«, sondern nach »Haut«.

»eine Strähne lag ihm über der Stirn.«
– klingt komisch, Vorschlag: »eine Strähne lag auf seiner Stirn« oder »eine Strähne hing über seine Stirn«

»stieg die Stufen hinunter zum breiten Gehweg.«
– statt »zum« besser »zu dem«

»Karl und Jan tauschten nachdenkliche Blicke.«
– dem würde ich noch ein »aus« anhängen

»lächelte und verschwand, leise ein Lied summend, wieder in Lokal.«
– entweder verschwand sie »ins« oder »im« Lokal
– die Beistriche könntest Du Dir auch sparen, bzw. hab ich mir überhaupt beim ersten Lesen angezeichnet, daß Du hier kürzen könntest (»verschwand summend wieder im Lokal«, denn Summen ist ja an sich schon nicht laut, und was anderes als ein Lied sollte man summen?) –, kann den Kritikpunkt aber nach dem zweiten Lesen nicht mehr so recht aufrechthalten, da es ja durch Deine nicht verkürzte Version mehr betont wird.

»„Wann hatte das aufgehört?“ „Ich weiß nicht genau. Es ist wohl einfach so passiert.“ sagte Jan.«
– Zeilenwechsel bei Sprecherwechsel, und: passiert“, sagte Jan.

»irgendwann ist er nicht mehr gekommen, bis …,“ Jan schluckte, „bis Jahre später meine Werkstatt nicht mehr lief«
– keinen Beistrich nach den drei Punkten: bis …“
– »Jan schluckte« ist ein eigenständiger Satz, kein Redebegleitsatz, und braucht daher einen Punkt. Danach entweder: „Bis Jahre später …“ oder „… bis Jahre später …“

»Man hörte nicht, wie Constantin den Kofferraum schloss.«
– Wer ist »Man«?

»wurde als vielfaches Echo zurück geworfen«
– zusammen: zurückgeworfen

»… Und dann …, dann stand da Constantin, abseits, verwirrt,«
– keinen Beistrich nach den drei Punkten

»„Wir sollten ihn begrüßen“.«
– begrüßen.“


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom