Mitglied
- Beitritt
- 14.10.2014
- Beiträge
- 3
Dunkelheit
Dunkelheit umgab den Wanderer, als er zielstrebig einen Fuß vor den anderen setzte. Langsam, denn er hatte es nicht eilig. Er kam immer rechtzeitig.
Einsam durchquerte er die hügelige Landschaft, doch daran war er gewöhnt.
Es machte ihm nichts aus, denn er hatte oft Gesellschaft, wenn auch nie für lange.
Sein Weg führte ihn an einer kleinen Quelle vorbei und eine Anhöhe hinauf. Er durchquerte das Wäldchen auf ihrer Kuppe trotz des Dunkels ohne zu stolpern oder zu stürzen. Ein paar brütende Vögel schreckten auf und zwitscherten verschlafen, doch als der Wanderer das Wäldchen hinter sich gelassen hatte, kehrte erneut Stille ein.
Im Tal war nun bereits als flackernder Lichtpunkt in der Schwärze das vorläufige Ziel seiner Reise zu erkennen.
Mit zunehmend rascheren Schritten legte er den Rest der Strecke zu dem alten, windschiefen Häuschen zurück, welches sich widerstrebend aus der Finsternis schälte.
Er erreichte es und blickte hinein.
Der spärlich eingerichtete Raum wurde nur von einer fast herunter gebrannten Kerze beleuchtet. An der Wand stand ein einfaches Bett und darüber hing das Schwarzweißfoto einer Hochzeit. Sonst gab es nur noch eine Kochstelle mit Holzofen, indem das Feuer bereits erloschen war.
Ein alter Mann, knorrig und gebeugt wie die kahlen Weiden, welche sein Haus umgaben, saß vor der Kerze am Tisch.
Er hatte den Kopf gesenkt und schien in Gedanken vertieft.
Der Wanderer beobachtete ihn. Und wartete.
Eine lange erscheinende Zeit passierte nichts, dann blickte der alte Mann auf.
Er bemerkte den stummen Wanderer und lächelte. Müde. Aber erleichtert.
Auch der Wanderer lächelte. Nicht unfreundlich. Aber unergründlich.
Dann trat er ein.
-
Der Wanderer setzt seinen Weg fort. Langsam. Zielstrebig. Doch nicht allein.
Vor ihm weicht die Finsternis dem Licht. Widerstrebend, aber unweigerlich.
Das alte Haus bleibt zurück und hinter den Fenstern herrscht Dunkelheit.