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Kickrollerfahrt

MRG

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12.03.2020
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Kickrollerfahrt

Jiggle holte Schwung und bretterte mit seinem Kickroller über den Asphalt: Er drehte den Lenker nach links, bog in die St.-Marien-Straße ein, folgte der Kurve, vorbei an der Poststation, genoss den Fahrtwind, überquerte den Zebrastreifen und lehnte seinen gesamten Körper bei vollem Tempo nach vorne, was dafür sorgte, dass er den Kimmriemen seines Helmes spürte. Dann bremste er an der roten Ampel ab. Heute würde er es durchziehen, er hatte den Winter in der Halle trainiert und war bereit. Wie wohl seine Jungs reagieren würden? Die Ampel sprang von gelb auf grün. Jiggle fuhr in den Schleichweg und sah vor sich den Skaterpark: Mehrere Curbs und Rails waren nebeneinander platziert, doch seine Augen fixierten sich auf die Rampe, die hoch aufragte und ihn an eine langgezogene Welle erinnerte. Es war an der Zeit. Seine Kumpels waren schon da. Er begrüßte sie mit entschlossener Stimme. „Hey Joel, wie lange trainiert ihr schon?“
Joel saß mit zwei Freunden auf der Bank und schaute hoch. „Sind eben erst gekommen. Wir haben noch Ott geholt.“
Jiggle nickte und sagte: „Ich hab einen neuen Trick geübt. Bin gespannt, was ihr sagt.“
„Was für einen?“, fragte Joel.
„Backflip."

Jiggle lenkte seinen Kickroller auf die Rampe. Er liebte das Gefühl der Ruhe, kurz bevor er sich hinabstürzte und die notwendige Geschwindigkeit für seinen Trick aufbaute. Er würde am ersten Hochpunkt der Rampe mit dem Backflip beginnen, landen und den verbleibenden Schwung nutzen, um in Richtung des zweiten Hochpunkts zu fahren, dort eine 180 Grad Drehung zum Ausrollen machen und lässig in die Gesichter seiner Freunde schauen. Durchatmen. Fokus. Er gab sich einen Ruck, neigte seinen Roller, verlagerte das Gewicht und die Reifen knatterten über die Oberfläche, schneller und schneller flitzte er in Richtung des höchsten Punkts, drehte sein Gesicht nach hinten und vollführte den Salto. Mit einem polternden Geräusch kamen die Reifen auf. Doch Jiggle konnte das Gleichgewicht nicht halten und sein Roller rutschte unter ihm weg.
„Heftig! Du hast es fast geschafft!“
Er wusste, dass er es besser konnte. Gut war schon einmal, dass er sich auch draußen getraut hatte. Die Bewegung war wie in der Halle. „Fast ist nicht genug. Ich probiere es noch mal“, sagte Jiggle, rappelte sich hoch und begab sich wieder auf die Rampe. Ob er es diesmal schaffen würde? Was, wenn er wieder die Balance verlor? Beim nächsten Versuch würde er sich einfach ein wenig früher drehen und den Schwung besser abfangen, wenn er aufkam. Das müsste klappen. In seinem Augenwinkel sah er ein Graffiti, auf dem der Schriftzug Fearless gesprüht war. Jiggle lächelte und raste hinab. Früher drehen, dachte er. Früher drehen.
Im nächsten Moment durchzuckte ihn ein heftiger Schmerz am Kopf. Er ließ seinen Roller los und schlitterte über die Rampe.
„Jiggle! Alles okay?“
Jiggle schloss die Augen und fasste sich an den Helm. Er wusste nicht genau, ob der Schmerz oder die Enttäuschung schlimmer war. Reichte sein Talent nicht aus? War er nicht gut genug?
Joel rannte zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Hast du dich verletzt?“
„Was ist passiert?“
„Du hast dir voll den Kopf angestoßen, hast dich zu früh gedreht, glaube ich.“
Jiggle hob seinen Roller auf und warf ihn von sich. „Ich kann das nicht glauben.“
„Du brauchst `ne Pause“, sagte Joel. „Komm.“

Jiggle ging zur Bank, währenddessen Joel eine Bong aus seinem Rucksack zog. Erwartungsvoll schaute er Jiggle an und sagte, dass er sie von seinem Bruder ausgeborgt habe. „Soll richtig knallen, Jungs seid ihr dabei?“
Die anderen nickten, doch Jiggle sagte: „Nein, ich bin raus.“
„Traust du dich nicht?“, fragte Joel.
Jiggle antwortete nicht, er dachte an den Rückwärtssalto.
„Sei kein Spaßverderber. Ist für uns alle neu, du hast doch sonst auch immer alles mitgemacht. Macht doch Spaß.“
Jiggle spürte die bohrenden Blicke seiner Freunde. Er merkte, dass sie von ihm erwarteten, auch zu rauchen.
„Nein, ich mach das nicht.“
„Wie du meinst. Kommt Jungs, wir gehen zum Engländer. Falls du doch noch Bock hast, weißt du, wo wir sind“, sagte Joel und drehte sich von Jiggle weg, der noch immer seinen Helm aufhatte.

Als sie gegangen waren, saß Jiggle auf der Bank und blickte auf den Boden. Sollte er nach Hause fahren und sich geschlagen geben? Das würde er sich nie nachsehen. Es gab nur eine Option. Er klatschte in die Hände, schnellte hoch, eilte zu seinem Roller und fuhr auf die Rampe. Oben angekommen zitterten seine Unterarme. Sein Kopf pochte. Jiggle zögerte. Diesmal war niemand da. Falls er sich ernsthaft verletzte, wäre keine Hilfe zu erwarten. Ob das wirklich eine gute Idee war? Sollte er nicht einfach zum Engländer rennen und sich dem Gras hingeben, seine Niederlage betäuben? Sie würden den neuen Song von Lance Butters hören, zusammen essen und sich entspannen. Nein, er musste es wenigstens versuchen. Er würde nicht darüber hinwegkommen, wenn er jetzt aufgab. Dann war es das mit seinem Trick. Ich mach das jetzt, dachte er und verlagerte das Gewicht. Gesicht nach hinten. Salto. Momentum mitnehmen. Landen. Er rollte aus, vollführte die Wende und reckte seine Faust in die Luft, spürte die Wärme seiner Fingerkuppen auf dem Handballen und schrie so laut er konnte. In seiner Vorstellung sah er sich an der Seite von Ryan Williams auf dem Nitro Circus. Er würde weiter trainieren und seinem Traum nachjagen. Sollten die anderen doch kiffen.

 

Nabönd @MRG,

ein dichter Text. Aber gerade WEIL er das ist, möchte ich - aus meiner Sichtweise - noch ein wenig die Schrauben anziehen.

Ich fühle mich geborgen, zwischen Dampf und Rauch, fühle mich nach all den Turbulenzen wie kurz vor der Landung eines wackligen Jets
Ich fühle Geborgenheit im weißen Dampf. Und doch wie in einem Jet vor der Landung, hin und her gerissen von den Böen der letzten Wochen (Tage? Ereignisse?).

Ein Lachanfall setzt ein und ich schüttele mich, klopfe auf den staubigen Boden und Tränen steigen mir in die Augen
Ein Lachanfall schüttelt mich. Sehe meine Fäuste auf den staubigen Boden schlagen. Ich weiß, es sind Tränen in meinen Augen.

Der Staub juckt in der Nase und hinten am Gaumen
Der Staub steigt auf, in meine Nase. Zwickt meinen Gaumen.

ein Rinnsal fließt meine Wange hinab
Auf der Wange ein salziges Rinnsal.

Ich lache weiter bis mein Zwerchfell wehtut
Einfach weiterlachen, bis das Zwerchfell schmerzt.

Die Welt um mich herum ist wie ein Bild von Kandinsky, nur noch eine Ansammlung von Formen, die jedoch in ihrer Abstraktion mehr Wahrheit enthalten, als ich ertragen kann.
Habe ich Kandinskys Augen? Denn so ist die Welt um mich herum. Formen, Farben, abstrakte Wahrheiten. Schwer zu ertragen.

Das Feuerzeug gibt ein klickendes Geräusch von sich, gerolltes Papier brennt und ein süßer Duft steigt mir in die Nase
Ein Feuerzeug klickt. Gerolltes Papier brennt und süßer Duft in meiner Nase.

Es ist niemanden geholfen
niemandem

Einmal waren wir zu zweit beim alten Güterbahnhof, dort wo sich in den Schatten Gestalten tummelten, die Glück verkauften oder es zumindest versprachen, wo geklaute Fahrräder standen und das Licht durch zerbrochene Fenster schien
An diesem Tag, am alten Güterbahnhof, Joel und ich. Die Schattengestalten, Gestalten im Schatten um uns herum, das Glück anpreisend. Ein Versprechen zwischen geklauten Fahrrädern und zerbrochenen Scheiben, die das Licht brachen.

Er nickte, doch ich bemerkte die Angst
Ich spürte die Angst hinter Joels Nicken.

Ich presse mir die Hände auf die Ohren
Ich presse beide Hände auf die Ohren.

Ein abgemagertes Mädchen liegt in einer Gasse, ihre Rippenknochen zeichnen sich unter den Lumpen ab
Auf dem Boden der Gasse ein abgemagertes Mädchen. Tot? Rippenknochen zeichnen sich unter den Lumpen ab.

Ich weiß, dass ich weg muss, bevor es zu spät ist. Ich weiß, dass sie mich in den Abgrund ziehen wird, aus dem es kein Entrinnen gibt. Ich rieche einen süßlichen Geruch, der Brechreiz in mir auslöst und taste nach der Tür
Ich muss weg. Bevor der weiße Dampf nach mir greift. Bevor es zu spät ist. Wieder süßlicher Geruch. Würgend taste ich nach der Tür.

Die Bilder des kleinen Joel und des Geistermädchens verblassen, doch das Gefühl der Panik verbleibt
... verblassen. Die Panik schlägt Wurzeln/schlingt sich um mein Herz.

Ja, das sind so meine Gedanken. So oder ähnlich. Im Prinzip hebst du ja nur kurz die Decke und lässt uns deinen Prot sehen, erfahren aber nicht viel über ihn. Aus Leben, Literatur, Film haben wir natürlich ein Bild im Kopf, aber das Bild bleibt Kontext, Wissen, baut noch keine stabile Verbindung zu den Personen auf. Da ist dann vielleicht die dichtere Erzählung, hin zu fast poetischen Bildern, ein Mittel, um Nähe aufzubauen oder Kontakt zu uns Lesenden zu knüpfen.

Die Situationen - auch das Grausame darin - ist ja nicht weit weg von uns allen. Grad um die Ecke vom heilen Leben. Aber du erzählst es. Und was macht diese Geschichte besonders? Was lässt uns zuhören? Ich denke, wenn die Momente wie mit einer Lupe auf den Punkt gebrannt sind.

Hm, vielleicht nützen dir meine Gedanken etwas.

Grüße
Morphin

 

Lieber @Morphin,

vielen Dank für deine Gedanken und Kommentar. Du schreibst, dass die Momente wie mit einer Lupe auf den Punkt gebrannt werden müssen, damit wir zuhören und das gefällt mir. Diese sprachliche Präzision und dunkle Schönheit würde ich gerne meistern. Deine Anregungen zeigen mir auf, wo die Reise hingeht. Die ein oder andere Formulierung habe ich mit aufgenommen, aber nicht alles, weil ich meinen eigenen Weg finden will.

Ich gehe im Detail auf deinen Kommentar ein:

ein dichter Text. Aber gerade WEIL er das ist, möchte ich - aus meiner Sichtweise - noch ein wenig die Schrauben anziehen.
Sehr gut, hilft mir dabei besser zu werden.

Ich fühle Geborgenheit im weißen Dampf. Und doch wie in einem Jet vor der Landung, hin und her gerissen von den Böen der letzten Wochen (Tage? Ereignisse?).
Das Bild habe ich präzisiert: Es geht um diese Erleichterung nach einem Sturm endlich wieder die Landebahn bzw. den sicheren Hafen vor sich zu finden.

Ein Lachanfall schüttelt mich. Sehe meine Fäuste auf den staubigen Boden schlagen. Ich weiß, es sind Tränen in meinen Augen.
Ich habe das präzisiert, ist ein guter Punkt mit der Dopplung beim Lachanfall.

Der Staub steigt auf, in meine Nase. Zwickt meinen Gaumen.
Die Formulierung ist top, habe ich mir erlaubt zu übernehmen.

Auf der Wange ein salziges Rinnsal.
Das ist mir zu viel.

infach weiterlachen, bis das Zwerchfell schmerzt.
Guter Vorschlag: Das Verb "schmerzen" ist an dieser Stelle präziser, das baue ich um. Danke!

Habe ich Kandinskys Augen? Denn so ist die Welt um mich herum. Formen, Farben, abstrakte Wahrheiten. Schwer zu ertragen.
Genau, die Welt ist schwer zu ertragen und ich wollte damit auch ausdrücken, dass sich seine Wahrnehmung verändert.

Ein Feuerzeug klickt. Gerolltes Papier brennt und süßer Duft in meiner Nase.
Oh gefällt mir gut, habe ich übernommen. Mal schauen, ob mir das morgen auch noch so gut gefällt.

niemandem
Korrigiert.

An diesem Tag, am alten Güterbahnhof, Joel und ich. Die Schattengestalten, Gestalten im Schatten um uns herum, das Glück anpreisend. Ein Versprechen zwischen geklauten Fahrrädern und zerbrochenen Scheiben, die das Licht brachen.
Das ist mir zu weit weg von meiner eigenen Erzählstimme. Was ich daraus aber mitnehme, ist, noch präziser und dichter vorzugehen.

Ich spürte die Angst hinter Joels Nicken.
Das ist gut mit dem Nicken.

Ich presse beide Hände auf die Ohren.
Angepasst, danke. Hier steckt wieder die sprachliche Präzision und Dichte drin. Mit wenigen Worten viel ausdrücken, das ist in diesem Text der Versuch gewesen. Da passt der Vorschlag optimal rein.

Auf dem Boden der Gasse ein abgemagertes Mädchen. Tot? Rippenknochen zeichnen sich unter den Lumpen ab.
Damit konnte ich nicht so viel anfangen, die Frage passt in meinen Augen nicht ganz zur Erzählstimme.

... verblassen. Die Panik schlägt Wurzeln/schlingt sich um mein Herz.
Hm, wenn ich das richtig rauslese, dann ist das Verb noch nicht optimal. Ich frage mich allerdings, ob "schlingt sich um mein Herz" nicht zu viel ist.

Ja, das sind so meine Gedanken. So oder ähnlich. Im Prinzip hebst du ja nur kurz die Decke und lässt uns deinen Prot sehen, erfahren aber nicht viel über ihn. Aus Leben, Literatur, Film haben wir natürlich ein Bild im Kopf, aber das Bild bleibt Kontext, Wissen, baut noch keine stabile Verbindung zu den Personen auf. Da ist dann vielleicht die dichtere Erzählung, hin zu fast poetischen Bildern, ein Mittel, um Nähe aufzubauen oder Kontakt zu uns Lesenden zu knüpfen.
Aus deinen Gedanken nehme ich mit, den eigenen Anspruch weiter zu erhöhen, präziser zu werden und den Kontakt zu den Lesenden durch eine höhere Präzision und sprachliche Dichte zu erreichen. Daran arbeite ich, mir gefällt dieser Stil. Habe versucht, mich bei diesem Text ein bisschen von McCarthy inspirieren zu lassen. Der ist mir richtig unter die Haut gegangen.

Die Situationen - auch das Grausame darin - ist ja nicht weit weg von uns allen. Grad um die Ecke vom heilen Leben. Aber du erzählst es. Und was macht diese Geschichte besonders? Was lässt uns zuhören? Ich denke, wenn die Momente wie mit einer Lupe auf den Punkt gebrannt sind.
Ja, Momente wie mit einer Lupe auf den Punkt brennen, das gefällt mir und würde ich gerne können. Ich werde weiter daran arbeiten, ist ein hilfreicher Kommentar, danke für deine Zeit.

Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG

Sehr interessante Kürzestgeschichte. Hat mir insgesamt gut gefallen und hab ich gerne gelesen. Auch letztendlich die Aussage finde ich gut, da es mMn nicht mit erhobenem Zeigefinger geschieht, sondern sich der Leser da sein eigenes Bild machen kann und der Text grösstenteils wertfrei geschrieben ist. Der Schreibstil hat mir ausserdem gut gefallen.

Es gibt da ein paar Dinge, auf die ich näher eingehen möchte:

Er schmeckt süßlich mit einer leicht herben Note.

gerolltes Papier brennt und ein süßer Duft steigt mir in die Nase.

Diesmal mischt sich in den Geschmack Tabak bei.

„Ott kriegen wir auch woanders.“
Das liest sich so, als ginge es hier um (P)ot(t), Gras, Ganja, Marijuana.

Die Wirkung ist aber viel zu heftig beschrieben. Das klingt eher nach hartem Zeugs, Crack und dergleichen kommt mir da als erstes in den Sinn. Für mich gibt es einen Bruch zwischen Konsumform/Droge und Rauschwirkung. Ist vielleicht blöd, das zu fragen, aber auf was wolltest Du hier hinaus? Schon härteren Stoff, oder? Der Dealer hat ja ein eingefallenes Gesicht voller Pusteln und macht wohl den grössten Fehler schlechthin: Werde nie high von deinem eigenen Zeug ;-) Die Beschreibung des Dealers (und vor allem wie er da austickt) klingt nach Dauerkonsum von Speed, Amphetaminen, Crack. Sowas in der Art. Für mich ging das nicht ganz auf. Fraglich ist/sind dann halt für mich auch das Bild/die Bilder von diesem Kandinsky - den ich googeln musste, aber he!, coole Gemälde - die der Prot auf dem Trip sieht bzw. die Welt so wahrnimmt. Das müssten dann eher Halluzinogene sein ...
Klingt für mich so - und das bitte nicht persönlich nehmen - als kenne sich der Autor dieses Textes mit der Wirkung von Drogen nicht so recht aus. Genauere Recherche könnte da Abhilfe schaffen. Ich finde es gut, dass Du nie genau erwähnst, was die sich reinpfeifen und den Leser selbst überlegen lässt. Aber dann müsste das halt auch zusammenpassen. So klingt das, für mich jedenfalls, nach der Wirkung von mehreren Substanzen.

Was wenn ich alles nur noch schlimmer mache, was wenn sie wiederauftaucht?
Bin mir nicht sicher, ob das Wort zusammengeschrieben gehört.

„Habt ihr die Kohle?“
„Erst du“, sagte ich.
„Nein“, sagte er und zückte ein Springmesser.

„Ihr kranken Schweine!“, rief der Dealer und rammte das Messer in Joels Bauch.
Der Typ muss voll Paranoia schieben, oder um wie viel Kohle geht es da? Wahrscheinlich nicht um sehr viel, oder? Fand ich eine sehr heftige Reaktion des Dealers. Klar, Joel dreht durch wegen dem Messer, aber der ist ja nicht bewaffnet. Fast etwas too much, dass der Dealer Joel einfach absticht bzw. halt sein Messer überhaupt so schnell zieht.

Je nach dem, wo die Geschichte spielt, vielleicht noch: Anstelle von "Dealer" könnte auch "Ticker" verwendet werden.

Kompromisslos. Eiskalt.
Mindestens eines davon würde ich streichen. Es wird auch so durch seine Handlung klar, dass der das kompromisslos und eiskalt macht. Fand ich an der Stelle etwas nachgedoppelt.

Er rannte weg und Joel presste sich die Hände um seine Wunde, verlor jegliche Kontrolle und schrie.
Mmmh, nicht um seine Wunde, sondern auf seine Wunde, oder? Der hat ihm das Messer ja in den Bauch gerammt. Und ich würde schreiben presste seine Hände auf die Wunde, weil ja klar ist, dass es seine Wunde, Joels Wunde ist. Sich kannste streichen, denk ich.

Sein Smartphone lag mit leuchtendem Display neben ihm.
Schönes Detail an der Stelle, fand ich.

Das Geistermädchen konnte ich irgendwie nicht wirklich einordnen. Ich weiss nicht, ob's das Geistermädchen wirklich braucht, irgendwie wirkte es ein wenig wie ein Fremdkörper auf mich. Das mit Joel ist ja schon schlimm genug. Oder personifiziert das Mädchen seine Sucht? Du hast dir dabei bestimmt was überlegt :-)

Das Ende finde ich passend, aber vielleicht gibt's da noch etwas Potential: So liest es sich halt, wie so das typische Zeugs, das sich ein angehender Junk überlegt: Morgen hör ich mit dem Scheiss auf, such mir 'nen Job, suche wieder Kontakt zu Leuten, die nicht drauf sind und alles kommt wieder ins Reine. Aber erst gönn ich mir noch 'nen Hit. Nun, ist wohl recht realitätsnah, denk ich. Klingt für mich wie jemand, der wohl kein langjähriger Konsument ist, weil er sich solche Gedanken überhaupt noch macht. Irgendwann gibt man sich selbst auf. Ich kann es nicht recht greifen, aber die letzten beiden Sätze klingen so ein wenig plump. Ein kleines Quäntchen fehlt mir da am Schluss ... etwas, das die Story mit 'ner eigenen Note abrundet, beispielsweise: Könnte er vielleicht den restlichen Shit in den See werfen, weil's ihm wirklich ernst ist, und der Alte beobachtet ihn dabei? Dann vielleicht einen kurzen Abschnitt vom nächsten Tag und der Prot verflucht sich selbst, ist verzweifelt, dass er das Zeug weggeworfen hat und langsam entzügig wird o. ä.? Das Gedankenkarussell dreht sich immer schneller. Dann rennt er los zum Ticker und alle guten Vorsätze sind natürlich längst vergessen. Nur eine spontane Idee :shy:

Abschliessend: Wieso nicht Flash Fiction? Rein interessehalber, weil ich die Kategorie irgendwie nicht recht einordnen kann, für mich das Teil dort aber gut reinpassen würde.

Alles in allem: Gutes Ding. Könnte hie und da noch etwas feingeschliffen werden. Just my 5 cents!

So long
d-m

 

Hey @MRG ich steige direkt mal in deine Geschichte ein. Ich hoffe, du kannst mit meinen Anmerkungen etwas anfangen.

Als ich mich beruhige, fühlt sich alles surreal an
Ich kann mir zwar ungefähr denken, was du damit meinst, aber trotzdem finde ich die Formulierung nicht ganz passend. Was bedeutet denn: Es fühlt sich surreal an? Vielleicht könntest du das besser beschreiben?

Ich will mehr, mehr Sorglosigkeit, mehr Glück.
Ich würde das in zwei Sätze teilen. Ich will mehr. Mehr Sorglosigkeit, mehr Glück.
Gerolltes Papier brennt und süßer Duft in meiner Nase.
So eine ähnlich Formulierung hattest du schon mal.
wenn sie wiederauftaucht?
Leerzeile oder? Oder schreibt man das zusammen?
Einmal waren wir zu zweit beim alten Güterbahnhof, dort wo sich in den Schatten Gestalten tummelten, die Glück verkauften oder es zumindest versprachen, wo geklaute Fahrräder standen und das Licht durch zerbrochene Fenster schien.
Mmh. Ich weiß nicht. Das klingt für mich ein wenig generisch. Ein Ort (natürlich der Güterbahnhof) an dem Drogen verkauft werden. Im Schatten tummeln sich Gestalten. Manche tun so, als ob sie Glück verkaufen. Es gibt zerbrochene Fenster. Alles schon mal so ähnlich gelesen. Vielleicht kannst du das ein wenig umschreiben? Aber ist auch nur mein Eindruck.
Ich bemerkte die Angst hinter seinem Nicken
Mich stört das hinter. Weiß zwar, was du meinst aber die Formulierung ist ein wenig schief, wie ich finde.
Joel scrollte in seinem Handy
Scrollt man in seinem Handy? Klingt ein wenig schief.

Habt ihr die Kohle?“
„Erst du“, sagte ich.
„Nein“, sagte er
und zückte ein Springmesser.
Ich wollte gerade zu einer beschwichtigenden Antwort ansetzen, als der kleine Joel ausrastete: In seinen Augen stand blanker Wahnsinn und Spucke hatte sich um seinen Mund gesammelt. Er fing an zu schreien, fuchtelte mit seinen Händen herum und lief auf den Mann zu.
„Ihr kranken Schweine!“, rief der Dealer und rammte das Messer in Joels Bauch.
Diese Stelle hat für mich deshalb nicht so gut funktioniert, weil sie meiner Ansicht nach viel zu schnell eskaliert. Nicht, dass ich nicht glaube, dass das so passieren kann. Aber ich finde, du müsstest das anders beschreiben. Ansonsten klingt es (zumindest in meinen Ohren) beinahe schon unfreiwillig komisch.
„Ihr kranken Schweine!“, rief der Dealer und rammte das Messer in Joels Bauch. Kompromisslos. Eiskalt.
Hier passt für mich die geschriene Beleidigung, die Handlung und das eiskalt nicht zusammen. Er macht hier für mich keinen eiskalten, sondern einen überforderten, nervösen Eindruck. Auch weil er total schnell die Waffe zieht. Wirkt für mich eher fahrig und ängstlich. Eiskalt wäre doch eher, wenn er ohne ein Wort zu sagen und ohne mit der Wimper zu zucken einen Schritt nach vorne macht, dann das Messer zieht und es Joel rein rammt. Und dann langsam geht. Generell finde ich nicht, dass in dieser Situation überhaupt ein eiskaltes Verhalten von irgendwem reinpassen würde.
Ich will die Erinnerung verdrängen, nehme den nächsten Zug und versuche zu vergessen.
Finde das kannst du streichen. Denn es ist klar und sonst erklärst du zu viel.

Doch die dunklen Augen von Joel verfolgen mich. Sie scheinen zu flüstern: „Du bist schuld. Du bist schuld.“
Ich presse beide Hände auf die Ohren, schließe die Augen und gebe mich dem Kribbeln in meinem Kopf hin. Das ist meine einzige Option.
Auch hier gibt es meiner Meinung nach streichpotenzial. Die Dinge, die ich streichen würde, sind ja im Prinzip klar und haben mich so ausformuliert irgendwie gestört.

Ab Morgen bewerbe ich mich, rufe meine Mutter an und gehe zum Friseur.
Der Drogenabhängige, der sich, nach seiner Entscheidung, die Finger vom Stoff zu lassen, als erstes die Haare schneidet. Mmh. Hat für mich was von langhaarigen Hippies und klingt ein wenig abgedroschen. Mag aber auch an mir und den Bildern, die ich damit verbinde, liegen.
Die Bilder des kleinen Joel und des Geistermädchens
Ehrlich gesagt habe ich nicht verstanden, wo das Mädchen jetzt herkommt? Habe ich da was überlesen? Ist das passiert? Haben sie irgendwann eine Leiche gefunden? Dann wäre es ja kein Geistermädchen. Ich glaube, ich muss den Text noch mal lesen.

Insgesamt finde ich, dass du in deinem Text noch an einigen Stellen ausbauen bzw. polieren könntest. Im Moment wirkt er auf mich noch ein wenig rough. Ich denke, die Geschichte würde profitieren, wenn du da noch ein paarmal drüber gehst.
Vom Inhalt muss ich sagen, dass es mich leider nicht so mitgenommen hat, wie deine anderen Geschichten. Ich finde, dass du ein wenig zwischen Schuldgefühlen und dem Wunsch (zumindest am Ende) etwas zu ändern, herumwechselst. Ich denke, dass es dem Text guttun würde, du würdest dich auf einen Strang konzentrieren. Entweder der Protagonist wird von den Erlebnissen mit Joel verfolgt und es frisst ihn auf - er nimmt mehr und mehr Drogen usw. Oder aber, du legst einen stärkeren Fokus (nicht nur mit dem letzten Satz am Ende) auf den Wunsch, die Drogen hinter sich zu lassen.
Das mit dem Geistermädchen hat mich verwirrt. Ich lese den Text noch mal. Vielleicht habe ich auch was Grundsätzliches verpasst, aber ich konnte sie nicht richtig unterbekommen.

Naja, das wirkt jetzt alles recht kritisch. Hoffe, du kannst mit meinen Anmerkungen trotzdem etwas anfangen. In der Regel gefallen mir deine Texte nämlich sehr gut.

Viele Grüße
Habentus

 

Hallo @MRG ,

ich kann den Text nicht ganz einordnen. Du zeigst hier auf kurzer Strecke sehr viel, und leider klingt vieles davon sehr nach Klischee für mich. Wäre die Geschichte länger und ich könnte den Figuren besser in die Köpfe gucken, sehe das vielleicht anders aus, aber so frage ich mich am Schluss, was da eigentlich genau passiert/ist.


Ich fühle mich geborgen, zwischen Dampf und Rauch, fühle mich nach all den Turbulenzen erleichtert wie kurz vor der Landung eines wackligen Jets, dessen Pilot nach anfänglicher Verzweiflung endlich die Landebahn vor sich sieht. Meine Sorgen verflüchtigen sich, Probleme werden klein, werden nichtig, werden unbedeutend.
Das ist eine schöne Beschreibung. Überhaupt hat mir die gesamte Einleitung gut gefallen.


Ein Lachanfall schüttelt mich, ich klopfe auf den staubigen Boden und Tränen steigen mir in die Augen.
Ab hier stutze ich. Ich gehe mal davon aus, er raucht Gras, so klingt zumindest deine Beschreibung. Und dem Rest des Textes entnehme ich, dass er damit ein Problem hat. Lachanfälle kenne ich aber in der Regel nur von Gelegenheitskiffern, und das auch nur durch Interaktion mit anderen oder irgendwas, das er sieht/hört. Dass jemand alleine und ohne irgendeinen Auslöser plötzlich Tränen lacht, habe ich noch nie gehört, es sei denn, du wolltest damit zeigen, dass der Typ schon reichlich irre ist.


Die Welt um mich herum ist wie ein Bild von Kandinsky, nur noch eine Ansammlung von Formen, die jedoch in ihrer Abstraktion mehr Wahrheit enthalten, als ich ertragen kann.
Das ist auch eine tolle Beschreibung, und passt für mich auch gut. Da braucht es für mich keine heftigere Droge, denn genau diese kafkaeske Verzerrung inklusive der Vorstellung dadurch die Wahrheit hinter den Dingen zu erkennen, ist ja ein klassisches Symptom der psychedelischen Wirkung vom Kiffen.
Habe selbst jahrelang gekifft, und wenn ich da an so manche U-Bahn-Fahrt durch den Berliner Winter denke - die konnte es locker mit jedem Horrorfilm aufnehmen.
Aber auch hier frage ich mich, wie lange er schon dabei ist, denn man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles und nimmt vieles dann gar nicht mehr so heftig wahr sondern irgendwann gar nicht mehr. (Ist sicher von Fall zu Fall verschieden, aber ich kenne einige, die sich mit der Zeit immer mehr in ihren Kopf verkrochen haben. Statt intensiver wurde dann irgendwann gar nichts mehr richtig wahrgenommen.)

Nicht denken. Loslassen. Einfach loslassen. Es ist niemandem geholfen, wenn ich mich verrückt mache.
Hier kommt jetzt das Mädchen ins Spiel. Ist da jemand gestorben? Abgestürzt? Oder ist sie nur ein Symptom der Angst vor dem eigenen Absturz? Und wenn er Angst vor diesen Bildern hat, aber dauerbreit ist, dann scheinen sie ja regelmäßig in seinem Kopf aufzutauchen. Wenn dem so ist, müsste die Angst für mich schon früher angedeutet werden, im Sinne von: Ich hab zwar ständig Paranoia, aber kann trotzdem nicht aufhören, vielleicht ist es ja diesmal anders - so in der Art.


Übertreibe ich es? Was wenn ich alles nur noch schlimmer mache, was wenn sie wiederauftaucht?
Hier kann ich das schon ein wenig rauslesen, aber für mich klingt das eher wie jemand, der eine Zeitlang aufgehört hat und nun Angst davor hat, wieder den gleichen Horror zu erleben. Dass er sich fragt, ob er übertreibt, sagt zwar schon, dass er dauerhaft dabei ist, aber stellt man sich die Frage, wenn die Sorgen ein paar Zeilen zuvor noch nichtig und klein sind? Oder sagt man sich in dem Moment nicht eher, ach, schon alles gut, ich hab das im Griff.
Auch sehr klischeehaft, ich weiß, aber um bei dem Vergleich mit dem Flugzeug zu bleiben, hört es sich hier so an, als ob jemand erst ein Glücksgefühl verspürt über den Wolken zu schweben und dann plötzlich Angst bekommt, das Flugzeug könnte abstürzen.
Er ist mir am Anfang zu gut drauf, um plötzlich diese Paranoia zu bekommen, das müsste durch irgendwas motiviert werden. In der Regel hat man ja schon von Anfang an das Gefühl, irgendwas stimmt nicht, die Gedanken müssten also schon in dem Moment kommen, wo der Rausch einsetzt und er merkt, dass es wieder mal nach hinten losgeht. Oder er guckt sich den falschen Film an, und plötzlich geht das los. Hier fehlt mir ein Zwischenschritt.

Einmal waren wir zu zweit beim alten Güterbahnhof, dort
Hier frage ich mich, wem er die Geschichte erzählt. Vorher war ich in seinem Kopf, erlebe mit, wie der Rausch beginnt. Jetzt klingt es, als erzähle er die Geschichte jemandem, der neben ihm sitzt.

Die folgende Szene ergibt für mich nicht so recht Sinn. Der kleine Joel hat Schulden bei einem Dealer, den er mit dem Messer bedroht, weil er keinen anderen Ausweg sieht, bzw. komplett ausrastet. Das scheint aber eine Kurzschlusshandlung zu sein. Ich verstehe nur nicht, wieso er überhaupt erst da hingeht. Offenbar hat er schon einiges an Schulden bei dem Typen, lässt sich aber trotzdem überreden, da hinzugehen und mehr zu kaufen. Da müsste für mich mehr kommen als ein bisschen Nervosität und die Frage, ob man nicht doch woanders hingehen sollte. Der Dealer fragt ja auch gleich nach der Kohle, also weiß Joel, in welche Gefahr er sich begibt. Das klingt für mich leider sehr unrealistisch, denn eigentlich müsste er doch alles tun, um zu vermeiden, dem Typen über den Weg zu laufen, vielleicht richtige Paranoia schieben, denn gleichgültig ist es ihm sicher nicht, egal, wie viel er geraucht hat. Oder gerade dann.

Nein“, sagte er und zückte ein Springmesser
Spätestens hier frage ich mich aber auch, um welche Droge es geht. Nicht, dass man beim Kiffen keine Schulden machen kann, aber wenn es andere Möglichkeiten gibt, irgendwo was zu bekommen, würde er dann nicht eher da hingehen, als einen Messerkampf anzuzetteln? Auch der Dealer und das ganze Milieu klingt für mich eher nach schwerstabhängigen Junkies als Kiffern. Gras kriegt man doch eigentlich überall, wenn man weiß, wen man fragen muss, da muss man sich doch nicht zwangsläufig die versifftesten Ecken inkl. dubioser Gestalten geben.

Doch die dunklen Augen von Joel verfolgen mich. Sie scheinen zu flüstern: „Du bist schuld. Du bist schuld.“ Ich presse beide Hände auf die Ohren, schließe
Das finde ich jetzt wieder gut, müsste für mich aber langsamer aufgebaut werden. Er fühlt sich schuldig, weil er unbedingt an diesen Ort wollte, das kommt gut raus wie das durch das Kiffen verstärkt wird, er jeglichen Abstand zur Realität verliert. Trotzdem frage ich mich nach wie vor, warum er ausgerechnet da kaufen muss. Gut, du brauchtest das für die Messerstecherei, im Park wären zu viele Leute gewesen.

Bleib ruhig, du musst dich entspannen. Sonst… hör zu
Das klingt für mich auch nicht sehr realistisch, nachdem sein Freund ein Messer in den Bauch bekommen hat. Er müsste doch unter Schock stehen, aber das klingt sehr geistesgegenwärtig.

Ein abgemagertes Mädchen liegt in einer Gasse, ihre Rippenknochen zeichnen sich unter den Lumpen ab und mit ihren Händen verdeckt sie ihr Gesicht. Ich weiß, dass etwas Grausames passiert, wenn sie ihr Gesicht zeigt.
Das Mädchen ist ein Symptom seiner Angst in der Gosse zu landen, oder?

Am Ende schließt sich der Kreis mit dem Vorsatz aufzuhören. "Zumindest für heute" ist mir dann aber wieder viel zu reflektiert, denn er glaubt ja in dem Moment fest daran.

Ich lese den Text wie eine Kreisbewegung, nach dem Ende könnte man wieder am Anfang beginnen, und so ziehen seine Tage dahin, immer mit dem Vorsatz, sein Leben ab morgen zu ändern. Wenn das von dir so angelegt war, finde ich das gut gemacht.

So, nun komme ich aber mal zum Ende. Wie du siehst, beschäftigt mich das Thema, und ich hoffe, ich habe dich mit meiner Kritik nicht erschlagen. Kann ja auch nur von meinen eigenen Erfahrungen ausgehen, jemand anders hat da vielleicht anderes erlebt.

Für heute erstmal liebe Grüße, und wie es aussieht, sehen wir uns ja kommenden Sonntag bei greenwitch.
Bis dahin erstmal eine schöne Restwoche.

Chai

 

Hallo @deserted-monkey,

vielen Dank für deinen hilfreichen Kommentar, hat mich zum Nachdenken gebracht. Intention der Geschichte war, mich in diesen Kreislauf der Drogen hineinzufühlen, das Ganze zu verstehen. Einer meiner guten Freunde kämpft immer wieder mit Gras, rafft sich auf, nur um dann doch wieder in ein Loch zu fallen und alles schlimmer und schlimmer zu machen. Das war mein Ausgangspunkt.

Sehr interessante Kürzestgeschichte. Hat mir insgesamt gut gefallen und hab ich gerne gelesen. Auch letztendlich die Aussage finde ich gut, da es mMn nicht mit erhobenem Zeigefinger geschieht, sondern sich der Leser da sein eigenes Bild machen kann und der Text grösstenteils wertfrei geschrieben ist. Der Schreibstil hat mir ausserdem gut gefallen.
Vielen Dank für die lobenden Worte, besonders das Wertfreie hat mich gefreut.

Das liest sich so, als ginge es hier um (P)ot(t), Gras, Ganja, Marijuana. Die Wirkung ist aber viel zu heftig beschrieben. Das klingt eher nach hartem Zeugs, Crack und dergleichen kommt mir da als erstes in den Sinn. Für mich gibt es einen Bruch zwischen Konsumform/Droge und Rauschwirkung. Ist vielleicht blöd, das zu fragen, aber auf was wolltest Du hier hinaus? Schon härteren Stoff, oder?
Hm ja, das hatte ich ehrlich gesagt auch im Sinn. Das ist auf jeden Fall ein Loch in der Geschichte, macht es unglaubwürdig. Da setze ich mich noch einmal dran.

Die Beschreibung des Dealers (und vor allem wie er da austickt) klingt nach Dauerkonsum von Speed, Amphetaminen, Crack. Sowas in der Art. Für mich ging das nicht ganz auf. Fraglich ist/sind dann halt für mich auch das Bild/die Bilder von diesem Kandinsky - den ich googeln musste, aber he!, coole Gemälde - die der Prot auf dem Trip sieht bzw. die Welt so wahrnimmt. Das müssten dann eher Halluzinogene sein ...
Ich habe mich gefragt, wie es wohl ist, wenn alles aus dem Ruder läuft, wenn das sicher geglaubte Leben total eskaliert. Wie sich so etwas wohl anfühlt? Dem wollte ich nachspüren. Finde es daher eine hilfreiche Rückmeldung, dass es noch nicht ganz aufgeht. Ist ein guter Ansatzpunkt für die Überarbeitung.

Klingt für mich so - und das bitte nicht persönlich nehmen - als kenne sich der Autor dieses Textes mit der Wirkung von Drogen nicht so recht aus. Genauere Recherche könnte da Abhilfe schaffen.
Erwischt, würde ich sagen. :D

Der Typ muss voll Paranoia schieben, oder um wie viel Kohle geht es da? Wahrscheinlich nicht um sehr viel, oder? Fand ich eine sehr heftige Reaktion des Dealers.
Das nehme ich mit und überarbeite ich, kann ich gut nachvollziehen.

Das Geistermädchen konnte ich irgendwie nicht wirklich einordnen. Ich weiss nicht, ob's das Geistermädchen wirklich braucht, irgendwie wirkte es ein wenig wie ein Fremdkörper auf mich.
Spannende Rückmeldung. Das Geistermädchen ist der Anteil in ihm, der ihn warnt und aufzeigt, auf was er da eigentlich gerade hinläuft.


Ein kleines Quäntchen fehlt mir da am Schluss ... etwas, das die Story mit 'ner eigenen Note abrundet
Das Ende finde ich passend, aber vielleicht gibt's da noch etwas Potential: So liest es sich halt, wie so das typische Zeugs, das sich ein angehender Junk überlegt: Morgen hör ich mit dem Scheiss auf, such mir 'nen Job, suche wieder Kontakt zu Leuten, die nicht drauf sind und alles kommt wieder ins Reine.
Ich befürchte, du hast recht, es ist noch zu klischeehaft. Möglicherweise müsste ich die Erzählposition verändern und aus einer anderen Perspektive draufschauen.


Abschliessend: Wieso nicht Flash Fiction? Rein interessehalber, weil ich die Kategorie irgendwie nicht recht einordnen kann, für mich das Teil dort aber gut reinpassen würde.
Guter Punkt, bin mir da selbst nicht so sicher.

Vielen Dank für deinen schönen Kommentar. Ich frage mich, ob ich den Text wohl stärker machen könnte, wenn ich die Perspektive verändere. Wünsche dir eine erfolgreiche Restwoche.

Beste Grüße
MRG


Hallo @Habentus,

vielen Dank für deinen Kommentar, da sind viele gute Punkte dabei.

Ich kann mir zwar ungefähr denken, was du damit meinst, aber trotzdem finde ich die Formulierung nicht ganz passend. Was bedeutet denn: Es fühlt sich surreal an? Vielleicht könntest du das besser beschreiben?
Ich wollte dieses Kandinsky Gefühl mit reinnehmen, dieses Gefühl, wenn sich die Realität nicht ganz real anfühlt und ich mir nicht sicher bin, ob das gerade wirklich passiert.

Leerzeile oder? Oder schreibt man das zusammen?
Hatte ich erst auseinander, wurde mir dann aber als Fehler angezeigt.

Mmh. Ich weiß nicht. Das klingt für mich ein wenig generisch. Ein Ort (natürlich der Güterbahnhof) an dem Drogen verkauft werden. Im Schatten tummeln sich Gestalten. Manche tun so, als ob sie Glück verkaufen. Es gibt zerbrochene Fenster. Alles schon mal so ähnlich gelesen.
Ja, zu klischeehaft. Den Punkt sehe ich ein und hat wohl auch viel damit zu tun, dass ich mich theoretisch genähert habe, selbst verstehen wollte, wie sich so etwas wohl anfühlt. Nehme ich mir mit. Hatte die Idee, die Perspektive zu verändern.

Scrollt man in seinem Handy? Klingt ein wenig schief.
Da habe ich mich mit schwer getan: Ich hatte erst auf, dann am und dann in. Vielleicht ist doch "am" besser?

Diese Stelle hat für mich deshalb nicht so gut funktioniert, weil sie meiner Ansicht nach viel zu schnell eskaliert.
Kaufe ich, da fehlt die Vorbereitung und es kommt zu plötzlich. Da gehe ich noch einmal dran.

Hier passt für mich die geschriene Beleidigung, die Handlung und das eiskalt nicht zusammen. Er macht hier für mich keinen eiskalten, sondern einen überforderten, nervösen Eindruck. Auch weil er total schnell die Waffe zieht. Wirkt für mich eher fahrig und ängstlich. Eiskalt wäre doch eher, wenn er ohne ein Wort zu sagen und ohne mit der Wimper zu zucken einen Schritt nach vorne macht, dann das Messer zieht und es Joel rein rammt. Und dann langsam geht.
Starke Beobachtung, die mich überzeugt. Grundgedanke war, dass jemand so empathielos ist und sofort zusticht, aber ja, es ist wohl eher das Motiv der Angst und Nervosität, als eine kalte Abgeklärtheit.

Die Dinge, die ich streichen würde, sind ja im Prinzip klar und haben mich so ausformuliert irgendwie gestört.
Danke für die Rückmeldung, der Text bedarf jedenfalls einer gründlichen Überarbeitung.

Der Drogenabhängige, der sich, nach seiner Entscheidung, die Finger vom Stoff zu lassen, als erstes die Haare schneidet. Mmh. Hat für mich was von langhaarigen Hippies und klingt ein wenig abgedroschen.
Befürchte, du hast recht. Da bin ich in die klassische Klischeefalle getappt.

Ehrlich gesagt habe ich nicht verstanden, wo das Mädchen jetzt herkommt? Habe ich da was überlesen? Ist das passiert?
Es ist wie eine innere Stimme, die sich externalisiert und ihm verdeutlicht, was eigentlich gerade mit seinem Leben passiert.

Insgesamt finde ich, dass du in deinem Text noch an einigen Stellen ausbauen bzw. polieren könntest. Im Moment wirkt er auf mich noch ein wenig rough. Ich denke, die Geschichte würde profitieren, wenn du da noch ein paarmal drüber gehst.
Das kaufe ich, setze mich noch einmal dran.

Vom Inhalt muss ich sagen, dass es mich leider nicht so mitgenommen hat, wie deine anderen Geschichten. Ich finde, dass du ein wenig zwischen Schuldgefühlen und dem Wunsch (zumindest am Ende) etwas zu ändern, herumwechselst. Ich denke, dass es dem Text guttun würde, du würdest dich auf einen Strang konzentrieren.
Naja, das wirkt jetzt alles recht kritisch. Hoffe, du kannst mit meinen Anmerkungen trotzdem etwas anfangen. In der Regel gefallen mir deine Texte nämlich sehr gut.
Ich habe einmal gehört, dass wir aus Fehler mehr Lernen als aus Erfolgen, von daher sehe ich dein Feedback als hilfreich an und freue mich über deine scharfen analytischen Blick. Bin dir auch ganz besonders dankbar, dass du dich durch den Text gearbeitet hast, auch wenn er dir nicht gefallen hat. Ich sehe das nicht als selbstverständlich an.

Beste Grüße
MRG


Hallo @Chai,

vielen Dank für deine ausführliche und kompetente Rückmeldung.

ich kann den Text nicht ganz einordnen. Du zeigst hier auf kurzer Strecke sehr viel, und leider klingt vieles davon sehr nach Klischee für mich. Wäre die Geschichte länger und ich könnte den Figuren besser in die Köpfe gucken, sehe das vielleicht anders aus, aber so frage ich mich am Schluss, was da eigentlich genau passiert/ist.
Ich befürchte, dass ich da in die klassische Falle getappt bin. Mich hat die Frage geleitet, wie es wohl ist abzustürzen, sich in Drogen zu verlieren. Ich sehe das gerade bei einem guten Freund von mir und das beschäftigt mich. Vielleicht ist es eine gute Idee, wenn ich die Geschichte stärker auf einen Punkt fokussiere, mehr in den Kopf schaue und die Perspektive verändere. Da schwanke ich noch, mal schauen, wie ich das in der Überarbeitung lösen kann.

Das ist eine schöne Beschreibung. Überhaupt hat mir die gesamte Einleitung gut gefallen.
Danke für die lobenden Worte.

Ab hier stutze ich. Ich gehe mal davon aus, er raucht Gras, so klingt zumindest deine Beschreibung. Und dem Rest des Textes entnehme ich, dass er damit ein Problem hat. Lachanfälle kenne ich aber in der Regel nur von Gelegenheitskiffern, und das auch nur durch Interaktion mit anderen oder irgendwas, das er sieht/hört. Dass jemand alleine und ohne irgendeinen Auslöser plötzlich Tränen lacht, habe ich noch nie gehört, es sei denn, du wolltest damit zeigen, dass der Typ schon reichlich irre ist.
Ja, Gras ist das, wo ich selbst damals Erfahrungen mit gemacht habe. Das war demnach die Grundlage für diesen Text. Deine Rückmeldung hilft mir daher sehr, mir war das gar nicht so klar, dass die Lachanfälle irgendwann komplett aufhören bzw. nur in Interaktion stattfinden.

Das ist auch eine tolle Beschreibung, und passt für mich auch gut. Da braucht es für mich keine heftigere Droge, denn genau diese kafkaeske Verzerrung inklusive der Vorstellung dadurch die Wahrheit hinter den Dingen zu erkennen, ist ja ein klassisches Symptom der psychedelischen Wirkung vom Kiffen.
Das freut mich sehr, dass du diese kafkaeske Verzerrung nennst.

Aber auch hier frage ich mich, wie lange er schon dabei ist, denn man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles und nimmt vieles dann gar nicht mehr so heftig wahr sondern irgendwann gar nicht mehr. (Ist sicher von Fall zu Fall verschieden, aber ich kenne einige, die sich mit der Zeit immer mehr in ihren Kopf verkrochen haben. Statt intensiver wurde dann irgendwann gar nichts mehr richtig wahrgenommen.)
Das ist eine große Lücke in dem Text, das sehe ich jetzt sehr klar vor mir. Ich nehme den Punkt mir und lasse das in die Überarbeitung einfließen.

Oder ist sie nur ein Symptom der Angst vor dem eigenen Absturz? Und wenn er Angst vor diesen Bildern hat, aber dauerbreit ist, dann scheinen sie ja regelmäßig in seinem Kopf aufzutauchen. Wenn dem so ist, müsste die Angst für mich schon früher angedeutet werden, im Sinne von: Ich hab zwar ständig Paranoia, aber kann trotzdem nicht aufhören, vielleicht ist es ja diesmal anders - so in der Art.
Ja, er hat Angst vor dem eigenen Absturz. Guter Punkt, die Vorbereitung fehlt, das ist auch das Problem bei der Szene mit dem Güterbahnhof. Die Geschichte greift noch nicht ineinander, da gehe ich dran.

Hier kann ich das schon ein wenig rauslesen, aber für mich klingt das eher wie jemand, der eine Zeitlang aufgehört hat und nun Angst davor hat, wieder den gleichen Horror zu erleben. Dass er sich fragt, ob er übertreibt, sagt zwar schon, dass er dauerhaft dabei ist, aber stellt man sich die Frage, wenn die Sorgen ein paar Zeilen zuvor noch nichtig und klein sind? Oder sagt man sich in dem Moment nicht eher, ach, schon alles gut, ich hab das im Griff.
Spannende Rückmeldung, über die ich im Vorfeld gar nicht nachgedacht habe. Vielleicht habe ich den Text mehr für mein eigenes Interesse geschrieben. Dein Feedback zeigt mir jedenfalls auf, wo der Text hängt. Danke!

Er ist mir am Anfang zu gut drauf, um plötzlich diese Paranoia zu bekommen, das müsste durch irgendwas motiviert werden. In der Regel hat man ja schon von Anfang an das Gefühl, irgendwas stimmt nicht, die Gedanken müssten also schon in dem Moment kommen, wo der Rausch einsetzt und er merkt, dass es wieder mal nach hinten losgeht. Oder er guckt sich den falschen Film an, und plötzlich geht das los. Hier fehlt mir ein Zwischenschritt.
Ein fehlender Zwischenschritt, ja ist nachvollziehbar für mich. Geht ja in die Richtung, dass die Geschichte noch nicht ineinandergreift und der Fluss fehlt.

Hier frage ich mich, wem er die Geschichte erzählt. Vorher war ich in seinem Kopf, erlebe mit, wie der Rausch beginnt. Jetzt klingt es, als erzähle er die Geschichte jemandem, der neben ihm sitzt.
Eine feine Beobachtung. Das muss ich unbedingt in der Überarbeitung verändern, mich da entscheiden.

Die folgende Szene ergibt für mich nicht so recht Sinn. Der kleine Joel hat Schulden bei einem Dealer, den er mit dem Messer bedroht, weil er keinen anderen Ausweg sieht, bzw. komplett ausrastet. Das scheint aber eine Kurzschlusshandlung zu sein. Ich verstehe nur nicht, wieso er überhaupt erst da hingeht.
Die Szene ist nach hinten losgegangen, denke, dass ich die komplett streiche.

Das Mädchen ist ein Symptom seiner Angst in der Gosse zu landen, oder?
Ja, genau.

So, nun komme ich aber mal zum Ende. Wie du siehst, beschäftigt mich das Thema, und ich hoffe, ich habe dich mit meiner Kritik nicht erschlagen. Kann ja auch nur von meinen eigenen Erfahrungen ausgehen, jemand anders hat da vielleicht anderes erlebt.
Deine Kritik hilft mir und ich lerne daraus, mich im Vorfeld stärker mit möglichen Klischees zu befassen. Da bin ich voll in die Falle getappt, aber trotzdem hatte mich dieser Text hier nicht mehr losgelassen. Ich hatte ihn geschrieben und musste immer wieder darüber nachdenken. Irgendetwas steckt für mich in diesem Text drin, was ich ausdrücken möchte. Ich versuche das in der Überarbeitung noch einmal klarer rauszuarbeiten. Vielen Dank für deine Hilfe und Kommentar. Ich wäre gerne am Wochenende dabei gewesen. :/ Hoffe, dass es dann beim nächsten Mal klappt, würde mich gerne mal mit euch in echt unterhalten.

Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

Meine Sorgen verflüchtigen sich, Probleme werden klein, werden nichtig, werden unbedeutend.

Du scheinst,

lieber @MRG,

einen Hang zum „Rauch“ zu haben (erinner mich des „Nürburgring“s) und als Nichtraucher darf ich eigentlich nicht mitreden, wenngleich der (ehemalige) Pfadfinder oft den süßlichen Rauch eines Feuers vor oder gar in der Kohte genossen hat, wiewohl selber zu „rauchen“ – welches Zeug auch immer – mir trotz des einen oder andern Probe-Zuges fremd geblieben ist. Aber des mir durchaus nicht unangenehmen süßlichen Geruchs erinner ich mich noch … und die Trennung von Dampf und Rauch (nicht nur in Labor und Berufsschule)

Ich fühle mich geborgen, zwischen Dampf und Rauch, …
zeigt ja, dass der Unterschied zwischen Wasser und Rauch bekannt ist.

Bissken Flusenlese

Euphorie. Endlich. Ein Lachanfall schüttelt mich,….
Klingt da nicht mehr durch als eine nackte Aussage!

Der Staub steigt auf, in meine Nase. gleichzusetzen
Warum das Komma? Mir fällt auf jeden Fall eine Begründung schwer. Also m. E.: Weg mit ihm!

Gerolltes Papier brennt und süßer Duft in meiner Nase.
Gewagter Versuch, „brennen“ als chemische Reaktion und als ein Gefühl gleichzusetzen … Mich hat es von seiner angenehmen Seite her übrigens in der Nase „gekitzelt“ ...

WasKOMMA wenn ich alles nur noch schlimmer mache, wasKOMMA wenn sie wiederauftaucht?
Eigentlich vorneweg ein elliptisches „was ist“ bzw. „was wäre ….“

hier

Er wäre besser dran gewesen, wenn er sich entspannt hätte.
hätt’ es „elliptisch“ kurz (etwa als „wäre besser“) ähnlich ausgesehen. (Der Konjunktiv ermöglicht übrigens den Wegfall des Bedingung-setzenden "wenn" - etwa
"Er wäre besser dran gewesen, hätte er sich entspannt."

Einmal waren wir zu zweit beim alten Güterbahnhof, dortKOMMA wo sich in den Schatten Gestalten tummelten, die …

„Bleib ruhig, du musst dich entspannen. Sonst[...]… hör zu, ich helf dir, aber bleib ruhig. Bitte*“, sagte ich, aber ...-
* hört sich nach was anderem als einer bloßen Aussage an ….,

wie auch hier!

Geh weg“, sage ich.

Gern gelesen vom

Friedel

 

Lieber @Friedrichard,

vielen Dank für deine Zeit und deinen Kommentar. Allerdings war ich mitten in der Überarbeitungsphase und habe einiges rausgestrichen. Die Flusen bei dem aktuellen Text habe ich immer dann korrigiert, wenn die alte Stelle stehen geblieben ist.

einen Hang zum „Rauch“ zu haben (erinner mich des „Nürburgring“s) und als Nichtraucher darf ich eigentlich nicht mitreden, wenngleich der (ehemalige) Pfadfinder oft den süßlichen Rauch eines Feuers vor oder gar in der Kohte genossen hat, wiewohl selber zu „rauchen“ – welches Zeug auch immer – mir trotz des einen oder andern Probe-Zuges fremd geblieben ist.
Interessant, dass du das ansprichst mit dem Rauch, irgendetwas fasziniert mich daran, vielleicht ist es etwas mythisches, was ich damit verbinde. Bin selbst auch kein Raucher.

hätt’ es „elliptisch“ kurz (etwa als „wäre besser“) ähnlich ausgesehen. (Der Konjunktiv ermöglicht übrigens den Wegfall des Bedingung-setzenden "wenn" - etwa
"Er wäre besser dran gewesen, hätte er sich entspannt."
Das nehme ich mir mit, klingt sprachlich besser ohne "wenn".

* hört sich nach was anderem als einer bloßen Aussage an ….,
Ah ja, mit den ... tue ich mich immer noch schwer, danke für die erneute Erklärung. Ich gelobe Besserung. :D

Beste Grüße
MRG


@deserted-monkey, @Habentus und @Chai: Ich erlaube mir mal, euch zu verlinken, weil ich den Text nach euren Anregungen noch einmal gründlich überarbeitet habe. Ziel war es, die Klischees zu reduzieren und daher habe ich die Perspektive verändert und versucht, es glaubwürdiger zu machen. Die Story mit dem Güterbahnhof spielt sich jetzt im Kopf des Charakters ab, der von außen auf Jiggle und Joel schaut.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @MRG

Die Szenen in der Gartenlaube funktionieren gut - auch wenn ich da den einen oder anderen erklärenden Satz rausnehmen würde (siehe Detailkritik unten). Insgesamt habe ich aber meine Schwierigkeiten mit der Story.

Ein bisschen erinnert mich der Text an den Typen, der seinen Flug verpasst, um später zu erfahren, dass genau dieses Flugzeug abgestürzt ist. Im Unterschied dazu hat dein Prot aber durchaus geahnt, dass Gefahren auf ihn lauern. Das schwächt in meinen Augen den Plot. Der Prot verhält sich genau so, wie jede Mutter sich das wünscht, und am Ende umarmt er denn auch die seine. Das ist mir zu glatt und zu pädagogisch und lässt mich schon fast an eine Kindergeschichte denken. Also: Der Grund, weshalb der Prot am Ende mit einem blauen Auge davonkommt (sofern der Tod eines Freundes, auf den er übrigens etwas gar unterkühlt reagiert, als blaues Auge gelten kann), liegt im Verantwortungsgefühl des Prot selbst. Alles richtig gemacht! Spannender finde ich halt Storys, in denen die Prots was falsch machen. Konkret: Der Prot wäre viel näher am Abgrund vorbeigeschrammt, wenn er sich auf die Pillen eingelassen hätte, mit den Kumpels abgemacht hätte, sich neue zu besorgen, dann aber aus einem zufälligen Grund verhindert gewesen wäre. Das hätte meiner Meinung nach mehr Tragik, mehr Biss.
Damit wärst du auch ein zweites Problem los, das ich als noch gewichtiger empfinde: Der Prot widersteht den Äpfeln und erfährt anschliessend, dass Birnen gefährlich sind. Es ist ja nicht der Konsum an sich, der seinen Freund ins Verderben führt, sondern die Beschaffung. Provokativ formuliert lautet die Prämisse deines Textes eigentlich: Besorg dir deinen Stoff beim Dealer deines Vertrauens und nicht irgendwo auf der Strasse!
Drittens finde ich es keine gute Idee, den Prot den Tod seines Kumpels zu imaginieren. Wieso lässt er sich das nicht von Jiggle erzählen? Da hättest du nochmals tausend Volt Konfliktpotential.
Viertens halte ich die Szene, die beschreibt, wie er vom Tod des kleinen Joel erfährt, für etwas unplausibel. Er geht mit ihm zur Schule und erfährt dann aus der Zeitung, dass er tot ist? Und: Wird da je der volle Name genannt? Ich wage die Hypothese, dass du es dir hier zu einfach machst, weil du in der Szene auch noch gleich die Mutter drin haben willst. Ich glaube, es wäre besser, das auseinanderzudividieren, zuerst erfährt er vom Tod Joels und erst dann die Interaktion mit der Mutter.
Also, insgesamt ist mir die Dramaturgie zu wenig gereift. Ich würde den Prot auf alle Fälle stärker in die Sache involvieren. Eine Idee wäre ja auch, dass gerade die Handlungsweise des Prots zum tragischen Ergebnis führt. So was wie: Der Prot nimmt Joel die Pillen weg und genau darum muss sich dieser auf der Strasse neue besorgen und genau darum wird er abgestochen. Bisschen mehr Schuld, bisschen mehr Blut an den Händen. Das widerspiegelt natürlich bloss meine eigenen Vorlieben. Mir ist die Story zu brav.

Ich traf Jiggle das erste Mal in der Gartenhütte des kleinen Joel, sein Gesicht umgeben von weißem Rauch, in seinem Mund ein Joint, den er zur Hälfte geraucht hatte.
Der Bezug von "sein" ist unscharf, weil das Wort direkt auf Joels Namen folgt. Vielleicht kannst du Joel hier eh noch aus dem Spiel lassen, um den Einstieg etwas griffiger zu gestalten.
"Im Mund" ist für mich halt wirklich im Mund und gibt mir ein seltsames Bild. Vielleicht zwischen den Lippen?
Ein Possesivpronomen kann mindestens weg.
Was mich auch ein wenig stört, ist der wenig elegante PQP im ersten Satz.
Vorschlag: Ich traf Jiggle das erste Mal in der Gartenhütte, sein Gesicht umgegeben von weissem Rauch, zwischen den Lippen ein halb gerauchter Joint.
Die langen schwarzen Haare trug er offen, in seinen Ohren waren zwei Tunnel und er hatte eine Jeansjacke mit einer Menge Aufkleber an.
Das Problem kenne ich. :D Man trägt sowohl Haare wie auch Kleider. Für mich aber kein Grund zum schwerfälligen "anhaben" zu greifen.
„Oli Sykes Story ist krass. Unglaublich wie der sich zurückgekämpft hat. Trotz all der Drogen.
Vielleicht weglassen, das muss er ihm ja nicht erklären.
Jiggles antwortete nicht, stattdessen nahm er einen weiteren Zug.
Ist immer schwierig, wenn man schreibt, was Figuren nicht tun. Kann durchaus sinnvoll sein, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit der Leser entsprechend zu lenken. Aber wenn du Jiggle einfach am Joint ziehen lässt, mache ich mir automatisch ein Bild und denke, Mensch, der antwortet nicht mal.
Als ich klein war, durfte ich kein Super RTL schauen, sondern nur Kika; wenn ich schlechte Noten hatte, dann bezahlten mir meine Eltern einen Nachhilfelehrer; und im Sommer fuhren wir an die Nordsee in unser Ferienhaus.
Finde ich eine sehr schöne Chrakterisierung, wirklich gut. Wieso gerade Super RTL? Es gäbe ja auch andere verlockende Sender. Vielleicht einfach: Drufte ich nur KiKa schauen, das fände ich eh knackiger.
„Avalanche. Ich mag das Schlagzeugsolo, geht richtig ab.“ In Wirklichkeit mochte ich den Schmerz in dem Lied; es gab mir das Gefühl nicht allein zu sein, wenn mich die Negativität überwältigte.
Ansprechende Innenschau, gefällt mir. Einzig der Ausdruck, Negativität überzeugt mich nicht so recht. Ist sicher besser als Kummer, aber vielleicht gäbe es Alternativen. Oder was Metaphorisches: Das schwarze klebrige Monster in meinem Innern. :D
„Ja, Throne ist auch gut. Steht auf jeden Fall auf einer Stufe.“ Und wieder log ich, nur damit er mich akzeptierte.
Undbedingt weg damit. Das haben alle Leser:innen längst verstanden.
Der kleine Joel bewahrte mich vor einer Blamage, weil er plötzlich anfing, das Lied mit zu rappen:
Vielleicht: indem. Dann wäre es so halb bewusst von Joel und nicht nur ein Zufall.
Aus seiner Hosentasche holte er eine Plastiktüte mit Pillen hervor, die ich nicht zuordnen konnte.
Zu was zuordnen? Finde ich eine ungewöhnliche Wortwahl.
In meinem Kopf herrschte Chaos: Ich wollte unbedingt dazu gehören, aber ich wusste, dass ich auf keinen Fall diese Pillen nehmen durfte.
Kann wiederum weg, das ist längst etabliert. Inhaltlich habe ich ja bereits kundgetan, dass ich mit dieser Wendung hier nicht warm werde.
„Pussy, brauchst nicht wiederkommen!“, hörte ich Jiggle mir nachrufen.
Einfacher: "rufen". Ist ja klar, dass er es ihm nachruft.
Ich hörte erst Monate später wieder von Joel und Jiggle. Meine Mutter machte mich am Frühstückstich auf einen Artikel in der Zeitung aufmerksam. Mit ihrem hessischen Akzent sagte sie: „Ein Unfall am alten Güterbahnhof; ein Jugendlicher in deinem Alter ist verunglückt.“
„In meinem Alter? Wer?“
„Joel Schwarz.“
„Was ist passiert?“
„Steht hier nicht, aber die Polizei bittet um Hinweise. Kanntest du ihn?“
„Nicht gut, er war in meiner Parallelklasse. Hatte nie was mit ihm zu tun.“
Wie gesagt, diese Szene finde ich wenig überzeugend. Mir ist auch nicht klar geworden, weshalb du hier den hessischen Akzent erwähnst. Der tut nichts zur Sache, oder?
Ich dachte an Jiggle, an die Drogen und in meinem Kopf lief ein Film ab:
Wie erwähnt, finde ich das schade. Es ist eine gute Idee, wenn der Prot hier seine Fantasie benutzt, aber ich würde das eher kombinieren. Jiggle erzählt, was geschehen ist, aber der Prot glaubt ihm nur zur Hälfte oder gar nicht, denkt sich was dazu, legt sich das Geschehen vielleicht auch zurecht, sodass Jiggle klar als der Schuldige erscheint.

Ist ein klassischer Kommentar von jemandem geworden, der selbst schreibt. Hat viel drin, was ich persönlich anders machen würde, was aber nur als Anregung gemeint ist. Wenn du mal in den Szenen drin bist, dann läuft das recht geschmiert, da kannst du darauf bauen. Insgesamt fände es gut, wenn du der Geschichte noch etwas mehr Raum gäbst, sich zu entfalten.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo @MRG =),

uff, ich bin ganz hin- und hergerissen. Ich kann nicht zwischen eigenen Textvorlieben und dem, was mir an deinem Text gefällt und was mir an deinem Text nicht gefällt, unterscheiden. Man wurschtelt sich eben so durch. Ich lese deinen Text zwei, drei Mal und jedes Mal denke ich, och, das, was du gerade blöd fandest, funktioniert doch jetzt ganz wunderbar.

Das Thema deines Textes ist ja eigentlich der Wunsch eines Menschen, aus dem wohlbehüteten Elternhaus auszubrechen und "verbotene" Dinge zu tun. Aber dieser Mensch will nicht nur irgendeinen Mist machen, er will für diesen Mist auch akzeptiert werden. Und er besitzt auch das Selbstbewusstsein, sich mit einem Menschen wie Jiggle ein wenig zu duellieren. Er will hart sein. Du treibst dieses "Hart sein und Aushalten" auf die Spitze: Joel stirbt, und der Prota muss die Emotionen aushalten, schafft das ein paar Augenblicke, kapituliert doch und umarmt seine Mutter. Andererseits wünscht er sich eine Augenhöhe und gereifte Akzeptanz, die ihm seine Eltern verwehren. Dass er Gras raucht und Pillen nimmt/nicht nimmt... ja gut, das erlebt man eben in diesem Alter. Also, alles in allem ein Towubawohu pubertärer Schlingereien.

Was mir ein wenig fehlt, oder was vielleicht den Text bessern könnte, sind die Beziehungen zwischen Jiggle, Joel und Prota. Du hast ja die Ich-Perspektive gewählt. Eine sehr schöne Perspektive, die die Welt bewertet und sehr selten sachlich und neutral bleibt. Wie steht er zu Jiggle? Ich habe manchmal den Eindruck, dass bei der Ich-Perspektive die Grenzen zwischen show und tell schön verschwimmen und das dürfen sie auch (meines Geschmacks).

Die langen schwarzen Haare trug er offen, in seinen Ohren waren zwei Tunnel und er hatte eine Jeansjacke mit einer Menge Aufkleber an.
Vielleicht ganz anders beginnen: Meine Haare werden blond bleiben, anders als die Jiggles. Seine trägt er offen, sie sind pechschwarz. Ich glaube Joel nicht, der auf dem Weg zur Hütte meinte, sie seien echt. "Doch ganz sicher", beteuerte er und schnippste gegen meine Schulter. Ob die Aufnäher seiner Jeansjacke auch echt sind? Dark Eagle, Shutterhock New Time, Brown Eye, niemand mit siebzehn hat die Zeit, Konzerte in Hamburg zu besuchen.

Okay, ganz anderer Vibe, ich weiß, ist ja auch nur ein kleiner Versuch. Aber ich schätze den Prota schon ein wenig kämpferisch, hart, spottend und selbstbewusst ein (zumindest will er so sein). Da läuft auch ein kleines Duell ab. Hier, dein sehr schöner kleiner Dialog:

„Du siehst aus, wie einer von den Typen, die in der Mittagspause rauchen, um cool zu sein. Warum hast du den eingeladen, Joel? Ich kann Möchtegerns nicht leiden.“ Autsch, das tat weh, aber ich riss mich zusammen. „Du irrst dich“, sagte ich, „ich rauche, weil es mir schmeckt.“
Jiggle disst den Prota. Der hält aber mit einem "Zeigerfinger-auf-die-Brust-Satz" entgegen: "Du irrst dich." Er könnte auch ganz anders reagieren:

"Mit denen haben ich nichts zu tun." - Punkt für Jiggle.
"Ich bin cool." - Doppelpunkt für Jiggle.
"Ist mir egal was du denkst." - Halber Punkt für Jiggle.
Ich schaue zu Joel - Sieg für Jiggle.

Jiggle gibt meiner Meinung nach viel zu früh klein bei. Warum lacht er ihn nicht aus? "Weil es mir schmeckt", was für ein dusseliger Satz, den da der Prota ausspricht. Steilvorlage für Jiggle.
"Weil es dir schmeckt?" Er blickte zu Joel, der seine offenen Handflächen in die Luft reckte. "Hast du das gehört? Hornpussy raucht, weil es ihm schmeckt."

Im Endeffekt schraubt Jiggle die Mutproben-Eskalationsspirale hoch, bis der Prota flieht. Aus Angst vor der Wirkung jener Drogen, die ihm Jiggle anbietet. Damit endet aber auch die Beziehung zu Joel; der Prota erwies sich als zu feige, um Teil des kiffenden Gartenhüttenkreis zu werden. Dann wagt dein Text den radikalsten Cut, die dein Text nehmen kann: Frühstück bei Mama. Sicherlich haben glückliche Hühner im Biosphärenreservat die Eier für das Rührei gelegt. Es läuft: NDR2. Die Terrasse müsste auch mal wieder geputzt werden.

Ehrlich gesagt empfinde ich das Ende als zu dramatisch; oder die Geschichte ist zu mild gewürzt. Joel stirbt bei einer Messerstecherei auf dem Güterbahnhof. Auf mich wirkt das arg nach Klischee. Ich weiß nicht, warum Drogenumschlagplätze immer auf Güterbahnhöfen verortet werden. Muss irgendein Narrativ sein. Und falls es stimmt, dass Joel auf dieselbe Schule geht (was ja auch plausibel ist, man lernt sich am ehesten über die Schule kennen): Warum erfährt der Prota vom Tod aus der Zeitung? Parallelklassen sind ja keine Paralleluniversen und ermordet auf dem Güterbahnhof? Ermordet, in dem Alter? Das ist nicht nur eine Meldung, das ist was sehr, sehr großes. Meiner Ansicht nach. Das springt von Schulhof zu Schulhof, so eine Story.

Wenn du mehr in Richtung Dramatik, Spannung gehen willst, könntest du die Geschichte weiter fortführen. Erinnert mich dann an so einen Film aus den 2000ern, Knallhart. Beschuldigt Jiggle ihn? Kommissar, Psychologe, erschütterte Eltern, vielleicht noch eine alte Geschichte der eigenen Eltern, wie sie sich kennenlernten (über eine Straftat in ähnlichem Milieu). Oder, ganz anders, liegt Joel plötzlich im Park, Notfall?

Du könntest aber stärker auf die Beziehungen eingehen, feinfühliger, mit dem, was sie spüren. Begegnen sich Joel und der Prota in der Schule? Oder, was auch ginge - die Story endet mit der Verweigerung, die Pillen zu nehmen. Da müsstest du das Duell weiter ausbauen. Letzteres wäre aus meiner Sicht vielleicht sogar der bessere Weg, das strafft die Story und macht sie kompakt. Aber das sind nur Vorlieben, die ich hier äußere =)

Lg aus Leipzig
kiroly

Nachtrag:

Das war eine Lüge. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie geraucht. Das hätte mir meine Mutter niemals durchgehen lassen. Als ich klein war, durfte ich kein Super RTL schauen, sondern nur Kika; wenn ich schlechte Noten hatte, dann bezahlten mir meine Eltern einen Nachhilfelehrer; und im Sommer fuhren wir an die Nordsee in unser Ferienhaus. Mein Leben war absolut langweilig, aber das konnte ich vor Jiggles und Joel nicht zugeben.
Diesen Teil könntest du detaillierter ausbauen. Ein typisches Ich-Perspektiven-Tell. Sozioökonomischer Hintergrund, Erziehungsstil, Mittelstandsidyll, so etwas.

 

Vielen Dank für diese sehr guten Kommentare @Peeperkorn und @kiroly. Ich denke über einige Punkte noch nach und antworte ausführlich am Wochenende.

Beste Grüße
MRG

 

Hey @MRG ,

so wirklich warm werde ich immer noch nicht mit der Geschichte. Was mir anfangs zuviel war, ist mir jetzt zu wenig.
Das liegt vor allem daran, dass ich die Charaktere nach wie vor nicht richtig zu fassen kriege, die sind noch sehr eindimensional. Auf der einen Seite hast du den Erzähler, der bisher immer brav gewesen ist und auf der anderen Jiggle, der ihm die Pillen praktisch aufzwingt, und als er ablehnt, wird er gleich rausgeschmissen.
Mir hätte es schon gereicht, wenn er grundsätzlich nicht ernst genommen oder übergangen wird, weil er denen zu uncool ist, oder dass der Jiggle versucht, ihm Pillen zu verkaufen, der Prota doch nicht nein sagen kann, und dann ist Jiggle derjenige, der die falsche Pille erwischt und plötzlich gar nicht mehr cool ist. Dann hättest du diesen Bruch mit der Mutter und der Zeitungsmeldung nicht, der das Ganze in einen Kampf zwischen Gut und Böse ausarten lässt.

Auch den Aufbau finde ich noch nicht stimmig. Gerade am Anfang stellst du Jiggle ausführlich vor, und dann wird der Rest so kurz abgehandelt.

Ich traf Jiggle das erste Mal in der Gartenhütte des kleinen Joel, sein Gesicht umgeben von weißem Rauch,
Das klingt, als ginge es in der Geschichte um Jiggle. Vor allem das Fette suggeriert, dass da noch mehr kommt, aber das tut es dann ja nicht.


Oli Sykes Story ist krass. Unglaublich wie der sich zurückgekämpft hat. Trotz all der Drogen.“
Jiggles antwortete nicht, stattdessen nahm er einen weiteren Zug.
Da gehe ich noch mit, und auch, dass Jiggle sagt, er könne Möchtegerns nicht leiden, kaufe ich noch. Ist halt ein provokativer Typ, also alles gut.


Das hätte mir meine Mutter niemals durchgehen lassen.
Er kann doch auch heimlich rauchen. :D


In Wirklichkeit mochte ich den Schmerz in dem Lied; es gab mir das Gefühl nicht allein zu sein
Schön


Das ist nur der Tabakflash“, sagte Jiggle, „müsstest du als Raucher doch dran gewöhnt sein.“
Hier musste ich lachen.


Der kleine Joel bewahrte mich vor einer Blamage, weil er plötzlich anfing, das Lied mit zu rappen: "Alles zerbricht, dann leb ich’s zumindest dicht. Haha, geiler Song.“
Die Art und Weise wie er dabei seinen Kopf auf und ab bewegte, brachte mich zum Lachen
Auch schön.


Das Zeug ballert nicht. Ich hab noch was anderes
Wieso packt er das nicht gleich auf den Tisch, wenn er es schon in der Hosentasche hat?


Du bist dabei“, sagte er zu mir und ich merkte, wie ich Angst bekam. Ich hatte Horrorgeschichten gehört, wie Jugendliche auf Pillen kleben geblieben waren.
„Das nächste Mal“, meinte ich.
„Entweder du bist dabei oder du verpisst dich.“
Ab hier ist es mir dann zu viel. Soll er doch froh sein, wenn er nix abgeben muss. Von mir aus hätte er hier noch ein bisschen frotzeln und dann mit den Achseln zucken können.

Ja, und der Rest ist mir dann zu abrupt, plötzlich sind Monate vergangen, er hört von den beiden nur aus der Zeitung, und das Auftauchen der Mutter rundet sein Braver-Junge-Image nochmal ab. Da fehlt mir ein Bruch in den Figuren. Sowohl was Jiggle&Joel angeht, als auch den Prota. Und wenn es nur der ist, dass er seit Jahren heimlich raucht. Ansonsten schwingt mir da zu sehr der moralische Zeigefinger mit, aber ich denke, dass das nicht deine Absicht war.
Bin gespannt, wie sich die Geschichte noch entwickelt und wünsche dir erstmal ein schönes Wochenende.

Liebe Grüße,
Chai

 

Lieber @Peeperkorn,

ich finde deinen Kommentar außergewöhnlich hilfreich. Du legst den Finger genau in die Wunde und ich habe über deine Worte nachgedacht, die von dir genannten Schwachstellen im Text akzeptiert und dann das Ding umgebaut. Der Text ist jetzt vollständig überarbeitet und in Version 3. Folgendes hat mich besonders inspiriert:

Ein bisschen erinnert mich der Text an den Typen, der seinen Flug verpasst, um später zu erfahren, dass genau dieses Flugzeug abgestürzt ist. Im Unterschied dazu hat dein Prot aber durchaus geahnt, dass Gefahren auf ihn lauern. Das schwächt in meinen Augen den Plot.
Ich habe ein bisschen gebraucht, um nachzuvollziehen, was du damit genau meintest. Dann ist mir der Gedanke gekommen, dass ich als Autor hinter der Figur hervor scheine. Das hat mir zu denken gegeben und mir war klar, dass ich das in der nächsten Version gerne anders hätte.

Das ist mir zu glatt und zu pädagogisch und lässt mich schon fast an eine Kindergeschichte denken. Also: Der Grund, weshalb der Prot am Ende mit einem blauen Auge davonkommt (sofern der Tod eines Freundes, auf den er übrigens etwas gar unterkühlt reagiert, als blaues Auge gelten kann), liegt im Verantwortungsgefühl des Prot selbst. Alles richtig gemacht! Spannender finde ich halt Storys, in denen die Prots was falsch machen. Konkret: Der Prot wäre viel näher am Abgrund vorbeigeschrammt, wenn er sich auf die Pillen eingelassen hätte, mit den Kumpels abgemacht hätte, sich neue zu besorgen, dann aber aus einem zufälligen Grund verhindert gewesen wäre. Das hätte meiner Meinung nach mehr Tragik, mehr Biss.
Volltreffer, sehr überzeugend und gleichzeitig ein schöner Lösungsvorschlag, der mir geholfen hat, den Text zu straffen und hoffentlich stärker zu fokussieren. Ich habe jetzt versucht, dass der Prota an diesem Abgrund nur knapp vorbeischrammt und daraus eine Lektion lernt.

Damit wärst du auch ein zweites Problem los, das ich als noch gewichtiger empfinde: Der Prot widersteht den Äpfeln und erfährt anschliessend, dass Birnen gefährlich sind. Es ist ja nicht der Konsum an sich, der seinen Freund ins Verderben führt, sondern die Beschaffung.
Ja, das habe ich jetzt komplett umgebaut, damit ich dieser Falle entgehen kann.

Drittens finde ich es keine gute Idee, den Prot den Tod seines Kumpels zu imaginieren. Wieso lässt er sich das nicht von Jiggle erzählen?
Das hat mich auch überzeugt und ich wusste nicht, wie ich das retten konnte. Daher ist diese Szene jetzt komplett rausgestrichen. Ich glaube, dass es jetzt etwas runder ist.

Also, insgesamt ist mir die Dramaturgie zu wenig gereift. Ich würde den Prot auf alle Fälle stärker in die Sache involvieren. Eine Idee wäre ja auch, dass gerade die Handlungsweise des Prots zum tragischen Ergebnis führt.
Wichtiger Kerngedanke für die Überarbeitung.

Vielleicht weglassen, das muss er ihm ja nicht erklären.
Gestrichen.

Ist immer schwierig, wenn man schreibt, was Figuren nicht tun. Kann durchaus sinnvoll sein, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit der Leser entsprechend zu lenken. Aber wenn du Jiggle einfach am Joint ziehen lässt, mache ich mir automatisch ein Bild und denke, Mensch, der antwortet nicht mal.
Ein nützlicher Hinweis, der mir bislang gar nicht so bewusst war. Das nehme ich mir gerne mit.

Finde ich eine sehr schöne Chrakterisierung, wirklich gut. Wieso gerade Super RTL? Es gäbe ja auch andere verlockende Sender. Vielleicht einfach: Drufte ich nur KiKa schauen, das fände ich eh knackiger.
Danke! Ja, ich habe das verdichtet und Super RTL rausgenommen.

Ansprechende Innenschau, gefällt mir. Einzig der Ausdruck, Negativität überzeugt mich nicht so recht. Ist sicher besser als Kummer, aber vielleicht gäbe es Alternativen. Oder was Metaphorisches: Das schwarze klebrige Monster in meinem Innern. :D
Habe mich über das Lob gefreut und auch da versucht nachzuschärfen. :D

Undbedingt weg damit. Das haben alle Leser:innen längst verstanden.
Gekauft.

Ist ein klassischer Kommentar von jemandem geworden, der selbst schreibt. Hat viel drin, was ich persönlich anders machen würde, was aber nur als Anregung gemeint ist. Wenn du mal in den Szenen drin bist, dann läuft das recht geschmiert, da kannst du darauf bauen. Insgesamt fände es gut, wenn du der Geschichte noch etwas mehr Raum gäbst, sich zu entfalten.
Ist ein klassischer Peeperkorn Kommentar: Vortreffliche Analyse der Schwachstellen, die mich das gesamte Konzept des Textes anzweifeln lässt, um dann durch die Lösungsvorschläge neue Inspiration zu schöpfen für eine Überarbeitung. Großartig! Bin dir dankbar für deine investierte Zeit, ich schätze deine Perspektive einfach.

Schönes Wochenende und beste Grüße
MRG


Moin @kiroly,

habe mich sehr gefreut, deine Einschätzungen und Gedanken zu lesen. Da ist wie immer viel dabei gewesen, was mich in Kombination mit den anderen Kommentaren zu einer gründlichen Überarbeitung gebracht hat. So konnte ich den Text einfach nicht lassen. Ich gehe im Detail darauf ein:

uff, ich bin ganz hin- und hergerissen. Ich kann nicht zwischen eigenen Textvorlieben und dem, was mir an deinem Text gefällt und was mir an deinem Text nicht gefällt, unterscheiden. Man wurschtelt sich eben so durch. Ich lese deinen Text zwei, drei Mal und jedes Mal denke ich, och, das, was du gerade blöd fandest, funktioniert doch jetzt ganz wunderbar.
Die Rückmeldung hat mich zum Nachdenken gebracht. Wahrscheinlich liegt oder besser lag es an der Unwucht des Textes, der falschen Gewichtung? Das habe ich jetzt versucht zu korrigieren und mich stärker auf den Kern der Geschichte zu fokussieren.

Das Thema deines Textes ist ja eigentlich der Wunsch eines Menschen, aus dem wohlbehüteten Elternhaus auszubrechen und "verbotene" Dinge zu tun. Aber dieser Mensch will nicht nur irgendeinen Mist machen, er will für diesen Mist auch akzeptiert werden.
Ja, das unterschreibe ich und darüber hinaus geht es um Ehrlichkeit, um die Frage, wie weit er bereit ist, sich selbst zu verstellen, um akzeptiert zu werden.

Andererseits wünscht er sich eine Augenhöhe und gereifte Akzeptanz, die ihm seine Eltern verwehren. Dass er Gras raucht und Pillen nimmt/nicht nimmt... ja gut, das erlebt man eben in diesem Alter. Also, alles in allem ein Towubawohu pubertärer Schlingereien.
Wichtige Rückmeldung. Dieses Towubawohu mit den Eltern habe ich mit etwas Abstand als überladen wahrgenommen und daher rausgestrichen. Denke, dass das dem Text gut getan hat.

Was mir ein wenig fehlt, oder was vielleicht den Text bessern könnte, sind die Beziehungen zwischen Jiggle, Joel und Prota. Du hast ja die Ich-Perspektive gewählt. Eine sehr schöne Perspektive, die die Welt bewertet und sehr selten sachlich und neutral bleibt. Wie steht er zu Jiggle?
Ich habe jetzt versucht, die Beziehung zwischen Jiggle und dem Prota stärker in den Fokus zu stellen. Joel hat nur noch eine kleine Randfigur und dient als Bindeglied bzw. derjenige, der die beiden zusammengebracht hat.

Vielleicht ganz anders beginnen: Meine Haare werden blond bleiben, anders als die Jiggles. Seine trägt er offen, sie sind pechschwarz. Ich glaube Joel nicht, der auf dem Weg zur Hütte meinte, sie seien echt.
Der Grundgedanke ist ja hier, die beiden anhand von Kontrasten zu charakterisieren und Unterschieden. Beim Aussehen hat sich das für mich nicht stimmig angefühlt, aber ich habe es versucht, bei den Dialogen noch stärker auszuarbeiten.

Jiggle gibt meiner Meinung nach viel zu früh klein bei. Warum lacht er ihn nicht aus? "Weil es mir schmeckt", was für ein dusseliger Satz, den da der Prota ausspricht. Steilvorlage für Jiggle.
Habe Jiggle jetzt etwas anders positioniert, ihm eine andere Funktion gegeben: Er triggert den Prota, macht ihm schmerzhaft bewusst, was ihm fehlt.

m Endeffekt schraubt Jiggle die Mutproben-Eskalationsspirale hoch, bis der Prota flieht. Aus Angst vor der Wirkung jener Drogen, die ihm Jiggle anbietet. Damit endet aber auch die Beziehung zu Joel; der Prota erwies sich als zu feige, um Teil des kiffenden Gartenhüttenkreis zu werden. Dann wagt dein Text den radikalsten Cut, die dein Text nehmen kann: Frühstück bei Mama.
Das habe ich komplett gestrichen, war nicht zu retten. Der Cut ist einfach viel zu stark.

Ehrlich gesagt empfinde ich das Ende als zu dramatisch; oder die Geschichte ist zu mild gewürzt. Joel stirbt bei einer Messerstecherei auf dem Güterbahnhof. Auf mich wirkt das arg nach Klischee. Ich weiß nicht, warum Drogenumschlagplätze immer auf Güterbahnhöfen verortet werden. Muss irgendein Narrativ sein. Und falls es stimmt, dass Joel auf dieselbe Schule geht (was ja auch plausibel ist, man lernt sich am ehesten über die Schule kennen): Warum erfährt der Prota vom Tod aus der Zeitung?
Ah ja, die Klischees verfolgen mich immer noch. Habe die Szene demnach komplett rausgestrichen, die Argumentation hat mich überzeugt.

Wenn du mehr in Richtung Dramatik, Spannung gehen willst, könntest du die Geschichte weiter fortführen.
Ich habe stattdessen den Schwerpunkt der Geschichte verlagert, mal schauen.

Du könntest aber stärker auf die Beziehungen eingehen, feinfühliger, mit dem, was sie spüren.
Das fällt mir noch schwer, habe ich bei der Überarbeitung gemerkt. Ist wohl ein Prozess, wobei ich es in der Überarbeitung als ein Ziel gesetzt habe.

Vielen Dank für diesen schönen und hilfreichen Kommentar, sehr durchdacht und auf den Punkt formuliert.

Schönes Wochenende und beste Grüße
MRG


Liebe @Chai,

vielen Dank, dass du noch ein zweites Mal reingeschaut hast. Das ist keine Selbstverständlichkeit und daher hat es mich besonders gefreut. Vor allem dein Punkt mit Jiggle und der fehlenden Funktion war wichtig für die Überarbeitung. Ansonsten habe ich das Ende komplett rausgestrichen, weil der Cut einfach zu krass war und ich mir damit ein Eigentor geschossen habe.

so wirklich warm werde ich immer noch nicht mit der Geschichte. Was mir anfangs zuviel war, ist mir jetzt zu wenig.
Das liegt vor allem daran, dass ich die Charaktere nach wie vor nicht richtig zu fassen kriege, die sind noch sehr eindimensional. Auf der einen Seite hast du den Erzähler, der bisher immer brav gewesen ist und auf der anderen Jiggle, der ihm die Pillen praktisch aufzwingt, und als er ablehnt, wird er gleich rausgeschmissen.
Stimme ich dir zu, diese Eindimensionalität ist ein Problem. Ich habe versucht, da weiter nachzuschärfen.

Mir hätte es schon gereicht, wenn er grundsätzlich nicht ernst genommen oder übergangen wird, weil er denen zu uncool ist, oder dass der Jiggle versucht, ihm Pillen zu verkaufen, der Prota doch nicht nein sagen kann, und dann ist Jiggle derjenige, der die falsche Pille erwischt und plötzlich gar nicht mehr cool ist. Dann hättest du diesen Bruch mit der Mutter und der Zeitungsmeldung nicht, der das Ganze in einen Kampf zwischen Gut und Böse ausarten lässt.
Der Kampf zwischen Gut und Böse, ja, das wollte ich auf keinen Fall. Das trägt ja auch noch einmal zur Eindimensionalität bei und das habe ich daher umgebaut.

Auch den Aufbau finde ich noch nicht stimmig. Gerade am Anfang stellst du Jiggle ausführlich vor, und dann wird der Rest so kurz abgehandelt.
Toller Hinweis! Die Funktion von Jiggle habe ich jetzt verändert und ihm eine zentralere Rolle gegeben, dafür verliert Joel an Bedeutung und stellt nur noch das Bindeglied dar.

Das klingt, als ginge es in der Geschichte um Jiggle. Vor allem das Fette suggeriert, dass da noch mehr kommt, aber das tut es dann ja nicht.
Gekauft und angepasst.

Da gehe ich noch mit, und auch, dass Jiggle sagt, er könne Möchtegerns nicht leiden, kaufe ich noch. Ist halt ein provokativer Typ, also alles gut.
Das habe ich drin gelassen, finde ich eine zentrale Stelle des Textes.

Er kann doch auch heimlich rauchen. :D
Ja guut. :D Hab ich rausgestrichen.

Schön
Auch schön.
Danke. :-)

Wieso packt er das nicht gleich auf den Tisch, wenn er es schon in der Hosentasche hat?
Sehr guter Vorschlag, direkt umgesetzt.

Ja, und der Rest ist mir dann zu abrupt, plötzlich sind Monate vergangen, er hört von den beiden nur aus der Zeitung, und das Auftauchen der Mutter rundet sein Braver-Junge-Image nochmal ab. Da fehlt mir ein Bruch in den Figuren. Sowohl was Jiggle&Joel angeht, als auch den Prota. Und wenn es nur der ist, dass er seit Jahren heimlich raucht. Ansonsten schwingt mir da zu sehr der moralische Zeigefinger mit, aber ich denke, dass das nicht deine Absicht war.
Das kaufe ich auch, vor allem der Cut war problematisch. Bei dem Bruch in den Figuren weiß ich noch nicht so richtig, ob ich das geschafft habe. Da denke ich weiter drüber nach, ob mir da noch eine bessere Lösung oder Erweiterung einfällt.

Vielen Dank für deinen hilfreichen zweiten Kommentar, schätze ich sehr.

Schönes Wochenende und beste Grüße
MRG

 

Hab den Text meinem Dad gezeigt, der die Geschichte katastrophal fand. Konnte auch gut verstehen, wieso, daher hier jetzt eine neue Überarbeitung. Würde mich sehr freuen, falls jemand Interesse hat, die neue Version zu lesen.

Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @MRG,
ich hab deinen Text gelesen und deinen letzten Kommentar, dass du den Text überarbeitet hast. Ich kenne die Vorversion nicht und habe auch keine anderen Kommentare gelesen, ist ja jetzt eh ein anderer Text, richtig?
Also, puh, ich muss auch erst mal wieder ins Kommentieren finde und ich frage mich gerade: Wie sag ich es mit Feingefühl? Aber ich hau es einfach raus, ja? Also: Ich finde den Text ganz fürchterlich. So! Jetzt isses raus. Jetzt komm ich mal zum Warum: Ich bin schon im allerersten Satz gestolpert:

Als Tim die Gartenhütte betrat, saß auf der Holzbank ein junger Mann, der an einem Joint zog und Ringe entstehen ließ. Seine langen schwarzen Haare hoben sich von den weißen Rauchschwaden ab. Er trug Tunnelohrringe und an seiner Jeansjacke erblickte Tim einen Aufkleber der Band Bring Me The Horizon. Vor ihm auf den Tisch reihten sich zwei Plastiktütchen mit Marihuana aneinander.
Es gibt zwei Figuren: Tim und "junger Mann". Der Erzähler nennt Tim beim Namen, den anderen aber nicht, d.h. ich gehe davon aus, dass hier aus Tims Perspektive erzählt wird, also das, was Tim sieht/wahrnimmt/weiß. Und "denkt" Tim echt "ein junger Mann"? Das ist, was meine Oma sagen würde, wenn sie noch leben würde: Und dann war da so ein junger Mann. Naja, meine Oma hätte Bursche gesagt, aber genauso klingt es für mich: saß auf der Holzbank ein junger Bursche. Also da hab ich mich gefragt: Ist Tim ein älterer Mann?
Nee, eher kein älterer Mann, der würde sicher nicht den Begriff "Tunnelohrringe" kennen. Also für mich passt das Sprachregister hier nicht zur Perspektive bzw. ist mir unklar, um wen es hier geht. Also ich bin hier verwirrt/nicht orientiert/habe noch kein Bild und dann geht der Text auch schon direkt in den Dialog.
„Oli Sykes Story ist krass, unglaublich wie der sich zurückgekämpft hat und die Songs sind toll“, sagte Tim.
„Wo ist Joel?“, fragte der junge Mann.
„Ist noch in der Küche, um die Pizzen zu machen; er meinte, dass ich schon mal die Lage abchecken soll.“
Das Papier des Joints brannte gleichmäßig ab und knisterte in der Stille.
ok, der kommt in einen fremden Garten, wo er einen fremden Typen sieht, den er als "jungen Mann" beschreibt, also seltsam altertümlich und dann sagt der noch nicht mal "hallo" oder so, sondern nimmt sich ein Detail (Aufkleber/Aufnäher? auf der Jeansjacke ...) und haut da erst mal so seine Meinung raus, so völlig aus dem Kontext. Ok, soziale Kompetenz scheint nicht seine Superkraft zu sein. Auf mich wirkt er wie der neue Freund der Mutter, der sich einschleimen will und so gewollt und uncool "Jugendsprache" verwendet wie: Lage abchecken. Das passt aber nicht zum Rest. Also ich bin immer noch nicht orientiert, finde die Hauptfigur Tim maximal peinlich. Dann zwischendurch das Beschreiben von Details, die ich nicht einordnen kann. Tim nimmt wahr, dass das Papier des Joints gleichmäßig abbrennt? Glaub ich nicht! Das ist irgendwie alles nicht natürlich. Ich habe das Gefühl, du als Autor willst Zeichen setzen, bedeutsame Indikatoren, die folgen aber nicht einem natürlichen Wahrnehmungsprozess, sondern deiner Intention als Autor (das ist natürlich nur eine Hypothese meinerseits).
Auch nach dem Lesen, weiß ich nicht, was Tim für ein Typ sein soll. Soll der so arg peinlich und sozial unbeholfen sein?

„Du siehst aus, wie einer von den Typen, die in der Mittagspause rauchen, um cool zu sein. Warum hat Joel dich überhaupt eingeladen? Ich kann Möchtegerns nicht leiden.“
Oh Mann, wie alt sind die denn die Jungs? Mittagspause ... also schon aus der Schule raus, oder? Also, ich kauf das nicht, dass der so unhöflich ist. Da hat er doch keinen Grund zu. Aber klar, es gibt natürlich krasse Menschen, aber das kommt so völlig unmotiviert und die namenlose Figur, der "junge Mann" wirkt eher wie ein Stichwortgeber, ein Pappkamerad, den du für deine Zwecke nutzt, nicht wie ein Mensch aus Fleisch und Blut ...

„Ich hab noch nie geraucht.“ Als Kind durfte Tim ausschließlich KiKa schauen; wenn er schlechte Noten hatte, dann bezahlten ihm seine Eltern einen Nachhilfelehrer; und im Sommer fuhren sie an die Nordsee in ihr Ferienhaus.
Also wie der redet ... Ich bin mir nicht sicher, ob das so von dir gemeint ist oder nicht. Er ist eine echt lächerlicher Figur dadurch. Und wozu diese Erklärung da hinten dran? Als traust du deiner eigenen Erzählung nicht ...

Du hast unglaublich viel Dialog und früher hätte ich gesagt, dass ich dialoglastige Geschichte nicht so gerne mag. Mittlerweile habe ich ein paar (auch hier) gelesen, die mir gut gefallen haben, aber hier in der Geschichte funktioniert es für mich nicht. Zum Einen weil die Dialoge nicht natürlich klingen. Selbst wenn er sozial unbeholfen sein soll, ist das Ausmaß etwas zu übertrieben, denke ich.
Ok, ich versuche jetzt noch mal konstruktiver zu sein. Das heißt, dass ich Vorschläge mache, von denen ich glaube, dass sie dem Text guttun könnten, was ich machen würde, wenn es mein Text wäre, mehr ist es nicht, nur Ideen. Du kannst aufgreifen, verwerfen usw., wie du willst.
1. Bessere Verortung der Situation am Beginn: Nicht nur die örtliche Verortung (Gartenhaus), sondern vor allem auch: Wie kommt Tim da an? Aufgeregt? Neugierig? Die Ruhe selbst? Joel hat ihn eingeladen. Aber wie genau war das? Kommste zum Kiffen vorbei? Oder: Ich sitzt heut mit nem Kumpel im Gartenhaus, haste auch Bock? Oder noch anders? Dann wäre es hilfreich, wenn du etwas näher dran wärst an deinem Prot bzw. mich etwas mehr teilhaben lässt an seinen Gefühlen und Gedanken.
Ein Beispiel zum Verdeutlichen: Die ganze Hütte war von Rauch erfüllt und roch nach Gras. Kommste auf nen Bierchen vorbei, hatte Joel Tim heute in der Mittagspause gefragt und jetzt war er hier. Er rauchte nicht und den Typen, der am Tisch saß und gerade an einem Joint zog, kannte er auch nicht. Er hatte lange schwarze Haare und ... Wie geht es Tim damit?
2. Dialoge kürzen: Ich glaube, dass Dialoge nicht deine Stärke sind, darum würde ich die sehr, sehr deutlich kürzen. Mal einen Satz hier und mal einen Satz dort ... aber die Geschichte würde ich nicht über den Dialog transportieren.
3. Figuren glaubwürdiger und weniger "krass" gestalten: Der "junge Mann" ist mMn viel zu übertrieben. Das ist doch ein Freund, oder hab ich was verpasst? Wieso sollte der so desinteressiert sein ggüber Joel? Wieso ist der überhaupt von Anfang an so krass feindselig? Das ist einfach zu drüber in meinen Augen. Auch Tim ist sehr einseitig und übertrieben sozial inkompetent, dadurch wirkt auch seine Entwicklung unglaubwürdig.
4. Sprachregister anpassen: Vielleicht schreibst du das ganze nochmal aus der Ich-Perspektive, also für Übungszwecke einen Tagebucheintrag oder so (nur für dich). Da würdest du wahrscheinlich merken, dass "ein junger Mann" im Tagebuch nicht drin vorkommt. Eher sowas wie: "War heute bei Joel. Er hat gesagt: Komm vorbei, wir trinken ein, zwei Bierchen und dann war da dieser schreckliche Typ." Da kämst du vielleicht etwas näher an die Sprache von Tim ran. Und wenn du sagst, dass er schreiben würde: "Ich war heute bei Joel im Gartenhaus. Als ich reinkam, saß auf einer Bank ein junger Mann, der an einem Joint zog und Ringe entstehen ließ." ---> Ja, dann hast du natürlich einen ganz außergewöhnlichen Protagonisten, dessen Wahrnehmung und Denken du dann deutlich mehr Raum geben solltest ... Und ich würde die Frage stellen, ob der Prot und der Plot so geeignet füreinander sind.

Ich hoffe, ich war nicht zu hart und das bei der vielen Kritik auch etwas für dich Hilfreiches dabei ist.

Viele Grüße
Katta

 

Moin @Katta,

vielen Dank für deine harte Kritik. Ich kann deine Punkte nachvollziehen und ich habe darüber reflektiert, weshalb ich meine Geschichte und auch die vorherigen Versionen so in den Sand gesetzt habe. Das Hauptproblem ist, dass ich überhaupt keine Ahnung von Drogen habe und mich auch nicht wirklich dafür interessiere. Der ursprüngliche Text ist aus einer Stimmung heraus entstanden, weil ein Kumpel von mir ziemlich mit Gras zu kämpfen hat und ich mich gefragt habe, wie das wohl ist. Sehe vollkommen ein, dass das Experiment nicht funktioniert hat. Aber gerade durch diese Fehlschläge, lerne ich am meisten. Ist daher eine gute Sache, dass du die Schwachstellen aufgezeigt hast und kein Blatt vor den Mund genommen hast. Das schätze ich sehr und würde mir wünschen, dass ich selbst mein eigener bester Lektor werden könnte. Meistens fällt es mir schwer, eigene Texte zu beurteilen. In meinem Kopf ist dann eine andere Geschichte, als wirklich auf Papier steht. Naja, habe mir deine Kritik zu Herzen genommen, bin in mich gegangen und habe reflektiert, um was es mir eigentlich geht und was ich aussagen will. Als Antwort bin ich darauf gekommen, dass der Kern des Textes nicht die Drogen sein sollen. Finde ich gar nicht so interessant. Stattdessen habe ich den Fokus jetzt darauf gelegt, dass der Prota mutig ist, nein zu Drogen sagt und seine Träume verfolgt. Ist jetzt eine ganz andere Geschichte, aber ich konnte die alte nicht stehen lassen, hab ich mich zu sehr für geschämt.

Da du dir die ganze Arbeit gemacht hast, möchte ich noch auf deinen guten Kommentar eingehen:

Wie sag ich es mit Feingefühl? Aber ich hau es einfach raus, ja? Also: Ich finde den Text ganz fürchterlich. So! Jetzt isses raus.
Ja, bitte! Ich will dazu lernen und da gibt es nichts besseres, als eine direkte Rückmeldung. Bin froh, dass du dir die Mühe gemacht hast.

Es gibt zwei Figuren: Tim und "junger Mann". Der Erzähler nennt Tim beim Namen, den anderen aber nicht, d.h. ich gehe davon aus, dass hier aus Tims Perspektive erzählt wird, also das, was Tim sieht/wahrnimmt/weiß. Und "denkt" Tim echt "ein junger Mann"? Das ist, was meine Oma sagen würde, wenn sie noch leben würde: Und dann war da so ein junger Mann. Naja, meine Oma hätte Bursche gesagt, aber genauso klingt es für mich: saß auf der Holzbank ein junger Bursche. Also da hab ich mich gefragt: Ist Tim ein älterer Mann?
Oh Mist, du hast da ins Schwarze getroffen. Peinliche Sache, das habe ich ordentlich in den Sand gesetzt. Der Grundgedanke war: Ich will seinen Namen nicht direkt offenbaren. Daher brauchte ich ein entsprechendes Wort, was nicht "er" sein durfte.

ok, der kommt in einen fremden Garten, wo er einen fremden Typen sieht, den er als "jungen Mann" beschreibt, also seltsam altertümlich und dann sagt der noch nicht mal "hallo" oder so, sondern nimmt sich ein Detail (Aufkleber/Aufnäher? auf der Jeansjacke ...) und haut da erst mal so seine Meinung raus, so völlig aus dem Kontext. Ok, soziale Kompetenz scheint nicht seine Superkraft zu sein. Auf mich wirkt er wie der neue Freund der Mutter, der sich einschleimen will und so gewollt und uncool "Jugendsprache" verwendet wie: Lage abchecken. Das passt aber nicht zum Rest. Also ich bin immer noch nicht orientiert, finde die Hauptfigur Tim maximal peinlich.
Ja, was soll ich sagen? Das ist total nach hinten losgegangen, deine Argumentation ist überzeugend. Ich nehme daraus für mich mit, einen stärkeren Fokus darauf zu legen, meine Protas nicht vorzuführen und mir mehr Gedanken über die Charaktere zu machen.

Tim nimmt wahr, dass das Papier des Joints gleichmäßig abbrennt? Glaub ich nicht! Das ist irgendwie alles nicht natürlich. Ich habe das Gefühl, du als Autor willst Zeichen setzen, bedeutsame Indikatoren, die folgen aber nicht einem natürlichen Wahrnehmungsprozess, sondern deiner Intention als Autor (das ist natürlich nur eine Hypothese meinerseits).
Auch nach dem Lesen, weiß ich nicht, was Tim für ein Typ sein soll. Soll der so arg peinlich und sozial unbeholfen sein?
Gute Hypothese, ich hab einen neuen Schreibratgeber gelesen und eiskalt Punkt für Punkt versucht das einzubauen. Eine Argumentation war, dass zunächst eine emotionale Verbindung geschaffen werden muss, was beispielsweise durch das Motiv Ungerechtigkeit erzielt werden kann. Das war meine Intention für diese Szene.

Oh Mann, wie alt sind die denn die Jungs? Mittagspause ... also schon aus der Schule raus, oder? Also, ich kauf das nicht, dass der so unhöflich ist. Da hat er doch keinen Grund zu. Aber klar, es gibt natürlich krasse Menschen, aber das kommt so völlig unmotiviert und die namenlose Figur, der "junge Mann" wirkt eher wie ein Stichwortgeber, ein Pappkamerad, den du für deine Zwecke nutzt, nicht wie ein Mensch aus Fleisch und Blut ...
Pappkamerad, den ich für meine Zwecke nutze, ja ich fühle mich ertappt und gelobe Besserung. Ist ein berechtigter Punkt und gibt mir zu denken.

1. Bessere Verortung der Situation am Beginn
Kaufe ich.

2. Dialoge kürzen: Ich glaube, dass Dialoge nicht deine Stärke sind, darum würde ich die sehr, sehr deutlich kürzen. Mal einen Satz hier und mal einen Satz dort ... aber die Geschichte würde ich nicht über den Dialog transportieren.
Hier widerspreche ich insofern, dass es noch nicht meine Stärke ist. Ist mir an dieser Stelle zu stark generalisiert und ich glaube, dass die Möglichkeit besteht, an Dialogen zu arbeiten.

3. Figuren glaubwürdiger und weniger "krass" gestalten: Der "junge Mann" ist mMn viel zu übertrieben.
Ja, das kaufe ich und ist eine der großen Schwachstellen.

4. Sprachregister anpassen
Guter Punkt, nehme ich mir für weitere Texte mit.

Und ich würde die Frage stellen, ob der Prot und der Plot so geeignet füreinander sind.
Sehe ich ein.

Insgesamt ein hilfreicher Kommentar, der mich sicherlich weiterbringt. Freue mich sehr, dass du dir die Zeit genommen hast und diesen Text kommentiert hast, obwohl du ihn so fürchterlich fandest. Ist keine Selbstverständlichkeit!

Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG,

ich habe gespannt mitverfolgt, wie sich deine Geschichte verändert und anschließend in etwas ganz Neues verwandelt hat. Es freut mich, dass du gefunden hast, was du erzählen möchtest.

Wenn man über ein Erlebnis schreibt, egal, ob es ums Rauchen, eine Sportart oder die Kultur eines anderen Landes geht, ist es immer von Vorteil, wenn man auch selbst die Erfahrung gemacht hat. Bei einer Nebenperson ist das noch eher egal, aber bei einer Hauptperson geht es ja um die inneren Eindrücke. Wenn da die eigene Erfahrung fehlt, wird das bestimmt jemand aus der Leserschaft bemerken. Würdest du zum Beispiel ein Buch über die Besteigung vom Mount Kenia lesen, das jemand geschrieben hat, der noch nie dort war? Gut, in einem Literaturforum ist das anders. Es ist ein Ort, an dem man experimentieren darf und sollte. Wenn man das Ziel hat, etwas authentisch klingen zu lassen, braucht man eben die Mittel dazu. Recherche kann niemals persönliche Erfahrungen ersetzen, ist aber ebenfalls wichtig.

Was mir gefallen hat, war die Aussage, die ich mir vom Text mitnehmen konnte: Es ist nicht immer richtig, einfach dazugehören wollen, man muss auch auf die eigenen Wünsche hören. Ich fand es gut, dass Jiggle den Trick am Schluss nicht einmal vor seinen "Freunden" ausgeführt hat, sondern allein. Daran merkt man, wem er eigentlich was beweisen will.
Ich setze die "Freunde" in Anführungszeichen, weil die Bezeichnung schon fast zu nett ist. Er stößt sich den Kopf an und niemand fragt, ob es ihm gut geht ... was sind das denn für Freunde?
Was du noch verbessern könntest, ist die Stelle, in der die Drogen ins Spiel kommen. Irgendwie geht mir das etwas zu schnell, es wirkt nicht wie ein organischer Teil der Geschichte, sondern eher wie eine Moral, die jetzt präsentiert wird. Gut, so schlimm ist es jetzt nicht, aber ich sehe eben die Konstruktion dahinter. Ein sanfterer Übergang hilft hier bestimmt schon. So abrupt, wie es jetzt ist, kann es eher nur dann funktionieren, wenn du das Plötzliche ausdrücklicher hervorhebst.

Jiggle holte Schwung und bretterte mit seinem Kickroller über den Asphalt:
Interessanter erster Satz. Aber warum der Doppelpunkt?
Er drehte den Lenker nach links, bog in die St.-Marien-Straße ein, folgte der Kurve, vorbei an der Poststation, genoss den Fahrtwind, überquerte den Zebrastreifen und lehnte seinen gesamten Körper bei vollem Tempo nach vorne, was dafür sorgte, dass er den Kimmriemen seines Helmes spürte.
Schon der zweite Satz fällt mit seiner Länge auf. Vielleicht willst du hier das Fahren, die Bewegung verdeutlichen. Mir würden kürzere Sätze besser gefallen.
Er begrüßte sie mit entschlossener Stimme.
Ich finde, da geht noch mehr. Die markierten Wörter klingen schwach und erklären zu viel.
Was[,] wenn er wieder die Balance verlor?
Komma
Im nächsten Moment durchzuckte ihn ein heftiger Schmerz am Kopf.
Du könntest noch klarer kommunizieren, dass er hier schon mit dem Trick begonnen hat. Ich habe erst gedacht, er fährt noch und wird plötzlich von einem Frisbee oder so getroffen. Also von etwas, das nicht unter seiner Kontrolle ist.

Viele Grüße
Michael

 

Hallo @Michael Weikerstorfer,

vielen Dank für deinen Kommentar, habe mich sehr gefreut. Ist einiges dabei:

ich habe gespannt mitverfolgt, wie sich deine Geschichte verändert und anschließend in etwas ganz Neues verwandelt hat. Es freut mich, dass du gefunden hast, was du erzählen möchtest.
Danke für deine Einschätzung. Ich bin mit der ursprünglichen Thematik einfach nicht auf einen grünen Zweig gekommen.

Wenn man über ein Erlebnis schreibt, egal, ob es ums Rauchen, eine Sportart oder die Kultur eines anderen Landes geht, ist es immer von Vorteil, wenn man auch selbst die Erfahrung gemacht hat. Bei einer Nebenperson ist das noch eher egal, aber bei einer Hauptperson geht es ja um die inneren Eindrücke. Wenn da die eigene Erfahrung fehlt, wird das bestimmt jemand aus der Leserschaft bemerken.
Da gebe ich dir recht, wobei ich die Theorie habe, dass eine emotionale Verbindung zum eigenen Material bzw. Thematik wichtig ist. Ich denke nämlich schon, dass Autoren über etwas schreiben können, was sie nicht selbst erlebt haben (wie wäre sonst Fantasy möglich), wenn die eigene Faszination und Leidenschaft da sind. Ist für mich jedenfalls eine wichtige Lektion, die ich mir mitnehme.

Es ist ein Ort, an dem man experimentieren darf und sollte. Wenn man das Ziel hat, etwas authentisch klingen zu lassen, braucht man eben die Mittel dazu.
Ich glaube daran, dass Fehler nicht schlimm sind, sondern vielmehr zum natürlichen Prozess gehören. Sehe es mit dem Schreiben ein bisschen wie mit einem Start-Up: Man hat eine Idee, die unbedingt umgesetzt werden will und fährt dann krachend gegen die Wand, um sich wieder aufzubauen und zu überlegen, was beim nächsten Mal besser gemacht werden kann.

Was mir gefallen hat, war die Aussage, die ich mir vom Text mitnehmen konnte: Es ist nicht immer richtig, einfach dazugehören wollen, man muss auch auf die eigenen Wünsche hören.
Schön, dass du das schreibst. Wenn ich es richtig interpretiere, dann kannst du mit der jetzigen Version mehr anfangen, als mit denen davor. Das freut mich.

Ich setze die "Freunde" in Anführungszeichen, weil die Bezeichnung schon fast zu nett ist. Er stößt sich den Kopf an und niemand fragt, ob es ihm gut geht ... was sind das denn für Freunde?
Hm ja, es sind wohl diese typischen Jugendfreundschaften, die eher zweckgebunden sind und vor allem entstehen, weil man zusammen zur Schule geht bzw. an einem Ort ist. Joel macht sich ja schon Sorgen, aber klar, er ist nicht unbedingt das, was man unter einem besten Freund versteht.

Was du noch verbessern könntest, ist die Stelle, in der die Drogen ins Spiel kommen. Irgendwie geht mir das etwas zu schnell, es wirkt nicht wie ein organischer Teil der Geschichte, sondern eher wie eine Moral, die jetzt präsentiert wird.
Hm ja, das fällt mir wieder schwer. Ich habe mich da so ein bisschen vor gedrückt und versucht das "Ott" im Dialog schon einmal anzuteasern, kann deinen Punkt allerdings gut nachvollziehen. Ich frage mich, ob ich es nicht schon in einen der ersten Sätzen erwähnen muss, damit es nicht so plötzlich erschient? Da habe ich gerade noch keine zufriedenstellend Lösung.

Gut, so schlimm ist es jetzt nicht, aber ich sehe eben die Konstruktion dahinter. Ein sanfterer Übergang hilft hier bestimmt schon. So abrupt, wie es jetzt ist, kann es eher nur dann funktionieren, wenn du das Plötzliche ausdrücklicher hervorhebst.
Ja, das ist nicht das Ziel. Spricht dafür, dass ich noch nicht ganz sauber gearbeitet habe. Vielleicht wäre es wirklich hilfreich, wenn ich das Gras schon am Anfang in seinen Gedanken erwähne.

Interessanter erster Satz. Aber warum der Doppelpunkt?
Schon der zweite Satz fällt mit seiner Länge auf. Vielleicht willst du hier das Fahren, die Bewegung verdeutlichen. Mir würden kürzere Sätze besser gefallen.
Der Doppelpunkt und der lange zwei Satz beschreibt das Fahren mit dem Roller, die Aufregung und der Spaß am Fahren sollen so rauskommen. ich mag das gerne und habe da den Satz Form folgt Funktion im Kopf.

Ergänzt.

Du könntest noch klarer kommunizieren, dass er hier schon mit dem Trick begonnen hat. Ich habe erst gedacht, er fährt noch und wird plötzlich von einem Frisbee oder so getroffen. Also von etwas, das nicht unter seiner Kontrolle ist.
Ich schreibe ja, dass er lacht und losrast. Ich will eben auch nicht zu erklärend sein. Werde ich mir mit ein bisschen Abstand noch einmal anschauen.

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Einschätzung, hat mich gefreut und bestärkt mich dabei, dass es wichtig ist, wirklich gut über das eigene Thema Bescheid zu wissen und vor allem eine emotionale Verbindung dazu zu haben.

Beste Grüße
MRG

 

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