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Ein Stück Stoff

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22.10.2011
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Ein Stück Stoff

1.
Im Radio laufen Nachrichten, irgendwas über Assad und den Westen, mein Vater brummt und dreht am Sendersuchlauf, bis er arabische Popmusik findet. „Endlich“, sagt er und streckt den Rücken durch, wahrscheinlich hat er wieder heimlich beim Taxifahren gelesen. Wenn er auf Fahrgäste wartet, sitzt er ganz in sich zusammengefaltet da, damit seine Kollegen nicht sehen, was er liest. Neulich lag das Buch auf dem Beifahrersitz. Als er meinen Blick sah, hat er es schnell ins Handschuhfach geschoben. Wie einen Porno. Aber ist ja auch komisch, ein Libanese, der Thomas Bernhard liest, ich glaub, sowas mag noch nicht mal der Leitner, und der ist Deutschlehrer.
Mein Vater seufzt, verzieht das Gesicht und streckt sich noch einmal, dann richtet er sich auf, zupft an den Manschetten seines Hemdes, bis sie exakt über den Handgelenken sitzen, und prüft seine Fingernägel. Das liebt er. Er sagt immer: Du kannst noch so sehr im Dreck wühlen für deinen Job, aber die Hände müssen sauber sein. Als er aufsieht und mich in der Tür stehen sieht, weiten sich seine Augen.
„So kannst du nicht gehen, Tochter. Nicht heute.“
Ich zucke mit den Schultern und greife nach meiner Schultasche.
„Basima.“
„Was?“
Mein Vater ist ein liebevoller Mann. Aber er versteht nichts.
„So gehst du nicht. Wenn du zum Praktikum gehst, ziehst du kein Hidschab an.“
„Warum nicht?“
Jetzt ist mein Vater mit dem Schulterzucken dran, scheint eine Familienkrankheit zu sein. „Weil du hier geboren bist“, sagt er. „Weil man mit Hidschab keinen Job bekommt. Weil du besser Deutsch als Arabisch sprichst. Weil du mit allen auskommen musst.“
Mein Vater hat die Weildukrankheit. So oft, wie er diese zwei Wörter wiederholt. Er glaubt, das macht ihn überzeugender. Aber es macht nur alles gleich.
„Ich komme mit allen aus, Vater. Mit allen.“ Ich betone jeden einzelnen Buchstaben. „Ich benehme mich so deutsch, das glaubst du nicht. Ich weiß sogar, dass ich religionsmündig bin. Deutsches Recht, Vater. Magst du doch so.“
Mein Vater schüttelt den Kopf und fängt an, seine Fingernägel über die Hose zu reiben. Ganz mechanisch. Ich muss lachen. An der Geschwindigkeit, mit der er das tut, kann man immer sehen, wie aufgeregt er ist und wie sehr er nach Worten sucht.
„Was ist nur in dich gefahren“, sagt er schließlich. „Du diskutierst mir die Ohren in den Kopf. Vor zwei Jahren wolltest du unbedingt blonde Strähnen haben und nun bedeckst du die Haare und redest wie ein Anwalt.“
„Ich hab heute Schule, Vater, kein Praktikum. Außerdem will ich eh Mathe studieren. Aber egal, ich zieh den Hidschab ab jetzt immer an.“
„Aber das brauchst du nicht, du kannst doch auch so gläubig sein. Außerdem machst du es dir selbst nur schwer.“
„Aber ich will zeigen, dass ich es ernst meine. Nicht wie du.“
„Was heißt hier wie ich?“
„Du trägst Allah nicht im Herzen.“
„Sei still, Basima. Die Zunge ist die Hebamme allen Unglücks.“
Ich drehe mich um, es ist zwecklos. Ich möchte noch etwas sagen, aber die Hände meines Vaters zittern, so dass ich Angst um ihn bekomme. Es regt ihn auf, wenn ich Widerworte gebe. Er ist gläubig wie ich. Aber er schämt sich dafür. „Wir sind Deutsche“, sagt er immer und hebt den Zeigefinger, als könnte der die Zerbrechlichkeit seiner Stimme verbergen. „Wir sind Deutsche. Ich habe so lange gebraucht, bis ich bleiben konnte. Zerstör es nicht, Tochter.“ Ich frage mich, wie zerbrechlich etwas sein muss, wenn ein Stück Stoff es zerstören kann.
Als ich unten auf der Straße bin, schau ich noch einmal nach oben zu unserer Wohnung. Meistens winkt mein Vater mir zu, wenn ich zur Schule gehe. Das macht er schon, seit Mama tot ist. Die Fassade sieht grau aus und rissig. Auf den meisten Balkonen steht Gerümpel oder Grillzeug. Unser Nachbar hat sogar einmal Hühner auf dem Balkon gehalten. Nur unserer ist voller Blumen. Ich drehe mich einmal um die eigene Achse, wenn ich wieder gerade stehe, ist mein Vater bestimmt da. Hoffentlich. Endlich tritt er mit einer Gießkanne auf den Balkon. Er winkt mir zu. Mit beiden Armen. Ein Schwall Wasser ergießt sich über die Fassade, es sieht aus, als wäre sie fleckig.


2.
Die U-Bahn ist voll heute, ich setze mich zu einer älteren Frau, die mich aus den Augenwinkeln mustert. Vielleicht glaubt sie, ich hätte das Selbstbewusstsein eines Sofakissens? Warum denkt sie so schlecht über mich und warum denke ich, dass sie so denkt? Schnell krame ich mein Handy raus und starre aufs Display. Mein Vater hat schon Recht, man braucht viel Mut, wenn man den Glauben ernst nimmt. Aber das will ich. Früher war ich nur ein Mädchen mit schwarzen Haaren, ich hätte Spanierin sein können oder Italienerin. Irgendwas. Aber ich wollte Basima sein. Die blonden Strähnen haben das nicht geschafft. Basima bin ich erst jetzt. Nur für alle anderen bin ich etwas Komisches geworden, das man anglotzen und beschämen darf.
Im Abteil neben mir sitzt ein Mädchen. Ihr Kopftuch ist schwarz, vor ihr steht ein riesiger Rucksack. Bestimmt eine Schülerin wie ich. Der Mann ihr gegenüber stiert sie an und brabbelt unverständliches Zeug, es klingt wie Bukkerweiber. Dann tatscht er dem Mädchen ans Bein und sagt: „Hehe, Heimfahrt?“
„Wie bitte?“ Die Stimme des Mädchens ist leise. Sie schaut nach unten auf ihre Knie.
„Nach Abschiebien.“ Der Mann zieht jede Silbe in die Länge, Spucketröpfchen spritzen. Er deutet auf ihren Rucksack, blickt sich stolz um und sucht die Blicke der Mitfahrer.
Niemand sagt etwas, manche grinsen. Das Mädchen hat sich in ihre Kleider zurückgezogen. Sie sieht jetzt noch kleiner aus und so, als hätte jemand sie geschlagen.
Ich umklammere mein Handy und schaue hoch. „Das macht man nicht“, sage ich, „man fasst niemanden an, das gehört sich nicht.“ Der Mann wendet sich ganz langsam zu mir um. Von seiner Unterlippe tropft Flüssigkeit. Ich vermeide seinen Blick, vielleicht ist er ja wie ein Hund, dem man nicht in die Augen schauen darf. Die Frau neben ihm blickt aus dem Fenster. Ganz interessiert, als gäbe es draußen lila Kängurus.
„Was hast du gesagt“, lallt der Mann und beugt sich noch weiter vor.
„Man macht das nicht, anfassen und so.“ Ich stottere und weiß nicht weiter. Wäre dieser Kerl nur eine Gleichung mit vier Unbekannten, ich hätte kein Problem mit ihm, aber Betrunkene?
„Bukkerweiber, das sei ihr. Isis und Kopp ab. Des macht ihr. Fort mit euch.“
Jedes Geraschel in der Bahn hat aufgehört, es ist ganz still. Als ob selbst die Bahn darauf wartet, was ich antworten werde.
Ich stehe auf, ganz langsam, und schiebe mich an dem Mann vorbei. Ich werde nicht weinen. Auf keinen Fall. Gleich kommt die Heddernheimer Landstraße. Da steige ich aus. Die letzte Station werde ich zu Fuß laufen.
Das Mädchen ist mit mir ausgestiegen. Ihr verschüchtertes Danke verdrängt einen Moment das Ziehen in meinem Bauch.
*
„Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen. Dir allein dienen wir und Dich allein flehen wir um Hilfe an. Führe*uns den rechten Pfad.“ Ich murmele die Sätze aus der Sure Al Fatiha vor mich hin, obwohl ich mich gar nicht auf das Gebet vorbereitet habe, aber die Worte beruhigen mich. Ich kenne das Ziehen. Es begleitet mich seit dem Tod meiner Mutter. Ich dachte immer, sie würde weiter leben, und wenn sie noch so krank ist. Dann starb sie. Von einem Moment zum anderen war da nur noch eine Hülle. Die Erwachsenen sagten, Basima ist noch ein Kind, sie wird darüber hinwegkommen. Das tat ich. Ich kam so gut darüber hinweg, dass ich gar nichts spürte. Keine Traurigkeit, kein schlechtes Gewissen, keine Angst vor dem Tod, nichts. Nur ein Ziehen. Die ganze Zeit. Erst als ich lernte zu beten, wirklich zu beten, mich in die Worte der Suren aufzulösen, da trat das Ziehen in den Hintergrund. Und dafür bin ich dankbar.


3.
Als ich vor der Schule ankomme, ist alles schon ruhig. Nur drüben an der Ecke zum Park lungert Nabil rum. Ich kenn ihn aus dem Matheclub. Aber seit neustem ist er nicht mehr im Unterricht, sondern sitzt auf der Bank beim Parkeingang. Wenn ein Lehrer ihn dort sucht, weil die anderen in der Klasse gesagt haben, „Nabil ist draußen und raucht“, freut ihn das wie ein kleines Kind. Er sagt immer: „Ich schwänz erst richtig, wenn jeder Lehrer mich mindestens einmal gesucht hat. Das bin ich mir schuldig. Und den Lehrern auch. Das hält sie frisch.“
Nabil sagt Dinge, die sich nicht jeder zu sagen getraut. „Sie verstehen uns nicht“, sagt er, „sie wollen es auch gar nicht. Sie treten auf uns, sie treten in Stücke, was wir glauben, und sie treten so lange, bis wir nur noch winzige, stinkende Bröckchen unter ihren Schuhen sind.“ Ich muss immer seinen Händen zuschauen, wenn er redet, er schafft Bilder damit, man sieht die Leute, von denen er spricht. Okay, er übertreibt, aber es ist so witzig, wenn er Deckert, den Ethiklehrer, den Kragen vom Hals diskutiert, wenn der irgendwas Blödes über den Islam sagt. Schade, dass Nabil nur noch kifft und schwänzt. Ich winke ihm zu und biege in den Gang zu meinem Klassenraum. Herr Leitner ist schon drin, es wäre sonst lauter, die Tür stünde offen und die Idioten aus meiner Klasse würden vor der Tür rumgockeln und sich gegenseitig mit Schwämmen und nassen Taschentüchern beschmeißen. Ich öffne, murmele „Entschuldigung, Herr Leitner“ und schlüpfe schnell an den Bänken vorbei zu meinem Platz. Im Vorbeigehen streife ich Emely über die Schulter. Sie wendet den Kopf und schickt mir ein kaum wahrnehmbares Lächeln. Emely ist meine beste Freundin, schon seit dem Kindergarten. Immer hat sie neben mir gesessen und meine Hand gedrückt, wenn etwas Neues kam, ob in der Grundschule oder hier. So lange ist das schon her mit unserer Freundschaft, da ist es ja kein Wunder, wenn sie neuerdings ein wenig durchscheinend geworden ist, so wie die Kleider der Puppen, mit denen wir als kleine Mädchen gespielt haben.
„Warum greifen die USA im Irak ein, warum zögern sie in Syrien? Was ist mit Israel im Spiel der Kräfte um den Nahen Osten?“, höre ich Leitner fragen. Ich schnaube, was soll das gestelzte Zeug? Die anderen haben keine Ahnung, weil sie Idioten sind. Die merken noch nicht mal, dass Leitner Krieg als Spiel bezeichnet. Für mich hat der Nahe Osten ein Gesicht. Saida, meine Oma aus dem Libanon. Ich muss immer noch an ihre weichen Hände denken, auch wenn ich erst sechs war, als sie im Julikrieg von israelischen Fliegern umgebracht wurde. Nichts mehr hat man von ihr gefunden.
„Naher Osten“, höre ich Erhan sagen, den Leitner aufgerufen hat, „Israel, ja, äh“, er stottert und weiß nicht weiter. Kein Wunder, was soll er auch sagen, wenn alles dort Gewalt und Asche ist? Afghanistan, Irak, Syrien, Libanon. Alles kaputt. Die Amis mussten es noch nicht mal selbst machen, hatten ihre Kettenhunde. Immer. Haben Revolutionen unterstützt, die aus blühenden Ländern Kohlehaufen machten. Und wenn sie wollten, haben sie ein Land gleich in die Steinzeit gebombt.
„Gewalt erzeugt Gegengewalt“, höre ich eine Stimme laut sagen und ich erschrecke, denn es ist meine. Leitner verstummt. Für einen Moment steht sein Mund offen. Dann fasst er sich: „Bitte Basima, du wolltest etwas sagen.“
Ich stehe auf und schaue umher. Hier erwartet keiner Politik von dem Matheclubmädchen mit den blonden Haarsträhnen.
„Ihr alle findet das doch richtig, wenn die Amis eingreifen. Die tollen Retter. Hat schon mal einer überlegt, wie die Menschen da jetzt leben im Irak? In Afghanistan? Ob die überhaupt geschützt werden wollten? Hat schon mal einer überlegt, was mit Menschen passiert, wenn sie sich dauernd verteidigen müssen, wenn sie dauernd vertrieben werden? Die Amis haben den IS doch selbst erzeugt.“
Ich setze mich und hole tief Luft, als hätte ich einen Dauerlauf gemacht. Alles ist still, dann setzt ein Murmeln ein. Basima, höre ich, du kannst doch nicht, und Basima, das stimmt nicht, Basima, Basima, Basima. Mein Name verbindet die Münder der anderen zu einem Singsang, der mir beweisen will, dass ich falsch liege. Und am lautesten sind die, die mir eigentlich zustimmen müssten, Erhan und Emely.
Ich habe keine Lust auf den Singsang, ich stehe noch einmal auf und fasse mit beiden Händen an die Tischkante. Der Kaugummibrocken darunter klebt schon, seit ich denken kann, ich reiße ihn ab und werfe ihn in Richtung Papierkorb. „Sogar hier werden Muslime schlecht behandelt“, sage ich laut. „Eine Klofrau darf Kopftuch tragen, das ist völlig normal. Aber wehe, ich will Lehrerin werden mit meinem Hidschab. Dazu hats erst mal eine Verfassungsklage gebraucht. Wieso, verdammt noch mal, braucht eine bescheuerte Christin keine Erlaubnis, wenn sie im Unterricht ein Kreuzchen um den Hals baumeln lassen will? Das ist ungerecht!“
Der Singsang wird zu Protest. Ich höre Kopftuchurteil, sehe die erhobenen Finger, bin erschöpft, lasse den Protest auf mich herabrieseln, schlucke die zornigen Worte meiner Klassenkameraden. Ich höre nicht mehr zu, ich bin doch ohnehin allein. Draußen vor dem Fenster sitzt ein Vogel. Ich wollte, ich wäre er.


4.
Kurz bevor ich hinter den anderen aus dem Klassenraum rausschlüpfe, höre ich Leitners Stimme. „Bleibst du bitte?“
Ich drehe mich um und stelle mich vor seinen Tisch, meine Arme vor der Brust verschränkt. Was will der?
„Basima, ich mache mir Sorgen um dich.“
„Nicht nötig.“
Ich glaube schon.“
„Ich nicht.“
„Es ist doch nur, ach Basima, du hast dich verändert.“
Auch von hier aus kann ich den Vogel sehen. Er starrt immer noch in die Klasse hinein. In Leitners Stimme schwingt wirklich so etwas wie Sorge mit.
„Und wenn? Sind meine Noten etwa schlecht? Hat sich jemand beschwert? Ist doch alles cool mit mir.“
Ich schieße meine Sätze ab. Vielleicht lässt er mich dann gehen.
„Nein, das ist es alles nicht. Es ist, ach Mädchen, warum trägst du plötzlich Kopftuch? Und dein Ausbruch eben. Das bist doch nicht du.“
Ich atme aus. Das macht mich alles so hilflos.
„Zwingt dein Vater dich dazu?“
„Herr Leitner!“
„Wer dann?“
Ich schüttele den Kopf und wende mich von ihm ab.
„Du hast dich von Emely zurückgezogen. Und deine Kleidung.“
„Das ist doch alles Privatsache, rennen Sie den anderen auch so hinterher, wenn die die Frisur wechseln?“
Ich wünschte, der Vogel würde mit seinem Schnabel gegen das Fenster klopfen.
„Komm, Basima, du machst das doch nicht von dir aus.“
Ich schweige. Soll er reden. Irgendwann wird er aufhören.
„Du bist die beste Matheschülerin, die ich jemals hatte. Hast Minirock getragen, dass ich dich einmal nach Hause schicken wollte, so kurz war der. Weißt du noch?“
Ja, ich weiß noch, wie aufgeregt er war, der Herr Leitner, und wie besorgt, ich lächele unwillkürlich in der Erinnerung daran. „Ach Herr Leitner, es ist doch nur der Hidschab. Warum gibt’s da so ein Geschiss drumrum? Erst mein Vater, jetzt Sie. Sind Sie nicht gläubig?“
„Nein, ja, aber darum geht’s doch auch nicht.“
„Sehen Sie, Sie wollen sich auch nicht rechtfertigen oder über das reden, was Sie glauben oder nicht. Warum muss ich das?“
„Ich trage ja auch kein Kopftuch.“
Ich stutze. „Das würd auch ganz schön blöd aussehen zu Ihrem Bart.“
Leitners Mundwinkel zucken, jetzt lacht er.
„Du hast so eine Art, Basima, einem das Wort im Munde rumzudrehen.“
„Das hab ich von Ihnen gelernt, Herr Leitner.“
„Nein, ich meins Ernst, Basima, wie vorhin, da hast du auf einmal den anderen Schülern die Haare vom Kopf geredet. Das war früher nicht so. Da hattest du nur Mathe im Kopf und bist mit Emely rumgezogen. Was hat dich so verändert?“
„Nichts.“
„Ich glaub dir das nicht. Irgendjemand tut dir nicht gut, Basima, ich merke das doch. Hast du vielleicht jemanden kennen gelernt? Vielleicht in der Moschee?“
Ich zucke mit den Schultern und starre aus dem Fenster, damit mir keine Tränen in die Augen steigen. „Verdammt noch mal“, ich versuche, meine zitternde Stimme unter Kontrolle zu bringen, „ich bin okay, ja! Lasst mir doch einfach meinen Glauben.“
„Die frühere Basima hätte nie ein Kopftuch getragen.“
Er legt seine Hand flach auf den Tisch, als hätte er ein Urteil gefällt. „Ich habe Verantwortung für dich, Basima. Ich werde deinen Vater anrufen und die Sache der Schulleitung melden. Die sehen dann weiter. Vielleicht wäre es gut, du sprichst mit jemandem, der das besser kann als ich. Jemand von dem Gewaltnetzwerk, da gibt es Imame.“
„Tun Sie, was Sie tun müssen.“ Ich drehe mich um, verabschiede mich nicht, gehe einfach nur raus. Es ist ein Gefühl der Betäubung. Wie wenn man beim Zahnarzt ist, und man weiß genau, noch tuts nicht weh, aber gleich kommt der Schmerz. Mit ganzer Wucht. Ich habe Leitner gemocht, mit seinen Baggys und dem heraushängenden Hemd, mit dem er auf jung macht, obwohl er älter ist als mein Vater. Immer etwas verpeilt und unausgeschlafen, aber so lieb. Ja. Er war mein Lieblingslehrer, der Leiti.
Auf dem Weg zum Schulhof gehe ich an zwei Lehrerinnen vorbei. Eine streift mich mit ihrem Blick. Beim Rausgehen höre ich noch, wie sie zu der anderen sagt: „Die werden immer mehr. Bei mir sind jetzt schon vier Kopftücher in der Klasse.“


5.
Draußen auf dem Schulhof suche ich nach Emely, Erhan stolziert an mir vorbei und tritt mir in den Weg.
„Wo ist Emely“, frage ich.
„Rauchen.“
„Ich könnte jetzt auch eine gebrauchen. Aber ich habe ja aufgehört.“
„Du hast wohl mit allem aufgehört?“ Er schlägt mit der Faust in seine flache Hand und grinst mir frech ins Gesicht.
Erhan, der Gockel, mit seinen feingerippten Unterhemden, die ihn zum türkischen Macho machen sollen, dabei sieht man einfach nur, dass die Löcher mit der Hand reingeschnitten sind. Stolziert hier rum auf dem Schulhof, den Brustkasten aufgeschwollen wie ein Masthähnchen.
„Hähnchen“, sage ich zu ihm, „pass auf, dass dich keiner in den Topf steckt.“
„Halts Maul, Nonne.“ Er spuckt auf den Boden, aber er bleibt neben mir stehen. „Was hat Leitner denn von dir gewollt? Meldet der dich jetzt?“
„Ist mir scheißegal.“
„Ist richtig.“
„Das ist richtig.“ Ich trete ihn voller Wucht gegen das Schienbein.
Erhan krümmt sich, hält mit beiden Händen das Schienbein fest und hüpft einbeinig herum.
„Ach schau mal an, ein Brathähnchen das tanzen kann. Kannst direkt in den Topf reintanzen, Brathähnchen.“
„Dumme Fotze“, brüllt er los, „du bist wirklich so ein bescheuertes Djihadweib.“
Ich bleibe vor dem hüpfenden Erhan stehen, stemme beide Hände in meine Seiten und lache. „Wenn du mich noch einmal so nennst, Feinripphähnchen, dann trete ich dich dahin, wos wirklich weh tut.“
Eine Traube bildet sich um uns. Irgendwo in der Menge steht Emely. Von hinten greift mich jemand um die Taille, an den Hintern, ganz fest, eine Stimme sagt, „ganz enge Muschis sollen sie haben, die Djihadweiber.“ Dann werde ich nach vorne gestoßen, direkt auf Erhan drauf. Mein Rock rutscht nach oben, meine Beine sind bloß, man kann bis zur Unterhose gaffen. Einer schreit: „Schnell Erhan greif zu bei deinem Schatz, bevor sie weg ist.“ Ich wälze mich von Erhan runter, streife den Rock über die Knie und reibe die schmerzenden Handgelenke. Von unten schaue ich auf die Beine der anderen, ich erkenne Emelys Schuhe, aber keine Hand streckt sich zu mir, um hochzuhelfen.
Als sich die Traube um mich herum auflöst, sehe ich durch die Beine der anderen Leitner, wie er auf uns zukommt. Sein Gesicht ist besorgt. Ich stehe schnell auf und gehe, bevor er mich noch einmal ansprechen kann.


6.
Als ich zur Tür reinkomme, ist mein Vater schon da. Er sitzt am Küchentisch und starrt auf die Tischplatte. Vor ihm steht ein Aschenbecher, randvoll mit Kippen. Er raucht sonst kaum.
„Wo kommst du jetzt her?“
„Ich war noch im Park und dann in der Moschee. War ein schwerer Tag heute.“
„Du gehst da nicht mehr hin. Es ist entschieden.“
„Das darfst du nicht verbieten.“
„Du bist ein Kind.“
„Und du hast nicht das Recht.“
Mein Vater schlägt mit der Hand auf den Tisch, so fest, dass der Schlag ein Echo in meinen Bauch wirft. Ich zucke zusammen. Mein Vater ist nie laut, nie.
„Dein Lehrer hat angerufen“, sagt er und sieht mich das erste Mal direkt an. In seinen Augen liegt etwas Eigentümliches, Schimmerndes. Wie damals, als Mutter ins Krankenhaus kam und der Arzt die Diagnose sagte. Mein Vater hat Angst. Aber vor welcher Diagnose? Ich bin doch gar nicht krank. Und dann weiß ich es, was anders ist als damals. Ich bin es, ich bin die Diagnose. Vor mir hat er Angst.
Ich gehe in mein Zimmer und schließe die Tür hinter mir.

 

Hallo JoBlack und feirefiz
ich noch mal.
Jetzt hat es doch noch mal in mir gearbeitet. Dieser Punkt, hier, Jo, und du fiz, monierst ja was Ähnliches, hat mich nicht losgelassen.

Was mir auch gefehlt hat, war Basimas Motivation zum Islam "neuzukonvertieren" - ja, Identitätssuche und bla. Aber was hält sie noch da? Man erlebt keinen einzigen positiven Moment, den sie mit dem Islam verbindet, da fragt man sich, wieso macht sie das? Ich will auch kein fanatisch-fundamentalistisches Zeug hören, ich möchte aber einfach nur eine winzig kleine Szene haben, wo der Leser versteht, ach so, deswegen ist sie zum Islam konvertiert. Im Grunde hast du hier uns nur die Negation gezeigt, nämlich, sie ist keine Italienerin oder Spanierin, egal, wie kurz der Rock ist oder wie blond die Strähnchen, aber eine Muslima wird man doch nicht einfach nur, wenn man Kopftuch trägt, also ich komme nicht hinter der Motivation. Du zeigst sie nur als Opfer und meinetwegen als Täter, aber nie wirklich als sie selbst, wie sie eigentlich denkt, was sie sich wünscht, warum sie glaubt, das im Islam zu finden, hat es etwas mit der toten Mutter zu tun, hat sie zuviele Nachrichten gelesen - was ist da los?
Da geht es ja nicht einfach darum, warum sie sich nun genau ein Kopftuch überstülpt, sondern ihr vermisst die andere Seite ihrer Veränderung, die positive Seite, das, was der Islam ihr bringt, das, warum sie die Blicke usw auf sich nimmt. Warum sie unbedingt den Islam ernster nehmen will als vorher. Ich denke nun, das brauchts, damit aus der Geschichte, die von der politischen Kritik am Generalverdacht gegen den Islam am Beispiel des Mädchens Basima die Geschichte über das Mädchen Basima wird.
Ich glaube, ich war in einer Rechtfertigungsschleife befangen, dass man doch politische Geschichten schreiben können soll darf muss. Soll man auch, :) sag ich mittlerwiele umso mehr, aber vielleicht wird sie ja noch besser, wenn es eben Basimas Geschichte ist, in die die Politik eingebettet ist.
Ich weiß es nicht, ob ich das schaffe, diesen Punkt rauszuarbeiten, muss ich mal ganz ehrlich sagen, ich habs überhaupt nicht mit dem Glauben, vielleicht geht eine Annäherung ja schon über ein paar Andeutungen. Ich weuß noch nicht mal, ob ich es schaffe, den Punkt zeitnah zu überarbeiten, und ob überhaupt. Aber ich wollte es euch auf jeden Fall mal wissen lassen, dass ich den Punkt mittlerweile ein bisschen anders sehe.
Viele Grüße von Novak

 
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Liebe Novak,

in einer idealen Welt würde ich nach der Geschichte auch alle Kommentare lesen, um möglichst nichts zu wiederholen und vielleicht auf einige Punkte in der Diskussion einzugehen. Aber das schaffe ich nicht - es tut mir leid, falls du jetzt ganz viel zu hören bekommst, was schon gesagt wurde, nur weil schon so viel gesagt wurde. :)

Vielleicht komme ich irgendwann dazu, mir auch die Kommentare genau anzusehen, und habe dann noch mehr zu sagen, aber ich fange jetzt einfach mal an mit einem Kommentar zur Geschichte, solange meine Leseeindrücke noch halbwegs frisch sind.

Bei einem Text, der sich mit einem kontroversen Thema auseinandersetzt, ist immer die Versuchung groß, das Thema zu kommentieren anstatt der Geschichte. Und natürlich habe ich dazu auch ein paar Gedanken ... die ich am besten gleich loswerde, dann kann ich mich unbelastet dem Text widmen. :)

Die problematische Einstellung vieler Leute gegenüber Muslimen hab ich neulich aufs Unschönste demonstriert bekommen. Oh-Ton zum Thema "im Leipziger Stadtteil Gohlis wird eine Moschee gebaut": "Stellt euch mal vor, wir würden in der Türkei, oder irgendso'nem Mullah-Land, ankommen und eine Kirche bauen, was da los wäre." Aaaargh. :sick:

Aber mir gehen selbst manchmal Dinge durch den Kopf, die ich lieber nicht denken würde, aber die Gedanken sind eben trotzdem vorhanden. Zum Beispiel, wenn ich muslimische Frauen mit Kopftuch sehe. Haben die sich das ausgesucht, oder werden sie von ihrem Vater/Ehemann/Imam dazu gezwungen? Halten die sich für moralisch überlegen und glauben, ich bin eine Schlampe, weil man meine Haare sehen kann?

Ich würde jederzeit einer Frau mit Kopftuch die Tür aufhalten oder helfen, den Kinderwagen in die Straßenbahn zu heben, und was man halt so an Nettigkeiten im öffentlichen Raum macht. Aber Anstarren und dabei was Blödes denken ... ist mir definitiv schon unterlaufen. Und andere Leute gehen halt noch viel schlimmer mit Menschen um, die deutlich als Angehörige von Minderheiten erkennbar sind, wie du es in der Busszene in deiner Geschichte zeigst.

Da auf der "Empfängerseite" zu sein, muss sich echt ziemlich beschissen anfühlen. Ich kann mir das schwer vorstellen, und das geht wahrscheinlich jedem so, der nicht selbst solche Erfahrungen gemacht hat. Aus dem Grund scheue ich mich davor, über so etwas zu schreiben - ich hab Angst "Fehler" zu machen, Minderheiten aus Unwissenheit irgendwas zu unterstellen.

Aber ich glaube, es ist gut, darüber zu schreiben. Auf jeden Fall bin ich froh, dass du darüber geschrieben hast. :)
Denn die Diskussionen darüber sind notwendig. Vorurteile wird man nicht los, wenn man das Thema einfach ausblendet. Und man darf die Diskussion darüber, warum junge Muslime fundamentalistisch und eventuell sogar gewalttätig werden, nicht den Idioten überlassen, die alle über einen Kamm scheren.

Jetzt aber! Zur Geschichte:

Was ich hier sehr beeindruckend fand, ist, dass du zwar in Ich-Form die ganze Zeit aus der Perspektive einer Figur erzählst, es aber trotzdem möglich ist, ihren Charakter ganz unterschiedlich zu interpretieren. Ich habe einerseits Basimas Wut über die Diskriminierung, der sie ausgesetzt ist, gut nachvollziehen können und an vielen Stellen ihren Argumenten zugestimmt, aber gleichzeitig teile ich die Sorgen ihres Vaters und ihrer Lehrer, dass sie sich verrannt hat und möglicherweise in einen gefährlichen ideologischen Sog geraten ist. Die Geschichte lässt offen, ob diese Sorgen berechtigt sind, und ich glaube, das ist effektiver, als wenn du eindeutig gesagt hättest: Basima wird zu Unrecht verdächtigt, eine Fundamentalistin zu sein oder Basima ist tatsächlich eine Fundamentalistin. Denn die Ungewissheit lässt einen nachdenklicher zurück.

Die Figuren und Dialoge fand ich - novaktypisch - sehr lebendig und überzeugend. Die Szenen sind gut gewählt, um bestimmte Dinge zu zeigen, und bilden einen gelungenen Spannungsbogen.

Was mir sonst noch aufgefallen ist, mache ich an Details im Text fest:

Wenn er auf Fahrgäste wartet, sitzt er ganz in sich zusammengefaltet da, damit seine Kollegen nicht sehen, was er liest. Neulich lag das Buch auf dem Beifahrersitz. Als er meinen Blick sah, hat er es schnell ins Handschuhfach geschoben. Wie einen Porno. Aber ist ja auch komisch, ein Libanese, der Thomas Bernhard liest, ich glaub, sowas mag noch nicht mal der Leitner, und der ist Deutschlehrer.

Dass er heimlich Sachen liest, die nicht mal der Deutschlehrer mag, finde ich toll, da steckt so viel drin.
Überhaupt finde ich den Vater super. Also das ist eine tolle Figur, über die man viel aus dem Text rauslesen kann, aber er wäre auch toll, wenn er eine lebende Person wäre. Wenn man aus einer Kultur stammt, wo von einem Familienvater erwartet wird, Autorität zu verkörpern, und wo die Ehre zum Teil vom Benehmen der Töchter abhängig gemacht wird, verdient das wirklich Respekt, wenn man es zulässt, dass ein Mädchen seinen eigenen Kopf hat und selbst Entscheidungen trifft. Aber Basima ist halt eigenwilliger, als ihm lieb sein kann.
Man spürt bei ihm auch in jeder Szene die Nervosität, den ganz starken Wunsch, sich anzupassen. Ich vermute, es hat ihm selber nicht besonders gefallen, als Basima in der Phase für blonde Strähnchen und Miniröcke war - aber vielleicht hat er es als Teil des "Deutschseins" verstanden und deshalb zugelassen. Minirock ist besser als Kopftuch, weil man so weniger auffällt.

Ich weiß sogar, dass ich religionsmündig bin. Deutsches Recht, Vater. Magst du doch so.
Ach, dieses Alter, wenn man so mit Klugscheißen anfängt. Das ist überall gleich schlimm für die Eltern, glaube ich. :D

Das macht er schon, seitdem Mama tot ist.
Seit wäre besser nach meinem Gefühl

Die U-Bahn ist voll heute, ich setze mich zu einer älteren Frau, die mich aus den Augenwinkeln mustert. Vielleicht glaubt sie, ich hätte das Selbstbewusstsein einer Stubenfliege? Warum denkt sie so schlecht über mich und warum denke ich, dass sie so denkt?
Da hab ich mich voll ertappt gefühlt. Man sieht das halt einem Kopftuch nicht an, ob es getragen wird, weil die Frau sonst Ärger bekommt oder weil sie es für sie ein Zeichen ihrer Identität ist. Trotzdem ist Anstarren blöd.

Der Mann wendet sich ganz langsam mir zu.
Das liest sich für mich nicht ganz glatt. Vielleicht: wendet sich ganz langsam zu mir um?

Ganz interessiert, als gäbe es draußen Berge.
Berge finde ich als Bild nicht so passend, die fesseln nicht unbedingt die Aufmerksamkeit. Ich würde etwas nehmen, was man richtig beobachtet - eine Theatervorstellung oder so.

Wäre dieser Kerl nur eine Gleichung mit vier Unbekannten, ich hätte kein Problem mit ihm, aber Betrunkene?
Das mit der Gleichung habe ich beim ersten Lesen nicht verstanden, weil bis zu der Stelle ihr Mathe-Faible noch nicht erwähnt wurde. Eventuell kannst du das schon eher andeuten, irgendwo im Dialog mit ihrem Vater oder so.

So lange ist das schon her mit unserer Freundschaft, da ist es ja kein Wunder, wenn sie neuerdings ein wenig durchscheinend geworden ist, so wie die Kleider der Puppen, mit denen wir als kleine Mädchen gespielt haben.
Der Vergleich hat mir sehr gefallen

Aber wenn ich Lehrerin werden will mit meiner Hischab brauchts erst eine Verfassungsklage?
Hidschab, braucht's

Es ist, ach Mädchen, warum trägst du plötzlich Kopftuch? Und dein Ausbruch eben. Das bist doch nicht du.
Die Szene mit dem Leitner finde ich auch sehr gut. Das ist ja eigentlich ein Lehrer, wie man ihn sich wünscht, der nicht Dienst nach Vorschrift schiebt, der beobachtet, was mit seinen Schülern los ist, und der versucht zu helfen. Aber aus Basimas Sicht macht er an der Stelle eigentlich alles falsch, was er falsch machen kann. Sie denkt, sie hat erst jetzt ihr wahres Ich gefunden, und da ist "das bist doch nicht du" natürlich das Ungünstigste, was er sagen könnte. Und dann hat sie ihn ja immer gern gehabt, das muss sich für sie wie ein Verrat anfühlen. :(

Zwingen dein Vater dich dazu?“
Zwingt
(Ich nehme an, das war ursprünglich "zwingen dich deine Eltern" - das wäre extra fies gewesen, wenn er nicht dran denken würde, dass ihre Mutter gestorben ist. Aber zum Leitner passt es besser, dass er das weiß, glaube ich.)

„Du bist die beste Matheschülerin, die ich jemals hatte.
Der unterrichtet aber ganz schön viele Fächer oder? Deutsch, Mathe und Politik?

„Ach Herr Leitner, es ist doch nur die Dschihab.
Hidschab

„Ich trage ja auch kein Kopftuch.“
Ich stutze. „Das würd auch ganz schön blöd aussehen zu Ihrem Bart.“
Aber vielleicht wäre das die Lösung! Wir ziehen einfach alle Kopftücher an. :D

Ich werde deine Eltern anrufen und die Sache der Schulleitung melden.
Hier würde ich dann konsequenterweise auch "deinen Vater" sagen. Ich stell mir den Leitner wirklich als jemanden vor, der ihre Familienverhältnisse kennt. Sie ist ja auch eine Lieblingsschülerin, denke ich, er wird schon wissen, dass die Mutter nicht mehr da ist.

Es ist ein Gefühl der Betäubung. Wie wenn man beim Zahnarzt ist, und man weiß genau, noch tuts nicht weh, aber gleich kommt der Schmerz.
Auch sehr schön beschrieben.

„Die werden immer mehr. Bei mir sind jetzt schon vier Kopftücher in der Klasse.“
Autsch. Ich kann mir vorstellen, dass die Lehrerin das nicht mal sonderlich böse meint, das ist einfach so eine beiläufige Bemerkung an die Kollegin. Aber es ist eigentlich immer ein Zeichen, dass was falsch läuft, wenn die Sprache jemanden entmenschlicht, z.B. wenn das statt Mädchen auf einmal "Kopftücher" sind.

„Wenn du mich noch einmal so nennst, Feinripphähnchen, dann trete ich dich dahin, wos wirklich weh tut.“
wo's

Die Geschichte war sicher nicht einfach zu schreiben. Man merkt es beim Lesen schon, dass sie "konstruiert" ist, also in dem Sinne, dass die Szenen jeweils sehr gezielt etwas bestimmtes zeigen sollen, und dass die Figuren oft stellvertretend für etwas stehen. Wenn so etwas zu vordergründig ist, kann es leicht störend wirken, aber bei dir ist es das nicht. Für mich ist die Geschichte stimmig, und ich habe viel Sympathie für die Figuren entwickelt, die wirken auch auf mich alle lebendig. Die erste Szene mit dem Vater und das Gespräch mit Leitner sind für mich am stärksten, der Rest kann da nicht ganz mithalten - aber insgesamt ist es eine runde Geschichte, die ich sehr gern gelesen habe und über die ich noch eine Weile nachdenken werde.

Grüße von Perdita

Edit
Ach so, was ich noch sagen wollte: Mit dem Titel bin ich nicht so ganz glücklich. Die Geschichte lässt es offen, ob Basima Gefahr läuft, sich Fundamentalisten anzuschließen, das ist Interpretationssache, und das ist ja wie gesagt ein Aspekt, der mir an der Geschichte sehr gut gefallen hat. Aber der Titel drängt einem schon eine bestimmte Interpretation auf. Das Fragezeichen "neutralisiert" das zwar ein bisschen, aber nach meinem Gefühl hält der Titel die Balance nicht so gut wie der Text. Ich habe aber auch keinen besseren Vorschlag, also ... ist es letztlich bloß Gemäkel. :)

 

Hallo Novak,

nach dem Lesen des Titels und Anfangs deiner Geschichte habe ich ein 'Betroffenheitsstück' befürchtet. Diesem literarischen Schicksal bist du aber allein schon dadurch entgangen, dass du keine 'Migranten-Mary Sue' geschaffen hast. Der Wandel, den Basima von der Angepassten zur (offenbar) Sinnsuchenden vollzogen hat - und der selbstverständlich noch lange nicht abgeschlossen ist -, hat ihr allein im täglichen Umgang mit ihren Mitmenschen viele Steine in den Weg gelegt. Sie vermag nicht, frei von äußeren Zwängen, den Blick nach innen zu wenden und sich selbst zu finden, sondern führt vielmehr einen permanenten Zwei-Fronten-Krieg: den gegen die Ungewissheit und den Wunsch, sich besser kennen zu lernen, und jenen gegen Vorurteile, die in den unterschiedlichsten Gewändern daherkommen.

Und mit Gewändern liefere ich mir selbst auch schon eine Steilvorlage. Ich lese deine Geschichte nämlich als das Scheitern der Interaktion zwischen verschiedenen Maskierten: Leitner macht einen auf hip & cool, der Besoffene kann jede Verantwortung für seine unbedachten Aussagen hinter seiner Bierfahne verbergen, Erhan plustert sich auf, um von welchen Komplexen auch immer abzulenken und selbst Basimas Vater lebt seinen Fahrgästen eine beständige Fassade vor.

Sofern Bassima nicht versucht, ein Trauma zu verwinden, sagt sie sich von den schulimmanenten Stereotypen/Schubladen los, in die fast jeder passt und gegen die sich kaum jemand sträubt, um herauszufinden, ob es eventuell die Zuwendung hin zur Religion ist, die ihr Erkenntnisse und innere Ausgeglichenheit verschaffen kann.

Nachdem ich auch schon deine Gartengeschichte gelesen habe, erkenne ich in deinem Werk ein gewisses Faible für die Ornithologie - und es gibt wahrlich banalere wiederkehrende Motive. ;)
Sofern du hier nicht auf einen Aspekt der islamischen Mythologie/Mystik zurückgreifst, den ich erst googlen müsste, sehe ich in dem Vogel schlicht eine Repräsentation des Freiseins, für das Basima mit ihren eigenen Waffen kämpft. Da sie jedoch als gebildet, geistreich und schlagfertig dargestellt wird, gehe ich davon aus, dass der Titel einzig als provokativer Aufhänger zu deuten ist, und sie sich nie ernsthaft mit dem Gedanken tragen wird, sich ISIS anzuschließen.

Was die letzten beiden Abschnitte angeht, so bin ich der Ansicht, dass du sie nicht unnötig weiter strecken müsstest. Die Eskalationen lassen sich schließlich erahnen.

Unterm Strich habe ich es wieder einmal nicht bereut, mir eine deiner Geschichten zu Gemüte geführt zu haben. Vielen Dank für die Kurzweil.

 

Hallo tutorialslave und Hallo (au weia) Perdita

Kreisch sagte ich, als ich gerade deinen wunderschönen Kommentar, Tutorialslave, las und dann noch so (echt zufällig) ein bisschen hochgescrollt bin, und dann einen Kommentar von Perdita fand, den ich überhaupt nie gelesen hatte, geschweige denn beantwortet.
Oahhh Mann, das tut mir echt Leid, ich weiß es nicht, wie das passieren konnte, Perdita.
Von daher, tutorialslave, bin ich grad doppelt dankbar, dass du mir was geschreiben hast.
Ich schreib morgen, spätestens übermorgen die Antwort, ich wollt nur schon mal Bescheid geben, diesmal hab ich es gelesen!!!!!!

Vielen Dank euch beiden für die wunderbaren und nachdenklichen Kommentare. Ich bin echt grad hocherfreut.
Viele Grüße von Novak

 

Liebe Perdita

erst mal muss ich dir sagen, wie Leid mir das tut, dass du so lange auf eine Antwort warten musstest. Ich weiß einfach nicht, wie das kommt, aber mir passiert das in der letzten Zeit total häufig, dass ich Sachen überlese, ich scroll zwar schon nach unten, aber ich überseh das trotzdem manchmal. Gerade bei meinen eigenen Geschichten.
Hier war es so, dass ich einfach vergessen hab, dir zu antworten. Ich hatte deine Antwort nämlich doch schon gelesen, Mann, sogar das hatte ich nicht mehr im Kopf, ich habs heute (gerade eben) daran gemerkt heute, dass ich sogar schon längst Änderungen von dir eingefügt hatte in meinen Original-Text. Und zwar ziemlich, ziemlich viele. Ob das nun das seitdem ist, was ich durch seit ersetzt habe, oder ein fehlender Buchstabe. Oder die Eltern, von denen du ganz richtig bemerkt hattest, dass es in den ersten Versionen noch zwei Elternteile gab.
Ich habs gerade eben gemerkt, als ich den Kram ersetzen wollte, den du gesehen hast. Mann. Nur dann hab ich dir nicht mehr geantwortet und auch fest gedacht, alles wäre erledigt und nichts mehr zu tun. So fest hatte ich das abgespeichert, dass ich zunächst glaubte, deinen Kommentar überlesen zu haben. Das war jetzt richtig ein bisschen unheimlich, wie sehr mir das Gedächtnis einen Streich gespielt hat. Hoffenltich werden Geschichten, die man schreibt, nicht wahr und ich nähere mich gerade der Frieda an. Aus meiner Alzheimergeschichte. Mann.
Was ich nicht mehr ersetze, das sind solche Sachen wie fehlende Apostrophe in Umgangssprache. Zum Beispiel sowas wie „glaubs oder glaubs nicht“. Ich finde, das ist mittlerweile so durch Umgangssprache angeglichen, ich lass die Strichelchen da jetzt einfach weg. Aber ich prüfs trotzdem noch mal nach, wollte ich schon immer mal machen.
Die Bergalternative und auch eine Vorinfo zu dem Mathemädchen pfleg ich auch noch ein, das hab ich noch nicht gemacht.


Bei einem Text, der sich mit einem kontroversen Thema auseinandersetzt, ist immer die Versuchung groß, das Thema zu kommentieren anstatt der Geschichte.
Da ist was dran. Merkt man ja an sich selbst. Und man würde ja auch selbst keine Texte schreiben, die einen bestimmten Inhalt haben. Also das ist definitiv ein Anlass für das Diskutieren da.

Aber mir gehen selbst manchmal Dinge durch den Kopf, die ich lieber nicht denken würde, aber die Gedanken sind eben trotzdem vorhanden. Zum Beispiel, wenn ich muslimische Frauen mit Kopftuch sehe. Haben die sich das ausgesucht, oder werden sie von ihrem Vater/Ehemann/Imam dazu gezwungen? Halten die sich für moralisch überlegen und glauben, ich bin eine Schlampe, weil man meine Haare sehen kann?
Damit bist du ja gar nicht alleine. Ich finde das übrigens sehr ehrlich und mutig, wenn du das schreibst. Mir geht das im Prinzip auch nicht anders. Ich hab ja viel gelesen, im Netz gestöbert, Talkshows gesehen, ich glaub das war maischberger, wo es diese sehr belesene Frau mit Hidschab gab, die die Verhüllung für ein Zeichen der Emanzipation ausgegeben hat. Mir dreht sich da immer der Magen um und es kommt mir vor wie der Sklave, der die Meinung seines Herren nachplappert. Aber das nützt ja nichts. Du und ich, wir können mit der Verhüllung nichts anfangen, weil wir hier geboren sind, weil wir sie für überkommen halten. Aber es wird halt auf der anderen Seite auch mehr aus dem Kopftuch gemacht, da wird es auf einmal ein Symbol für die prinzipielle Infragestellung einer Religion. Ich finde das auch manchmla ganz schön schwierig, das zu unterscheiden.


Da auf der "Empfängerseite" zu sein, muss sich echt ziemlich beschissen anfühlen. Ich kann mir das schwer vorstellen, und das geht wahrscheinlich jedem so, der nicht selbst solche Erfahrungen gemacht hat. Aus dem Grund scheue ich mich davor, über so etwas zu schreiben - ich hab Angst "Fehler" zu machen, Minderheiten aus Unwissenheit irgendwas zu unterstellen.
Diese Angst hatte ich auch. Hab zwar viel gelesen und geguckt, aber die Angst bleibt ja trotzdem. Ist ein bisschen wie der Sprung in sehr kaltes Wasser.

Was ich hier sehr beeindruckend fand, ist, dass du zwar in Ich-Form die ganze Zeit aus der Perspektive einer Figur erzählst, es aber trotzdem möglich ist, ihren Charakter ganz unterschiedlich zu interpretieren. Ich habe einerseits Basimas Wut über die Diskriminierung, der sie ausgesetzt ist, gut nachvollziehen können und an vielen Stellen ihren Argumenten zugestimmt, aber gleichzeitig teile ich die Sorgen ihres Vaters und ihrer Lehrer, dass sie sich verrannt hat und möglicherweise in einen gefährlichen ideologischen Sog geraten ist.
Das fand ich schön, das zu lesen. Denn das war mir wichtig, dass sich ein buntes Bild ergibt. Dass man nicht so eindeutig sagen kann, so ist die Basima, so wird sie werden, der Vater hat Unrecht. Manchmal greifen ja Dinge auf so eine unbewusste und tragische Weise ineinander, da meint es jeder gut, oder will vielleicht auch nur bisschen Spaß, wie die Kids auf dem Schulhof. Aber auch die denken ja nicht an die Konsequenzen ihres „Spaßes“. Und trotzdem endet es dann auf einmal in einem fürchterlichen Desaster.
Die Geschichte lässt offen, ob diese Sorgen berechtigt sind, und ich glaube, das ist effektiver, als wenn du eindeutig gesagt hättest: Basima wird zu Unrecht verdächtigt, eine Fundamentalistin zu sein oder Basima ist tatsächlich eine Fundamentalistin. Denn die Ungewissheit lässt einen nachdenklicher zurück.
Ja, es kam mir ja auch auf die Ungewissheit an. Ich sehe sie zwar nicht bei IS landen, aber ich wollte mit der Geschichte schon auch auf den den Generalverdacht hinweisen und darauf, dass es genau diese Mechanismen (wie da in der Gesch. beschrieben) sind, die jemanden in die Enge treiben können. Das war es, was ich hoffte, auszudrücken.

Die Figuren und Dialoge fand ich - novaktypisch - sehr lebendig und überzeugend. Die Szenen sind gut gewählt, um bestimmte Dinge zu zeigen, und bilden einen gelungenen Spannungsbogen.
Juchhu!!! Das klingt aber wunderschön. Dickes Lob und rote Backen bei Frau Novak.

Überhaupt finde ich den Vater super. Also das ist eine tolle Figur, über die man viel aus dem Text rauslesen kann, aber er wäre auch toll, wenn er eine lebende Person wäre. Wenn man aus einer Kultur stammt, wo von einem Familienvater erwartet wird, Autorität zu verkörpern, und wo die Ehre zum Teil vom Benehmen der Töchter abhängig gemacht wird, verdient das wirklich Respekt, wenn man es zulässt, dass ein Mädchen seinen eigenen Kopf hat und selbst Entscheidungen trifft. Aber Basima ist halt eigenwilliger, als ihm lieb sein kann.
Das finde ich auch, dass der toll ist. Ich mag den richtig gerne. Und kein Wunder ja auch, dass die Basima, so eigenwillig die auch sein mag, den Vater liebt. Umso schwerer ist das natürlich zu ertragen, wenn man in den Augen des gelibten Vaters Angst vor sich selbst lesen muss.

Man spürt bei ihm auch in jeder Szene die Nervosität, den ganz starken Wunsch, sich anzupassen. Ich vermute, es hat ihm selber nicht besonders gefallen, als Basima in der Phase für blonde Strähnchen und Miniröcke war - aber vielleicht hat er es als Teil des "Deutschseins" verstanden und deshalb zugelassen. Minirock ist besser als Kopftuch, weil man so weniger auffällt.
Ja, so ähnlich hatte ich mir das gedacht. Schön, dass das auch so rauskommt.


Da hab ich mich voll ertappt gefühlt. Man sieht das halt einem Kopftuch nicht an, ob es getragen wird, weil die Frau sonst Ärger bekommt oder weil sie es für sie ein Zeichen ihrer Identität ist. Trotzdem ist Anstarren blöd.
Naja, ist von beiden Seiten aus blöd. Wenn ich das von jemand Fremdem gelesen hätte, klar, ich hätte mich auch ertappt gefühlt. Aber umgedreht ists es ja auch ein bisschen albern. Sie unterstellt ja recht schnell, dass der Blick negativ gemeint ist. Reflektiert das dann ja auch. Also das gibt’s ja, dass man anderen Menschen auch ein Vorurteil unterstellt, das die gar nicht haben. Und dann wird jeder Blick, jede Reaktion genau in die Richtung gebogen, die man von n vorneherein eh schon im Kopf hatte.


Die Szene mit dem Leitner finde ich auch sehr gut. Das ist ja eigentlich ein Lehrer, wie man ihn sich wünscht, der nicht Dienst nach Vorschrift schiebt, der beobachtet, was mit seinen Schülern los ist, und der versucht zu helfen. Aber aus Basimas Sicht macht er an der Stelle eigentlich alles falsch, was er falsch machen kann. Sie denkt, sie hat erst jetzt ihr wahres Ich gefunden, und da ist "das bist doch nicht du" natürlich das Ungünstigste, was er sagen könnte. Und dann hat sie ihn ja immer gern gehabt, das muss sich für sie wie ein Verrat anfühlen.
Definitiv. Die ist schon sehr auf so Vaterfiguren spezialisiert, die Basima. Auch wenn sie ihn mit einer gewissen Mitleidlosigkeit betrachtet. Ihren Leiti. Aber dass der sie eben (für sie) so im Stich lässt, das ist tatsächlich ein Verrat.

Der unterrichtet aber ganz schön viele Fächer oder? Deutsch, Mathe und Politik?
Gesamtschullehrer. Mehr sag ich dazu nicht.


„Die werden immer mehr. Bei mir sind jetzt schon vier Kopftücher in der Klasse.“
Autsch. Ich kann mir vorstellen, dass die Lehrerin das nicht mal sonderlich böse meint, das ist einfach so eine beiläufige Bemerkung an die Kollegin. Aber es ist eigentlich immer ein Zeichen, dass was falsch läuft, wenn die Sprache jemanden entmenschlicht, z.B. wenn das statt Mädchen auf einmal "Kopftücher" sind.
Du wirst lachen, der Spruch ist Originalton. Ich sag nicht, woher ichs habe, aber ich hab mich wie du immer darüber aufgeregt. Es ist das Verallgemeinernde und das zur Sache Machen eines Menschen. Entmenschlichen trifft es noch eher. Das ist ein prinzipiell abwertendes Urteile und hat auch nichts damit zu tun, was man denn nun für oder gegen Hidschab hat. Schon ziemlich schlimm.

Die Geschichte war sicher nicht einfach zu schreiben. Man merkt es beim Lesen schon, dass sie "konstruiert" ist, also in dem Sinne, dass die Szenen jeweils sehr gezielt etwas bestimmtes zeigen sollen, und dass die Figuren oft stellvertretend für etwas stehen. Wenn so etwas zu vordergründig ist, kann es leicht störend wirken, aber bei dir ist es das nicht. Für mich ist die Geschichte stimmig, und ich habe viel Sympathie für die Figuren entwickelt, die wirken auch auf mich alle lebendig. Die erste Szene mit dem Vater und das Gespräch mit Leitner sind für mich am stärksten, der Rest kann da nicht ganz mithalten - aber insgesamt ist es eine runde Geschichte, die ich sehr gern gelesen habe und über die ich noch eine Weile nachdenken werde.
Wow, das ist cool, das zu lesen, du hast Recht, das ist schon konstruiert, das hatte ich mir vorher im Aufbau recht genau überlegt, wie ich das haben will. Und klar, das kann in die Hose gehen, weil man das Prinzip zu stark merkt.


Ach so, was ich noch sagen wollte: Mit dem Titel bin ich nicht so ganz glücklich. Die Geschichte lässt es offen, ob Basima Gefahr läuft, sich Fundamentalisten anzuschließen, das ist Interpretationssache, und das ist ja wie gesagt ein Aspekt, der mir an der Geschichte sehr gut gefallen hat. Aber der Titel drängt einem schon eine bestimmte Interpretation auf. Das Fragezeichen "neutralisiert" das zwar ein bisschen, aber nach meinem Gefühl hält der Titel die Balance nicht so gut wie der Text. Ich habe aber auch keinen besseren Vorschlag, also ... ist es letztlich bloß Gemäkel. :)
Naja, ich kann das schon ein bisschen nachvollziehen, was dich da stört. Es ist ein bisschen sehr zielgerichtet. So nach dem Motto: Seht her, das sind die Gründe, weshalb junge Leute nach Syrien gehen/könnten. Aber noch bin ich da störrisch, denn der Titel hat ja auch durch seine Provokantheit andere Vorzüge.
Aber wer weiß, wie das mit der Sturheit in einiger Zeit aussieht, wenn noch ein paar Leute und einfach die Zeit den Titel annagen. :D
Liebe Perdita, tausend Dank für das Lesen, für deine schöne Interpretation und für dein Einlassen auf den Text. Ich merk das jedes Mal, wenn ich Kommentare von dir lese, wie sehr du es schaffst, dich auf fremder Leut Texte einzulassen und deren Intention nachzuspüren. Das ist dann wahnsinnig hilfreich, weil man deinem Lesen ungeheuer viel entnehmen kann.
Bis die Tage und alles Gute
Novak


Hallo tutorialslave

nach dem Lesen des Titels und Anfangs deiner Geschichte habe ich ein 'Betroffenheitsstück' befürchtet. Diesem literarischen Schicksal bist du aber allein schon dadurch entgangen, dass du keine 'Migranten-Mary Sue' geschaffen hast.
Hehe, ich wusste ja noch nicht mal, was oder wer eine Migranten-Mary Sue ist, aber es klingt scheiße. Was ein Glück, dass ich das noch abwenden konnte. Dem, was du danach geschreiben hast, kann ich nur zustimmen. War schön, das zu lesen, denn so war es gemeint.

Und mit Gewändern liefere ich mir selbst auch schon eine Steilvorlage. Ich lese deine Geschichte nämlich als das Scheitern der Interaktion zwischen verschiedenen Maskierten: Leitner macht einen auf hip & cool, der Besoffene kann jede Verantwortung für seine unbedachten Aussagen hinter seiner Bierfahne verbergen, Erhan plustert sich auf, um von welchen Komplexen auch immer abzulenken und selbst Basimas Vater lebt seinen Fahrgästen eine beständige Fassade vor.
Das ist eine interessante Idee. Ich hab/hatte das natürlich nie intendiert, aber du hast recht, da gibt es ziemlich viele Fassaden in dem text. Ich glaube, das liegt auch daran, dass das Thema Schein und Sein ja auch ein sehr existenzielles Thema ist. Eigentlich bewegt man sich ständig um solche Fragen herum, wenn man mal von den grundsätzlichen Nordurften des Lebens befreit ist.


Nachdem ich auch schon deine Gartengeschichte gelesen habe, erkenne ich in deinem Werk ein gewisses Faible für die Ornithologie - und es gibt wahrlich banalere wiederkehrende Motive. ;)
Hihi, ich mein, ich hör ganz gern das Gezwitscher, wenn nicht gerade eine Elster oder eine Krähe dazwischenblökt. Aber ansonsten hab ich so viel mit der Ornithologie am Hut wie mit einem Goldfischzuchtverein. Also gar nichts. Ich weiß jetzt auch nicht, wie sich die Biester immer wieder in meine Geschichten reinstehlen.
Sofern du hier nicht auf einen Aspekt der islamischen Mythologie/Mystik zurückgreifst, den ich erst googlen müsste, sehe ich in dem Vogel schlicht eine Repräsentation des Freiseins, für das Basima mit ihren eigenen Waffen kämpft.
Nee, garantiert kein Aspekt der islamischen Mythologie. Eher Symbol für das Davonfliegen, das Entkommen aus einer unerträglichen Situation.

Da sie jedoch als gebildet, geistreich und schlagfertig dargestellt wird, gehe ich davon aus, dass der Titel einzig als provokativer Aufhänger zu deuten ist, und sie sich nie ernsthaft mit dem Gedanken tragen wird, sich ISIS anzuschließen.
Im Prinzip ja, als provokanter Aufhänger, aber schon auch ein bisschen mehr, Beschreiben, wie jemand in die Enge getrieben wird. Hab weiter oben in der Antwort an Perdita auch was dazu geschrieben.

Was die letzten beiden Abschnitte angeht, so bin ich der Ansicht, dass du sie nicht unnötig weiter strecken müsstest. Die Eskalationen lassen sich schließlich erahnen.
Ja, das sehe ich auch so. Ich denke, das wäre dann auch des Guten zuviel.

Unterm Strich habe ich es wieder einmal nicht bereut, mir eine deiner Geschichten zu Gemüte geführt zu haben. Vielen Dank für die Kurzweil.
He, wie schön. Ich freu mich sowas von!!! Kurzweil ist gut. Ist ja immerhin das Gegenteil von Langweil.

Vielen lieben Dank für dein Lesen, deine Gedanken zum Text. ich hab mich total gefreut.
Bis die Tage
Novak

 

Hey Novak,

das ist eine sehr gut geschriebene Geschichte und ich hab sie (schon seit längerem) echt sehr gerne gelesen, und vom Plotaufbau oder der Sprache her habe ich echt nichts auszusetzen, aber ...

Ja, das große Aber: Sie ist für mich nicht 100% authentisch. Also dieser Prozess von Basima, durch den sie zu dieser Figurenentwicklung gebracht wird, der ist schon nachvollziehbar ... aber für mich ist das eben nicht ganz authentisch.
Das hat jetzt auch gar nichts mit Gutmenschentum oder sowas zu tun, aber die Dinge, die hier in deiner Geschichte passieren, habe ich so nie mitbekommen: Dass Muslima in der Öffentlichkeit von Einzelnen wegen ihres Kopftuchs so direkt angepöbelt werden (schiefe Blicke meine ich nicht damit), und dass sie in der Schule deswegen gemobbt wird - das findet nach meinem Erfahrungsschatz leider so in der Realität nicht statt. Ich meine, ich komme daher, wo viele Ausländer wohnen und ich habe selbst in der Schule früher immer min. 1-2 Mädchen mit Kopftuch in der Klasse gehabt, einige auf dem Pausenhof gesehen, und dann noch so in meiner Stadt und U-Bahn und Bus und so sehe ich oft welche ... aber das, was hier passiert, habe ich nie beobachtet, und deswegen fühlt es sich für mich "unauthentisch" an, was da in deiner Story passiert.
Bei uns war es eher immer so, dass deutsche, ich sag mal: "normale" Mädchen, zu solchen Mädchen, die wie Basima sind, eher gesagt haben: Finden wir gut, dass du dich dafür entscheidest, Kopftuch zu tragen, ist mutig. Und von den Lehrer hat sich niemand getraut, da irgendetwas zu sagen, weil sonst wahrscheinlich die Hölle losgebrochen wäre. Es gab da mal einen, der hat zu einem Mädchen bei uns im Viertel gesagt, sie werde indirekt doch von ihrer Familie und Umfeld dazu gezwungen ... aber der wurde dann sogar getadelt von der Schulführung und war irgendwie bei allen unten durch. Ja, viele denken so, wie der Besoffene aus deiner Geschichte in der U-Bahn, aber die allerallermeistens (die jetzt keine Springerstiefel-Nazis sind) trauen sich das überhaupt nicht, das zu direkt zu einem Moslem sagen - außer sie sind dann in irgendeinem Wutbürger-Pegida-Mob unterwegs, dann lassen sie halt da alles raus, was sie sich sonst nicht trauen.

Also das ist so meine persönlich Erfahrung.
Ich wünschte, es wäre wirklich so durchschaubar, was die Motivation für Radikalisierung ist, wie in deiner Geschichte. Aber ich glaube, das passiert viel indirekter, viel subtiler, diese Art "Mobbing", die dann dazu führt. Das sind so Dinge wie dass man bei Bewerbungen einfach skurrile Absagen bekommt, obwohl man besser qualifiziert ist als andere, nur weil man einen türkischen Nachnamen hat. Dass einen die anderen Mädchen aus der Klasse einfach nicht anschauen, nirgends einladen, aber die sagen nicht: Wegen dem Kopftuch, die lächeln und sagen dann: Ups, dich haben wir vergessen, sorry!, weil sie ja keine Nazis sein wollen. Oder der Chef bei dieser Zeitarbeitsfirma, bei der ich neulich gearbeitet habe: Da sind ungefähr 50% Deutsche und 50% Ausländer beschäftigt. Den Deutschen fährt er nach der Schichten ihre Verträge vorbei und gibt ihnen die besseren Arbeiten, den Ausländern kündigt er fristlos, wenn die mal während der Arbeitszeit zum Zahnarzt wollen. Ich denke halt, dass es diese subtile Art der Schikanierung und des Mobbings ist, das zu Frust und Hass und Verschwörungstheorien und Absonderung und Radikalisierung führt, und sehr viel weniger direkte, öffentliche.
Sorry, wenn ich jetzt Punkte, die schon genannt wurden, nochmals gesagt habe, du hast schon so viele Kommentare für die Story bekommen, ich konnte die jetzt echt nur überfliegen.

Aber trotzdem gern gelesen, wie gesagt!

Viele Grüße,
zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo maria.meerhaba

das ist ein gefährliches Thema, an das du dich da ranmachst. Wehe du enttäuschst mich.
Das befürchte ich schon, seit ich die story geschrieben habe. Gerade vor dir und Jo hab ich da mehr als Respekt gehabt, ich mein, ihr seid da einfach die Profis, rein lebensmäßig und so, hast ja gemerkt, ich hatte mich ja schon verschrieben in der ersten Fassung und aus dem Hidschab einen Dschihab gemacht, so schnell konnt ich gar nicht gucken. Da hilft das ganze Recherchieren nichts, da macht man trotzdem dauerns Fehler. Furchtbar.

Du kannst noch so sehr im Dreck wühlen für deinen Job, aber die Hände müssen sauber sein.
Das hast du glatt von meinem Vater geklaut
Von wegen. Ich glaube, das haben viele Väter an sich.
Die Textstelle nehm ich mal grad als Beispiel, um dir zu sagen, dass ich mich total gefreut hab über die Stellen, die dir gefallen. Ich find das immer total schön, wenn mir solche Sachen zurückgemeldet werden. Normalerweise macht mans ja immer umgekehrt und listet den Fehlerkram auf. Nee, Schönestellenlisten sind definitiv was Feines.

als sie im Julikrieg von israelischen Fliegern zu Matsch gebombt wurde.
Das ist zu extrem finde ich. Ich meine, wenn ich über eine Person denke, die ich lieb hatte und die aus irgendeinem Grund gestorben ist, würde ich sie in meinen Beschreibungen nicht gerade „zermatschen“, sondern irgendwie ein Wort verwenden, dass mehr Wut besitzt, aber dennoch nicht den Körper der geliebten Person missbraucht. Wie wäre es mit „ermordet“? Oder einfach nur den Matsch streichen. Ja, ja, ist nur meine Meinung, musst du ja nicht gleich übernehmen.
Ja, da ist was dran, an dem, was du schreibst. Was ich wollte, war ja gerade die Wut ausdrücken, gerade durch das „zu Matsch“. Das sollte die Rücksichtslosigkeit des Kriegs, des Bombardements zeigen. Ich bin mir da jetzt unschlüssig, ob ermordet das auch so ausdrückt. Ich überleg aber, da kannst du sicher sein. Irgendwie triffst du da was.

„Zwingen dein Vater dich dazu?“
Boom, Fehler, ich bin sooo cool
Ja, Boom, find ich auch, ich dachte, ich hätte jetzt mal alle Fehler eingesammelt. Aber wieder nix. Fehler sind einfach kleine Säcke, die es schaffen, immer wieder zu entkommen. Ich frag mich, wie die das machen. Ob es so ein paar Ritzen im Rechner gibt, wo die dann immer in der Nacht rauskrauchen und sich um die Buchstaben wickeln? Ein hartnäckiges Zeug ist das.

Den Titel finde ich nicht richtig. Irgendwie wie ein Vorurteil. Ticket nach Syrien, nur weil sie zu einer Muslima mutiert ist? Das ist mir echt zu wenig. Es mag schon sein, dass das der Wahrheit entspricht, aber dafür fehlt mir einfach zu viel in der Geschichte, um diesem Titel gerecht zu werden. Natürlich kannst du es lassen, ist ja deine Geschichte, aber sie kann auch mehrere andere Gründe dafür haben. Menschen werden nun mal auch so gläubig.
Ja klar (letzter Satz jetzt des Abschnitts) , das ist es ja, Menschen werden gläubig. Und gehen nicht nach Syrien. Warum sollten sie auch. Aber wenn ihnen jeder Rückzug genommen wird, wenn man diese religiöse Wendung überhaupt nicht ernst nimmt, sondern unter Verdacht und Misstrauen stellt, dann geht es diesem Menschen schlecht. Und dann kann das / könnte das vielleicht auch anders ausgehen. Die Geschichte will ja nicht sagen, wer religiös wird, geht nach Syren, sondern er will diese fatale Gleichsetzung von Hinwendung zur Religion, kritschem Nachfragen und Veränderung in der Pubertät mit einer Art Miniaturkeimzelle zu einem neuen IS-Konvertiten kritisieren, um das mal so plakativ zu sagen. Die ständige misstrauische Bespechtung von Leuten, auf die zwei drei vier Merkmale angeblicher oder tatsächlicher Gefährdung zutreffen, ein wenig angreifen. Und der Titel sollte diese Irritation und Überlegung stützen.

Ja, den Vater mag ich übrigens auch furchtbar gerne. Und schön, dass dir auch das Väterliche von dem Lehrer aufgefallen ist.

Jedoch bei der Freundin musste ich den Kopf schütteln. Das war mir schon irgendwie extrem, als sie die Attacke einfach so hinnimmt, ohne an die jahrelange Freundschaft zu denken. Irgendwie kalt und unpassend. Ich hätte zumindest geschrieben, dass sie etwas besorgt wirkt, aber dennoch nichts unternimmt oder so. Halt irgendwas, das die Freundschaft nicht einfach so verpuffen lässt.
Okay, das überleg ich mir, es gab ja auch schon ein paar andere, die das etwas zu viel fanden. Vielleicht ist das ja ein schöner Kompromiss, was du da vorschlägst, also das gefällt mir grad richtig gut.
Den Daumen hoch nehm ich mit Kusshand an, liebe Maria
Vielen Dank fürs Lesen und Korrekturtipps geben und überhaupt. Und eine gute Gelegenheit, dir zu sagen: Schreib mal wieder.
Viele Grüße und bis denn.
Novak

Hallo zigga

ja, bei solchen Einleitungen zucke ich mittlerweile innerlich schon immer zusammen. Nein, Spaß, es ist ja als Lob gemeint, und so kommt es auch an und nicht nur als Abmilderung des großen Abers.
Das Problem ist hier nur, dass ich da so wenig zu deinem feedback sagen kann. Ich finde du hast Recht, und du hast auch wieder nicht Recht.
Du schreibst ja, es sei für dich nicht wirklich authentisch, weil du Pöbeleien etc. so nicht mitkriegst. Ich glaube dir das sogar. Aber ich hab zwei Sachen dazu.
Ich glaube, es sind zwei völlig verschiedene paar Schuhe, ob man selbst in Verhüllung z. B durch die Stadt geht, oder ob man nur ein Neutraler ist, ein Mensch, der eben hin und wieder mal sieht, wie ein Mensch in Verhüllung durch die Straßen geht. Ich bin mir sehr sicher, dass die Erfahrungen beide Male sehr unterschiedlich sind. Also will sagen, ich behaupte mal, dass du vieles gar nicht mitkriegst. Mal ganz davon abgesehen, dass der Pöbler in meiner Geschichte ein Betrunkener war.
Die Beispiele, die in meiner Geschichte vorkommen, entstammen allesamt Recherchen. Den Vater und den Lehrer gibt’s so natürlich nicht, auch nicht die Szene auf dem Schulhof, aber was ihr da in der U-Bahn widerfährt und auch die Sprüche z. B. von den Lehrerinnen, das sind abgewandelte, verfremdete Recherchen. Und zum Teil, das betrifft die schulische Seite, das Gespräch mit dem Lehrer, der Pausenhof, zwar nicht unmittelbaren Ereignissen, aber eigenen Erfahrungen. Also ich hab dann einfach Schwierigkeiten, wenn mir gesagt wird, das sei nicht authentisch. Vielleicht hab ichs ja unauthentisch umgesetzt, ich weiß es einfach nicht. Aber für mich ist die Realität hinter dieser Geschichte sehr authentisch. Warum das jetzt in deiner Wahrnehmung und meiner so klafft, ich weiß es nicht. Im Zweifelsfall ist der Autor schuld. :)
Der zweite Punkt, auf den ich dich aufmerksam machen will, ist die Veränderung, die sich durch diverse terroristische Gewaltakte in Bezug auf den Islam ergeben hat. Das ist jetzt tatsächlich anders als früher. Also ich denke, Beispiele muss ich da jetzt keine nennen, das versteht sich von selbst.

Ich wünschte, es wäre wirklich so durchschaubar, was die Motivation für Radikalisierung ist, wie in deiner Geschichte.
Aber ich sage in der Geschichte ja gar nicht, was genau die Motivation für Radikalisierung ist. Die weiß ich doch auch nicht so genau. Es ist ja mehr die Geschichte eines Misstrauens, das einer jungen Frau wie eine Wand gegenübergestellt wird. Und zeigen will ich, wie sich ein Aspekt (ein einziger), der möglicherweise zu einer Radikalisierung beitragen kann, dieses elende Misstrauen eben, an dem Beispiel von der Basima anfühlt.
Ich weiß nicht, woran das liegt, manche haben das sofort so gelesen, wie ich das meinte, andere denken, ich hätte eine Radikalisierungsgeschichte geschrieben. Ich bin da manchmal richtig ein bisschen unglücklich, weil ich nicht weiß, womit das genau zusammenhängt.


Um zu der Radikalissierung noch was zu sagen: Ich denke wie du, dass da so viele Komponenten dazukommen, bis jemand radikalisiert wird, dass es an vielen Stelllen subtiler geschieht, als ich das Leben Basimas in diesem Ausschnitt beschreibe. Aber auch manchmal ähnlich krass.

Das sind so Dinge wie dass man bei Bewerbungen einfach skurrile Absagen bekommt, obwohl man besser qualifiziert ist als andere, nur weil man einen türkischen Nachnamen hat. Dass einen die anderen Mädchen aus der Klasse einfach nicht anschauen, nirgends einladen, aber die sagen nicht: Wegen dem Kopftuch, die lächeln und sagen dann: Ups, dich haben wir vergessen, sorry!, weil sie ja keine Nazis sein wollen. Oder der Chef bei dieser Zeitarbeitsfirma, bei der ich neulich gearbeitet habe: Da sind ungefähr 50% Deutsche und 50% Ausländer beschäftigt. Den Deutschen fährt er nach der Schichten ihre Verträge vorbei und gibt ihnen die besseren Arbeiten, den Ausländern kündigt er fristlos, wenn die mal während der Arbeitszeit zum Zahnarzt wollen. Ich denke halt, dass es diese subtile Art der Schikanierung und des Mobbings ist, das zu Frust und Hass und Verschwörungstheorien und Absonderung und Radikalisierung führt, und sehr viel weniger direkte, öffentliche.
Was du beschreibst, das sind die üblichen rassistischen Mechanismen und Sortierungskriterien, die so angelegt werden, als wären das oft Sachzwänge. Man kann das weniger nachweisen. Subtil find ich die gar nicht so sehr, aber ich weiß, was du meinst, das ist keine Pöbelei, sondern das tut so, als hätte es nichts mit dem Rassismus zu tun. Und ist doch einer. Und klar, das geht genauso ab, wie du es sagst. Aber das ist halt ein ganz anderer Fokus der Geschichte. In meiner Geschichte geht es um eine Jugendliche, die an vielen Stellen nichts anderes tut als viele andere Jugendliche. In ihrem Fall, religiös zu werden und ihre Hinwendung zur Religion und kritisches Hinterfragen und ihr Opponieren, die werden sofort in eine spezielle Schublade gesteckt, das wollte ich aufs Korn nehmen.

Ach, im Moment macht sich einem eh die Zunge im Hals breit, dass man schieer erstickt, wenn man in die Nachrichten guckt und Otto Normalverbrauchers „unrassistische“ Sicht der Dinge hört.
„Ich verurteile die rassistischen Übergriffe auf die Flüchtlinge, aber das ist ja auch ein Fehler der Regierungen. Wieso lassen die denn ganz Afrika rein.“ So ähnlich gestern Abend von einer seriösen älteren Dame aus Heidenau. Ich glaub, ich wander aus. Wenn ich nur wüsste, wohin.
Lieber zigga, hat mich gefreut, dass du vorbeigeschneit bist.
Viele Grüße von Novak

 

Ich weiß nicht, woran das liegt, manche haben das sofort so gelesen, wie ich das meinte, andere denken, ich hätte eine Radikalisierungsgeschichte geschrieben. Ich bin da manchmal richtig ein bisschen unglücklich, weil ich nicht weiß, womit das genau zusammenhängt.
Vielleicht unterschätzt du da die Macht von Titeln. Also wir haben momentan alle Assoziationen mit Syrien und Ticket nach Syrien - da denkt man sowieso an fanatische junge Muslime, die sich auf den Weg machen, mit so vielen starken Assoziationen steigt man in die Geschichte und ich hatte einfach nicht das Gefühl, dass du die Frage "Ticket nach Syrien?" widerlegst, sondern durch die ganzen Angriffe auf Basima tatsächlich positiv bestätigst. Das mag ganz sicher nicht deine Intention gewesen sein, aber so kam es für mich bisschen rüber. Deswegen hab ich dir in meiner Kritik geschrieben, dass ich den Titel nicht gut finde, weil er so suggestiv ist. Ich glaub mit nem 'neutralen' Titel würde Basima nicht für eine Gruppe von Jugendlichen stehen, sondern als einzelner Mensch, der in seiner Umgebung Leid erfährt aufgrund von xy.
Also ich denke auch nicht, dass du eine Radikalisierungsgeschichte geschrieben hast, aber es WIRKT stark so.

 

Noch kurz:

Ich weiß nicht, woran das liegt, manche haben das sofort so gelesen, wie ich das meinte, andere denken, ich hätte eine Radikalisierungsgeschichte geschrieben. Ich bin da manchmal richtig ein bisschen unglücklich, weil ich nicht weiß, womit das genau zusammenhängt.
Für mich war das auf jeden Fall der Titel, weswegen ich dachte, das sei eine Radikalisierungs-Geschichte! Also ich dachte das ist eine Erklärung, weswegen sich jemand das "Ticket nach Syrien" besorgt, und sich dem IS anschließt, ich dachte echt nicht daran, dass der Titel anders gemeint sei. Weil im Text gibt es ja keine Anzeichen dafür, dass es sich hier um eine wirkliche Radikalisierungsgeschichte handelt.

Viele Grüße,
zigga

 

Liebe Novak,

ich denke, zigga hat Recht. Ich habe nur den Titel gelesen und mir war so klar, was das Thema der Geschichte sein würde, dass ich sie gar nicht erst gelesen habe. Tut mir leid.

Liebe Grüße

Jobär

 

Naja, ich akzeptiere das einfach mal so, was ihr schreibt. Und bedanke mich für die schnellen Rückmeldungen. Vielleicht unterschätz ich wirklich die Durchschlagskraft dieses Titels. Aber über das Fragezeichen hätte man sich ja trotzdem ein bisschen wundern können. Und widerlegen sollte die Geschichte die Frage andererseits auch nicht, wieso auch? Nein, es sollte FRAGEN. Ist das möglich, dass durch die Geschehnisse, die Basima widerfahren, jemand in die Enge getrieben wird. Mein Gedanke ist schon, dass jemand, dem so viel Misstrauen entgegengebracht wird, sich nicht mehr heimisch fühlt.
Also ich bin ja auf dem Absprung in den Urlaub und muss leider vorher noch eben die Welt retten und vor allem meine falsche Buchung, die ich gerade gemacht habe. Aber ich überleg mir, was ihr geschreiben habt und frgae dann ggf. in 4 Wochen noch mal nach.
Vielleicht frage ich euch dann auch noch mal direkt.
Aber erst mal euch dreien wie gesagt noch maL großen Dank und bis dann die Tage.

 
Zuletzt bearbeitet:

So ... hoffentlich mach ich jetzt kein Durcheinander. Meine neuerliche Antwort zu diesem uralten Text ist keinesfalls als Hochpushen meiner Geschichte gemeint. Ganz im Gegenteil! Trotzdem wars mir wichtig, mitzuteilen, dass ich und was ich noch geändert hab für diejenigen, die das vielleicht doch interessiert.
Erstens den Titel. Die Bedenken und Hinweise von JoBlack jobär und zigga haben mich dann doch nicht losgelassen, obwohl ich den alten Titel immer noch gut finde. Aber was solls, manchmal muss man sich auch mal auf das Urteil anderer verlassen und die Argumente waren nicht von der Hand zu weisen.
Zweitens ich hab einen kleinen Passus eingefügt, warum sie sich stärker zu ihrer Religion hingezogen fühlt. Keine Ahnung, ob das jetzt drangepappt wirkt, aber ich wollte es wenigstens versuchen, denn auch da gab es Hinweise, die mich so halt nicht mehr losgelassen haben.
Drittens hab ich auch noch hie und da ein paar Kleinigkeiten geändert, die eh schon auf dem Plan standen.
Ich grüß euch und bis denn.

 

Hallo Novak!

Ich kommentiere hier ja grundsätzlich nicht so oft, aber irgendwas an deiner Geschichte hat mich wirklich fasziniert.
Spätestens bei der Heddernheimer Landstraße hattest du mich - da habe ich mich gleich wie Zuhause gefühlt.

Nein, Spaß beiseite, ich mag wie der Vater eigentlich jeglichen Vorurteilen widerspricht. Wie auch ihr Lehrer, neigt man oft dazu anzunehmen, Muslima bekämen von Zuhause aus vorgeschrieben ein Kopftuch zu tragen, hier ist sogar das Gegenteil der Fall.

Ich als Leser hatte die ganze Geschichte durch das starke Bedürfnis, mit Basima zu diskutieren, teilweise auch mit den anderen Personen, wie zb dem Lehrer. Warum zum Beispiel dürfen Muslime im Unterricht Kopftücher tragen, hat man als Christ oder whatever aber auch nur eine Kopfbedeckung dabei, bekommt man schon diesen warnenden Blick à la "Keine Kopfbedeckungen im Unterricht!"
Oder wieso macht "ein Stück Stoff" (wie sie es nennt) sie zu einer vollkommeneren Muslimin als ihren Vater?

Ja gut, ich könnte das jetzt stundenlang so weiterführen, aber ich lass es lieber ;)

Sorry für das ehere oberflächliche Kommentar, aber mein Handy ist auf dieseer Seite gerade extrem langsam und dafür bin ich einfach zu ungeduldig.

Schönen Abend noch
Marley

 

hat man als Christ oder whatever aber auch nur eine Kopfbedeckung dabei, bekommt man schon diesen warnenden Blick à la "Keine Kopfbedeckungen im Unterricht!"
was gibt es denn für christliche Kopfbedeckungen bitte? Ich kenne nur die jüdische Kippa und die darf man in der Schule tragen.
Meinst du womöglich die christliche Nike und Adidas Kappe?

 

Meinst du womöglich die christliche Nike und Adidas Kappe?

Benedikt XVI. wurde mit der seit sienem Abdanken ja auch schon gesehen. ;)

Ansonsten ist es Zeichen von Anstand – und gehört inzwischen zum Erziehungsauftrag des Lehrers, wenn ich das richtig sehe – dass der coole Gangsterrapper in der letzten Reihe seine Mütze abnimmt, womit man ihn aber in der Ausübung seiner religiösen Überzeugungen keinesfalls abhalten will.

 

Der Benedikt wurde bestimmt schon in der Schule wegen seiner Papstmütze gemobbt, natürlich. :p

Novak, sorry fürs Spammen, meine Kommentare kannst du getrost löschen, hab mich nur sehr gewundert, dass es christliche Kopfbedeckungen für SchülerInnen geben soll und dass Lehrer es mal mit dem Grundgesetz aufnehmen sollen: Schülerinnen das Kopftuch verbieten. -.-

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Novak!

Es ist wohl unmöglich, bei einem derart polarisierenden Thema Klischees zu vermeiden.

Ich umklammere mein Handy und schaue hoch. „Das macht man nicht“, sage ich, „man fasst niemanden an, das gehört sich nicht.“ Der Mann wendet sich ganz langsam zu mir um. Von seiner Unterlippe tropft Flüssigkeit. Ich vermeide seinen Blick, vielleicht ist er ja wie ein Hund, dem man nicht in die Augen schauen darf. Die Frau neben ihm blickt aus dem Fenster. Ganz interessiert, als gäbe es draußen lila Kängurus.
„Was hast du gesagt“, lallt der Mann und beugt sich noch weiter vor.

Fehlt nur noch, dass er zu bellen beginnt. Zumal der Hund im Islam als unreines Tier gilt. ;)
Ich hätte diese Passage interessanter gefunden, wenn es sich nicht um einen dämlichen, vermutlich besoffenen Mann gehandelt hätte. Denn genau so stellt sich Lieschen Müller von der Alternativen Liste einen Rassisten vor. :)


Die Amis mussten es noch nicht mal selbst machen, hatten ihre Kettenhunde.

Auch mit Kettenhunden habe ich in diesem Zusammenhang so meine Probleme, denn die hängen üblicherweise lebenslang an der Kette.
Wenn du damit die Europäischen Vasallen meinst, die auf jeden Pfiff der Amerikaner freudig erregt mit dem Schwanz wedeln, würde ich Jagdhunde schreiben. ;)

Ist schon soviel gesagt worden, ich will nicht lange wiederkäuen. Handwerklich hat mir das gut gefallen, inhaltlich fehlt mir ein wenig die konkrete Aussage, die Quintessenz deiner Geschichte. Ein intelligentes, westlich sozialisiertes Mädchen mit guten Berufsaussichten tauscht plötzlich Minirock gegen حجاب (Hidjab) und wendet sich mit aller Inbrunst Allah zu. Warum? Aus Trotz gegen die väterliche Autorität? Weil das der Papa nicht will? Oder aus einer Art herkunftsbedingter Solidarität mit den Opfern der bösen Amerikaner und Israelis, die arme Muslime bombardieren? Aus allem zusammen? Mir ist das zu oberflächlich; ich glaube diesem Mädchen nicht und hätte gerne gewusst, warum sie es tatsächlich tut.

Sincerely,
Manuela :)

 

Novak, sorry fürs Spammen, meine Kommentare kannst du getrost löschen, hab mich nur sehr gewundert, dass es christliche Kopfbedeckungen für SchülerInnen geben soll und dass Lehrer es mal mit dem Grundgesetz aufnehmen sollen: Schülerinnen das Kopftuch verbieten. -.-
Ich finde, dass diese Diskussion durchaus zu dieser Geschichte gehört. Deshalb kann ich nicht umhin, auch meine 2 Cents dazu beizutragen:

Zum Frauenhaar haben alle auf der Bibel beruhenden Religionen ein gestörtes Verhältnis. Dabei tun sich vor allem das Christentum und der Islam hervor.

Beim Christentum war vor allem Paulus, der hier Bestimmendes und fast 2000 Jahre lang Gültiges geschrieben hatte – Zitat aus 1.Korinther 11,4ff:

4 Ein jeder Mann, der betet oder prophetisch redet und hat etwas auf dem Haupt, der schändet sein Haupt.
5 Eine Frau aber, die betet oder prophetisch redet mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt; denn es ist gerade so, als wäre sie geschoren.
6 Will sie sich nicht bedecken, so soll sie sich doch das Haar abschneiden lassen! Weil es aber für die Frau eine Schande ist, dass sie das Haar abgeschnitten hat oder geschoren ist, soll sie das Haupt bedecken.
7 Der Mann aber soll das Haupt nicht bedecken, denn er ist Gottes Bild und Abglanz; die Frau aber ist des Mannes Abglanz.
8 Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau von dem Mann.
9 Und der Mann ist nicht geschaffen um der Frau willen, sondern die Frau um des Mannes willen.
10 Darum soll die Frau eine Macht auf dem Haupt haben um der Engel willen.

Diese Vorschrift (Bedeckung des Frauenhaars in Kirchen) galt in der katholischen Kirche bis 1983 - bei einer Papstaudienz gilt sie jedoch noch heute.

Im Islam ist das im Koran nicht so eindeutig geregelt. Aber es gibt zahlreiche Hadithe (anfangs: mündliche Überlieferungen), die aber erst später aufgeschrieben worden sind. Jedenfalls wurde die Verschleierung der Frau (ab der ersten Menstruation) im Kalifat erst im 9. Jahrhundert obligatorisch.

PS:

Ein intelligentes, westlich sozialisiertes Mädchen mit guten Berufsaussichten tauscht plötzlich Minirock gegen حجاب (Hidjab) und wendet sich mit aller Inbrunst Allah zu. Warum?
Das ist einfach zu beantworten – Zitat aus Wikipedia:

Mc Guinty zufolge zeigten Studien, dass das Tragen eines Schleiers eine wichtige Rolle bei der Konversion von Frauen zum Islam spiele. Die Verschleierung markiere im Konversionsprozess die Herausbildung einer neuen muslimischen Identität sowie die Übernahme der spezifisch islamischen Vorstellungen über Geschlechterbeziehungen und Sittsamkeit.

 

@ Dion

Mir ist schon klar, warum. Aber nicht, warum es zum warum kommt. ;)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Marley,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Schön, dass ich dich nicht nur zu einem Kommentar anregen konnte, sondern dass die Geschichte dich faszinieren und du dich ein wenig heimisch fühlen konntest.

Ich hoffe, dass die Tatsache, dass du gerne mit Basima diskutiert hättest, daher rührt, dass die Figur dir nahe kommen konnte, aber wissen tu ich das natürlich nicht, denn das Thema als solches polarisiert natürlich, das muss gar nicht an der Geschichte liegen.
Es war mir wichtig, den Vater tatsächlich anders zu charakterisieren, als man sich den gemeinhin so vorstellt, schön, dass dir das gefallen hat.
Dass du allerdings das Tragen einer Kappe in einer Schulklasse (so interpretiere ich deinen Hinweis mit der christlichen Kopfbedeckung) mal einfach mit dem Tragen des Kopftuchs gleichsetzt und da Ungerechtigkeiten ausmachst, also das konnte ich nun nicht nachvollziehen. Aber gut, das ist wohl auch Anschauungssache.

Machs gut und dankeschön für das Lesen und deinen Kommentar.
Viele Grüße an dich.

JoBlack und Tell, ich hab die Mini-Diskussion über Benedikts Kappe und sonstige christliche Kopfbedeckungen etwas erheitert gelesen. Aber so ein bisschen ist mir der Sinn fürs Ganze abhanden gekommen. Aber muss ich ja vielleicht auch nicht alles verstehen. Aber gelöscht wird hier gar nichts, da hat mir nämlich alles gefallen. :p
Viele Grüße an euch beide.

Hallo ManuelaK,

auch dir danke ich fürs Vorbeischauen und Lesen. Ist das erste Mal, oder?

Ich hätte diese Passage interessanter gefunden, wenn es sich nicht um einen dämlichen, vermutlich besoffenen Mann gehandelt hätte. Denn genau so stellt sich Lieschen Müller von der Alternativen Liste einen Rassisten vor.
Naja, was soll ich dazu sagen, die Realität ist manchmal ein Arschloch und benimmt sich total klischeehaft. Ich (und ev. andere Kommentatoren) hätte es im übrigen völlig unglaubwürdig gefunden, wäre der Mann nicht besoffen gewesen. Ich hab die Geschichte nun mal so aufgebaut, dass sie nicht auf einen gelehrten und rethorisch versierten Pegidamann trifft, der ihr minutiös erklärt, warum sie eigentlich nicht nach Deutschland gehört. Das hätte ich zwar nicht klischeehaft, aber völlig daneben und wie gesagt unglaubwürdig gefunden. Typen in U-Bahnen, die einen einfach mal so anlaberm und einem ihre Meinung aufs Auge drücken gehören nicht zu den gebildeten, deren Rassismus man erst mit der Kerze suchen muss.


Auch mit Kettenhunden habe ich in diesem Zusammenhang so meine Probleme, denn die hängen üblicherweise lebenslang an der Kette.
Wenn du damit die Europäischen Vasallen meinst, die auf jeden Pfiff der Amerikaner freudig erregt mit dem Schwanz wedeln, würde ich Jagdhunde schreiben.
Basima sagt das, und das ist ein junges Mädchen. Die kennt deinen Sprachschatz nicht, Manuela. Kettenhunde ist ein bekanntes Wort, das im allgemeinen Sprachgebrauch in diesem Zus. bekannt ist. Jagdhunde sagt man dazu nun mal nicht.

Inhaltlich fehlt mir ein wenig die konkrete Aussage, die Quintessenz deiner Geschichte. Ein intelligentes, westlich sozialisiertes Mädchen mit guten Berufsaussichten tauscht plötzlich Minirock gegen حجاب (Hidjab) und wendet sich mit aller Inbrunst Allah zu. Warum? Aus Trotz gegen die väterliche Autorität? Weil das der Papa nicht will? Oder aus einer Art herkunftsbedingter Solidarität mit den Opfern der bösen Amerikaner und Israelis, die arme Muslime bombardieren? Aus allem zusammen? Mir ist das zu oberflächlich; ich glaube diesem Mädchen nicht und hätte gerne gewusst, warum sie es tatsächlich tut.
Also klar, wenn dir die Quintessenz der Geschichte nicht klar wird, das ist natürlich blöd und vielleicht ein Manko der Geschichte. Vielleicht ist sie inhaltlich misslungen. Vielleicht aber auch nicht. Um das wirklich zu beurteilen ist deine Kritik mir zu allgemein. Von "plötzlich" kann ja nun mal keine Rede sein. Und Basima selbst sagt und denkt so viel dazu. Es haben so viele andere hier kommentiert und die Quintessenz durchaus wahrgenommen, auch wenn viele Kritiken geäußert wurden. Um dir die Sache recht zu machen, müsste ich ja derartig in die Vollen gehen, dass ich die Botschaft dem Leser fünffach auf die Augen gebe. Also ich weiß nicht. Warum Basima was tut, das zeigt und sagt sie doch. Ich hab ein bisschen den Eindruck, du hast vielleicht Dinge irgendwie überlesen oder ich hab vielleicht einfach nicht die Geschichte geschrieben, die dir vorgeschwebt hat. Sorry, dass ich so ein bisschen widerborstig bin, ich hab mich ja sehr gefreut, dass wir uns mal kennen gelernt haben, aber ich kann mit deinem Urteil nicht so wirklich was anfangen und daraus irgendwas für mich herausziehen nur einfach zur Kenntnis nehmen, dass dir die Geschichte nicht zusagt und kann nur hoffen, dass eine nächste Geschichte, wenn ich mal wieder eine schreibe, dir dann vielleicht besser gefällt.
Liebe Grüße an dich von Novak


Fortsetzung folgt

 

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