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Historische Kurzgeschichte / Wortwahl / Anrede / Besonderheiten?

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15.03.2016
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Historische Kurzgeschichte / Wortwahl / Anrede / Besonderheiten?

Hallo zusammen,

ich möchte mich in einem neuen Genre versuchen.
Die Idee ist, eine Kurzgeschichte im 16. Jh. spielen zu lassen.
Mir ist klar, dass ich bei der Wortwahl vorsichtig sein muss.
Habt Ihr vielleicht weitere Hinweise für mich? Wie ist es mit der Ansprache von Personen.
In der Zeit war die Anrede doch "Ihr" statt "Sie", oder?
Bauern werden sich wahrscheinlich mit "Du" angesprochen haben, oder?
Ich brauche einfach ein paar Hinweise, damit es nach der richtigen Zeit klingt.

Schon jetzt vielen Dank für Eure Hilfe.

Viele Grüße

Xayide

 

Hallo Xayide,

also ich an deiner Stelle würde mir als allererstes Bücher/Romane besorgen, die Geschichten aus dieser Zeit beinhalten/sind. :shy:

LG, GoMusic

 

Hallo Xayide,

Luther im Original lesen, schließlich hat der maßgeblich die Sprache des 16. Jh. beeinflusst, die sächsische Kanzleisprache zur Mutter des Neuhochdeutschen (in das freilich schon im 15. Jh. das mhd. überging). Er hat den Leuten nicht nach dem Mund geredet, sondern hat ihnen "aufs" Maul geschaut.

Die Anreden waren innerhalb der Stände (daher auch "standesgemäß") unterschiedlich wie auch gegenüber einem Zeitgenossen aus einem anderen Stand. Das "Ihr" könnte aber durch "Euer" (abgekürzt Ew.) ergänzt werden müssen. Noch zu Schillerszeiten sprach man etwa so "Ihro Gnaden dero Sohn" (Luise Millerin/Kabale und Liebe) gegenüber dem Höherstehenden.

Ich setz mal ein paar Zeilen hierzu, die ich vor wenigen Wochen zum historischen Roman geschrieben hab, die aber auch für die kleinere Erzählformen gilt (und darum ein bisschen abgeändert wird). Für Dich ist da der Satz zu C. F. Meyer wichtig!

Die historische Erzählung gestaltet künstlerisch historische Ereignisse in Prosaform.

Das Wort „Geschichte“ (ahd. gisciht) ist vom Verb „geschehen“ (ahd. giskehan) abgeleitet und meint zunächst „Begebenheit / Ereignis /Geschehnis“, um bereits im mhd. die Folge(n) des Ereignisses einzubeziehen und so im 15. Jh. in seiner Bedeutung auch die Erzählung / den Bericht über dieses Geschehen einzubeziehen und historia wird. Erst mit Herder wird Geschichte zur Wissenschaft und erst mit dem Durchbruch des Geschichtsbewusstseins der Romantik(er) entsteht der Geschichtsroman, die historische Novelle wie jede kleinere Erzählung - im deutschsprachigen Raum verknüpft mit den Namen Arnims, Hauff (Lichtenstein und Jud Süß!) und Novalis mit einem Höhepunkt in C. F. Meyer, der auch ein Problem auf schlichte Art gelöst hat, indem sein Personal die Sprache der Jetztzeit spricht, was aber genug Fußfallen birgt in Dingen, die es „früher“ nicht gab.

Für alle Formen „historischen“ Erzählens – selbst für die (Auto-)Biografie gilt, dass es eine Annäherung bleibt, ein Bild, dass sich der Autor von der/den Person/en, dem/den Ereignis/sen macht. Aber zwischen Belletristen und Wissenschaftler besteht ein entscheidender Unterschied: Müht sich der Belletrist gemeinhin allzu selten, Archive aufzusuchen, um Handschriften zu lesen, die er vielleicht gar nicht entziffern und/oder erst recht nicht verstehen kann oder will, selbst wenn sie in einer alten Fassung seiner Muttersprache verfasst sind, verlässt er sich auf Spezialisten, und wär's der eigene Großvater, die ihm das aufwändige Studium abnehmen (im anderen Falle wär er buchstäblich von allen guten Geistern verlassen). Und obwohl er nicht unbedingt sein Wissen erweitert, schmückt er Vorgekautes aus und deutet es nach seiner Interessenlage. Die Mühe des dokumentarischen Puzzles überlässt er dem/den Spezialisten – und je begrenzter die Datenlage, umso größer der freie Raum der belletristischen Fantasie.

Zum Problem ausführlicher:

http://www.wortkrieger.de/showthread.php?54797-War-Karl-der-Große-ein-Selfmade-Man

Ich hoff, dass Du was mit anfangen kannst!

Tschüss

Friedel

 

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