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Kleiner Regentropfen Plitschiplatsch
Kleiner Regentropfen Plitschiplatsch
Der kleine Regentropfen Plitschiplatsch saß auf seiner Lieblingsschäfchenwolke Wuschelweich und ließ seine kleinen Füßchen zur Erde herunter baumeln.
Wieder einmal träumte er vor sich hin. „Wie es bloß auf der Erde ist?“, fragte er sich öfter. „Alle meine Freunde sind schon einmal dort gewesen, nur ich nicht, ausgerechnet ich bin der Kleinste und Schwächste...“ Und da brach der kleine Tropfen bei seinen Gedanken ab, vergrub sein Gesicht in den nassen Händchen und begann zu weinen. Er weinte so doll, dass er fast die Schäfchenwolke auflöste, wenn sie ihn nicht ermahnt hätte. „Aber Plitschiplatsch, mein Kleiner“, sprach sie. „Wieso weinst du denn schon wieder? Du machst mich ja ganz feucht!“ Der Regentropfen sagte nichts, er wusste nämlich genau, dass Wuschelweich sein Problem schon kannte. „Ist es denn schon wieder diese Eifersucht? Oje...wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht weinen sollst, nur weil du noch nie auf der Erde warst? Irgendwann wirst auch du an die Reihe kommen. Und ich bin sicher, dass du das tollste Abenteuer von allen Klitschklatsch-Land Bewohnern erleben wirst!“
Aber Plitschiplatsch war sich da nicht so sicher. Wann würde er an die Reihe kommen? Und wo würde er landen, wenn er von einer Wolke fallen würde? Er hätte ja auch einfach von einer springen können, aber das durfte kein Regentropfen. Der Herr Gott hatte es ihnen verboten, es gab sogar ein Gesetz darüber:
„Keinem Bewohner des Klitschklatsch-Landes ist es gestattet, sich ohne Erlaubnis zur Erde zu begeben. Eine Ausnahme: Der Bewohner ist an der Reihe zu regnen.“
Das schrieb das Gesetz, und wer es nicht einhielt, musste damit rechnen, dass er eingefroren wurde und dann nie wieder aufgetaut werden sollte.
Aber jetzt war es Plitschiplatsch völlig egal, wo er hinfallen würde und was dieses doofe Gesetz vorschrieb. Seine Sehnsucht nach der Erde, dort, wo diese großen Wesen hausten, war so groß, dass er im ersten Augenblick nicht wusste, was er tat. Er stand auf, ging ein paar Schritte zurück und rannte auf den Abgrund der Wolke zu. Kopfüber stürzte er sich in die Tiefe.
Der kleine Regentropfen fiel so schnell, dass er die letzten Worte, die Wuschelweich ihm hinterherrief, nicht mehr hören konnte. „Plitschiplatsch, kleiner Tropfen, pass auf dich auf! Wir stehen nämlich gerade über...!“ Das war alles, was seine Ohren noch traf. Aber dem Tropfen war jetzt sowieso alles egal. Er schloss die nassen Augen und genoss den Flug, denn bald würde er als Eisklotz im Kühlraum von Herr Gott stehen und büßen müssen.
Mit einem „Platsch!“ landete Plitschiplatsch auf der Erde. Der Flug hatte ewig lang gedauert, so jedenfalls kam es ihm vor.
Der kleine Regentropfen rappelte sich auf und besah sich die Gegend. „Das muss eine Wüste sein!“, dachte er. In der Tröpfchenschule hatten sie nämlich gelernt, dass eine Wüste auf der Erde aus Sand bestand. Und Sand waren kleine, gelbe Körnchen.
Es war schrecklich heiß, und obwohl Wolken am Himmel standen, war die Sonne stark genug, durch sie hindurch zu scheinen, so als ob sie alle nur aus Glas beständen.
Plitschiplatsch lief auf dem wunderschönen Planeten herum, machte Hier und Dort mal eine kleine Pause und schaute sich nach ein paar Pflanzen um, bis er auf einmal ein seltsames Geräusch hörte. Ein Weinen?
„Hallo? Ist da jemand?“, rief der Tropfen in alle Richtungen in der unendlich weiten kahlen Wüste. „Hallohoo?!“
Niemand gab eine Antwort.
Da erblickte er hinten, ganz hinten eine Gestalt. Aber Plitschiplatsch erkannte sie schon von weitem. „Ein Mensch, ein richtiger Mensch!“ Noch nie hatte er einen Menschen gesehen, er war völlig aufgeregt.
So schnell ihn seine kurzen Füße tragen konnten, rannte er zu dem Erdling hin. Als Plitschiplatsch angekommen war, lag der Mensch auf dem Boden. Er war außergewöhnlich klein und hatte ein weißes Tuch auf dem Kopf. „Hey du! Steh auf!“ Der kleine Mensch regte sich nicht und atmete schwer. Ein innerer Instinkt sagte dem kleinen Tropfen, dass der Mensch in Schwierigkeiten war. Und als ob Plitschiplatsch gewusst hätte, was er jetzt tun sollte, hüpfte er auf den Bauch und dann direkt in den geöffneten Mund des Menschen.
„Plitschiplatsch? Kleiner Plitschiplatsch, wach auf!“
Langsam öffnete Plitschiplatsch seine Äuglein und blinzelte in das Gesicht von Herr Gott. „Oh nein!“, murmelte der kleine Tropfen.
„Warum denn Óh nein´? Du hast doch nichts Schlimmes getan.“
„Doch! Ich bin ohne Erlaubnis auf die Erde geregnet. Jetzt muss ich als elender Eisklotz enden.“
Aber Herr Gott schüttelte den Kopf. „Du hast ein Menschenleben gerettet. Glaubst du etwa, dass ich dich dafür bestrafen werde?“
Mit großen Augen sah der Regentropfen Herr Gott an. „Nein, eigentlich ja nicht, aber...“ Plitschiplatsch unterbrach und lächelte verlegen.
„Weißt du, Kleiner, das Menschenkind war am verdursten. Du hast es gerettet, ein einziger Tropfen Wasser hat ausgereicht, stell dir das mal vor!"
Herr Gott starrte zur weißen Decke seines Hauses hoch. „Naja, ich werde dich nicht bestrafen, aber belohnen. Und zwar sehr gut.“ Jetzt sah er wieder Plitschiplatsch an, der sofort rot anlief.
„Eine Belohnung? Für mich? Aber das ist doch nicht nötig, ich mein, ich...“, stammelte Plitschiplatsch.
„Jetzt red mal nicht so viel! Geh lieber nach Hause zu deinen Freunden und erzähl ihnen von deinem Abenteuer. Und wunder dich nicht, wenn du dich leichter als sonst fühlst.“
„Danke Herr Gott, auf Wiedersehen!“ Und mit diesen Worten verschwand Plitschiplatsch aus dem Haus von Herr Gott.
Auf dem Weg nach Hause betrachtete er sich von Oben bis Unten und bemerkte, dass er ganz weiß geworden war und schwebte. „So weiß wie Schnee, so leicht wie eine Schneeflocke“, sagte die kleine Schneeflocke zu sich und malte sich aus, was sie als Schneeflöckchen alles erleben könnte. Sie würde leise zur Erde hinab segeln und den Ausblick genießen. Und sie würde, leicht wie eine Feder, auf der Erde landen damit die vielen Kinder im Winter mit ihr spielen konnten.