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Anmerkungen zum Text

Ich muss mal einen Neueinstieg hier finden, langsam wieder ins kommentieren und schreiben kommen. Daher stelle ich jetzt eine KG ein, die ich für eine Ausschreibung geschrieben hatte (leider ohne Erfolg) Thema: Geh zum Strand!
Die nächsten Tage komme ich dann auch an meine Romanbaustelle, lieben Dank für Eure Geduld mit mir.

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Ausgerechnet nach der Sorgerechtsverhandlung lief ich Anna, einer alten Studienfreundin in die Arme. Ohne meinen Widerspruch zu hören, schleppte sie mich in diese Bar. Wir sitzen am Tresen und ich stürze bereits den zweiten Caipirinha hinunter.
„Katie, mach langsam! Du sollst erzählen!“
„Was? Ach so, warum mein reizender Ex mir die Kinder wegnehmen konnte?“ Und schon rollen Tränen über meine Wange.
„Tobias war noch nie reizend. Mister Perfekt war nur anstrengend!“ Anne mochte Tobias schon in der Studienzeit nicht, und allmählich schließe ich mich ihrer Meinung an.

Ich versuche es mit dem harmlosen Anfang. „Na, wir waren doch im Mai zu diesem tollen Hamburg-Wochenende.“
„Ja, ich erinnere mich: perfektes Häuschen in Blankenese, viele Museen- und Konzertkarten und du hast immer nur genickt.“ Anne rückt das Cocktailglas aus meiner Reichweite.
„Aber Tobias hatte wirklich großartig geplant. Nur für die Kinder musste ich halt ein bisschen was Passendes einbauen. Da gab unser Vermieter den Tipp: Geht zum Strand!
„Wenigstens einer, der an die Kinder gedacht hat.“ Anne grinst.
Ich würge. Beim Gedanken an die heutige Gerichtsentscheidung steigt ein Schluchzen in der Kehle auf. Der Barkeeper schiebt mir Taschentücher und einen neuen Cocktail zu. Ich schlucke die Tränen runter, lächle den Mann dankbar an.
„Ich hatte an alles gedacht, Mias neuen Bikini und Tobias Lesebrille. Als die Kinder Würstchen wollten, bin ich gesprungen und wir wären auch rechtzeitig fürs Konzert zurück. Wenn nicht …“
Anne legt ihre Hand auf meine. Offensichtlich hat der Typ neben uns mitgehört und grinst mich an. „Feines Frauchen, immer schön dem Manne recht machen.“
Während ich noch nach einer Erwiderung suche, zeigt Anne ihm den Mittelfinger.
„He, he, ich mag liebevolle Frauen.“ Anscheinend genießt er den Schlagabtausch.

Ich drehe mich zu Anne, senke die Stimme. „Erst waren wir auf dem Fischmarkt: Garnelen für Tobias und die Kinder, frisches gesundes Obst, teures Frühstück in der Auktionshalle.“
Auch dafür zeigt der Barkeeper mir den erhobenen Daumen. Ja, ich habe wohl alles richtiggemacht. Bis dahin.
„Aber du sagtest, ihr solltet zum Strand gehen. Gibt es so etwas überhaupt mitten in Hamburg?“
„Oh ja, und was für einen!“ Kurz spüre ich die Maisonne und den typischen Geruch nach Hafen, Sonnenöl und einer Brise nasse Socken. „Du biegst um die Ecke der Promenade, ein Mauervorsprung, der weit in die Elbe ragt und vor dir öffnet sich eine weite Bucht. Weißer Strand, Liegestühle und Strandbars – richtiges Strandfeeling. Und das im Mai.“
„Das klingt aber doch, als wäre es ein toller Tipp, ein wunderbarer Ausflug gewesen?“ Anne wartet offensichtlich auf das Drama, was zum heutigen Super-GAU geführt hat. Und ich will es nicht erzählen, will es nicht noch einmal durchleben.
„Ihr habt euch also gesonnt und hoffentlich nicht in der versifften Elbe gebadet.“
„Paul wollte schon, aber Mia hatte ihm was von abfallenden Fingern erzählt. Und ja, es war herrlich, die erfrischende Brise, die Möwen, entspannte Menschen. Tobias war mit mir zufrieden.“ Ich verfalle in Schweigen, greife nach dem fast leeren Glas und halt mich daran fest.
Anne hebt die Augenbrauen, wartet.
„Es gab einen Menschenauflauf, Paul schrie von dem Promenadenpodest zu uns herunter, winkte aufgeregt. Tobias ist zu den Kindern hinauf und ich war halt auch neugierig.“ Ich schließe die Augen, sehe einen Rotschopf zehn Meter vom Ufer entfernt. Er dreht sich um sich selbst, wirkt orientierungslos.
„Ringsum herrschte Aufregung, Stimmengewirr. Von `Dummheit gehört aus dem Genpool gelöscht` bis `Hilf ihm doch jemand` war alles zu hören. Ich habe mich nach vorne durchgeschoben, wollte die Kinder aus diesem aufgewühlten Haufen herausholen.“ Anne wird mich nicht ums Erzählen drum herumkommen lassen. Sie glaubt, reden hilft.

„Da war also wer im Wasser?“, fragt Anne.
„Ja, im Nachhinein weiß ich, dass es der junge Mann war, der mich bereits auf dem Fischmarkt angerempelt hatte. Stark alkoholisiert, rotzfrech. Seine Kumpel johlten am Ufer. Er rief die ganze Zeit: 'Ist nicht kalt, kommt rein ihr Weicheier!'“ Ich schlinge die Arme um mich, versuche Wärme zu erzeugen. Das Entsetzen, als ich die Situation erkannte, holt mich auch heute wieder ein. „Am Strand war kein Rettungsschwimmer, keiner der Gucker machte Anstalten, etwas zu unternehmen. Es wurde fotografiert und gefilmt, aber niemand telefonierte, setze einen Notruf ab. Ich glaube, das war der Moment, ich bin einfach wieder in die Routine als Rettungsschwimmerin gerutscht: Situation einschätzen, Hilfe rufen, Hilfsmöglichkeiten analysieren.“
„Stimmt, du warst jahrelang aktiv. Was habe ich dich immer um den ganzen Monat in Warnemünde am Strand beneidet. Aber das ist doch Jahre her!“
„Vierzehn, seit ich mit Mia schwanger war. Aber es war alles da, alles antrainierte Abläufe. Ich hab mich durchgedrängelt, die 112 gewählt und dem Koordinator die Situation geschildert.“
„Richtig gemacht! Und dann haben die Hilfe losgeschickt.“ Anne hängt an meinen Lippen, der Typ neben mir versucht gar nicht mehr zu verbergen, dass er lauscht und auch der Barkeeper ist voll dabei.

„Ja! Die Hilfe sollte in fünf Minuten eintreffen.“ Wieder sehe ich den Kopf des jungen Mannes versinken, seine Bewegungen sind langsam, zäh. Rufen tut er schon nicht mehr.
„Ich antwortete: ‚Die hat er nicht, ich geh rein.‘ So selbstsicher das klang, würgte ich doch an der Säure in meinem Hals. Ich hatte schon Übungen in Flüssen, wusste, was auf mich zukäme. Mit einmal war Tobias da. Seine Hand schwer auf meinem Arm und er sagte: ‚Das kannst du nicht tun!‘
Ich zog mich aus, nach kurzem Zögern stand ich in Unterwäsche und Shirt auf der Promenade.
Tobias schüttelte mich: ‚Du gehst da nicht rein! Das ist lebensgefährlich!‘
Und ich hab ihn angefaucht: ‚Ja, wenn ich jetzt nicht hinterherschwimme, hat er keine Chance.‘
Tobias baute sich vor mir auf, umklammerte meinen Arm, tat mir weh. ‚Du ertrinkst dort drin und wofür? Für einen besoffenen Idioten!‘
Ich verharrte, war sprachlos. Und alles was ich antworten konnte war: ‚Ich bin Rettungsschwimmerin! Ich muss!‘
Tobias zehrte mich zu den Kindern, seine Stimme überschlug sich: ‚Der ist dir wichtiger als die Kinder und ich?‘ Erst da realisiere ich, wie verstört meine Kinder wirken. Mias Augen glänzten, die für sie so typischen Flecken überzogen den Hals. Sie kaute auf den Nägeln, der erste Finger blutet bereits. Das hatte sie seit Jahren nicht mehr gemacht.
Und Paul! Er schluchzte, wimmerte. Ich habe mich hingekniet, wollte ihn trösten. Er schaute mich mit schreckgeweiteten Augen an, die Hand fest um die Finger seiner Schwester gekrallt. ‚Papa sagt, du wirst sterben!‘ Er hatte solche Angst. Ich wusste nicht, was ich tun soll, aber eigentlich stellte sich die Frage nicht.“

„Und dann hast du den Typen ertrinken lassen und daher ist jetzt alles so durcheinander?“ Anne hält die Spannung nicht mehr aus. Ich hatte bisher nicht darüber sprechen können. Auch jetzt wird mir übel.
„Nein! Ich bin reingesprungen, hab den Rettungsring mitgeschleppt und bin so schnell geschwommen, wie meine untrainierten Arme es hergaben. Es war kalt, das Wasser zog an mir, das doofe T-Shirt schlapperte um mich und störte. Der Abstand war gewachsen, ablaufendes Wasser, Unterströmung. Mir war schnell klar, dass ich da nicht gegenanschwimmen könnte, aber einmal musste ich ihn ja erreichen. Und dann war er weg! Verschwand unter einer Welle.“ Ich schlucke, sehe die versinkende Hand vor mir.
„Musstest du tauchen?“
Während ich nicke, schmecke ich die Panik des Moments. In der Elbe zu tauchen war wie ein Darkroom. Nur Finsternis, nichts zu erkennen. Plötzlich griffen Hände nach mir. „Er kam wieder hoch, klammerte sich fest, versuchte auf mich zu klettern. Er zerkratzte mir die Schulter, das Gesicht, alles brannte.“
„Ah, bei sowas dürft ihr den zu Rettenden ausschalten, oder?“ Annes Augen leuchten fasziniert.
Ich muss mehrfach ansetzen, um weiterzusprechen. Bin wieder in der Angst der Rettungsaktion gefangen. Spüre die müden Muskeln, die zäher werdenden Bewegungen, die Angst, es nicht zu schaffen. Mit monotoner Stimme erzähle ich den Rest.
„Ich habe auf ihn eingeredet, meine Kraft war zu Ende, die Tiefe der Fahrrinne zog uns runter. Er war schon so fertig, ich konnte ihn mit dem Rettungsring auf Abstand drücken und sichern. Irgendwie bin ich mit der Strömung schräg zum Ufer geschwommen. Das Rettungsboot kam, keine Ahnung, wie lange das alles gedauert hat.“
„Also alles gut, du hast ihn gerettet und dir ist nichts passiert. Was soll das ganze Theater dann?“

Ich schüttle nur den Kopf. Den jungen Mann haben sie am Ufer reanimiert, im Krankenhaus ist er fast gestorben. Das passiert viel zu oft, alles umsonst.
„Am Ufer stand Tobias und hat mich aus kalten Augen gemustert. Er hat Paul festgehalten, ihn nicht zu mir gelassen. Ich sei verantwortungslos, keine Mutter. Nur Mia strahlte, sagte, ich wäre eine Heldin.“

Schwankend stehe ich auf, klammere mich an der Theke fest. „Und jetzt“, ich brauche zwei Anläufe, um den Satz richtig zu sortieren, „und jetzt hat Tobias vorerst das alleinige Sorgerecht, weil ich so verantwortungslos bin.“ Ich schluchze, aber mir ist alles egal. Anne nimmt mich in den Arm, der Barkeeper schaut verstört, die Umstehenden schütteln den Kopf. Keiner verflucht mich.
Langsam schwanke ich nach draußen und lalle: „Wenn Euch einer sagt: Geht zum Strand! – entscheidet Euch anders, sonst ist das Leben im Arsch!“ Ein letztes Umdrehen meinerseits. „Aber auch das werde ich noch retten!“

 

Hallo @greenwitch

Habe die Geschichte schon gestern gelesen. Glaube, Du hast jetzt den Titel abgeändert? Der lautete doch irgendwas mit 'Entscheidungen' oder so? Anyway, habe jetzt noch einmal gelesen und lasse Dir mein Feedback da. Ich gehe dem Text entlang und schreibe auf, was mir in den Sinn kommt, danach versuche ich meine Eindrücke zusammenzufassen.

„Katie, mach langsam! Du sollst erzählen!“
„Was? Ach so, warum mein reizender Ex mir die Kinder wegnehmen konnte?
Dieser Eröffnungsdialog liest sich für mich sogleich so, als wäre er an den Leser gerichtet. Also ich meine vor allem Katies Antwort auf Annes Aufforderung: Sie ist wohl innerlich aufgewühlt, das bringst Du auch gut zum Ausdruck durch ihre -- ich nenne es mal, leichte geistige Abwesenheit -- aber würde sie so einen Satz ihrer Freundin sagen: Ach so, warum mein reizender Ex mir die Kinder wegnehmen konnte? Anne weiss ja längst, dass es um ihren Ex geht und das Anne den Sorgerechtsstreit verloren hat, oder? Deshalb finde ich, ist der Satz rein so zu interpretieren, dass er dem Leser die Situation klar machen soll. Ich würde ihn folglich streichen und den Dialog allenfalls im weiteren Verlauf etwas anders aufziehen. Eigentlich werden die Umstände auch bereits ohne ihn klar: Der Einstiegssatz lautet ...
Meine beste Freundin Anne hat mich nach der Sorgerechtsverhandlung in diese Bar geschleppt.
... und danach Katies Reaktion ...
Und schon rollen Tränen über meine Wange.
... da kann man sich gleich selbst erschliessen, dass es wohl nicht gut für sie ausgegangen ist, denke ich.

„Aber Tobias hatte wirklich großartig geplant. Nur für die Kinder musste ich halt ein bisschen was Passendes einbauen. Da gab unser Vermieter den Tipp: Geht zu Strand!
Da fehlen die Schlusszeichen nach der direkten Rede. Ausserdem bin ich hier etwas über Geht zu Strand gestolpert. Klar, vielleicht hatte der Tippgeber einen Akzent, aber würde man das so wiedergeben? Es wirkt auf mich etwas despektierlich, aber vielleicht passt es trotzdem, weil der Tippgeber sie schlussendlich in diese Situation gelotst hat. Dennoch, dafür kann er ja eigentlich nichts, wie sollte er auch wissen, was passiert, aber Katie ist halt mit sich selbst beschäftigt im Moment.

Ich würge, beim Gedanken an die heutige Gerichtsentscheidung steigt ein Schluchzen in der Kehle auf.
Würde zwei Sätze daraus machen: Ich würge. Beim Gedanken an [...] Weil sonst beziehe ich das Würgen auf das aufsteigene Schluchzen, aber das passt nicht recht zusammen, finde ich.

„Feines Frauchen, immer schön dem Manne recht machen.“
Ekliger Typ, aber auch ein wenig zu klischeehaft, was er hier sagt bzw. seine Charakterisierung.

„Aber du sagtest, ihr solltet zum Strand gehen. Gibt es so etwas überhaupt mitten in Hamburg.“
Der letzte Satz ist eine Frage, oder?

„Oh ja, und was für einen!“ Kurz spüre ich die Maisonne und den typischen Geruch nach Hafen, Sonnenöl und einer Brise nasse Socken. Du biegst um die Ecke der Promenade, ein Mauervorsprung, der weit in die Elbe ragt und vor dir öffnet sich eine weite Bucht. Weißer Strand, Liegestühle und Strandbars – richtiges Strandfeeling. Und das im Mai.“
Da stimmt was mit den Anführungs- und Schlusszeichen nicht. Spricht Katie weiter bei "Du biegst um die Ecke [...]"?

Ich verfalle in Schweigen, greife nach dem fast leeren Glas und halt mich daran fest.
Schöne Formulierung mit dem Festhalten am leeren Glas!

Er rief die ganze Zeit, dass es kalt sei und die anderen Weicheier.
Liess mich etwas straucheln, weil ich habe die Truppe um den Beinahe-Ertrunkenen als junge Angeber gelesen, würde da der Typ im Wasser, selbst wenn er vor Kälte schlotterte, nicht sowas rufen wie: Kommt endlich rein, ihr Weicheier! Ist gar nicht so kalt! (?) Aber klar, das ist meine persönliche Lesart.

Am Strand war kein Rettungsschwimmer, keiner der Gucker machte Anstalten, etwas zu unternehmen. Es wurde fotografiert und gefilmt, aber niemand telefonierte, setze einen Notruf ab.
Da sind so viele Personen, und wirklich niemand unternimmt was? Ja, man bekommt teilweise schon das Gefühl, unsere Gesellschaft sei etwas degeneriert, aber für mich las sich das etwas unglaubwürdig, konstruiert.

Ich glaube, das war der Moment, ich bin einfach wieder in die Routine als Rettungsschwimmerin gerutscht: Situation einschätzen, Hilfe rufen, Hilfsmöglichkeiten analysieren.“
Stimmt, du warst jahrelang aktiv. Was habe ich dich immer um den ganzen Monat in Warnemünde am Strand beneidet. Aber das ist doch Jahre her!“
Hier wieder der Dialog: Stimmt, du warst jahrelang aktiv liest sich für mich so, als wäre es direkt an den Leser gerichtet. Ich denke nicht, dass man bereits bekannte Sachverhalte in einem Gespräch so offensichtlich wiederholt.

So selbstsicher das klang, würgte ich an der Säure im den Hals.
Da stimmt was nicht ...

In dem Falle könnte ich die Gerichtsverhandlung wohl verstehen. Nein! Ich bin reingesprungen, hab den Rettungsring mitgeschleppt und bin so schnell geschwommen, wie meine untrainierten Arme es hergaben. Es war kalt, das Wasser zog an mir, das doofe T-Shirt schlapperte um mich und störte.
Zwei Sachen: 1) den ersten Satz würde ich streichen und sie direkt auf die Geschehnisse zu sprechen kommen lassen. Ich finde, der tut nichts zur Sache und bremst an der Stelle nur. 2) Das mit dem T-Shirt: Warum hat sie das anbehalten? Als Rettungsschwimmerin müsste sie das doch besser wissen: Das behindert doch nur beim Schwimmen! Es macht sie weniger beweglich und der Stoff saugt sich sofort mit Wasser voll, was sie insgesamt schwerer werden und somit mehr Kraft verbrauchen lässt. Gegen die Kälte des Wassers hilft es auch gleich Null.

„Ah, bei sowas dürft ihr den zu Rettenden ausschalten, oder?“ Annes Augen leuchten fasziniert.
Haben Katie und Anne nie über Katies Vergangenheit als Rettungsschwimmerin gesprochen? Es liest sich beinahe so. Diese Info ist bei mir wieder so angekommen, als wäre sie direkt an mich als Leser gerichtet.

Ich habe auf ihn eingeredet, meine Kraft war zu Ende, die Tiefe der Fahrrinne zog uns runter.
Das mit der Fahrrinne habe ich nicht ganz verstanden beim Erstlesen. Aber es sind wohl ins Flussbett gegrabene Rinnen für Schiffe, korrekt?

„Also alles gut, du hast ihn gerettet und dir ist nichts passiert. Was soll das ganze Theater dann?“
Etwas gar unsensibel von Anne, oder findest Du nicht? :D

Keiner verflucht mich, so wie Tobias in der letzten Zeit.
Erklärung direkt nachgeschoben, finde ich ungünstig. Vorher klar machen, dass Tobias sie öfters angeflucht hat, dann kannst Du das hier einsparen und die Wirkung ist besser.

„Wenn Euch einer sagt: Geht zum Strand! – entscheidet Euch anders, sonst ist das Leben im Arsch!“
Dieser Ausruf unterstreicht ihre Hilflosigkeit, macht sie aber auch fast etwas lächerlich. Ein schmaler Grat.

„Aber auch das werde ich noch retten!“
Für mich ein etwas gewollt auf positiv getrimmtes Ende.

Insgesamt habe ich die Geschichte gerne gelesen. Aber gerade der Dialog liest sich für mich grösstenteils etwas unnatürlich. Wieso hält Katie so lange hinter dem Busch? Es ist was Schlimmes passiert, da ist ein junger Mann fast ertrunken und die Protagonistin hat ihn gerettet, aber durch ihre Selbstlosigkeit das Sorgerecht für ihre Kinder verloren. Würde sie in ihrer Situation, sichtlich aufgewühlt, nicht schneller oder gar sofort zum Punkt kommen? Würde sie die Ferien und alles drumherum so lang und breit erklären? Wäre der Dialog in ihrer Aufgelöstheit vielleicht bruchstück- oder sprunghafter? Ich weiss nicht. Der Text versucht das ein wenig zu relativieren, indem mir erzählt wird, Katie möchte diesen Moment nicht noch einmal durchleben (darum schleicht sie erzählerisch drum rum), und ihre Freundin Anne denkt reden hilft, das muss also ausführlich sein ... Dennoch, ich finde, Katie könnte stockend anfangen zu erzählen, noch nicht wirklich auf die Geschehnisse eingehen, dem ausweichen, aber irgendwann müsste spürbar der Knoten reissen und das alles aus ihr rausplatzen. Würde sich für mich natürlicher anfühlen. Also insgesamt finde ich auch, Katie erzählt das zu abgeklärt, obwohl sie noch sichtlich damit zu kämpfen hat. Das wäre mein Hauptansatz bei einer Überarbeitung.

Dann bin ich mir auch unsicher, ob die Essenz der Story so gut funktioniert: Also Katie hat ja eindeutig Zivilcourage bewiesen, wird das nicht belohnt, oder zumindest nicht in Form eines Sorgerechtsentzugs abgestraft? Wenn sie sich schon für Fremde so stark einsetzt, muss das ja ein Vielfaches auf ihre eigenen Kinder zutreffen? Und das es gefährlich war, was sie gemacht hat, sozusagen das eigene Leben aufs Spiel gesetzt, könnte sie doch mit ihrer Ausbildung als Rettungsschwimmerin wegargumentieren. Sie wusste, was sie da tat! Das hat mich doch sehr erstaunt, also ich merke da die Konstruktion halt sehr deutlich. Muss aber erwähnen, kenne mich damit überhaupt nicht aus, also falls das einem realen Fall nachempfunden sein sollte, finde ich das schon extrem krass! Dies soweit meine Anmerkungen zu deiner Geschichte, vielen Dank fürs Einstellen.

Beste Grüsse,
d-m

 

Moin @deserted-monkey, lieben Dank für den erlösenden Kommentar. Da werde ich wohl nie entspannter, ist immer ein Zittern.

Glaube, Du hast jetzt den Titel abgeändert?
Ja, und nun wieder zurückgeändert, weil ich tatsächlich gestern Abend zwei Geschichten verwechselt habe und die falsche geändert hatte. Ich bin einfach kein Nachtmensch ...

Dieser Eröffnungsdialog liest sich für mich sogleich so, als wäre er an den Leser gerichtet.
Mist! Ich verstehe, was Du meinst! Ich versuche es jetzt mit der einfahceren Änderung, die Freundin ist nihct die Beste, sondern eine alte Studienbekannte, neugierig, aber nicht nah dran.

Und schon rollen Tränen über meine Wange.
... da kann man sich gleich selbst erschliessen, dass es wohl nicht gut für sie ausgegangen ist, denke ich.
Ja, ein altes Problem, was ich mir einfach nicht abgewöhnt bekomme. Übererklären. Ich habe es gelöscht.

Da fehlen die Schlusszeichen nach der direkten Rede. Ausserdem bin ich hier etwas über Geht zu Strand gestolpert.
Ups! Ja, ich war mir lange uneinig mit der Zeichensetzung, die indirekte Rede in Abgrenzung zur direkten Rede. Und hier habe ich dann offensichtlihc gepfuscht - ist korrigiert. Und dass "zu" sollte weder despektierlich noch sonstwas sein, ich habe nur an der entscheidenen Stelle einen Tippfehler - sehr peinlich.

Ich würge, beim Gedanken an die heutige Gerichtsentscheidung steigt ein Schluchzen in der Kehle auf.
Würde zwei Sätze daraus machen: Ich würge. Beim Gedanken an [...] Weil sonst beziehe ich das Würgen auf das aufsteigene Schluchzen, aber das passt nicht recht zusammen, finde ich.
Stimmt! Geändert!

„Feines Frauchen, immer schön dem Manne recht machen.“
Ekliger Typ, aber auch ein wenig zu klischeehaft, was er hier sagt bzw. seine Charakterisierung.
Tja, aber ich sehe den hier richtig vor mir, mit Goldkettchen und schmierigem Grinsen. Sorry! Es gibt sie halt ...

Er rief die ganze Zeit, dass es kalt sei und die anderen Weicheier.
Liess mich etwas straucheln, weil ich habe die Truppe um den Beinahe-Ertrunkenen als junge Angeber gelesen, würde da der Typ im Wasser, selbst wenn er vor Kälte schlotterte, nicht sowas rufen wie: Kommt endlich rein, ihr Weicheier! Ist gar nicht so kalt! (?) Aber klar, das ist meine persönliche Lesart.
Ja, da kann ich Deine Lesart voll verstehen und glaube, dass Du damit nicht allein bist. Ich habe es mal Deinem Vorschlag entsprechend angepasst und hoffe, dass der nächste Leser es nicht noch anders liest.

Am Strand war kein Rettungsschwimmer, keiner der Gucker machte Anstalten, etwas zu unternehmen. Es wurde fotografiert und gefilmt, aber niemand telefonierte, setze einen Notruf ab.
Da sind so viele Personen, und wirklich niemand unternimmt was? Ja, man bekommt teilweise schon das Gefühl, unsere Gesellschaft sei etwas degeneriert, aber für mich las sich das etwas unglaubwürdig, konstruiert.
Ich empfinde die Gesellschaft zunehmend so, die Autobahngucker, die an einem Unfall Vorbeifahrer, die Zuschauer beim Anpöbeln von Obdachlosen. Ich wäre wirklich froh, wenn ich hier sagen könnte, das es völlig unrealistisch ist.

Ich glaube, das war der Moment, ich bin einfach wieder in die Routine als Rettungsschwimmerin gerutscht: Situation einschätzen, Hilfe rufen, Hilfsmöglichkeiten analysieren.“
Stimmt, du warst jahrelang aktiv. Was habe ich dich immer um den ganzen Monat in Warnemünde am Strand beneidet. Aber das ist doch Jahre her!“
Hier wieder der Dialog: Stimmt, du warst jahrelang aktiv liest sich für mich so, als wäre es direkt an den Leser gerichtet. Ich denke nicht, dass man bereits bekannte Sachverhalte in einem Gespräch so offensichtlich wiederholt.
Auch hier hast Du recht. Ich hoffe, mit der Änderung auf eine entferntere Freundin/Bekannte kann ich es so lassen, ich traue mich noch nicht an größere Eingriffe heran.

So selbstsicher das klang, würgte ich an der Säure im den Hals.
Da stimmt was nicht ...
Habe ich aufgeräumt, nicht zu glauben, was man so überliest. Ich weiß, dass mich die Stelle schon beim überarbeiten gestört hat, ich mag die derzeitige Lösung "meinen Hals" nicht, aber da schaue ich noch einmal.

In dem Falle könnte ich die Gerichtsverhandlung wohl verstehen. Nein! Ich bin reingesprungen, hab den Rettungsring mitgeschleppt und bin so schnell geschwommen, wie meine untrainierten Arme es hergaben. Es war kalt, das Wasser zog an mir, das doofe T-Shirt schlapperte um mich und störte.
Zwei Sachen: 1) den ersten Satz würde ich streichen und sie direkt auf die Geschehnisse zu sprechen kommen lassen. Ich finde, der tut nichts zur Sache und bremst an der Stelle nur. 2) Das mit dem T-Shirt: Warum hat sie das anbehalten? Als Rettungsschwimmerin müsste sie das doch besser wissen: Das behindert doch nur beim Schwimmen! Es macht sie weniger beweglich und der Stoff saugt sich sofort mit Wasser voll, was sie insgesamt schwerer werden und somit mehr Kraft verbrauchen lässt. Gegen die Kälte des Wassers hilft es auch gleich Null.
Den ersten Satz habe ich gestrichen, Danke!
Tja, zu dem Tshirt hatte ich in meinem Kopf, dass der Ehemann sie dort nicht halbnackt stehen haben will, aber davon habe ich nichts erwähnt. Schon doof, dass die Leser nicht in den Kopf der Autorin schauen können. Da ergänze ich noch einen Satz, muss aber noch einmal in Ruhe darüber nachdenken. Ich wollte jetzt nur schnell die groben Fehler aufräumen, damit die nicht doppelt kommentiert werden.

„Ah, bei sowas dürft ihr den zu Rettenden ausschalten, oder?“ Annes Augen leuchten fasziniert.
Haben Katie und Anne nie über Katies Vergangenheit als Rettungsschwimmerin gesprochen? Es liest sich beinahe so. Diese Info ist bei mir wieder so angekommen, als wäre sie direkt an mich als Leser gerichtet.
siehe Änderung auf entferntere Bekannte, mal schauen, ob es davon besser geworden ist.

Ich habe auf ihn eingeredet, meine Kraft war zu Ende, die Tiefe der Fahrrinne zog uns runter.
Das mit der Fahrrinne habe ich nicht ganz verstanden beim Erstlesen. Aber es sind wohl ins Flussbett gegrabene Rinnen für Schiffe, korrekt?
Ja, die tiefe Fahrrinne verursacht in der Elbe fiese Unterströmungen, ist wie eine Riffkante. Daher werden leichtere Ertrinkende (Kinder) leider so gut wie nie rechtzeitig gerettet, sie werden einfach nur nach untengezogen, keine Chance.

„Also alles gut, du hast ihn gerettet und dir ist nichts passiert. Was soll das ganze Theater dann?“
Etwas gar unsensibel von Anne, oder findest Du nicht? :D
Ja, genauso sollte Anne rüberkommen. Passt! Ich neige dazu sonst zu liebes Personal zu schreiben, dann lieber in die andere Richtung.

Keiner verflucht mich, so wie Tobias in der letzten Zeit.
Erklärung direkt nachgeschoben, finde ich ungünstig. Vorher klar machen, dass Tobias sie öfters angeflucht hat, dann kannst Du das hier einsparen und die Wirkung ist besser.
Ich suche mir noch eine Stelle, wo ich es anders einbaue, erst einmal habe ich es gekürzt.

„Wenn Euch einer sagt: Geht zum Strand! – entscheidet Euch anders, sonst ist das Leben im Arsch!“
Dieser Ausruf unterstreicht ihre Hilflosigkeit, macht sie aber auch fast etwas lächerlich. Ein schmaler Grat.
„Aber auch das werde ich noch retten!“
Für mich ein etwas gewollt auf positiv getrimmtes Ende.
Sie ist hart angeschlagen, drei Caipis können einen schon übertrieben rührseelig werden lassen. Und ob es das Ende wirklich braucht? Ich ticke so, aber wenn da noch andere drüber fallen, darf es auch raus.

Aber gerade der Dialog liest sich für mich grösstenteils etwas unnatürlich.
Das ärgert mich richtig! Also natürlich nicht Dein Kommentar oder Deine Meinung, sondern das die Dialoge so wirken. ich dachte immer, das ich Dialoge kann. Also weiter üben!

Also insgesamt finde ich auch, Katie erzählt das zu abgeklärt, obwohl sie noch sichtlich damit zu kämpfen hat. Das wäre mein Hauptansatz bei einer Überarbeitung.
Danke für Deine Hilfe. Ich schaue es mir unter dem Aspekt nochmal an, auch wenn ich es anders lese, kommt es nunmal eindeutig auf die Lesermeinung an. Mal sehen, wo ich da noch etwas nachjustieren kann.

Also Katie hat ja eindeutig Zivilcourage bewiesen, wird das nicht belohnt, oder zumindest nicht in Form eines Sorgerechtsentzugs abgestraft?
Ich glaube schon lange nicht mehr an Recht haben = Recht kriegen. Aber es ist kein realer Fall, vielleicht ist also meine Fantasie tatsächlich mit mir durchgegangen. Aber wenn ich es tatsächlich so schlecht dargestellt habe, das es für Dich unglaubhaft ist, muss ich auf alle Fälle noch einmal hart überarbeiten.

Lieber deserted-monkey, hab Dank für Deine Hilfe. Ich will wieder ein wenig aktiver werden, also lesen wir uns sicherlich bald wieder.
Herzlichst
greenwitch

 
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Hallo @greenwitch

Freut mich, dass Du mit meinen Anmerkungen generell was anfangen konntest! Und ja, warte am besten mal ab, was andere kommentieren, ist ja nach nur einer Fremdsicht auch nicht einfach, an einem Text was zu machen. Das mit den Dialogen: Ja, ich bin davon ausgegangen, dass Anne eine gute Freundin ist, die ihr sozusagen nahesteht, und die dann gemerkt hat, dass es der Katie nicht so prächtig geht und den Vorschlag mit dem Barbesuch gemacht hat deswegen. Aber jo, eine gute Freundin hätte sie vielleicht auch eher zu sich nach Hause eingeladen oder so. Will sagen, wenn sich die beiden nicht wirklich nahestehen, machen gewisse Erklärungen schon Sinn.

Ich empfinde die Gesellschaft zunehmend so, die Autobahngucker, die an einem Unfall Vorbeifahrer, die Zuschauer beim Anpöbeln von Obdachlosen. Ich wäre wirklich froh, wenn ich hier sagen könnte, das es völlig unrealistisch ist.
Ja, schwierig. Ich neige, Dir zuzustimmen. Was ich geschrieben habe, war einfach ein (trotz Zweitlesen) relativ spontaner Eindruck. Aber wahrscheinlich sagt der Text da schon die Wahrheit und es war nur mein inneres Aufbäumen dagegen: Sowas kann doch nicht sein! :-)

Ich glaube schon lange nicht mehr an Recht haben = Recht kriegen. Aber es ist kein realer Fall, vielleicht ist also meine Fantasie tatsächlich mit mir durchgegangen.
Ich stimme Dir zu, aber tief in mir drin glaube ich dennoch an Gerechtigkeit, auch wenn's manchmal schwer ist, wenn man so in die weite Welt hinausschaut und was da so abgeht. Ich glaube, mich hat einfach 'gestört' (das Wort bitte nicht auf die Goldwaage legen, ich schreibe das mangels eines besseren Ausdrucks), dass die Rettungsaktion sozusagen als Aufhänger gebraucht wurde, um ihr das Sorgerecht schlussendlich zu entziehen. Also wenn, wäre das für mich nur eine zusätzliche Sache, die on top von vielen anderen kommt. Da ich aber zu wenig über die sonstigen Hintergründe weiss (warum das Sorgerecht zugunsten des Mannes entschieden wurde), habe ich mich daran vielleicht auch ein wenig festgebissen.

Wünsche Dir ganz viel Erfolg für's weitere Schreiben!

Beste Grüsse,
d-m

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @greenwitch,

ich werde ganz schön rummeckern, was vermutlich daran liegt, dass ich neidisch bin. Immerhin schaffst du es, im Gegensatz zu mir, mal wieder etwas einzustellen!

ich mache es mir mal leicht und zitiere @deserted-monkey, dem ich überhaupt sehr zustimme:

Dann bin ich mir auch unsicher, ob die Essenz der Story so gut funktioniert: Also Katie hat ja eindeutig Zivilcourage bewiesen, wird das nicht belohnt, oder zumindest nicht in Form eines Sorgerechtsentzugs abgestraft? Wenn sie sich schon für Fremde so stark einsetzt, muss das ja ein Vielfaches auf ihre eigenen Kinder zutreffen? Und das es gefährlich war, was sie gemacht hat, sozusagen das eigene Leben aufs Spiel gesetzt, könnte sie doch mit ihrer Ausbildung als Rettungsschwimmerin wegargumentieren. Sie wusste, was sie da tat!
Das ist tatsächlich für mich das Hauptproblem. Da sie ja nun bewiesen hat, dass sie imstande war, den Mann zu retten, fehlt der Grund ihr die Kinder wegzunehmen. (Ich bezweifle eigentlich auch, dass es den Grund gegeben hätte, wenn sie gescheitert wäre.) Im Grunde ist sie ja voll die Heldin und ich habe das Gefühl, du musst ganz viel tun um das Ganze doch irgendwie peinlich für sie wirken zu lassen, indem der Ertrinkende als besonders unangenehm dargestellt wird. Am Ende schämt sie sich ja praktisch, dass sie einen Menschen gerettet hat, für ihre "Rettungsneurose".
Die Geschichte ist ja eher leichte Kost, du spielst ein bisschen auch mit Clichés, bis sie zur Retterin wird, die Freundin, der Barkeeper, der Alkohol, die Männer alles Idioten, der Schlusssatz, das ist alles recht anekdotisch. Ich finde das Thema "Verlust von Sorgerecht" passt da nicht so ganz rein.
Zunächst scheint es eine Geschichte zu sein, von einer Frau, gehobene Mittelklasse, die sich für ihren Mann verbiegt, was die Freundin kritisch sieht:
„Ja, ich erinnere mich: perfektes Häuschen in Blankenese, viele Museen- und Konzertkarten und du hast immer nur genickt.“ Anne rückt das Cocktailglas aus meiner Reichweite.

Schön knackig, der fette Satz. Ich glaube, für so eine kurze Geschichte würde ich dabei bleiben und die Kinder weglassen. Bei ihr bricht die Person durch, die sie vor der Beziehung mal war, sie rettet den Mann gegen den Willen ihres Mannes und der ist hinterher beleidigt, kommt nicht mit ihrer Rolle als Heldin klar, oder damit, dass sie sich gegen ihn gestellt hat, oder so, beendet die Beziehung.

Und sie ist darüber noch ganz geknickt, aber als Leser/in denkt man eben, um den ist es auch nicht so traurig. Das würde für mich etwas mehr Sinn machen und man hätte nicht so sehr diesen Bruch in der Logik wie mit dem Sorgerecht.

Offensichtlich hat der Typ neben uns mitgehört und grinst mich an. „Feines Frauchen, immer schön dem Manne recht machen.“
Während ich noch nach einer Erwiderung suche, zeigt Anne ihm den Mittelfinger.
„He, he, ich mag liebevolle Frauen.“ Anscheinend genießt er den Schlagabtausch.
Das ist irgendwie schräg, sein erster Satz so fies/schmierig über den Punkt, der Zweite auf einmal ernst, der Ausdruck "liebevoll" passt dann für mich irgendwie nicht, dann noch ihre Interpretation, dass er den Schlagabtausch anscheinend genießt, hm, Schlagabtausch, bisher war da ja nur ein Mittelfinger.
Auch dafür zeigt der Barkeeper mir den erhobenen Daumen. Ja, ich habe wohl alles richtiggemacht. Bis dahin.
Und hier unterwirft sie sich seinem Urteil, was zu der Frau schon passt, aber sie doch echt schon fast bräsig wirken lässt.
„Ich antwortete: ‚Die hat er nicht, ich geh rein.‘
Mein Lieblingssatz. Überhaupt, ihren Umschwung, dass da noch etwas anderes in ihr steckt, das finde ich interessant.
Ich verharrte, war sprachlos. Und alles was ich antworten konnte war: ‚Ich bin Rettungsschwimmerin! Ich muss!‘
Sie ist ja nicht sprachlos. Sie sagt: "Ich bin Rettungsschwimmerin ..." Warum überhaupt an diesem Punkt verzögern? Hier muss Tempo rein. Sie ist ja eigentlich schon im Tunnel.

Vorschlag:
Tobias baute sich vor mir auf, umklammerte meinen Arm, tat mir weh. ‚Du ertrinkst dort drin und wofür? Für einen besoffenen Idioten!‘
‚Ich bin Rettungsschwimmerin! Ich muss!‘

Tobias zehrte mich zu den Kindern, seine Stimme überschlug sich: ‚Der ist dir wichtiger als die Kinder und ich?‘ Erst da realisiere ich, wie verstört meine Kinder wirken. Mias Augen glänzten, die für sie so typischen Flecken überzogen den Hals. Sie kaute auf den Nägeln, der erste Finger blutet bereits. Das hatte sie seit Jahren nicht mehr gemacht.
zerrte, Und hier springst du ein bisschen in den Zeiten
Und ich finde, dass sie Mia in dieser aufgewühlten Situation viel zu genau beobachtet, auch der Gedanke, dass sie das seit Jahren nicht gemacht hat macht das Ganze sehr gemütlich.

Interessant an dem Text finde ich, wie da auf Knopfdruck plötzlich eine Seite rauskommt, die längst verschüttet schien. Dass ihr Mann mit Trennung und Kindesentzug reagiert, spricht ja eher dafür, dass da vorher schon was kaputt war. Ansonsten würde er sich vermutlich schreckliche Sorgen machen und wäre erleichtert, dass sie überlebt. Vielleicht könntest du tatsächlich den Knackpunkt noch mehr herausarbeiten, was ihn dann an ihr hinterher so abstösst. Ist er ängstlich, befehlsgewohnt oder narzistisch?

So, liebe greenwitch, hat mir Spaß gemacht. :baddevil:

Liebe Grüße von Chutney

 

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