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Mein erster Text, den ich veröffentliche. Viel Spaß beim Lesen!
Erstarrte Flammen
Es ist mitten in der Nacht, doch sie kann wie immer nicht schlafen. Zu viele Gedanken strömen durch ihren Kopf. Sie steht auf, macht die Nachttischlampe an, zieht sich den Morgenmantel über und geht barfuß auf den Balkon. Dort zündet sie sich eine Zigarette an und blickt zum Mond, ihr einziger Gefährte in solch einsamen Nächten.
„So ist das eben mit dem Glück“, denkt sie sich, „es ist wie eine Seifenblase, die man vorsichtig balancieren muss, damit sie sich nicht in Luft auflöst. Je glücklicher man ist, desto größer und fragiler wird die Blase, desto schwieriger ist es das Glück zu halten. Dann gibt es noch diejenigen, die Narben der Vergangenheit wie hervorsprießende Nageln auf den Innenflächen ihrer Hände tragen. Das sind die armen Kreaturen, die wohl nie in der Lage sein werden Glück in ihr Leben zu lassen. Es wird in ihren Händen immer wieder zerplatzen – bis sie die Hoffnung endgültig aufgeben und nur noch dabei zusehen wie es an ihnen vorbeizieht und in den Händen anderer gelangt. So ist das eben mit dem Glück“, sie zieht ein letztes Mal an ihrer Zigarette, „es ist nicht für jeden bestimmt.“
Mit diesen Gedanken durchquert sie ihr Schlafzimmer und geht ins Bad. Sie schließt die Badezimmertür hinter sich, obwohl es niemanden gibt, der hätte eintreten können. Sie zieht sich aus und betrachtet sich im Spiegel. In diesen vier Quadratmetern kann sie nackt sein und das nicht nur körperlich. Stumme Tränen laufen über ihre Wangen, doch ihr Herz ist kalt. Es macht den Anschein als würde ihr Körper über ihre verloren gegangene Seele trauern. Sie wischt die Tränen weg und fragt sich wann der Zeitpunkt gewesen war als aus unendlicher Trauer unendliche Leere wurde. Der Zeitpunkt an dem aus dem rot ihrer Seele zu einem hellen rosa erblasste, an dem das hoffnungsvolle gelb immer mehr an weiß erinnerte. Sie wollte sich damals helfen lassen, doch es gab kaum jemanden der Interesse daran hatte hinter ihre Fassade zu schauen. Und als sie doch jemandem ihr Herz ausschüttete ergaben ihre Sätze keinen Sinn mehr und die Worte in ihrem geistigen Augen glichen immer mehr verschwommenen Buchstaben. Und jetzt ist es zu spät, jetzt ist alles grau - erfroren im einsamen Winter ihrer Seele. Es erdrückt sie - dieses Gefühl der Gefühllosigkeit. Deswegen steckt sie sich den Finger ganz tief in den Rachen. Deswegen raucht sie eine Kippe nach der anderen. Deswegen betrinkt sie sich und küsst wildfremde Jungs. So vergisst sie nicht, meint sie, dass sie noch am Leben ist. Doch wenn sie dann abends alleine in ihrem Bett liegt und Alpträume sie plagen, entfachtet ihr Herz aus Stein Flammen. Dann kommt der Rauch der Erinnerungen hoch, der ihr die Luft zum Atmen nimmt. Dann sind ihr die Dämonen ganz nah und ziehen sie tiefer in das schwarze Loch ihrer Selbst.