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King Kong und ich

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05.01.2006
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King Kong und ich

„Aus Versehen mit einem Vorschlaghammer auf meinen Wagen eingeschlagen, durch die zertrümmerte Windschutzscheibe auf die aufgeschlitzten Ledersitze uriniert und dann versucht, die Karre mit viereinhalb Litern Benzin abzufackeln?“ Bruno sah mich skeptisch an. Er schien mir nicht glauben zu wollen.
Dass er überhaupt noch gewillt schien, mir zuzuhören, erstaunte mich. Er hat schon Typen die Seele aus dem Leib geprügelt, nur weil sie Marlboro rauchten, und nicht – wie er dies bevorzugte – Camel. Einmal hat er mit dem fast leblosen Gesicht eines Mannes den Boden von Frankies Bar gewischt, weil der Kerl ihm kein Geld für den verdammten Zigarettenautomat wechseln konnte. Überhaupt hatte ich nicht das Gefühl, dass er die Sorte Kerl ist, die sich hinsetzt, um Probleme durch konstruktive Diskussion aus der Welt zu schaffen. Er war eher einer dieser Barbaren, der aufstand, um selbst Probleme zu verursachen. Aber mich schien er irgendwie zu mögen. Das kotzte mich an.
„Du blödes Stück Wichser!“, fegte er mich an. Beim Fluchen brachte er oft Sachen durcheinander. – „Wie kannst du meine Limosine aus Versehen so zurichten? Willst du mich verscheißern?“
„Limousine sagt man mit U“, korrigierte ich.
„Was?“
„U-sine. Li-mU-si-ne! – Du hast LimOsine gesagt. Mit o. Das war falsch!“
Schwoff, hatte er mir seine riesige Faust in die Magengrube gehämmert. Beeindruckend, weil ansatzlos. Angetan von seiner Schlagtechnik lag ich im Dreck.
„Wow, Bruno, Alter! Du bist ein so cooler Typ, dass es einen regelrecht umhaut!“, keuchte ich, mit dem Bisschen Luft, dass ich mit meinen gequetschten Organen noch einatmen konnte. Doch noch ehe ich richtig angefangen hatte, mich mühsam aufzurappeln, hatten mich seine Greifer an der Brust gepackt, hochgezogen und gegen das hässliche Autowrack geschleudert.
„Scheiße, Mann!“, rief ich „Du zerkratzt noch dein Auto, und dann bin ich wieder schuld!“
King Kongs Kumpel fanden es lustig. Ich fragte mich, ob sie meinen Humor mochten, oder einfach nur verkorkste Sadisten waren. Als Bruno ihnen einen gereizten Blick zuwarf, wurden sie wieder still.
„Okay, du voll verblödetes Blödmann“ - jetzt musste ich lachen - „ich will jetzt von dir wissen, wie du aus Versehen meine Karre so zurichten konntest!“
Da musste ich selber erst mal überlegen.
„Ich dachte, der Wagen gehöre dieser blonden Jeanstussi“, informierte ich nach einer Weile lässig. „Der mit dem knackigen Hintern. – Susi. Ja, genau: Susi heißt das Miststück!“
„Susi?“, fragte er und wirkte verwirrt.
„Ja. Ich hab ihr einen Klaps auf den Allerwertesten gegeben und ihr gesagt, wie ich für sie empfinde. Und was macht sie? – Sie lacht nur blöd und sagt ich soll mich vom Acker machen!“
King Kong gafft, als begreife er nicht ganz.
„Sind wir hier etwa auf dem verdammten Land, Alter? Wir leben hier in einer ansehnlichen Großstadt. Ich gesteh der Schnecke meine Liebe und die Kuh schwafelt was von Acker. Sehe ich aus, wie ein verschissener Landwirt?“
Ich klopfte mir noch den Staub von der Jacke, als ich sein Fauchen hörte.
„Susi ist meine Frau, du Penner!“
„Oops!“

Als ich am nächsten Tag in der Kanzlei auftauchte, fühlte ich mich wie eine Marktattraktion. Ein allgemeines Gegaffe, als sei ich der erste Mensch, den man mal so richtig in die Mangel genommen hatte.
„Was zur Hölle ist dir denn zugestoßen?“, fragte Frank, der Immobilienwichser. Ich verstand ihn absichtlich falsch und erklärte im Vorbeigehen, dass ich wegen des hohen Verkehrsaufkommens so spät dran sei. Dann betrat ich das Büro des Chefs und bekam endlich den Urlaub, den er mir seit zwei Jahren verweigerte.

 
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Ja! :thumbsup:
Eine Geschichte ganz nach meinem Geschmack! Düster, schmutzig, direkt und erbarmungslos. OK, kein Plan, warum der Ich-Erzähler denn jetzt das Auto von King Kong so zugerichtet hat, aber ist ja auch egal...
Dass Susi King Kongs Frau ist, ist ein bisschen durchsichtig, aber so what... der Stil passt trotzdem. Ich denke, Du hast zwei Filme gesehen bevor Du diese Geschichte geschrieben hast: Sin City und Fight Club (ersteres wegen der düsteren Gewalt und letzteres wegen dem Schlussabsatz). Auf jeden Fall hat mich Deine Geschichte daran erinnert...

Wie gesagt: Ganz nach meinem Geschmack. Nicht gerade filigran ge- und erarbeitet, aber dafür hauts ordentlichst rein! :eek:

Mehr davon! :gunfire:

Viele Grüße,
Der Kritikerwichser :messer: Sascha W.

 

Hallo!

Über den ersten Satz bin ich mehrmals gestolpert, bevor ich richtig loslegen konnte. Aber als ich das mal kapiert hatte, hat es mir aus unerfindlichen Gründen gut gefallen. Eigentlich weiß ich nicht, worum es geht, aber dein Stil hat etwas ... atmosphärisch Dichtes (der Kino-Vergleich ist passend), und ich mag solche literarischen Kopfsprünge manchmal ganz gern. ;)

Gruß,
Megries

 
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Hi Makani!

Hehe. Keine Ahnung, warum die anderen es so düster fanden, aber ich fand es unheimlich witzig. :D

Das lag wohl nicht zuletzt an dem Gorilla, der solche Sprüche loslässt wie

„Du blödes Stück Wichser!“

:rotfl:

Na ja, teilweise fand ich die sprachliche Blödheit etwas überzogen, aber sie ist nicht unpassend. Vielleicht solltest du alle seine Sätze eine Intelligenzstufe runterschrauben, zum Beispiel:

„Aus Versehen mit einem Vorschlaghammer auf meinen Wagen eingeschlagen, durch die zertrümmerte Windschutzscheibe auf die aufgeschlitzten Ledersitze uriniert und dann versucht, die Karre mit viereinhalb Litern Benzin abzufackeln?“

Für jemanden, der "Du voll verblödetes Blödmann" sagt, ist dieser Satz zu intelligent, weil zu lang und korrekt. Da solltest du noch ein paar ottographische Feler einbaun und nicht ganz so pretzise Ausdrückers benuzen. ;)
"Aus Versehen mit 'nem Vorschlaghammer auf meinen Wagen zerdeppert, die Sitze aufgeschlitzt und raufgepisst, und dann die Karre mit Benzin abgefackelt?"
So ungefähr. :)

Der Typ hat mich an den Rocker aus "Auf Kriegsfuß mit Major Payne" erinnert. :D

Die Pointe kam für mich überraschend, wenn sie mir auch nicht besonders originell erscheint. Typ lässt sich zusammenschlagen, um daraus einen Vorteil zu ziehen - hat man irgendwo schon mal gehört ...
Ein bisschen zu harmlos erscheint mir der Schluss auch, im Verhältnis zum brachialen Rest der Geschichte. Eigentlich sollte Bruno ihn ja viel schlimmer zugerichtet haben, so wie der Leser ihn kennengelernt hat. Als Slapstick-Komponente wäre das akzeptabel, aber ist die Geschichte von Slapstick geprägt?

Trotzdem habe ich die Geschichte gern gelesen. Du hast es verstanden, die schmutzig-düstere Atmosphäre so mit Humor und Ironie aufzuladen, dass sie unter dem Strich komisch wirkt.

Bewertung: :thumbsup: :thumbsup: ( drei deshalb nicht, weil sie dafür ein bisschen zu simpel gestrickt ist - trotzdem gut für die Mittagspause ;) )

Ciao, Megabjörnie

Edit: Der besondere Reiz besteht vielleicht auch darin, dass eine Person sich einem körperlich überlegenen Feind gegenübersieht und von diesem übel zugerichtet wird, aber sich trotzdem nicht unterkriegen lässt, die ganze Zeit verbal mit ihm spielt und auf subtile Weise die Überlegenheit behält.

 

Hi Megabjörnie,

erstmal danke für die zwei daumen. ich geb dir auch in allen kritikpunkten recht. seh ich genauso. das ende kommt etwas billig rüber, stellt aber den autobiographischen bezug dar, der mich dazu brachte, die geschichte aufzuschreiben. ich will UUUUUUUUUURLAUUB!!!

 

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