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Kollektive Wahrheit

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24.04.2003
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Kollektive Wahrheit

Du irrst durch einen endlosen Garten aus Vergessen und welke Blätter zerfallen zu Staub, während sich Wolken vor die Grellheit der Sonne schieben, um ihre Strahlen davor zu bewahren, dich in ein Licht zu rücken, das deiner nicht würdig ist.
So ist dein Leben. So bist du.
Und wenn es endet, wird sich niemand erinnern. In tausend Jahren welken viel zu viele Blätter, ohne je die Gnade der Wolken (oder auch der Sonne) nur annähernd gespürt zu haben.

Jaqueline konnte kaum fassen, wie rapide sich der allgemeine Zustand verschlechterte. Hilflos fing sie Regen in den Waagschalen ihrer zerknitterten Hände mit den dürren Fingern daran auf. Nicht, um das Nass zu empfinden. Das war überhaupt nicht möglich.
"Scheiße Jackie, ich glaube er ist tot."
Ein wunderbares Gebilde aus Haut und Fleisch, Knochen, Nervensträngen und stillen, reglosen Augen, die noch immer das Gewitter beobachteten; hätte sie es nicht besser gewusst.
Blut sickerte durch feine Hautporen, verklebte den Körper nach innen und das Herz schlug schneller, bereinigte verdichteten Verstand.
"Sag mal, raffst dus nicht? Wir haben ihn umgebracht!"
Zartes Lächeln vertrockneter Lippen. Den Rucksack aufgehoben und fest umschlossen. Gierend auf den Inhalt.
"Nein, du hast ihn umgebracht", lachte die kleine, zarte Jaqueline, als sei es die Melodie eines Kinderliedes, dass ihr die Mutter im Suff vorgurgelte; dabei innerlich tausend Vergangenheiten zugleich erlebte; unzählige Symphonien, eine schrecklicher als die nachfolgende.
"Lass uns abhauen ... Scheiße ... lass uns hier abhauen!"
Tänzelnd und anmutig schwangen und drehten sich die beiden, vorbei an kapitalistischen Kleinstgeschwüren mit ihren immer gleichen Leuchtreklamen; zwängten sich durch enge Gassen im Mondscheinlicht.
Sirenen tuckerten scheinbar willkürlich durch Beton; Plattenbauten wippten im Rhythmus der Flucht und die Jäger hatten nicht die geringste Chance die Beute der so genannten Gerechtigkeit zu übergeben.
Ein Wunderland für jene, die nicht mehr an Wunder glaubten.
In einer dunklen Ecke schleuderte sie ihn gegen Mülltonnen, oder vielleicht war es auch die Ecke selbst, die das Liebespaar zwischen all dem Dreck einzuatmen versuchte.
"Ich liebe dich!" - Ohne Moral und Ethik presste sie dieses ausgelutschte, bittere Kaugummi der Erkenntnis in seinen Rachen; feuerte und explodierte bis in den übel riechenden Hals hinein.

Dann bedienten sie sich; voneinander, miteinander, übereinander; bedienten sich aus dem Rucksack; schluckten und geiferten; brüllten und gackerten ... lachten so lange, bis die Welt im Sekundentakt zugrunde ging.

Dann machten sie weiter.

Es war eine nicht enden wollende Zeremonie, der eine Lust voran ging, an die man sich letztendlich nicht mehr so recht erinnern konnte. Irgendwann einmal war sie sättigend gewesen. Soviel stand fest.
Vielleicht war es die Sterilität dessen, was Laternen auf die Straßen spuckten, wenn sie des Nachts niemanden mit ihrem flackernden Speichel treffen konnten.
Erblindendes Rampenlicht, ganz ohne Publikum, und du stehst mitten drin und stirbst.
Möglicherweise aber auch einfach bloß ein neuer Sinn, der in der alten Welt so nutzlos erschien, wie das 08 / 15 im Alltagsgebet.

Die Wolken wurden dichter und als ein Blitz im plötzlichen Gewitter sie durchfuhr, da war es ganz klar und deutlich:
"Wir lieben uns doch, oder? Schlaf nicht ein, Arschloch!"

Wie gerne hätte sie Gott in den blauen Lichtern der Autos gesehen.

"Nur ein einziges Zwinkern, nicht mehr."

 

Sorry Cerberus81,

aber ich habe schon Besseres von Dir gelesen ...

Mit dieser Skizze überläßt Du es komplett dem Leser, was er sich darauf zusammenreimen soll. Ich erfahre nichts über die Personen, über die Hintergründe, Ängste, Zwänge, etc ...
Wie in einem Blitzlichtgewitter werden mir Dinge vorgeworfen, auf die ich mir den einen oder den anderen Reim machen kann.

Worin der besondere Bezug zur Gesellschaft(-skritik) steckt ist mir ebenso ein Rätsel. Ich hätte es eher in Experimente eingeordnet (auch aufgrund der fragmentarischen Beschreibung)

Bei mir funktioniert die Geschichte leider nicht (tut mir leid) obwohl ein paar sehr nette Sätze darin vorkommen.

Vielleicht gefällt sie dem nächsten ja besser ;-)

lg,

sarpenta

P.S: heißt es wirklich "das Kaugummi"?

 

Hallo Cerberus!

Dein Text ist einer von denen, bei denen ich mir vorkomme, als hätte ich irgendwie ne Windung zu wenig. Ich hab die ganzen Zusammenhänge irgendwie nicht gerafft, sorry. Den Sprüngen kann ich nicht folgen und einen Sinn kann ich auch nicht entdecken. Außerdem verwirrt er mich, weil ich immer denke: Soll das jetzt wirklich passieren oder ist das nur ein Symbol für irgendwas, das allein mir verschlossen bleibt?? So kann ich das Ganze absolut nicht ernst nehmen.
Und dass die Protagonistin Jaqueline heißt, hat keinen unwesentlichen Teil dazu beigetragen wenn ich ehrlich bin ... Aber das liegt an mir, das weiß ich, ich entschuldige mich bei allen Jaquelines, die das hier lesen, ich assoziiere einfach immer ... ähem, lustige Sachen mit diesem Namen. Nochmal sorry. *duck*
Nichtsdestotrotz gefällt mir dein Schreibstil sehr gut.

Naja, nix für ungut, liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo zusammen.

Zur Aufklärung: Die Geschichte handelt von einem runtergekommenen Pärchen, das jemanden überfallen und getötet hat.
Letztendlich werden sie bei ihrer nächtlichen Flucht von der Polizei erwischt und verhaftet.

Erzählt wird der gesamte Text aus der Sicht des Mädchens, übernimmt also quasi ihre wirren Gedankengänge.

Ist wirklich nicht leicht zu verstehen, wenn man die Intention dahinter nicht kennt, das muss ich zugeben.
Bitte seht das Ganze als eine Art von Gesellschafts-Experiment.

Vielen Dank für eure Kommentare.

Grüße

Cerberus

 

Hallo Cerberus,

Du hast ein paar sehr schöne Sätze in Deiner Geschichte. Auch habe ich die Handlung entdecken können, sie steht ja klar da. Nur war mir die Erzählweise nicht ganz klar; manchmal schien es mir die Perspektive des Mädchens zu sein, manchmal eher ein neutraler Erzähler, der ihre Gedanken ergänzt. Wie hier z.B.:

Es war eine nicht enden wollende Zeremonie, der eine Lust voran ging, an die man sich letztendlich nicht mehr so recht erinnern konnte. Irgendwann einmal war sie sättigend gewesen. Soviel stand fest.
Vielleicht war es die Sterilität dessen, was Laternen auf die Straßen spuckten, wenn sie des Nachts niemanden mit ihrem flackernden Speichel treffen konnten.
Erblindendes Rampenlicht, ganz ohne Publikum, und du stehst mitten drin und stirbst.
Möglicherweise aber auch einfach bloß ein neuer Sinn, der in der alten Welt so nutzlos erschien, wie das 08 / 15 im Alltagsgebet.
Da mußte ich eindeutig an einen neutralen Erzähler denken, nicht an die Gedanken des Mädchen. Vor allem, als dann dieses "du" auftaucht, das habe ich eindeutig auf das Mädchen bezogen.

Fazit: Die Erzählhaltung hat mich verwirrt, nicht die Handlung ansich, denn die liegt ja schon klar auf der Hand: Ein Paar bringt - wie auch immer, spielt für die Geschichte ansich keine Rolle - jemanden versehentlich um und flüchtet.
Daher läßt mich die Story, diese Momentaufnahme, zwiespältig und verwirrt zurück.

Liebe Grüße
stephy

 

Hallo stephy.

Ich habe mich in meinem ersten Kommentar blöd ausgedrückt. Die Geschichte wird tatsächlich von einem neutralen Erzähler wiedergegeben, allerdings in der Gedankensprache des Mädchens.

Nun ... verstörend sollte das Ganze halt wirken. Ich hoffe, mein Ziel einigermaßen erreicht zu haben.

Auch dir vielen Dank für deinen Kommentar.

 

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