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Heikos letzte Regel

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11.12.2016
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Heikos letzte Regel

Immer diese Regeln

„Nur wer eine Freundin hat, darf hier im Park bei uns stehen“, stellte Heiko als Regel auf. Er ließ diese auch gleich noch von Andi, einem seiner Pseudos bestätigen, die einen Halbkreis rund um eine Bank bildeten. Da war kein Platz für mich. Von da an versuchte ich mich ein Jahr lang als Charmeur, nur um eine Freundin zu finden. Das war besonders heikel, denn Kristina meine Angebetete war sein Mädchen, obwohl ich nicht glaubte, dass es zwischen denen richtig funkte.
Ich versuchte es deswegen genau ein Jahr lang, weil die Vereinigung unserer beiden Staaten dazwischen kam. Dann hab ich Heiko nie wieder im Park gesehen, weil er sich nachmittags vor seine Atari Spielkonsole setzte, von der er immer geträumt hatte. Mich wurmte trotzdem, dass ich keine Freundin gefunden hatte und ich war schon zwölf.
Genau jener Teil in unserer Klasse, der so gern den Park für sich beanspruchte, gab sich im Unterricht die größte Mühe und verschwand nach dem einen Jahr, bis auf den langen Andi, aufs Gymnasium nach Krondorf, gleich neben dem Friedhof.
Dort hatte man die ehemalige Kaserne umgebaut und wollte jetzt mit Drill und gymnasialer Gymnastik die bessere Hälfte unserer Klasse perfekt machen.
Die letzte Zeit bis zur Trennung waren erbärmlich. Obendrein vermisste ich da schon am meisten Kristina, obwohl sie noch in der Wandreihe saß. Die einzige bei der ich mit meinen Späßen ihr bezauberndes Lächeln hervorrief, manchmal wendete sie sich einfach so damit zu mir um und wich meinem Blick nicht aus.
Vielleicht war ich, was den Charakter anging, das Gegenteil von dem was ihren Vater ausmachte. Er war der strenge Leiter der Chirurgie. Er schnippelte Menschen auf, um Herzen oder Krebsbeeren zu entfernen. Ich bildete mir ein, dass ein kleiner Teil in Kristina auch auf einen Vogel wie mich blinzelte, der eher den Leuten ein Herz verpasste oder einen Bären aufband.
Einziger Trost, ich konnte im neuen Schuljahr weiter in die Schule gehen, in die ich immer gegangen war, an den selben Tischen und unter den selben alten Wandkarten sitzen, ohne den Linienbus nehmen zu müssen. Kinder die auf Busse warten, hatte ich schon immer bemitleidet.

Der erste Tag nach dem einen Jahr

Meine Oma weckte mich, in dem sie an mein Kämmerchen klopfte. „Ich komm ja“, antwortete ich müde und blieb liegen als Bodensatz, der es nicht heraus geschafft hatte, auch als ich aufgestanden war. Sollte ich wirklich zur Schule ohne dass da Kristina in der Wandreihe saß? Muß ich da hingehen, um mir endgültig den schwarzen Stempel UNTAUGLICH aufdrücken zu lassen?
Ich schaute auf meine Uhr und freute mich, die erste Viertelstunde schon verpasst zu haben, malte mir aus, bis in die Herbstferien den öden Unterricht zu verkürzen.
Aber meine Oma hatte meine Lage schon richtig eingeschätzt, ein Schulschwänzer war ich nicht, nur zur ersten Stunde kam ich unpünktlich.
Darum hatte sie vorbeugend alle Uhren sogar die Uhr an meinem Arm vorgestellt und seit Neustem einen Deo Roller hingestellt, so trödelte ich rechtzeitig ein. Ich sah auf dem Hof eine ganze Reihe neuer Gesichter von Schülern, die versuchten sich zurecht zu finden.
Kinder von den Dörfern kamen nun zu uns, weil auf dem Land eine Schule geschlossen wurde. Wir die Alteingesessenen trafen uns am Goethestein, wo heute unsere Form von Appell abgehalten wurde, Spuckepfützen aulen und die “Null Bock Devise“ zur Schau stellen. Wir waren keine niedlichen Kinder mehr, das Gerotze und der Geruch nach Puma brachte das Gleichgewicht von Sich-Ok-Finden und den Ekel vor sich selbst durcheinander. Von hier schlenderten wir ins Gebäude, das uns wie ein Trog vor kam und Andi tat mit eindeutiger Mimik so, als könnten er den Stallmist an den Neuen riechen. Alles kam mir vor wie Freakshow mit uns als Hauptdarstellern. In meine Unzufriedenheit mischte sich ein Bild, dass die von den Dörfern in den Rucksäcken ihre Hühner, Gänse und Tauben mitbrachten. Jetzt konnten wir vielleicht das fliegende Klassenzimmer werden, lernen würden wir nie wieder etwas. Wir würden unsere Zweitklassigkeit durch böse Scherze überspielen und den Gymnastik Schülern mit Prügel auflauern.
Ehrlich gesagt war für mich die einzige Hürde an die höhere Schule zu wechseln, eine weitere Sprache zu erlernen. Egal wie gut ich sie beherrschte, ich würde in Fremdsprachen nie ausdrücken können, was ich wirklich dachte und ich dachte schon viel. Ohne Interesse an Fremdsprachen brachte ich nur mangelnde Leistungen, damit hatte ich mein Schicksal besiegelt.

Als es zur ersten Stunde Russisch mit einer neuen Lehrerin Frau Dräger klingelte, war die ältere Dame noch auf der Suche. Nicht ohne Grund, denn wir zogen einen Schrank vor die Tür, als gäbe es unseren Raum nicht.
Warum sollten wir auch Vokabeln lernen, obwohl das Land verschwand, in dem man sie brauchte. Weit im Osten löste sich der große Bruder immer mehr auf, eine Teilrepublik nach der Anderen erklärte die Unabhängigkeit und emanzipierte sich mit eigener Sprache. Der Rest schwamm die Lena und den Ob ins Polarmeer und uns strafte das Leben mit Russisch. Nur auf Gorbis Stirn gab es noch die Karte einer utopischen Sowjetunion.
Irgendwann half der Direktor Frau Dräger den Schrank zur Seite zu schieben, wobei ein Fuß abbrach und die im Schrank enthaltenen Klassensätze von Hamlet ins Treppenhaus stürzten.
Der neue Direktor war ein beleibter Mann mit Hemd, dessen Zipfel aus der Hose schauten, uns wurde durch diese weißen Lappen an seiner Person die zweite Wahl unserer Schulform sichtbar.
Er lief staatstragend durch die Bankreihen, setzte seine einzige betroffene Larve auf, die er besaß. Ein Gesicht für jede ernste Angelegenheit, von A wie Amoklauf bis Z wie ziemlich harmloser Schülerstreich. Er forderte die Übeltäter, um Verweise auszustellen: „Wer hat sich diese Sache ausgedacht? Also wer?“
Wir kannten uns alle doch noch nicht mal mit Namen, was sollten wir also antworten. Obwohl wir alles andere als eine verschworene Gemeinde waren, verfielen wir in kollektives Schweigen. Einer, der die Stille nicht länger aushielt, leugnete schließlich mit verschmitztem Stolz: „Wie sollen wir von innen den Schrank bewegt haben? Es kann nur einer von außen gewesen sein.“
Frau Dräger hatte mit Schnappatmung auf der Türschwelle gewartet um nicht zu vergessen: "Hier wars!" Der Direktor verließ den Raum ohne Maßnahmen, attestierte uns der Achten ein „schwieriges Alter“. Darauf konnten wir uns was einbilden, kompliziert zu sein.
Russisch fiel ins Wasser. Denn wir hatten die Tafel eingeseift, so dass Frau Dräger nicht mal ihren Leitspruch schreiben konnte. Sie bestimmte einen Neuen, der mit dem Schwamm zwar alles gründlich abwusch, aber auch für eine Überschwemmung sorgte. Wasserlachen züngelten bis in die ersten Reihen und Frau Dräger watete in Sandalen durch. Das rechnete ich ihr hoch an, sie ließ sich nicht beirren, um doch noch ihren Satz aller Sätze zu bringen:
Покажите мне свои страсти, и я скажу вам, кто вы.
"Jetzt übersetzen!", befahl sie. Wir griffen alle nach den roten Wörterbüchern vom Stapel und versuchten herauszufinden, was sie uns auf den Weg geben wollte.

Die Übersetzer flogen am Ende aus den Fenstern, wie die meisten Gegenstände, die nicht angeschraubt waren und die uns zur grenzenlosen Freiheit im Weg erschienen. Ich hasste es allerdings wenn etwas kaputt ging, nur um Lacher zu ernten. Mir gefiel es besser Dingen ihren Platz zu lassen und trotzdem alles zu ändern.
Für unser Alter war eigentlich die Jugendweihe erfunden worden, um uns die Flausen auszutreiben.
Das idiologisch überfrachtete Bilderbuch: „Vom Sinn unseres Lebens“ händigte man sonst jedem Dreizehnjährigen in der DDR aus.
Durch die Wirren der Zeit war jedoch noch nichts Neues geschrieben worden. Damit ist bei uns die Initiation schlicht ausgelassen worden. Ich glaubte darum, meine Kindheit setze sich bis in alle Ewigkeiten fort.

Endlich hatten wir eine vage Vorstellung von Frau Drägers Leitspruch und atmeten in der Hofpause durch. Irgendwas mit Eifer oder Leidenschaft. Der lange Andi und ich stellten uns als alte Hasen am vorderen Eingang des großen Schulhauses auf, inspizierten, wer sich an diesem ersten Tag sonst noch in unserer Schule herumtrieb.
„Los, machen wir einen auf Grenzpolizei“, schlug ich vor. Ich pickte mir ein Gesicht raus und sagte: „Ey du da mit den roten Haaren und den Sommersprossen, Du kommst hier nicht rein, Du mußt nach hinten.“ - “Warum denn?“, fragte der Rotkopf. Andi stieg darauf ein und sagte: „Frag nicht, hier ist der Durchgang gesperrt.“ Der Bursche gehorchte.
Ich hatte mich ertappt, genau so ein Arschloch zu werden wie Heiko und spürte sowas wie Reue. Andi stand selbstsicher neben mir, die Schuhspitzen nach außen, das Kinn nach oben gereckt und hatte die Arme auf dem Rücken verschränkt.
Ein paar hübsche Mädchen von den Dörfern ließen wir durch, aber nur unter der Bedingung, dass mich die eine von ihrem Apfel beißen ließ. Vielleicht sollte ich die öfter fragen mich beißen zu lassen, dann hätte ich eine Freundin und könnte im Park stehen, blitzte mir ein Gedanke durch den Kopf. Aber ich hatte mich in die Vorstellung verbissen Kristina müsste es sein.
Jetzt pförtnerte ich in einem Anflug von Selbstzerstörung bei einer ganzen Gruppe aus der Neunten, die im Anmarsch war: „Hier ist gesperrt, ihr müsst nach hinten!“. Als die sich weigerten und ein Kahlkopf lapidar „Komm schleich dich!“ zu mir sagte, mich dabei mit seinem Mopedhelm zur Seite schob, kam unser Dritter Mann zum Einsatz. Der hatte verteckt nur darauf gewartet die Tür im richtigen Moment von innen zu schließen. „Klappe zu Affe tot“. Die Pointe saß. Wir lachten. Der mit dem Helm drohte: „Wollen wir uns kloppen, Jetzt und hier?“. Ich wäre sonst vor so einer Trieze-Glatze im Boden versunken, der Spruch streifte fühlbar meinem Nacken. Ich reagierte mit: „Nein kann nicht, hab meine guten Schuhe an.“.
Die Ausrede brachte ich früher immer, wenn ich mich beim Kampeln aus der Affäre ziehen wollte, war zwar kindisch, half aber.
Ich lachte weiter, nicht nur schadenfroh, sondern auch gelöst, als hätte ich ein Gespenst, dass mich seit langem begleitet hatte für immer verscheucht.
Andi war immer eine Geißel von Heikos Regeln gewesen, hatte heute hinter mir gestanden. Er ließ sein Basecap um den Finger kreisen. Mir kam es so vor als hätte er es vor mir gezogen.
Fakt ist; ohne Heiko, keine Regeln mehr. Es blieb nur noch die eine im Raum, diese Aufgabe mußte ich lösen, sie entschied über ein dabei zu sein oder nicht dabei zu sein.
Wollte ich zukünftig im Park Andis neuer Heiko sein, den er wie einen Papagei begleitet hatte, meistens auf meine Kosten? Ich glaube nicht.
Andi, das schien mir schon lange klar, war einer dieser dümmlichen Riesen, bei dem jeglicher Schub in seine Körperlänge gewandert war. Ich hatte genug Demütigungen ertragen, als er mich mit meinem aufgelesenen Intershop-Müll aufzog, aus dem Park schickte, weil ich keinen Walkman besaß. Es musste schon mehr passieren, um aus Andi einen Freund zu machen.
Dennoch war ich milde gestimmt, er hatte auch sein Schicksal zu tragen. Sein Vater war als IM gleich nach der Wende auf die Idee gekommen, genug gelebt zu haben, sich eingebildet den sauberen Abgang hinlegen zu müssen, hatte den Leuchter abmontiert und sich am freien Haken mit dem Gürtel seines Bademantels erhängt. Andi fand ihn aus der Schule kommend im Wohnzimmer an der Decke baumeln. Ich war zwar auch ohne Vater aber das war anders, bei uns ging wenigstens das Stubenlicht.
Andis Mutter war nun alleinerziehend, mit ihrem Sekretärinnen-Gehalt sparte sie sich das teure Go-Kart-Fahren ihres Sohnes vom Munde ab.
„Wir sind das, was in uns Leidenschaft entfacht“, hieß es in Frau Drägers Leitspruch, den wir übersetzen sollten. Es ging ihr ums Sein oder Nichtsein. Demnach war Andi ein Raser. Klar fuhr ich auch mal eine Runde. Aber ganze Nachmittage konnte ich nicht. Ich fand mich sehr weise, als ich erkannte, dass die Geschwindigkeit, der Kick sich schlicht auf die eine Gefahr reduzieren ließ, gegen eine Wand zu jagen. Mit Sportlichkeit hatte das nichts zu tun, da konnte Andi behaupten was er wollte.
Es kam dem nahe, jeden Tag über Selbstmord nachzudenken und abends im Bett befriedigt festzustellen, heute die Kurve gekriegt zu haben, aber morgen, morgen fahr ich mir die Hörner ein. Für eine Leidenschaft im Leben, war mir das einfach zu nah am Sterben.
Statt mit Andi beim Go-Kart abzuhängen, versuchte ich meiner Leidenschaft zu frönen und das war Kristina.
Als wir vor dem Sommer im letzten Schuljahr unsere Arme nebeneinander hielten, war ihrer am meisten gebräunt. Während ich weißer war, als unbeschriebenes Papier.
So mit Farbe, entzückte sie mich. Aber nicht nur darum war sie schon immer meine Auserwählte, sondern seit dem sie vor Urzeiten im Kindergarten als Marienkäfer mit mir Clown getanzt hatte und dann gab es noch die Dirty Dancing Episode, wo wir uns ziemlich nahe gekommen waren. Gerade diese Erinnerung hüpfte am hartnäckigsten an mir hoch und ließ sich nicht verscheuchen.
Ich setzte mich vor das Haus des Chefarztes auf einen Steinsims und schrieb ein Brieflein, bald hörte ich es hinter mir rascheln, scharren, Blumentöpfe schieben, dann öffnete Kristinas Oma das Fenster im Erdgeschoss, von Buletten-Geruch und dem Duft nach sauren Gurken begleitet, fragte sie, was ich da mache.
Ich informierte auf ihre Enkelin zu warten. Der Oma war es recht, trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie mich die ganze Zeit interessiert beobachtete und die Gardine wackeln ließ.
Kristina lief wegen ihres Rucksacks gebeugt und bekam mich erst nicht mit, sah dann aber gleich was ich zwischen den Händen verbarg. Sie näherte sich voller Neugier mit aufgerissenen Augen. „Zeig was du da hast!“. Ich sagte: „Nein, lieber nicht.“ Sie bog jeden Finger einzeln weg und riss mir mein Geschriebenes aus den Händen.
Nachdem sie eine Weile gelesen hatte, schaute sie gütig und vertröstete mich: „Ich gehe doch mit Heiko“ - “Wirklich ist das noch aktuell?“stellte ich in Frage
Meine Enttäuschung war mir anzusehen. Sie lächelte niedlich und sagte: „Du musst mich nicht vermissen, komm doch heute zum Malen, so wie früher.“
Gegen vier war ich der Erste im Mal-Zirkel, der ins Gymnasium verlegt worden war. Obwohl ich mich hier überhaupt nicht abgehängt fühlte, mischten sich Skrupel ein. Alles war viel zu neu, roch nach unheimlichen Aufwand, nach Renovieren, nach der Chemie im Bodenbelag. Neu, davon war ich überzeugt, war nur für die Eliten und nichts für mich, der vielleicht noch unverhofft als Spätzünder losgehen konnte.
Dort traf nicht nur Kristina ein, auch die anderen Mädchen meiner früheren Klasse. Ihr Auftreten war verändert, ihre Gesichtszüge hatten Konturen angenommen, alle wirkten strenger. Mir wurde fast schwindlig bei der Vorstellung ihren Vorsprung aufholen zu müssen. Kristina holte sich Papier und Pinsel, nahm neben mir einen Platz ein. Ich bemerkte allerdings, dass sie so ein Gesicht auflegte, das Bände sprach. Sie sagte: „Das mit uns wird erst Mal nichts, aber frag doch in der Zehnten noch einmal“
Ich schloss die Augenlider und rieb. Da sah ich die dunklen kleinen Kreise oder Vierecke im Inneren. Manchmal sah ich dieses Brettspiel, das es nicht gab. Dann fiel meine Aufmerksamkeit auf die weißen, unbemalte Blätter und die Sonnenflecke, die durchs Fenster strahlten. Ich stand auf um zu gehen. "Ach bleib doch", bat Kristina. Ich blieb. Zögerlich bediente ich mich an den Farben, ganz sparsam, es lag ja nicht für mich parat.

 
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Ich würde mich über eine Rückmeldung freuen, ob denn meine Episode funktioniert. Auch die Neugier treibt mich natürlich, ob ich mit der Kritik umgehen kann. Gleich vorweg, ich habe kein eigenes Internet und kann mich nicht lange aufhalten hier auf die Kommentare einzugehen. Ich speichere die Texte ab und lese zu Hause gewissenhaft.
Der Text ist Teil einer Reihe von Anekdoten aus meiner Kindheit, die lose aufeinander folgen.

 
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Hallo Gabriel44,

und willkommen hier.

Der erste Satz/Absatz einer Geschichte sollte den Leser locken, neugierig machen, zum Weiterlesen animieren.

„Nur wer eine Freundin hat darf im Park stehen“, stellte Heiko als Regel auf. Er ließ diese auch gleich noch von den anderen Pseudos bestätigen und ich versuchte mich nun ein Jahr lang als Charmeur. Das war besonders heikel, denn Kristina meine Angebetete war sein Mädchen, obwohl ich nicht glaubte, dass es zwischen denen richtig funkte.
Und was verursacht dein erster Absatz bei mir? Ich verstehe den Sinn/Inhalt überhaupt nicht.
„Im Park stehen“? Was ist das für eine Regel? Warum soll man im Park stehen?
„Pseudos“? Wer oder was soll das das sein?
„ein Jahr lang Charmeur“? Wieso ein Jahr?

Zweiter Absatz:

Mit der Wende blieben die scharfen Handkantengrüße aus, an die Stelle auf der Stirn, wo ich mir als Fabelwesen ein Horn wachsen lassen würde. Mit einmal gab es keinen Chor mehr, der am Anfang des Schuljahres „Immer Bereit“ rief, egal wozu, jetzt war ich zu nichts mehr bereit.
Was hat das alles mit der Regel zu tun?
Was ist denn ein Handkantengruß auf der Stirn?

Es gab keinen Chor mehr? Häh? Ich bin verwirrt. :confused:

Personen:
Heiko, Erzähler, Kristina, Chor, Klasse/Mitschüler, Andi, Chirurg, Oma, Dorfkinder, Frau Dräger, Direktor Falkenhorst, Frau Dommermut, Micha Rach, Rotkopf, die Mädchen, Herr Sudau, sein Vater, Dana und Tabea, Frau Laub …
Ein wenig viel Personal für den Text. Du schmeisst Namen/Personen in den Text rein, dass sich kein einziger überhaupt entfalten kann.

Inhalt:
Ich sag mal so: Es fehlt ein roter Faden. Mir kommt es vor, als hättest du alles niedergeschrieben, was dir gerade eingefallen ist. Ich weiß gar nicht, was du überhaupt erzählen willst. Irgendwie erzählst du alles auf einmal. Und einiges (siehe oben) verstehe ich gar nicht. Die Park-Regel bleibt im Dunklen.

Geeignet ist dein Text, so wie er jetzt hier steht, nur für Eingeweihte, die am Geschehen zumindest in Teilen involviert waren, die erwähnte Personen daraus kennen. Vielleicht bei einem Treffen mit ehemaligen Mitschülern nach x Jahren.
Eine richtige Kurzgeschichte ist es m.E. nicht.

Ach so: Da fehlen auch jede Menge Kommata im Text.

„Ich gehe doch mit Heiko, aber wer weiß, frag doch in der Zehnten noch mal.“.
Der Punkt innerhalb der wörtlichen Rede reicht.

Denn wir hatten die Tafel eingeseift so das Frau Dräger
, so dass

Stichwort „Historik“:
Würde ich überdenken. Nicht jede Story, die vor Jahrzehnten spielte, ist automatisch „Historik“.

Stichwort "Kinder" habe ich entfernt. Das ist nur für Geschichten FÜR Kinder vorgesehen.

Schönen Abend noch und viele Grüße,
GoMusic

 

Danke für das Drüberlesen, habe versucht das Angemahnte zu straffen und klarer zu formulieren.


Leider bezieht sich der Text auf andere Episoden in denen die genannten Figuren stärker auftauchen.

Ich bezweifle aber, dass es sich um einen Roman handelt. Und wenn doch dann um einen Episodenroman. Der Zeitpunkt liegt kurz vor und kurz nach der Wende, die Handlung spielt in einer ostdeutschen Provinzstadt.

Pseudos nannte man in der Zeit Mitläufer.

Mein roter Faden dieser Kurzepisode sollte sein, die Auseinandersetzung mit seltsam aufgestellten Regeln eine Freundin haben zu müssen um zu einer Gruppe innerhalb einer Schulklasse dazu gehören zu dürfen. Diese Freundin Kristina ist das "Mädchen" des Gegenspielers Heiko. Ganz unmöglich stehen die Chancen nicht. Erschwert wird die Aufgabe durch die Aufteilung der Klasse auf zwei Schulen, das damit verbundenen Unbehagen steht im Weg. Von da an hat der Erzähler nur noch die Chance in einem Malzirkel Zeit mit Kristina zu verbringen um sie nicht ganz aus den Augen zu verlieren, er bekommt aber die Chance in einer Jahre später liegenden Zeit noch einmal nachfragen zu dürfen.

 

Hej Gabriel 44,

Episode, ja das macht Sinn, weswegen ich so meine Probleme hatte beim Lesen.

Ich habe sie gerne gelesen, etwas angestrengt zwar, um eben alles ineinander fügen zu können. Das ginge sicher besser, wenn es eben einzeln stehen könnte.

Die Charaktere sind schön, ich mag den Ich-Erzähler und seinen Humor, seine Verknüpfungen und Schöpfungen, seine Beschreibung der anderen und wo er steht. Dasitzt wirklich unterhaltsam und über allem schwebt die latente Melancholie des Erzählers, der nirgends so geht Fuß fassen kann und dabei der Interessantete ist. Aber sonst kommen und gehen die anderen und ich springe so mit und habe Probleme, genau zu folgen. Selbst Heiko verliere ich so mittendrin, der brauchte mehr Kontur.

Wie gut, dass Kristina so ne toughe ist und den Erzähler erkennt Als der, der er ist, nämlich ein toller Typ.

Vielleicht kriegst es hin, es auf ein Kurzgeschichten-Format auszuarbeiten. Das wäre schön.

Ein Leseeindruck und freundlicher Gruß, Kanji

 
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Hi Gabriel 44,
Und erstmal herzlich wikommen.

Also...
Ich fand's leider nicht so positiv.

Dein Protagonist ist mir wirklich zutiefst unsympathisch.

Er leidet (vermutlich Jahre lang) selbst unter Mobbing, ist der Außenseiter. Dann sind die Gemeinen Leute weg, und er nimmt sich vor, jetzt in diese Rolle zu schlüpfen und genauso zu werden wie Heiko (tut er ja auch), auch wenn er eigentlich gerade nicht zu Heiko 2.0 werden will.
Er spielt, weil er sich bloß nie dem Gruppenzwang widersetzen will, seiner Lehrerin doofe Streiche, obwohl er das eigentlich nicht gerne macht... aber nur nichts tun, was ungünstig, vielleicht sogar schwach wirkend, bei der Klasse auffallen könnte...
Er sucht sich Gegner, die, (und das weiß er), stärker sind, als er, aber anstatt sich zumindest einzugestehen, dass das jetzt nicht so sinnvoll war, macht er sich darüber lustig, und verpisst sich dann still und leise.
Er will einerseits für immer ein Kind bleiben, dass nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, und deshalb immer so viel Scheiße machen kann, wie es will, andererseits findet er sich total erwachsen und ist der Meinung, in zwei Jahren wäre er, obwohl mit immernoch gleicher, (also kein bisschen veränderter) Grundeinstellung, so weit gereift, dass er alles schaffen können wird, was er sich vornimmt...
Er denkt grundsätzlich abfällig über andere.
Ich glaube fast, dass er hier noch nie selbst wirklich schlimme Erfahrungen gemacht hat, oder sie verdrängt, und sich gar nicht vorstellen kann, wie das so ist, weshalb man es ihm tatsächlich hoch anrechnen muss, dass er überhaupt Gedanken an die Schicksale und das Privatleben der Mitschüler hat, und (bedingt) versucht, ihr Verhalten damit zu erklären... (wenn er das bei sich selbst auch scheinbar nicht versucht)...


Da hätte ich mir im Laufe der Geschichte irgendeine Wandlung, Änderung, Erkenntnis... gewünscht, so dass dein Prot am Ende mit einer anderen Sicht auf die Dinge dasteht. Das ist dir hier meiner Meinung nach nicht wirklich geglückt.

Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Kommentar wirklich abschicken soll, weil du ja erwähnt hast, dass das Ganze mehr oder weniger autobiographisch ist, und ich dich nicht beleidigen, angreifen oder bloßstellen will, aber das sind nun mal meine ersten Gedanken dazu, und irgendwie will ich die hier doch gerne geschrieben haben...
also bezieh das ganze bittte nur auf den Protagonisten in deiner Geschichte, nicht auf dich!

Ich hoffe, du kannst tatsächlich mit der Kritik umgehen, und ich wirke auf dich jetzt nicht furchtbar ünhöflich oder gemein, oder du fühlst dich angegriffen, das war nämlich echt nicht meine Absicht.

Viele Grüße,
Anna

 
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keine Sorge, die Geschichte hat sich nicht zugetragen. Ich war kein Opfer von Mobbing. Vielleicht nur auch in einem schwierigen Alter. Meine Frau arbeitet an einer Schule und kennt diese 7. und 8. Klassen, die immer komisch sind.
Das Ganze ist neben selbst erlebten Passagen überwiegend eine Sammlung von Zuspitzungen, Erfindungen, Storys und Anekdoten, die mir Akteure verschiedener Altersgruppen erzählt haben.

 
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Hi Gabriel 44,

"Heikos letzte Regel" klingt fast eher nach Schwangerschafts- oder Wechseljahre-Geschichte - ich muss gestehen, dass ich die Assoziation beim Lesen des Titels kurz hatte, obwohl der Typ ja ganz offensichtlich männlich ist. Man versteht es dann ja im ersten Satz, Verwirrung stiftet das nicht. Trotzdem bleibt die Frage bei mir übrig, ob es unbedingt die letzte Regel heißen muss? An der Regel ist doch nicht wichtig, dass es die letzte ist, sondern welchen Inhalt sie hat.

Ich finde deine Geschichte stellenweise nicht so übel, nur ist es halt keine richtige Geschichte, sondern, wie du ja selbst sagst, eine Episode. Das Ende der Geschichte ist ja eigentlich da, wo sie ihn vertröstet. Dann geht der Text aber trotzdem weiter und kleckert so irgendwie aus. Das ist überhaupt das Problem, finde ich: Zu viel salbadert. Ich würde mir das bestimmt gerne so ungefähr erzählen lassen, wenn du mir gegenüber säßest, und dann fände ich das auch nicht langatmig. Aber wenn ich das als Geschichte lesen soll, franst mir das einfach zu sehr aus.

„Nur wer eine Freundin hat darf hier im Park bei uns stehen“, stellte Heiko als Regel auf.
Find ich als Anfang auch nicht so toll. Zwar finde ich das nicht unbedingt verwirrend, aber jedenfalls nicht spannend. Das hängt auch damit zusammen, dass du die Regel und den Park nennst, aber dann geht es doch nicht los damit, sondern erst kommt noch die Wende usw. Wenn es gleich drum ginge, was der Heiko für ein Typ ist - ein Regelaufsteller, einer der das Sagen hat usw. -, wenn du das schön zeigen würdest, dann könnte ich mit diesem Beginn leben. Aber so denke ich mir: Bring das mit der Regel doch einfach, wenn das Thema dran ist.

die eine Bank und ich versuchte mich nun
Die eine Bank und ich versuchen sich als Charmeur - oder fehlt da was?

dass es zwischen denen richtig funkte.
Es funkt doch nur einmal, würde ich denken, und dann zündet es eben oder nicht. Kann aber sein, dass das so geht, im Sinn von "knistert".

Mit der Wende blieben die Handkantengrüße der Pioniere aus
Die Wende ist nach dem Aufstellen der Regel? Kann sein, wirkt aber komisch. Es ist doch noch gar nichts passiert - und schon kommt der erste Zeitsprung?

Kristina obwohl sie noch in der Wandreihe saß, die einzige bei der ich mit meinen Kaspereien nicht völlig auf Ablehnung gestoßen war
Klingt nicht gerade danach, als könnte er sich Hoffnungen machen ...

den humorlosen strengen
Da hat sich ein Akkusativ verirrt.

Kein Wunder, dass ein kleiner Teil in Kristina auch auf einen Spaßvogel wie mich blinzelte, der eher den Leuten ein lachendes Herz verpasste und einen Bären aufband.
So richtig überzeugend find ich die Erklärung nicht, warum das kein Wunder sein soll, vor allem klingt sie wieder nicht so, als könnte er sich irgendwelche Hoffnungen machen. Kristina denkt demnach: der ist zwar nicht toll, aber wenigstens ein bisschen lustig. Das ist nichts zum Mitfiebern, denn entweder weiß man hier schon, wie es ausgeht, oder man müsste sich auf eine voraussichtlich ziemlich unglaubwürdige Wendung gefasst machen. Nicht, dass so eine Wendung nicht glaubwürdig sein kann, aber ich erwarte das eben nicht, wenn ich an dieser Stelle der Geschichte bin.

Meine Oma weckte mich in dem sie an mein Kämmerchen klopfte.
Es wäre eine Überlegung wert, die Geschichte hier erst anfangen zu lassen. Das wenige an Info, dass vom Vorangehenden unverzichtbar ist, kriegst du dann immer noch unter.

Ehrlich gesagt war für mich die einzige Hürde an die höhere Schule zu wechseln, eine weitere Sprache zu erlernen. Egal wie gut ich sie beherrschte, ich würde in Fremdsprachen nie ausdrücken können, was ich wirklich dachte und ich dachte schon viel.
Wie jetzt? Er will nur deshalb nicht aufs Gymnasium, weil er seinen eigenen Anspruch ans Beherrschen einer Fremdsprache nicht erfüllen kann? Denkbar, aber doch auch seltsam ...

Irgendwann half Frau Dräger jemand den Schrank zur Seite zu schieben und mit „Priviet!... Saditjes!...“ ging es los.
"Mit xy ging es los" klingt ziemlich lasch. Aber das wollte ich eigentlich nicht sagen, sondern: Ich finde es in Ordnung, fremdsprachige Sätze umübersetzt zu lassen, das wirkt, finde ich, oft besser, als eine hinterhergeschaltete Übersetzung, die dann nur die Krücken sichtbar macht. Aber wenn schon, denn schon, würde ich sagen, also besser auch hier kyrillische Buchstaben.

In der Zeit verstellten wir von innen die Tür mit Stühlen und Tischen. Sie zog daran, brachte Teile des Berges über sie hinweg in den Korridor zu poltern und holte daraufhin den Direktor. In der Zeit brachten wir alles wieder in Ordnung.
So kurz berichtet leitet das nicht viel, finde ich. Da würde ich den Scherz fast eher ganz weglassen. Furchtbar wichtig ist er ja nicht. Es sieht sonst so übergewissenhaft aus: ja kein Detail auslassen usw. So erzählt man vielleicht, wenn man Erinnerungen erzählt. Für Geschichten ist das oft weniger günstig.

Der neue Direktor war ein beleibter Mann mit Hemd
Jetzt also auch noch der Direktor. Nur: Wofür eigentlich?

Russisch fiel ins Wasser. Denn wir hatten die Tafel eingeseift
Und dann ist dieser Streich der Grund für den Stundenausfall, nicht der vorherige. Käme viel besser zur Geltung, wenn die umständliche Vorgeschichte weg wäre.

um uns doch noch mit dem Satz aller Sätze zu nerven:
Покажите мне свои страсти, и я скажу вам, кто вы.
Also fiel die Stunde doch nicht ins Wasser! So ein Widerspruch ist nicht schön. Lass sie das doch in der nächsten Stunde an die Tafel schreiben. Niemand hier findet es schlimm, dass das von der Wirklichkeit abweichen würde, versprochen.

Ich könnte hier ein ganzes Buch über die weiteren Missetaten verfassen, die wir Frau Dräger antaten.
Tust du aber nicht, deswegen lieber weglassen.

Endlich hatten wir eine vage Vorstelllung von Frau Trägers Leitspruch
Also erst nachdem in einer anderen Stunde die Wörterbücher aus dem Fenster gefallen sind usw.? Ist ja nicht gerade schnell, der Unterricht.

„Los, machen wir einen auf Grenzpolizei“, schlug ich vor.
Puh, schon wieder ein Streich oder so was.

Andi war immer eine Geisel von Heikos Regeln gewesen
Hier also erstmals wieder Heikos Regeln - so lange hast du mich hingehalten!

Statt mit Andi beim Go-Kart abzuhängen, versuchte ich weiter Heikos letzte Regel zu befolgen, Kristina auszuspannen.
Bloß: Warum ist es Heikos letzte Regel? Und warum weiß der Ich-Erzähler das an dieser Stelle?

Als wir vor dem Sommer im letzten Schuljahr unsere Arme nebeneinander hielten, war Kristinas am meisten gebräunt. Während ich weißer als alle war.
Nicht nur das Thema "Regel" ist ziemlich lange abgetaucht gewesen, sondern auch Kristina. Ich finde, im Mittelteil kann man eine Menge streichen.

Also, jetzt hab ich das im zweiten Durchgang ja noch etwas gründlicher gelesen und ich muss sagen: Allzu viel Bezugnahme auf Heikos letzte Regel habe ich nicht finden können.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
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„Nur wer eine Freundin hat[,] darf hier im Park bei uns stehen“, stellte Heiko als Regel auf.

Er ließ diese auch gleich noch von den anderen Pseudos bestätigen, die eine Bank und ich versuchte[n] mich nun ein Jahr lang als Charmeur. Das war besonders heikel, denn Kristina[,] meine Angebetete[,] war sein Mädchen, obwohl ich nicht glaubte, dass es zwischen denen richtig funkte.

Mit der Wende blieben die Handkantengrüße der Pioniere aus, an die Stelle auf der Stirn, wo ich mir als Fabelwesen ein Horn wachsen lassen würde. Mit einmal riefen wir am Anfang des Schuljahres nicht mehr „Immer Bereit“. Egal wozu, jetzt war ich zu nichts mehr bereit.


Hallo Gabriel 44,

in den ersten acht Zeilen sechs offensichtliche Fehler lässt eine schlimme Endstatistik befürchten, und dennoch

herzlich willkommen hierorts!

Die Hälfte de Fehler ist schon markiert - die fehlenden Kommas, auf den letzten dieses Zitates könntestu selbst kommen, denn Du weißt, wie "bereit" korrekt geschrieben wird, ob man nun nicht mehr oder immer bereit ist. Wurscht!

Nr. 5 ergibt sich durch die Konjunktion in der Aufzählung

die eine Bank und ich
wenn das "und" die einzelne Bank + dich schlicht zusammenaddiert und in den Plural verwandelt.

Wo nun steckt Nr. 6?

Nr. 6 steckt bereits im Satz mit der immerwährenden Bereitschaft, wenn entweder die Präposition oder sein Adverb verwechselt werden. Die von Dir verwendete Präposition "mit" erzwingt eigentlich ein "mit einem Mal", ich kenn keinen schriftlichen Beleg, der Deine Form wählt, die Präposition "auf" hingegen verlangt geradezu nach dem verkürzten und zusammengezogenen "auf einmal".

Nr. 5 erzeugt zudem ein Verständnisproblem, aber vielleicht liegt das in oder an mir:

... die eine Bank und ich versuchte[n] mich nun ein Jahr lang als Charmeur.
Das Reflexivpronomen verweist eindeutig auf die erste Person singular, gibt also an, der Icherzähler sei der Chameur und die Bank - ich schätze mal er und sein Banknachbar - der eine Klassenkamerad aus der Bank akzeptiert des Erzählers Chame, ist dem vielleicht erlegen. Leider merkt man nix davon und mit dem Namen Kristinas ist ja auch das Geständnis
mit meinen Kaspereien
verbunden, ohne dass dr Text zwischenzeitlich in "richtigem" Schriftdeutsch da stünde.

Und auch unfreiwillige Komik gebiert dieses eher ahistorische Werk:

Ich konnte das Gegenteil ihres Vaters sein, ...
Die Mutter vielleicht?

Denn Junggeselle musst Du ja nicht erst "können", ist man als junger Mann i. d. R. hne besondere Fähigkeit oder Leistung.

Mit dem Vater Kristinas verbindet sich dann die Offenbarung eines kindlichen Gemüts:

Er schnippelte Menschen auf, um Herzen oder Krebsbeeren zu entfernen. Kein Wunder, dass ein kleiner Teil in Kristina auch auf einen Spaßvogel wie mich blinzelte, der eher den Leuten ein lachendes Herz verpasste und einen Bären aufband.
Da musstu Dr. Hirschhausens Konzept der Heilung durch Humor missverstanden haben. Und - um es kurz zu machen - inzwischen sehne ich mich nach einem Werk wie "Zur Hölle mit den Paukern", das gar nicht erst vorgab, Geschichte zu beschreiben, geschweige denn zu schreiben.

Nix für ungut,

Friedel

 

Danke für Dein Lob. Ich hab gebrütet und gekürzt. Ich hoffe es flutscht besser. Leider ist der Text wirklich aus dem Mittelteil eines auf 170 Seiten angeschwollenen Episodenbuches, was ich hier nicht veröffentlichen will. Ich hoffe die Teile funktionieren auch so, darum wollte ich es gern hier in Kurzgeschichten verhandelt sehen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Gabriel 44,

Lieber Gabriel :)

einem seiner Pseudos bestätigen

super Wortneuschöpfung

Ich versuchte es deswegen genau ein Jahr lang, weil die Vereinigung unserer beiden Staaten dazwischen kam.

finde ich an sich nen sehr coolen Satz in seiner Lakonie. Aber was ist da passiert, als die Staaten vereinigt wurden?

aufs Gymnasium nach Krondorf, gleich neben dem Friedhof.

die (syntaktische) Nebeneinanderstellung trägt auf jedenfall Bedeutung, was mir gefällt. Für mich wird damit das Gymnasium charakterisiert, dass eben neben einem Friedhof gelegen ist. Damit geht etwas von der Friedhofsstimmung auch auf das Gymnasium über. Solche und andere sprachlichen Feinheiten durchziehen deinen Text und machen ihn dadurch zu einem Lesegenuss.

Dort hatte man die ehemalige Kaserne umgebaut und wollte jetzt mit Drill und gymnasialer Gymnastik die bessere Hälfte unserer Klasse perfekt machen.

Hier ist es ähnlich. Gefällt mir gut

Die letzte Zeit bis zur Trennung waren erbärmlich.

welche Trennung? Ich dachte, er wäre solo.

Krebsbeeren

lautmalerisches, sehr bildhaftes Wort.

Der erste Tag nach dem einen Jahr

Ist das ein Unterkapitel oder eine Art erzählerischer Kniff, wie so eine Text-Einblendung beim Film ("Zehn Jahre später"). Bei Letzterem könntest du das vielleicht noch etwas mehr hervorheben, z. B. durch Kursiv- oder Fettschrift. Sonst wirkt das wie so ein in der Luft hängender Satz.

wirklich zur Schule ohne dass

zur Schule KOMMA ohne dass

Muß ich da hingehen, um mir endgültig den schwarzen Stempel UNTAUGLICH aufdrücken zu lassen?

würde da lieber im Präteritum verbleiben. Um der Klarheit willen.

ein Schulschwänzer war ich nicht, nur zur ersten Stunde kam ich unpünktlich.

spannende Charakterisierung!

Darum hatte sie vorbeugend alle Uhren sogar die Uhr an meinem Arm vorgestellt und seit Neustem einen Deo Roller hingestellt, so trödelte ich rechtzeitig ein.

auch eine sehr schöne Beschreibung!

Spuckepfützen aulen und die “Null Bock Devise“ zur Schau stellen

Ich mag diese ungewöhnliche Wortwahl sehr gern. Was ist "aulen" ??

Ekel vor sich selbst

Selbstekel? Oder ist dir das zu verkürzt?

Gebäude, das uns wie ein Trog vor kam und Andi tat mit eindeutiger Mimik

das uns wie ein Trog vorkam KOMMA und Andi tat ...

Alles kam mir vor wie Freakshow

wie eine Freakshow

Wir würden unsere Zweitklassigkeit durch böse Scherze überspielen und den Gymnastik Schülern mit Prügel auflauern.

schöne Innenansicht. Hat mir gefallen

Egal wie gut ich sie beherrschte, ich würde in Fremdsprachen nie ausdrücken können, was ich wirklich dachte und ich dachte schon viel.

würde den markierten Zusatz lieber weglassen. Das wirkt schnell so eingebildet, wenn jemand sagt, er würde (besonders) viel nachdenken. Es kann ja durchaus stimmen, aber ich würds einfach weglassen.

Als es zur ersten Stunde Russisch mit einer neuen Lehrerin Frau Dräger klingelte

... mit einer neuen Lehrerin KOMMA Frau Dräger KOMMA klingelte ...

eine Teilrepublik nach der Anderen erklärte die Unabhängigkeit und emanzipierte sich mit eigener Sprache

gefällt mir in der Weise des historischen Abrisses. Deswegen wohl auch der Tag "Historisch".

Der Rest schwamm die Lena und den Ob ins Polarmeer und uns strafte das Leben mit Russisch

... Ob ins Polarmeer KOMMA und uns strafte das Leben mit Russisch

Irgendwann half der Direktor Frau Dräger den Schrank zur Seite zu schieben, wobei ein Fuß abbrach und die im Schrank enthaltenen Klassensätze von Hamlet ins Treppenhaus stürzten.

cooles Bild. Auch wieder so bedeutungsgeladen. Cool!

von A wie Amoklauf bis Z wie ziemlich harmloser Schülerstreich

hehe

Denn wir hatten die Tafel eingeseift, so dass Frau Dräger nicht mal ihren Leitspruch schreiben konnte.

gemein ^^

Sätze zu bringen:
Покажите мне свои страсти, и я скажу вам, кто вы.
"Jetzt übersetzen!", befahl sie.

würde ich vielleicht mit jeweils einem Absatz zwischen dem Tafelbild und dem übrigen Text schreiben, um die Montage zu markieren.

oder Leidenschaft. Der lange Andi

Kleine Spitzfindigkeit: Ein Leerzeichen zu viel hihi :)

Aber ich hatte mich in die Vorstellung verbissen Kristina müsste es sein.

... Vorstellung verbissen KOMMA Kristina müsste es sein.

Jetzt pförtnerte ich in einem Anflug

geiles Verb, haha. Find ich gut!

hinten!“. Als

Hier auch Leerzeichen zu viel

Der hatte verteckt nur darauf gewartet

versteckt

„Klappe zu Affe tot“. Die Pointe saß. Wir lachten. Der mit dem Helm drohte: „Wollen wir uns kloppen, Jetzt und hier?“. Ich wäre sonst vor so einer Trieze-Glatze im Boden versunken, der Spruch streifte fühlbar meinem Nacken. Ich reagierte mit: „Nein kann nicht, hab meine guten Schuhe an.“.

hier gefällt mir das Tempo sehr gut. Schön geschrieben!

Decke baumeln. Ich war

Leerzeichen

Statt mit Andi beim Go-Kart abzuhängen, versuchte ich meiner Leidenschaft zu frönen und das war Kristina.

zu frönen KOMMA und das war Kristina

Während ich weißer war, als unbeschriebenes Papier.

ohne Komma

So mit Farbe, entzückte sie mich.

hier bin ich mir nicht ganz sicher. Eigentlich auch ohne Komma, oder?

seit dem

seitdem

Kindergarten als Marienkäfer mit mir Clown getanzt hatte und dann gab es noch die Dirty Dancing Episode, wo wir uns ziemlich nahe gekommen war

ihre gemeinsame Geschichte hat mir in der Schilderung gefallen. Wie ein altes Foto, das man sich noch einmal anschaut.

“Wirklich ist das noch aktuell?“stellte ich in Frage

"Wirklich ist das noch aktuell?", stellte ich in Frage

Ihr Auftreten war verändert, ihre Gesichtszüge hatten Konturen angenommen, alle wirkten strenger. Mir wurde fast schwindlig bei der Vorstellung ihren Vorsprung aufholen zu müssen.

schöne Beschreibung. Mochte es gerne, den Gedanken deines Erzählers zu folgen.

das es nicht gab. Dann fiel

noch einmal Leerzeichen

auf die weißen, unbemalte Blätter

unbemalten

Sonnenflecken

--> Hier ginge es wahrscheinlich auch ohne das "n", aber mit wäre, zumindest für mich, klarer.

Ich blieb. Zögerlich bediente ich mich an den Farben, ganz sparsam, es lag ja nicht für mich parat.

Schönes, viel sagendes Schlussbild, das die Geschichte für mich passend einrahmt.

Du erzählst eine Episode aus den Jugendjahren (deines nun [unbestimmt] älteren) Erzählers. Heiko und seine Regeln stellen für ihn Anfangs eine Art Maxime dar, an der er sich misst und die zur Richtschnur seiner eigenen Entwicklung wird. Deswegen endet die Geschichte mit Heikos letzter Regel oder dem emotionalen Abschließen mit 'Heikos Regel', die dadurch gleichermaßen zur letzten, fremden Regel des Erzählers wird, bevor er sich mehr seinen eigenen "Gesetzen" verschreibt. Seine Jugend wird von den politischen Umwälzungen in der DDR, mittelschweren Unsicherheiten und Annäherungsversuchen an verschiedene Mädchen aus seinem näheren Umfeld gerahmt. Auch der Schluss der Geschichte, in der der Erzähler eine Art Abschluss seiner Reifephase findet, wird durch einen Annäherungsversuch zu einer weiblichen Person gleichen (oder ähnlichen) Alters ausgelöst.

Zusammen mit den persönlichen Eindrücken und ihrer Wiederkehr in späteren Erzähl-Abschnitten der Geschichte halten diese genannten Annäherungen deine Geschichte zusammen (obwohl sie eigentlich aus alltäglichen Dingen besteht). Das hast du meines Erachtens nach gut hingekriegt. Die Story lebt einfach von den vielen schönen Beobachtungen und tollen Sätzen. Ich denke am Ende steht und fällt so etwas mit der Güte der Gesamtheit des Werks. Es bleibt also spannend, was noch so für Kapitel folgen. Wichtig ist, denke ich, dass solche Texte keine Formalen Mängel aufweisen. Sie leben von der Schönheit, und die darf nicht nur vom Inhalt getragen werden, sondern muss sich in jedem Komma (, finde ich,) wiederspiegeln.

Liebe Grüße
Dein Carlo ;)

 

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