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Kataklysmus des Kommunismus

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03.10.2007
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Kataklysmus des Kommunismus

„Es gibt ihn nicht, ihr Schwachköpfe. Wie oft soll ich euch das noch sagen? Den Gott gibt es nicht! Ich habe ihn erschossen …“
Entsetze Gesichter starrten Alija an, der kurz vor seiner Rede auf den Tisch gestiegen worden war, um die Arbeiter, die sich in ihrer Mittagspause befanden, auf eine wichtige politische Diskussion hinzuweisen. Eigentlich wollte er ihnen nur den Termin verkünden, deswegen stieg er auf den Tisch, damit ihn jeder besser hören und sehen könnte. Doch „die ignorante Masse“, wie er sie später beschimpfte, begann Fragen zu stellen, und brüllte lauthals Parolen, die sie irgendwo in den Kneipen aufgeschnappt hatten. Diese Parolen hatten nichts mit Kommunismus, mit Proletariat, mit Brüderschaft und Einigkeit, mit Hammer und Sichel zu tun, sie bewiesen eindeutig, wie labil und verführerisch die Meute war. Und die Meute, die ihn jetzt umgab, war nicht intelligenter als eine trächtige Kuh.
Sheriff Alija stand breitbeinig und verschwitzt auf der Tischplatte, atmete voller Gier die muffige Kantinenluft, und versuchte zu enträtseln, was der Blick des Karl Marx, dessen Bild über der Eingangstür hing, bedeuten möge.
Den roten Stern, der an seiner Brust prangte, trug er immer und überall. Egal ob im Urlaub, auf einer Hochzeitfeier oder am Begräbnis, auf dem Elternsprechtag seiner Kinder, freitags auf dem Gemüsemarkt, nachts im Bett, den Stern legte er nur kurzfristig ab, wenn er mit seiner Frau schlief oder bei der täglichen Körperpflege.
Jedes von seinen beiden Sakkos, jedes Hemd, sein einziger Pyjama, alle Unterhemden und Pullover, und besonders seine Arbeitsmäntel, wiesen ein kleines Loch auf der linken Seite auf. Die Stelle, wo gewöhnlich sein roter Stern eingesteckt worden war. Und genau dem Stern hatte er den Titel des Sheriffs zu verdanken.
Als er damals 1958 in die Fabrik kam, mit ungepflegten Haaren, verlorenem Blick eines Dorfbewohners, der zum zweiten Mal in seinem Leben eine große Stadt sah, einem zu kurz geratenen Anzug, der ihn wie einen Provinzbürgermeister aussehen ließ, konnte niemand erahnen, welchen raketenhaften politischen Aufstieg der schlaksige Junge namens Alija an den Tag legen wird.
Die Fabrik trug den Namen „Brüderschaft und Einigkeit“ und beschäftigte rund dreitausend Arbeiter. Riesige Baumstämme wurden im Laufe des Tages zu Furnier und Paneelplatten verarbeitet, aus denen man mithilfe verschiedener Maschinen fertige Fenster und Türen produzierte. Irgendwo in diesem Produktionskreis stand Alija und verdiente sein erstes Geld mit dem Abschälen von Baumrinde; eine schweißtreibende und undankbare Tätigkeit, da man die Baumrinde mit einem primitiven Werkzeug, das die firmeneigenen Schlosser gebastelt hatten, mühevoll herunterkratzen musste.
Schneller als erwartet wich seine Bauernausdrucksweise dem Arbeiterjargon und sein Stallgeruch dem billigen Parfüm, welches manche Kolleginnen aus Rumänien, Ungarn oder UdSSR schmuggelten, um sich ein paar Dinar dazuzuverdienen. Die mit Sehnsucht erwarteten Wochenenden, an denen er prompt nach getaner Arbeit in sein Heimatdorf flüchtete, um sich für die kommende Woche mit Kartoffel, Fleisch, Käse, Eier und Butter einzudecken, reduzierten sich immer mehr auf das faule Herumhängen und stundenlanges Pokern mit seinen Arbeitskollegen, die sich schlichtweg weigerten nach Hause zu ihren Familien zu gehen.
Alija war ein Junggeselle. Frauen gegenüber verhielt er sich wortkarg und schüchtern, was manchen von ihnen ein lüsternes Lächeln in Gesicht zauberte. Und so kam es, dass ihn während der dritten Schicht eine Kollegin - unter dem lauten Jubel versammelter Genossen - in die Trockenkammer verschleppte. An jenem Abend wurde er von der rothaarigen Pressemeisterin mit großen Brüsten entjungfert.
Von da an legte er seine Scheu ab, wurde selbstbewusster und seine Stimme bekam fast über Nacht die Tonlage eines Justizvollzugsbeamten. Er wartete nicht mehr, bis ihn irgendeine Kollegin ansprach, sondern ging selbst in die Offensive und schlief mit jeder, die er ins Bett, Klosett, in die Trockenkammer, in den Lager oder sonstiges Plätzchen kriegen konnte. Besonders wählerisch bei der Auswahl seiner Frauen war er nicht. Es war ihm egal, welche Haar- oder Augenfarbe sie hatten, ob ihre Gesichter mit einer kleinen oder großen Nase geziert worden waren, mit welchen Lippen – dick oder dünn – sie ihn küssten, ob sie mit einem falschen Gebiss oder ihren echten Zähnen sie an seinem Ohr knabberten; seine verschlossenen Augen und die Dunkelheit machte sie alle attraktiv. Hinter seinen Rücken nannten ihn alle nur noch die Teflonpfanne.
Innerhalb von nur zwei Jahren nahm er dreißig Kilo zu, was zum Teil an dem kaloriereichen Firmenfraß lag, wo es jeden zweiten Tag Bohnensuppe mit Speck gab, aber auch an den Kochkünsten seiner zahlreichen Geliebten, die ihn nach einer schnellen Nummer meistens mit einer üppigen Mahlzeit belohnten. Außerdem begann er Krawatten zu tragen, die bedrohlich seine Kehle zuschnürten und oft den Eindruck vermittelten, ihr Träger litte an akuter Gesichtsröte und Sauerstoffmangel.
Eines Tages schafften es seine Arbeitskameraden, ihn zum Beitritt in die kommunistische Partei zu überreden. Wie jeder vernünftige Mensch, der von vielerlei Sachen keine Ahnung hatte, hielt sich Alija selbstverständlich von der Politik fern, weil er sie nicht verstand und sie für gefährlich hielt. Ein falsches Wort und man wanderte unverzüglich für mehrere Jahre ins Gefängnis. Die politischen Häftlinge, so erfuhr er von den örtlichen Polizisten während einer Sauftour, waren verhasster als Mörder oder Frauenvergewaltiger. Im Gefängnis hatten die Politiker, so nannte man sie absurderweise, keinerlei Rechte; von anderen Insassen gedemütigt, geschlagen und vergewaltigt, nahmen sie sich freiwillig das Leben, wohl wissend, dass ihnen der Staat den Gefallen niemals getan hätte. Diejenigen, die den Alltag und die Folter überlebten, verstummten für immer. Sie ließen alles mit sich machen, sprachen niemals ein Wort und antworteten auf keine Fragen, nicht einmal die nach dem eigenen Namen. Was sie ins Gefängnis brachte, das wussten sie nicht so genau. Einzig die Aufforderung von ihren „Korkenziehern“, also von den Insassen, die sie regelmäßig vergewaltigten, das kapitalistische Zeug zu wiederholen, das sie angeblich in der Freiheit verzapften, ließ sie erahnen, welchen Verbrechens man sie beschuldigte.
Alle diese Menschen - eigentlich nur ein Haufen harmloser Trotteln, die Demokratie für eine polnische Zigarettenmarke hielten – benutzte der Staat geschickt als Propaganda, um zeigen, dass man am System nicht rütteln kann.

„Den Gott gibt es nicht … Ich habe ihn erschossen! Und jetzt zurück an die Arbeit.“ Nachdem Alija die Worte ausgesprochen hatte, kehrten die Arbeiter murmelnd an ihre Maschinen zurück. Eine Weile blieb er noch auf seinem Podest, dem Kantinentisch, stehen und flüsterte leise: „Es gibt ihn nicht, ihr Dummköpfe.“
Ein halbes Jahr später, als Alijas Frau nach einer langen, zermürbenden Krankheit verstarb, und sein einziger Sohn von einem LKW überfahren wurde, verschwand der Generaldirektor aus der Firma; für immer.
Die Gewerkschaft bemühte sich einige Wochen lang, ihren „Direktator“, wie er sich selber oft nannte, ausfindig zu machen, doch waren alle Bemühungen vergeblich. Eine interne Krisensitzung wurde einberufen, die damit endete, dass die Firma am nächsten Morgen unter einem neuen Generaldirektor ihre Fenster und Türen produzierte. Die wilden Spekulationen um Alija verstummten allmählich; die Bilder, auf denen er verschiedene Plaketten überreicht bekam, verblichen im Aufenthaltsraum nach und nach und landeten schließlich im großen Firmenofen.

Dem Staat ging es immer schlechter. Wie faules Obst wartete er nur darauf von Schulden, Inflation, Arbeitslosigkeit, Restriktionen und westlichen Spionen zerquetscht zu werden. Statt des viel gefürchteten kapitalistischen Feinds besetzte eine andere Macht das Land – Depression.
Jeden Tag, egal um welche Uhrzeit, warteten unzählige Menschenschlangen vor den Läden auf eine Ration Mehl, Öl, Zucker, Kaffee und eventuell eine Stange Zigaretten. Die endlose Warterei entwickelte sich immer mehr zu einem Volkssport. Man traf sich in einer Schlange, um Neuigkeiten zu erfahren, einen guten Witz erzählt zu bekommen, über schlechte Nachbarn und Politiker zu tratschen, aber niemals um etwas zu kaufen. Obschon im Sozialismus die Gleichheit eine tragende Säule war, so trennte dennoch das Brot zwei Gesellschaftsschichten voneinander. Wohlhabende Kommunisten kauften mit echten Geldscheinen das weisse, und die Arbeiter holten sich für ihre Lebensmittelbons das dunkle Brot.
Um das Schamgefühl etwas zu mildern, trugen die verarmten Genossen ihre dunklen Laibe in undurchsichtigen Taschen nach Hause und trösteten sich damit, dass das billige Brot ohnehin gesünder sei.
Das ganze Land versank in Armut und Trostlosigkeit. Enttäuschte Arbeiter der Fabrik „Brüderschaft und Einigkeit“ schufteten für wertlose Lebensmittelbons, die sie nicht einlösen konnten, weil es keine Lebensmittel gab. In Kneipen, wo sie nach getaner Arbeit, mit Alkohol, geselchtem Fleisch und eingelegtem Paprika, ihr graues Leben erträglicher machten, sprachen sie über die alten Zeiten, die ebenfalls schlecht waren, doch, so schien es, um vieles schöner und sorgloser.
Angetrunken von Schliwowitz und Melancholie, sangen sie voller Stolz Partisanenlieder, in denen sie faschistische Aggressoren aus dem Land jagten, zerbissen dann ihre Schnapsgläser und küssten sich brüderlich mit blutigen Lippen auf die Wangen.
Als dann die Euphorie verflogen war, der Schnaps langsam aus dem Körper entwich, und die Kälte sie wieder in die Realität zurückholte, sprachen sie mit Wehmut von Alija.
Was für eine herrliche Zeit es damals war, als sie Alija zum Beitritt in die „Kommunistische“ überredeten und er zwei Wochen später, leicht angetrunken, auf die Bühne stürmte und eine populistische und unterhaltsame Rede zum Thema „Ausbeutung der Arbeiterklasse“ hielt. Er verglich das Arbeiterdasein mit dem einer Ameise, was ihm einen großen Beifall von den versammelten Kollegen einbrachte, und prophezeite den unausweichlichen Untergang des Westens. Dann stimmte er die Internationale an, die sich aber sehr schnell in ein bekanntes volkstümliches Lied verwandelte, da Alija nicht besonders musikalisch war und keine Töne halten konnte. Schon sehr bald wurde die Firmenleitung auf ihn aufmerksam. Sie ernannten ihn zum Leiter des hygienisch-technischen Dienstes, zahlten ihm Weiterbildungskurse, schenkten ihm zusätzlich achtzig Punkte für die Wohnung, sodass er von dem 43. Platz der Warteliste auf den Zwölften vorrückte. Solche Leute mit Potential waren gesucht.
Es schien, als wäre Alija in Goldstaub gefallen; das Glück wich nicht von seiner Seite.
Aus einer Bürokraft - der er gelegentlich nach der Arbeit die schönsten Passagen aus dem Manifest der kommunistischen Partei ins Ohr flüsterte, bis diese sich voller Verlangen die Kleider vom Leibe riss und sie beide ein paar Minuten später in ihrem Sessel hemmungslos vögelten – wurde später Alijas Frau.
Die Zügel seines Schicksals hielt er fest in den Händen und überließ nichts mehr dem Zufall.
Obwohl er nach wie vor von der Politik keinen Schimmer hatte, begann er, um seinen Wortschatz zu erweitern, die monatliche Ausgabe des „Kommunist“ zu lesen, schaute jeden Abend pflichtbewusst die Nachrichten und verpasste keine Gemeindesitzung der Kommunalpolitiker.
Mit großer Bewunderung sahen seine ehemaligen Kameraden zu, wie Alija Monat für Monat und Stück für Stück die Spitzenposition in der Firmenführung eroberte. Der frisch erwählte Generaldirektor merkte sehr schnell, dass in einem sozialistischen Regime alles Erdenkliche erreichbar wäre, vorausgesetzt, man hat ein selbstsicheres Auftreten und verfügt über mehrere Hundert Fremdwörter, die man nur anwenden aber nicht verstehen muss. Die ungeheure neu erworbene Macht über den ganzen Betrieb und rund dreitausend Arbeiter zu herrschen, erregte ihn zeitweise so sehr, dass er immer häufiger über die Lautsprecher den Witz des Tages erzählte.
Die Zeit der großen Veränderungen war angebrochen. Nach einer Geschäftsreise nach Slowenien begann die Firma nur noch Halbfabrikate zu produzieren. Dadurch machten sie mehr Umsatz, erzeugten mehr Produkte, die keine langen Wartezeiten mehr im Lager hatten, und zum ersten Mal seit fünfzehn Jahren wurden die Arbeiter für ihren Einsatz mit einem anteilsmäßigen Bonus belohnt. Außerdem führte Alija die Neuigkeit ein, dass ein zum Väterchen Frost verkleideter Mitarbeiter jedem Arbeiterkind am Tag vor dem Neujahrswechsel ein Päckchen mit Süßigkeiten überreichte.
Für diese hervorragenden Verdienste erhielt er von der Gewerkschaft einen roten Stern, der ihn zu Tränen rührte und ihm so viel bedeutete, dass er das kleine Abzeichen nicht mehr ablegte.
Am Zenit seiner Karriere blickte Sheriff Alija auf einen Betrieb im Aufschwung, auf motivierte Mitarbeiter, die ihn wie einen Schlagerstar feierten, eine glückliche Ehefrau, die ihm zwei wunderschöne Töchter schenkte und bereits ein drittes Kind im Bauch trug, das hoffentlich ein neuer Pionier sein wird.
Immer öfter, während seine zufriedene Gattin schlief, lag Alija wach im Bett und weinte leise vor sich hin. Der Erfolg machte ihn so weich und empfindlich, dass er beinahe jedes Mal in Tränen ausbrach, wenn seine Frau ein falsches Wort sagte oder eine Diskussion begann. Die kleinen Streitereien endeten immer damit, dass er seinen Kopf in den Schoß „der schönsten Ehefrau der Welt“ vergrub und wie ein hilfloses Kind zu seufzen begann, während eine zärtliche Hand seinen Hinterkopf streichelte und eine warme Stimme ihm leise zuflüsterte, dass alles gut sei.
Seinen beiden Töchtern konnte er keinen Wunsch abschlagen. Wahnsinnig vor Sorge, ließ er eines Tages nach einem Anruf eine ganze Delegation aus Montenegro in seinem Büro sitzen und fuhr mit dem Firmenauto nach Hause, um seinen zwei Prinzessinnen persönlich Tee zu kochen, da sie mit einer Verkühlung im Bett lagen.
Als seine Frau an einem kalten Dezembertag, einen gesunden Sohn zur Welt brachte, betrank sich Alija bis zu Bewusstlosigkeit und wachte erst zwei Tage später mit ausgepumptem Magen im Krankenhaus auf. Von da an sollte nichts mehr so sein, wie es einmal war.
Besessen von der fixen Idee, alles kontrollieren zu wollen, hatte Alija keine ruhige Minute mehr. In den Sitzungen warf er den Parteigenossen schwachen Willen, Feigheit, Blindheit und sogar Verrat vor. Aus der Fabrik verbannte er sämtliche Kreuze, Halbmond und Sterne und versprach jedem Mitarbeiter eine sofortige Kündigung, sollten sie seine Befehle missachten und sich mit diesen lächerlichen Abzeichen zu irgendeinem Glauben bekennen. Was bei der Armee so gut funktionierte, musste doch in seiner Fabrik auch durchführbar sein.
Gott erklärte er zu seinem persönlichen Feind. Um den Arbeitern Machtlosigkeit Gottes zu demonstrieren, stand er mit gespreizten Beinen auf dem Tisch, erhob beide Hände gen Himmel und ließ eine Salve übelster Beschimpfungen los. Nach einigen Minuten stand er noch immer mit zersauster Frisur und schweißdurchnässt auf dem „Podest“ und begann dämonisch zu lachen.
„Seht ihr, es gibt ihn nicht“, sagte er dann mit sanfter Stimme. „Ich habe ihn erschossen ...Gebt auf an Nichts zu glauben, denn Religion ist nur Opium fürs Volk.“
Ein halbes Jahr später, von einer schweren Krankheit gezeichnet, verstarb seine geliebte Frau in seinen Armen. Und sein kleiner Sohn, sein kleiner Prinz, wurde einige Monate später von einem betrunkenen Lkw-Fahrer überfahren. Sheriff Alija verschwand.

Es war ein trostloser Winter, als die abgemagerten und zu früh gealterten Arbeiter der Fabrik „Brüderschaft und Einigkeit“ sich wieder in ihrer Stammkneipe versammelten, um sich mit dem Schnaps die Kälte aus den Knochen zu vertreiben. Einer von ihnen kam gerade von einem Begräbnis; sein Schwager wurde beerdigt. Er erzählte, dass die Beisetzung eine armselige Angelegenheit war, mit kniehohem Schlamm einigen wenigen Traugästen. Nach der Zeremonie wartete er den Hodscha ab, weil er ihm ein paar Scheine geben wollte. Doch dieser lehnte das Geld ab.
„Wisst ihr“, sprach der Arbeiter weiter, „der Mann kam mir irgendwie bekannt vor; vor allem seine Augen. Ich konnte außerdem nicht aufhören, auf das kleine Loch im Revers seines Sakkos zu starren.“

 

„Es gibt ihn nicht, ihr Schwachköpfe. Wie oft soll ich euch das noch sagen? Den Gott gibt es nicht! Ich habe ihn erschossen …“

Hallo so_04 und – nach sechs Beiträgen geht’s wohl noch – auch von mir ein herzliches Willkommen!

Nach humoristischen Beiträgen nun ein "historischer" Text und die Überschrift macht neugierig auf das, was der „Kommunismus“ mit dem naturwissenschaftlichen Begriff „Kataklysmus“ zu tun habe.

Du schilderst wie einen kleinen Entwicklungsroman Aufstieg und Fall des Sheriffs „Teflonpfanne“ Alija von einem Nichts zum Direktor und wieder hinab ins Nichts und von seinem Kampf gegen den Aberglauben der Religion einschließlich der vermutlich wundersamen Wandlung Alijas (Alias?) zum Hodscha. Die Geschichte kommt schwerfällig daher und ich musste mich regelrecht hindurchbeißen. Was aber der politisch/philosophische Begriff des Kommunismus mit dem naturwissenschaftlichen des Kataklysmus zu tun hat, hab ich nicht gefunden oder nicht gesehen/erkannt. Es zieht sich einfach hin wie der erste Kosmonauten Witz:

Wieder auf der Erde wird Gagarin von Chrustschow gefragt, ob er Gott gesehen habe. Als der Kosmonaut bejaht, meint Chrustschow: „Hab ich mir gedacht. Hier hastu 10.000 US-Dollar, aber kein Mensch erfährt davon.“

Später kommt der Kosmonaut in den Vatikan und der Papst fragt, ob Gagarin Gott gesehen habe. Als der verneint, meint Johannes XXIII.: „Hab ich mir gedacht. Hier hastu 10.000 US-Dollar, aber kein Mensch erfährt davon.“

Zuletzt besucht Gagarin die USA und der Präsident stellt die Frage, ob der Kosmonaut Gott da oben gesehen habe. „Ja sicher“, meint der und freut sich auf die Dollars. Als Kennedy nun meint, dass die Antwort eigentlich gleichgültig sei, schließlich wählten ihn genauso viel oder wenig Gläubige wie Atheisten, meint Gagarin: „Sie ist schwarz …“

Kleinkram, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Unfreiwillig Komik:

„Entsetze Gesichter starrten Alija an, der kurz vor seiner Rede auf den Tisch gestiegen worden war, um die Arbeiter, die sich in ihrer Mittagspause befanden, auf eine wichtige politische Diskussion hinzuweisen.“ Ein Monstrum von Satz, schwerfällig und dazu noch von unfreiwilliger Komik durch die interessante Passivkonstruktion, dass einer „auf den Tisch gestiegen worden war“. Wenn einer geschubst wird und hinfällt, dann kann er schon sagen, dass er „gefallen wurde“, oder wenn einer Entlassen wurde, so kann er sagen, er sei „gegangen worden“. Aber Alijas (Alias?) wird quasi „aufgeholfen“. Vielleicht ginge der Satz so: „Entsetzte Gesichter starrten Alija an, der kurz vor seiner Rede auf den Tisch gedrängt wurde, um die Arbeiter, die gerade (Mittags)pause hatten, auf eine wichtige politische Diskussion hinzuweisen.“

„An jenem Abend wurde er von der rothaarigen Pressemeisterin mit großen Brüsten entjungfert.“ Durch Brüste oder doch durch die Meisterin, also vielleicht besser „An jenem Abend wurde er von der großbrüstigen, rothaarigen Pressemeisterin entjungfert.“


Zeichensetzung:

„EgalKOMMA ob im Urlaub, …“

„Außerdem begann erKOMMA Krawatten zu tragen, die …“

„ … einer langen, zermürbenden Krankheit verstarb, und sein einziger Sohn …“ Komma weg, da Aufzählung.

„ …, aber niemalsKOMMA um etwas zu kaufen.“

„Der frisch erwählte Generaldirektor merkte sehr schnell, dass in einem sozialistischen Regime alles Erdenkliche erreichbar wäre, vorausgesetzt, man hat ein selbstsicheres Auftreten und verfügt über mehrere Hundert Fremdwörter, die man nur anwendenKOMMA aber nicht verstehen muss.“ Besser: „Der frisch erwählte Generaldirektor merkte sehr schnell, dass in einem sozialistischen Regime alles Erdenkliche erreichbar wäre, vorausgesetzt, man hätte ein selbstsicheres Auftreten und verfügte über mehrere Hundert Fremdwörter, die man nur anwenden, aber nicht verstehen müsste“, oder nichts im Konjunktiv, also „ … erreichbar war, …“ etc.

„Die ungeheureKOMMA neu erworbene Macht …“ Besser: „ungeheure“ ersatzlos streichen.

„Nach einer Geschäftsreise nach Slowenien begann die FirmaKOMMA nur noch Halbfabrikate zu produzieren.“

„Als seine Frau an einem kalten Dezembertag, einen gesunden Sohn zur Welt brachte …“ Komma weg!

Flüchtigkeit?

„ …, was manchen von ihnen ein lüsternes Lächeln in Gesicht zauberte.“ „ins“ oder „in das Gesicht …“

„ …, was zum Teil an dem kaloriereichen Firmenfraß lag, …“ „ …, an dem kalorienreichen …“

„ … eigentlich nur ein Haufen harmloser Trotteln …“ „Trottel“

„ … benutzte der Staat geschickt als Propaganda, um zeigen, dass man am System nicht rütteln kann.“ „um ZU zeigen“ und „ …, dass man am System nicht rütteln könne (oder: könnte, wie sich ja später herausstellt, ging’s ja doch).“

Der Branntwein aus Zwetschgen wie der Pflaumenschnaps schreibt sich Sliwowitz/Slibowitz, nicht „Schliwowitz“.

„Um den Arbeitern Machtlosigkeit Gottes zu demonstrieren, …“ den Artikel zur Machtlosigkeit hinzufügen.

Was ist ein „Direktator“, eine Wortschöpfung aus Direktor + Diktator?

Nix für ungut

friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, Friedrichard

vielen lieben Dank fürs Lesen und Kommentieren.
Es handelt sich hier um eine ältere Geschichte (aus dem Jahr 2003, wenn ich mich nicht täusche), die ich wieder aus der Versenkung geholt habe.
Das Thema ist sicherlich nicht jedermanns Sache, da es sehr komplex und teilweise unheimlich trocken daher kommt.
Umso erstaunlicher ist es, dass du dich durch den Text durchgekämpft hast - Hut ab :thumbsup:

Deine Korrekturen werde ich selbstverständlich in den Text einarbeiten, es sind ja auch wichtige Ergänzungen.

Eigentlich spiele ich schon länger mit dem Gedanken, ein paar Dialoge einzubauen. Erstens wird der Leser durch die Dialoge ein wenig entlastet, zweitens kommt ein wenig Dynamik ins Geschehen.

Mit besten Grüßen

 
Zuletzt bearbeitet:

Nix zu danken,

so_04,

ich denke, dass jeder Text, der hier eingestellt wird, auch eine ehrliche Antwort verdient habe. Doch verrate mir doch noch bitte die Frage nach der Überschrift (ggfs. als private Mitteilung).

Zur Bearbeitung wünsch ich Dir viel Erfolg!

friedel

PS: Eher privat: Hängstu einem Gelsenkirchener Sportverein an?

 

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