in the dark
Ich hatte mal wieder 5 Minuten Zeit. Die habe ich genutzt und habe ein Bier getrunken (oder waren es zwei?)
Er saß bis zum Hals in der Scheiße. Seine tentakelartigen Arme würgten seinen Hals, während seine reißartigen Zähne versuchten ihn in Stücke zu zerreissen. Er spürte wie ihm langsam die Luft ausging. Es hatte ihm aufgelauert und in einem Moment erwischt, da er von seinem Walkie-Talkie abgelenkt und unaufmerksam geworden war. Wenn er verhindern wollte, daß ihm gleich die Lichter ausgingen, mußte er handeln – und zwar schnell.
Er bot alle Kraft auf, die er noch zur Verfügung hatte und schlug dem Angreifer in seine häßliche Fratze. So hart und unerbittlich sein Griff war, so weich und schleimig war die Masse auf die seine Faust traf. Grüner Schleim spritzte zu allen Seiten und das Ding ließ von ihm ab, taumelte benommen nach hinten und schien erstaunt, daß sein so sicher geglaubtes Opfer, ihn so schmerzhaft treffen konnte.
Jack nutzte den Moment der Verwirrung, ergriff die doppelläufige Schrotflinte, die sich unter seinem Mantel befand und schoß viermal auf dieses Monster, bis es endlich tot zusammenbrach.
Vorsichtig näherte sich Jack dem auf dem Boden liegenden grünen Etwas und wunderte sich, wie viele es von denen auf dieser Gottverdammten Insel gab.
Es war so, als hätte die Hölle ihre Pforten geöffnet und all ihre Kreaturen wären aus ihr gekrochen, um sich hier zu versammeln. Dieses hier hätte ihn beinahe erwischt. Gerade als er
mit Yvone gesprochen hatte, war dieser schleimige Bursche aus dem Gebüsch hervorgeschnellt und hatte ihn gepackt. Yvone! Ein grausamer Gedanke durchzuckte ihn. Das letzte was er vorhin am Walkie-Talkie gehört hatte, war dieser markerschütternde Schrei, der ihm durch und durch ging. Hoffentlich war sie es nicht, die er gehört hatte. Wenn er sie nicht bald finden würde...Er traute sich nicht diesen Gedanken fortzuführen. Er wollte es sich nicht ausmalen, wie die hübsche Yvone von einem schleimigen Monster zerfetzt würde.
Die Dunkelheit der Nacht hatte besitz von der Insel ergriffen und hüllte den Wald und das alte Landhaus in tiefes schwarz. Nur noch wenige Augenblicke bis Mitternacht. Jack hatte in seinem Leben schon viel erlebt. Als er diesen Auftrag annahm, ahnte er nicht, welchen riesigen Fehler er begangen hatte. Es klang für ihn wie ein gewöhnlicher Auftrag – nichts spektakuläres. Ein Wissenschaftler wurde als vermißt gemeldet und seine Tochter, Yvonne, gab ihm den Auftrag nach ihm zu suchen. Schnell war er fündig geworden. Der letzte bekannte Aufenthalt des Professors war diese Insel. Und jetzt war er hier. Mitten in einem Albtraum eines verrückten Spinners. Seit er die Insel betreten hatte, reihten sich merkwürdige Ereignisse wie ein Spuk aneinander. Und es wurde zunehmend brutaler.
Er rannte durch den dichten Wald geradewegs auf das Landhaus zu. Dorthin hatten diese Monster Yvonne entführt, um gegen Mitternacht irgendein seltsames Ritual zu vollziehen.
Mithilfe der Telefonate mit den Kollegen des Professors und den wenigen Hinweisen, die er bisher gefunden hatte, reimte er es sich zusammen. Professor Meinard war Professor der Parapsychologie und eine Koryphäe des Okkultismus, aber vor allen Dingen war Professor Meinard ein Größenwahnsinniger Psychopat, der die Fürsten der Finsternis heraufbeschworen hatte. Yvonnes Vater war ihm offenbar auf die Schliche gekommen und er hatte, dessen war Jack sicher, dieses Wissen mit dem Leben bezahlen müssen.
Und wenn er sich nicht beeilte, würde Yvonne das nächste Opfer werden.
Jacks Atem rasselte wie eine alte Pumpe. Trotz der Sorge um Yvonne und der damit gebotenen Eile, durfte er nie unvorsichtig werden. Hinter jeder Hecke und unter jedem Strauch konnte der Tot lauern. Wenn er jetzt unvorsichtig würde, konnte der nächste Schritt sein letzter sein. Vor ihm ragte ein Schmiedeeisernes Tor drohend in den Himmel und versperrte jedem Neugierigen den Zugang zum Landhaus.
Mit einem Schuß aus seiner Schrotflinte zersprang das Schloß. Ein Tritt gegen den Torflügel genügte und er hatte den ungetrübten Blick auf das im Mondschein liegende Landhaus freigegeben. Seine Schrotflinte hielt er im Anschlag. Man würde ihn bereits erwarteten.
Das erste, was er vernahm, war ein dumpfes, kehliges Grollen, dann Stille. Das Schlimmste an diesen Kreaturen war die Tatsache, daß sie nicht berechenbar waren. Sie tauchten unvermittels auf und verschwanden auf unerklärliche Weise wieder. Äußerlich unterschieden sie sich erheblich in Form und Größe. Das, was alle Kreaturen indes gemein hatten, war ihre abgrundtiefe Hässlichkeit und den Drang wahllos zu töten.
Wieder dieses Grollen. Doch diesmal war es näher...viel näher...zu nahe. Jacks Beine versagten ihm den Dienst. Seine Instinkte schlugen Alarm. Sein Herz pochte wild in seiner Brust und er spürte wie Panik ihn ergriff. Es würde ihn gleich angreifen und er stand schutzlos da, lediglich mit einer Schrotflinte bewaffnet, um sich der Kreaturen der Hölle zu erwehren.
Hatte er das Gewehr nachgeladen? Diese Frage hämmerte ihm im Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf. Hatte er? Er wußte es nicht mehr. Seine linke Hand griff zittrig zu den in der rechten Jackentasche befindlichen Patronen, während er sich in panischer Angst umblickte.
Niemand war zu sehen, doch das Grollen hatte wieder angefangen. Lauter denn je.
Seine linke Hand schloß sich um drei oder vier Patronen. Beim Versuch die Hand aus der Tasche zu ziehen, passierte es. Einige Patronen fielen aus der Tasche und landeten im Dreck.
Nur einen winzigen Moment war Jack unkonzentriert. Nur einen winzigen, innerhalb einer Sekunde dahinfließenden Zeitraumes, hatte Jack nicht aufgepaßt.
Der Schlag traf ihn mit voller Wucht. Er wurde zu Boden gerissen. Eine Flugechse kreiste grollend über ihn und nahm Anlauf für die nächste Attacke. Bäuchlings liegend lud er die unter ihm liegende Flinte nach, drehte sich auf den Rücken, wollte schießen, doch es war zu spät. Die Flugechse hatte ihn gepackt. Mit großen Schwingen flogen sie davon. Sie würde ihm jeden Moment mit ihrem Schnabel den Kopf einhacken. Er hatte nur eine Chance. Er mußte schießen und hoffen, daß er sich nicht allzuviele Knochen brechen würde, wenn er unten aufschlug. Der Kopf der Echse zerplatzte und stob in alle Himmelsrichtungen, doch der Griff lockerte sich nicht. Eine warme Brühe verteilte sich auf Jack, so daß er nicht sehen konnte, wie die Echse mehrfach um ihre eigene Achse drehend, rücklings auf dem Dach des Landhauses aufschlug. Jack hatte überlebt.
Von oben bot das Landhaus einen Blick auf den Wald, aus dem Jack gekommen war. Ruhig, fast friedvoll lag er vor ihm, man sah ihm den Horror, den er dort erlebt hatte, nicht mehr an. Er sah sich um, fand einen Einstieg, der ihn direkt in die Bibliothek des Hauses führte. Eine Petroleumlampe auf einem Sekretär erhellte einen Teil der Halle mit ihrem spärlichen Licht. Der Rest der Halle lag im dunkeln. Vorsichtig näherte sich Jack dem Schreibtisch. Das gelbe Licht flackerte wie wild und vereinzelte Windstöße aus einem geöffnetem Fenster, drohten die kleine Flamme auszupusten. Ein Schatten huschte an ihm vorbei. Auf dem Schreibtisch lag eine Skizze, die ihm seine Vermutung bestätigte. Hier mußte es sein. Er verglich das mehrwinklige Gebilde mit dem in seiner Tasche befindlichen Amulett. Es war die exakte Nachbildung eines eingravierten Musters. Wieder huschte ein Schatten an ihm vorbei und diesmal wußte er, daß es keine Einbildung war.
In dem Teil des Raumes, der erhellt wurde, befand sich, außer ihm, niemand. Dennoch wußte Jack, daß er nicht allein war. Hinter der zweiten Bücherwand glaubte er einen Schatten gesehen zu haben. Doch als er näher herantrat, war da niemand. Einen Fuß vor den andern setzend durchsuchte er den Raum. Er mußte den Professor finden, noch bevor es Mitternacht war und sie ihr Ritual vollziehen konnten. Jack spürte einen kalten Atem in seinem Nacken. Langsam drehte er sich um. Er würde ihm den Kopf wegpusten. Aber als er sich umsah, war es weg. Seine Kniee begannen zu zittern. Er durfte dieser Schwäche nicht nachgeben, so lange, bis er und Yvonne in Sicherheit waren. Die einzigen Geräusche, die er vernahm, war das Rasseln seines Atems und das Pochen in seiner Brust. Die angespannte Stille wurde jäh durch einen markerschütternden Schrei unterbrochen. Yvonne!
Diesmal war der Schrei sehr nahe gewesen, beinahe so, als wären sie im selben Raum. Jack stürzte, jede Vorsicht beiseite legend, in die Richtung, aus der der Schrei kam. Vor einem Bücherregal machte er halt. Wie besessen packte er ein Buch nach dem anderen und warf sie auf den Boden. Es mußte einen Eingang geben. Hinter dieser Wand wartete das Grauen auf ihn. Plötzlich gab der Boden unter ihm nach und er fiel in die Tiefe.
Er rutschte eine steilabführende Röhre hinunter. Seine rasante Fahrt endete mit einer unsanften Landung auf dem steinigen Boden eines Kellergewölbes, in dem sämtliche Kreaturen der Insel versammelt waren und ein Mann mit Kapuze Yvonne mit einem Messer
bedrohte. Das Ritual hatte begonnen.
Ein Schuß aus seiner doppelläufigen Flinte durchbrach die Stille. "Lassen Sie die Frau in Ruhe!" Hasserfüllte Augen starrten ihn gierig an, während er sich entschlossen dem Professor näherte. Der Professor hielt in seiner Bewegung inne und blickte zu dem Eindringling. "Sie haben es gewagt, das Ritual zu stören! Sind Sie so unglaublich mutig oder nur unglaublich dumm?!Ich denke, das werden wir nie erfahren. Holt ihn euch meine Kinder!"
Die Kreaturen der Finsternis bildeten einen Kreis um Jack. Ein besonders großes, häßliches Monster – eine Mischung aus einem Höllenhund und einer schleimigen Masse – sprang in den Kreis und fletschte ihn an. Vielleicht konnte er eines von diesen Kreaturen besiegen, aber keinesfalls alle. Wenn ihm nicht gleich etwas einfiel, war er in wenigen Augenblicken tot.
Mit zwei Schüssen aus seiner Flinte erledigte er den Hund. Sofort stürzten sich einige Kreaturen auf den am Boden liegenden Köter und zerfleischten ihn. Die restlichen Kreaturen würden sich gleich auf ihn stürzen. Er durfte jetzt keinen Fehler mehr machen.
Er stieß der ersten Kreatur die Schrotflinte in die Fratze, griff in seinen Hosenbund und nahm das Survival-Messer. Das Nachladen des Gewehres machte keinen Sinn mehr. Sie würden jeden Moment angreifen. Die angespannte Stille wurde jäh durch einen markerschütternden Schrei unterbrochen. Jack war einen winzigen Augenblick lang unaufmerksam gewesen. Die Bestien hatten sich auf ihn gestürzt. Etwas riß ihm einen Arm ab. Eine andere Kreatur biß ihm die Kehle durch. Es wurde schwarz um ihn. Game Over!
Blutrote Buchstaben zeigten ihm an, daß er den Kampf verloren hatte. So ein Mist! Er hatte es schon so weit geschafft. Nur noch diese paar Monster erledigen und schon hätte er es zum ersten Mal durchgespielt. Warum mußte ihn Mutter ausgerechnet jetzt stören? Das Essen konnte doch warten. Mißmutig öffnete Marc die Lade seiner Playstation und entnahm die silberne Scheibe. Alone in the dark. Was für ein Spiel.
Aber er würde es schaffen. Das wußte er. Gleich nach dem Essen würde er sich wieder dransetzen.Mit einem Lächeln im Gesicht überlegte er, ob er auch so cool wie Jack aussehen würde, wenn er mit der Schrotflinte seines Vaters zur Schule gehen würde. In seiner Schule gab es nämlich auch gefährliche Kreaturen.