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Du bleibst doch immer, was du bist

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19.05.2015
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Du bleibst doch immer, was du bist

Josh dreht sich weg von ihr, durchwühlt die Kleidung, um nach der Zigarettenschachtel zu suchen, flucht leise, bis er fündig wird. Wie viel Wärme, wie viel Sehnsucht ihr Körper abstrahlt. Er öffnet das Fenster. Mit dem Daumen lässt er die Klappe des Benzinfeuerzeugs nach oben schnellen, bewegt das Rädchen. Die Flamme entfacht gelbrote Glut. Er nimmt einen tiefen Zug. Dann wendet er sich wieder der Frau auf dem Bett zu.

Pia erschrickt, als die Flamme aufleuchtet und den Raum erhellt, betrachtet irritiert das Feuerzeug, die Six-Packs. Sie hätte stärker zubeißen sollen, als er ihren Körper bespielt hat. Der Aschenbecher steht auf dem Fensterbrett. Sie will nicht mehr rauchen. Auf der Zunge schmeckt sie eine Mischung aus Absolut und Josh. Er riecht nach Gras und Sex und animalischer Jugend, blickt Pia aus leeren Augen mit einem Ich-bin-schön-und-mir-gehört-die-Welt-Grinsen an, das er vor dem Spiegel geübt haben muss, bis es saß. Von draußen dringt milder Spätherbst herein. Pia möchte Sterne sehen. Der Panamera parkt direkt gegenüber. Weiter entfernt war kein Platz frei. Das Apartment in der Nähe des Rosenheimer Platzes eignet sich bestens als Geldanlage. Josh hat Eltern. Natürlich. Pia kennt sie von den Sponsorenparties des Think-Tanks, mit dem ihre Fakultät zusammenarbeitet: nette Leute ohne den Dünkel der Tegernsee-Schickeria. So hat sie Josh kennengelernt. Wie ihr Sohn Max studiert er an der Filmhochschule.

Als wolle er dem Smartphone Töne entlocken, gleiten Joshs Finger im Takt einer Fantasiemelodie über das Display. Pia sagt nichts, lässt sich treiben, linst durch die Wimpern. Seine Augen wirken wie eine milchig blaue Brühe, aus der manchmal Sterne blinken. Sie wehrt sich gegen den Wunsch, einzuschlafen, nimmt sich vor, mit Albert zu sprechen, ihm zu sagen, dass sie ein eigenes Schlafzimmer braucht. Dann kann er sich in aller Ruhe wälzen, versöhnt mit sich und der Welt. Als Pia blinzelt, erwischt sie den Josh-Blick, weicht ihm aus, streicht sich über die Wangen, Stirn und Augenbrauen und verteilt Reste der Spritzer, die er über den Bauch bis zu ihrem Gesicht geschossen hat. Sie muss duschen, bevor sie geht.

„Sehr geil mit dir“, sagt er und drückt die Zigarette aus. Für einen Augenblick glaubt sie, dass sein Blick auf den Gesichtsfalten ruht. Er legt sich neben sie, fängt an, die Brustwarzen zu berühren. Sie spürt den Kitzel bis in den Bauch. Pia mag ihren Busen, so rund, so fest nach all den Jahren, ohne nachzuhelfen, obwohl die Haut spröder wird, die Spannung abnimmt.
„Kannst du mir einen Fünfziger geben. Ich muss Tickets nach Amsterdam kaufen.“
Pia nickt, kramt das Portemonnaie aus der Handtasche, zeigt ihm dabei ihren Paradehintern, presst die Beine zusammen, sodass die geschwollenen Schamlippen hervortreten, der verbliebene Lustgeruch zu Josh weht. Er legt das Handy auf die Matratze, entspannt sich, als sie ihm den grünen Schein in die Hand drückt, klemmt das Geld zwischen Daumen und Zeigefinger, wedelt ihr damit Luft zu, verkneift sich, daran zu schnuppern und steckt ihn schließlich, bevor sie sich’s anders überlegt, mit einem Schwung, als genösse er es, bezahlt zu werden, in die Gesäßtasche der Jeans, die neben dem Bett liegt. Er denkt an Amsterdam, an das, was er dort erleben wird.
„Ich geb’s dir nächste Woche zurück.“
„Ist schon in Ordnung, ich brauch’s nicht“, antwortet sie, berührt Joshs Unterarm, die Schultern. Sie hat Augen wie ihr Sohn, exakt die gleichen, so grün, so blau. Max darf’s niemals erfahren, dafür ist er nicht smart genug, keiner, dem er erzählen könnte, dass er, Josh, ganz oldschool klischeehaft, eine Informatikprofessorin in den Arsch fickt, dass sie schreit, wenn er sie stößt, geschweige denn, dass diese Frau die Mutter von Max ist. Amsterdam wird was Besonderes: Wodka, Shots, Coffeeshop, eine Riesenmenge Spaß. Den Hunderter wird er on top verprassen. Josh zieht die Mundwinkel nach oben, lässt die perlweißen Zähne aufblitzen, formt sein breitestes Grinsen, um Pia zu gefallen, kann gar nicht verstehen, dass sie den halbsteifen Schwanz ignoriert, obwohl er ihr das Becken entgegenstreckt. Ihre Augen vernebeln, richten sich ins Nichts, als müsse sie ihre Reife-Frauen-Gedanken bändigen, als fiele ihr ein, dass sie nie wieder jung sein wird, als wundere sie sich über das, was das Leben ihr gegeben hat, was es jetzt verweigert, dass Erkenntnis, gar Weisheit, ausbleiben, dass kaum mehr übrig ist, als etwas Geld, eine Familie, Träume. Das Guteschönewahre? Fehlanzeige! Stattdessen Vorlesungen, Seminare, Sport, ein paar Freunde, ein Sohn, ein kugelbauchiger Ehemann.

Er wendet sich ab, hört auf zu grinsen, sucht die Stelle an der Decke, wo der Korken hingeknallt war, als er mit Freunden völlig trunkenbekifft die Einweihung der Wohnung gefeiert hat. Josh langweilt sich, will ihr erzählen, welche Musik er mag, ihr vorspielen, wie Trap Rap klingt, aber er sieht ihren Erwachsenenblick und schweigt. Sie räuspert sich, als ob sie etwas sagen wolle, wischt eine Strähne aus ihrem Gesicht. Er linst zum Laptop, klemmt ein Kissen zwischen die Beine, spreizt sie ein wenig, wippt hin und her, als wollte er auf dem Kissen reiten. Nach einer Weile streichelt sie ihm über die Oberschenkel, ertastet die Muskeln, beugt sich schließlich nach vorne und küsst die Eichel millisekundenlang, um sich dann aus dem Bett zu schwingen, so stürmisch, dass die Schottenmusterdecke zu Boden fällt, das Bettholz ächzt. Josh sieht gerade noch die fitnessgestählten Waden, den flachgedrückten Hintern, die Hüftknochen, während ein Hauch Körperhitze, vermischt mit Chanelgeruch, zu ihm dringt. Kurz danach hört er dem Plätschern des Wassers aus dem Bad zu. Um die Zeit zu nutzen, zieht er den Koffer unter dem Schrank hervor - den Trolley, den er sich vor ein paar Tagen gekauft hat, klein genug, dass er im Flieger als Handgepäck durchgeht. Nachdem er den Deckel aufgeklappt hat, setzt er sich auf die Bettkante. Laternen tauchen Straße und Häuser in Gelb. 300 € müssten reichen für Amsterdam. Er zieht an dem Reißverschluss der Netzabdeckung auf der einen Hälfte des Koffers, betrachtet die verschließbaren Beutel, die am Rand angebracht sind, als er hört, wie der Duschkopf in die Halterung gesteckt, das Wasser abgestellt wird.

„Ich gebe dir ein Handtuch“, sagt er und öffnet die Tür zum Bad. Sie frottiert die Haut ein wenig, legt dann den Kopf an seine Brust, stellt sich vor, wie es damals mit Albert war, damals, vor so vielen Jahren, als sie mit Zelt und Rucksack in den Dolomiten unterwegs waren, der Regen auf die Plane prasselte, während sie sich liebten. Sie schmiegt sich an Josh, während er die Arme um sie schließt, die feuchten Haare auf den Schulterblättern spürt, an den Surfurlaub in Florida denkt, den ersten Kuss, ruft sich den Namen des Mädchens ins Gedächtnis, Diane, die sich ebenso zerbrechlich anfühlte wie in diesem Augenblick Pia. Als er sich von ihr löst, küsst er sie am Hals, bemerkt den Honiggeruch, der unter dem Bergamotte des Duschgels verborgen ist, das er im verpackungsfreien Laden in ein Glasfläschchen gefüllt hat.
„Weißt du, wofür die ganzen Reißverschlussfächer gedacht sein könnten? Haben die jeweils spezielle Funktionen?“, fragt er und löst sich von ihr, als sie wieder vor dem Bett angelangt sind.
„Ach nein, ist für Kleinkram. Ladekabel, Flaschenöffner, egal was.“
„Okay, verstehe.“
„Du kannst auch Erinnerungen drin verstecken, die brauchen nicht viel Platz“, sagt sie lachend.
Sie lässt das Handtuch fallen. Die Brustwarzen leben. Aus dem Kleiderhaufen neben dem Bett nimmt sie sich nach und nach, was sie braucht. Als sie das Top übergestreift hat, schüttelt sie die Haare und legt die Beine übereinander.
„Wann bist du zurück aus Amsterdam?“
„Dienstag.“
„Sehen wir uns dann?“
„Ja klar, warum nicht.“
„Ich würde auch gern wegfahren“, sagt sie.
„Die Hausarbeit muss fertig werden“, sagt er.
„Verstehe. Vielleicht hast du ja trotzdem am Mittwoch Zeit.“
„Ja, vielleicht.“
Josh hält ihr ein Reclam-Heftchen hin, das er zwischen Büchern und Unterlagen hervorzieht: Goethes Faust. Erster Teil: „Außerdem muss ich das da lesen. Ich versteh kein einziges Wort, nix, gar nix.“
„Wofür das denn?“
„Zur Vorbereitung.“
„Fand ich unterhaltsam. Ne Menge Personal: der Teufel, Gott, Geister, Gretchen, Faust, Hexen. Faust ist wie ein Zombie, nur weiß er’s noch nicht. Lässt sich mit dem Teufel ein, weil er den Hals nicht voll bekommt.“
„Schadet ja nichts.“
„Was?“
„Weiter, weiter, immer weiter.“
„Und warum liest du Goethe?“
"Na ja, ich schreibe ein Drehbuchentwurf zu Alice Munros „Tricks“ und will Faustzitate einbauen.“
„Ist dir das selbst eingefallen?“
„Klar!“
„Respekt, klingt superintellektuell.“
„Findest du?“
„Irgendwie schon. Wer ist diese Alice Munro?“
„Schriftstellerin aus Kanada, bisschen älter schon, aber genial gut.“
Josh streichelt ihr über die Stirn, zeichnet Bilder auf ihre Wangen und Ohren, zieht sie an sich. Sie haucht einen Kuss, öffnet die Lippen zaghaft. Als er die Hände unter ihr Top schiebt, setzt sie sich auf.
„Keine Zeit mehr. Leider.“
Josh grinst, presst die Lippen auf ihr Haar.
„Nächste Woche, okay.“ Er wirft einen Blick auf die Uhr. Fast Mitternacht. Er muss Max eine Nachricht schreiben.
Sie stellt sich ans Fenster. Auf den Autoscheiben des Panamera spiegelt sich das Licht der Straßenlaternen. Dann wendet sie sich wieder Josh zu, streicht die Haare glatt
„Ich glaube, um Liebe geht’s auch irgendwie, Ja, auch um Liebe“, sagt sie.
„Was meinst du?“
„Bei Faust. Gretchen liebt ihn. Trotz allem“, sagt sie und reibt sich die Schläfe.
„Ich mag Filme.“ Josh stemmt die Arme in die Hüften, stellt sich gerade, betrachtet für einen Augenblick das Poster an der Wand: die sechzehnfache Marilyn Monroe, fragt sich, von welchem queeren Künstler es ist. Sie zieht den Kaschmirmantel an, schlüpft in die Ballerinas, bevor sie sich zum Abschied küssen, ohne einander in die Augen zu schauen.

Die Tür schmatzt ins Schloss, der Aufzug schwebt nach unten. Auf dem Gehsteig schreckt eine Katze zwischen den Mülltonnen auf und entwischt in den Vorgarten. Auf der anderen Straßenseite verschwindet ein händchenhaltendes Pärchen um die Ecke. Während am Himmel ein paar Sterne funkeln, atmet Pia durch und beobachtet die Wolken, die ihren Mund verlassen. Sie zögert, bleibt einen Moment stehen, weil sie sich an Joshs Koffer erinnert, sich fragt, ob sie wirklich wegfahren will, irgendwohin, weit weg. Sie will den Gedanken festhalten. Als sie die Beifahrertür aufmacht, drängt sich ihr der Geruch von vergorener Milch und schaler Luft entgegen. An ihrem Hintern spürt sie das Leder. Ihr Mann sitzt vornübergebeugt, aufs Lenkrad aufgestützt neben ihr, schaut zu ihr herüber.
„Na?“, fragt er und richtet dann den Blick durch die Scheibe, weg von ihr.
„Na!“, antwortet sie.
Als er den Motor startet, surrt die Elektromaschine und trägt sie schwerelos durch die Straßen zum Stadtring. Aus den High-End-Lautsprechern dringt Sphären-Musik. Sie drückt den Schalter, lässt die Scheiben heruntergleiten. Auf dem Ring gibt er Gas, sodass die Musik im Rauschen untergeht.

Wie’s dort gerochen hat! So unverschämt frisch, nach Bergamotte, nach Gras, nach Mir-gehört-die-Welt. Wie leicht sich Türen öffnen lassen, wenn man weiß wie und den Code hat! Albert hat sich’s angeschaut, wollte wissen, wer der Kerl ist, den seine Frau fickt, den besten Freund seines Sohnes, auf gewisse Weise Familienmitglied, da war es sein gutes Recht, sich in der Wohnung umzuschauen, hier und dort zu schnüffeln, das Fenster zu öffnen und eine Zigarette zu rauchen. Die Bettdecke lag aufgeschlagen, zerwühlt auf der Matratze. Ein Bilderstrom all der zerwühlten Bettdecken, die in seinem Leben eine Bedeutung hatten, erscheint, reißt ihn mit fort. Die wahren Paradiese sind Paradiese, die man verloren hat. Warum hat er sich diesen Satz gemerkt, in welcher Stimmung hat er ihn gelesen, von wem stammt er?

„Fahr langsamer, bitte!“ Er bremst, beschleunigt kurz danach wieder, wirft ihr einen Blick zu und lacht lauthals.
„Die Straße ist frei, nicht mal LKWs, also warum sollte ich nicht zügig fahren? Übrigens riechst du nach Rauch.“
„Du rauchst doch selbst.“
„Manchmal.“
„Josh hat dasselbe Zippo wie du.“
„Ach?“
„So eins habe ich dir damals geschenkt. Nach deiner Promotion. Weißt du noch?“
„Ist ja auch ein gutes Feuerzeug.“
„Stimmt.“
„Ich liebe das Geräusch, das Zippen, wenn man die Flamme entzündet.“
Albert fährt jetzt langsamer, schweigt. Josh hat das Zippo. Er muss es vergessen haben. Er wirft seiner Frau einen Blick zu.
„Ich möchte gern verreisen“, sagt sie, beugt sich zu der Handtasche im Fußraum, kramt, schleckt kurz am Zeigefinger und steckt sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund.
„Wann denn?“
„Mal sehen. Weißt du noch: Damals, als wir in den Alpen gezeltet haben?“
„Der Regen hat uns bis auf die Haut durchnässt und prasselte nachts auf das Zeltdach.“
„Wir haben kaum geschlafen.“
„O ja.“
„War ein so schöner Urlaub.“
„War’s!“
„Sollten wir wiederholen.“
„Bei Regen?“
„Warum nicht?“
„Wir sind älter geworden.“
„Na und? Bald sind Semesterferien.“
„In zwei Wochen haben wir Bereichsvorstandstagung, die ganze Scheiß Mühle mahlt und mahlt. Ich kann’s mir nicht leisten, wegzufahren.“
„Klar. Wie immer!“ Danach schweigt sie. Das Bonbon ist vollständig weggeschmolzen.
Albert fährt von der Stadtautobahn ab.
Sie lacht: „Ach, Albert, weißt du was? Was ist nur mit uns los? Du sitzt im Auto, während ich mich vögeln lasse.“
„Ach du, du bist ja …“ Er umschließt das Lenkrad fester, biegt vom Stadtring ab zum Viertel, wo die Villa steht.
„Lass uns aufhören, zu streiten. Bringt nichts.“
„Wir könnten zusammen irgendwohin fliegen. Ein paar Tage. Und wenn’s nur übers Wochenende ist.“
„Ich bin müde, wir reden morgen.“

Sie fahren die Auffahrt hoch. Der Kies knirscht unter den Reifen.
Im Wohnzimmer beleuchten die LEDs den Rasen, tauchen ihn in künstliches Grün. Max wartet auf sie. Er sitzt auf dem Sofa, das Smartphone in der Hand, Alice Munros „Tricks“ aufgeschlagen auf dem Tisch.
„Ich habe gelesen“, sagt er, begrüßt sie mit dem Ich-hab-was-ausgefressen-Lächeln seiner Kindheit.
„So“, sagt Pia, hängt den Mantel auf, streift die Schuhe ab, während Albert in der Küche hantiert, das Klirren von Flaschen zu hören ist.
„Morgen fahre ich mit Josh nach Amsterdam.“
„Mit Josh?“
„Ja. Wird cool.“
„Wer kommt noch mit?“
„Nur wir zwei!“
„Na gut, okay.“ Sie reibt sich die Augen. Albert steht schweigend daneben, die Bierflasche in der Hand, geht ein paar Schritte zur Terrassentür, schaut in die Nacht.
„Mama, kann ich deinen Trolley nehmen?“
„Klar, der Rimowa ist ja unverwüstlich.“
„Wir coachen uns gegenseitig auf der Fahrt.“
„Was macht ihr genau?“
„Josh hat ne Menge Ideen zur Kameraführung und fertigt Regieskizzen an, ich schreibe einen Drehbuchentwurf für die Serie.“
„Welche Serie?“
„Na ja, die gibt's noch nicht richtig. Wir wollen aus Alice Munros Tricks eine Serie machen, versuchen’s zumindest.“
„Wow.“
„Ich kenne das Buch“, sagt Albert, kommt zurück zu den beiden. „Und hab’s sehr gern gelesen.“ Er zögert, lässt die Worte ausklingen. „ … Weil es den melancholischen Dünnschiss des Lebens beschreibt.“
„Wie sentimental das klingt“, sagt Pia.
„Na und“, antwortet Albert.
„Ist aber eine gute Beschreibung“, sagt Max ganz leise.
„Ich geh hoch ins Bad“, sagt Pia.
„Wart mal bitte“, sagt Max. „Wollte euch noch was anderes sagen.“
Pia und Albert schauen ihn an, die grünen Augen von Max schweifen umher, von den Wänden zu den Fenstern, zu seinen Eltern.
„Wenn ich aus Amsterdam zurück bin, ziehe ich bei Josh ein. Er hat Platz genug und wohnt näher an der Uni.“
„Wirklich?“, fragt Pia.
„Ja. Ich mag Josh.“
Albert zuckt mit den Schultern, verzieht das Gesicht, als wolle er grinsen.
„Hat einer von euch mein Zippo gesehen?“
„Ich glaube, ich weiß, wo’s ist“, sagt Pia.

 
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Hallo @Isegrims,
irgendwie eine unwürdige, unbehagliche Situation. Pia, die beim Freund ihres Sohnes sucht, was sie bei ihrem Mann nicht mehr findet, der wehmütige Albert, der sie zu ihrem Liebhaber fährt, Zeit und Energie hat, in dessen Wohnung zu schnüffeln, aber nicht, mit ihr ein paar Tage wegzufahren, der merkwürdig einverstanden zu sein scheint, mit ihrem Fremdgehen, Josh, der zusieht, dass er auf seine Kosten kommt und der ahnungslose Max.
Es wirkt alles sehr künstlich auf mich, wie eine Versuchsanordnung. Du wechselst die Perspektive, das ist interessant. Bis auf Max scheint sich niemand Illusionen zu machen.

Auf Pias Hals spiegeln sich die Kussmale als dunkle Kleckse auf rotbrauner Haut, schimmern im Kerzenlicht, das die Konturen weichzeichnet, die Unebenheiten ausgleicht, als ginge eine zarte Kraft allein vom Flackern aus.
puh, also insgesamt ist mir das oft zu schwülstig, aber das ist bestimmt Geschmackssache. Hier würde ich mindestens das Fettgedruckte weglassen.

Pia erschrickt, als die Flamme aufleuchtet und den Raum erhellt, betrachtet irritiert das Feuerzeug, die Six-Packs. Sie hätte stärker zubeißen sollen, als er ihren Körper bespielt hat.
Warum?

Auf der Zunge schmeckt sie eine Mischng aus Absolut und Josh.
Mischung

Das Apartment in der Nähe des Rosenheimer Platzes eignet sich bestens als Geldanlage. Josh hat Eltern. Natürlich. Pia kennt sie von den Sponsorenparties des Think-Tanks, mit dem ihre Fakulätät zusammenarbeitet: nette Leute ohne die Dünkel der Tegernseee-Schickeria. So hat sie Josh kennengelernt. Wie ihr Sohn Max studiert er an der Filmhochschule.
Fakultät. Die Stelle gefällt mir.


Sie wehrt sich gegen den Wunsch, einzuschlafen, nimmt sich vor, mit Albert sprechen, ihm zus agen, dass sie ein ein eigenes Schlafzimmer braucht.
zu sagen

„Sehr geil mit dir“, sagt er und drückt die Zigarette aus.
gefällt mir auch die Stelle, der Sprachduktus

Für einen Augenblick bemerkt sie, dass sein Blick auf den Gesichtsfalten ruht.
Hä, wie soll sie das denn unterscheiden, dass er jetzt speziell ihre Gesichtsfalten ansieht?

Er darf’s niemals erfahren, dafür ist es nicht smart genug, keiner, dem er erzählen könnte, dass er, Josh, ganz oldschool klischeehaft eine Informatikprofessorin in den Arsch fickt, dass sie schreit, wenn er sie stößt, geschweige denn, dass diese Frau seine Mutter ist.
hier würde ich das "seine Mutter" auf Josh beziehen und könnte es sein dass du oben "er" meinst?

Josh zieht die Mundwinkel nach oben, lässt die perlweißen Zähne aufblitzen, formt sein breitestes Grinsen, um Pia zu gefallen, kann gar nicht verstehen, dass sie den halbsteifen Schwanz ignoriert, obwohl er ihr das Becken entgegenstreckt.
Oh Mann, was für ein Vollkoffer.:D

Josh langweilt sich, will ihr erzählen, welche Musik er mag, ihr vorspielen, wie Trap Rap klingt, aber er sieht ihren Erwachsenenblick und schweigt.
Gut gezeigt, wie da etwas nicht passt

„Wann bist du zurück aus Amsterdam?“
„Dienstag.“
„Sehen wir uns dann?“
„Ja klar, warum nicht.“
„Ich würde auch gern wegfahren“, sagt sie.
„Die Hausarbeit muss fertig werden“, sagt er.
„Verstehe. Vielleicht am Mittwoch?“
„Ja, vielleicht.“
Das und das mit dem Geld ist wirklich sehr trostlos.

"Na ja, ich schreibe ein Drehbuchentwurf zu Alice Munros „Tricks“ und will Faustzitate einbauen.“
Ehrlich gesagt traue ich ihm das einfach nicht zu. Mir ist nicht ganz klar, welche Funktion dieses Munroe-Thema in der Geschichte hat. So als Gegenstück zu Pia frauenbildmäßig?

Sie zieht den Kaschmirmantel an, schlüpft in die Ballerinas, bevor sie sich zum Abschied küssen, ohne einander in die Augen zu schauen.
gefällt mir

Ihr Mann sitzt vornübergbeugt, aufs Lenkrad aufgestützt neben ihr, schaut zu ihr herüber
„Na?“, fragt er und richtet dann den Blick durch die Scheibe, weg von ihr.
„Na!“, antwortet sie.
das ist auf jeden Fall überraschend und originell, seine Mitwisserschaft.

„Ich glaube, ich weiß, wo’s ist“, sagt Pia.

Tja, was suchen sie alle bei dem Josh? Das Feuer, das ihnen abhanden gekommen ist, vielleicht.

Einen schönen Sonntag dir!

Chutney

 

Lieber @Isegrims,

obwohl gut erzählt und mit vielen Details gut ausgestattet, hat mich deine kleine Geschichte nicht so richtig packen können.

Das Geschehen wird zwar sehr anschaulich geschildert, die Protagonisten erfüllen die ihnen zugedachte Rolle voll, doch der ganzen Sache fehlt mMn eine innere Spannung, etwas, was diesen - mich an Mrs. Robinson und die 'Reifeprüfung' erinnernden - Text besonders macht. Dazu vermisse ich bei deinen Charakteren Kontur und Eigenart. Irgendwie gelingt es deinem Personal nicht, den Rahmen von Stereotypen zu sprengen. Du skizzierst eine Frankfurter Klischeewelt: zwei abgeklärte Eheleute, deren verloren gegangene gute Zeit nur kurz durchschimmert, die die jetzige Situation beinahe emotionslos annehmen wie sie nun mal ist, abgeklärt miteinander kommunizieren, ihre Blessuren verstecken. Dazu ein Josh, der kühl und routiniert sein Geld verdient, gefühlsmäßig wohl eher bei Max ist und der als Charakteristikum Goethe und Munro kennt. Dem ich allerdings diesen Gedanken

Wie viel Wärme, wie viel Sehnsucht ihr Körper abstrahlt.
nicht abnehme. Hier hat sich wohl eher der Autor eingemischt.

Diese recht emotionsbereinigte Situation lässt dann leider auch mich als Leser kalt.

Aus dem Rahmen Fallendes wie das Interesse des Ehemanns für den Ort des Seitensprungs werden als Tatsache erwähnt, nicht aber (psychologisch) thematisiert. Diese Szene dient hier letztendlich nur als Mittel zum Zweck, um die Lösung für das vermisste Zippo ein wenig zu komplizieren.

Beabsichtigt oder nicht haben für mich die Handlung und das Agieren deiner Personen - wie schon gesagt - etwas nichtssagend Klischeehaftes. Und so wirken dann auch leider die Dialoge auf mich konstruiert und wie maßgeschneidert zum Rollenklischee passend. Möglicherweise war das ja gerade deine Absicht: Diese Kaschmir-Bergamotte-Chanel-Welt einer abgehobenen und scheinbar emotionslosen Society vorzuführen, die selbst auf die überraschende (und sicher weh tuende) Wende mit einem lapidaren Satz reagiert.

Du bleibst doch immer, was du bist
Was du mit dem Titel sagen möchtest, verstehe ich, bezogen auf den Inhalt deiner Kurzgeschichte, nicht. Irgendwie verkaufst du hier eine Binsenweisheit als philosophische Erkenntnis.

Noch etwas:

Ich habe deinen Text auf word kopiert und da wurden mir sofort rot unterstrichelt zig kleine Fehlerchen gezeigt. Die hätten dir beim Lesen vielleicht auch auffallen können.:D

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo @Isegrims,

zunächst mal ein Festival der Fehler. Ich hab mal notiert, was mir so auffällt.

Auf der Zunge schmeckt sie eine Mischng aus Absolut und Josh
Mischung

animalischer Jugend
was ist denn das?

Von draußen dringt milder Spätherbst herein
Durch das Licht? Durch den Geruch, der durch das offene Fenster weht oder durch die Geräusche, die durch Laub gedämpft werden? Da entsteht kein Bild.

Ich-bin-schön-und-mir-gehört-die-Welt-Grinsen
Brauche ich nicht, einstudiertes Grinsen würde mir reichen.

Josh hat Eltern. Natürlich.
Ohne geht's nicht, also was willst du sagen? Er hat betuchte/ spendable Eltern?

Sponsorenparties
Sponsoren-Parties

Fakulätät
Hat was Fäkales, aber ich glaub, du meinst Fakultät ... :D

Tegernseee-Schickeria
Tegernseeeeeeee

mit Albert sprechen, ihm zus agen, dass sie ein ein eigenes Schlafzimmer braucht
zu sagen, ein ein weg.

„Kannst du mir einen Fünfziger geben. Ich muss Tickets nach Amsterdam kaufen.“
Oha, Sex gegen Bezahlung, das gibt dem Ganzen einen anderen Anstrich.

als sie ihm den grünen Schein in die Hand drückt
Sorry, aber grün ist der Hunderter. Absicht? Keine Euronen?
Edit: später schreibst du: "Den Hunderter wird er on top verprassen." Fände trotzdem einen weniger versteckten Hinweis besser, dass sie ihm mehr gibt.

Er darf’s niemals erfahren
Soweit ich weiß, ist das Apostroph nur in wörtlicher Rede okay.

ganz oldschool klischeehaft eine Informatikprofessorin in den Arsch fickt
Wie fickt man klischeehaft in den Arsch? Da entsteht nix außer Gelaber.

Das Guteschönewahre?
Geht nur so? Nicht Gute, Schöne, Wahre?

trunkenbekifft
Finde ich nicht so wahnsinnig originell

Sie räuspert sich, als ob sie etwas sagen wolle, wischt eine Strähne aus ihrem Gesicht
Ein will fände ich besser.

Sie räuspert sich, als ob sie etwas sagen wolle, wischt eine Strähne aus ihrem Gesicht.
Könntest einige Possessivartikel durch einfache Artikel ersetzen.

300€
Warum nicht einfach: Drei Hundert müssten reichen für Amsterdam?

„Ich würde auch gern wegfahren“, sagt sie.
„Die Hausarbeit muss fertig werden“, sagt er.
Oha, die Arme schreibt auch noch seine Hausarbeiten ...:dagegen:

Er muss Max appen.
? Was geht da vor sich? Ist das ein Code?

Auf den Autoscheiben des Panamera spiegelt sich das Licht der Sraßenlaternen.
Straßenlaterne

von welchem queeren Künstler es ist
eine Ableitung von queer?

Sie zieht den Kaschmirmantel an, schlüpft in die Ballerinas, bevor sie sich zum Abschied küssen, ohne einander in die Augen zu schauen.
Schön echt.

Auf der anderen Straßenseite verschwindet ein händchenhaltendes Pärchen hinter der Kreuzung.
Wie geht das? Meinst du hinter der Straßenecke?

Ihr Mann sitzt vornübergbeugt,
nächster Unfall: vornübergebeugt.

aufs Lenkrad aufgestützt neben ihr, schaut zu ihr herüber
Punkt am Ende.

Albert hat sich’s angeschaut, wollte wissen, wer der Kerl ist, den seine Frau fickt
spooky, spooky.

die in seinem Leben eine Bedutung hatten
Bedeutung

„Fahr langsamer, bitte.!“
Punkt zuviel.

wenn man die Flamme entzündet
sagt man das so gestelzt: entzündet?

Weißt du noch(Komma oder Doppelpunkt) damals, als wir in den Alpen gezeltet haben?

Sie reibt reibt sich die Augen
Eins kann weg.

Na ja, die gibt#' noch nicht richtig
no comment.

„…(Leerzeichen) weil es den den melancholischen Dünnschiss

„Na und“, antworter Albert.
antwortet

Lieber Isegrims, der Text ist sowohl von der Ausarbeitung (Überarbeitungsrunden fehlen!) als auch vom inhaltlichen Gehalt her eher dürftig, vor allem im Vergleich mit dem, was du sonst hier einstellst. Das Zippo-Ding, das die Geschichte verbinden soll, zündet für mich nicht, weil es so beliebig daherkommt. Deine Figuren sind so dumpf, so abgestumpft, insbesondere der Albert, den die Wohnung von Josh mehr interessiert als seine Frau. Der Rest der Belegschaft kauft/verdient sich, was er/sie braucht. Das ist eine Art Abgesang auf die Moderne, auf den melancholischen Dünnschiss des Lebens, wie du schreibst, ergreifen oder berühren tut mich das nicht, denn bei aller Liebe kann ich nirgendwo einen Konflikt erkennen. Ich finde keinen Ansatzpunkt, um irgendwo einzusteigen. Dass Max das verkorkste Gebilde zu beenden droht, scheint folgerichtig auch niemand so richtig zu interessieren.
Denke, da geht noch was ...

Peace, linktofink

 

Liebe @Chutney

dankeschön für deinen Kommentar. Gerade der erste Kommentar gibt ja hier oft die Richtung vor. Dein Feedback formulierst du einfühlsam und gibst mir die Chance eines zweiten Blicks - eine echte Qualität hier im Forum.
Für Challenge-Geschickten nehme ich mir seit einiger Zeit was vor, will experimentieren, damit ich daraus lerne, weil die Texte in der Challenge etwas mehr Aufmerksamkeit erhalten, weil man unterschiedliche, auch kritische Anmerkungen bekommt. Das Challenge-Ergebnis spielt dabei eine geringere Rolle.
Bei diesem Text wollte ich verschiedene Mittel; Tricks sozusagen, ausprobieren, feststellen, ob gelingt, was ich mir vorgenommen habe:
- schneller Perspektivenwechsel
- Charaktere, die keine oder wenig Sympathie hervorrufen, dadurch aber mMn echter, realer wirken sollen, ihre Leere zeigen
- ein verschlüsselter Plot
- eine Art Demaskierung des Lebens der Eliten, wenn auch nur in einem kleinen Ausschnitt
- Literaturbezüge
- da ich gerne Geschichten aus Zeitung oder anderer Lektüre aufgreife, hier aber einen komplett aus der eigenen Imagination entstandenen Text erstelle, auch, die Geschichte vom Ende her zur denken


Pia, die beim Freund ihres Sohnes sucht, was sie bei ihrem Mann nicht mehr findet, der wehmütige Albert, der sie zu ihrem Liebhaber fährt, Zeit und Energie hat, in dessen Wohnung zu schnüffeln, aber nicht, mit ihr ein paar Tage wegzufahren, der merkwürdig einverstanden zu sein scheint, mit ihrem Fremdgehen,
du beschreibst das Personentableau so wie ich es auch sehe, in all der Widersprüchlichkeit, der Unsicherheit, die wir (ich) sehr gut kennen

Es wirkt alles sehr künstlich auf mich, wie eine Versuchsanordnung.
was ist an dieser Konstellation künstlich? Ältere Frauen schlafen mit jüngeren Männern; Männer leiden am Schwinden ihrer Virilität, wollen unter allen Umständen ihre Lebensumstände aufrecht erhalten (gut, er, Albert, könnte sich eine jüngere suchen)

Du wechselst die Perspektive, das ist interessant. Bis auf Max scheint sich niemand Illusionen zu machen.
genau deshalb bleibt Max ohne eigene Gedanken, bzw. Perspektive

puh, also insgesamt ist mir das oft zu schwülstig, aber das ist bestimmt Geschmackssache. Hier würde ich mindestens das Fettgedruckte weglassen.
ich habe die angesprochene Stelle geändert

Warum?
na ja das Feuerzeug betrachtet sie, weil sie sich unbewusst an das ihres Mannes erinnert

Hä, wie soll sie das denn unterscheiden, dass er jetzt speziell ihre Gesichtsfalten ansieht?
sie glaubt einfach, dass er die Falten sieht

Ehrlich gesagt traue ich ihm das einfach nicht zu. Mir ist nicht ganz klar, welche Funktion dieses Munroe-Thema in der Geschichte hat. So als Gegenstück zu Pia frauenbildmäßig?
wer weiß, ob Josh überhaupt versteht, was er da liest (Goethe, Munro). Und Munro schildert ja gerade die Brüche.

Tja, was suchen sie alle bei dem Josh? Das Feuer, das ihnen abhanden gekommen ist, vielleicht.
das Feuer, das sie nie hatten, oder nur in den verlorenen Paradiesen?

viele Grüße und eine Zauberstart in die Woche und ich bin auch schon gespannt auf deine Geschichte
Isegrims

 

Liebe @barnhelm

auch dir herzlichen Dank für deinen Kommentar.
Deine Meinung zu dem Text teile ich nicht und will auch darlegen, warum deine Argumentation nicht ganz schlüssig ist.

obwohl gut erzählt und mit vielen Details gut ausgestattet, hat mich deine kleine Geschichte nicht so richtig packen können
immerhin gut erzählt :Pfeif:

doch der ganzen Sache fehlt mMn eine innere Spannung, etwas, was diesen - mich an Mrs. Robinson und die 'Reifeprüfung' erinnernden - Text besonders macht.
Tja, ein Idyll eben. Aber gibt es das?

Dazu vermisse ich bei deinen Charakteren Kontur und Eigenart. Irgendwie gelingt es deinem Personal nicht, den Rahmen von Stereotypen zu sprengen. Du skizzierst eine Frankfurter Klischeewelt: zwei abgeklärte Eheleute, deren verloren gegangene gute Zeit nur kurz durchschimmert, die die jetzige Situation beinahe emotionslos annehmen wie sie nun mal ist, abgeklärt miteinander kommunizieren, ihre Blessuren verstecken.
Das sehe ich nicht so. Zum einen findet sich zwischen den Zeilen eine ganze Menge Wehmut, die gegen die Abgeklärtheit spricht. Andererseits gibt es lange Passagen aus Sicht von Pia, von Albert, die einen Kontrast zwischen der nach au0en hin gezeigten Coolness und der inneren Sehnsucht zeigen. Übrigens beschreibe München, was aber eine Kleinigkeit ist. Dass sie ihre Blessuren verstecken macht's nur noch schlimmer.

Aus dem Rahmen Fallendes wie das Interesse des Ehemanns für den Ort des Seitensprungs werden als Tatsache erwähnt, nicht aber (psychologisch) thematisiert. Diese Szene dient hier letztendlich nur als Mittel zum Zweck, um die Lösung für das vermisste Zippo ein wenig zu komplizieren.
so? Findest du? Warum schnüffelt er dann ins Joshs Zimmer, warum geht er überhaupt hin? Das Zippo bildet bloß eine Klammer. Klar, ein Feuerzeug entzündet sich eben, das ist dann schon auch symbolisch gemeint.

Und so wirken dann auch leider die Dialoge auf mich konstruiert und wie maßgeschneidert zum Rollenklischee passend. Möglicherweise war das ja gerade deine Absicht: Diese Kaschmir-Bergamotte-Chanel-Welt einer abgehobenen und scheinbar emotionslosen Society vorzuführen, die selbst auf die überraschende (und sicher weh tuende) Wende mit einem lapidaren Satz reagiert.
gerade die knappen Dialoge zeigen doch, wie beherrscht nach außen hin sie sich verhalten.

Was du mit dem Titel sagen möchtest, verstehe ich, bezogen auf den Inhalt deiner Kurzgeschichte, nicht. Irgendwie verkaufst du hier eine Binsenweisheit als philosophische Erkenntnis.
Der Titel ist eine Spielerei - ein Faust-Zitat, das zeigen sollte, wie wenig sich ändert.

Ich habe deinen Text auf word kopiert und da wurden mir sofort rot unterstrichelt zig kleine Fehlerchen gezeigt. Die hätten dir beim Lesen vielleicht auch auffallen können.:D
die Fehler sollten mittlerweile entfernt sein.

viele Grüße aus dem grauen Taunustag
Isegrims

 

So, jetzt zu dir, Kamerad, äh, @linktofink :lol:

Lieber Isegrims, der Text ist sowohl von der Ausarbeitung (Überarbeitungsrunden fehlen!) als auch vom inhaltlichen Gehalt her eher dürftig, vor allem im Vergleich mit dem, was du sonst hier einstellst.
mal schnell was rausgehauen, dem man nicht leicht widersprechen kann, paar Fehlerchen angeführt (danke dafür, auf Strecke doch gar nicht so viel) und ein ästhetisches Urteil gefällt, bravo!
Ich lese gerade Marcel Proust und zufällig bin ich auf folgendes gestossen: "Mein lieber Leser: In Wirklichkeit ist jeder Leser - wenn er liest - nur ein Leser seiner selbst."
Im Übrigen: wenn du den Text als "dürftig" stempelst, solltest du dafür Gründe liefern, nicht ein paar Sätze hinwerfen, die eher auf das Gegenteil deuten.

Deine Figuren sind so dumpf, so abgestumpft, insbesondere der Albert, den die Wohnung von Josh mehr interessiert als seine Frau. Der Rest der Belegschaft kauft/verdient sich, was er/sie braucht.
Mag sein, dass du das Szenario nicht magst, die Gesellschaft, die ich beschreibe, dafür beschreibst du, das, was der Text zeigt, recht genau. Sie sind dumpf, zumindest was ihr Handeln anbetrifft, ihr Innenleben durchaus nicht und diese Diskrepanz behandelt der Text, wenn auch reduziert. (Was nicht unbedingt dem Textansatz entspricht, den ich sonst verfolge. Übrigens gerade Albert nicht! Du bist gerne eingeladen, nachzulesen, was du über Alberts Innenleben vorfindest. (und hast es vermutlich auch bemerkt, aber he, über so Leute will ich nix lesen, gell?

Das ist eine Art Abgesang auf die Moderne, auf den melancholischen Dünnschiss des Lebens, wie du schreibst, ergreifen oder berühren tut mich das nicht, denn bei aller Liebe kann ich nirgendwo einen Konflikt erkennen. Ich finde keinen Ansatzpunkt, um irgendwo einzusteigen.
Komischerweise zeigst du mit einem einzigen Satz, was der Text will, nicht den Abgesang auf die Moderne, aber doch einen Blick auf die Leere, die Abgründe der Eliten, Intellektuellen, nenn's wie du's willst. Gleichzeitig verbindest du deine Beschreibung mit einer Forderung, die ich gar nicht erfüllen will, nämlich der, dass ein Text ergreifen, berühren müsse. Literatur, oder das, was ich darunter verstehe, beschränkt sich nicht darauf, zu unterhalten, Herzschmerz hervorzurufen, zu pilchern. Wenn du über die Rührung einsteigen möchtest, sagt das was über dich als Leser- und he, das kann ich mit diesem Text nicht bieten -will ich auch nicht! Jede einzelne Figur hat in dieser Geschichte ganz existentielle Konflikte, übersehen?

Das Zippo-Ding, das die Geschichte verbinden soll, zündet für mich nicht, weil es so beliebig daherkommt.
klingt vernünftig, der Satz, aber was nennst du beliebig, was ist für dich beliebig? Dass der Text mehrere Ebenen beleuchtet, literarische Anspielungen enthält, dass das Feuer zwischen den Figuren glimmt, sich aber nicht entzündet?

Zu den Einzelanmerkungen:
vielen Dank für die Nennung der Tippfehler, passiert mir meistens, weil ich bei der Überarbeitung eher auf Inhalte achte.
"Animalische Jugend"; Was ist das? Tja, denk mal drüber nach, wie du warst, als du jung warst, wie viel Leidenschaft in dir steckte, die durfte dann auch instinktgesteuert sein, oder?
"Von draußen dringt milder Spätherbst herein"

Durch das Licht? Durch den Geruch, der durch das offene Fenster weht oder durch die Geräusche, die durch Laub gedämpft werden? Da entsteht kein Bild.
durch alle Sinne, für mich entsteht da ein präzises Bild, oder spürst du gerade nicht, dass aus mildem Spätherbst, Winternähe wurde?
"Ich-bin-schön-mir-gehört-die-Welt":
Brauche ich nicht, einstudiertes Grinsen würde mir reichen.
klar, wer langweilige Sprachbilder mag, schreibt einstudiert
"Josh hat Eltern. Natürlich."
Ohne geht's nicht, also was willst du sagen? Er hat betuchte/ spendable Eltern?
du hast doch die Antwort gegeben
"als sie ihm den grünen Schein in die Hand drückt"
Sorry, aber grün ist der Hunderter. Absicht? Keine Euronen?
Edit: später schreibst du: "Den Hunderter wird er on top verprassen." Fände trotzdem einen weniger versteckten Hinweis besser, dass sie ihm mehr gibt.
du hast ihn doch erkannt, so versteckt war der Hinweis also nicht
"ganz oldschool klischeehaft eine Informatikprofessorin in den Arsch gefickt"
Wie fickt man klischeehaft in den Arsch? Da entsteht nix außer Gelaber.
möchtest du gern wissen, hä? Hast du nie eine, also, hast du oder hast du nicht? Finde ich schon klischeehaft, aber he, über die Stelle denke ich noch nach, weil sie feinsinnige Leser*innen verstören könnte.
"Das Guteschönewahre"
Geht nur so? Nicht Gute, Schöne, Wahre?
wie ich finde fast ein stehendes Begriff, deshalb zusammen.
"Trunkenbekifft"
Finde ich nicht so wahnsinnig originell
über den Hinweis lässt sich reden, kommt auf die Liste
"300€"
Warum nicht einfach: Drei Hundert müssten reichen für Amsterdam?
stimmt, Geschmackssache
„Ich würde auch gern wegfahren“, sagt sie.
„Die Hausarbeit muss fertig werden“, sagt er.
Oha, die Arme schreibt auch noch seine Hausarbeiten ...:dagegen:
verstehe ich nicht, den Hinweis; er geht einfach nicht auf das ein, was sie sagt, redet über sich selbst.
"Er muss Max appen"
? Was geht da vor sich? Ist das ein Code?
tja, dann denk mal nach, wie sich so Jochens und Magens heutzutage verständigen.
"wenn man die Flamme entzündet"
sagt man das so gestelzt: entzündet?
kommt auch auf die Liste, aber andererseits ermöglicht es auf der zweiten Ebene ein Bild

So, spät geworden, jetzt schau ich mal, wo das Zippo ist, und zünde mir ne Montecristo an.
viele Grüße aus der Taunusnacht
Isegrims

 

Hallo @Isegrims,

mit Deinem Text habe ich zwei Probleme und normalerweise würde ich einfach meinen Schnabel halten, aber es ist eben Challenge.

Mein erstes Problem ist, dass Du vielleicht denkst, dass das eine Retourkutsche ist, was jetzt kommt, aber das ist es nicht. So ticke ich nicht und so bin ich auch nicht. Aber es könnte so ankommen, deswegen stelle ich das voran.

Warum würde ich normalerweise nichts sagen? Nun, ich finde, dass die Frage, wie realistisch ein Plot empfunden wird, ein Stück weit individuell ist. Das hängt vom Alter ab, den damit verbundenen Erfahrungen, dem kulturellen Hintergrund, vielleicht auch vom Status, vom sozialen Umfeld, etc.

Aber bevor ich das vertiefe, zunächst mein Eindruck vom Sprachlichen. Da hat mir der Text gefallen und mir ist aufgefallen, dass Du Deine Wortschöpfungen und Bilder sparsamer einsetzt, was einem Leser wie mir entgegen kommt.

Du versuchst sehr dicht zu schreiben, viele Details zu nennen, springst zwischen den Köpfen. Das hat natürlich sehr schnell einen gewollten, künstlichen Charakter. Ich kann Dir nicht genau sagen, an welchen Stellschrauben Du drehen müsstest, damit der Eindruck bei mir abgeschwächt wird, aber vielleicht reicht Dir ja der Hinweis, um mit dieser Brille nochmals durch den Text zu gehen, wenn Du das möchtest. Wenn ich das richtig verstehe, gehen andere Kommentare auch ein wenig in diese Richtung.

Nun zu meinem zweiten Problem: Dein Plot bzw. eher die Charaktere sind für mich völlig unrealistisch.

Ich oute mich jetzt mal als Münchner (ob das eine gute Idee ist, wird sich zeigen). Jedenfalls finde ich eigentlich das Thema, das Du hier bearbeitest, höchst spannend und interessant, alleine schon weil ich altersmäßig ganz gut zu Deiner Geschichte passe.

Aber jetzt kommen wir mal zu ein paar Details: Informatikprofessorin, Villa, Porsche - kurzgesagt, in welcher Schicht spielt das Ganze.

Als Professor/in in München hat man eher den Lebensstandard: Drei/Vier-Zimmer-Wohnung und Kleinwagen.

Leute in der Kategorie Porsche/Villa/Kind (wenn selbst erarbeitet) haben geschätzt einen Finanzbedarf von ca. 20.000 EUR pro Monat (netto, absolute Unterkante, entspricht rund einer halben Million brutto).

Da reicht weder Professor noch (normaler) Arzt noch (normaler) Anwalt oder dergleichen. Da muss man dann schon in einer höheren Liga spielen.

Das heißt, von Deiner Informatikprofessorin kommen ein paar Peanuts, um mal in dieser Liga zu bleiben, und das Hauptgeld kommt vom Alten, also von Albert, der mal ein wenig schnüffelnd in der Wohnung spioniert und ansonsten seinen Bierbauch pflegt (ja, das ist jetzt völlig überspitzt).

Bei dem Finanzbedarf arbeitet Albert aber in der Geschäftsführung eines größere Unternehmens (viele tausend Mitarbeiter), sprich der ist in der Kategorie knallharter Manager. Und der schnüffelt in der Wohnung rum? Sitzt im Wagen, während seine Frau sich von einem anderen vögeln lässt?

Und dann habe ich noch ein Altersproblem. Der Sohn scheint ja so um die 20 zu sein, sie hat studiert, promoviert und ist Professorin, aber noch attraktiv genug, dass ein junger Mann Lust auf sie hat.

Demnach würde ich sagen, kann sie keine 40 sein, denn das wäre zu jung, aber sie darf nicht viel älter sein als 50 sein, sonst ist sie zu alt. Das heißt, sie war so während der Promotion schwanger gewesen. Sehr ungünstig, vielleicht gerade nach der Promotion. Ok, könnte klappen. Das heißt aber auch, dass sie noch nicht so lange Professorin ist (was überhaupt schwierig ist, mit der Kinderpause), womit sie also die entsprechenden Bezüge vielleicht gerade mal 10 Jahre hat, was eher zu optimistisch geschätzt ist. Damit ist sie voll im Saft der Karriere, tourt in der Gegend rum, hat sehr viel um die Ohren und da fällt ihr nichts besseres ein, als mit irgendeinem Jüngling zu vögeln, den sie auf einer Sponsorenparty kennengelernt hat und der auch noch mit dem Sohn zusammen studiert? Ernsthaft? Wenn sie überhaupt die Lust und Energie hat, regelt die das anders und eher mit jemanden, den sie kontrollieren kann.

Außerdem, wenn Albert nicht viel, viel älter als sie ist, dann hätten die beiden sich nach gut 10 Jahren Verdienst in München eine Villa kaufen können (was man vorher in der Wissenschaft verdient reicht typischerweise nicht, um größere Rücklagen zu bilden).

Damit wäre Albert dann schon wirklich in jeder Hinsicht außergewöhnlich, denn er hätte schon sehr früh (mit Anfang 40) im Topmanagement eines Großunternehmens sein müssen, damit das für das Szenario benötigte Startkapital und Einkommen vorhanden ist.

Wie auch immer, aufgrund der obengenannten Parameter passt das alles nicht zusammen.

Ich frage jetzt mal ganz ketzerisch: hast Du mal mit Menschen, die Du hier als Protagonisten charakterisierst, Kontakt gehabt? So erfolgreichen Menschen? Die leben anders, ticken anders, handeln anders, denken anders als Du es hier darstellst. Das heißt nicht, dass ich in Zweifel ziehe, dass auch die Professorin fremdgeht, aber alle Handlungen, Eindrücke, Gedanken passen überhaupt nicht zu Menschen, die sich im Leben so viel so früh erarbeitet haben und eine solche Karriere hingelegt haben. Die sind viel kontrollierter, machtbesessener, vielleicht auch mal größenwahnsinniger, entscheidungsfreudiger, härter als Deine Charaktere. Die fackeln nicht lange rum, gehen vorwärts, hocken nicht im Auto, während die Alte fremdgeht, vögeln nicht mit kleinen Jungs, die der Karriere oder der strategischen Partnerschaft gefährlich werden könnten, sondern bestenfalls mit welchen, die sie kontrollieren können, die ihnen das geben, was sie möchten und zwar zu dem Zeitpunkt, an dem sie gerade Zeit und Lust haben.

Und damit frage ich mich auch, welche Elite Du hier charakterisieren möchtest, welches Bild Du von "denen" hast und worauf sich das begründet? Welche Gruppe von Menschen meinst Du genau? Die Frau, die es mit Spitzenforschung Anfang 40 zur Professorin geschafft haben? Den Topmanager, der sich mit Anfang 40 in eine Spitzenposition hochgearbeitet hat? Oder meinst Du Quandts, Krupps, Albrechts, etc. der jüngeren Generation, die alles geerbt haben? Oder irgendeine Schicht dazwischen? Welche soll das sein? Und woher kommt die Leere? Weil sie beruflich erfolgreich sind? Wohl kaum. Eher, weil sie ausgebrannt sind, vielleicht weil sie nur noch über materielle Dinge nachdenken und sprechen, angesichts der vorhandenen Fülle, und für andere die Zeit nicht finden (realistischer).

Ich hoffe, Du kannst mit der Begründung, warum ich das unrealistisch finde, etwas anfangen.

Gruß
Geschichtenwerker

 

@Isegrims,
zunächst mal zu den Fehlern: Bevor ich einen Text einstelle, prüfe ich natürlich die korrekte Rechtschreibung, alles andere ist eine Zumutung für den Leser. Es wird einem Autor heutzutage so leicht gemacht, jedes Textprogramm hat da ganz einfache Tools wie Autokorrektur, etc., also keine faulen Ausreden von wegen inhaltlicher Schwerpunkt, bla.

Auf meinen Kommentar reagierst du wie eine beleidigte Leberwurst, haust mir irgendwelche Zitate von Proust um die Ohren, die mich einen Scheiß interessieren. Du überschreitest die Grenze zur persönlichen Kritik und das solltest du als jemand, der sich hier Moderator schimpft, besser wissen.

und hast es vermutlich auch bemerkt, aber he, über so Leute will ich nix lesen, gell?
das ist eine unsachliche Unterstellung.

Literatur, oder das, was ich darunter verstehe, beschränkt sich nicht darauf, zu unterhalten, Herzschmerz hervorzurufen, zu pilchern. Wenn du über die Rührung einsteigen möchtest, sagt das was über dich als Leser- und he, das kann ich mit diesem Text nicht bieten -will ich auch nicht!
von Rührung war nie die Rede, haarscharf vorbeiargumentiert!

Wie fickt man klischeehaft in den Arsch? Da entsteht nix außer Gelaber.
möchtest du gern wissen, hä? Hast du nie eine, also, hast du oder hast du nicht? Finde ich schon klischeehaft, aber he, über die Stelle denke ich noch nach, weil sie feinsinnige Leser*innen verstören könnte.
Auf dem Level habe ich keine Lust, mich mit dir auseinanderzusetzen.

Linktofink

 
Zuletzt bearbeitet:

He @lintofink
ich lass das mal stehen, was du so geschrieben hast, reagier nicht mehr drauf, versuche dir nicht in die Parade zu fahren, allein wegen des guten Umgangs.
Klar habe ich ein wenig gespöttelt, scharf argumentiert, aber doch nicht mit der Absicht dich dabei persönlich anzugreifen (so habe ich deine Kritik an dem Text in Teilen empfunden), eher aus Enttäuschung - schließlich schreibe ich mit Leidenschaft und da darf ich auch mit Leidenschaft verteidigen.
Also, peace, komm schon
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Josh hält ihr ein Reclam-Heftchen hin, das er zwischen Büchern und Unterlagen hervorzieht: Goethes Faust. Erster Teil: „Außerdem muss ich das da lesen. Ich versteh kein einziges Wort, nix, gar nix.“
„Wofür das denn?“
„Zur Vorbereitung.“
„Fand ich unterhaltsam. Ne Menge Personal: der Teufel, Gott, Geister, Gretchen, Faust, Hexen. Faust ist wie ein Zombie, nur weiß er’s noch nicht. Lässt sich mit dem Teufel ein, weil er den Hals nicht voll bekommt.“
„Schadet ja nichts.“

- eine Art Demaskierung des Lebens der Eliten, wenn auch nur in einem kleinen Ausschnitt

Moin,

Isa,

hier geht‘s ja hoch her über „Realismus“-, besser „Naturalismus“-Debatte, Identifikation und Korrekturen, Befindlichkeiten und tatsächlich wurde ich auch ein wenig an „die Reifeprüfung“ erinnert, was ja nix Schlimmes ist, wenn man bedenkt, dass Geld- und Dienstadel sich seit biblischen Zeiten und der Sesshaftwerdung vom Verhalten her nicht verändert hat und der moderne Mensch – wie es schon Karl Kraus definiert hat – immer noch der alte Troglodyt ist, wenn auch auf einem technologisch höheren Niveau statt im sozialen. Eigentlich dürft‘ ich da gar nicht mitreden, nicht, weil ich nicht rauch – da waren meine Ältern wahre Schlote - aber meine plebejische Herkunft gewährte keinen Einblick zu „denen da oben“, und manchem Chef in meinem Leben hätt‘ ich nicht mal angetraut, mir den Arsch zu lecken. Glück für wen auch immer, dass ich um den Wehrdienst (Lehr-, pardon, Ausbildungszeiten und Studium, auch ohne Verweigerung herumkam - das taube Ohr hätte minimalsten Einfluss darauf gehabt)

Ich kann mir darum gut vorstellen, dass „die da oben“ zumindest zum Teil ein solches Leben führen, wie Du es zeichnest. Und, wie ich immer zu meinem Lieblingsfach „Historik“ darleg, wir können uns nur der Quellenlage angemessen der Wirklichkeit „an“nähern und – wir treiben jeder nach seinen Fähig- und Möglichkeiten „schöne“ Literatur, keine Reportagen, und dürfen so gut übertreiben, wie wir‘s auch manchmal müssen. Und dass unserer beiden Neigungen zum Detail gegensätzlicher nicht sein können , ist auch kein Geheimnis, und doch les ich Deine Geschichten immer wieder gern – wie auch diese hier, die meiner Vorstellung vom Lotterleben der feinen und reichen Leute, seien sie auch noch so frei vom

Dünkel der Tegernsee-Schickeria
nahekommt, mit denen ich mich eh nicht identifizieren kann (es sei denn, ein Friedrich Engels würde mich finanzieren - jeder istdoch irgendwie käuflich - und nicht jetzt die Rentenkasse, wobei die Zusatzkasse um 2008 zugeben musste, dass man gezockt habe, und der Griff in die Rentenkasse durch Kanzler Birne geplündert wurde, dass ich meiner eigentlichen Neigung – Zeichnen, Malen – nachgehen könnte ).

Flusenlese

Er legt das Smartphone auf die Matratze, entspannt sich, als sie ihm den grünen Schein in die Hand drückt, klemmt das Geld zwischen Daumen und Zeigefinger, wedelt ihr damit Luft zu, verkneift es sich, daran schnuppern und steckt ihn schließlich, bevor sie sich’s anders überlegt, mit einem Schwung, als genieße er es, bezahlt zu werden, in die Gesäßtasche der Jeans, die neben dem Bett liegt.
a) warum zwo Pronomen, von denen das erste zugleich das neutralste Subjekt („Es werde Licht!“ Luther, „Licht werde!“, Buber/Rosenzweig) überhaupt ist?
b) warum bei einer als-ob-Situation Konj. I; nix ist unwirklicher als ein „als ob“, besser Konj. irrealis „genösse“, was nur so klingt, als hätte es was mit Genossenschaften zu tun

Sie hat dieselben Augen wie ihr Sohn, exakt dieselben, so grün, so blau.
Muss man Mitleid mit dem blinden Sohn haben?
Besser „gleiche“ Augen wie ...

..., klemmt ein Kissen zwischen die Beine, spreizt sie ein wenig, wippt hin und her, als wolle er er auf dem Kissen tanzen
vgl. b)

300[...]€ müssten reichen für Amsterdam.

Auf den Autoscheiben des Panamera spiegelt sich das Licht der Steraßenlaternen.

... die sechzehnfache Marilyn Monroe, fragt sich, von welchem queeren Künstler es ist.
Laut Duden „indeklinables Adjektiv“, „queer seiend“ fänd‘ ich sogar gewöhnungsbedürftig, also stehnlassen, warum soll es kein Lehnwort werden?

„Mal sehen. Weißt du noch: damals, als wir in den Alpen gezeltet haben?“
„Damals“ besser mit Majuskel – es folgt halt ein vollständiger Satz

„Ach du, du bist ja[...]…“

„Na gut, okay.“ Sie reibt reibt sich die Augen. Albert steht schweigend daneben, die Bierflasche in der Hand, geht ein paar Schritte zur Terrassentür, schaut in die Nacht.
„Ich kenne das Buch“, sagt Albert und kommt zurück zu den beiden. „und hab’s sehr gern gelesen.“

Er zögert, lässt die Worte ausklingen. „…[...]weil es den melancholischen Dünnschiss des Lebens beschreibt.“

Bis bald

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Gude @Isegrims,

das Knistern zwischen den beiden finde ich interessant, manchmal ist es stark (zärtliche Küsse), dann wieder total abgekühlt (Hausarbeit muss geschrieben werden). Eine interessante Perspektive, denn mein Eindruck ist schon, dass es für Pia hier um etwas mehr als Sex geht. Eine geplante (vielleicht gemeinsame) Reise spricht ja auch dafür. Ihr Mann wiederum sieht allerdings wohl nur, dass ihr das Körperliche fehlt - damit kann er sich scheinbar (wortwörtlich) arrangieren. Die Reise lehnt er denn auch ab. Die Perspektivwechsel gelingen gut, ich wusste immer, wer wann dran ist.

Dein Text hat einen richtig schönen Knall:

Ihr Mann sitzt vornübergebeugt, aufs Lenkrad aufgestützt neben ihr, schaut zu ihr herüber.
:eek:
Und dann noch einer: der Sohn zieht zum Liebhaber.
Ich mag Josh.“
Er mag ihn. :naughty: Geht da vielleicht mehr? Eine Vierecksbeziehung? Totales Chaos vorprogrammiert - ich würde das irgendwie gerne lesen wollen :lol:
Aber leider ist es da schon vorbei. Es ist also insgesamt die Beschreibung einer bestimmten, gesellschaftlichen Situation. Du schreibst in einem Kommentar, dass eines deiner Ziele war:
Art Demaskierung des Lebens der Eliten

Hier würde ich mich auf deinen Text zurückziehen:
ganz oldschool klischeehaft
Fehlanzeige! Stattdessen Vorlesungen, Seminare, Sport, ein paar Freunde, ein Sohn, ein kugelbauchiger Ehemann.
-> Du nimmst Klischees auf und setzt sie in der erzählten Welt als Realität dar. Demaskierung in dem Sinne, dass dargelegt wird, dass in jedem Klischee auch ein wahrer Kern steckt. Mir ist das allerdings zu wenig, um von einer "Demaskierung" der Eliten zu sprechen. Darunter würde ich mir etwas vorstellen, dass eben noch nicht allseits bekannt ist. Kurz abseits des Textes gesponnen, könnte ich mir darunter Anlehnungen an reale Ereignisse wie CumEx oder Football Leaks vorstellen, die irgendwie bekannt sind, bei denen dann man aber doch nicht alles so genau weiß - und schon gar nicht eine literarische Verarbeitung gelesen hat.

An der Stelle möchte ich allerdings auch ein Lob dalassen für deine Entscheidung, diesmal eben keinen expliziten realweltlichen Bezug herzustellen.

- da ich gerne Geschichten aus Zeitung oder anderer Lektüre aufgreife, hier aber einen komplett aus der eigenen Imagination entstandenen Text erstelle, auch, die Geschichte vom Ende her zur denken
Aus der Komfortzone raus, ist immer gut! Für mich würde das den umgekehrten Schritt bedeuten: Mich explizit an etwas zu orientieren. Am schlimmsten noch was Historisches schreiben. Das nimmt mir doch dann jeder auseinander ...
Daher Anerkennung von mir, dass du einen Schritt rausmachst.

Als weiteres Ziel hast du für dich formuliert (und für uns transparent gemacht, was sehr dabei hilft, Feedback zu geben. Denke ich zumindest. Hilft es dir, wenn ich da so Punkte rausgreife?):

ein verschlüsselter Plot
-> Da weiß ich nicht, ob ich dasselbe darunter verstehe wie du. Bei einem verschlüsselten Plot würden - so denke ich - Dinge passieren, die ich beim ersten Mal Lesen kaum bis gar nicht verstehe. Hier erscheinen mir die meisten Handlungen aber schnell nachvollziehbar.
Ich glaube, hier greift mein Eindruck, dass die geschilderten Personen und die Situationen auf Klischees beruhen (noch stärker würde man vielleicht noch sagen, dass der Dozent eine Studentin vögelt, das lockert der Geschlechtertausch ein bisschen auf). Das wird zwar dadurch aufgepeppt, dass du die Szenen gut schreibst und durch die Ballung (z.B. Sie vögelt ihren Studenten UND der ist auch noch Kommilitone ihres Sohnes und ...) und ist NICHT langweilig. Aber ich weiß nicht, was genau ich da aufschlüsseln soll.
Nur Albert fällt für mich etwas raus; was will er mit seinem Einbruch bezwecken? Vielleicht eine Bestätigung für sich, dass da wirklich passiert, was seine Frau erzählt. Bringt ihn aber letzten Endes auch zu keiner Reaktion ... er scheint mir leer zu sein. Das wolltest du beschreiben und ich denke, bei ihm gelingt es dir am besten. Seine Frau sucht ja noch etwas.

Wen du m.E. übrigens am besten entlarvst, ist der Student (vielleicht hab ich da auch die besten Einblicke :lol:):

will Faustzitate einbauen
-> Faust nicht gelesen haben und es unverständlich finden, aber Hauptsache Zitate einbauen wollen und dafür als Bonus noch von der Dozentin gelobt werden. Jawoll Junge, du hast's kapiert - nicht :lol:


Jetzt ein paar Kleinigkeiten, das gröbste hast du ja scheinbar schon entfernt (oder ich lese nicht so genau, wie meine Vorkommentator*innen).

Sag mal, wofür sind die ganzen Reißverschlussfächer gedacht? Haben die spezielle Funktionen?“, fragt er und löst sich von ihr, als sie wieder vor dem Bett angelangt sind.
Halt mich für doof, aber ich dachte, er fragt sie das so speziell, weil es ihr Koffer ist. Dann bin ich zurückgegangen: Ne, ist seiner. Ich war etwas verwirrt. Vielleicht könntest du schreiben:
- "wofür die ganzen Reißverschlussfächer gedacht sein könnten?"
Dann ist eindeutig, dass er sie das auf einer allgemein lebensweltlichen Ebene fragt, wie er auch einen Kumpel fragen könnte - und nicht speziell sie, weil sie Geheimwissen hat.

Er muss Max appen.
-> Muss ein Münchner Ding sein, ich hab das noch nie gehört.

Wie leicht sich Türen öffnen lassen, wenn man weiß wie und den Code hat!
-> "Wenn man weiß wie" klingt danach, als würde er die Tür knacken. Den Code haben klingt danach, als müsste er das nicht. Zusammen klingt das für mich dann widersprüchlich.


Liebe Grüße
Vulkangestein

Edit: Ich bin zum x-ten Mal hochgescrollt, habe mir gerade nochmal den Anfang angeschaut. Da könnte man noch was machen. Der erste Satz ist ein bisschen lahm, macht mich nicht neugierig, und der zweite für mich etwas unrund. Den Nachsatz "zucken durch die Bewegung" bräuchte es nicht unbedingt.

 

Lieber @Geschichtenwerker

herzlichen Dank für den Kommentar. Ich stimme vielen, wenn nicht den meisten Punkten deiner Argumentation, nicht zu, aber die Fragen, die du aufwirfst, verstehe ich.

Mein erstes Problem ist, dass Du vielleicht denkst, dass das eine Retourkutsche ist, was jetzt kommt, aber das ist es nicht.
gut, dass du's sagst: ich empfinde die Kommentare selten als persönlichen Angriff, eine Retourkutsche also für was? Was ich zu deinem Text geschrieben habe, waren ästhetische Überlegungen, Geschmack, da scheiden sich die Geister gelegentlich.

Aber bevor ich das vertiefe, zunächst mein Eindruck vom Sprachlichen. Da hat mir der Text gefallen und mir ist aufgefallen, dass Du Deine Wortschöpfungen und Bilder sparsamer einsetzt, was einem Leser wie mir entgegen kommt.
ja, wobei ich in erster Linie das Gefühl hatte, dass dieser Text den sparsameren Einsatz der Mittel braucht. Der Inhalt sucht sich Form und Sprache, glaube ich.

Du versuchst sehr dicht zu schreiben, viele Details zu nennen, springst zwischen den Köpfen. Das hat natürlich sehr schnell einen gewollten, künstlichen Charakter. Ich kann Dir nicht genau sagen, an welchen Stellschrauben Du drehen müsstest, damit der Eindruck bei mir abgeschwächt wird, aber vielleicht reicht
mm, warum künstlich? Ich wollte die Gedanken gegenüber stellen, ohne Übergänge, ohne Trennung, schnell, so wie Gedanken eben fliegen, was du künstlich nennst, mal sehen, ob sich andere ähnlich dazu äußern - ein stilistischer Versuch, den ich grundsätzlich für richtig halte.

Ich oute mich jetzt mal als Münchner (ob das eine gute Idee ist, wird sich zeigen).
ach, so als Münchner könntest du am 20.12. nach Haidhausen ins Münchner Literaturbüro kommen. Ich werde im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Künstliche Intelligenz" einen Text lesen und mit dem Publikum diskutieren, den ich hier bei den Wortkriegern eingestellt hatte.

Als Professor/in in München hat man eher den Lebensstandard: Drei/Vier-Zimmer-Wohnung und Kleinwagen.
stimmt scion, gilt in Frankfurt oder anderen Großstädten genauso, vorausgesetzt man kommt aus dem Nichts, verfügt nicht über ererbtes Vermögen.

Leute in der Kategorie Porsche/Villa/Kind (wenn selbst erarbeitet) haben geschätzt einen Finanzbedarf von ca. 20.000 EUR pro Monat (netto, absolute Unterkante, entspricht rund einer halben Million brutto).
stimmt auch, so what?

Das heißt, von Deiner Informatikprofessorin kommen ein paar Peanuts, um mal in dieser Liga zu bleiben, und das Hauptgeld kommt vom Alten, also von Albert,
in der ersten Version hatte ich genau aus diesem Grund im Dialog zwischen Pia und Albert ihren Verweis auf das Geld, das sie geerbt hat, drin. Diesen Dialogteil habe ich gestrichen, weil ich dachte, he, das klingt gewollt, künstlich, kann sich der Leser doch denken, bzw. die frage stellen, woher das Vermögen kommen könnte.

Bei dem Finanzbedarf arbeitet Albert aber in der Geschäftsführung eines größere Unternehmens (viele tausend Mitarbeiter), sprich der ist in der Kategorie knallharter Manager. Und der schnüffelt in der Wohnung rum? Sitzt im Wagen, während seine Frau sich von einem anderen vögeln lässt?
genau das macht er, was ich auch für folgerichtig halte (vielleicht leidet er unter Impotenz?): indem er seine Frau abholt, sich die Wohnung von Josh anschaut, behält er die Kontrolle . und genau das brauchen Kerle wie er.

Demnach würde ich sagen, kann sie keine 40 sein, denn das wäre zu jung, aber sie darf nicht viel älter sein als 50 sein, sonst ist sie zu alt.
dieses Argument verstehe ich nicht, warum sollten Frauen über 50 keine jungen Männer mehr bekommen?

hat sehr viel um die Ohren und da fällt ihr nichts besseres ein, als mit irgendeinem Jüngling zu vögeln, den sie auf einer Sponsorenparty kennengelernt hat und der auch noch mit dem Sohn zusammen studiert? Ernsthaft? Wenn sie überhaupt die Lust und Energie hat, regelt die das anders und eher mit jemanden, den sie kontrollieren kann.
mm, gehst du tatsächlich von aus, dass jemand in ihrer Position keine Energie mehr hat?

Damit wäre Albert dann schon wirklich in jeder Hinsicht außergewöhnlich, denn er hätte schon sehr früh (mit Anfang 40) im Topmanagement eines Großunternehmens sein müssen, damit das für das Szenario benötigte Startkapital und Einkommen vorhanden ist.
siehe oben

Ich frage jetzt mal ganz ketzerisch: hast Du mal mit Menschen, die Du hier als Protagonisten charakterisierst, Kontakt gehabt? So erfolgreichen Menschen? Die leben anders, ticken anders, handeln anders, denken anders als Du es hier darstellst.
schwierige Argumentation, die ich auch bei früheren Texten schon gehört habe. Ich erlebe zwar nicht alle aus dieser Schicht, die ich kenngelernt habe, so, wie ich es hier beschreibe, aber doch einige.

Die sind viel kontrollierter, machtbesessener, vielleicht auch mal größenwahnsinniger, entscheidungsfreudiger, härter als Deine Charaktere.
ehrlich gesagt klingt deine Beschreibung nach einer Idealisierung der Eliten, eher nach dem, was man ihnen unterstellt, um den Nimbus zu verstärken.

Oder meinst Du Quandts, Krupps, Albrechts, etc. der jüngeren Generation, die alles geerbt haben?
Zu den Quandts: die leben ja hier in unmittelbarer Nähe und was wissen wir über Susanne Klatten?

Und woher kommt die Leere?
eine berechtigte Frage, die der Text nicht beantwortet, den Punkt behalte ich im Kopf, vielleicht füge ich die eine oder andere Erinnerung an.

Eher, weil sie ausgebrannt sind, vielleicht weil sie nur noch über materielle Dinge nachdenken und sprechen, angesichts der vorhandenen Fülle, und für andere die Zeit nicht finden (realistischer).
ausgebrannt eher, weil sie keine materiellen Probleme haben, weil ihr Leben aber doch fremdbestimmt bleibt.

viele Grüße nach München
Isegrims

 

Lieber @Isegrims,

Ich stimme vielen, wenn nicht den meisten Punkten deiner Argumentation, nicht zu, aber die Fragen, die du aufwirfst, verstehe ich.

Das war mir klar, weswegen ich mir meinen Kommentar außerhalb der Challenge auch gespart hätte, weil ich weiß, dass Du das anders siehst und Dir bewusst ist, dass andere - so wie - wiederum eine andere Meinung haben. Deswegen bin ich mir bei solchen Auseinandersetzungen nicht sicher, was es bringt, meine Meinung darzulegen.

Immerhin verstehst Du meine aufgeworfenen Fragen, sodass Du vielleicht doch irgendwie damit arbeiten kannst.

ach, so als Münchner könntest du am 20.12. nach Haidhausen ins Münchner Literaturbüro kommen. Ich werde im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Künstliche Intelligenz" einen Text lesen und mit dem Publikum diskutieren, den ich hier bei den Wortkriegern eingestellt hatte.

Da bin ich leider schon verhindert, auch wenn ich das Thema ganz interessant finde und es auch schon oft diskutiert habe und dabei das Gefühl gewann, dass sehr viele Menschen die Fähigkeiten z. B. neuronaler Netze überschätzen.

dieses Argument verstehe ich nicht, warum sollten Frauen über 50 keine jungen Männer mehr bekommen?

Ich sage ja nicht, dass sie keine mehr bekommen, aber mein Eindruck ist, dass ältere Frauen weniger Verlangen nach "Frischfleisch" haben als Männer. Das liegt wahrscheinlich am Männlichkeitswahn, zu dem es kein Pendant auf der Frauenseite zu geben scheint.

ausgebrannt eher, weil sie keine materiellen Probleme haben, weil ihr Leben aber doch fremdbestimmt bleibt.

Naja, fremdbestimmt sind wir alle in einem gewissen Rahmen und mein Eindruck ist, dass Geld die Fremdbestimmtheit verringert.

Aber ich glaube, der Punkt an dem wir uns eigentlich unterscheiden ist die Erwartungshaltung. Durch die Aussage, dass Du die Eliten demaskieren möchtest, hast Du bei mir eine gewisse Erwartungshaltung geweckt, die Du wahrscheinlich gar nicht erfüllen möchtest bzw. kannst (da ist mir das Spektrum zu breit und die Schlussfolgerung zu einfach: Elite= von Prof. bis Multimillionär/Milliardär von selfmade bis geerbt = leer. Bei dem breiten Spektrum kann man gar keine Gemeinsamkeiten ausmachen, welche die Elite charakterisieren und welche dann zur Leere führen. Außerdem sind gerade Wissenschaftler eher erfüllt von ihrer Wissenschaft und nicht jeder, der mit seinem Job viel Geld verdient, ist automatisch leer, nur weil er viel Geld verdient, sondern sehr viele erfüllt ihr Beruf sehr wohl, weil sie z. B. gestalten können oder was schaffen, Menschen retten, tolle Gebäude bauen, etc.).

Ich persönlich finde, dass der Text deutlich gewänne, wenn Du Anhaltspunkte für den Grund für die Leere geben würdest, wie Du es auch oben angedeutet hast.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hallo @Isegrims
Ich finde es reizvoll, wie du an einigen Stellen die beiden Welten bzw. Generationen Josh-Pia gegenüber stellst. Er fliegt nach Asmterdam (wahrscheinlich mit dem sogennanten Billigflieger) wegen Saufen, Kiffen und Party, während sie an den Wanderurlaub ihrer Jugend mit Albert denkt, Dolomiten und Regen. Er kauft Duschgel aus dem verpackungsfreien Laden, während für sie unten der Porsche wartet. Und dann, sie sieht ihren Hintern als "Paradeteil", während er für Josh flachgedrückt aussieht. Die beiden haben also eigentlich an der Oberfläche nicht so viel, das sie verbinden könnte, und dennoch lässt sie sich von ihm "klischeehaft in den Arsch ficken". Stört sich sogar nicht an seinem Ejakulat, das auf ihrem Gesicht einzutrocknen beginnt. Es geht ja sogar noch so weit, dass sie ihm scheinbar eine Hausaufgabe schreibt, als hätte sie als Professorin nicht genug zu tun. Und da kommt dann bei mir unweigerlich die Frage auf: Warum? Was ist ihr Antrieb?
Und den finde ich nicht so Recht. Sexuell verfallen scheitn sie ihm ja nicht unbedingt zu sein, das lese ich zumindest nicht raus. Der Thrill des heimlichen Seitensprungs ist es auch nicht, schließlich wartet der Ehemann unten (im übrigen, weiß der Josh, dass der Gehörnte da unten im Panamera sitzt?). Also, von ihrer Seite spüre ich wenig Leidenschaft für das ganze Gebilde. Aber, begibt man sich in solch eine Situation ohne ein entsprechendes Motiv? Gut, du deutest etwas von "Beißen" an, also vielleicht hat sie da ja so gewisse Vorlieben, keine Ahnung. Man darf ja dabei auch nicht vergessen, dass es sich bei Josh um den besten Freund ihres Sohnes handelt, da würde ich schon eine stärkere Triebfeder erwarten als ich sie hier vorgesetzt bekomme (oder eben nicht).
Alberts Beweggründe bleiben mir sogar noch mehr verschlossen. Warum sitzt der da unten, während seine Frau mit einem jungen Burschen schläft? Ich kann mir ehrlich gesagt, keinen Grund dafür ausmalen. Danach dann business as usual. Nein, das ist mir zu unglaubwürdig.

Du siehst, die gesamte Szenerie krankt für mich an der fehlenden glaubwürdigen Darstellung von Gründen, warum. Am ehesten sehe ich das noch bei Josh, der es halt nimmt, wie es kommt. Macht sich ein wenig Gedanken über seine Beziehung zu Max, aber auch nicht zu sehr. Typ: junger, verwöhnter Kotzbrocken. Pia wäre dann wahrscheinlich nur eine mehr für die Galerie. Aber das Verhalten von Pia und Albert ist für mich persönlich so nicht nachvollziehbar.

Davon abgesehen finde ich deinen Schreibstil angenehm, sehr bildhaft. An der einen oder anderen Stelle droht das Bildhafte ein wenig "aus den Fugen" zu geraten, aber das ist ja auch immer Geschmackssache. (Die Eingangsszene ist natürlich ein einziges Klischee, dieses Qualmen nach dem Sex, die Beschreibung des Anzündens der Zigarette.)

Also, ich bin zwiegespalten. Ich mag, wie du schreibst, zumindest in der Geschichte konnte ich allerdings nicht nachvollziehen, was du schreibst.

Beste Grüße,
Fraser

 

Guten Morgen, lieber Friedel

nicht allein weil ich schon lange nicht mehr über Sinn und Zweck und Nutzung des Irreales nachgedacht habe, ist dein Kommentar hochwillkommen, auch weil er -wie auch bei anderen Kommentaren schon erkennbar - zeigt, welche Reflexe hervorgerufen werden, wenn ein Text nicht den Wiederkennungseffekt der eigenen Peer-Group bietet. Dabei gilt doch: Menschliches Verhalten ähnelt sich. Die Spaltung der Gesellschaft in politischer und sozialer Hinsicht nimmt zwar zu, braucht uns aber nicht zu dem Gedanken verführen, man dürfe andere Gruppen als die eigene erst gar nicht mehr verstehen wollen.

dass Geld- und Dienstadel sich seit biblischen Zeiten und der Sesshaftwerdung vom Verhalten her nicht verändert hat und der moderne Mensch – wie es schon Karl Kraus definiert hat – immer noch der alte Troglodyt ist, wenn auch auf einem technologisch höheren Niveau statt im sozialen.
ach, die Menschen an sich haben sich in ihrem Verhalten kaum verändert

und manchem Chef in meinem Leben hätt‘ ich nicht mal angetraut, mir den Arsch zu lecken.
hübsches Bild

Ich kann mir darum gut vorstellen, dass „die da oben“ zumindest zum Teil ein solches Leben führen, wie Du es zeichnest.
na ja ein privilegiertes Lotterleben, dabei habe ich nicht einmal über die ganz oben geschrieben, dann hätte ich Prinz Andrew Scharaden beschreiben müssen

wir können uns nur der Quellenlage angemessen der Wirklichkeit „an“nähern und – wir treiben jeder nach seinen Fähig- und Möglichkeiten „schöne“ Literatur, keine Reportagen, und dürfen so gut übertreiben, wie wir‘s auch manchmal müssen.
interessanter Hinweis, mit dem du natürlich Recht hast. Vielleicht hätte der Text sogar ein wenig mehr Übertreibung vertragen.

und doch les ich Deine Geschichten immer wieder gern – wie auch diese hier, die meiner Vorstellung vom Lotterleben der feinen und reichen Leute, seien sie auch noch so frei vom
Dünkel der Tegernsee-Schickeria
nahekommt, mit denen ich mich eh nicht identifizieren kann
geht ja auch nicht um Identifikation. Schön, dass du die Geschichte gern gelesen hast.


Laut Duden „indeklinables Adjektiv“, „queer seiend“ fänd‘ ich sogar gewöhnungsbedürftig, also stehnlassen, warum soll es kein Lehnwort werden?
dachte mir, queer, als Verb, Adjektiv, Adverb, lässt sich gut verwenden.

Viele Grüße aus dem erstaunlich sonnigen Novembertag
Isegrims
(Ich freue mich schon darauf, deine Geschichte zu lesen und zu kommentieren, auch wenn's noch dauert, da ich mir die Challenge-Texte nach Datum vornehme)

 

Gude @Vulkangestein,

na ja, mein Plan heißt: bisschen Challenge-Geschichten kommentieren, dann auf das, was andere zu meinem Text geschrieben haben, reagieren, dann wieder Koffertexte. Geht ja kaum anders, wenn ich alle Texte lesen und am Ende voten will.
Deshalb nun zu deinem so hilfreichen Kommentar.

By the way: tolle Release-Lesung gestern, bestens organisiert, musikumrahmt, Volodjas Träumerei klavierbegleitet vorgetragen, @peregrina getroffen, die aus den Niederlanden angereist ist, im Clubkeller mit Jugendhauscharme, Demoplakaten an der Wand, Restwein ausgetrunken und geplaudert.


das Knistern zwischen den beiden finde ich interessant, manchmal ist es stark (zärtliche Küsse), dann wieder total abgekühlt (Hausarbeit muss geschrieben werden). Eine interessante Perspektive, denn mein Eindruck ist schon, dass es für Pia hier um etwas mehr als Sex geht. Eine geplante (vielleicht gemeinsame) Reise spricht ja auch dafür. Ihr Mann wiederum sieht allerdings wohl nur, dass ihr das Körperliche fehlt - damit kann er sich scheinbar (wortwörtlich) arrangieren. Die Reise lehnt er denn auch ab. Die Perspektivwechsel gelingen gut, ich wusste immer, wer wann dran ist.
wichtige Infos für mich: dass der Perpektivwechsel Verwirrung stiftet, wollte ich vermeiden, aber eben auch all die Gedanken einfangen, die zwischen den Personen hin und her schweben. Genau diesen Kontrast wollte ich zeigen: Sehnsucht und kühles Abtasten gleichzeitig.


Er mag ihn. :naughty: Geht da vielleicht mehr? Eine Vierecksbeziehung? Totales Chaos vorprogrammiert - ich würde das irgendwie gerne lesen wollen :lol:
Aber leider ist es da schon vorbei. Es ist also insgesamt die Beschreibung einer bestimmten, gesellschaftlichen Situation.
interessanter Aspekt, an den ich ursprünglich auch gedacht, aber dann verworfen habe, weil ich eine durchgehende Handlung beibehalten wollte und ich glaube, dass sich die Entwicklung einer Vierecksbeziehung wohl besser im Verlauf zeigen lässt.

Du nimmst Klischees auf und setzt sie in der erzählten Welt als Realität dar. Demaskierung in dem Sinne, dass dargelegt wird, dass in jedem Klischee auch ein wahrer Kern steckt. Mir ist das allerdings zu wenig, um von einer "Demaskierung" der Eliten zu sprechen. Darunter würde ich mir etwas vorstellen, dass eben noch nicht allseits bekannt ist. Kurz abseits des Textes gesponnen, könnte ich mir darunter Anlehnungen an reale Ereignisse wie CumEx oder Football Leaks vorstellen, die irgendwie bekannt sind, bei denen dann man aber doch nicht alles so genau weiß - und schon gar nicht eine literarische Verarbeitung gelesen hat.
Ja, das mit der Demaskierung ist vermutlich zu hoch gegriffen. Ich zeige einen Moment, eine bestimmte Konstellation, die zwar schon exemplarisch sein mag, aber doch nicht zugespitzt genug, um wirklich in jeder Hinsicht zu demaskieren. Cum-Ex, mm, vielleicht hat der Albert was mit zu schaffen, könnte man dahingehend erweitern, habe ich mir notiert, muss ich aber zu Ende denken. Verlockend wäre es schon, zumal ich das CumEx-Prinzip mittlerweile gut verstanden habe.

Aus der Komfortzone raus, ist immer gut! Für mich würde das den umgekehrten Schritt bedeuten: Mich explizit an etwas zu orientieren. Am schlimmsten noch was Historisches schreiben. Das nimmt mir doch dann jeder auseinander ...
die Challenge bietet beste Möglichkeiten, sich aus der Komfortzone heraus zu bewegen, was zu probieren. Sehe zumindest ich so.

Als weiteres Ziel hast du für dich formuliert (und für uns transparent gemacht, was sehr dabei hilft, Feedback zu geben. Denke ich zumindest. Hilft es dir, wenn ich da so Punkte rausgreife?):
wie oben erwähnt, kann ich richtig was mit anfangen!

Bei einem verschlüsselten Plot würden - so denke ich - Dinge passieren, die ich beim ersten Mal Lesen kaum bis gar nicht verstehe. Hier erscheinen mir die meisten Handlungen aber schnell nachvollziehbar.
Das wird zwar dadurch aufgepeppt, dass du die Szenen gut schreibst und durch die Ballung (z.B. Sie vögelt ihren Studenten UND der ist auch noch Kommilitone ihres Sohnes und ...) und ist NICHT langweilig. Aber ich weiß nicht, was genau ich da aufschlüsseln soll.
stimme ich dir zu. Allerdings hatte ich gehofft, dass die Literaturbezüge mehr wahrgenommen werden.


Nur Albert fällt für mich etwas raus; was will er mit seinem Einbruch bezwecken? Vielleicht eine Bestätigung für sich, dass da wirklich passiert, was seine Frau erzählt. Bringt ihn aber letzten Endes auch zu keiner Reaktion ... er scheint mir leer zu sein. Das wolltest du beschreiben und ich denke, bei ihm gelingt es dir am besten. Seine Frau sucht ja noch etwas.
wenn es gelungen ist, die Figuren vorstellbar zu machen, bin ich ganz zufrieden. Alle lassen sich treiben, suchen, kämpfen mal mehr mal weniger gegen die Leere. (so wollte ich es immerhin).

Wen du m.E. übrigens am besten entlarvst, ist der Student (vielleicht hab ich da auch die besten Einblicke :lol:):
will Faustzitate einbauen
-> Faust nicht gelesen haben und es unverständlich finden, aber Hauptsache Zitate einbauen wollen und dafür als Bonus noch von der Dozentin gelobt werden. Jawoll Junge, du hast's kapiert - nicht :lol:
:Pfeif: :D

Muss ein Münchner Ding sein, ich hab das noch nie gehört.
okay, kommt auf die Liste, Dabei klingt appen doch völlig logisch.

Edit: Ich bin zum x-ten Mal hochgescrollt, habe mir gerade nochmal den Anfang angeschaut. Da könnte man noch was machen. Der erste Satz ist ein bisschen lahm, macht mich nicht neugierig, und der zweite für mich etwas unrund. Den Nachsatz "zucken durch die Bewegung" bräuchte es nicht unbedingt.
Ich plane den Text ein wenig zu verändern, im Augenblick bin ich unentschlossen, wie und an welchen Stellen. Aber der Anfang kommt auf die Liste.

So, jetzt nen Glühäppler!
Liebe Grüße
Isegrims

 

dankeschön für den Zweitbesuch, @Geschichtenwerker

Deswegen bin ich mir bei solchen Auseinandersetzungen nicht sicher, was es bringt, meine Meinung darzulegen.
das ist ja gerade das Besondere bei den Wortkriegern: ohne Auseinandersetzung keine Entwicklung, bin ich fest von überzeugt. Jede Kritik wirkt nach.

Immerhin verstehst Du meine aufgeworfenen Fragen, sodass Du vielleicht doch irgendwie damit arbeiten kannst.
unbedingt!

Ich sage ja nicht, dass sie keine mehr bekommen, aber mein Eindruck ist, dass ältere Frauen weniger Verlangen nach "Frischfleisch" haben als Männer. Das liegt wahrscheinlich am Männlichkeitswahn, zu dem es kein Pendant auf der Frauenseite zu geben scheint.
Einerseits fällt in manchen Kommentaren das Wort Klischee, dann wird's wieder gefordert. Ich glaube, dass Frauen über 50 zwar nicht zu Trophybpys neigen, aber doch recht aktiv sind. Wusstest du, dass etwa 15% der Männer über 50 gar keinen Sex mehr wollen? In Japan liegt die Quote sogar deutlich höher.

Naja, fremdbestimmt sind wir alle in einem gewissen Rahmen und mein Eindruck ist, dass Geld die Fremdbestimmtheit verringert.
Geld scheint Fremdbestimmtheit zu verringern, bedeutet aber auch Verantwortung und dadurch geraten viele in die Mühle.

dass Du die Eliten demaskieren möchtest, hast Du bei mir eine gewisse Erwartungshaltung geweckt, die Du wahrscheinlich gar nicht erfüllen möchtest bzw. kannst (da ist mir das Spektrum zu breit und die Schlussfolgerung zu einfach: Elite= von Prof. bis Multimillionär/Milliardär von selfmade bis geerbt = leer. Bei dem breiten Spektrum kann man gar keine Gemeinsamkeiten ausmachen, welche die Elite charakterisieren und welche dann zur Leere führen.
die Demaskierung als Ganzes kann ich mit diesem Text natürlich nicht erfüllen, aber ein Blick auf das, was bleibt, kann ich bieten. Soziale Gruppen sind natürlich ohnehin nicht so homogen, wie man annehmen könnte, gilt auch für andere Schichten. Der Migrant, der hartzende Afd-Anhänger, all die anderen unterscheiden sich im sozialen Verhalten gewaltig.

Außerdem sind gerade Wissenschaftler eher erfüllt von ihrer Wissenschaft und nicht jeder, der mit seinem Job viel Geld verdient, ist automatisch leer, nur weil er viel Geld verdient, sondern sehr viele erfüllt ihr Beruf sehr wohl, weil sie z. B. gestalten können oder was schaffen, Menschen retten, tolle Gebäude bauen, etc.).
na klar; wäre auch zu naheliegend, zu sehr Klischee sozusagen.

Ich persönlich finde, dass der Text deutlich gewänne, wenn Du Anhaltspunkte für den Grund für die Leere geben würdest, wie Du es auch oben angedeutet hast.
habe ich mir für die Überarbeitung vorgenommen.

So, jetzt warten Knödel und Gansreste von gestern.
liebe Grüße aus dem Glühweinreich
Isegrims

 

Hallo @Fraser

vielen Dank für deine Anmerkungen, sehr aufschlussreich für mich. :thumbsup:

QUOTE="Fraser, post: 729535, member: 30296"]
Ich finde es reizvoll, wie du an einigen Stellen die beiden Welten bzw. Generationen Josh-Pia gegenüber stellst.
[/QUOTE]:Pfeif:

Er kauft Duschgel aus dem verpackungsfreien Laden, während für sie unten der Porsche wartet. Und dann, sie sieht ihren Hintern als "Paradeteil", während er für Josh flachgedrückt aussieht.
Lebenswelten, die sich unterscheiden, sich an manchen Stellen berühren, das wollte ich schon zeigen.

Und da kommt dann bei mir unweigerlich die Frage auf: Warum? Was ist ihr Antrieb?
Einerseits könnte ich sicher Erklärungen einfügen, andererseits geht's doch um einer gesicherten Ausbruch aus einem gefügten Leben, was schon einiges an Motivation darstellt. Sie will Sex, bekommt Sex, macht sich keine Illusionen, weiß, dass es nicht um Liebe geht - und das in einem sicheren Rahmen, schließlich wartet der Chauffeur.

Alberts Beweggründe bleiben mir sogar noch mehr verschlossen. Warum sitzt der da unten, während seine Frau mit einem jungen Burschen schläft? Ich kann mir ehrlich gesagt, keinen Grund dafür ausmalen. Danach dann business as usual. Nein, das ist mir zu unglaubwürdig.
Ich glaube schon, dass er Gründe dafür hat zu warten. Er kontrolliert das Ganze, gönnt ihr, was er möglicherweise nicht mehr bieten kann.

Du siehst, die gesamte Szenerie krankt für mich an der fehlenden glaubwürdigen Darstellung von Gründen, warum. Am ehesten sehe ich das noch bei Josh, der es halt nimmt, wie es kommt.
Teil der Konzepts hinter der Geschichte war, gar nicht viel zu erklären, wenig Tell-Passagen zu liefern, den Leser selbst entscheiden lassen.

Macht sich ein wenig Gedanken über seine Beziehung zu Max, aber auch nicht zu sehr. Typ: junger, verwöhnter Kotzbrocken. Pia wäre dann wahrscheinlich nur eine mehr für die Galerie. Aber das Verhalten von Pia und Albert ist für mich persönlich so nicht nachvollziehbar.
:D schön auf den Punkt gebracht. Mag auch sein, dass die Figuren wenig sympathischer Projektionsflächen bieten.

Also, ich bin zwiegespalten. Ich mag, wie du schreibst, zumindest in der Geschichte konnte ich allerdings nicht nachvollziehen, was du schreibst.
vielleicht ändere ich die eine oder andere Stelle...

viele Grüße und einen schönen Restsonntag
Isegrims

 

Na ja: und auf das Prinzip von Geben und Nehmen setze ich auch ein wenig. :Pfeif:
Ups, da hat mich der Zaunpfahl voll getroffen!


Hallo @Isegrims,

schon im Vorfeld hatte ich mich gefragt, ob du dir bei der KG wieder die High-Society vorknöpfst. Nicht mal ansatzweise kann ich mir vorstellen, wie die Menschen dieser Schicht leben und ticken, vielleicht ist das der Grund, dass ich dein Ensemble auch nicht richtig fassen kann, ihre Motivationen für das, was sie tun, im Nebel bleiben.

Ab und zu war ich amüsiert, das liegt am Genre und am Thema: Fremdgehen.
Fasziniert mich generell und immer steht da die Frage nach den Motiven im Vordergrund. Was treibt den Menschen an? Trieb wohnt der Frage schon inne. Ist es ungestillte Sehnsucht, Selbstbestätigung, große Gefühle, Machtstreben, Rachegedanken? Von allem etwas, das vergessen lässt, dass es einen Menschen gibt, den man mit diesem Verhalten sehr verletzt?

Ich konzentriere mich auf deine Sprache. Es gibt wenig der gefürchteten Isegrimschen-Eigenkreationen :lol:, trotzdem bin ich ab und zu gestrauchelt. Aber insgesamt fand ich den Text angenehm zu lesen.

Die Fragezeichen hab ich mal aufgelistet, nur um zu zeigen, was bestimmte Worte für Schaden anrichten können. Kleiner Scherz!

Hier die Freud- und Leidtextstellen:

Josh richtet sich auf. Die Muskelstränge treten an Armen und Schenkeln hervor,
ein klares Bild, gibt es nichts auszusetzen, durch diesen Appendix aber
zucken durch die Bewegung.
zerstörst du es wieder, weil ich denke: Nee, die Muskelstränge treten durch die Bewegung hervor; zucken in dem Zusammenhang erinnert etwas an Epilepsie.

Im Kerzenlicht, das die Konturen weichzeichnet, die Unebenheiten ausgleicht, schimmert Pias Haut rötlichbraun, als ginge eine zarte Kraft allein vom Flackern aus.
Ich habe da andere Erfahrungen gemacht, Kerzenlicht kann bestimmte Unebenheiten besonders hervorheben, mach doch mal den Test!

Wie viel Wärme, wie viel Sehnsucht ihr Körper abstrahlt.
Das ist ein sehr liebevoller Gedanke, den ich Josh nicht zugetraut hätte, gibt ihn einen sympathischen Anstrich

Er nimmt einen tiefen Zug. Dann wendet er sich wieder der Frau auf dem Bett zu.
Die namenlose Frau wirkt sehr unpersönlich und treibt nun einen Keil zwischen die beiden, Absicht?

Pia erschrickt, als die Flamme aufleuchtet und den Raum erhellt, betrachtet irritiert das Feuerzeug, die Six-Packs. Sie hätte stärker zubeißen sollen, als er ihren Körper bespielt hat.
Was willst du damit sagen, dass Pia keine Vegetarierin ist und Six-Packs lecker findet?

…, blickt Pia aus leeren Augen mit einem Ich-bin-schön-und-mir-gehört-die-Welt-Grinsen an, das er vor dem Spiegel geübt haben muss, bis es saß.
Kann ein bewusstes, einstudiertes Grinsen von leeren Augen begleitet sein?

Pia entdeckt den Nordstern.
Sie liegt auf dem Bett, wie soll das gehen? So einfach ist der sowieso nicht auszumachen.

Der Panamera parkt direkt gegenüber. Weiter entfernt war kein Platz frei.
Gefällt mir, ein Hinweis, der später wichtig wird

Das Apartment in der Nähe des Rosenheimer Platzes eignet sich bestens als Geldanlage. Josh hat Eltern. Natürlich. Pia kennt sie von den Sponsorenparties des…
Du gibst ja selbst die Antwort. Natürlich. Wir alle haben Eltern. Aber an das Apartment gekoppelt, müsste es da nicht reiche/ vermögende Eltern heißen. Die sponsern doch die Wohnung, oder?

... Think-Tanks, mit dem ihre Fakultät zusammenarbeitet: nette Leute ohne den Dünkel der Tegernsee-Schickeria. So hat sie Josh kennengelernt. Wie ihr Sohn Max studiert er an der Filmhochschule.
Josh und Max sind Freunde und sie braucht die Eltern als Umweg, um Josh kennenzulernen. Umständlich!

… linst durch die Wimpern. Seine Augen wirken wie eine milchig blaue Brühe, aus der manchmal Sterne blinken.
Kein gutes Bild mit der Brühe, ich weiß, du willst Leere zeigen, vllt. gibt es eine bessere Formulierung

…, mit Albert sprechen, ihm zu sagen,
mit Albert zu sprechen

Als Pia blinzelt, erwischt sie den Josh-Blick, weicht ihm aus, streicht über Wangen, Stirn und Augenbrauen und verteilt Reste der Spritzer, die er über den Bauch bis zu ihrem Gesicht geschossen hat. Sie muss duschen, bevor sie geht.
Da hab ich mich schwer getan zu begreifen. Ab streicht über Wangen lese ich, dass sie alles Folgende mit ihrem Blick tut. Ein Punkt nach weicht ihm aus kann die Lösung sein.

Sie hat Augen wie ihr Sohn, exakt die gleichen, so grün, so blau. Er darf’s niemals erfahren, dafür ist er nicht smart genug, keiner, dem er erzählen könnte, dass er, Josh, ganz oldschool klischeehaft, eine Informatikprofessorin in den Arsch fickt, dass sie schreit, wenn er sie stößt, geschweige denn, dass diese Frau seine Mutter ist.
Dass Mrs. Robinson grüßen lässt, finde ich schön, dass der Satzbau auf Inzest hinweist, allerdings bedenklich. Weil du keiner, dem er erzählen könnte, dass … zwischen dem Gedanken an Sohn und Mutter einfügst, liest es sich so, als würde Josh die eigene Mutter beglücken.

wippt hin und her, als wollte er er auf dem Kissen tanzen.
Sieht doch mehr nach reiten aus? :D

… hervor - den Trolley, den er sich vor ein paar Tagen gekauft hat, klein genug, dass er im Flieger als Handgepäck durchgeht. Nachdem er den Deckel aufgeklappt hat, setzt er sich auf die Bettkante. Die Straßenlaternen tauchen den Asphalt in Gelb. 300 € müssten reichen für Amsterdam. Er zieht an dem Reißverschluss der Netzabdeckung auf ….
Was macht der Asphalt an dieser Stelle?

Weißt du, wofür die ganzen Reißverschlussfächer gedacht sein könnten? Haben die jeweils spezielle Funktionen?“, fragt er und löst sich von ihr, als sie wieder vor dem Bett angelangt sind.
Ich empfinde die Frage von Josh ganz furchtbar dumm, überflüssig. In so Fächer kann doch jeder transportieren, was er will, da muss man sich doch keinen Rat einholen
Kein lebensnaher Dialog. Vllt. kannst du den nicht ganz so weltfremd formulieren.

„Du kannst auch Erinnerungen drin verstecken, die brauchen nicht viel Platz“, sagt sie lachend.
Um Längen bessere Antwort!

Die Brustwarzen leben.
Aua!

„Ich würde auch gern wegfahren“, sagt sie.
„Die Hausarbeit muss fertig werden“, sagt er.
„Verstehe. Vielleicht am Mittwoch?“
„Ja, vielleicht.“
Möchtest du ausdrücken, dass sie ihm eine Hausarbeit schreibt?


Josh hält ihr ein Reclam-Heftchen hin, das er zwischen Büchern und Unterlagen hervorzieht: Goethes Faust. Erster Teil: „Außerdem muss ich das da lesen. Ich versteh kein einziges Wort, nix, gar nix.“
Ja, nach der Frage mit den Reißverschlussfächern wundert mich das nicht. Willst du Josh wirklich so zeichnen, große Potenz, wenig im Hirn?

Sie stellt sich ans Fenster. Auf den Autoscheiben des Panamera spiegelt sich das Licht der Straßenlaternen. Dann wendet sie sich wieder Josh zu, streicht die Haare glatt
„Ich glaube, um Liebe geht’s auch irgendwie, Ja, auch um Liebe“, sagt sie.
„Was meinst du?“
„Bei Faust. Gretchen liebt ihn. Trotz allem“, sagt sie und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht.
Wichtige Stelle: Schön, wie du das Auto (und den Ehemann) einbindest.
Ihr kann mir vorstellen, ihr Gerede von Liebe bezieht sich auf Albert. Das erkennt der Leser aber nicht, da er nicht weiß, das Albert im Auto sitzt.

Achtung! Strähnen aus dem Gesicht streichen rangiert in der Beliebtheitsskala gleich neben Regen auf Trauerfeiern und tanzenden Staubteilchen in der Sonne.

Die Tür schmatzt ins Schloss, der Aufzug schwebt nach unten. Auf dem Gehsteig schreckt eine Katze zwischen den Mülleimern auf und verschwindet im Vorgarten.
Besser: Mülltonnen

Während am Himmel ein paar Sterne funkeln, atmet Pia durch und beobachtet die Atemwolken, die ihren Mund verlassen.
Hier könntest du den Nordstern platzieren, wenn er dir wichtig ist.

Als sie die Beifahrertür aufmacht, drängt sich ihr der Geruch von vergorener Milch und schaler Luft entgegen.
Warum so ein extremer Geruch, findet sie Albert plötzlich so abstoßend? Eben war noch von Liebe die Rede.

„Na?“, fragt er und richtet dann den Blick durch die Scheibe, weg von ihr.
„Na!“, antwortet sie.
Als er den Motor startet, surrt die Elektromaschine und trägt sie schwerelos durch die Straßen zum Stadtring. Aus den High-End-Lautsprechern dringt Sphären-Musik. Sie drückt den Schalter, lässt die Scheiben heruntergleiten. Auf dem Ring gibt er Gas, sodass die Musik im Rauschen untergeht.
Und Schweigen füllte den Raum zwischen ihnen.

Angeblich gibt es nichts, was es nicht gibt. Dass Paare offene Beziehungen führen, auch einseitigen außerehelichen Kontakt akzeptieren, das ist nichts Neues. Was ich mir nicht vorstellen kann, und das muss ja nichts heißen, dass ein Mann sich das antut, Chauffeur spielen und im Auto auf die Ehefrau warten, während sie sich in den Laken wälzt. Der muss doch Höllenqualen aushalten. Das ist doch im höchsten Maße demütigend. Warum sollte er sich das antun? Was will er beweisen?

Die nachfolgende Szene zeigt ja, es brodelt in ihm, er will sich das alles noch genauer vorstellen können. Bedeutet Pia ihm noch etwas? Das wird mir nicht klar.

Albert hat sich’s angeschaut, wollte wissen, wer der Kerl ist, den seine Frau fickt, den besten Freund seines Sohnes, auf gewisse Weise Familienmitglied, da war es sein gutes Recht, sich in der Wohnung umzuschauen, hier und dort zu schnüffeln, das Fenster zu öffnen und eine Zigarette zu rauchen. Die Bettdecke lag aufgeschlagen, zerwühlt auf der Matratze.
Ja, Albert will den Schauplatz sehen, aber wer der Kerl ist, weiß er doch, wenn Josh gewissermaßen Familienmitglied ist

Ein Bilderstrom all der zerwühlten Bettdecken, die in seinem Leben eine Bedeutung hatten, erscheint, reißt ihn mit fort. Die wahren Paradiese sind Paradiese, die man verloren hat. Warum hat er sich diesen Satz gemerkt, in welcher Stimmung hat er ihn gelesen, von wem stammt er?
Die Stelle mag ich. Die Begründung für sein Dulden, aber nicht für seine Fahrdienste.

„Du rauchst doch selbst.“
„Manchmal.“
„Josh hat dasselbe Zippo wie du.“
„Ach?“
„So eins habe ich dir damals geschenkt. Nach deiner Promotion. Weißt du noch?“
„Ist ja auch ein gutes Feuerzeug.“
Aber kein guter Dialog. Warum sollte er nicht mehr wissen, dass es ein Geschenk von ihr ist. Ich sehe den Autor.

Albert fährt jetzt langsamer, schweigt. Josh hat das Zippo. Er muss es vergessen haben. Er wirft seiner Frau einen Blick zu.
Eigentlich ein witziger Einfall, Albert das Feuerzeug vergessen zu lassen. Aber hat sich Josh denn nicht gewundert, als es da plötzlich in seiner Wohnung lag?

Sie lacht: „Ach, Albert, weißt du was? Was ist nur mit uns los? Du sitzt im Auto, während ich mich vögeln lasse.“
„Ach du, du bist ja …“ Er umschließt das Lenkrad fester, biegt vom Stadtring ab zum Viertel, wo die Villa steht.
„Lass uns aufhören, zu streiten. Bringt nichts.“
„Wir könnten zusammen irgendwohin fliegen. Ein paar Tage. Und wenn’s nur übers Wochenende ist.“
„Ich bin müde, wir reden morgen.“
Spricht jemand so miteinander. Soll das ihre Retourkutsche sein, weil Albert nicht mit ihr verreist?

„Wenn ich aus Amsterdam zurück bin, ziehe ich bei Josh ein. Er hat Platz genug und wohnt näher an der Uni.“
Paukenschlag.
„Wirklich?“, fragt Pia.
Ich wäre in Ohnmacht gefallen. Bedeutet ihr Josh gar nichts?
„Ja. Ich mag Josh.“
Oh, neue Fährte. Ist das mehr als Freundschaft?
Albert zuckt mit den Schultern, verzieht das Gesicht, als wolle er grinsen.
„Hat einer von euch mein Zippo gesehen?“
Schadenfreude, Albert zeigt doch noch eine menschliche Regung. Die Frage nach dem Zippo soll einen ersten Ansatz von Bereitschaft zur Offenheit andeuten?
„Ich glaube, ich weiß, wo’s ist“, sagt Pia.
Die Frau hat Humor. Sie greift aber nach der dargebotenen Hand von Albert. Beide wissen, die Affäre ist Geschichte.
Verstehe ich deine Absicht richtig?

Du siehst, da gibt es einige Leerstellen, die es noch zu füllen gilt. An den Dialogen zu feilen, würde sich mMn auf jeden Fall lohnen.

Das war's auf die Schnelle von mir.

Liebe Grüße
peregrina

 

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