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Käfig

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Bas

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16.09.2018
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Käfig

Das ist jetzt nicht mehr mein Hund, nicht mehr mein Freund, das ist ein Zerrbild. Es fing an, als er nicht mehr schlafen wollte, als er stundenlang durch die Wohnung tappte, als er so lange im Kreis lief, bis er irgendwann vor der Wand stehenblieb und ins Leere starrte. Da ging ich behutsam, ganz langsam zu ihm hin, legte ihm die Hand auf den schweren Kopf, die Hand, die ihn am liebsten gepackt hätte, die Hand, die ganz genau Bescheid wusste um die eigenen schlaflosen Nächte, um das In-die-Matratze-krallen, die sich erinnerte an die kühle Keramik, wenn ich mich, auf das Waschbecken gestützt, übermüdet, überreizt, im Spiegel ansah und dann schnell wieder weg, weil ich den Gedanken, der sich mir da aufdrängte, nicht ertragen wollte.

Einschläfern, sagen die Leute, schläfer ihn doch ein, und dabei bemerken sie nicht, dass ihnen Sand in die Augen gestreut wurde, von den Wortverdrehern, den Beschönigern, denen, die die Wahrheit nicht wahrhaben wollen. Er wird nicht einschlafen, er wird sterben, und darüber möchte ich nicht diskutieren, und ich will auch nicht von meinem Opa sprechen, der tagelang, wochenlang durch seine Wohnung irrte, der mich nicht schlafen ließ, als die Oma im Krankenhaus lag mit ihrem Schlaganfall. Mein Opa, dessen Füße sich bei jedem Auftreten in die Hausschlappen saugten und dann bei jedem Anheben dieses Geräusch machten, dieses fischige, schlammige Krötengeräusch, schmatz schmatz, schmatz schmatz. Mein Opa, der sich bei der Oma am Telefon beschwerte. Über den Hermann. Dass der ja nur schlafe, und was der eigentlich hier zu suchen habe, der Hermann. Der Hermann, das bin ich, obwohl ich gar nicht der Hermann bin, der Hermann war sein Bruder, der an einer Hirnhautentzündung starb, als mein Opa noch ein Kind war.

Und trotzdem sagte da keiner, schläfer ihn doch ein, den Opa. Da wäre keiner drauf gekommen, das zu sagen, vor allem nicht, wenn sie ihn gesehen hätten, spät nachts, als wir zusammen vor dem Fernseher saßen, weil wir beide nicht schlafen konnten. Der Opa, weil die Zeit für ihn keinen Sinn mehr ergab, und ich, weil ich keine Wahl hatte. Denn da lachte der Opa, lachte mit Tränen in den Augen, lachte mit Rotz aus der Nase, sagte, guck, Hermann, guck hin, der Bud Spencer, der haut dem Kerl in die Schnauze, dass es pfeift. Guck doch mal hin, Hermann. Penn nicht bloß rum.

Als ich meine Hand auf seinen schweren Kopf lege, auf den Kopf meines Freundes, da zuckt er zusammen, und im nächsten Augenblick zucke auch ich zusammen und spüre die Zähne und den Schmerz und haue ihm eine in die Schnauze, haue ihm in die Schnauze, dass es pfeift. Und im übernächsten Augenblick tut es mir leid. Aber da ist es zu spät, da ist er weg, verschwunden in der Dunkelheit der Wohnung, und als ich vor dem Spiegel stehe und das Blut in das Waschbecken tropft, weiß ich, dass ich mich noch lange daran erinnern werde. Nicht wegen der Narbe, die zurückbleibt, sondern weil ich meinen Freund geschlagen habe. Weil die Zeit für ihn keinen Sinn mehr ergab.

Und ich weiß auch, dass er mir in drei, vier Stunden, wenn ich zur Arbeit muss, wo ich immer nur halb da bin, halb da, halb bei ihm, ihm dabei zusehe, wie er vor der Wand steht, wie er umherirrt und seine Geräusche macht, tapp tapp, Geräusche, die mich wachhalten, stumpfe Krallen auf kaltem Parkett, dass er mir dann überall hin folgen wird. In die Küche, ins Bad. Mit raushängender Zunge, sodass es aussieht, als würde er lächeln, und dass er dann nicht mehr wissen wird, was passiert ist, dass ich dann immer noch sein Freund sein werde. Aber leichter macht es das nicht.

Leichter macht es das nicht, wenn die anderen sagen, das ist das Alter, und sei doch froh, dass es da einen Ausweg gibt. Sei doch froh, dass du nicht mehr jedes Mal Scheiße aufsammeln musst, wenn du von der Arbeit kommst, und sei doch froh, dass du dir keine Sorgen machen musst, dass dein Parkett aufquillt wegen der Pisse.

Froh sollst du sein. Dass du dich nicht mehr freuen musst, wenn ich von der Arbeit komme, sei froh, dass du dein Futter nicht mehr essen musst, mit wegrutschenden Beinen, weil dir die Kraft fehlt. Sei froh, dass du dich nicht mehr kraulen lassen musst, unter der Schnauze, wo es dir so gut gefällt, und sei froh, dass der kleine weiße Nachbarshund, der noch nicht weiß, wie müde du bist, dich nicht mehr anspringen kann, nicht mehr mit dir spielen kann, während du dastehst, stoisch, gelassen, zu mir aufschaust, mir vertraust. Sei froh. Dass dann alles schwarz ist, alles vorbei, dass dein Leben zu Ende ist, weil ich das so will.

 

Hallo @Geschichtenwerker,

vieles, was du sagst, ist, glaube ich - hoffe ich - durch die Überarbeitung hinfällig. Möglicherweise täusche ich mich auch? Dann lass es mich gerne wissen.

Für mich liest sich das auch momentan (zu) autobiographisch

Ich erinnere mich noch gut an deinen Kommentar unter einer anderen Geschichte von mir, Hundert Jahre Hundstage, da hast du gefragt:

Kann sich der Autor völlig aus seinem Schreiben bis zur nicht-Existenz herausnehmen?

Dort war die Frage vor allem darauf bezogen, ob das jetzt ein Experiment ist oder nicht.
In beiden Fällen meine ich aber eine Kritik oder sogar eine Warnung rauszuhören: Bloß nicht zu persönlich werden! Bloß nicht von Selbsterlebtem schreiben, und wenn doch, dann zur Unkenntlichkeit verfremden! Vielleicht täusche ich mich auch hier, missinterpretiere? Trotzdem: Warum eigentlich nicht? Da erwarte ich gar keine Antwort von dir (außer wenn du eine parat hast, dann gerne), frage mich das eher selbst.

Wenn hier jemand einen Text einstellt, der sich wie ein Tagebucheintrag liest, dann bin ich auch eher abgeschreckt, bin der Ansicht, dass man das nicht sachlich kommentieren kann, bin vielleicht auch abgestoßen davon. Weil mich ein Fremder ungefragt in sein Leben zieht. Hab ich ja gar nicht nach gefragt. Will ich ja auch beim Bäcker nicht, dass mich da einer antippt und von seinen Wehwehchen erzählt.

Vor einer Weile hab ich Strindbergs Plädoyer eines Irren gelesen, da erzählt er, ganz billig verfremdet nur, von der toxischen Beziehung zwischen ihm und seiner Immermalwieder-Frau, und ich fand das schrecklich und faszinierend zugleich. Schrecklich vor allem auch deshalb, weil er sein schäbiges Verhalten nicht maskiert hat.

Das hat mich echt ausgelaugt, das Buch, ich hab mich wie ein Voyeur gefühlt, dem man die Augenlider festgetackert hat. Aber das war ja nicht so, ich hätte die Wahl gehabt, das Buch einfach wegzulegen, was es gefühlt noch schlimmer machte ... Eine ekelhafte Leseerfahrung. Aber auch das wahrscheinlich ehrlichste Buch, das ich je gelesen habe.

Worauf will ich hinaus? Keine Ahnung. Sicher möchte ich den Text hier nicht mit diesem Buch gleichsetzen. Aber vielleicht will ich sagen, dass man meiner Ansicht nach nicht zu autobiographisch schreiben kann, dass das im Gegenteil eine wahnsinnige Stärke sein kann, dass man dabei aber auch definitiv Gefahr läuft, potenzielle Leser zu verschrecken, zu nerven, abzustoßen.

Außerdem ist mir noch eine Ungenauigkeit oder Widersprüchlichkeit aufgefallen ...

Ja, danke, das war tatsächlich ungenau, hoffe, auch das jetzt bereinigt zu haben.

Ein weiterer Punkt, an dem aus meiner Sicht der Text zu kurz greift, ist die Parallele zwischen Hund und Opa. Da kann man jetzt viel hineinlesen, aber letztlich bleibt das alles im Vagen und ist mir daher zu unentschlossen und zu sehr Effekt:
"Den Opa schläfert man auch nicht ein", obwohl er auf ähnliche Weise genervt hat wie der Hund.

Liest sich gut, provoziert, da kann man anknüpfen, und dann? Dann ist da nur eine große Leerstelle.

Warum ist denn der Hund auf der gleichen Ebene wie der Opa, emotional gesehen? Warum hat der Protagonist bei dem Hund die Beherrschung verloren, aber beim Opa offensichtlich nicht?


Der Text spielt mit dem Vagen bzw. erhoffe ich mir das. Und natürlich auch, dass das Spiel glückt. Bei dir tut es das nicht, was schade ist ... Vielleicht hat auch hier die Überarbeitung geholfen? Ein Restrisiko bleibt wohl immer :schiel:

Auch wenn ich ein wenig abgeschweift und vielleicht auch ausgewichen bin, danke ich dir sehr für deine Auseinandersetzung mit der Geschichte, war sehr wertvoll für mich!

Bas

 

Hallo Bas

Ich hatte deine Geschichte schon einmal gelesen, als du sie gerade hier eingestellt hattest. Leider kann ich dir nicht genau schreiben was mich da am meisten gestört hat, ich fand sie nur irgendwie wirr.
Heute habe ich sie noch einmal gelesen und ich finde sie bedrückend, schön geschrieben. Jeder der schon einmal den Weg eines alten Haustieres mitgegangen ist, spürt was dein Protagonist fühlt.

Mich hat deine Geschichte bewegt und ich fand sie auch sprachlich sehr schön geschrieben.

Lieben Gruß CoK

 

Hi @Bas,

als Hundebesitzern konnte ich nicht an deinem Text "vorbei" lesen.
Ich kann mir denken, was du ausdrücken wolltest. Dieses tiefe Gefühl von Freundschaft, Loyalität, Liebe, dass ein Hund in einem Menschen nicht nur hervorrufen sondern es ihn auch lehren kann, steht essentiell für die Beziehung zwischen Mensch und Tier und ist auch sehr spezifisch bei Hunden. Zu einem Pferd, einer Katze einem Meerschwein hat man eine andere Beziehung.

Deiner Story fehlt aber genau dieser Kern. Die Umschreibung der Freundschaft, des Besonderen.
Man ahnt es, man denkt es sich, aber man muss sich selber was zusammenreimen.

Klar wäre es auch nicht angemessen ein kitschiges Hunde-Mensch Erlebnis an das andere zu reihen. Aber ein bisschen was hätte es gebraucht.

So ist deine Geschichte überladen von Sentimentalität. Wahrscheinlich, weil sie autobiographisch ist.
Ich wäre auch traurig, wenn mein Hund stirbt, aber man könnte einfach noch was anderes aus der Story holen.
Mehr Beziehung, diverse Gefühle. So das auch ein Hundehasser versteht, dass es für viele Menschen schlimmer ist, wenn der Hund stirbt, als der Opa.

Mir gefällt deine Idee, auch einige Passagen (wurden schon viele genannt).
Aber: da geht noch was:-)


Liebe Grüße
J

 

Hallo @Bas

und herzlichen Glückwunsch zur Enpfehlung.

Anbei meien Gedanken zum Text in loser Reihenfolge und nicht textimmanent.

1. Der Text hat mich gepackt. Ich war ergriffen von der Authentizität des Textes, von der Wut und Trauer des Erzählenden, von seiner Frustration in Anbetracht der wenigen empathischen Reaktionen der Mitmenschen.

2. Wer keine inetnsive Beziehung zu einem Haustier hat, bringt bei so einem Text vll weniger Empathie auf als ein Hundebesitzer. Ich selbst habe noch nie ein Haustier als Familienmitglied empfunden und bin umso erstaunter, dass ich hier spüren konnte, dass hier jemand quasi einen Sohn/ eine Tochter verliert. Daher: Chapeau!

3. Für mich wirkt der Text so echt, dass es danach außer Frage für mich stand, dass dieser Text autobiographisch ist. Beim Lesen der ersten Kommentare empfand ich die Sprachkritik dann schon fast als unverschämt. Es schien mir, als schriebe da jemand vom Tod eines geliebten Menschen und als bekäme er, überspitzt formuliert, nur Stilkritik.

4. Der Lesemodus hier ist ein anderer, ich möchte sagen, ein defizitorientierter. In einem Buch gedruckt hätte ich diesen Text wahrscheinlich als rund und sauber empfunden, hier aber habe ich beim zweiten Lesen schon die ein oder andere Unebenheit entdeckt. Vor allem der letzte Paragraph ab "Froh musst du sein" mag mE nicht zum Rest passen. Vielleicht war meine Erwartung an die sprachliche Perfektion übetrieben, was vielleicht daran liegen kann, dass @Friedrichard ihn empfehlen hat, den ich bisher hier als anspruchsvollsten (und hilfreichsten) sprachlichen Revisor kennengerlent habe. Ich frug mich, ob hier die Identifikation mit dem Erzähler des Textes bei friedrichard so stark war, dass er über sprachliche Unebenheiten gelinde
hinwegsah.

Fazit: Ein packender Text, der mit seiner Wucht und Direktheit für den ein oder anderen Leser vll zu sehr 'in your face' sein mag, der aber mE durch seine inhaltliche Stärke überzeugt.

LG,

HL

 

Hallo @Manlio,

und vielen Dank für deinen Kommentar.

Man fragt sich, was steht hier eigentlich im Vordergrund, das Leid des Hundes oder mein Leid, weil der Hund mir nicht mehr das geben kann, was ich von ihm erwarte, wozu ich ihn gekauft habe? Leide ich um den Hund oder bemitleide ich mich in Wahrheit selbst?

Ich finde, da muss man sich eigentlich gar nicht groß fragen, es ist doch ziemlich eindeutig, dass das "eigene Leid" hier das vorherrschende Thema ist. Das kann man kritisieren, ja, das muss einem nicht gefallen, das kann man sogar doof finden. Und deshalb gibt es für mein Empfinden auch keinen Grund für dich, dich unwohl zu fühlen, wenn du das formulierst.

Über die Sache mit den Wortgirlanden denke ich schon eine Weile nach und habe bis jetzt noch keine Antwort gefunden bzw. bin ich mir nicht mal ganz sicher, wie die Frage lautet. Obwohl, du stellst sie ja sogar in den Raum:

Ich frage mich, wo wollen diese Nebensätze hin, worauf legen sie den Fokus? Ist das dem Gegenstand angemessen, oder versteigt sich das in, wie soll ich sagen, Sprache um ihrer selbst willen?

Ist das dem Gegenstand angemessen ... Hm. Ich weiß nicht. Ich sehe schon, dass der Text sich an einer "Schwurbel"-Grenze bewegt, finde persönlich aber auch, dass die Grenze noch nicht überschritten wurde. Kann man auch anders sehen, verstehe ich. Und ich bin mir auch fast sicher, dass eine "girlandenärmere" Sprache hier möglicherweise den stärkeren inhaltlichen Effekt bedeuten könnte, in dem Sinne, dass präzise, nüchterne Stiche hier tiefer stechen könnten. Aber wie schon anderso erwähnt, gefällt mir persönlich hier eben das Vage, Schwebende ... Ach. Ja, ich verstehe, was du meinst, und behalte deine Warnung definitiv im Hinterkopf.

Hallo @Chai,

und auch dir vielen Dank für deine Rückmeldung.

Vermutlich wiederhole ich mich, aber ich empfinde es immer als wahnsinnig bereichernd, wie du deine Kommentare formulierst, ganz oft braucht es bei mir erst diesen Kommentar von dir, damit ich sagen kann, ja, es ist wohl verständlich, was die Geschichte aussagen soll. Das ist ja gar nicht immer so einfach, das selbst einzuschätzen.

Ich erfahre nichts Konkretes über das Leben des Protagonisten, aber die Art des Erzählens aktiviert sofort mein Kopfkino, und ich sehe den Zustand "nur" als Reaktion auf die jeweilige Situation, in der zudem Erlebnisse aus der Vergangenheit auftauchen, die dem Prota bewusst machen, dass es so nicht geht/nie gegangen ist, und dass ihm das jetzt bewusst wird

Gerade auch in Bezug auf Manlios Kommentar fand ich das sehr ... erkenntnisreich. Das soll Manlios Sichtweise nicht entkräften, aber es zeigt mir eben, dass der erhoffte Effekt, wie in deinem Fall, auch funktionieren kann.

Das Zerrbild ist für mich ein schöner Hinweis auf den geistigen Zustand deines Protas. Er scheint sich selbst völlig verloren zu haben. Den Satz gab es in der Ursprungsversion nicht, oder? Wenn ich mich recht erinnere, fing die Geschichte mit dem zweiten Satz an. Der hat mich zwar erstmal neugieriger gemacht, aber ich denke, so ist es besser. Es hat nämlich vorher eine ganze Weile gedauert, bis ich begriffen habe, dass es um den Hund ging.

Doch, den gab es auch in der Ursprungsversion, dann habe ich ihn kurz rausgenommen, hatte allerdings schnell die Befürchtung, dass genau das passieren könnte: Dass man gar nicht begreift, dass es um den Hund geht.

Ja, sehr viel mehr bleibt mir nicht zu sagen, außer eben noch mal, dass es mich sehr freut, dass die Geschichte bei dir das ausgelöst hat, was ich mir erhofft habe.

Bas

 

Hallo lieber @Bas,

eine Antwort bin ich Dir noch schuldig, neben Corona und den anderen Energiesaugern, weswegen sie schon ein wenig überfällig ist, was Du mir hoffentlich nachsiehst:

Dort war die Frage vor allem darauf bezogen, ob das jetzt ein Experiment ist oder nicht.
In beiden Fällen meine ich aber eine Kritik oder sogar eine Warnung rauszuhören: Bloß nicht zu persönlich werden! Bloß nicht von Selbsterlebtem schreiben, und wenn doch, dann zur Unkenntlichkeit verfremden! Vielleicht täusche ich mich auch hier, missinterpretiere? Trotzdem: Warum eigentlich nicht? Da erwarte ich gar keine Antwort von dir (außer wenn du eine parat hast, dann gerne), frage mich das eher selbst.

Am Ende schreiben wir, denke ich, immer nur vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrung und in dem Sinne immer quasi autobiografisch.

Die Kritik mit dem "autobiografisch" geht eher in die Richtung, dass mir zu sehr der Autor durchscheint. Da spüre ich die mangelnde Distanz zwischen dem wahren Erlebnis und dem Text. Das geht dann in die Richtung, die Du vermutet hast. Ich fragte mich ebenfalls, warum sie mir nicht gefällt, diese Distanzlosigkeit. Vielleicht weil es sich fast übergriffig anfühlt, aufdrängend. Der Autor möchte sein Erlebnis mit mir teilen, seinen Schmerz. Das ist natürlich legitim, aber das ist so als ob mir ein fremder Mensch ungefragt seine Leidensgeschichte erzählt (du nanntest den Bäcker). Das löst auch so eine Art Unbehagen aus, weil ich ungefragt in eine Rolle gezwängt werde, die ich gar nicht einnehmen möchte. Das führt mich dann zur Erwartungshaltung. Vielleicht ist das eine Stärke, so zu schreiben, aber ich lese nicht aus dem Grund, um mich zu quälen oder nur am (wahren) Leid anderer teilzuhaben. Mich interessiert der Schmerz des Autors nicht. Ich möchte in irgendeiner Weise bereichert werden, wenn ich mich mit einem Text auseinandersetze. Ich bin da sehr offen, das kann auf vielen Ebenen stattfinden. Aber das reine Teilhaben lassen an reinen Schmerz ist für mich nicht bereichernd.

Insofern stellt sich mir weniger die Frage, ob man zu sehr oder zu wenig autobiografisch schreiben kann, sondern eher die Frage, woran ich den Leser teilhaben lasse und was er davon hat.

Jetzt magst Du Einwenden, dass das Teilhabenlassen an Schmerz auch eine Kunst ist und vielleicht sogar Leser bereichert, weil sie Erinnerungen hervorruft, hier vielleicht an ein geliebtes Haustier (bei einigen hier hat das funktioniert). Da gebe ich Dir völlig recht, aber es ist einfach keine, die mich anspricht.

Ich bin selbst mit Hunden großgeworden, kenne das, wenn die alt werden. Aber Dein Text lässt mich völlig kalt, weil ich einfach lese, dass das die Emotionen des Autors sind. Da gibt es keine Projektionsfläche oder Leerstelle oder Anker, an dem ich als Leser meine eigenen Emotionen einbringen kann, das ist alles zugekleistert mit den autobiografischen Gefühlen und Assoziationen. Es werden Themen angerissen, aber keine Lösungen gesucht, Emotionen angeführt, aber keine Gründe für sie. Das heißt, auch auf intellektueller Ebene ist da nicht wirklich etwas zu holen.

Ein wenig erinnert mich diese Diskussion an etwas, das ich mal in der Malerei verfolgt habe. Ein jünger Künstler malt phantastische, fast fotorealistische Portraits mit Wasserfarben, muss sich aber anhören, dass das keine Kunst sei. Der Künstler ist völlig perplex und versteht die Kritik nicht. Es gibt auf Youtube auch Leute, die können quasi Fotos von Menschen mit Bleistift zeichnen. Absolut faszinierend. Diese Geduld. Aber mir gibt das nichts, denn ich kann das Foto ansehen und das gemalte/gezeichnete Bild und sehe keinen Unterschied. Wo ist also die Bereicherung für mich als Betrachter? Es macht keinen Unterschied, ob ich das Foto oder das Bild ansehe. Die Faszination entsteht erst, wenn ich weiß, dass es sich um ein mit Bleistift erstelltest Bild handelt.

Ein wenig ist das aus meiner Sicht auch hier. Du hast ein handwerklich tolles Bild der Emotionen gemalt, und die Faszination der Machart entsteht dadurch, dass man das Autobiografische spürt, aber die Bereicherung für mich als Leser bleibt dabei auf der Strecke.

Ich weiß nicht, ob Du damit etwas anfangen kannst.

Übrigens finde ich die jetzige Variante ausgereifter als die erste, denn es gibt weniger Unstimmigkeiten.

Gruß
Geschichtenwerker

 

Hallo @Shey,

vielen Dank für deine Rückmeldung, vor allem auch, weil dir das Kommentieren derzeit ja offenbar nicht allzu locker von der Hand geht - davon könnte ich auch so manches Liedchen singen :Pfeif:

Zum einen mag ich den Rhythmus wahnsinnig gerne. Dieses Schnelle abgehackte durch die kurzen Sätze und die vielen Unterteilungen. Er würde sich hervorragend für eine Lesung eignen, meiner Meinung nach.

Das freut mich. Ich plane zwar gerade, in Zukunft etwas ... weniger ryhtmusorientiert und mehr ... tiefen- und breitenorientiert :confused: zu schreiben, aber ja, freut mich.

Zum Anderen, hat sie ein wahnsinnig beklemmendes Gefühl transportiert, welches mir Gänsehaut gemacht hat.

Na und das freut mich sowieso! Vielen Dank für deinen Kommentar!

Hallo @Kellerkind,

vielen Dank für die erneute Rückmeldung.

Der elliptische Bezug zum Filmschauen mit Opa, war mir zu sehr an den Haaren herbeigezogen.

Hm, ja, also im Sinne von: zu konstruiert, vermutlich? Ja, kann ich nachvollziehen. Bin es eben noch mal durchgegangen, habe versucht, das wegzulassen, hat mir aber nicht gefallen, wohl auch, weil die aktuelle Version sich schon so eingebrannt hat ... Aber ich hab mir das mal rot angestrichen und prüfe das noch ein paar Mal, danke für den Hinweis.

Im Übrigen kann ich die krasse Reaktion in dieser Situation nicht nachvollziehen. Ich würde im ersten Moment vielleicht die Hand erheben, aber dann schnell realisieren, dass es kein strafwürdiges Verhalten des Hundes war. Und ich denke, dass jeder Hundeliebhaber das so sieht.

Hm, ja, weiß nicht. Würde dir gerne zustimmen. Ich kann das aber leider doch nachvollziehen. Nicht gutheißen, im Gegenteil, aber nachvollziehen. Aber natürlich muss ich mir als Autor das dann ankreiden, wenn dir das als Leser nicht glaubwürdig erscheint, und deshalb hab ich mir auch das rot angestrichen.

Wie gesagt, vielen Dank für die erneute Rückmeldung!

Hallo @Carlo Zwei,

schön, dass du vorbeischaust. Und auch schön, dass der Text bei dir so erstaunlich gut wegkommt!

ich weiß auch nicht genau, wieso, aber die Stelle hat mir auch sehr gut gefallen. Vielleicht weil diese Handlung so eigen ist, ich mich davon distanziere und trotzdem die ganze Emotionspalette, die du dort bedienst, mitfühlen kann.

Ich finde die Reaktionen auf den Text mittlerweile spannender als den Text selbst. Der existiert - leider - schon gar nicht mehr richtig in meinem Denken, so als "Werk", ich lese den nur noch durch die Augen all der Kommentatoren hier, lese die Stelle da oben zum Beispiel durch @Kellerkinds Augen und denke: Ja, nee, zu konstruiert, und dann wieder durch deine und denke, ja, uff, gute Stelle, irgendwie. Verrückt, wie unterschiedlich Wahrnehmungen sein können, und noch verrückter fühlt sich das an, wenn man all diese Wahrnehmungen so gut nachvollziehen kann :D

Sei doch froh, dass du deinen Freund töten lassen kannst.

wieder wahre Worte. Bitter und treffend.

Auch hier wieder: Die Stelle habe ich rausgenommen, weil @kiroly mich darauf hingewiesen hat, dass das "einen Bruch darstellt". Da hat er recht, hab ich gedacht. Jetzt überlege ich, sie wieder reinzunehmen. :shy:

Und ein Ende mit sehr viel Herz.

Kurze Rückmeldung, die mir aber viel bedeutet und sehr hilft, denn das ursprüngliche Ende war ja einer der größten Kritikpunkte, zu schwammig, zu unstimmig ... Hatte Sorge, ein neues Ende könnte angepappt wirken, noch schwammiger, noch unstimmiger - schön, dass du das nicht so siehst.

Danke fürs Vorbeischauen und Kommentieren!

 

Es fing an, als er nicht mehr schlafen wollte, als ...

...

Er wird nicht einschlafen, er wird sterben, …


Ich noch mal, wenn ich darf und nicht nur, weil »Die Zeit« letzte Woche titelte »Sie sind kompromisslos ehrlich. Ihnen fehlt die Lüge der Sprache«*, was in Deinem Fall für Hund und Ich-Erzähler gilt,

lieber Bas,

nicht nur, weil ich zu dem von mir nun halbierten (Eingangs-)Zitaten unter gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen zwischen den Brüdern Hypnos (und sei`s aktiv oder passiv durch Fremdeinwirkung) und Thanatos, „Schlaf und Tod“, einen gravierenden Unterschied gibt, wie ja auch der „Käfig“ vom „Gefängnis“ unterschieden wird -
und zudem über den Egozentrismusvorwurf nachgedacht hab.

Der Schlaf ist bekanntermaßen in unserer „unermüdlichen“ Gesellschaft negativ besetzt, wiewohl jeder weiß, dass man den Ausgleich zum Tagewerk braucht und der schmerzfreie Tod mit seinem „kurzen“ Sterben während des Schlafes statt des langsamen Siechtums im Pflegebett alle Vorteile für sich hat. Da obsiegen noch scheinbar religiöse Gefühle über die schlichte, an sich alles beherrschende Kostenrechnung von der Klopapierrolle bis zu den Druckkosten von Werbebroschüren und Sterbeanzeigen, den Vorhaltungskosten für „leere“ Betten und dem formal beruflichen Wandel und gar vermeintlichen Aufstieg vom Krankenpfleger zum Gesundheitspädagogen (der keineswegs deshalb einen Cent mehr verdienen wird) bis hin zu den Bemühungen der Weltgesundheitsorganisation, Trauer, die länger als 14 Tage währt, als Krankheit zu klassifizieren.

Zudem will ich nur ganz kurz auf den zivilisatorischen Unterschied von „Käfig“ und „Gefängnis“ eingehen, denn Altsächsisch „keƀia“ ist dem lat. „cavea“ entlehnt und selbst wenn das Grimmsche Wörterbuch „Käfig“ als „gefängnis, für thiere und menschen“** definiert, ist er der „Höhle“ näher als dem „Gefängnis“, der „Gefangenschaft“. Nicht grundlos werden Justizopfer gedemütigt, wenn sie im „Käfig“ und öffentlich zur Schau gestellt werden.

Aber alle sind wir „gefangen“ in unserer Kommunikation und niemand gibt gerne zu, „egozentrisch“ zu sein – und doch kommt niemand darum herum, „auch“ selbstbezogen zu sein, wie ja „auch“ derjenige keine Freundschaft (oder gar mehr) pflegen kann, der nicht selber freundlich ist zugleich zu sich selbst. Da geht es dem Selbstbezug wie dem Vorurteil, das oft genug nur in seiner übersteigerten und somit gefährlichen Form genannt wird, aber spätestens - nur ein Beispiel - in der Verkehrserziehung heute lebenserhaltend wirken muss, denn wenn das Mündel sich erst durch experimentell im Selbstversuch Gefahren des Verkehrs ein gerechtes „Urteil“ einbrennen lassen will, sollte es nicht auf die schützende Hand eines Vormundes zählen und damit rechnen, den Befund und ein NachUrteil eher in der nüchternen Sprache eines Unfallprotokolls von Dritten und zugleich Fremden ausgestellt zu bekommen, statt in seiner Selberlebensbeschreibung.

Wahrscheinlich, zumindest nicht unmöglich, dass unsere Sprache und infolgedessen Grammatik einen Einfluss auf den Selbstbezug hat, die ja auch unser Denken und Träumen bestimmt (wenn auch nicht unbedingt in grammatisch korrekt gebildeten Sätzen) und ich wage die Behauptung, dass man in seiner Muttersprache träumt, selbst wenn der Traumdeuter oder Interpret gebraucht wird. Man verstünde ja noch weniger, wenn Kisuaheli oder gar Bdewakangwan gesprochen würde.

Nicht umsonst bedeuten Personalpronomen statt aufwendiger Wiederholungen (etwa des Namens, des Geschlechtes und sonstige gattungsmäßige Unterscheidungen oder Eigenschaften und Handlungen) ersparenden Personalpronomen und da kann nicht der erste Fall zufällig ein „ich“ sein, dem zudem in der Grammatik die Rolle des Sprechenden (oder Schreibenden) zugewiesen wird und der zwote Fall noch in der vertrauten Form des Angesprochenen „du“ / „Du“ und erst die „dritte Person Einzahl“ von Person oder Sache handelt, „über“ die gesprochen wird – und sei es ein Hund oder Großvater. Nicht grundlos wird Freud sein psych. Modell „Ich“ und „Es“ genannt haben nebst dem „Über-Ich“ des „Wir“ nebst seinen identifizierbaren Regeln.

Und was wäre das alle Winkel der Welt fressende Erfolgs-Modell des Kapitalismus ohne Ego?

Ich weiß nicht, ob es zu Zeiten des Duals weniger Egozentrik gab – jetzt weiß kaum einer, was das „Dual“ ist. Es ist keineswegs der ausrangierte Plattenspieler, sondern der ursprünglichste „zweite Fall“ zur „natürlichen“ Paarigkeit [so Köbler, Etymologie], – der „Lokativ (den Ort bezeichnender Fall)“ [ebd.] im Deutschen verschwunden ist wie auch etwa das Medium (nur noch im Altgriechischen), eine Tätigkeitsform zwischen Aktiv und Passiv, bei der ein Tun (oder Unterlassen, wie Juristen so schön sagen) nicht nur vom Subjekt ausgehe, sondern entweder in dessen Interesse sich vollziehe oder das Subjekt gleichzeitig Objekt sei – keine Bange, wir landen jetzt nicht bei der Frage, wie das Subjekt der Erkenntnis sich selbst zum Objekt werden kann („Selbsterkenntnis“, womöglich eine Variation über Selbstbezogenheit), aber das Problem kann mit einfachen Sätzen wie „ich achte auf mich“ / „sie schminkt sich ab“ usw. angerissen werden).

Der Dual bezeichnet zwischen Singular und Plural die paarige Zweiheit bei Nomen und Verb und findet sich in einigen Sprachen, vor allem slawischen wie dem Sorbischen in der Lausitz, gibt’s also durchaus in neuen Ländern der Republik. Bei uns taucht es in "paarigen" Wörtern wie eben dem "Paar" oder in "beiden" auf. Irgendwo in de Weiten hierorts hab ich mal übers Dual geschrieben (@Dion wird sich erinnern) - allerdings in einem Dialekt der »ik / meina / mis / mik«
im esten Fall aufweist - und das ist keineswegs ein niederdeutscher, sondern gotischer Dialekt. NUn, besonders friedfertig wird man durch Dual sicherlich nicht, wie die gotische Geschichte belegt.

Friedel

* in der Zeit Nr. 46 vom 5. November 2020, »Was lehrt uns der Hund?«
** Wörterbuchnetz - Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm

 

Spät bin ich dran, da erst spät in diesen Kanal eingestiegen und den ich nur sporadisch aufsuche. Zu dieser Kurzgeschichte:

Kameradschaft Mensch-Hund ist inzwischen inflationär, Ersatz, rudimentär; missbraucht vom urbanen Großstädter. Hier aber spielt die 'Euthanasie' eine einseitige prekäre Rolle zwischen Opa und Hund, so dass man zu glauben geneigt ist, es gehe eigentlich um 'das schöne Sterben des Opas' und der Hund nur Vehikel ist. Immerhin.

Der Hund hat in der deutschen Literatur in Goethes 'Faust' seine herbste Definition, entpuppt er sich doch als lleibhaftiger Teufel. In der deutschen Sprache sind viele Metaphern unterwegs: 'Dieses Hundeleben...mir ist hunde-elend zumute...das ist ein Hundswetterda jagt man keinen Hund vor die Tür...Hundsfott...Hundesohn...Köterrasse...Hunde, wollte ihr ewig leben (Friedrich II. ?), hündisch,

Seltsam ist , dass man sich um das 'schöne Sterben' erste Gedanken macht, wenn es sich um den Hund und nicht um den Opa handelt. Will sagen, die Kurzerzählung wirft Fragen auf, deren Qualität außerhalb des Literrischen liegt.

 

Das Tier-Mensch-Verhältnis kurz vor der Schwelle des Todes in der Hilflosigkeit zu beschreiben und in eine Geschichte zu packen ist eine gute Idee. Ich habe auch einen Hund und der ist auch Familienmitglied. Hat mich berührt deine Geschichte. Danke.

 

Hallo @kiroly,

es dauert nicht umsonst schon ... uff, tatsächlich über zwei Monate, dass ich auf deinen Kommentar reagiere. Und meine Antwort wird der Wartezeit nicht gerecht, denn mir bleibt nicht sehr viel mehr, als mich zu bedanken, dass du da so tief eingetaucht bist, nicht nur in den Inhalt der Geschichte, sondern auch in diese "Art des Schreibens" und wie diese auf dich wirkt.

@Isegrims sagte vor einer Weile ... Ich weiß den genauen Wortlaut nicht mehr, jedenfalls, dass er den Text hier wohl auch ganz gut fand, dass jetzt doch aber auch mal wieder genug ist mit dieser "Art des Schreibens", dass da doch gerne mal wieder was "richtiges" kommen könnte. Sehr frei interpretiert, so klang das in meinen Ohren zumindest.

Deshalb freut es mich natürlich auch, zu lesen, dass du das okay findest, sogar magst.

Wie auch immer - vielen Dank für deinen Kommentar. Ich hab jedes Wort aufgesaugt wie ein Schwamm, finde nur leider nicht die passenden Gegen-Worte :shy:

Hallo @CoK,

und vielen Dank für deine Rückmeldung.

Mich hat deine Geschichte bewegt

Was will man mehr?

Hallo @JoanaMaria,

schade, dass dich die Geschichte nicht erreichen konnte. Das, was du sagst, kann ich nachvollziehen, und du sagst auch:

da geht noch was:-)

Da bin ich mir unsicher. Geht da noch was? Ich sehe die gemischten Reaktionen hier und vermute, der Text lässt sich nicht so gestalten, dass er jeden Leser zufriedenstellt. Man könnte ihn wohl, wie von dir gewünscht, klarer gestalten, mehr Handlung einbauen, überhaupt mehr: Mehr Gefühle, mehr Beziehung, mehr Hintergründe. Das würde den Text sicher zu einer besseren, nachvollziehbareren Geschichte machen, aber in meiner Vorstellung würde dabei genau das, was ich darin sehe - ein hin und wieder unklares Suggestionswirrwarr - verloren gehen. Und genau in dieser Unklarheit sehe ich aktuell noch die Stärke - was nicht heißt, dass ich den Text überragend finde, im Gegenteil.

Na, keine Ahnung, ich behalte das von dir Gesagte jedenfalls ganz nah bei mir und hoffe, es nutzen zu können, wenn mich dann in Zukunft nochmal die Überarbeitungsmuse küsst.

Liebe Grüße,

Bas

 

Hallo Bas,

Was für ein krasser Text! Da kann man froh sein, dass noch nicht erleben zu müssen. Sehr traurig und schwierig. Aber es gehört eben mit dazu, das Ende, wobei ich dieses Ende besonders nahegehend finde.

Es fing an, als er nicht mehr schlafen wollte, als er stundenlang durch die Wohnung tappte, als er so lange im Kreis lief, bis er irgendwann vor der Wand stehenblieb und ins Leere starrte.
>> Früher wusste ich nicht, dass auch Hunde Demenz bekommen können, aber mittlerweile habe ich mehrere Artikel darüber gelesen. Hunde werden im Alter manchmal so wie wir.
Einschläfern, sagen die Leute, schläfer ihn doch ein, und dabei bemerken sie nicht, dass ihnen Sand in die Augen gestreut wurde, von den Wortverdrehern, den Beschönigern, denen, die die Wahrheit nicht wahrhaben wollen.
>> Die Wortverdreher haben mich rausgerissen. Ich weiß, was Du sagen möchtest. Aber es ist glaube ich, kein Wortverdrehen, sondern wie Du schon selbst sagst: ein Beschönigen.
Er wird nicht einschlafen, er wird sterben, und darüber möchte ich nicht diskutieren, und ich will auch nicht von meinem Opa sprechen, der tagelang, wochenlang durch seine Wohnung irrte, der mich nicht schlafen ließ, als die Oma im Krankenhaus lag mit ihrem Schlaganfall. Mein Opa, dessen Füße sich bei jedem Auftreten in die Hausschlappen saugten und dann bei jedem Anheben dieses Geräusch machten, dieses fischige, schlammige Krötengeräusch, schmatz schmatz, schmatz schmatz. Mein Opa, der sich bei der Oma am Telefon beschwerte. Über den Hermann.
Was für ein starker Absatz! Allein der Erstsatz, der eine gelungene Verbindung vom Hund zum Opa schafft, wie nebenbei und wo ganze Schicksale verhandelt werden bis zur Oma mit dem Schlaganfall. Diese Parallelität zwischen Hund und Opa tut in der Seele weh, schon beim Lesen.

Der Opa, weil die Zeit für ihn keinen Sinn mehr ergab, und ich, weil ich keine Wahl hatte
>> auch gut.
Als ich meine Hand auf seinen schweren Kopf lege, auf den Kopf meines Freundes, da zuckt er zusammen, und im nächsten Augenblick zucke auch ich zusammen und spüre die Zähne und den Schmerz und haue ihm eine in die Schnauze, haue ihm in die Schnauze, dass es pfeift. Und im übernächsten Augenblick tut es mir leid. Aber da ist es zu spät, da ist er weg, verschwunden in der Dunkelheit der Wohnung, und als ich vor dem Spiegel stehe und das Blut in das Waschbecken tropft, weiß ich, dass ich mich noch lange daran erinnern werde. Nicht wegen der Narbe, die zurückbleibt, sondern weil ich meinen Freund geschlagen habe. Weil die Zeit für ihn keinen Sinn mehr ergab.
>> Den Absatz musste ich mehrfach lesen, bis ich ihn verstanden habe. Zunächst hatte ich mich über die Brutalität erschrocken. Bis ich verstanden habe, dass der Biss völlig aus heiterem Himmel kam und der Schlag wohl reflexhaft war, vielleiht auch aus einer Verzweifelung, Wut und Hilflosigkeit heraus über diese missliche Lage,
Leichter macht es das nicht, wenn die anderen sagen, das ist das Alter, und sei doch froh, dass es da einen Ausweg gibt. Sei doch froh, dass du nicht mehr jedes Mal Scheiße aufsammeln musst, wenn du von der Arbeit kommst, und sei doch froh, dass du dir keine Sorgen machen musst, dass dein Parkett aufquillt wegen der Pisse.
>> Das ist wirklich nicht leicht, wenn andere die "leichte" Lösung sehen. Ich wüsste auch nicht, wie ich mich verhalten würde. Hängt vielleicht auch vom Hund ab, was für ihn besser ist. Ich selber würde mich auch schwer trennen können. Aber eventuell ist Einschläfern vielleicht doch die bessere Lösung für alle.

Es gibt Hundewindeln. Hab ich bei einer Freundin gesehen, hat gut funktioniert.

Froh sollst du sein. Dass du dich nicht mehr freuen musst, wenn ich von der Arbeit komme, sei froh, dass du dein Futter nicht mehr essen musst, mit wegrutschenden Beinen, weil dir die Kraft fehlt.
Die wegrutschenden Beine. Gutes Detail, das fasst alles zusammen, sehr traurige Textstelle.

Den Perspektivwechsel zum Hund, das plötzliche Du finde ich sehr unvermittelt. Das kann man so machen. Für mich war es zu unvermittelt.

Dass dann alles schwarz ist, alles vorbei, dass dein Leben zu Ende ist, weil ich das so will.

Der letzte Satz haut auch noch einmal richtig rein. Finde ich gut. Ja, so ist es. Und dass die Geschichte mit diesem "will" aufhört, finde ich sehr passend.

Viele Grüße, Petdays

 

Hallo @Bas

deine Geschichte, die ich eben das erste Mal gelesen habe, hat mich ziemlich kalt erwischt.
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du ein Thema ansprichst, das mir die Tränen in die Augen treibt. Deswegen, weil ich nun schon fünfmal in meinem Leben diese Entscheidung für (oder gegen) drei Kater und zwei Katzen fällen musste und mir, soweit ich sie überleben sollte, noch vier weitere Entscheidungen anstehen werden.

Ich hatte mit dem Titel Käfig dieses offensichtliche Eingesperrtsein verbunden, aber du hast den Titel trotzdem passend gewählt, denn ich sehe es wie du, dass unsere Haustiere sich ganz grundsätzlich in einem Käfig befinden.
Vielleicht siehst du es auch etwas enger und nur darauf bezogen, dass nun Hund und sein menschlicher Freund in dem Käfig stecken, sich entscheiden zu müssen. Und sofort rutscht mir die Frage in den Sinn: hat nicht der Hund bereits seine Entscheidung getroffen? Ist nicht das vor der Wand starrend stehen, DER Hinweis darauf?
All das und noch weitere Fragen löst deine Geschichte aus und gerade deswegen halte ich sie für gelungen und die Empfehlung für gerechtfertigt.

Ich finde den Vergleich, den du anstellst zwischen dem Opa, dessen Lebensfunktionen genauso eingeschränkt zu sein scheinen, wie die beim Hund, sehr mutig.
Wir unterscheiden immer noch in der Wertigkeit zwischen Mensch und Tier. Fragt man aber Tierbesitzer (wobei mir bereits das Wort besitzen nicht behagt), dann würden sie fraglos sofort sagen, dass sie keinen Unterschied erkennen können. Manche übertreiben sogar und behaupten, das Tier sei der bessere Mensch.
Ich finde deinen Vergleich mutig, aber zugleich überfällig, denn, so frage ich mich, weshalb soll Lebensqualität beim Menschen höherwertiger ausfallen als beim Tier? Was maßen wir uns da an, in derartigen Stufen zu denken? Wie wollen wir eigentlich diese Verhaltensweise rechtfertigen?


Das Problem und natürlich damit auch der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass wir unsere Haustiere nicht artgemäß halten. Sie befinden sich in einer Welt, die sich nicht auf sie ausgerichtet hat. Artgerechtes Leben für die Haustiere hieße auch nicht, mit ihnen aufs Land zu ziehen, sie in relativ geschützterer Umgebung im Gegensatz zur Stadt aufwachsen zu lassen, ihnen mehr Natur zur Verfügung zu stellen, mehr Freiraum.
Artgerecht heißt, die Hunde dürften in einer von uns Menschen unberührten Natur wie die Wölfe aufwachsen und keine Straße, kein Lärm, nichts, was wir Menschen an Maschinen etc. für uns nutzen, behindert oder bedroht dieses Dasein.
Ich glaube, dass es kaum Orte auf diesem Planeten gibt, die diese Kriterien erfüllen.

Wenn wir es also dulden, dass unsere Haustiere unartgerecht aufwachsen, wir ganz im Gegenteil in jeder Hinsicht eingreifen, sie medizinisch behandeln lassen, ihnen Dinge beibringen, damit sie nicht Schaden nehmen an unseren menschlichen Geräten, Maschinen, überhaupt Lebensumständen, dann haben wir auch die Verpflichtung, sie von Leiden zu erlösen. Wir geifen immerhin derartig massiv in ihr urtümliches Leben ein, degenerieren derartig wuchtig ihre Instinkte und natürlichen Verhaltensweisen, dass damit schlicht die Eigenverantwortung, die wir ihnen geraubt haben, auf uns übergegangen ist als Pflicht und Schuldigkeit.

Und hier beginnt diese grausame Gratwanderung, die du in deiner Geschichte so treffend darstellst. Wann ist der Zeitpunkt geben, in dem die Lebensqualität des Tieres so gesunken ist, dass das Einschläfern eine Erlösung für das Tier darstellt.
Du gibst in dieser Geschichte keine Antwort darauf. Das erwartet auch niemand, denn es gibt darauf ja keine allgemeingültige Erkenntnis, selbst Tierärzte würden sich winden und ihre Antwort, ob es denn schon so weit ist, an den Tierbesitzer zurück reichen.
Und das rechne ich dir auch hoch an, dass du hier nicht zu einer Lösung gelangst, gar noch ein Happy End herbei phantasierst, sondern den Leser stehen lässt. Gefällt mir sehr gut, dass du standhaft bist.

Uns ist nicht in die Wiege gelegt, mal so eben die Entscheidung über Leben und Tod zu fällen.
Und es gibt auch nirgends eine echte Möglichkeit, dies zu lernen.

Wir haben nur die Möglichkeit, eines zu beachten: Uns selbst mit unseren eigenen Wünschen und Sehnsüchten aus solchen Entscheidungen vollständig heraus zu nehmen, was manchem verflucht schwer fällt: nämlich völlig losgelöst, wie sehr man selbst sein Haustier noch ein Weilchen bei sich behalten möchte, wie sehr der eigene Trennungsschmerz, der auf einen zurollt, einem unerträglich erscheint, die Entscheidung für das Tier zu treffen.
Und wir haben die Pflicht, unsere Haustiere genau zu beobachten, um ein klein wenig besser erkennen zu können, was sie uns mitteilen wollen.
Und auch hier bringst du in deiner Geschichte das exakt zum Ausdruck. Der gegen die Wand starrende Hund bedient sich unserer Sprache, nicht wir seiner.

All diese Gedanken löst deine sehr gute Geschichte aus. Gedanken, die ich gerne beiseite schieben möchte, weil sie mir das größte Unbehagen bereiten. Und genau das darf (d)eine Geschichte: ungemütlich sein.

Gut gemacht, hat mir sehr gefallen dein Text.

Lieben Gruß

lakita

 

@HerrLehrer, @Geschichtenwerker, @Friedrichard, @Weiter im Text, @Billi, @petdays, und @lakita - ein herzliches Dankeschön an euch alle für eure Kommentare.

Ich fühle mich ein bisschen, als würde ich ein paar wahnsinnig tolle, durchdachte Geburtstagsgeschenke mit einem dahingemurmelten merci quittieren, aber ich habe gerade den halben Vormittag damit zugebracht, zu versuchen, halbwegs adäquat auf eure Gedanken zu antworten und dabei nur Stuss zusammengeschrieben ... Ich weiß nicht, die Geschichte ist wohl schon zu weit weg, als dass es mir noch möglich ist, mich damit auseinanderzusetzen. Trotzdem habe ich eure Kommentare mit großer Freude gelesen, deshalb nochmal: Danke!

Bas

 

Hallo @lakita, Wow, ein Text, der mich sehr berührte! Da sind so viele Gedanken drin, so viel Nachdenken. Auf dem Land ist es leider auch nicht besser. Eine Bekannte hatte mindestens 16 Katzen, die überfahren worden sind, bis sie aufhörte sich wieder eine Katze zuzulegen. Zum Glück habe ich sie erst bei ihrer "letzten" Katze kennengelernt. Für mich war das recht unverständlich und ich hätte wohl schon nach der zweiten Katzen mir im Höchstfall ein reines Wohnungskatzenpärchen aus dem Tierheim geholt.

@Bas, Deine Gedanken kann ich gut verstehen und danke, dass Du sie teilst. Manchmal kann es sein, dass einem ein Text sehr viel später wieder näher kommt und es ganz leicht wird, sich mit ihm auseinanderzusetzen.

Liebe Grüße, Petdays

 

Hey @Bas,

eigentlich hatte ich mich entschlossen, keinen Kommentar dazulassen, da die Geschichte schon einen Tag älter ist und du damit abgeschlossen hast, sozusagen. Jetzt schreibe ich doch einen, nachdem ich eben den Komm von Morphin im Anti-Rassismus-Thread gelesen hab bzgl der allgemeinen Kurzlebigkeit von Geschichten. Deshalb finde ich es eigentlich schön, nochmal alte Texte auszukramen und wiederzubeleben. Mein Eindruck also.

Mir gefällt der Text sehr gut, sprachlich und thematisch. Der Mensch und die domestizierten Tiere, das ist ein Thema für sich, und besonders im Vergleich zu anderen Tieren, die nicht so einen direkten Einfluss auf das menschliche Leben haben (zB Tiere aus der Landwirtschaft), oder besser gesagt: die nicht so einen direkten Nutzen haben. Wie stark da unterbewusst unterschieden wird, das ist befremdlich für mich, wie unverhältnismäßig es teilweise ist; warum darf eine Kuh zB bis ins Letzte ausgenutzt werden, ein erbärmliches Leben führen, gleichzeitig aber nimmt das Haustier die Stellung eines Familienmitglieds ein. Da kann man dem Tier dann auch gern mal Fleisch aus eben solchen gerade angerissenen Zuständen täglich zum Fressen geben.

Dabei wäre es schon super, wenn nur ein bisschen dieser besonderen Beziehung, die sich zwischen Mensch und Hund bilden kann, auch generell auf alle anderen Tiere übertragen würde.
Naja, jedenfalls finde ich, dass du diese besondere Beziehung sehr schön anreißt in dieser kurzen Geschichte. Für mich wird aus dem Text heraus klar, dass er seinen Hund liebt, da gibt es keinen Zweifel.

legte ihm die Hand auf den schweren Kopf, die Hand, die ihn am liebsten gepackt hätte,
Den hervorgehobenen Part verstehe ich nicht so ganz: was meint er damit, gepackt? Würde hier nicht eine einfühlsame Geste passen? Ein Streicheln, ein Umarmen oder so? Quasi als Trost, als Geste des Mitleid(en)s, des Verständnis (auch wenn es der Hund nicht verstehen mag)..

Dass er ihm eine reinhaut, das passt natürlich sehr gut zum Bud Spencer Film, und klar, jeder Jeck is anders, könnte schon sein, dass es jemand macht. Wenn ich mir die Szene realistisch vorstelle (ich wurde mal von nem Hund in die Hand gebissen), dann wäre es anstelle des Schlages einfach zu einem Erschrecken, einem Rückzucken gekommen und dabei geblieben.
Andererseits finde ich es passend, dass er sich danach schlecht fühlt, es ihm leid tut, denn das zeigt wiederum seine Zuneigung zum Hund.

Den Vergleich des Einschläferns von Hund vs Opa finde ich wirklich gut, denn mMn sollte man genau so denken: Es ist ein Lebewesen. Natürlich könnte der Opa, wenn er wollte, seinem Leben über Sterbehilfe ein Ende bereiten. Das kann der Hund nicht. Wurde glaube ich in nem Komm angemerkt, die Frage danach, ob der Hund wohl leidet. Und in die Richtung denke ich auch beim Ende...

dass dein Leben zu Ende ist, weil ich das so will.
...und zwar was die Macht des Menschen in dieser Konstellation ist. Der Mensch ist ja dafür verantwortlich, dass der Hund lebt - er kommt aus einer Züchtung, ist streng gesehen nicht natürlicherweise auf der Welt. Wenn der Mensch also entscheiden kann, dass der Hund lebt, warum kann er dann nicht entscheiden, dass er stirbt? Klar, ist ziemlich provokativ, philosophisch, aber das sind so Gedanken, die ich habe, wenn ich etwas drüber nachdenke.

Aber die Beziehung, die zwischen Mensch und Tier bestehen kann, hast du mMn sehr gut beleuchtet, die Stelle mag ich zB:

dass er mir dann überall hin folgen wird. In die Küche, ins Bad. Mit raushängender Zunge, sodass es aussieht, als würde er lächeln, und dass er dann nicht mehr wissen wird, was passiert ist, dass ich dann immer noch sein Freund sein werde.
Diese Loyalität (jedenfalls ist der Hund hier im Text nicht nachtragend), diese unbedingte Liebe des Tieres zu seinem menschlichen Freund, das ist was schönes, und das kommt hier gut raus.

Den Titel finde ich auch sehr passend zur Handlung, zur schwierigen Situation der beiden Freunde in dieser Wohnung. Hab ich gerne gelesen.

Gruß,
rainsen

 

Hallo @rainsen,

ich habe ein eigenartiges Verhältnis zu diesem Text. Manchmal glaube ich, er hat mich mit einer Krankheit infiziert, mit einer Scharlatan-Krankheit, ich lese deine Gedanken und finde die richtig und wichtig und dann erinnere ich mich an meinen Text und empfinde ... so ein Gefühl von Ekel, als hätte ich da etwas geschrieben, was man nicht schreiben sollte, nicht auf diese Art. Nein, wir werden keine Freunde mehr, der Text und ich, aber das ist in Ordnung, solange er bei dir etwas auslöst, etwas wie das hier:

Dabei wäre es schon super, wenn nur ein bisschen dieser besonderen Beziehung, die sich zwischen Mensch und Hund bilden kann, auch generell auf alle anderen Tiere übertragen würde.

Den hervorgehobenen Part verstehe ich nicht so ganz: was meint er damit, gepackt? Würde hier nicht eine einfühlsame Geste passen? Ein Streicheln, ein Umarmen oder so? Quasi als Trost, als Geste des Mitleid(en)s, des Verständnis (auch wenn es der Hund nicht verstehen mag)..

An der Stelle scheiden sich in den Kommentaren die Geister und ich hätte das auch lieber so gesehen, wie du das beschreibst. Aber ich finde das immer noch sehr vorstellbar: Dass sich da beim "Herrchen" die angestaute Wut entlädt, auf eine scheußliche Art, weniger die Wut auf den Hund als auf die Ohnmacht, die Käfig-Situation.

...und zwar was die Macht des Menschen in dieser Konstellation ist. Der Mensch ist ja dafür verantwortlich, dass der Hund lebt - er kommt aus einer Züchtung, ist streng gesehen nicht natürlicherweise auf der Welt. Wenn der Mensch also entscheiden kann, dass der Hund lebt, warum kann er dann nicht entscheiden, dass er stirbt? Klar, ist ziemlich provokativ, philosophisch, aber das sind so Gedanken, die ich habe, wenn ich etwas drüber nachdenke.

Ich lese derzeit, warum auch immer, sehr gerne von Tieren, J.A. Bakers Wanderfalke hat mich zuletzt in einen ganz besonderen Bann gezogen. Da schreibt der Autor unter anderem über einen Reiher, dessen Flügel am Boden festgefroren sind:

Als ich näherkam, sah ich, wie sein Körper sich zur Flucht aufbäumte. Aber er konnte nicht mehr fliegen. Ich gab ihm Frieden und sah die verbleichende Sonne seiner Augen langsam in den Wolken genesen.

Und später:

Kein Schmerz, kein Tod ist für ein wildes Tier so schlimm wie die Furcht vor dem Menschen.
Eine vergiftete Krähe, die mit aufgerissenem gelbem Schnabel im Gras liegt und hellgelben Schaum spuckt, wird bei dem Versuch, sie zu fangen, sich wieder und wieder in die haltlose Luft raffen wollen Ein Kaninchen, das von der Seuche schon aufgedunsen und angefault ist, wird die Erschütterung Ihrer Schritte hören und Sie mit vortretenden, blinden Augen anstarren.
Wir sind die Mörder. Wir stinken nach Tod.

Was mich dann wiederum darüber nachdenken lässt, was das eigentlich für ein komisches Verhältnis ist zwischen Mensch und Hund, was der Mensch sich da wieder rausgenommen hat.

Wie auch immer. Freut mich, dass du das Gedankenkarussell noch mal angeschoben hast und Freude an dem Text hattest.

Bas

 

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