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Ein Märchen auf Bestellung

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17.09.2002
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Ein Märchen auf Bestellung

Die Idee mit dem Märchen auf Bestellung hatte Lara an dem Abend nach der scheußlichen Deutscharbeit. Das Thema des Aufsatzes hatte gelautet: „Stell Dir vor, Du bist ein Tier. Beschreibe ein aufregendes, trauriges oder lustiges Erlebnis, das Du als Tier gehabt hast.“ Ein blöderes Aufsatzthema konnte man sich ja wohl kaum vorstellen.
An jenem Abend saß Papa auf Laras Bettkante. Er verstand überhaupt nicht, dass Lara nicht gewusst hatte, was sie schreiben sollte. Papa behauptete, man müsste einfach die Fantasie spazieren gehen lassen und dann ginge alles wie von selbst. Er wüsste das nur zu gut. Er hätte schon als Kind Geschichten erfunden, die seiner Mutter, Laras Großmutter, viele Seufzer entlockt hätten.
„Nicht doch, Paul!“, hätte Großmutter häufig gestöhnt. „Erzähl‘ mir bloß nicht schon wieder irgendwelche Märchen.“
„Papa!“, sagte Lara genervt. „Das ist doch etwas ganz anderes. – Ich sollte heute in der Schule von jetzt auf gleich irgendwelche tollen Ideen haben. Das kann kein Mensch! Ja, wenn ich ein oder zwei Tage Zeit gehabt hätte, dann wäre mir vielleicht etwas eingefallen, aber so schnell... Keine Chance!“ Sie seufzte.
„Das glaube ich nicht“, tröstete Papa sie. „Ich bin davon überzeugt, dass du gute Ideen hast. Du musst dir einfach mehr zutrauen.“
„Blödsinn!“, widersprach Lara. „Auch du könntest nicht aus dem Stand eine Geschichte erfinden.“
Papa warf sich in die Brust.
„Sag das nicht, meine Tochter. Ich bin unheimlich gut im Geschichten erfinden. Frag Mama, wenn du mir nicht glaubst. Mama behauptet dauernd, ich sei ein sehr guter Geschichtenerzähler.“
In diesem Augenblick hatte Lara eine grandiose Idee. Sie grinste und sagte hinterlistig: „Wetten, dass du nicht auf Befehl eine Geschichte erzählen kannst?“
Papa lächelte zuversichtlich: „Die Wette gilt! An was für eine Art Geschichte hattest du denn gedacht?“
Lara kuschelte sich gemütlich in ihr Bett, zog die Decke bis ans Kinn und sagte: „Ich hätte gern ein Märchen.“
Papa lachte: „Wenn es weiter nichts ist. Woran hast du gedacht? Rotkäppchen? Schneewittchen? Dornröschen?“
Lara kicherte.
„Das hättest du wohl gerne. Einfach irgend ein fertiges Märchen nacherzählen! Nein, das kommt nicht in Frage. Damit es wirklich schwierig wird, musst du mir ein niegel nagel neues Märchen erzählen. Du musst ein Märchen erfinden, das es auf der ganzen Welt noch nicht gibt. Und...“, fügte sie hinzu, „es soll in der Spielzeugallee spielen.“
Papa wirkte etwas verwirrt.
„In der Spielzeugallee? Die kenne ich gar nicht. Was ist das denn?“
Lara zuckte ungerührt die Achseln und grinste breit.
„Keine Ahnung! Wer erzählt denn das Märchen? Du oder ich?“
Papa dachte einen Augenblick nach, dann holte er tief Luft und sagte: „Na gut. Ein Märchen, das in der Spielzeugallee spielt. Okay. Kein Problem. Also, pass auf: Prinzessin Suseliese war die Tochter des reichsten Königs im ganzen...“
„Aber Papa!“, unterbrach Lara ihren Vater vorwurfsvoll. „So fangen doch keine Märchen an!“
„Nicht?“, fragte Papa irritiert. „Wie denn?“
Lara schüttelte fassungslos den Kopf und verdrehte die Augen.
„Märchen fangen an mit den Worten „Es war einmal...“ oder „In alten Zeiten, als das Wünschen...““
„Jajaja!“, sagte Papa eifrig. „Du hast recht. Jetzt weiß ich es wieder. Es war mir nur eben entfallen.“
Und er begann ein zweites Mal zu erzählen:
„In alten Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat, da lebte einmal ein sehr, sehr reicher König. Dieser König hatte eine Tochter, Prinzessin Suseliese, die er über alles liebte. Und weil er sie so liebte, war er bestrebt, ihr jeden Wunsch zu erfüllen.
Mitten in seinem Schlosspark hatte er eine prächtige Allee anpflanzen lassen: die Spielzeugallee. Die Spielzeugallee war eine mit strahlend weißem Kies bestreute Straße, die zu beiden Seiten von den herrlichsten Spielzeugbäumen gesäumt wurde.“
Lara seufzte wohlig. Die Geschichte fing gut an. Sie sah die riesigen Spielzeugbäume schon vor ihren Augen.
„Es gab dort Teddybärenbäume, Puppenbäume und Bäume, an denen geschnitzte Holztiere wuchsen“, fuhr Papa fort. „Es gab auch Bäume, die Plastikindianer trugen und solche, deren Äste voller kleiner Spielzeugpistolen saßen. Nicht zu vergessen die Bäume, an denen die bunten Bilderbücher wuchsen. Wenn Prinzessin Suseliese sich langweilte, dann ging sie einfach ein bisschen in ihrer Spielzeugallee spazieren und pflückte sich hier eine neue Puppe und dort ein Bilderbuch von den Zweigen.“
„Konnte die Prinzessin nicht lesen?“, fragte Lara.
„Doch, natürlich konnte Suseliese lesen“, sagte Papa. „Sie war doch gerade so alt wie du, elf Jahre.“
„Wieso wuchsen dann an den Bäumen keine Geschichtenbücher?“, wollte Lara wissen.
„Natürlich gab es auch Bäume, die Geschichtenbücher trugen. Es gab sogar einen Baum, an dem Springseile wuchsen. Die Springseile waren übrigens besonders schwierig zu pflücken, weil sie sich immer miteinander verknoteten und um die Äste herum wuchsen, wie der Knöterich hinter unserem Haus. Aber Suseliese besaß ein goldenes Springseil, deshalb wollte sie sich nie ein neues Seil pflücken.
Und einmal, als die Prinzessin unbedingt einen Gameboy ernten wollte und partout keinen Baum finden konnte, an dem so ein elektronisches Spielzeug heranreifte, da schickte der König Boten in aller Herren Länder, damit sie die seltenen, gameboytragenden Bäume suchten und ein Exemplar in sein Reich brachten, um es in Suslieses Spielzeugallee zu verpflanzen. Es dauerte also eine Weile, aber im nächsten Sommer konnte sich die Prinzessin von siebenunddreißig frischen Gameboys den Schönsten aussuchen.
Natürlich machte es sehr viel Arbeit, die Spielzeugallee in einem guten Zustand zu erhalten. Die Bäume mussten gegossen und beschnitten werden. Reifes Spielzeug, welches die Prinzessin nicht benötigte, musste geerntet und für den Verkauf verpackt werden.“
„Das finde ich doof!“, unterbrach Lara ihren Vater und zog eine Schnute.
„Was findest du doof?“, fragte Papa.
„Ich finde es blöd, dass der König das überflüssige Spielzeug verkauft. Er ist doch sowieso schon so reich. Er braucht doch nicht noch mehr Geld. Ich finde, er sollte die Spielsachen an arme Kinder verschenken“, gab Lara streng zur Antwort.
Papa musste seiner Tochter recht geben, es wäre wirklich ein netter Zug von dem König, wenn er mit den überzähligen Spielsachen armen Kindern eine Freude machen würde.
Also fuhr Papa fort:
„Das Spielzeug, welches die Prinzessin nicht brauchte, musste im Herbst geerntet und in Kisten verpackt werden, bevor es mit Kutschen zu allen Waisenhäusern, Kinderheimen und Hospitälern gebracht und dort an die Kinder verschenkt werden konnte, die noch niemals etwas so Wunderbares, wie eine Puppe oder ein kleines Plastikauto besessen hatten.
In der Spielzeugallee gab es demzufolge das ganze Jahr über sehr viel Arbeit. Gärtner, Erntehelfer, Packer und Kutscher arbeiteten Tag für Tag, um die Kinder im ganzen Königreich mit Spielsachen zu versorgen. Wo so viele Menschen arbeiteten, da musste einer sein, der alles regelte und organisierte. Es musste einen Aufseher, einen Chef, geben. Und dieser oberste Wächter der Spielzeugallee hieß Erich und war ein Zwerg. Er war so klein, dass er Suseliese gerade bis zum Bauchnabel reichte.“
„Warte mal!“, rief Lara und sprang aus dem Bett. Sie stellte sich breitbeinig vor Papa auf und zeigte mit dem Zeigefinger auf ihren Bauchnabel. „So groß war Erich also!“, murmelte sie nachdenklich, nickte und schlüpfte zufrieden wieder unter ihre Bettdecke. „Da war Erich ja ziemlich klein. Naja, eben ein richtiger Zwerg“, setzte sie noch hinzu und blickte Papa erwartungsvoll an.
„Erich war der beste Freund von Prinzessin Suseliese“, erzählte Papa weiter. „Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, mit der Prinzessin zu spielen, wenn sie es wünschte. Und da Erich auch ohne Spielzeug ganz fantastisch spielen konnte - .“ Papa zwinkerte Lara verschmitzt zu. „Er konnte zum Beispiel aus dem Stand die tollsten Geschichten erfinden – fast so gut, wie dein alter Vater –.“
„Na, das wollen wir erst einmal sehen!“, sagte Lara schnippisch. „Deine Geschichte hat ja gerade erst angefangen. Bisher kann man noch gar nicht wissen, ob sie wirklich so toll wird. Und nun schweif‘ nicht ab. Erzähl‘ lieber endlich weiter!“
Papa lächelte und fuhr fort:
„Weil Erich so wunderbare Geschichten erfinden konnte, wollte Suseliese sehr oft mit ihm spielen.
Der Zwerg war immer schneeweiß gekleidet. Er trug eine weiße Zipfelmütze, ein blütenweißes Hemd und eine leuchtend weiße Leinenhose, um die jeder Müller ihn beneidet hätte.“
Lara kicherte. Das Kichern stieg glucksend in ihr hoch und blubberte aus ihrem Mund. Papa stockte irritiert und fragte:
„Was ist denn nun los? Ist dir nicht gut?“
Lara schüttelte den Kopf:
„Nein, nein. Mir geht es sogar besonders gut. Ich hatte nämlich eben eine ganz tolle Idee. Ich möchte mir noch eine Zutat zu dem Märchen bestellen, das geht doch, nicht wahr?“
Papa verstand zwar nicht so recht, worauf Lara hinauswollte, aber weil sie ihn so schmeichelnd anlächelte, nickte er.
Da sagte Lara: „Ich möchte, dass in deinem Märchen Heidelbeerpüree vorkommt.“
„Was?“, fragte Papa erschrocken. „Du möchtest was? Was soll das denn? Wir sind in der Spielzeugallee. Da hat doch Heidelbeerpürree nichts zu suchen.“
Lara legte den Kopf schief:
„Ach, du kannst kein Heidelbeerpüree in dem Märchen unterbringen? Schade. Ich dachte, du könntest die tollsten Sachen erfinden.“ Sie legte sich im Bett zurecht und kreuzte die Arme über der Brust. „Na, dann eben nicht. Ich hatte es mir ja schon gedacht. Dann wird es eben nichts mit dem Märchen. Obwohl – der Anfang war schon ganz nett... Dann halt nicht. Die Wette hast du aber verloren!“, fügte sie mit Nachdruck hinzu.
Mit diesen Worten und mit ihrem zufriedenen Blick verletzte sie Papas Stolz. Jetzt erst recht dachte er. Und deshalb beeilte er sich, zu sagen:
„Moment! Moment! – Heidelbeerpüree sagtest du? – Mal sehen, mal sehen... das muss doch irgendwie unterzubringen sein...“
Er murmelte noch etwas Unverständliches und verstummte dann. Man konnte richtig sehen, wie angestrengt er nachdachte. Lara hatte fast den Eindruck, dass aus seinem Kopf kleine Rauchwolken aufsteigen würden. Sie wartete eine Weile, doch dann riss ihr der Geduldsfaden.
„Siehst du jetzt, Papa“, sagte sie streng, „wie schwierig es ist, auf Befehl etwas Spannendes, Interessantes zu erzählen? Mit unseren Schulaufsätzen ist es immer genauso. Wenn ich so lange überlege, wie du jetzt, dann läutet es und die Hefte werden eingesammelt.“
Auf Papas Stirn traten kleine Schweißperlen. Er nickte.
„Ja, ich sehe schon, dass du recht hast. So unter Zeitdruck, da kann es schon einmal schwierig sein – aber das Wichtigste ist, dass man nicht aufgibt. – Gibst du mir noch eine Chance?“
Obwohl Lara es nicht zugeben wollte, war sie nun schon sehr gespannt darauf, was Suseliese und Erich wohl noch erleben würden und deshalb sagte sie:
„Na meinetwegen. Eine Chance bekommst du noch – aber vergiss das Heidelbeerpüree nicht!“
„Ganz sicher nicht!“, versprach Papa und erzählte weiter.
„Der weißgekleidete Erich hatte also jeden Tag sehr viel zu tun. Er versorgte die Spielzeugbäume, beaufsichtigte die Arbeiter und spielte mit der Prinzessin. Da er so viele Pflichten hatte, geschah es manchmal, dass er aus Zeitmangel vergass, etwas zu essen und so wurde er von Tag zu Tag dünner. Es dauerte nicht lange, und seine schöne, weiße Leinenhose schlotterte um seine Beine und rutschte ihm über die mageren Hüften. Er gewöhnte es sich an, die Hose mit der linken Hand vor dem Bauch zusammenzuziehen und festzuhalten, um so zu verhindern, dass er sie verlor.
Eines schönen Tages nun pflückte Suseliese sich einen großen, roten Ball von einem Spielzeugbaum und sagte zu Erich:
„Komm, lass uns Ball spielen!“
Der Wunsch der Prinzessin war dem Zwerg Befehl und die beiden verließen die weiß bekieste Spielzeugallee, um zwischen dem Blaubeergestrüpp am Wegesrand mit dem Ball zu spielen. Sie warfen sich den roten Ball durch die Luft zu und rannten und sprangen, um ihn nur ja nicht fallen zu lassen. Dabei benötigte Erich natürlich beide Hände, und so vergaß er seine rutschende Hose und ließ den Hosenbund los. Das weiße Kleidungsstück glitt über die Knie des Zwerges hinab und wickelte sich so unglücklich um seine Beine, dass Erich auf seinen Po plumpste.
Da saß er nun, mitten zwischen den reifen Heidelbeeren und sah sich verdutzt um. Suseliese kam natürlich sofort angelaufen und half ihrem Freund wieder auf die Beine.
„Hast du dir weh getan, Erich?“, fragte sie liebevoll.
Der Zwerg schüttelte den Kopf, zog seine Hose bis zum Bauchnabel hoch und – erschrak. Das gute, weiße Stück war übersät mit violett-blauen Flecken und Spritzern.
„Oh, schau nur, Prinzessin, wie meine gute Hose aussieht!“, rief Erich traurig.
Suseliese streckte einen Zeigefinger aus und tauchte ihn in einen der dicksten Flecken. Dann hob sie den Finger an die Lippen und leckte das blaue Mus vorsichtig ab.“
Lara kicherte und Papa erzählte weiter:
„Heidelbeerpüree!“, stellte die Prinzessin fest. „Eindeutig Heidelbeerpüree.“
Erich seufzte: „Obstflecken. Das geht nie wieder aus der Hose raus! – Es war meine Lieblingshose.“ Und er ließ verzweifelt den Kopf hängen.
Suseliese versuchte ihren Freund zu trösten, aber was sie auch versuchte, nichts konnte Erich aufheitern.“
„Stop! Stop! Stop!“, rief Lara plötzlich eifrig. „Überraschung! Überraschung!“
„Überraschung? Ach du liebes Bisschen! Was ist denn auf einmal mit dir los?“, fragte Papa und sah etwas ängstlich aus. Sicher befürchtete er eine weitere Märchenzutat, deren Verarbeitung Lara jetzt von ihm verlangen würde. Und richtig:
„Ich möchte mir noch etwas Neues für das Märchen wünschen“, verlangte seine Tochter.
„Ich habe es befürchtet.“ Papa wurde blass. „Hoffentlich ist es etwas Vernünftiges und nicht so etwas Verrücktes wie „Satellitenschüssel“ oder „Rohrzange“.“ Ängstlich hielt er die Luft an.
Doch Lara konnte Papa beruhigen.
„Es ist etwas ganz Vernünftiges“, teilte sie ihm mit. „Ich möchte, dass in dem Märchen Hosenträger vorkommen!“
Papa atmete erleichtert auf und lachte:
„Danke! Das passt ja ganz vorzüglich. – Nachdem es Suseliese nicht gelungen war, ihren Freund Erich nach dem Unfall mit dem Heidelbeerpüree aufzumuntern, erzählte sie ihrem Vater dem König am Abend von dem Unglück und fragte ihn, wie sie Erich helfen könnte.
Der König, der den Zwerg längere Zeit nicht gesehen hatte, wurde sehr besorgt, als er hörte, dass Erich so dünn geworden war, dass seine Hosen immer rutschten. Voller Sorge begann der König damit, seine Anweisungen zu erteilen. Er befahl dem königlichen Oberhofschneider, sofort eine neue, weiße Leinenhose für Erich zu nähen. Er stellte einen zweiten Aufseher für die Überwachung der Arbeiter in der Spielzeugallee ein. Er verbot Prinzessin Suseliese mit dem Zwerg während der Essenszeiten zu spielen. Er bestellte bei seinem Lieblingskoch eine besonders leckere, kalorienhaltige Kost für Erich und er schenkte dem Zwerg ein sehr wertvolles, diamantenbesetztes Paar Hosenträger. Die neuen Hosenträger würde Erich vorerst tragen können, denn bei aller Fürsorge würde es wohl doch einige Zeit dauern, bis der Zwerg sein Normalgewicht wieder erreicht hatte.“
Als Papa nicht weiter sprach, fragte Lara: „Ist das Märchen jetzt schon zu Ende?“
Papa sagte unsicher:
„Ja, eigentlich dachte ich, dass das Märchen jetzt zu Ende ist. Findest du das denn nicht?“
Er sah richtig ein bisschen erschöpft aus. Ganz so einfach, wie er zu Anfang behauptet hatte, war es offenbar nicht gewesen, ein niegel nagel neues Märchen zu erfinden. Da beschloß Lara, Papa nicht weiter zu quälen und sagte:
„Naja, ganz zu Ende ist das Märchen noch nicht. Der König erklärte Suseliese nämlich, dass es ganz wichtig ist, dass man sich um seine Freunde kümmert. Er sagte ihr, dass sie rechtzeitig hätte merken müssen, dass Erich immer dünner wurde und dass sie auch hätte darauf achten müssen, dass der Zwerg genug Ruhe hatte, um seine Mahlzeiten einzunehmen.
Suseliese schämte sich sehr und versprach, dass ihr so etwas nie wieder passieren würde. – Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“
Lara schaute Papa zufrieden an:
„Für dein erstes Märchen auf Bestellung ist es doch ganz prima geworden, findest du nicht?“
Papa, der sehr müde und erschöpft aussah, nickte:
„Meinst du? Ich habe mir jedenfalls alle Mühe gegeben. Aber jetzt muss ich mich unbedingt ein bisschen ausruhen. Das Erzählen hat mich doch sehr angestrengt.“
„Aber Papa“, sagte Lara vorwurfsvoll, „so anstrengend kann das doch gar nicht gewesen sein. Mit dem Märchenerzählen ist es wie mit dem Aufsatzschreiben: Man muss nur seine Fantasie spazieren gehen lassen und schon geht alles wie von selbst. Das hat mal irgend so ein weiser Mann gesagt.“
Da wurde Papa tatsächlich rot.

 

hallo al-dente,

ich hoffe, du warst nicht zu erschöpft von Schreiben dieses wunderschönen Märchens.
Eltern sagen manchmal ganz schön dumme Sachen und wenn die Kinder clever un hinterhältig genug sind, können sie die Eltern da ganz schpn an der Nase herumführen.
Aber der Papa hat die Aufgabe ja mit deiner Bravour und Unterstützung gut gemeistert.
Es ist doch schön, wenn man so eine begabte Erzählerin als Schöpfer hat. :)

Liebe Grüße, sim

 

Hallo Sim,

erstaunlich, wie schnell Du immer mit dem Lesen bist, zumal diese Geschichte mir ja wirklich etwas länger geraten ist :).

Ich freue mich sehr, dass sie Dir gefiel und über Deinem letzten Satz bin ich errötet :).

Liebe Grüße
Barbara

 

hallo al-dente,

deine geschichte ist wirklich schön!!! ich habe beide beneidet - lara um so einen begabten geschichtenerzähler und den vater um sein talent!

liebe grüße,

sonnenblume

 

Hallo Barbara,

deine Geschichte hat mir mal wieder wirklich rundum gefallen! Eigentlich sind es ja sogar 2 Geschichten in einer.
Besonders gut fand ich die Spielzeugallee mit den Spielzeugbäumen. Erinnert mich an die alte Geschichte vom Zuckertütenbaum, die ich als Kind so geliebt habe.

Etwas seltsam fand ich nur, dass der Zwerg und die Prinzessin zum Ballspielen ausgerechnet ins Heidelbeergestrüpp gehen. Heidelbeerbüsche sind kniehoch und Kulturheidelbeeren (die man in einem Königlichen Park erwarten könnte) sogar noch höher. Also ich möchte da nicht Ball spielen.
Andererseits hat sich das der Vater ja auf die Schnelle ausdenken müssen und es soll gar nicht perfekt sein, oder?

Trotzdem - eine super Geschichte!

Liebe Grüße
Ramona

 

@Sonnenblume79
Willkommen hier auf KG.de und vielen Dank für die Blumen :)

@HovaLiese
Ich habe mich gefreut, dass Dir auch diese Geschichte wieder gefallen hat. Und Du hast natürlich Recht, das mit dem Heidelbeergestrüpp ist keine gute Wahl für ein Ballspiel - allerdings: der Vater ist unter Druck, er muss das vermaledeite Heidelbeerpüree einbauen. Es war also alles so von mir gewollt und geplant :)

Liebe Grüße
an Euch beide
Barbara

 

Hi al-dente
Ich finde die Geschichte voll cool! Eine Kleinigkeit ist mir aufgefallen.

""Heidelbeerpüree!", stellte die Prinzessin fest. "Eindeutig Heidelbeerpüree."
Du hast wohl am Anang einmal " zu viel gemacht, oder?;)

 

Liebe Barbra!

Ich würde für deine nächste Geschichte gerne eine Bestellung abgeben... ;)
Im Ernst, ich wiederhol mich oft, aber mir hat auch diese Geschichte wieder wunderbar gefallen. Dein Erzählstil ist einfach klasse, auf Kinder zugeschnitten, ohne kindisch zu sein, lebendig, witzig und fantasievoll. Sehr gern gelesen...

Liebe Grüße
Anne

 

Hallo Barbara,

kann mich den anderen zwar nur anschließen, wollte es aber trotzdem loswerden :)
Wunderbare Kindergeschichte, ich werde sie demnächst unserem Kleinen mal vorlesen, wird ihm sicher gefallen.

Gruß
Rainman

 

Hallo Barbara!
Eine schöne, lustige Geschichte ist dir gelungen. :)
Die Ausgangssituation kennt wohl jeder. Wer kennt das nicht? Man bekommt eine Überschrift, ein Thema, ein paar Vorgaben. Und dann heißt es: schreib mal. Das ist ja eigentlich ziemlich unfair.. denn wer kann sich schon unter Druck was ordentliches ausdenken? Das ist wirklich schwierig und kompliziert.
Da will einem nie was einfallen.

Zu Stil und Ausdrucksweise muss man ja bei dir nichts mehr sagen :D
Wie immer sehr locker und kindgerecht geschrieben, ohne, dass es kindisch wirkt. Die Kinder fühlen sich ernst genommen.

Schön finde ich auch, dass der Vater am Ende Lara doch ganz gut verstehen kann :D
Ist halt leider oft so, dass diejenigen (Eltern und so) oft nicht daran denken, unter welchen Druck die Kinder in einer solchen Situation stehen. Und oft verstehen die Eltern dann auch nicht, warum die Arbeit dann schlecht oder nicht so gut ausgefallen ist.
Deswegen finde ich es gut, dass Laras Vater am Ende doch verstehen kann, in welche Bedrängnis man kommen kann, wenn man sich auf Kommando etwas ausdenken soll.

Aber der Hauptaspekt in deiner Geschichte liegt ja darin, dass man auf seine Freunde acht geben muss. Sie sind sehr wichtig, und man kann nun mal leider nicht immer darauf zählen, dass sie es einem sagen, wenn es ihnen schlecht geht. Manchmal bemerkt man es selbst nicht, wenn man sich verändert. So wie zum Beispiel bei Erich. Er ist immer dünner geworden, hatte viel zu tun gehabt, hat zu wenig gegessen. Vielleicht hat er selbst ja nicht bemerkt, wie sehr er abgemagert ist. Oder empfindet es nicht als schlimm oder bedenklich.
Und da werden die Freunde ganz wichtig. Sie müssen auf ihre Freunde aufpassen, Veränderungen bemerken, sie einschätzen und notfalls handeln.
Manchmal rücken die Freunde auch nicht raus mit der Sprache, fressen es in sich rein, meinen, sie kommen damit alleine klar. Doch oft schaffen sie das eben nicht.
Und dann sind Freunde wirklich wichtig.

So, nun noch ein paar kleinere Bemerkungen:

Er verstand überhaupt nicht, dass Lara nicht gewusst hatte, was sie schreiben sollte. Papa behauptete, man müsste einfach die Fantasie spazieren gehen lassen und dann ginge alles wie von selbst. Er wüsste das nur zu gut. Er hätte schon als Kind Geschichten erfunden, die seiner Mutter, Laras Großmutter, viele Seufzer entlockt hätten.
Sehr viele „er“’s... Vielleicht kannst du da noch etwas streichen oder umformulieren?

Und einmal, als die Prinzessin unbedingt einen Gameboy ernten wollte und partout keinen Baum finden konnte, an dem so ein elektronisches Spielzeug heranreifte, da schickte der König Boten in aller Herrren Länder, damit sie die seltenen, gameboytragenden Bäume suchten und ein Exemplar in sein Königreich brachten, um es in Suslieses Spielzeugallee zu verpflanzen.
Nicht soooo schlimm... aber warum schreibst du nicht einfach „Reich“?
Na, fällt dir was bei „Herren“ auf? :D 2 r’s reichen vollkommen, meinst du nicht? ;)

Wo so viele Menschen arbeiteten, da musste einer sein, der alles regelte und organisierte. Es musste einen Aufseher, einen Chef, geben

Ja, ich sehe schon, dass du recht hast. So unter Zeitdruck, da kann es schon einmal schwierig sein – aber das Wichtigste ist, dass man nicht aufgibt. – Gibst du mir noch eine Chance?“
Eine schöne Stelle. Sie zeigt ganz deutlich, dass der Vater allmählich einsieht, dass es wirklich schwer sein kann, unter Druck etwas ordentliches hervorzubringen.

„„Heidelbeerpüree!“, stellte die Prinzessin fest. „Eindeutig Heidelbeerpüree.“

„Aber Papa“, sagte Lara vorwurfsvoll, „so anstrengend kann das doch gar nicht gewesen sein. Mit dem Märchenerzählen ist es wie mit dem Aufsatzschreiben: Man muss nur seine Fantasie spazieren gehen lassen und schon geht alles wie von selbst. Das hat mal irgend so ein weiser Mann gesagt.“
Da wurde Papa tatsächlich rot.
Schönes Ende, du bekommst eine schöne Kurve zum Anfang und zur Ausgangssituation. :)
Hehe, Lara scheint mir ein wirklich aufgewecktes, freches Kind zu sein :D

bye

 

Hallo Ihr Lieben!

Danke für die freundlichen Worte und das Lob! :)

@mausilein
Das vermaledeite Anführungszeichen habe ich doch tatsächlich übersehen! Wird gleich geändert!

@Maus
Liebe Anne, wenn Du so nette Sachen oft wiederholst, dann stört mich das gar nicht! :)
Übrigens kannst Du gerne eine "Bestellung" bei mir abgeben. Ich schreibe total gerne nach Vorgaben - deshalb liebe ich auch unsere "Wörterbörse". Dort sind jedoch leider viele Vorgaben nicht so gut für Kindergeschichten geeignet :).

@rainman
Erzählst Du mir, wie Dein "Kleiner" (wie alt mag er wohl sein?) die Geschichte fand? Kinder sind schließlich die wichtigsten Kritiker für Kindergeschichten und meine Söhne sind 25 und 19 Jahre alt, also nicht mehr so recht brauchbar...

@moonshadow
Liebe Sarah, über Deine Kritik habe ich mich ganz besonders gefreut, weil Du Dir wieder einmal so viel Zeit genommen und so ausführlich geschrieben hast! :)

Wie schön, dass Dir der Aspekt des "Sich-um seine-Freunde-kümmern", der mir sehr wichtig war, aufgefallen ist.
Die von Dir bemängelte Wiederholung des Wortes "er" stört mich an dieser Stelle überhaupt nicht, deshalb ändere ich sie nicht. Was denn König und die "Herrren" angeht: Wird sofort erledigt! Nicht zu fassen, was man alles, trotz mehrfachen Korrekturlesens noch übersieht! :D

Euch allen ganz liebe Grüße
Barbara

 

Hallo Barbara,

Erzählst Du mir, wie Dein "Kleiner" (wie alt mag er wohl sein?) die Geschichte fand?
Er ist neuneinhalb, die Sache mit dem Schulaufsatz musste ich ihm daher erklären. Den Rest hat er aber natürlich verstanden und fand es offensichtlich ganz toll. Immerhin hat er ein paarmal wild gekichert, besonders als Lara den Heidelbeerpürree ins Spiel brachte :)

Gottseidank hat ihn die Geschichte nicht auf eine Idee gebracht, wie ich befürchtet habe :)

Beim Vorlesen bin ich doch noch über ein paar Sachen gestolpert, z.B.:

Ein Märchen das in der Spielzeugallee spielt.
Komma nach Märchen. Da waren noch weitere Kommafehler im Text, aber ich hab sie nicht mehr alle im Kopf, vielleicht magst du noch mal drüberschauen.
Mitten in seinem Schlosspark hatte er eine prächtige Allee anpflanzen lassen: die Spielzeug-allee
Ohne Bindestrich.
Das Spielzeug, welches die Prinzessin nicht brauchte, musste im Herbst geerntet und in Kisten verpackt werden, bevor es mit Kutschen zu allen Waisenhäusern, Kinderheimen und Hospitälern gebracht und dort an die Kinder verschenkt werden konnte, die noch niemals etwas so Wunderbares, wie eine Puppe oder ein kleines Plastikauto besessen hatten
Der Satz war schwer vorzulesen, weil er so lang ist. Vielleicht könnte man ihn auf zwei Sätze aufteilen?
Es gab auch Bäume, die Plastikindianer trugen und solche, deren Äste voller kleiner Spielzeugpistolen saßen
Das "saßen" verwirrte beim Lesen, passt meiner Meinung nach nicht. Vielleicht etwas in der Art: ...und solche mit Ästen voller Spielzeugpistolen.

Gruß
Rainman

 

Hallo Barbara,

eine tolle Geschichte! Besonders die Detailfülle hat mich fasziniert - und fast ein wenig neidisch gemacht! Auf jeden Fall hängt die Meßlatte für unsere Geschichten jetzt wieder ein kleines Stück höher :-)

Ein Fehlerhinweis nur: Rainman hat schon die Spielzeug-allee erwähnt. In dieselbe Kategorie fällt auch der Oberhof-schneider. Ich vermute, Du arbeitest hier mit geschützten Trennzeichen, die die Software von kg.de anscheinend nicht verarbeiten kann.

Schöne Grüße
Roy

 

@rainman
Dass Dein Kleiner wild gekichert hat, ist natürlich das größte Lob, das ich mir wünschen kann! :) Grüß ihn von mir!

Nach den Kommafehlern werde ich noch mal in Ruhe suchen. Das mit den Bindestrichen ist so, wie Roy es vermutet: Ich ließ Word einfach trennen. Das sollte man wohl lieber nicht tun. Auch Deine Anmerkung zu dem langen Satz und den Spielzeugpistolen, die an den Ästen "saßen" finde ich bedenkenswert. Sowie ich Ruhe dafür habe, ändere ich das. Danke noch mal für die ausführlichen Anbmerkungen.

@Roy

"Eine tolle Geschichte!" Wow, das lässt mich ehrlich erröten. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass auch Dir die Geschichte gefiel.

Liebe Grüße
Euch beiden
Barbara

 

Liebe Barbara,
obwohl Du schon so viele Kritiken bekommen hast, kann ich nicht anders, als Dir zu dieser gelungenen Kindergeschichte zu gratulieren. Sowohl die Rahmenhandlung, das Gespräch zwischen Vater und Tochter, als auch das Märchen an sich haben mir sehr gut gefallen. Die Dialoge wirken sehr echt und lebendig. Einziger Kritikpunkt:

Du musst ein Märchen erzählen, welches es auf der ganzen Welt noch nicht gibt.
Hier finde ich besser ...das es auf der ganzen Welt noch nicht gibt. Welches klingt für ein Kind zu steif.

Auf jeden Fall hat es mir grossen Spass gemacht, diese schöne Geschichte, aus der man ja auch noch etwas lernen kann, zu lesen.

LG
Blanca

 

Liebe Blanca,

danke für die freundlichen Worte zu meiner Geschichte! :)

Deine Anregung habe ich sofort aufgenommen.

Liebe Grüße
Barbara

 

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