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Göttliche Extraktion

TWP

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17.11.2005
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Göttliche Extraktion

Doch was er diesmal für mich bereithielt, war nicht sein Machwerk, nicht die Maschine, das Trugbild, mein Wille. Es war der lebendige Engel, von einem mir gnädigen Gott, jenseits der Markttore, meiner Rettung zugefallen; dem Hehler des Leibhaftigen, dieser entsetzlich windigen Schlange in den Schoß gelegt, um mich, den Mann, dessen Hände voller Wanzen sind, der seinen Lehmtopf mit den wertvollen Münzen schon längst im Schatten verausgabt hatte, noch finden zu können. Offenbar gab es diesmal keinen Preis, denn sie, der Engel, löste sich von selbst, mir freigiebig aus dem Verbund der Schlange, entfaltete gewaltige, strahlendweiße Flügel, deren Antlitz unwillkürlich mächtig, all niederes Geschöpf in mir, zurück in ein muffiges Loch bannten, wo es nicht mehr treiben konnte, wo es ständig wütet und niemals stirbt. Doch sie kam mit dem mildesten und wahrhaftigsten Lächeln so nahe an mich heran, daß ich ihren klaren Atemzug spürte, wie er mir langsam mein durchsetztes Schnaufen raubte, mir die teure schwarze Luft aus den dunklen Lungen sog. Behutsam reichte sie nach meiner Hand und ich ergriff ihre taumelnd. Sie hüllte mich ein; ich presste mich ergeben an sie. Meine Füße verloren den Halt der Erde. So hoben wir ab, in den endlosen Sternenhimmel, als ich bewusstlos wurde.

 

Hallo und Danke für deine Kritik,

Ja, ich habe große, bedeutungsschwere Bilder verwendet, wobei es mir vor allem auf die Komposition dieser ankam - ich wollte nichts draufsetzen.

Das tatsächliche Geschehen blende ich beabsichtigt aus, da ich einen archetypischen Moment beschreibe, den ich hier deshalb auch auf einem mystischen Niveau ausdrücken möchte.

Handlung gibt es keine, es ist ein Moment, der Abriss einer Stufe. Inhalt sollte es haben: einen primitiven und berührenden.

Wenn es nicht "seltsam" ist, wohin dann damit? "Philosophisches" gefällt mir nicht und passt wohl auch nicht.

Danke für den Hinweis mit dem Geschöpf.
Und: Welchen Autor meinst du? Nenn ihn doch beim Namen!

Gruß zurück,
TWP

 

S.H. schrieb:
(...) weil es von vornherein nicht wusste, wohin es wollte.

Was genau führt dich zu dieser Annahme?

 
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Hallo Lukas,

Ich wollte keinen hohen Ton treffen, sondern einen guten; und ich glaube nicht, dass mein Satz falsch ist oder gar wenig Sinn ergibt.

In einer bestimmten Zusammensetzung von Bildern, sind die Bilder nicht beliebig ausmalbar, sondern erschließen sich aus dem Verbund, sowie aus jenen bereits von dir genannten Anhaltspunkten, die es gibt. Schade, dass dich mein Text nicht motiviert - vielleicht jemand anderen.

Danke für deine Kritik.

 

Hallo TWP,

deine Geschichte hat etwas in mir angerührt, doch bei näherem Nachdenken verstehe ich sie einfach nicht.

Sie löste sich mir freigiebig.
Worauf bezieht sich das? Grammatikalisch auf Rettung? Oder auf den Engel, der hier weiblich ist? Verwirrend!

dass ich ihren Atemzug spürte, der mir meinen raubte, mir die teure schwarze Luft aus den dunklen Lungen sog.
Passiert hier etwas Gutes oder Böses? Klingt widersprüchlich, erlösend und bedrohlich. Absicht?

Deine Bilder klingen in mir nach, immer noch. Das ist dir also gelungen.

Gruß, Elisha

 
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Hallo Elisha,

TWP schrieb:
Sie löste sich mir freigiebig.

Es bezieht sich auf den Engel, der die womögliche Rettung ist. Sie gibt sich dem Ich-Erzähler freiwillig hin, ohne das er, wie sonst eigentlich dafür - "zahlen" muss. Er findet sie in den Krallen des Teufels, weil er nur dort nach Frauen sucht, nur solche will. Aber die Formulierung ist wirklich bedenklich - mal sehn.

Elisha schrieb:
Passiert hier etwas Gutes oder Böses? Klingt widersprüchlich, erlösend und bedrohlich. Absicht?

Ist schön, dass du es erkennst. Danke.

 
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Danke für deine Ausführung, Lukas.
Selbstverständlich reicht sie ihm ihre Hand. Man versteht es. Was durch die Satzkonstruktion noch entsteht, ist die Assoziation einer räumlichen Ausdehnung, eines "Übergriffs" des Engels auf den Helden. Das ist auch schon alles. Jedoch nicht sinnlos.

 

@Golio

Was verwirrt dich denn?
Ich habs noch ein wenig geändert. Vielleicht ist es jetzt klarer.

 
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Eigentlich ist es ganz einfach. Einem Sünder begegnet zufällig die sanfteste, ehrlichste Frau des Universums, ich nenne sie Engel. Sie liebt ihn und schenkt sich ihm. Doch ihr Einfluss auf den Helden ist gut und schlecht zugleich; schlecht da er Sünder ist und er so ihrer Herrlichkeit nicht oder nur beschwerlich standhalten kann, weil sie ihn ungewollt seiner einzigen wirklichen Kraft beraubt. Ob eine gemeinsame Liebe dennoch möglich ist, bleibt mir ungewiss, steht in den Sternen.

 

Hallo TWP

Ich finde deine Geschichte auch sehr gelungen. Wenn man den Bereich des Metaphysischen erreicht hat, kann mit den Assoziationen natürlich spielen und nur so um sich werfen. Der wohlklingende Titel beeinhaltet den Inhalt, und ohne Titel wüßte man wohl nicht was genau geschehen würde. Eigentlich finde ich es Schade, dass diese KG nicht länger und hingabevoller mit verschnörkelten Metaphern und Wortgewandtheit geschrieben wurde. Was mir sehr zu denken gibt, da ich ja Fan dieses Stils bin!

Gruß
ARis Rosentrehter

 

@ Golio

Auf jeden Fall liest sich der Text mit dieser Info sehr schön. Jetzt merk ich auch, wie alles einen Sinn ergibt. Gelungen!
Aber macht es Lesefreude, dass man vom Autor erst informiert werden muss, um Sinn zu finden? Kann es dann noch gelungen sein?

 
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Hallo

@Aris: Ich denke nicht, daß der Titel schon alles verrät, denn er binhaltet nicht die zwiespältige, ungewisse Konsequenz der göttlichen Extraktion.

Eigentlich finde ich es Schade, dass diese KG nicht länger und hingabevoller mit verschnörkelten Metaphern und Wortgewandtheit geschrieben wurde. Was mir sehr zu denken gibt, da ich ja Fan dieses Stils bin!
Hier beleidigst du mich. Der Text ist hingebungsvoll geschrieben. Mag er auch keine verschnörkelten Metaphern bergen, so ist es doch eine Bilderwelt, die mir etwas bedeutet. Findest du meine Wörter wirklich so ungewandt? Wieso gibt dir was zu denken?

Die Geschichte ist eigentlich länger, sie hat einen Anfang und dies ist der - ich muss es betonen: vollständige und selbstverständliche - Zweite Teil.

@golio: Es freut mich, daß dir der Text gefällt. Würde es hier eine Kategorie namens "Liebe" geben, würde er dort stehn. Seltsamerweise gibt es die nicht.

@golio und bernadette: War meine "Hilfestellung zum besseren Verständnis" denn wirklich notwendig?

 

Tag ihr beiden

Ich finde eine Geschichte sollte schon eine Diskussion mit sich bringen. Ich z.B. versuche in meinen KG´s diesen Effekt bewußt herbeizuführen. Ich weiß nicht wie das bei TWP ist!? Ich denke, man sollte schon ein wenig, oder auch ein wenig mehr, über das Geschehen rätseln, Vermutungen anstellen usw.
Wenn ich euch zum Thema "Prosaminiaturen" etwas empfehlen darf: "Milch Holz Katzen" von Paul Brodowsky. edition suhrkamp.
Oder vielleicht hier eine dieser Prosaminiaturen:

"Derweil bin ich oft auf dem Meer. Man kennt dort seine eigene Position nicht exakt, und die Isohelien verschwimmen mit den Meerbergen und Wellentälern. Es muss Punkte geben, an den die Sonne immer ganz und rund bleibt, oder man meint dies zumindest. Das soll mir genügen."
Find ich total geil!

Gruß
Aris Rosentrehter

 
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Sorry Aris, ich war etwas ruppig zu dir. Nachdem ich deine Aussage über den Titel jetzt nochmals las, merke ich, daß ich sie wahrscheinlich falsch verstanden habe.

Ich denke, man sollte schon ein wenig, oder auch ein wenig mehr, über das Geschehen rätseln, Vermutungen anstellen usw.
Ja, finde ich auch gut. Vorausgesetzt das Rätsel ist nicht nur da um ein Rätsel zu sein, sondern steht in logischer oder emotionaler Verbindung zum Inhalt.

 

Hallo TWP

Ja! Sonntags wird nicht gestritten! Denn ich wollte dich auch in keinster Weise ärgern. (außerdem hast du angefangen :D )Ich sagte ja schon: Ich bin Fan dieses Stils. Meine KG´s sind ja auch so kurz und noch abgehakter. Ich meinte: Weil ich die Idee so gut fand hätte ich gerne ein wenig länger gelesen. Entweder machst du eine richtige KG draus, oder du solltest richtig poetisch werden. Über Letzteres würde ich mich mehr freuen. Mich hat der Blues dieser KG noch nicht erfasst. Da fehlt der Schwung. Gibt es den Anfang zu lesen?

Hochachtungsvoll

 
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Hi Aris

Hm - mich verwirrt, wie du das Wort "Stil" verwendest. Du meinst eher die Textart, oder? Lyrische Kurzprosa.

...oder du solltest richtig poetisch werden.
"Richtig poetisch"... nun, ich bin so poetisch wie ich es mit meinem ehrlichen Empfinden der Dinge vereinbaren kann - und der nötigen Worte vermag. Wenn ich keine Identifikation für mich mit dem "Schwulst" finde, will ich ihn nicht schreiben.

...hätte ich gerne ein wenig länger gelesen.
Ja, es ist wirklich kurz...

Mich hat der Blues dieser KG noch nicht erfasst. Da fehlt der Schwung.
Na ja, es ist eben kein Blues. Vielleicht Jazz. Daß der Rhythmus an manchen Stellen abhakt und kurz stockt, soll so sein; sonst würde er am Inhalt vorbeischwingen.

Die Vorgeschichte zu veröffentlichen, scheue ich mich. Vielleicht irgendwann.

 
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Danke für dein großes Kompliment und deine vielen Worte, Golio. Und verzeih es mir bitte, wenn ich jetzt nicht erkläre, wonach du mich gefragt hast. Es ist zuviel, und ich möchte nicht alles eigenhändig zum zerplatzen bringen. Die Bilder sind so präzise und gleichsam so schön, wie es mir möglich war. Meine Worte sind mit Bedacht gewählt, können jedoch - und das ist unvermeidlich, wenn ich mich nicht ganz allgemein halte - unterschiedliche Assoziationen wecken, was Probleme beim Verständnis macht.

 

Lukas,

du hast nicht einmal mitbekommen, dass der satz grammatischer unfug ist und dann willst du den unfug im nachinein mit sinn ausstatten?
Ich war mir nicht sicher bezüglich der Grammatik, aber das war mir egal. Der Satz wirkte auf mich stimmig und von je her sinnvoll. Sonst hätte ich ihn längst verändert.

scheint mir eh, dass der text jetzt mit sachen vollgestopft wird, die gar nicht da sind .. naja,ist ja nikolaus, da kriegt jeder was!
Du maßt dir Dinge an zu sagen...

 

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