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Help me make it through the night....

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23.07.2008
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Help me make it through the night....

Nachbearbeitete Version.
Danke an alle für die Anregungen!

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Die Wohnung wirkte heruntergekommen und schäbig. Der Teppich fleckig, abgetretenes Linoleum im düsteren, fensterlosen Flur. Die Möbel waren lieblos zusammengewürfelt, sahen aus, als hätte er sie aus Mitleid geschenkt bekommen. Die Wände kahl, keine Vorhänge an den Fenstern. Nichts, was auch nur einen Hauch von Behaglichkeit oder echtem Zuhause vermittelt hätte.
An einer Stelle war der Putz von der Wand gebröckelt. Jemand hatte es schlampig repariert und mit einer Farbe, die nicht zum restlichen Anstrich passte, gleichgültig übermalt.

Rob tastete sich vor Sarah durch die Tür und sagte:
„Entschuldige, bei mir ist es nicht gerade gemütlich. Aber ich bin normalerweise nicht auf Damenbesuch eingerichtet."

Sie folgte ihm durch die Küche, die er mit verblüffend sicheren Schritten durchquerte.
Schmutziges Geschirr stapelte sich in der Spüle, und der kleine Esstisch war nach der letzten Mahlzeit noch nicht abgeräumt worden.

Sarah hatte immer geglaubt, dass für blinde Menschen exakte Ordnung in ihrer Umgebung oberstes Gebot wäre, damit sie sich zurechtfinden könnten. Danach sah es hier aber nicht gerade aus.

Die Einrichtung des Wohnzimmers bestand aus einer nackten Schrankwand und einem Regal, in dem sich ein CD-Player, ein teurer Plattenspieler und eine umfangreiche, feinsäuberlich mit Tastaufklebern gekennzeichnete CD- und Schallplattensammlung befanden.
Zwei E-Gitarren und mehrere Akustikgitarren standen exakt aufgereiht wie Soldaten in ihren Ständern neben der abgewetzten Couchgarnitur an der Wand.
Im Gegensatz zum Chaos in der restlichen Wohnung herrschte hier penible Ordnung.

„Setz dich doch.“ sagte er. „Was möchtest du trinken?“

„Oh, was du gerade da hast. Mach dir bitte keine Umstände.“

„Ein Glas Rotwein?“

„Gerne.“ Sie zögerte kurz und fügte hinzu: „Kann ich dir helfen?“

„Nein danke, ich komme zurecht.“

Sarah nahm auf dem nicht gerade einladend wirkenden Wohnzimmersofa Platz und fühlte sich ziemlich unwohl in der beeindruckend trostlosen Wohnung dieses Musikers, den sie kaum kannte, der ihr aber trotzdem schon so seltsam vertraut war.

Sie hatte vor ein paar Wochen zufällig ein Konzert seiner Band besucht. Sehr guter, klassischer Gitarrenrock, wie er nur noch selten zu hören war. Seine Bluesstimme war ihr unter die Haut gegangen.
Er hatte sich bei ihr gemeldet, nachdem sie ins Gästebuch auf der Homepage seiner Band geschrieben hatte. Sie hatten sich daraufhin einige Male in einem Café verabredet, und sich gleich blendend verstanden. Sarah war beeindruckt von Rob's Wissen. Egal ob Politik, Geschichte, Literatur: er war bestens informiert und sehr belesen. Seine Meinung vertrat er selbstbewußt und kompromisslos. Das imponierte ihr. Seit seiner Erblindung vor 7 Jahren lebte er von einer kleinen Rente, und dem eher spärlichen und unregelmäßigen Einkommen als Musiker. Früher war er ein begehrter Studiomusiker gewesen, das lehnte er mittlerweile ab: "Als Studiomusiker bist du eine Nutte. Sie kaufen dir deine Seele ab und du weißt nicht, was sie mit ihr nach der Einspielung machen."
Den heutigen Abend hatten sie in einem Bistro beim gemeinsamen Essen und Plaudern verbracht, und sie hatte ihn anschließend ganz selbstverständlich nach Hause gefahren.

Ein Lächeln huschte über Sarah’s Gesicht, als sie an ihr erstes Zusammentreffen dachte. Sie hatte sich vorher lange überlegt, was sie anziehen sollte, hatte sich sorgfältig geschminkt, bis ihr bewußt geworden war, dass er es nicht würde sehen können.
Nie zuvor hatte sie mit einem blinden Menschen zu tun gehabt.
Aber Rob hatte ihr sofort sämtliche Berührungsängste genommen.
Er war ein mitreißender Erzähler, ein guter Zuhörer und sie konnten über dieselben Dinge lachen. Er hatte offen und unverkrampft über seine Behinderung gesprochen, machte sogar Witze darüber.

Als ihnen die Kellnerin heute das Essen serviert hatte, hatte er Sarah gebeten, ihm zu sagen, auf welcher Uhrzeit die Zutaten liegen würden.
„Wie bitte? Was meinst du?“ hatte sie verständnislos gefragt.

„Na ja, ich sehe doch nicht, wo was auf meinem Teller liegt. Und wenn ich einfach so rumstochere, bekomme ich nichts auf die Gabel, und für dich wäre die Sauerei, die ich auf diese Weise veranstalte, nicht gerade ein appetitlicher Anblick. Wenn du dir aber meinen Teller als Zifferblatt einer Uhr vorstellst, kannst du mir sagen, auf welcher Uhrzeit was liegt, damit ich mich orientieren kann. Also meinetwegen: Das Steak auf drei Uhr, die Kartoffeln auf neun oder so. Das hilft mir weiter.“
„Ach so, klar.“ Sie hatten beide gelacht. Aber Sarah war der Unterton der Verbitterung nicht entgangen.

Jetzt saß sie hier auf seinem fadenscheinigen Sofa und beobachtete, wie er zwei Gläser Rotwein aus der Küche auf sie zubalancierte. Er war ein attraktiver Mann, wie sie nicht erst jetzt bemerkte.
Hochgewachsen und schlank, die kurzen dunklen Haare bereits leicht angegraut. Er trug Jeans, ein weißes T-Shirt und schwarze Lederjacke. Das gleiche Outfit wie auf der Bühne. Eigentlich trug er nie was anderes.

Unter dem Etikett „blind“ hatte sie sich immer einen tatterigen Greis mit gelb-schwarzer Armbinde vorgestellt, der mit dem Langstock vor sich herschepperte.
Sie musste lachen. Ihr fiel plötzlich auf, dass Rob's Blindheit für sie eigentlich gar nicht mehr wichtig war. Seine Persönlichkeit machte etwas ganz anderes aus. Es war diese Ausstrahlung von entwaffnender Offenheit, Stärke und Souveränität, gepaart mit Einfühlungsvermögen und großer Verletzlichkeit, die sie faszinierte. Und immer wieder war dieser unterdrückte Anflug von Aufbegehren und Verbitterung bei ihm spürbar.

„Wo sitzt du, Sarah?“
„Hier, rechts auf dem Sofa.“
Er stellte die Gläser sehr vorsichtig auf dem Couchtisch ab und nahm links neben ihr Platz.
Er lächelte in ihre Richtung und sie blickte in seine milchig trüben, aber trotzdem tiefblauen Augen, die sie nicht fixieren konnten.

Er fragte: „Stört es dich, dass ich meine Sonnenbrille abgenommen habe?“

„Nein, warum sollte es?“

„Weil es dir vielleicht unangenehm ist, in meine toten Augen schauen zu müssen.“

„Deine Augen sind nicht tot!" entfuhr es ihr entrüstet. "Sie…sie haben nur einen ganz besonderen Ausdruck.“

Er schnaubte verächtlich.
„Ich würde auf diese Besonderheit gerne verzichten."

Sarah schwieg betreten.

Er tastete nach seinem Glas und prostete ihr zu:
„Auf diesen Abend! ...Weißt du, warum ich dir damals auf deinen Gästebucheintrag hin geschrieben habe? Weil er sich von allen anderen so sehr unterschieden hat! Das war nicht der übliche Spruch, den mir mein Spracherkennungsprogramm sonst vorliest:
„Toller Sound, Jungs, weiter so!“ oder was Oberflächliches in der Art. Bei dir habe ich gemerkt, dass du meine Musik wirklich gespürt hast. Du hast geschrieben, dass der Abend dich sehr berührt hat. Da wusste ich, du hast verstanden.“

„Was…verstanden?“ hakte Sarah vorsichtig nach.

„Dass ich keine Performance gebe, sondern einfach ich bin. Dass ich über die Musik alles von mir preisgebe.“

Er hatte Recht. Genau so hatte sie es empfunden. Der Abend damals war ihr förmlich durch Mark und Bein gegangen. Und das nicht nur, weil die Band technisch perfekten Bluesrock präsentiert hatte.

Sie dachte an die Männer, die ihr bis dato begegnet waren:
Was für ein Unterschied zu Rob!

Vor einem Jahr hatte sie nach ihrem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften nach längerer Suche ihre erste feste Anstellung in einem Großunternehmen angetreten, war jetzt sozusagen eine Jungmanagerin mit vielversprechender beruflicher Zukunft. Allerdings fühlte sie sich nicht besonders wohl an diesem Platz. Aber sie war froh, überhaupt einen halbwegs angemessen bezahlten Job gefunden zu haben.

Die Männer aus diesem Umfeld waren in ihren Augen allesamt nichtssagende, blasse Anzugständer, Wichtigtuer in feinem Zwirn mit Schlips und Laptop, Speichellecker und Phrasendrescher, die mit Börsenzahlen und aufgeblasenem Business-"Denglisch" um sich warfen.
Nichts wussten die vom wirklichen Leben, gar nichts!
Frauen wurden von dieser Spezies nur nach ihrem Äußeren beurteilt, waren bestenfalls schmückendes Beiwerk zu ihrem eigenen Auftritt.

Ihr Blick fiel auf ein vergrößertes Foto, das an der gegenüberliegenden Wand hing. Es zeigte einen sportlichen, jungen Mann mit windzerzausten halblangen Haaren, der nur mit Shorts bekleidet glücklich lachend einen anscheinend soeben selbst gefangenen Fisch in die Kamera hielt.

„Bist du das auf dem Foto, das da an der Wand hängt?“ fragte sie.

„Ja.“ antwortete er. "Das war vor ungefähr 10 Jahren, während meiner letzten USA-Reise, von der ich dir erzählt habe. Also noch vor meiner Erblindung. Damals wusste ich noch nicht, dass ich den Rest meines Lebens allein in dunkler Nacht würde verbringen müssen.“

Er sagte es völlig ohne Pathos, mit einer Prise Sarkasmus in der Stimme, aber sie hätte sich ohrfeigen können für ihre Frage.

„Rob, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht….“

„Ist schon gut!“ fiel er ihr sanft ins Wort. „Mach’ dir keine Gedanken. Ich habe mich mit meiner Situation arrangiert.“

Aus seinem nur auf den ersten Blick beherrschten Gesichtsausdruck sprach plötzlich eine so abgrundtiefe Traurigkeit, dass ihr das Herz vor Zärtlichkeit schier überging.

Rob griff nach einer der Gitarren, die neben dem Sofa standen, und begann, sie zu stimmen.
Er legte den Kopf langsam zurück und schloss die Augen. Es kam ihr vor, als ob seine Züge sich seltsam entspannen und er tief in seinem Inneren einen vertrauten, heimeligen Raum betreten würde.
Seine Finger glitten über die Saiten und er intonierte mit einer Mischung aus unglaublicher Leichtigkeit und Intensität die ersten Takte eines Songs von Kris Kristofferson.
Sie kannte den Text und formte mit dem Mund stumm den Refrain mit:


Come and lay down by my side
Till the early mornin´ light
All I´m takin´ is your time
Help me make it through the night

Als die letzten Töne verklungen waren, schwiegen sie lange.

Rob legte die Gitarre wieder beiseite und streckte seine Hand nach Sarah aus. Sie verstand die wortlose Geste und schmiegte sich wie selbstverständlich in seine Arme. Er hielt sie wie ein kleines Kind und vergrub seinen Kopf in ihrem Haar.

"Rob?"

"Ja?"

"Ich...ich würde gerne ein Stück mitgehen...durch...durch deine Nacht. Und ich...ich hab' ziemlich viel Zeit..."

 
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Hallo Quoth!

Deine Geschichte enttäuscht mich. Das Thema hätte viel mehr hergegeben, und der Anfang weckt Erwartungen, die am Ende nicht erfüllt werden. Auch sprachlich erscheint mir der Text wie zusammengewürfelt, als hättest du jeden Satz duzende Male umgestellt, bearbeitet, gelöscht, verschoben.

Auch ist die Erzählperspektive nicht ganz klar. Sind die Gedanken die der Protagonistin, oder die des Erzählers? Hier müsstest du als Erzähler eine die ganze Geschichte hindurch für den Leser nachvollziehbare Position einnehmen.

Am Anfang versuchst du, ein Bild der Wohnung zu zeichnen, die "lieblos Eingerichtet" ist und nicht den "Hauch von Behaglichkeit oder echtem Zuhause" vermittelt. Die Beispiele, die du nennst, (z.B. die bunten Möbel, fehlende Dekoration und Vorhänge) reichen nicht aus, um ein Bild einer solchen Wohnung zu erzeugen. Versuche, mehr zu zeigen und weniger zu beschreiben.

Dann beschreibst du viel zu lange, wie die beiden sich kennengelernt haben. Das mit dem Gästebuch ... mit der Mail ... mit dem Café ... ja, so geht das eben, das Kennenlernen. Nichts Neues gelesen, und auch nichts, was mich überrascht hätte. Der Gipfel waren die Dialyse-Taxis. Wenn ich in einer romantischen Stimmung bin, wirkt der Gedanke an Krankenhäuser und Dialyse eher negativ auf das Stimmungsbild.

Und warum beschreibst du dann erst, also, nach der Rüchblende, wie er eigentlich aussieht?

Dialoge wie:

„Hier auf dem Sofa, ganz rechts.“
„Ah gut, dann setze ich mich hier auf die linke Seite.“

Sind überflüssig. Sie ziehen die Geschichte nur in die Länge, ohne jedoch Inhalt zu vermitteln.

Dann beschreibst du, warum er blind wurde, was er alles aufgeben musste. Denkt sich das die Prot., oder der Erzähler?

Schließlich versuchst du, ein wenig Romantik aufkommen zu lassen, verdirbst es aber durch unbeholfen wirkende Formulierungen und Details, die in dem Moment völlig unwichtig sind.

Er tastete nach der Gitarre, die links neben dem Sofa an der Wand lehnte.

Wo die Gitarre ist, ist für die Stimmung unerheblich, aber der Satz lenkt den Blick des Lesers weg von den beiden Beteiligten, hin zu der Gitarre. Damit wird Stimmung erstickt.

Schließlich endet die Erzählung enttäuschend bald. Abgesehen davon, dass Blinde sehrwohl "normale" Verben wie "sehen" benutzen, und es absolut keine Seltenheit ist, (Gehbehinderte "gehen" auch ins Kino, sie "rollen" nicht) ist das Ende einfach "leer". Es passiert nichts und das lässt die komplette Szene unfertig aussehen.

Die Geschichte hat keinen Höhepunkt und auch kein Ende.

Sprachlich solltest du versuchen, dich von unnötigem Ballast zu befreien. Wörter, die Sätze einfach nur länger machen, aber nicht notwendig sind.

Beispiele:

Die Wohnung sah irgendwie heruntergekommen und schäbig aus.

Sie fühlte sich ziemlich unsicher, fast unbehaglich hier in der Wohnung dieses fremden Mannes, den sie kaum kannte und der ihr doch schon so seltsam vertraut war.

Und noch ein paar Kleinigkeiten, die mir so aufgefallen sind:

Nichts besonderes.

Besonderes groß.

Und nichts, auf das eine Antwort zu erwarten gewesen wäre.

worauf


Jetzt saß sie auf seinem verschlissenen Wohnzimmersofa und beobachtete, wie er vorsichtig zwei Gläser mit Rotwein mit tastenden Schritten aus der Küche auf sie zu balancierte.

Wiederholung.

Er war groß und schlank, trug die dunklen, schon leicht angegrauten Haare raspelkurz geschnitten.

Raspelkurz? Was ist das denn? So kurz, wie eine Raspel?

Naja, das wars mal von mir. Ich würds nochmal schreiben.

Viele Grüße,

yours truly

 

Hallo Quoth!

Nichts besonderes.
groß: Besonderes

Als er zu Ende gespielt hatte, schwiegen sie beide lange.
“Ich….muß jetzt gehen.”
„Ja…...Danke für's Herbringen.... Sehen wir uns wieder?“
„Ja.“
Er hatte wirklich „Sehen“ gesagt
doppel ss: muss, immer nur DREI Auslassungspunkte und vorher UND nachher immer ein space, klein: sehen

Jo, eine melancholische Geschichte, selbst wie ein traurige Rockballade oder ein Blues. Und das ist auch schon das Problem, das ich mit der Geschichte habe: Es passt irgendwie alles zu perfekt zusammen, bis hin zum Outfit des blinden Musikers. Seine Blindheit gibt der Geschichte nicht den Bruch, den sie nötig hätte, irgendwas, was nicht so klischeehaft ist. Schäbige Wohnung, attraktiver, wenn auch blinder Musiker, die leise Melancholie, die in der Schwebe bleibende Erotik. Jo, passt alles perfekt, aber das gewisse Etwas fehlt einfach noch. Es ist auch zu kurz vielleicht. Die beiden sind noch keine wirklich lebendigen Personen. So ist es noch wie ein schönes Bild, aber spüren tu ich nix dabei. Die Blindheit allein reicht nicht aus, um der Geschichte Tiefe zu geben. So wirkt sie nur als Selbstzweck, um eben der Geschichte eine schöne Melancholie zu geben und da ist nichts weiter, das mein Interesse wirklich wecken würde.

Es kam ihr vor, als ob seine Züge sich seltsam entspannen und er tief in seinem Inneren einen vertrauten, heimeligen Raum betreten würde.
Das ist schön.

Gruß
Andrea

 
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Hallo Ihr,

danke für die Rückmeldungen.
Ich bin Anfänger im Schreiben, bin also für jeden Tipp dankbar.
Diese Geschichte ist übrigens nicht ausgedacht, sondern fast bis ins Detail selbst erlebt. Auch das Klischee mit der schäbigen Wohnung und dem guttaussehenden, aber blinden Musiker. Da sieht man mal wieder, dass den schlimmsten Kitsch immer noch das Leben selbst schreibt. ;-))

Aber hier geht es ja nicht um die Beschreibung einer wahren Begebenheit, sondern um das Abbilden von Stimmungen. Das ist mir anscheinend nicht so gelungen.

Ich wollte auch keine Story mit der klassischen Einleitung-Höhepunkt-Schluss-Schema schreiben, sondern eher ein Stimmungsbild zwischen zwei Menschen geben, die sich einander vorsichtig annähern.
Einem Mann, der mit einer schweren Behinderung leben muß und einer Frau, die mit sowas noch überhaupt keine Erfahrung gemacht hat. Die verunsichert ist durch die Kombination männliche Attraktivität und "geistige Verwandtschaft" einerseits und Hilflosigkeit und Behinderung andererseits. Und die deshalb auch über das Wort "Sehen" verwundert ist. Denn anscheinend hat er sie ja "gesehen" - auf seine Art. Die vielleicht mehr wert ist, als der rein optische Eindruck eines gesunden Sehenden.

Ich würde das Thema gerne mal in eurer Fassung lesen.
Hat jemand Lust, das Thema so zu erzählen, dass der Kern der Gefühle wirklich rauskommt, ohne rührselig oder klischeehaft zu wirken?
Ich weiß nämlich nicht recht, wie ich's anpacken soll...

 

Hallo Quoth,

du hast dir ja bereits Gedanken gemacht, was genau du vermitteln möchtest.

Und zwar:

Ich wollte auch keine Story mit der klassischen Einleitung-Höhepunkt-Schluss-Schema schreiben, sondern eher ein Stimmungsbild zwischen zwei Menschen geben, die sich einander vorsichtig annähern.
Einem Mann, der mit einer schweren Behinderung leben muß und einer Frau, die mit sowas noch überhaupt keine Erfahrung gemacht hat. Die verunsichert ist durch die Kombination männliche Attraktivität und "geistige Verwandtschaft" einerseits und Hilflosigkeit und Behinderung andererseits.

Wenn du jetzt diese kleine Szene schreibst, dann frage dich einfach bei jedem Satz, ob er für deine Grundidee wichtig ist, oder nicht. Wenn der Satz absolut nichts mit dem Thema zu tun hat, dann lass ihn weg. Andererseits versuche, Details einzuarbeiten, die deine Idee unterstützen, sie vermitteln und ausbauen.

Zu den Charakteren: Wie sind sie? Wie sehen sie aus? Was haben sie erlebt? Kommen sie aus gutem Haus, oder sind sie eher ärmlich aufgewachsen? Mögen sie Rotwein, oder trinken sie lieber Bier? Auch wenn vieles nicht in der Geschichte auftaucht, so hilft es dir doch, dir Gedanken über die Charaktere zu machen. Denn du musst wissen, wie sie reagieren, und jede Entscheidung, die ein Charakter trifft, wird von seinem "erlebten" Leben beeinflusst.

In deiner Geschichte kommen die Charaktere nur sehr flach rüber. Du charakterisierst sie zu wenig, um mir als Leser den Eindruck zu vermitteln, dass es die Person wirklich gibt.

Und doch gilt auch hier, charakterisiere nur, was für deine Grundidee wichtig ist.

Etwas, was sehr gut ist: Gib den Personen Namen.

Für mich ist es schwer, diese Geschichte aus meiner Sicht zu erzählen, weil ich ja nicht weiß, wie du dir die Charaktere vorstellst. Wenn ich es schreibe, dann werde ich zwangsweise Charaktere verwenden müssen, die ich mir selbst ausgemalt habe - denn deine Geschichte charakterisiert nur sehr wenig.

Ich nehme an, der Musiker, nennen wir ihn Jake, hat über die Jahre gelernt, mir seiner Behinderung umzugehen. Er nimmt es locker, und sieht es mit Humor. Manchmal macht er sogar Witze darüber. Er lebt von seiner Rente und dem wenigen, vor allem unregelmäßigen Einkommen seiner Band. Er ist 32 Jahre alt.

Das Mädchen, nennen wir sie Jasmin, 26, Büroangestellte in einer größeren Firma. Den Abend verbringt sie meistens alleine mit ihrem Kater Felix oder sie geht mit ihren Freundinnen aus. Leider kommt das immer seltener vor, da die meisten inzwischen feste Beziehungen haben, einige sogar Familie. Sie ist nicht der Typ, der alleine um die Straßen zieht. Sie denkt, sie sehe eher durchschnittlich aus, und die große Brille gebe ihrem Aussehen den Rest. Kontaktlinsen verträgt sie leider nicht.

Wenn ich mich jetzt hinsetze, und das mal versuche, darf ich das hier als eigene Geschichte einstellen? Ich bin ja in solchen Dingen auch kein Profi, und hätte dementsprechend natürlich auch gerne Feedback. Oder ist dir das nicht Recht, weils ja deine Idee ist? Ich würde natürlich dazuschreiben, dass es aufgrund eines Vorschlags und basierend auf deiner Idee zu der Geschichte kam.

Liebe Grüße,

yours truly

 

Hallo truly,

nein, mach ruhig!
Ich finde das total spannend und interessant, was du aus dem Motiv machen würdest!

Vielleicht habe ich den Personen deshalb zu wenig Gesicht gegeben, weil sie mir selbst sehr vertraut sind. Es handelt sich immerhin um mich selbst und einen guten alten Freund, mit dem ich mal eine Romanze hatte. ;-)
Da mich die Sache damals sehr bewegt hat, wollte ich die intensiven Gefühle und den "Blues", der damals mitschwang, verarbeiten.
Ja, der Musiker hat seine Behinderung häufig flappsig und mit Humor überspielt. Auf der Bühne merkte man ihm ohnehin nichts an.
Aber das war nur Fassade. In Wirklichkeit hat er mit dem Schicksal gehadert und konnte es nie wirklich akzeptieren, dass er nicht mehr sehen konnte.

Ich werde mich auch nochmal dransetzten und die Sache mit Hilfe eurer Tips neu aufrollen. Aber heute habe ich keine Zeit mehr.

Danke und bis bald!

Quoth

 

Hallo Quoth,

am Anfang fand ich deine Geschichte sehr stark. Besonders die Atmosphäre hast du sehr gut eingefangen und ich bin quasi mitten dabei - in dieser tristen Wohnung.
Leider hält deine Geschichte nicht, was sie mir zu Beginn verspricht. Es bleibt bei dieser Atmosphäre, aber du dringst nicht tiefer.
Die Protagonisten lerne ich hier leider nicht kennen - ich erfahre nichts über sie und ich weiß auch nicht, was die Beiden verbindet.
So wie die Geschichte momentan dasteht hätten sie sich auch zufällig in der U-Bahn treffen können, von wo aus sie ihn höflich nach Hause begleitet hat. Dabei wäre dieses ganze Gefühlsdrumherum eigentlich am Interessantesten und am Intensivsten - wie fühlen deine Protagonisten? Was versprechen sie sich von ihrem Zusammensein?

Das sind Dinge, die mir bei deiner Geschichte fehlen. Vielleicht hast du ja nochmal Lust darauf, sie zu überarbeiten und ihr etwas mehr Tiefe zu geben. Das Thema jedenfalls finde ich toll. :)

Viele Grüße, Bella

 

Hallo Bella,

danke auch dir für deine Anmerkung!

Ja, ich möchte die Geschichte nochmal überarbeiten, bin aber im Moment etwas knapp mit der Zeit.

Ihr habt Recht:
Ich habe die beiden Personen und ihr Verhältnis zueinander zu wenig charakterisiert, weil sie mir persönlich sehr vertraut sind und ich somit die Emotionen und den "Blues" in der Geschichte trotz mangelnder Informationen gespürt habe.

Ich möchte aber die Geschichte auch nicht mit zu vielen Erklärungen "totschreiben", weil ich glaube, dass die Gefühle und Stimmungen eher zwischen den Zeilen rüberkommen müßten, um ehrlich zu wirken.

Hmm, mal sehen, was ich diesbezüglich noch zusammenbringe.

Quoth

 

Hi Quoth,

ich glaube nicht, dass du direkt einen Roman daraus machen musst. Du hast schon recht - bei einer Kurzgeschichte muss auch mal die Atmosphäre wirken muss. Ich denke mal, wenn du da ein paar zusätzliche Absätze oder die eine oder andere Andeutung einstreust, ist schon viel gewonnen.

Viele Grüße, Bella

 

Okay, habe jetzt die ursprüngliche Version nochmal bearbeitet. Richtig zufrieden bin ich noch nicht damit.
Feedback ist willkommen.;-)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quoth!

Finde ich sehr viel besser so. Ich konnte mich zumindest in die Charaktere hineinversetzen und habe mit Spannung verfolgt, was du aus der ursprünglichen Story gemacht hast.

Nur das Ende kommt ein wenig platt daher. Vielleicht kannst du es noch ein wenig aufpeppen?

Liebe Grüße,

yours truly

 

Hallo truly,

den Schluss fand ich auch recht schwierig.
Ich will es keinesfalls in einer Sex-Szene und eigentlich nicht mal in einer Kuss-Szene enden lassen. Irgendwie sollte es romantisch/melancholisch, aber keinesfalls schmalzig werden.
Weiß noch nicht recht, wie ich das hinbiegen soll....*kopfkratz*

Quoth

 

Hi Quoth,

super, dass du die Geschichte überarbeitet hast.
Die Geschichte hat dadurch wirklich sehr gewonnen. Du zerredest nichts und trotzdem bekommen die Protagonisten jetzt ein Gesicht. Auch wenn du nicht allzu sehr ins Detail gehst: Wer zwischen den Zeilen liest, erfährt doch recht viel über die Beiden. Gleichzeitig lässt du aber auch so viel Raum, dass sich jeder sein Bild selbst bilden kann.
Sehr gut spürbar ist jetzt auch die Anziehungskraft, die zwischen den beiden herrscht. Vorher wusste ich zwar, dass du darauf hinaus willst, aber ich habe das beim Lesen nicht fühlen können.
Das Ende hat mich auch nicht nicht vom Hocker gehauen, obwohl es alles in allem schon stimmig ist. Mit deiner Anmerkung hast du auf jeden Fall recht: Irgendein reisserisches Ende (z. B. Sexszene) würde der Geschichte nicht so gut stehen. So lässt du letztendlich auch offen, was passieren wird.
Aber evtl. fällt dir noch ein richtig guter Schlusssatz ein, der das Ende noch ein bisschen aufpeppt.

Das Einzige, was mir beim Lesen negativ aufgefallen ist war, als du geschrieben hast, dass die Protagonisten "über Gott und die Welt geredet haben". Diese Formulierung hab ich schon so oft gelesen (und auch schon zu oft selbst verwendet *g*), als dass sie mir noch gefallen würde. Vielleicht fällt dir hier noch etwas ein, um die Situation etwas individueller zu beschreiben. :)

Insgesamt gefällt mir die Geschichte jetzt allerdings recht gut. :)

Viele Grüße, Bella

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke Bella für deine abschließenden Bemerkungen!
Meine Reaktion hat etwas gedauert, weil ich zwischendurch in Urlaub war.

Ich habe jetzt die Sache mit "Gott und der Welt" geändert und versucht, einen passenderen Schluss zu basteln.
Die Protagonistin nimmt jetzt in ihrem Schlusssatz quasi Bezug auf den vorangegangenen Liedtext. Ist das nun romantisch oder schmalzig?????????? ;-))

 

Hallo Quoth,

erstmal willkommen zurück aus dem Urlaub.

"Ich...ich würde gerne ein Stück mitgehen...durch...durch deine Nacht. Und ich...ich hab' ziemlich viel Zeit..."

Ich will ja nicht wider meckern, aber ... wenn du, statt in der wörtlichen Rede Wiederholungen zu verwenden, es außerhalb dieser zeigst, dass sie unsicher redet, würde es mir besser gefallen.

"Ich würde gerne ein Stück mitgehen, durch deine Nacht", antwortete sie unsicher. Dann fügte sie zögernd hinzu: "Und ich hab' ziemlich viel Zeit."

Also, so meine ich das - nur als Beispiel. :)

Grundsätzlich gefällt mir der Schluss allerdings schon, auch wenn er ein wenig ... schnulzig ist.

Schöne Grüße,

yours

 

Hallo Quoth,

gewonnen hat Deine Geschichte dadurch, daß Du sie überarbeitet hast, nun ist sie deutlich nachvollziehbarer und mehr Geschichte. Anrührend war sie ja vorher schon, nun ist sie präsenter.
Ein bisken zu sehr übers Ziel hinaus bist du für meinen Geschmack an zwei Stellen gegangen, ansonsten finde ich sie rund.

Unter dem Etikett „blind“ hatte sie sich immer einen tatterigen Greis mit gelb-schwarzer Armbinde vorgestellt, der mit dem Langstock vor sich herschepperte.
Sie musste lachen. Ihr fiel plötzlich auf, dass Rob's Blindheit für sie eigentlich gar nicht mehr wichtig war. Seine Persönlichkeit machte etwas ganz anderes aus. Es war diese Ausstrahlung von entwaffnender Offenheit, Stärke und Souveränität, gepaart mit Einfühlungsvermögen und großer Verletzlichkeit, die sie faszinierte. Und immer wieder war dieser unterdrückte Anflug von Aufbegehren und Verbitterung bei ihm spürbar.
der Passus wiederholt nur etwas, was Du vorher bereits beschreibst. Ich würde es rausnehmen oder dort integrieren, wo Du auf ihre Innenwelt und ihre Wahrnehmung von Rob eingehst
Er hatte Recht. Genau so hatte sie es empfunden. Der Abend damals war ihr förmlich durch Mark und Bein gegangen. Und das nicht nur, weil die Band technisch perfekten Bluesrock präsentiert hatte.
und den Passus hast Du sogar fast wörtlich oben schon drin, ich plädiere erneut für Streichung

sonstiger Textkram :

„Setz dich doch.“ sagte er.
kein Punkt in der WR, dafür ein Komma direkt danach : "Setz dich doch", sagte er

Es kam ihr vor, als ob seine Züge sich seltsam entspannen und er tief in seinem Inneren einen vertrauten, heimeligen Raum betreten würde.
das seltsam hast du oben schon drin, es passt aber zur Entspannung nicht so wirklich

yours Vorschläge zum Ende unterschreibe ich, wobei der Schnulz durch eine weitere Streichung (konkret würde ich nach "durch deine Nacht" rausgehen) ein wenig eingegrenzt werden könnte :)

Hat mir gefallen !

Grüße
C. Seltsem

 

Ah, supi, danke für die Tips!
Ich finde es total schwierig, aus Romantik nicht in Schnulz abzudriften.

Völlig ohne Schmalz wäre z.B. diese Lösung:
"Ein schönes Lied, Rob. Aber wenn es dich nicht stört, würde ich jetzt hier gerne ein wenig aufräumen. Es sieht nämlich ganz furchtbar aus bei dir. Wo steht der Staubsauger?"

*grmpf*

Ok, kleiner Scherz....;-)

Die anderen Vorschläge werde ich morgen reinarbeiten. Danke!

Quoth

 

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