Was ist neu

In Memoriam

Veteran
Beitritt
04.01.2002
Beiträge
913
Zuletzt bearbeitet:

In Memoriam

In Memoriam

Hoffen. Bangen. Tag und Nacht, rund um die Uhr; selbst im Traum auf Wunder hoffend. Nicht jeder Traum war schön, doch immer schöner als die Wirklichkeit. Zum Schluss blieb uns nur noch Bangen. So krank? Unmöglich! Nicht schon in diesem Alter, dachten wir.


Befruchtung, Übelkeit, Vorfreude. Ein Kind der Liebe, die damals noch Berge versetzte. Wir suchten einen Namen. Mädchen oder Junge? Esther, oder Michael? „Lasst uns abwarten, was dabei herauskommt“, sagte ich lachend. „Ist doch egal, Hauptsache: gesund“. Die Verwandtschaft geriet völlig aus dem Häuschen, sammelte, was das Zeug hielt.
Zukünftige Großeltern, die kaum Geld hatten, gingen mit zukünftigen Eltern, die über kaum ausreichenden Wohnraum verfügten, einkaufen. Würde schon irgendwie hinhauen.

Tag X. Jetzt aber schnell! Eine frühzeitig geplatzte Fruchtblase sorgte für Aufregung. Die darauf folgende Sturz-/Hausgeburt (welch ein Chaos!) reduzierte die barbarischen Schmerzen auf eine gnädig kurze Zeit und ließ diese innerhalb der nächsten Monate nach und nach in Vergessenheit geraten.

Stillen, wickeln, schmusen. Anstrengende, in viel zu kurzen Abständen unterbrochene Nächte, die sich mit eben solchen Tagen abwechselten, waren bald nur noch Schatten von Erinnerungen und machten Platz für die Momentaufnahmen des Glücks.

In der Ecke des Kinderzimmers aufgebahrt: die Reliquien in Form von Haaren, Bildern, Kleidungsstücken und Spielzeug. Keine Angst, Kleiner, du wirst nicht vergessen werden, weil wir dich ständig in unseren Herzen bei uns tragen! Wie gerne hätten wir dich die zwei Kerzen ausblasen lassen – es hatte nicht sollen sein.

 

Hallo Antonia,

"Nicht jeder Traum war schön, aber immer noch schöner als die Realität"

Das ist schon hart, zu hart um es zu vertragen, wenn man länger darüber nachdenkt.

Du hast einen text geschrieben, nach dem man nicht mal eben schnell mit hundert Prozent einsatz einen anderen, wie z. b. eine Satire oder etwas humoriges lesen kann.

P.S habe es mit der Katze nicht verstanden! trotz zweimaligen Lesens.

bis dann und liebe grüsse Stefan

 

Liebe Antonia!

Ein bedrückendes Thema hast Du für Deine Geschichte gewählt, das mich sehr mitnimmt.
Obwohl Du nicht allzusehr ins Detail gehst, kann ich mit den Eltern des Kindes mitfühlen und mir ihren Schmerz vorstellen. Vielleicht auch dadurch, daß ich eine Frau kannte, deren Kind am plötzlichen Kindstod gestorben ist und die - obwohl sie drei andere Kinder hat - zu sämtlichen Anlässen (Ostern, Nikolaus, Weihnachten und natürlich Geburtstag) für dieses Kind ebenfalls alles genauso herrichtet, wie für die anderen, die leben. Es ist alles so, als wäre es noch da. - Wie in Deiner Geschichte, die Szene mit dem Kerzenausblasen - das ist die Stelle, wo es am tiefsten in den Magen geht.

Nur mit dem Schluß, da steh ich ehrlichgesagt ein bisschen daneben. :shy: Wer hat keine Kraft mehr? Wer soll wem helfen? Was hat das alles mit der Katze zu tun?

Alles liebe,
Susi

 

Die Katze ist auch tot!

Liebe Antonia,

so wenige Worte und so tief sitzend und schmerzend.
Das ist mein Gefühl, nachdem ich deine Geschichte gelesen hab.
Ich kann jetzt nicht mehr dazu schreiben. Verzeih bitte.

Lieben Gruß
Elvira

 

Danke, Stefan!

Bin so was von froh über Deinen Kommentar! Zeigt er mir doch, dass die Härte des Inhalts durchaus verstanden wurde, und - die Schwäche im Text.
Hast Recht! Die (ebenfalls tote) Katze stört, also wird sie entfernt.


Ganz liebe Grüße
Antonia

 

Hallo Antonia,

eine traurige Situation, die du da schilderst. Aber die Traurigkeit dominiert nicht. Die Entwicklung wird dem Leser nüchtern in Form von Schlaglichtern präsentiert. Dann die Information, dass der Junge noch vor dem zweiten Lebensjahr gestorben ist (gut formuliert übrigens). Aber auch diese Feststellung erscheint mir nicht in depressiver Traurigkeit, sondern in abgeklärter Reife dargestellt zu werden. Der/die Protagonist/in hat die Trauer überwunden und sieht das Positive der gemeinsam verbrachten Zeit.

Soweit, so gut. Dann allerdings kommt der letzte Absatz, über den nachzudenken notwendig ist. Wie auch Archetyp, stolpere ich über die Katze, die bisher nicht erwähnt wurde. Aus den Formulierungen der Sätze erkennt man zwar, dass offensichtlich der/die P. eine Art Gebet an den verstorbenen Sohn richtet und ihn bei der -ebenso verstorbenen- Katze wähnt, weswegen er/sie ihn im Plural anspricht. Unterstellt P. sei die Mutter, so bittet sie ihn, dem Vater zu helfen, der die Situation nicht verkraften kann.
Ich persönlich hätte auf die Einbeziehung der Katze verzichtet. Keinesfalls jedoch auf diesen letzten Absatz, auch wenn er nicht so recht unter den Titel passen will, da er aus der Geschichte, wie bereits erwähnt, ein Gebet macht und nicht, wie der Titel glauben macht, eine Erinnerung.

Habe meine Gedanken einfach mal losplätschern lassen. mag sein dass es etwas gedrängt erscheint. Die Essenz zumindest soll sein, dass es eine Geschichte ist , die an die Nieren geht, wenn man sich darauf einläßt. Wenn man selbst Kinder hat und das ist bei mir der Fall, empfindet man es bestimmt umso schlimmer. Gut geschrieben.
Gruß vom querkopp

 

tja, die katze ist weg ...

ähnlich wie bei Häferl, fand ich auch den schlußsatz etwas verwirrend:
"Da gibt es Jemanden, der keine Kraft mehr hat. Wirst du ihm helfen, mein Schatz? Dort, auf der anderen Seite."

vor allem bleibt dieser satz ohne wirkung, ich hatte ihn zunächst beinahe überlesen, da das hautpaugenmerk des lesers von der kerzenstelle in beschlag genommen wird - deshalb glaube ich sogar, man könnte diesen letzten abschnitt auch weglassen: keine missverständnisse, und keine minderung der wirkung - im gegenteil, das schließen mit der kerzenstelle würde bei mir eine viel größere wirkung hinterlassen als es jetzt der fall ist.

 

Hallo Antonia,

ein gelungener Text, der sehr bewegt und zum Nachdenken anregt. Ein Beispiel auch dafür, dass gerade ein kurzer Text sehr große Emotionen hervorrufen kann. Sehr professionell gemacht.

Liebe Grüße - Aqua

 

Liebe Antonia!

Die Katze ist zwar weg, aber der Schluß ist immer noch unverständlich. Soll dem armen Kind jetzt über den Tod hinaus die Aufgabe aufgeladen werden, jemandem zu helfen? Ich komm da ehrlich nicht ganz mit. :shy:

Liebe Grüße,
Susi

 

ja, ich vermute, die eltern sind ohne kraft. das einzige, was sie durchhalten lässt, ist der glaube, dass ihre liebe von oben (himmel) auf sie herabblickt.
im himmel gibt es keine bürden. indem das kind voller liebe und treue auf die eltern herabblickt (womit der glaube [also der halt der eltern] bestätigt wird), bekommen sie ruhe für ihre gequälte seele.
der schlusssatz ist einerseits ein ruf an ihr kind, auf seine eltern herabzusehen und ihre nicht erloschende liebe zu ihm zu erkennen, andererseits ist die flucht in den glauben nur ein verzweifelter versuch, dem schmerz zu entrinnen.
der schmerz (besonders im letzten satz) ist so nah beschrieben, dass man fast ahnen könnte, die autorin hat ihn selbst erlebt.
barde

 

Hallo Antonia,

der erste Absatz ist ja schon eine Warnung, bei „nicht in diesem Alter“ kann man noch hoffen, doch dann entstehen endgültige Fakten.
Die Mittelteil- Absätze sind eine distanzierte, aber in ihrer Kürze wirklich treffend beschriebene Rückblenden. Dieser Schreibstil hilft dem Leser und macht auch das schonungslose Erinnern der Eltern glaubwürdig. Ich finde die Stärke des Textes ist seine Ehrlichkeit, hier geht es um einen tief erlebten, nachvollziehbaren Schmerz, nicht um auffällige Provokation ohne Hintergrund.
Der Schluß könnte schon nach dem Kerzen- Absatz sein, doch ich weiß, Du willst da noch eine zusätzliche Aussage machen, deshalb muß der Schlußsatz wohl bleiben, es ist schließlich auch eine zusätzliche Information über die Gedankenwelt der Leidtragenden.
Übrigens... noch nie habe ich eine so kurze und präzise Beschreibung einer Schwangerschaft gelesen: „Befruchtung, Übelkeit, Vorfreude“.

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Zunächst einmal möchte ich ganz herzlich für´s Lesen und Kommentieren bedanken. Der Schmerz der Mutter ist trotz der Kürze des Textes spürbar geworden.

@ Aqualung:

Dein Lob in Bezug auf Professionalität hat mich sehr gefreut.


@ lakita:

Manche Eltern gehen wirklich durch die Hölle. Ich habe die Mutter des ermordeten, damals elfjährigen Tobias getroffen, die mir erzählte, dass es immer noch keine Spur des Täters/der Täter gebe.


@ Susi, linjus und querkopp:

Bin sehr froh über Eure Denkanstösse.

Da gibt es Jemanden, der keine Kraft mehr hat. Wirst du ihm helfen, mein Schatz? Dort auf der anderen Seite.
Auslöser für diesen letzten Abschnitt war ein Friedhofsbesuch. Eines der Kindergräber, die in mehreren Reihen beieinander liegen, war (sonst immer sehr gepflegt) verwildert.
Mein erster Gedanke dabei: da hatte Jemand keine Kraft mehr und ist vielleicht jetzt auch auf der anderen Seite.

Die letzten Sätze habe ich nun doch gestrichen, weil sie in der Tat zu verwirrend waren.


@ querkopp:

Genau das wollte ich aussagen. Die Trauer hat abgeklärter Reife Platz gemacht, ohne dem Schmerz die Härte zu nehmen. Auch mit dem Gebet (schön gesagt!) hast Du voll ins Schwarze getroffen. Der Vater, oder die Mutter, je nach Auslegung, hat keine Kraft mehr und droht, ein Opfer der eigenen Selbstaufgabe zu werden. Deshalb die Bitte an das Kind.

@ Susi:

Manche Eltern tun wirklich lange Zeit so, als wäre das Kind noch da. Für sie die einzige Art und Weise, das Unerträgliche auszuhalten.


@ Barde:

Deine Interpretation wäre jederzeit denkbar und möglich. Glaube als Rettungsanker. Ja, sicherlich. Und so, wie die Eltern ihr Kind in ihrem Herzen tragen, so blickt es voller Liebe und Treue auf sie herab (hast Du sehr schön ausgedrückt!).


Ciao und liebe Grüße
Antonia

 

Hallo nochmal, Antonia!

Magst Du vielleicht das mit dem Friedhofsbesuch noch weiter behandeln? Ich finde, das wäre ein sehr gutes Thema, dem eine ganz eigene Geschichte zusteht... ;)

Alles liebe,
Susi

 

Hallo, Siegbert!

Auch an Dich ein herzliches Dankeschön für Deinen Beitrag, dem ich nicht mehr viel hinzuzufügen habe.
Die Normalität verschwindet hinter der Katastrophe und muß mühsam wiedererlangt werden (wenn denn überhaupt die Betroffenen in eine Art von "Alltag" zurückfinden).

Ehrlichkeit (auch in Texten) ist m. E. eine der Haupttugenden und sollte nicht mit Füßen getreten werden. Provokation gibt es genug.


@ Susi:

Der Satz von Dir:

Soll dem armen Kind jetzt über den Tod hinaus die Aufgabe aufgeladen werden, jemandem zu helfen?
hat mich schließlich doch darin bestärkt, den letzten Abschnitt zu streichen. So etwas wäre wirklich zu viel verlangt (obwohl Kinder manchmal mehr Mut und Kraft beweisen, als Erwachsene - auch was das Sterben angeht).

Deine Idee, dem Friedhofsbesuch eine eigene Geschichte zu widmen, ist großartig, da meine Gedanken immer wieder an dem verwilderten Grab hängen bleiben.
Du hast schließlich ein besonderes Gespür für Dinge, die da pochen. ;)

Liebe Grüße an euch Beide
Antonia

 

hey antonia,

eine geschichte, die haften bleibt, auch wenn man noch keine kinder hat. aber ich stelle mir ein solches erlebnis als blanken horror vor. eltern sollten ihre kinder nicht überleben, das ist wider die natur.

die anderen haben schon so viel gesagt, dass mir nichts bleibt. kann die anmerkungen zu katze und gebet nicht mehr nachvollziehen, da du inzwischen editiert hast. aber so wie sie dasteht ist sie perfekt. beeindruckend.

cu bigmica

 

Hallo, bigmica!

Ein herzliches Dankeschön auch an Dich für´s Lesen und Kommentieren! Deine Meinung ist auch deshalb wichtig für mich, da ich die Geschichte ja nun doch etwas geändert habe.

Hast recht. Eltern sollten ihre Kinder nicht überleben, weil es wider die Natur ist. Und grausam.


Lieben Gruß
Antonia

 

Hallo Antonia!

Wenn wir schon beide den gleichen Titel für eine Kurzgeschichte verwenden, muss ich doch auch wenigstens lesen, was du in diese Richtung geschrieben hast. ;)

Hab', bevor ich meine Geschichte postete, den Titel interessehalber mal unter "Suchen" eingegeben und war ehrlich gesagt ziemlich überrascht, als ich sah, dass er bereits verwendet wurde.

So, nun aber zu deiner Geschichte:

Der Text ist sehr kurz, ohne Ausschweifungen oder Details. Und die halte ich in diesem Fall auch nicht für notwendig. Das Wesentliche hast du aufgeführt, der Inhalt kommt klar rüber und das Ende hinterlässt einen traurigen Nachgeschmack.
Insofern also gelungen! :thumbsup:

Wie ich durch die Kritiken der anderen Leser entnehmen konnte, hast du einige Dinge ja noch geändert; die Endfassung gefällt mir jedenfalls gut. Gibt's nichts mehr daran auszusetzen.

Viele Grüße,
Michael :)

 

Hallo Antonia,

heute ist der Tag der traurigen Geschichten. Der letzte Satz bringt auch hier das ganze Drama zum Vorschein. Du hast sehr viel Gefühl im Schreibstil. Äußerst gelungen, klasse.

Lukasch

 

@ Michael:

Ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar!:)
Titel werden immer wieder doppelt auftauchen, und bei den Suchergebnissen parallel zu Deiner KG angeführt zu werden, ehrt mich besonders!:)

@ Lukasch:

An manchen Tagen begegnet man tatsächlich mehr traurigen, als heiteren Geschichten. Kommt mir manchmal so vor, als ob es stimmungsmäßige Wellen gäbe.

Freut mich sehr, dass Dir die Geschichte zusagt!

Ganz liebe Grüße an Euch
Antonia

 

Es freut mich sehr, dass Du diesem Text Deine Aufmerksamkeit gewidmet hast. Mit der bemängelten Oberflächlichkeit hast Du völlig Recht, da gehört mehr Tiefe hinein. Dein Vorschlag, direkt und härter zuzuschlagen, gefällt mir gut. Mal sehen, ob ich eine Änderung zu Wege bringe, ohne in die Rosamunde-Pilcher-Kiste zu fallen.

Danke für Deine Kritik und die Anregungen!


Ciao
Antonia

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom