Ein Tag im Leben
Er ging über die Strasse. Der Regen lief ihm übers Gesicht, vermischte sich mit seinen Kleidern und bildete zusammen mit ihm eine graue Silhouette, die sich Richtung Stadt vorschob.
Sein Denken war getränkt von den Eindrücken der Stadt: Graue Fassaden glotzten ihn an, die stellenweise von bunten Werbeplakaten unterbrochen wurden. Menschen ohne Gesichter schnellten an ihm vorbei. Ampeln wechselten zeitgerecht ihre Farbe und beschleunigten oder bremsten Automassen. Wellenartige Motorengeräusche, einzelne Gesprächsfetzen und aufschreckende Autohupen wurden von dem dumpfen Aufklatschen des Regens gedämpft.
Um ihn herum erdrückte ihn die Hektik der Grossstadt, drängte sich an ihn heran, versuchte in ihn hineinzudringen, doch genauso sehr versuchte er sich ihr entgegenzustellen und Einhalt zu gebieten.
Sein mittlerweile vom Regen durchnässter Mantel saugte sich an ihm fest. Er eilte weiter. Ein stechender Schmerz hatte sich in seinem Kopf festgesetzt.
Der Regen peitschte ihn voran. Wohin er wollte, wusste er nicht. Er war ziellos. Hoffnungslos.
Es schien, als würden Stunden vergehen, sich an ihn heranschleichen, ihn anspringen, um sich dann wieder davon zu machen.
Der Rhythmus der Stadt hatte von ihm Besitz ergriffen. Er war schon nicht mehr ganz bei sich, so völlig gefangengenommen in dieser anderen Welt, als er plötzlich
ruckartig stehenblieb. Sie war das schönste, was er jemals gesehen hatte.
Er verharrte bewegungslos vor ihr und war unfähig etwas anderes zu tun, als sie zu betrachten. Wie fein und zerbrechlich sie wirkte, und dennoch konnte diese Stadt ihr nichts anhaben. Sie trotzte allem, hatte Fuss gefasst zwischen Beton und dem ganzen Schmutz, den trampelnden Füssen und der Eile, von welcher sie täglich umgeben war. Auf einmal wurde es ruhig um ihn und in ihm. Die Geräusche und der Schmerz in seinem Kopf verebbten, bis sie sich völlig aufgelöst hatten. Der Schmutz, die Hektik, die ganzen Häuser und Autos waren vergessen, als ob sie niemals zuvor existiert hatten.
Er befand sich in einem weissen Tunnel, wo es nur noch ihn und die Blume gab. Ihr dunkles Karminrot reflektierte alle seine sehnlichsten Wünsche, die er in sich verborgen trug. Das Licht, welches sie umgab, fand seinen Weg direkt in seine Seele und erleuchtete sie. Er war unfähig, noch etwas zu denken. Er war nur noch.. Er, ein Mensch, die Ewigkeit, Alles.