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Ein (fast) perfekter Plan

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23.11.2013
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Ein (fast) perfekter Plan

Seufzend schloss Klaus die Haustüre auf. Er musste schon wieder Überstunden machen, das kam in der letzten Zeit immer häufiger vor. Seit sie mit dem Bau der neuen Grundschule begonnen hatten, benahm sich sein Chef wie ein Sklaventreiber.
Jetzt wollte Klaus nur noch etwas zu essen, ein schönes, kühles, Bier und dann den Rest des Abends auf der Couch verbringen. „Beate“, rief er aus dem Flur, „was gibt es denn heute Leckeres?“ Beate antwortete nicht. Das konnte nur eins bedeuten, sie hatte mal wieder nicht gekocht, sondern den ganzen Tag nur am Computer gesessen und an ihrem blöden Roman geschrieben. Beate war der Meinung, sie würde irgendwann mal einen Bestseller schreiben. Klaus fand den Gedanken absolut lächerlich. Wütend stapfte er in die Küche und machte sich rasch ein paar belegte Brote. Nicht mal mehr eine Flasche Bier war im Kühlschrank. Zum Einkaufen hatte sie wohl auch keine Zeit gefunden.
„So geht das nicht weiter“, polterte Klaus. „Du und deine blöde Schreiberei.“
Beate beachtete ihn gar nicht weiter. Sie war völlig in Gedanken versunken. Da platzte Klaus der Kragen. Er riss Beate grob vom Stuhl, legte ihr die Hände um den Hals und drückte ganz leicht zu.
„Weißt du, was ich irgendwann mal mit dir mache? Ich erwürge dich mit meinen eigenen Händen, dann rolle ich dich in den scheußlichen, grünen, Teppich, den du unbedingt im Schlafzimmer haben wolltest und dann baue ich mir endlich meinen Pool im Garten und du und dein Teppich, ihr werdet in der Bodenplatte einbetoniert. Na, wie findest du das?“
Klaus grinste hämisch, als er Beates entsetztes Gesicht sah. Er drückte noch einmal kurz zu, dann lies er sie wieder los.
„Morgen gibt es Sauerbraten mit Klößen zum Abendessen“, sagte Klaus mürrisch und schaltete den Fernseher ein. „Ach und Bier ist auch keins mehr da.“
In der nächsten Zeit bemühte Beate sich jeden Abend etwas zu Essen zu kochen, aber schon bald saß sie wieder nur am Computer. Schließlich sollte das Buch irgendwann mal fertig werden. Ein Bestseller schrieb sich ja nicht nun mal nicht von alleine. Das musste Klaus doch auch einsehen, fand Beate. Klaus hatte aber kein Verständnis, im Gegenteil, er kochte innerlich vor Wut. So ging das nicht weiter. Wozu hatte er Beate denn geheiratet? Seit Jahren schuftete er Tag für Tag auf dem Bau und sie hielt es nicht mal mehr für nötig ihm etwas zu Essen zu kochen. Stattdessen saß sie stundenlang vor dem Computer.
Eines Abends, als Klaus mal wieder völlig geschafft nach Hause kam, stand Beate mit gepackten Koffern im Wohnzimmer.
„Ich habe es satt, ich werde dich endlich verlassen“, sagte sie kalt lächelnd. In der rechten Hand hielt sie einen Brief. „Mein Roman wurde ein Bestseller und jetzt bin ich reich“, rief sie triumphierend.
Klaus sah rot. Er packte Beates Hals und drückte immer weiter zu.
Zwei Tage später meldete er Beate als vermisst. Völlig deprimiert erzählte Klaus dem Polizisten, dass sie zusammen Beates Erfolg gefeiert hätten.
„Dann wollte Beate nur noch rasch eine Flasche Champagner kaufen, aber sie kam nicht wieder zurück. Ich mache mir solche Sorgen“, schniefte er leise und drückte sich ein Taschentuch vor die Augen.
Anschließend fuhr Klaus, fröhlich vor sich hin summend, nach Hause und packte seine Koffer. Zwei Wochen Urlaub auf den Malediven, das hatte er sich nun wirklich redlich verdient.
Wieder zurück in Deutschland erwartete ihn schon Kommissar Haller auf dem Flugplatz. „Haben Sie das Buch ihrer verstorbenen Frau eigentlich mal gelesen?“, fragte der Kommissar den völlig verdutzten Klaus. Der schüttelte nur, sprachlos, den Kopf.
„Nein?“ Kommissar Haller lachte. „Dachte ich mir“, sagte er. „Meine Frau ist ein Krimifan und sie hat den Roman gelesen. Sie fand die Geschichte sogar richtig spannend. Ein echter Bestseller eben. In der Geschichte geht es um eine Frau, die von ihrem Mann erwürgt wurde. Dann wickelte der Mörder sie in einen Teppich und anschließend wurde die arme Frau nachts im Garten unter dem neuen Pool vergraben.“
Klaus war fassungslos. Der Kommissar war aber noch nicht fertig.
„Wir haben übrigens von ihren Nachbarn erfahren, dass der Pool in ihrem Garten erst nach dem Verschwinden ihrer Frau gebaut wurde...“
Klaus starrte den Kommissar entsetzt an.
„Aber es war doch ein perfekter Plan“, stammelte er.

 

Hallo Padme

Herzlich willkommen im Forum.

Dein kleiner Krimi war mir durchaus unterhaltend. Die Idee hebt sich zwar nicht besonders von gängigen Motiven ab und die Tatausführung lässt keine Raffinesse anklingen, doch ist es zielstrebig erzählt. Dass es einzig eine Erzählstimme ist, die da berichtet, werte ich jedoch als Schwachpunkt, der die Spannung aushebelt. Würde das Geschehen zwischen Klaus und Beate aktiv dargestellt, sich die Konflikte in Dialogen eskalieren, könnte es an Lebendigkeit und Spannung enorm zulegen.

Inhaltlich sind die Zeitangaben und Ereignisse zwischen Tatausführung und Verhaftung mir aus verschiedenen Gründen zu unrealistisch. Der Pool im Garten war noch nicht gebaut, unter dessen Bodenplatte sie verschwinden sollte. So schnell geht auch ein solcher Bau nicht über die Bühne. Des Weiteren, ein neues Buch erscheint nicht so rasch. Dass es ein Bestseller wird, lässt sich auch nicht vorab sagen. Zwei Wochen, die so wie er dasteht, aus dem vorliegenden Text hervorgehen, sind da völlig utopisch. In diesen Punkten müsste ersichtlich sein, dass dazwischen eine längere Zeit liegt, um es glaubhaft wirken zu lassen.

Vielleicht wagst Du dich ja nochmals dran, das Fundament realistisch auszubauen und der Spannung zum Durchbruch zu verhelfen.

Dennoch hat es mir Spass gemacht, die Geschichte zu lesen. :)

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Padme,

bevor ich ein paar Gedanken zu Deiner Geschichte aufschreibe, möchte ich Dich darauf hinweisen, dass jede Textkritik subjektiv ist. Im besten Fall hilft sie dem Autoren, sich weiterzuentwickeln.

Story/ Plot – Dein Text hat ein gutes Kurzgeschichtenformat. Du hast den Konflikt und seine Zuspitzung beschrieben. Und am Ende kommt eine nette Pointe. So ein bisschen wie einem Miss Marple Film. Das kann man so machen. Eine Pointe, ein Knall am Ende – das befriedigt viele Leser, vorausgesetzt, die Idee zündet und ist nicht zu abgegriffen. Man darf dabei aber nicht vergessen, wie wichtig trotz schöner Pointe auch die andere Aspekte der Geschichte sind.

Im logischen Gefüge der Story scheint mir, dass zumindest eine Sache fragwürdig bleibt. Der zeitliche Abstand zwischen Mord-Poolbau-Reise ist irritierend. In der Geschichte liest es sich, als würde Klaus unmittelbar nach dem Mord verreisen. Dann stellt sich aber heraus, dass er vor der Reise noch einen Pool gebaut hat.

Sprache/ Beschreibung – Und da ist die Sprache, die Eleganz und Präzision der Formulierungen ein wichtiger Punkt für das Gelingen der Geschichte. In Deinem Fall sehe ich da Trainingsbedarf. Ein Defizit Deines Textes besteht darin, dass Du aus den allgemeinen Klassen der Objekte, die Du erwähnst nicht ins Konkrete kommst: ein kühles Bier/ belegte Brote/ grüner Teppich/ blöder Roman/ eine Flasche Champagner – das alles sind Beispiele für unscharfe Beschreibungen, denn Bier/ Brot/ Teppich/ Roman/ Champagner sind Oberbegriffe. Das Bier könnte ein Pils sein, der Roman ein Krimi und der Champagner ein Perrier-Jouët.

Nun wird man eine präzise Sprache nicht allein durch Nennung von Unterklassen erreichen. Auch die Beschreibung von Vorgängen sollte möglichst präzise und unverwechselbar sein. Doch wie beschreibst Du den Wutausbruch von Klaus: "Er riss Beate grob vom Stuhl, legte ihr die Hände um den Hals und drückte ganz leicht zu." Der Mord: "Er packte Beates Hals und drückte immer weiter zu." Das sind stumpfe, ungenaue Schilderungen, eher allgemeine Schablonen. Was passiert eigentlich wirklich, wenn jemand einen Menschen erwürgt?

Deshalb mein Hinweis: Vermeide unscharfe Beschreibungen, denn je unschärfer die Beschreibung ist, desto beliebiger wirkt der Text.

Dein Text ist insgesamt nicht roh oder ungeschliffen, aber es fehlt neben der Präzision auch die Eleganz der Formulierungen. Die Sprache reicht nicht über ein gutes Alltagsdeutsch hinaus. Und das ist für eine Kurzgeschichte normalerweise zu wenig.

Charaktere
– Die Figurenzeichnung muss in einer Kurzgeschichte nicht die Tiefe eines Psychogramms erreichen. Aber Deine Figuren bleiben sehr an der Oberfläche. Die Motivationen der Charaktere erschöpfen sich in abends etwas zu essen haben wollen (Klaus) und einen Roman schreiben wollen (Beate). Das ist zu wenig.

Darüberhinaus ist weder die krasse Reaktion von Klaus, der seine Frau an die Kehle geht (weil kein Essen auf dem Tisch steht) noch das Verhalten von Beate, die sich daraufhin erst mal brav fügt, so richtig nachvollziehbar.

Fazit: Als Fingerübung finde ich es einen guten Ausgangspunkt, der die genannten Defizite aufzeigt. Achte mehr auf die Details. Schreibe konkret und bildhaft. Vermeide eindimensionale Charaktere.

Gruß Achillus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Padme,

ich habe deinen Text zwar nicht ungern gelesen, aber es hat mir einfach einiges gefehlt. Einerseits Spannung, da die Handlung nicht wirklich etwas Neues ist, und andererseits Logik. Ich bin, wie auch schon meine beiden Vorredner, über deine zeitlichen Abstände gestolpert, vor allem an der Stelle mit dem Poolbau. Und ebenso konnte ich nicht nachvollziehen, warum Klaus so austickt. Ok, er ist überarbeitet und hat Hunger, aber das ist (hoffentlich) noch lange kein Grund, seine Frau umzubringen. Es fehlt hier einfach an Charakterisierungen.

Hier noch ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind:

Seufzend schloss Klaus die Haustüre auf. Er musste schon wieder Überstunden machen, das kam in der letzten Zeit immer häufiger vor.

Ich finde beim zweiten Satz das Plusquamperfekt besser. Vorher hatte ich gedacht, er würde die Überstunden erst machen.

Er hatte schon wieder Überstunden gemacht (oder: machen müssen).

Jetzt wollte Klaus nur noch etwas zu essen, ein schönes, kühles [kein Komma] Bier und

„Beate“, rief er aus dem Flur,

Ich finde es besser, wenn er da hineinruft, wo sie sich befindet ("Beate", rief er in das Wohnzimmer). So wird es plötzlich aus Beates Perspektive beschrieben, obwohl sie noch gar nicht im Text vorgekommen ist.

dann rolle ich dich in den scheußlichen, grünen [kein Komma] Teppich, den du unbedingt im Schlafzimmer haben wolltest und dann baue ich mir endlich meinen Pool im Garten

Ich glaube, nach "den du unbedingt im Schlafzimmer haben wolltest" kommt auch noch ein Komma. Nagel mich aber nicht fest. Zeichensetzung beherrschen andere besser als ich.

Er drückte noch einmal kurz zu, dann lies er sie wieder los.

ließ

„Ach [Komma] und Bier ist auch keins mehr da.“

In der nächsten Zeit bemühte Beate sich [Komma] jeden Abend etwas zu Essen zu kochen,

zu essen oder zum Essen

Ein Bestseller schrieb sich ja nicht nun mal nicht von alleine.

Da ist ein "nicht" zu viel.

Wozu hatte er Beate denn geheiratet?

Hahaha! Wenn der mir in die Finger käme... ;)

Seit Jahren schuftete er Tag für Tag auf dem Bau und sie hielt es nicht mal mehr für nötig [Komma] ihm etwas zu Essen zu kochen.

Zwei Wochen Urlaub auf den Malediven, das hatte er sich nun wirklich redlich verdient.

wirklich redlich
Ich würde eines der beiden Wörter wegstreichen.

Der schüttelte nur, sprachlos, den Kopf.

Das "sprachlos" muss hier nicht extra erwähnt werden, denn es ist klar, dass er nichts sagt, wenn er nur den Kopf schüttelt.

Wie gesagt, ich finde deinen Text jetzt nicht schlecht, aber mit etwas Übung und Durchhaltevermögen kann man mit Sicherheit noch viel mehr daraus machen. Ich bin selber noch dabei zu lernen und mir hilft es sehr, wenn ich mir die hier empfohlenen Geschichten durchlese und auch mal selber welche kommentiere. Man denkt als Neuling immer, das kann man doch nicht machen, jemanden kritisieren, und ich habe mich anfangs auch gescheut davor, aber mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass es mich jedes Mal einen kleinen Schritt weiterbringt.

Also, sieh die Kritik bitte eher als Mutmacher und in diesem Sinne hoffe ich, ich lese bald wieder etwas von dir.

@Achillus

Sprache/ Beschreibung – Und da ist die Sprache, die Eleganz und Präzision der Formulierungen ein wichtiger Punkt für das Gelingen der Geschichte. In Deinem Fall sehe ich da Trainingsbedarf. Ein Defizit Deines Textes besteht darin, dass Du aus den allgemeinen Klassen der Objekte, die Du erwähnst nicht ins Konkrete kommst: ein kühles Bier/ belegte Brote/ grüner Teppich/ blöder Roman/ eine Flasche Champagner – das alles sind Beispiele für unscharfe Beschreibungen, denn Bier/ Brot/ Teppich/ Roman/ Champagner sind Oberbegriffe. Das Bier könnte ein Pils sein, der Roman ein Krimi und der Champagner ein Perrier-Jouët.

Vielen Dank, da hab ich mir doch auch gleich noch ein paar Tipps gestohlen.

Gruß, rehla

 

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