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Entschuldigung, heißen Sie zufällig Jürgen?
Endlich habe ich die Zeit gefunden, die Geschichte noch mal umzuschreiben. Ihr findet die neue Version direkt hier.
„Hallo?“
„Spreche ich mit Jürgen?“
„Bitte?“
„Ob ich mit Jürgen spreche?“
„Nein. Da haben Sie sich verwählt.“
„Wirklich? Kann doch gar nicht sein. Sind Sie sicher, daß Sie nicht Jürgen sind?“
Ich war mir eigentlich ziemlich sicher, nicht Jürgen zu sein, aber ich wollte dem armen Mann, der mich da fälschlicherweise angerufen hatte, nicht vor den Kopf stoßen.
„Ja, da bin ich mir doch recht sicher.“ Noch während ich das sagte, wunderte ich mich über meine inkonsequente Art.
„Dann habe ich mich also verwählt?“
„Ja, sieht ganz so aus.“
„Verdammt... brauchen Sie vielleicht einen Staubsauger?“ Diese plötzliche Frage brachte mich ein wenig aus der Fassung.
„Staubsauger?“
„Ja. Staubsauger. Meine Frau hat gestern so einen gewonnen, aber wir haben schon einen.“
„Ach so... nein, ich habe auch schon einen. Vielleicht, wenn Sie mal Jürgen fragen.“
„Wer ist Jürgen?“
„Der, den Sie anrufen wollten.“
„Ach ja... nein, ich glaube nicht.“
„Was glauben Sie nicht?“
„Das ich ihn deswegen anrufen werde.“
„Werden Sie nicht?“
„Nein. Wissen Sie, ich kenne ihn ja gar nicht...“ Damit hatten wir schon mal etwas gemeinsam.
„Warum wollten Sie ihn denn dann überhaupt anrufen?“
„Ich hielt es für eine gute Idee. Haben Sie einen Toaster übrig?“
„Warum das denn jetzt?“
„Naja, den könnten wir gegen meinen Staubsauger tauschen.“
„Aha. Ich habe eine Mikrowelle.“
„Was hat das denn damit zu tun?“ wollte er berechtigterweise wissen.
„Ich brauche keinen Toaster.“
„Sie toasten in der Mikrowelle?“
„Manchmal.“, gab ich ohne Umschweife zu.
„Möchten Sie einen Toaster von mir haben?“
„Ich dachte, Sie haben keinen?“
„Das habe ich nie behauptet. Ich sagte nur, daß ich Ihren Toaster gegen meinen Staubsauger tauschen würde.“
„Was wollen Sie denn mit einem zweiten Toaster?“
„Das geht Sie gar nichts an.“
„Sie müssen doch nicht gleich pampig werden.“
„Doch, dazu bestand durchaus Veranlassung.“
„Sie müssen es ja wissen.“, sagte ich. Und ich fand wirklich, daß er das eigentlich wissen müßte.
„Und was sagt Ihre Frau dazu?“ fragte er dann.
„Was?“
„Was Ihre Frau dazu sagt?“
„Wozu sollte sie denn was sagen?“
„Naja, warum Sie keinen Toaster haben?“
„Weiß nicht. Ich habe keine Frau.“
„Oh, das tut mir leid.“
„Das macht nichts. Ich komme zurecht.“ Das stimmte nicht wirklich. Eigentlich hätte ich mir schon eine Frau gewünscht, aber es ist noch keine gekommen.
„Suchen Sie eine Frau?“
„Eigentlich nicht.“
„Schade. Ich würde Ihnen meine geben.“
„Warum das denn?“
„Naja, zum Beispiel die vielen Preisausschreiben, an denen sie schon teilgenommen hat. Das nervt, kann ich Ihnen sagen. Was sollen wir denn mit vier Toastern?"
„Ja, aber darum müssen Sie sie doch nicht gleich verschenken.“
„Wer sagt denn verschenken? Ich nehme dafür Ihre Mikrowelle.“
„Nein, die brauche ich noch.“
„Warum?“
„Zum toasten.“
„Sie haben dann doch meine Frau.“
„Zum toasten?“
„Warum nicht? Sie ist vielseitig einsetzbar.“
„Das wäre in der Tat praktisch.“ War es wirklich. Ich begann langsam, mich mit diesem Angebot anzufreunden.
„Oder kochen.“
„Was denn?“
„Was sie kochen kann?“
„Nein, was denn für ein Staubsauger?“
„Er ist rot.“, sagte er.
„Ach so. Rot ist ganz gut, würde ich sagen.“
„Ich dachte, es geht um meine Frau.“
„Ach ja. Tut mir leid, ich war in Gedanken.“
„Verziehen.“
„Rot, sagen Sie?“
„Nein, blond.“
„Was?“
„Die Haare meiner Frau.“
„Ach, hören Sie schon auf damit!“ Ich hatte wirklich genug.
„Womit soll ich aufhören?“
„Über Haarfarben zu reden. Das ist Unsinn.“
„Finden Sie? Na gut. Reden wir über den Feminismus.“
„Der ist auch Unsinn!“
„Ja, da haben Sie recht. Zigaretten?“
„Nein danke, ich bin Nichtraucher.“
„Ich wollte Ihnen keine anbieten, Das sollte mein Themenvorschlag sein.“
„Ach so. Sie rauchen?“
„Nein, natürlich nicht.“ Eigentlich war unser Gesprächsstoff an dieser Stelle erschöpft, aber mein Gegenüber gab nicht auf. „Wissen Sie, meine Frau raucht.“
„Aha. Und?“
„Nur so. Ein weiterer Grund, sie loszuwerden.“
„Vielleicht. Aber ich denke nicht, daß man deswegen die Frau, die man liebt, verschenken sollte."
„Auch wieder wahr. Vielleicht behalte ich sie noch ein wenig. Mal sehen. Mögen Sie Fußball?“
„Nur zur WM.“
„Ach, Sie sind einer von diesen Pseudofans?“
„Wenn Sie es so ausdrücken wollen.“ In Wirklichkeit war ich großer Fan von Arminia Bielefeld, aber ich wollte ihm keine Angriffsfläche bieten.
„Ich persönlich mag ja Arminia Bielefeld.“, sagte er ganz unvermittelt. Ich bedauerte, ihm nicht die Wahrheit gesagt zu haben, sonst hätte ich jetzt mit ihm fachsimpeln können. Der Zug war wohl abgefahren.
„Und was sagt Ihre Frau dazu?“
„Während der WM hat sie immer Tennis sehen wollen, das sagt doch wohl alles. Ausgerechnet Tennis! Naja, Damentennis vielleicht, aber... nein...“
„Damentennis? Warum denn gerade Damentennis?“
„Haben Sie sich mal die Spielerinnen angesehen? Holla die Waldfee, sage ich Ihnen.“
„Bitte?“
„Na, Sie sind doch auch ein Mann. Sie wissen schon. Kennen Sie diese Russin... na, wie war doch gleich der Name... verdammt...“
„Steffi Graf?“ riet ich aufs Geratewohl.
„Ja... Reden wir besser über was anderes. Was machen Sie beruflich?“
„Na hören Sie mal, wir kennen uns erst seit vier Minuten...“
„Ach ja. Tut mir leid. Ich bin bei der Steuerfahndung, müssen Sie wissen.“
„Nein, das muß ich nicht wissen.“
„Ich dachte, daß Sie das vielleicht interessieren würde.“
„Nein. Aber warum verkaufen Sie dann Mikrowellen?“
„Da haben Sie jetzt aber was vertauscht. Ich verkaufe Toaster. Und was ist daran so schlimm?“
„Naja, als Steuerfahnder...“
„Ja, wissen Sie, meine Frau redet seit Jahren auf mich ein, ich solle mir ein anderes Hobby suchen.“
„Anstelle vom Steuerfahnden?“
„Anstelle vom Toasterverkauf.“
„Ach so... naja...“
„Wollen Sie sie jetzt haben?“
„Nein. Ich brauche keine Frau.“
„Ich pack sie Ihnen auch ein.“
„Also wirklich... das ist geschmacklos!“ Das fand ich tatsächlich geschmacklos.
„Dann schick ich sie doch an Jürgen, wie ich es zunächst geplant hatte.“
„Was soll das denn heißen?“
„Ach wissen Sie, ich glaube seit längerem, daß sie mir fremdgeht. Und dann habe ich vor ein paar Minuten in ihrem Mantel einen Zettel gefunden, da stand sein Name und eine Telefonnummer drauf.“
„Ihre Frau betrügt Sie also mit diesem Jürgen?“
„Jetzt nicht mehr.“
„Was haben sie dagegen getan?“
„Dazu kennen wir uns noch nicht lange genug, fürchte ich. Ich gehe jetzt Jürgen anrufen, damit er seine neue Frau bei mir abholen kommt. Sie paßt jetzt sogar in den Umzugskarton.“
„Was soll das denn heißen?“
„Jetzt hab ichs! Kournikova!“ Mit diesen Worten legte er einfach auf und ließ mich mit seinen Gedanken alleine.