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Ein neuer Freund für Teddy
Fein säuberlich gestapelt lagen am ersten Advent die Wunschzettel auf der Fensterbank. Alle Kuscheltiere im Lager hatten einen geschrieben. Alle, außer Teddy.
Teddy war schon alt. Sein braunes Fell war abgegriffen und ihm fehlte das rechte Ohr. Das hatte ihm sein alter Freund Alex ausgerissen, als er kleiner war. Doch der war jetzt erwachsen. Vor einigen Tagen hatte er Teddy hier abgegeben.
"Ich brauche ihn nicht mehr", hatte er gesagt und war gegangen. Teddy hatte ihm noch nach gewunken, wollte "Lebewohl" sagen, doch Alex hatte sich nicht mehr umgedreht. Er war einfach gegangen. Und das so kurz vor Weihnachten!
Gegen Mitternacht kamen Santa Claus' Elfen, um die Wunschzettel abzuholen. Doch sie stellten fest, dass einer fehlte. Wieder und wieder zählten sie, aber es blieb dabei: Es war ein Wunschzettel zu wenig! Es dauerte eine Weile, bis sie heraus fanden, wer keinen geschrieben hatte. Im Lager lebten viele und die Liste der Elfen war daher ziemlich lang. Ungeduldig suchten sie nach Teddy, mussten sie in der Nacht doch noch so viele andere Kuscheltiere besuchen.
Eine der Elfen entdeckte ihn schließlich in einer dunklen Ecke. Er saß einfach nur da und ließ den Kopf hängen. Dicke, stumme Tränen kullerten über seine Wangen.
"Was hast du denn, Teddy?" fragte sie ihn.
"Ich wünsche mir so sehr einen neuen Freund!" weinte Teddy und erzählte ihr von seinem Leben mit Alex und wie dieser sich von ihm getrennt hatte. "Mit dem fehlenden Ohr will mich doch kein Kind!" schloss er wütend seine Geschichte.
"Wenn du ganz fest daran glaubst, kann Santa dir helfen", sagte die Elfe mitfühlend, "Er kann nämlich fast jeden Wunsch erfüllen. Du darfst aber nicht an ihm zweifeln."
Teddy hörte auf zu weinen und sah sie mit seinen großen, schwarzen Knopfaugen zweifelnd an.
"Du glaubst doch an ihn, oder?" fragte die Elfe ernst und hielt ihm Zettel und Stift hin.
Teddy glaubte an Santa Claus und hoffte. Doch der 24. Dezember kam immer näher und nichts passierte. Langsam begann er zu fürchten, Santa Claus habe ihn vergessen oder könne seinen Wunsch nicht erfüllen. Und dann, nur wenige Tage vor dem großen Fest ...
"Ich hab ihn!" Unsanft wurde Teddy hoch gehoben. Er hatte gerade so schön geschlummert und von einem neuen zu Hause geträumt.
"Immer diese Eil-Sendungen!" fluchte eine Frau. Seine Trägerin lachte und legte ihn in einen Karton.
"Wenn wir damit einem Kind ein schönes Fest bescheren,..." sagte sie, dann schloss sie den Karton und es wurde plötzlich dunkel und still. Ein Kind? Ein schönes Weihnachtsfest? Würde Santa Claus seinen Wunsch vielleicht doch erfüllen? Teddy war ganz aufgeregt. Immer wieder wurde er nach rechts und nach links, nach oben und nach unten geworfen. Schon bald hatte er in der Dunkelheit jede Orientierung verloren. Er wusste nicht, wohin die Reise ging, wie lange sie dauern würde oder wie lange er schon unterwegs war. Er hoffte nur, sein Ziel bald zu erreichen.
„Hallo, Teddy“, sagte eine tiefe Stimme, als es hell wurde. „Du bist spät dran. Wir wollten das Fest morgen schon ohne dich feiern.“
Teddy blinzelte. Große, raue Hände hoben ihn sanft aus dem Karton und setzten ihn auf den Boden. Nur langsam konnte er klarer sehen. Glitzernd ragte ein Weihnachtsbaum über ihm auf und neben ihm standen ein paar wenige Geschenke, die in alte, bemalte Zeitungen eingepackt waren.
„Schade, dass ihm ein Ohr fehlt“, sagte eine Frauenstimme. Ein Mann band Teddy eine rote Schleife um den Hals und antwortete mit der tiefer Stimme, die ihn begrüßt hatte: “Anna wird es kaum bemerken. Morgen früh wird sie ihn in Beschlag nehmen und nicht wieder hergeben. Du wirst es sehen.“
Die beiden Fremden gingen hinaus und ließen Teddy allein zurück. Ungeduldig wartete er auf den Morgen. Wer war Anna? Würde sie ihn mögen? Und würde sie ihn auch lieb haben? Um sich abzulenken, ging er die ganze Nacht vor dem Weihnachtsbaum auf und ab. Er konnte einfach nicht schlafen, so aufgeregt war er. Als dann die Uhr am Morgen endlich acht schlug, erschrak Teddy so sehr, dass er sich hinter den anderen Geschenken versteckte. Vorsichtig steckte er den Kopf heraus und beobachtete die Tür. Jemand kam näher. Er konnte Schritte hören.
Rums! Mit lautem Krachen schlug die Tür auf. Vor Schreck konnte er sich nicht rühren. Sein kleines Plüschherz überschlug sich fast vor Aufregung. Da stand sie in ihrem gelben Schlafanzug und sah ihm direkt in die Augen: seine Anna!