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Kurz vor dem Verblassen

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Kurz vor dem Verblassen

Wenn ich im Bilde drin bin, ist mir nicht bewusst, was ich tue.
- Jackson Pollock


Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage. An guten Tagen ist jeder Pinselstrich ein Ausdruck meines Lebensgefühls. Erst durch die Berührung von Pinsel auf Leinwand spüre ich mich selbst. Es ist eine Verbindung, die Leben schafft – und oft scheint es mir, als schaffe ich mir selbst erst eine Daseinsberechtigung, indem ich Leben auf die Leinwand bringe.
An schlechten Tagen ist es tatsächlich so, als drücke ich meine Lebenskraft auf den Malgrund. Jeder Strich laugt mich aus und die Bilder werden so verschwommen, wie ich mich selbst wahrnehme.
An diesen Tagen fühle ich mich selbst wie ein Bild. Ich bin kein Mensch, ich bin das Abbild eines Menschen. Dazu fahrig gemalt. Man muss schon die Augen zusammenkneifen, um mich zu bemerken.
Um ehrlich zu sein, sind die guten Tage Teil einer Erinnerung, die unsauber aufgetragen wurde und allmählich abblättert.

Früher wollte ich immer etwas Besonderes sein. In diesem Eifer beschloss ich, nur bedingt Teil dieser Welt zu sein. In meiner jugendlichen Arroganz fühlte ich mich auserkoren, zu etwas Höherem berufen, über den Dingen stehend. Ich bildete mir ein, das System zu durchschauen und belächelte all jene, die es mit ihrem Alltag fütterten. Als strahlenden Helden nahm ich mich wahr. Als jemanden, der für den wahren Sinn des Lebens focht. Mein Schwert war der Pinsel, mein Schild die Leinwand, die Staffelei das Ross. Ich malte mir meine eigene Welt - in der störrischen Überzeugung, dass sie wahrhaftiger sei, als die Welt außerhalb meines Ateliers. Und ich war ebenso überzeugt, dass die Menschen diese Tatsache alsbald erkennen würden und lauerte auf die Sonnenstunde meiner Entdeckung.

„Du hast den Bezug zur Realität verloren“, sagte Thomas damals zu mir.
„Wenn man etwas Großes schaffen will, muss man über das hinaus gehen, was sich Realität schimpft!“, habe ich verdrossen geantwortet. „Realität ist nur ein anderes Wort für Fessel.“
„Das mag schon sein“, räumte Thomas ein. „Aber mit der Realität verhält es sich so, wie mit Freunden. Wenn man sie verstößt, werden sie auch dich irgendwann verstoßen.“

Thomas behielt Recht, aber das habe ich erst erkannt, als es schon zu spät war.
Früher bestätigte mich die Ignoranz der Welt in meinem Denken, konnte sie es in meinen Augen doch nur nicht ertragen, dass ich etwas unvergleichlich Schöneres schuf, als sie es ihr Eigen nannte. Etwas Erhabenes.
Irgendwann jedoch erkannte ich den Fluch, der in dieser gegenseitigen Blindheit lag.
Das war in dem Moment, als ich ihr begegnete. Wie eine Erscheinung schwebte sie durch mein Blickfeld und brachte die Welt um sich herum zum Leuchten. Es ging eine Schönheit von ihr aus, die so gewaltig war, dass ich körperliche Pein verspürte. Und ich kostete diesen Schmerz aus, wie eine lang vermisste Umarmung, spürte ich doch in ihm die Essenz dessen, was ich mich stets mühte auf die Leinwand zu bannen.
Als sie verschwunden war, nahm alles wieder stumpfe Gleichgültigkeit an, die atemlähmend und drückend mein Herz infizierte.
Ich stolperte durch die graue Einförmigkeit, die mir beißender als je zuvor erschien. Benommen folgte ich ihrer Fährte. Wie ein Licht in der Dunkelheit floss sie durch die Menschenmenge und hinterließ eine Spur aus Lebendigkeit und Wärme.
Ich schwamm im Kielwasser aus nicht gekannter Farbigkeit, die mich trunken machte, fand mich irgendwann vor einem spanischen Restaurant wieder. Gespannt starrte ich durch die Scheibe. In dem Maße, in dem ich meine Nase am Glas pattdrückte, wuchs meine Verzweiflung. Panisch suchte ich ihr Licht, doch kein Leuchten durchdrang das fahle Alltagskolorit. Allmählich klang das Rauschen in meinem Ohren ab und in mit breitete sich der nagende Verdacht aus, dem Phantom meiner Wünsche nachgelaufen zu sein. Mit dem wiederkehrenden Atem sog ich dumpfe Wirklichkeit ein und wandte mich ab.
Dann nahm ich aus den Augenwinkeln ein Schimmern wahr und drehte mich so rasch wieder um, dass ich beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Sie stand mit dem Rücken zu mir und doch erkannte ich sie sofort. In ihrem schlichten schwarzen Rock und ihrer weißen Bluse hob sie sich so warm und klar vom Alltagsgrau ab, dass sie ihr Umfeld zum Glänzen brachte.
Der Glanz wanderte mit ihr, als sie sich zum nächsten Tisch bewegte, ein Lächeln im Gesicht und einen kleinen Block in der Hand.
Vittoria las ich auf ihrem Namensschild. Die Kunden, die sie bediente, schienen nichts von der Magie mitzubekommen, sahen nicht, wie die Blicke der Kellnerin das Licht selbst zum Lachen brachte.
Es kostete mich große Überwindung, das Lokal zu betreten. Meine Ausflüge unter Menschen beschränken sich auf das nötige Minimum. Selten brachte ich längere Strecken zustande, als bis zum Supermarkt an der Ecke.
Schweißgebadet schlüpfte ich ins Restaurant, duckte mich innerlich, fürchtete, mit der Eingangstür eine Grenze überschritten zu haben, die ins Verderben führte. Doch alles war wie immer: Niemand beachtete mich. Erst wollte sich Erleichterung einstellen, doch dann wurde mir das ganze Ausmaß meines Fluches bewusst.
Vittoria nahm mich genauso wenig wahr wie alle anderen Menschen.

„Das verstehst du nicht“, behauptete ich. Ich wusste, dass ich wieder in diesem süffisanten Ton sprach, den niemand leiden konnte. Mich selbst eingeschlossen.
Thomas hob die Arme in einer hilflosen Geste und sagte: „Deine Bilder mögen ja großartig sein. Aber wenn niemand davon weiß, wird auch niemand an deine Tür klopfen und danach fragen. Das Leben kommt nicht zu dir – du musst auf das Leben zugehen. Begreif das doch endlich!“
„Meine Zeit wird kommen.“ Wieder in diesem Ton.
„Die einzige Zeit, die existiert, ist das Hier und Jetzt“, insistierte Thomas. „Der Augenblick ist gedankenlos. Wenn du nicht zupackst, rauscht er an dir vorbei. Einfach so. Weg ist er. Und mit jedem Augenblick, den du so verstreichen lässt, wird es schwieriger irgendwann aus dieser Passivität auszubrechen.“

Ich sitze so oft es mir möglich ist in dem spanischen Restaurant. Was nicht sehr häufig ist, denn ich bin wohl das, was man einen professionellen Hungerkünstler nennt. Alles was ich habe und was mich ausmacht, ist das, was ich auf die Leinwand bringe. Und das reicht selten über mein Atelier hinaus.
Wie gerne hätte ich das Loch meiner Existenz mit Alkohol gefüllt. Aber ich könnte es nicht einmal länger mit Farbe kaschieren. Die letzten brauchbaren Reste habe ich heute auf eine ranzige Pappe geschmiert. Der künstlerische Wert erschöpft sich im Einklang von Malgrund und Malweise: In jeder Hinsicht lausig.

„Wie willst du deine Miete zahlen?“, fragte Thomas.
Ich lachte verächtlich auf. „Hätte Pollock sich um solche Dinge geschert, anstatt sich auf sein Werk zu stürzen, wäre die Kunstwelt heute um einiges ärmer.“
„Da suchst du dir genau die richtige Gestalt aus“, erregte sich Thomas. „Du machst es dir so richtig gemütlich in der Rolle des verkannten Genies. Ein Pollock willst du also sein, ja? Ich sag dir mal was: Pollock war ein Arschloch und er hat sich selbst zugrunde gerichtet. Und weißt du was - wenigstens in dieser Richtung schreitest du konsequent in seine Fußstapfen!“
„Glaubst du, als Börsenmakler trägst du einen Teil zu einer besseren Welt bei?“, spie ich wütend aus. „Wo sind deine Jugendträume, Thomas? Wollten wir nicht das System verändern? Und was machst du heute – du unterstützt die Wurzel allen Übels, die unsere Welt entzwei reißt! Du verrätst dich und deine Ideale!“ Ich schrie jetzt: „Du zerstörst, Thomas. Ich erschaffe etwas!“
„Ja – und zwar ein Traumschloss, in welchem du dich vor der Welt, die du verändern willst, verkriechst. Verrammelt mit einem Doppelschloss aus Feigheit und Arroganz!“
An der Tür bleibt Thomas noch einmal stehen. „Übrigens: Pollock hatte eine Frau, die ihm gehörig in den Arsch getreten hat. Ohne sie wäre aus ihm nichts geworden, weil er genauso blind war wie du. Aber du hast keine Frau. Du hast nicht einmal mehr einen Freund.“

Ich spiele mit den letzten Münzen in meiner Hosentasche. Henkersmahlzeit, denke ich. Mein Magen knurrt. Ich bin müde.
An Tagen wie diesen wirkt die Welt um mich noch kraftloser als sonst, die Farben bilden keine Kontraste, sondern verschwimmen zu einem monotonen Brei. Heute jedoch scheint selbst dieser Brei ausgewaschen und blass.
Erst als ein junges Pärchen an meinem Tisch Platz nehmen will und die Dame dabei über mich stolpert, wird meine Anwesenheit bemerkt. Dennoch schafft es der Kellner bei der Aufnahme meiner Bestellung durch mich hindurch zu sehen.
Ich verstehe meine eigenen Worte kaum, sie scheinen aus weiter Ferne zu kommen. Mit dem Verebben der Geräusche nimmt auch die Beleuchtung ab. Selbst die scheinbar ewigen Gerüche des Lokals dünnen aus. Hilflos muss ich mit ansehen, wie die Welt zerfasert.
Ein alles verschlingendes Summen formt sich zu einem Trichter und saugt mich in sich hinein. Eine Faust umschließt mein Herz.

Früher hat mich die Fantasie begleitet, die gesamte Welt wäre nur für mich inszeniert und existierte nur, damit ich mich durch sie erfahren konnte. Jetzt habe ich plötzlich Angst, es ist anders herum. Bin ich vielleicht nur ein Pigmentkorn, das abgestoßen wird, weil es farblich nicht passt?
Panik packt mich, als Vittoria durch mein Blickfeld haucht. Beinahe hätte ich sie gar nicht wahrgenommen. Nur noch als schwache Andeutung hebt sie sich vom zerlaufenden Hintergrund ab.
Zu sehen, wie Vittoria in das alles umspannende Grau schmilzt, weckt eine Verzweiflung in mir, die ich nie für möglich gehalten hätte.

„Erst wenn du auf die Welt zugehst, wird sie auch dich wieder einladen.“ Thomas sagte das damals mit einer Bestimmtheit, die mich seltsam ängstigte. Ich tat die Worte natürlich ab, doch jetzt hallen sie plötzlich in der mich umgebenden Leere wider und entfalten ihre maliziöse Wahrheit.
„Aber so wie du dich abschottest, lässt du ja nichts an dich heran, was dich berühren könnte und damit wert wäre, darum zu kämpfen.“ Ich sehe deutlich Thomas’ resigniertes Kopfschütteln vor mir. „Wahrscheinlich wirst du eines Tages einfach verblassen und niemand wird bemerken, dass du je da warst und gegangen bist.“

Ich kneife die Augen zusammen, doch Vittoria wird ohne einen Laut verschluckt.
Erst ist da nur Verzweiflung. An diesem Punkt strandete ich oft in meinem Leben, aalte mich dort in meinem eigenen Elend und hasste mich für diese Schwäche. Doch diesmal geht es weiter. Tiefer, viel tiefer. Ich durchdringe die Verzweiflung und finde Wut. Die Wut verbrennt und legt die Kraft frei. Sie reicht bis ins Mark, ist die Nabelschnur zu meinem Kern, der tausend Schreie zusammenhält. Ich stoße zu und halte die Welle nicht auf, die ausbricht. Ein Seufzen entringt sich mir und ergießt sich in alle Richtungen.
Eine Geburt vollzieht sich. Aus dem Nichts schält sich die Welt, doch es ist nicht die Welt, die geboren wird. Es ist meine Geburt.
Es ist, als werde mein Augenlicht von einem langen schwarzen Gähnen befreit. Licht und Farbe sickert in die Poren der Wirklichkeit und spült den Staub von der schlafenden Schönheit ab.
Für einen Moment bin ich ganz fest mit dem Hier und jetzt verbunden, spüre das kurze Kribbeln, dass die Menschen erfasst, registriere, wie sie sich verunsichert und scheu umblicken, um dann den Kopf zu schütteln und sich wieder ihren Gedanken zu widmen.
Vittoria bleibt mitten im Schritt stehen, als die Woge sie erfasst und sie in das Leuchten aufnimmt. Sie blinzelt irritiert und blickt sich um. Als ihr Blick auf mich fällt, lächelt sie.
Ich lächle zurück.

 

Hey weltenläufer,

sehr gute Geschichte. Ehm, machen wir mal das Negative vorneweg: Du hast bei zwei Vergleichssätzen Kommas gesetzt, einmal bei "als" und einmal bei "wie", obwohl die Vergleiche keinen eigenständigen Satz bilden ... ich hab's mir nicht rausgeschrieben, weil ich zu sehr in der Geschichte war.
Das war's schon.
Was sehr gut ist, ist die Rolle des Thomas, das ist ein unbedingt notwendiger Kontrast innerhalb der Geschichte, schon in seinem erster Satz (Mit dieser Andeutung, dass der Erzähler die Freundschaft auch pfelegen sollte) wird schon der Grundstein für die Isolations-Thematik gelegt, die dann zu Ende geführt wird.
Das Thema mit dem Auflösen finde ich sehr stark, dass der Künstler sich von der Welt abschottet, in seinem eigenen "Dunst" vor sich hinwerkelt und schließlich die Relevanz für seine Mitmenschen verliert.
Wunderschöne Stelle: Das Verfolgen der Musen-Fährte, dieses romantische Bild, das Überreale - wirklich Kompliment, toll gemacht. Gibt einige sehr schöne Stelle. Auch so Kleinigkeiten, dass er das "Süffisante" in seiner Stimme erkennt und selbst nicht mag. Dass Thomas eben menschlich handelt und sich gekränkt fühlt - das wird in wenigen Sätzen deutlich.

Also wirklich, eine sehr schöne, stimmige Geschichte, die ich bestimmt mal wieder lesen werde, danke dafür
Quinn

 

Hallo Geronemo,

vielen lieben Dank für deine Gedanken zu meiner Geschichte. Bin, um ehrlich zu sein, etwas sprachlos. Mit einer solch überwältigenden Reaktion habe ich bei weitem nicht gerechnet. Ich fürchtete ein bisschen, mich im Selbstmitleid des Protagonisten verloren zu haben und das die Thematik darunter leiden würde. Dein Kommentar zeigt mir, dass dem nicht so ist. Das freut mich ungemein. Schön, dass du den Akt der Befreiung nachvollziehen konntest, auch hier war meine Befürchtung, dass dies vom Verhalten des Prots her eventuell nicht schüssig genug daher kommt.
Ob es gerade eine Pollock-Ausstellung in München gibt, weiß ich nicht. In jedem Fall ist es aber eine lohnende Sache sich die Bilder Pollocks einmal im Original anzuschauen. Entführend und Erschlagend. Interessant ist es immer, wenn dann Leute daher kommen und meinen, das würden sie auch können.

Eine wunderschöne Geschichte. In sich stimmig, konzentriert und stilistisch ausgewogen, das meint der Thematik angemessen, geschrieben
wow, das tut gut :)
Danke für diese schöne Geschichte.
ich danke für deinen ermutigenden Kommentar

Hallo Quinn

auch dir einen ganz großen Dank fürs Lesen und Kommentieren.

Was sehr gut ist, ist die Rolle des Thomas, das ist ein unbedingt notwendiger Kontrast innerhalb der Geschichte, schon in seinem erster Satz (Mit dieser Andeutung, dass der Erzähler die Freundschaft auch pfelegen sollte) wird schon der Grundstein für die Isolations-Thematik gelegt, die dann zu Ende geführt wird.
Ja, ohne Thomas wäre die Geschichte wohl im Selbstmitleid des Prots zerflossen. Schön, das die Isolation so klar rüber kommt. Machte mich schon halb darauf gefasst an dieser Stelle nachbessern zu müssen. Puh ...
Das Verfolgen der Musen-Fährte, dieses romantische Bild, das Überreale - wirklich Kompliment, toll gemacht. Gibt einige sehr schöne Stelle
gut, nicht zu dick aufgetragen. Doppel-Puh ...
Hin und wieder geht ja der Hang zum Blumigen mit mir durch. :shy:
Also wirklich, eine sehr schöne, stimmige Geschichte, die ich bestimmt mal wieder lesen werde, danke dafür
dein Urteil lässt mich jubeln. Ich hab zu danken :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

nun ist der Plot nicht bahnbrechend neu, aber so verpackt doch gerne zu lesen. Ein paar schöne Satzkonstruktionen bietest du an. Gut gefällt mir auch, dass Vittoria nur bruchstückhaft Gestalt annimmt und Thomas Tacheles redet. Ein schönes Ende hast du gefunden und auch der Titel ist gelungen.

Inhaltlich kann ich nichts meckern, der Kleinkram folgt:


Früher wollte ich immer etwas Besonderes sein. In diesem Eifer beschloss ich, nur bedingt Teil dieser Welt zu sein.
WW

Vittoria, las ich auf ihrem Namensschild.
Kein Komma, vielleicht kursiv?

Vittoria nahm mich genauso wenig wahr, wie alle anderen Menschen.
Komma weg


„Die einzige Zeit, die existiert, ist das Hier und Jetzt“, insistierte Thomas.
Dieses Verb paßt für mich nicht in den Grundton der KG.
Und mit jedem Augenblick, den du so verstreichen lässt, wird es schwieriger irgendwann aus dieser Passivität auszubrechen.“

schwieriger, aus

„Hätte Pollock sich um solche Dinge geschert, anstatt sich auf sein Werk zu stürzen, wäre die Kunstwelt heute um Einiges ärmer.“
einiges

Erst ist da nur Verzweiflung. An diesem Punkt strandete ich oft in meinem Leben, aalte mich dort in meinem eigenen Elend und hasste mich für diese Schwäche. Doch diesmal geht es weiter. Tiefer, viel tiefer. Ich durchdringe die Verzweiflung und finde Wut. Die Wut verbrennt und legt die Kraft frei. Sie reicht bis ins Mark, ist die Nabelschnur zu meinem Kern, der tausend Schreie zusammenhält. Ich stoße zu und halte die Welle nicht auf, die ausbricht. Ein Seufzen entringt sich mir und ergießt sich in alle Richtungen.
Ansonsten sparst du nicht mit Adjektiven, aber als dann die Wende eintritt, er der Welt durch das Seufzen zeigt, dass er im Jetzt angekommen ist, ist es ein schlichtes, mageres Seufzen - wo ist da die Dramatik? ;)


Eine Geburt vollzieht sich. Aus dem Nichts schält sich die Welt, doch es ist nicht die Welt, die geboren wird. Es ist meine Geburt.
Den fetten Satz würde ich streichen.

Gerne gelesen.

Liebe Grüße
bernadette

 

Danke Bernadette, für deinen Kommentar.

nun ist der Plot nicht bahnbrechend neu, aber so verpackt doch gerne zu lesen
nein, das wohl nicht, aber ihn so zu verpacken schwebte mir schon länger vor

Ein schönes Ende hast du gefunden
der Ausgang stand für mich von Anfang an fest. Dennoch habe ich ganz schön feilen müssen, denn irgendwie schien mir das Zerbrechen des Prots viel leichter darzustellen, als dessen neues Aufblühen. Das fand ich den schwersten Teil. Umso schöner, wenn er gelungen erscheint :)

An deine Verbesserungen setze ich mich morgn, jetzt geht es erstmal ins Bett *gähn*

grüßlichst
weltenläufer

 

denn irgendwie schien mir das Zerbrechen des Prots viel leichter darzustellen, als dessen neues Aufblühen.
Das liest man auch heraus. Es geht - im Verhältnis zu der depressiven Stimmung - recht schnell, dass die Wende eintrat. Da ich aber auch keine konstruktiven Vorschläge hatte, wie man das mehr gewichten könnte, habe ich es im vorherigen Kommentar nicht angemerkt.

Mit dem schönen Ende meinte ich speziell die letzten paar Sätze - wenn ich vom Handlungsverlauf her das Aufblühen natürlich auch passend empfand.

 

Hallo weltenläufer,

für mich ist es ganz klar das Ende, das die Geschichte rettet. Sehr schön beschrieben, dieses Verändern, diese - ich möchte es Metamorphose nennen.

Mit der Rolle des Thomas tue ich mich etwas schwer. Einerseits ist er notwendig, um einen Kontrapunkt zu Deinem Prot zu bilden, andererseits bleibt er mir völlig farblos, was mir weniger gefällt. Sicher, man mag nun argumentieren, dass er mit seinen konträren Aussagen wichtig ist für die Geschichte, für die Fortentwicklung der Figur, aber trotzdem bleibt er mir zu einfach. Ich sehe ihn ihm nicht eine Figur (die dem Prot ebenbürtig wäre), sondern nur die Verkörperung einer Gegenthese. Das ist seine Funktion und Du kannst sagen: das reicht mir – aber mir ist das irgendwie zu wenig.

Kommen wir zu Vittoria. Sie scheint e ja zu sein, die den Prot erlöst oder zumindest aus seinem zunehmenden Versinken rettet. Allerdings droht er nicht in der Kunst zu versinken, sondern in seiner eigenen Überheblichkeit. Wenn er sich selbst mit großen Malern vergleicht, dann wird doch deutlich, dass er die Vorstellung, sich als Künstler zu sehen, wichtiger findet als die Kunst an sich.

Eine lesenswerte Geschichte!

In diesem Sinne,
c

 

Hallo chazar,
schön dich auch wieder unter einer meiner Geschichten zu finden :)

für mich ist es ganz klar das Ende, das die Geschichte rettet. Sehr schön beschrieben, dieses Verändern, diese - ich möchte es Metamorphose nennen.
ja, da bin deiner Meinung. Indem der Prot den Kampf gewinnt, gewinnt auch die kg an Auftrieb. So zumindest meine bescheidene Meinung. Hätte der prot keinen Erfolg gehabt, wäre nicht nur er im ewigen Sumpf untergegangen, sondern auch die Geschichte wäre in meinen Augen z sumpfig daher gekommen.
Eigentlich rechnet man auch nicht damit, dass er es schaft, oder?

Das ist seine Funktion und Du kannst sagen: das reicht mir – aber mir ist das irgendwie zu wenig.
äh ... dann sag ich mal nichts :D
Wenn er sich selbst mit großen Malern vergleicht, dann wird doch deutlich, dass er die Vorstellung, sich als Künstler zu sehen, wichtiger findet als die Kunst an sich.
das hoffte ich angedeutet zu haben :shy:

Eine lesenswerte Geschichte!
vielen Dank fürs lesen, kommentieren und dein bestätigendes Urteil :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

den TExtkram vorweg:

„Du hast den Bezug zur Realität verloren“, sagte Thomas damals zu mir.
„Wenn man etwas Großes schaffen will, muss man über das hinaus gehen, was sich Realität schimpft!“, habe ich verdrossen geantwortet.

das "sagte" reibt sich mit dem "habe ich geantwortet".

Ich sitze so oft es mir möglich ist in dem spanischen Restaurant.

Wie wäre es mit Gedankenstrichen?

Als sie verschwunden war, nahm alles wieder seine stumpfe Gleichgültigkeit an und ich spürte einen Luft nehmenden Druck auf dem Herzen.

Die Begegnung oder der Ort der Begegnung kommt unvermittelt. Ich trug den Eindruck mit mir herum, dass sie in das Atelier des Prots hereingeschneit wäre, etwas das sich natürlich später auflöst zu einer nicht näher beschriebenen Begegnung auf der Straße.

Aber ich könnte es nicht einmal länger mit Farbe kaschieren.

Die Kausalität des Satzes erschließt sich mir nicht ganz, vor allem in Hinblick auf den vorangegangenen Satz.

wenigstens in dieser Richtung schreitest du konsequent in seine Fußstapfen!

das "schreitest" ist zu edel. ein profanes "trittst" wäre passender, wenngleich der eigentlich recht emotionale Ausbruch irgendwie etwas gespreizt daherkommt.

„Wahrscheinlich wirst du eines Tages einfach verblassen und niemand wird bemerken, dass du je da warst und gegangen bist.“

Ein wichtiger Satz, vor allem aufgrund des "Verblassen", der so inhaltsschwer und doppeldeutig er daherkommt, mir an dieser Stelle doch etwas zu pathetisch wirkt.

Damit die Überleitung zum Inhaltlichen:

Ich muss gestehen, ich habe die anderen Anmerkungen bisher noch nicht gelesen. Um den ersten EIndruck nicht zu zerstören, denn das ist in diesem Fall wichtig.

Eine Bildergeschichte erzählst du hier. Von dem erfolglosen (genialen????) Maler, seinem (finanziell) erfolgreichen Kapitalistenfreund (der ihm eigentlich ein paar Bilder abkaufen könnte, oder meint er, das Zeug ist wertloser Schrott?) und Vittoria, die hauptsächlich mit Leuchten beschäftigt ist.

Der gesamte Text ist durchzogen von zwei Leitmotiven: Der Themenkreis Farbe, Licht, Bilder und die nagende Selbstreflexion über das Thema Erfolg.

Irgendwie glaube ich, der Maler wäre leicht austauschbar durch einen Schriftsteller, Vittoria würde in diesem Falle nicht leuchten, sondern Lyrik verströmen und wir wären mit der Thematik zuhause bei kg.de.

Nehmen wir uns noch einmal den ersten Absatz vor:

Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage. An guten Tagen ist jeder Pinselstrich ein Ausdruck meines Lebensgefühls. Erst durch die Berührung von Pinsel auf Leinwand spüre ich mich selbst. Es ist eine Verbindung, die Leben schafft – und oft scheint es mir, als schaffe ich mir selbst erst eine Daseinsberechtigung, indem ich Leben auf die Leinwand bringe.
An schlechten Tagen ist es tatsächlich so, als drücke ich meine Lebenskraft auf den Malgrund. Jeder Strich laugt mich aus und die Bilder werden so verschwommen, wie ich mich selbst wahrnehme.
An diesen Tagen fühle ich mich selbst wie ein Bild. Ich bin kein Mensch, ich bin das Abbild eines Menschen. Dazu fahrig gemalt. Man muss schon die Augen zusammenkneifen, um mich zu bemerken.
Um ehrlich zu sein, sind die guten Tage Teil einer Erinnerung, die unsauber aufgetragen wurde und allmählich abblättert.

Eine saubere Ouvertüe hast Du da geschrieben, alle Motive in einem Bravourstück zusammengefasst, kondensiert, komprimiert, die tiefgründige Essenz zusammengepackt, die einen selbstreflektiven, ausdrucksfähigen Menschen erscheinen und sich vorstellen lässt.

Ich glaube, dieser Absatz ist Fluch und Segen der ganzen Geschichte, denn vieles, was danach kommt, kann und muss im Vergleich damit enttäuschen.

Im Prinzip rollst Du nach der Einleitung über mehrere Seiten genau diesen Inhalt wieder auf, aus der selben Perspektive, vielleicht mit etwas lebensnäheren Worten und gespiegelt an der Nebenfigur Thomas. Aber es ist immer wieder das selbe Mantra des verwehrten Erfolges, das Motiv des verkannten Genies und jede Menge Pathos.

Ich selbst bin ein Freund von Pathos auch wenn Schillers Hemdbrust an Hemdbrust hechelnde Zeiten lange vorbei sind. Aber in Deinem Text war es mir irgendwo zu viel, denn es sickert durch bis hinein in die Dialoge, die auch zwischen zwei fein (in einem edlen Internat???) (aus)gebildeten Jugendfreunden (wie wird man Börsenmakler?) wohl
nicht ablaufen würden.

Du bist ein zu routinierter Autor, als dass ich in diesem Vorgehen, dem gezielten Spiel mit wiederkehrenden Metaphern und eben auch dem Sprachstil und dem Pathos etwas
anderes als Absicht vermuten könnte. Also muss ich mir die Frage stellen, warum hat er das so geschrieben? Und finde keine Antwort.

Zum Schluss der Tragödie: Die Katharsis des Prot., die Vittoria wieder zum Leuchten bringt, einen Hauch Zukunft schafft, den Teufelskreis des Selbstmitleids durch das Heilmittel Schmerz ... das ist irgendwo das logische, politisch korrekte Ende eines derartigen Stücks.

Ein Jammerlappenprot in einem Erstlingswerk wäre nun losgezogen, sich umzubringen, du ersparst uns ein solches Ende und lässt weise offen, wieviel Hoffnung denn nun tatsächlich besteht.

Als Fan langer, ruhiger Texte, die mit dem Innenleben der Figuren spielen, in Summe gerne gelesen,

AE

 

Hej Weltenläufer,

ich habe eine Weile gebraucht, bis ich Antworten für alle möglichen Fragen gefunden habe. Jetzt bin ich zufrieden und finde es schade, - wie es mir bei Geschichten, die ich gut finde eben geht - dass es endet, wo es anfängt.

Mir hat gut gefallen, wie der Maler sich selbst vorstellt und wie er seine Arroganz und sein Innenleben reflektiert. Auch sehr gut fand ich die Dialoge, die einen angenehmen Kontrast dazu darstellen.

Die Verwandlung am Ende finde ich teilweise unklar, obwohl der Abschnitt etwas Lyrisches hat, was ich sehr mag.

Als Beispiel:

Doch diesmal geht es weiter. Tiefer, viel tiefer.
Warum? Vittoria! Oder doch etwas anderes? Ich kann das nicht eindeutig ausmachen und deswegen schlechter nachvollziehen.

ist die Nabelschnur zu meinem Kern, der tausend Schreie zusammenhält. Ich stoße zu und halte die Welle nicht auf, die ausbricht. Ein Seufzen entringt sich mir und ergießt sich in alle Richtungen.
Seufzen klingt für mich gerade danach, die Welle aufzuhalten, nach Verhaltung.

Es ist, als werde mein Augenlicht von einem langen schwarzen Gähnen befreit.
Das hier gefällt mir! :)

Noch eine Kleinigkeit, über die ich gestolpert bin:

sonderte dennoch ein warmes Leuchten aus
"Aussondern" würde bedeuten, dass etwas ausgewählt, beiseite gelegt, aussortiert wird. "Absondern" würde gehen, klingt in meinen Ohren aber nach Drüsen, Sekreten und Schleim. Hm. Vielleicht Strahlen. Klingt zwar nicht sehr originell, aber trifft es mMn doch besser.

Viele Grüße
Ane

 

Hallo Zerbrösel Pistole,

deine Analyse meiner Geschichte bringt das gros schlüssig auf den Punkt. Eine Lesart, die ich nicht mit richtig oder falsch beantworten möchte, der ich mich aber sehr wohl anschließen kann.

Thomas als Freund und einzelne Formulierungen ('Mein Schwert war der Pinsel') bringen Anklänge auf den Hausmeister des Hip Hop.
jetzt wo du es sagst, erkenne ich die Parallele, war aber wirklich nicht so gedacht. Der Name war ohne Überlegen da. Peng. Beim Hasmeister war es ja außerdem die Feder ;)

Einzelne Formulierungen ('körperliche Pein', 'die mich trunken machte', 'Ein Seufzen entringt sich mir und ergießt sich in alle Richtungen') stoßen mich ab von dem Erzähler: Er ist mir unsympathisch in seiner Ich-Bin-Anders-Als-Die-Welt-Und-Keiner-Schnüff-Sieht / Würdigt–Mich-Mentalität
schön, wenn mir das gelungen ist. Als uneingeschränkter Sympathieträger war der Prot auch nicht gedacht.
folgt die Krise? Die Erkenntnis?
im wünschenswerten Rahmen wohl diese Reihenfolge. Ich fürchte, dass es bei einigen nicht über die Krise hinaus reicht.

Am Ende reißt es ihn doch dann doch aus sich, er findet - wenn auch vielleicht nur für einen Moment - in die Welt - in einen gedankenlosen Augenblick.
ja, vielleicht nur für den Augenblick, aber ein solcher kann viel Veränderung bringen.
Gute Geschichte
Danke fürs Lesen und deine starken Gedanken dazu. Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat.

Hallo Alter Ego

dein Beitrag ist insofern schon interessant, da er quer schlägt zu den übrigen Meinungen.

Ich muss gestehen, ich habe die anderen Anmerkungen bisher noch nicht gelesen. Um den ersten EIndruck nicht zu zerstören, denn das ist in diesem Fall wichtig.
anscheinend in diesem Fall die richtige Strategie ;)

das "sagte" reibt sich mit dem "habe ich geantwortet".
inwiefern reibt sich das :confused:
Wie wäre es mit Gedankenstrichen?
mache ich nur, wenn ich es extra hervorheben möchte. So bedeutungsschwer cheint mir dieser Einschub nicht zu sein. Wird ja gleich danach noch thematisiert

Die Kausalität des Satzes erschließt sich mir nicht ganz, vor allem in Hinblick auf den vorangegangenen Satz.
hier stehe ich wieder auf dem Schlauch :confused:

Ein wichtiger Satz, vor allem aufgrund des "Verblassen", der so inhaltsschwer und doppeldeutig er daherkommt, mir an dieser Stelle doch etwas zu pathetisch wirkt.
hmm, der muss aber drin bleiben, wegen des Titels. Außerdem spricht Thomas ja generell etwas geschwollen ...

Schade, dass es dir mit dem Pathos zu viel war.
Auf die Frage hin, weshalb es mich in diese Sprache verschlagen hat, muss ich -vermutlich recht ernüchternd antworten-, dass ich es dem Thema schlicht für angemessen hielt. Schließlich geht es doch auf einer Ebene um die Frage nach dem künstlerischen Dasein, welches ja aus des Protagonisten Sicht durchaus etwas mit einem hochgestochenen/ sich abhebenden und (erzwungen) leidenschaftlichem Lebenstil zu tun hat, der sich eben in recht (süffisant) pathetischem Stil widerspiegelt.

Als Fan langer, ruhiger Texte, die mit dem Innenleben der Figuren spielen, in Summe gerne gelesen
danke für deinen ausführlichen Kommentar, er zeigt mir, dass du dich intensiv mit dem Text auseinander gésetzt hast, und das freut mich natürlich sehr. :)

Hallo Ane

auch für deinen kommentar einen herlichen Dank

Jetzt bin ich zufrieden und finde es schade, - wie es mir bei Geschichten, die ich gut finde eben geht - dass es endet, wo es anfängt.
bin mir nicht sicher, ob das auf die inhaltliche Ebene meines Textes bezogen war? Eigentlich dreht sich doch alles um 180°

Warum? Vittoria! Oder doch etwas anderes? Ich kann das nicht eindeutig ausmachen und deswegen schlechter nachvollziehen
Es geht um die Gefühlswelt des Prots. Das Vordringen zu sich selbst

Hm. Vielleicht Strahlen. Klingt zwar nicht sehr originell, aber trifft es mMn doch besser.
strahlen hatte ich schon. Aber deine Bedenken sind berechtigt. Ich denke noch mal drüber nach.

Euch dreien noch mal einen großen Dank für dei Rezensionen :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

noch ein Nachtrag, als Antwort auf Deine Fragen:

inwiefern reibt sich das ?

Die Zeitenfolge: Die Geschichte beginnt im Präteritum, wechselt ins Präsens. An der zitierten Stelle streust Du ein Perfekt ein, das für mein intuitiv/naives Sprachgefühl an der Stelle nicht passt. "... antwortete ich verdrossen." wäre mMn besser.

Zu der "auf dem Schlauch stehen" Stelle; im Originaltext heißt es:

Wie gerne hätte ich das Loch meiner Existenz mit Alkohol gefüllt. Aber ich könnte es nicht einmal länger mit Farbe kaschieren.

Wie kann man ein Loch mit Farbe kaschieren? Zumalen lässt sich etwas, wo Substanz da ist, ansonsten hält die Farbe nicht. Löcher lassen sich -ähnlich wie Vakuum- nicht bemalen. Zweitens ist "könnte" Konjunktiv Präsens, in einem Abschnitt, der eigentlich noch Präteritum sein müsste, auch wenn das Präsens schon durchschimmerte (in den vorangegangenen Zeilen ... war das Absicht?)

Habe mich mit "Kausalität" wohl etwas unklar ausgedrückt, ich hoffe, nun sind alle Klarheiten beseitigt und ich sollte mir wohl mal die restlichen Kommentare ansehen.

Lieben Gruß,

AE

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo weltenläufer,

der Einstieg deiner Geschichte ist einfach toll, das könnte auch das beginnende erste Kapitel in einen großen Roman sein. Nur einen kleinen "Makel" fand ich im ersten Absatz (wieder mal etwas, was mich rein gefühlsmäßig stört, ohne dass ich es jetzt großartig weiter begründen könnte):

Zitat: An schlechten Tagen ist es tatsächlich so, als drücke ich meine Lebenskraft auf den Malgrund.

Warum verwendest du das Wort "tatsächlich" in diesem Zusammenhang und was würde dem Satz sinnmäßig fehlen, wenn du's weglassen würdest?

Mit dem Thema an sich rennst du bei mir ansonsten offene Türen ein, ich glaube, dass die schreibende Zunft stets eine warme, verständnisvolle und innige Beziehung zur Malerei pflegt, und sich gern und gut mit solchen Prots identifiziert/identifizieren kann. Die Leidenschaft für die Malerei, die fast an Selbstaufgabe grenzt, hast du sehr gut eingefangen, und dein blumiger Stil passt entsprechend zum Prot und zu den Inhalten/Gedanken, die du vermittelst.

Die nüchterne Realität, und damit ein notwendiges Gegengewicht, erzielst du durch die Diskussionen mit dem Börsenmakler Thomas - auch das ist ein geschickter Kniff, der die KG davor bewahrt, in reiner Selbstbetrachtung eines weltfemden Künstlerdaseins zu versinken.

Bei den Dialogen mit Thomas hatte ich allerdings stellenweise das Gefühl, dass du die Möglichkeiten nicht genügend ausschöpfst, auch ihm ein echtes Profil zu verschaffen. Ihn reduzierst du auf die mahnende, kritische und zweifelnde Stimme, die hauptsächlich daraus ihre Berechtigung erfährt, dem Prot weitere Möglichkeiten zu bieten, sich, sein Denken und sein Schaffen zu rechtfertigen, sich gegen die Realität abzugrenzen. Das reicht für diesen Zweck vielleicht aus, drängt Thomas aber eher in die Rolle eines blassen Stichwortgeber ab. Die Dialoge der beiden Freunde wirken deshalb auf mich, obwohl oder gerade weil es um elementare Dinge geht, stellenweise etwas statisch und emotionslos. Obwohl du in den Reaktionen der Freunde speziell diese Emotionen erwähnst (schrie ich, spie ich wütent aus, erregte sich Thomas) - alle Hinweise, die du nicht benötigen würdest, wenn sie sich aus dem Gesagten erschließen würden. Insofern scheinst du da ein wenig zu tricksen, weil du offensichtlich selbst nicht ganz sicher bist, ob der Dialog allein ausreichend die Emotionen deutlich werden lässt, auf die es dir ankommt.

Es ist nicht ganz einfach zu erklären, wie ich das meine. Ich versuche es trotzdem. Die Dialoge müssten meiner Ansicht nach in kürzeren Sätzen stattfinden.

Ein Beispiel:

Zitat: „Da suchst du dir genau die richtige Gestalt aus“, erregte sich Thomas. „Du machst es dir so richtig gemütlich in der Rolle des verkannten Genies. Ein Pollock willst du also sein, ja? Ich sag dir mal was: Pollock war ein Arschloch und er hat sich selbst zugrunde gerichtet. Und weißt du was - wenigstens in dieser Richtung schreitest du konsequent in seine Fußstapfen!“
„Glaubst du, als Börsenmakler trägst du einen Teil zu einer besseren Welt bei?“, spie ich wütend aus. „Wo sind deine Jugendträume, Thomas? Wollten wir nicht das System verändern? Und was machst du heute – du unterstützt die Wurzel allen Übels, die unsere Welt entzwei reißt! Du verrätst dich und deine Ideale!“ Ich schrie jetzt: „Du zerstörst, Thomas. Ich erschaffe etwas!“

Ich würde diesen Dialog ungefähr so gestalten(nur als Beispiel gemeint!):

"Da suchst du dir genau die richtige Gestalt aus", erregte sich Thomas. "Du machst es dir so richtig gemütlich in der Rolle des verkannten Genies."
"Du musst es ja wissen", brummte ich.
"Ein Pollock willst du sein, ja?"
"Ja! Warum denn nicht, verdammt?"
"Ich sag dir mal was: Pollock war ein Arschloch. Der hat sich selbst zugrunde gerichtet. Na, wenigstens in dieser Richtung gelingt es dir, in seine Fußstapfen zu treten."
"Ja, na klar, du hast ja mal wieder den großen Durchblick! Glaubst du etwa, mit deinem blöden Job als Börsenmakler leistest du auch nur irgendeinen sinnvollen Beitrag für eine bessere Welt?"
"Wann habe ich jemals behauptet, dass ich das will?"
"Was ist nur aus deinen Träumen geworden, Thomas, damals, als wir beide die Welt verändern wollten? Weißt du noch?"
"Irgendwann wacht man halt auf und erkennt das wahre Leben."
"Ach, so ist das!"
"Ja, so ist das. Meinst du etwa, du schaffst eine bessere Welt mit deinen Bildern? Dass ich nicht lache!"

usw. usw.

Ich hoffe, das Beispiel macht deutlich, was ich meine. Speziell in dieser Phase fand ich deinen Dialog etwas behäbig.

Sorry, da ist es mit mir durchgegangen. Ich glaube einfach, dass man mit kürzeren Dialogen, mit einem schnelleren Hin- und Her des Gesprächs mehr Dynamik und gleichzeitig mehr Persönlichkeitsprofil der beiden Freunde erzielen könnte.

Die Schwärmerei des Malers für eine geheimnisvolle Fremde ist ein Muss bei solchen Geschichten. Sie zu entdecken und sich für sie zu interessieren, kann für den Prot zu einem Weg ins wirkliche Leben werden. So findet er seinen Bezug zu Wirklichkeit, der um einiges angenehmer ist, als sich ernsthaft mit den Vorwürfen des Freundes auseinandersetzen zu müssen.

Der Schluss deutet die Mystik einer unterbewussten Verbindung an. Das gegenseitige Wahrnehmen ist ein Hoffnungsschimmer. Danach ist so ziemlich alles möglich.

An einer Stelle war ich noch irritiert:

Zitat: Sie trug einen schlichten schwarzen Rock und eine weiße Bluse und sonderte dennoch ein warmes Leuchten aus, das ihr Umfeld zum Glänzen brachte.

Meinst du nicht eher, sie sendete ein warmes Leuten aus? Andernfalls könnte sie eher ein warmes Leuchten absondern. Den Begriff aussondern kenne ich in diesem Zusammenhang nicht. Zumindest liest sich das irgendwie komisch.

Okay, recht lang geworden, meine Kritik, aber das macht nichts, die Geschichte ist es wert.

Sie hat mir ingesamt sehr gefallen.

Grüße von Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Rick,

es freut mich wieder sehr, deine Meinung unter meinem Text zu finden.
Zu deinen Gedanken:

der Einstieg deiner Geschichte ist einfach toll, das könnte auch das beginnende erste Kapitel in einen großen Roman sein
Das der Einstieg solchen Anklang findet freut mich sehr, denn gerade diese Passage ist lange hin und her gewandert. Eigentlich sollte die kg mit dem Fokus auf Vittoria beginnen.

An schlechten Tagen ist es tatsächlich so, als drücke ich meine Lebenskraft auf den Malgrund.

Warum verwendest du das Wort "tatsächlich" in diesem Zusammenhang und was würde dem Satz sinnmäßig fehlen, wenn du's weglassen würdest?

du hast recht, vielleicht sollte ich es streichen. Der Gedanke dabei war, dass es dem Prot in der Tat so ergeht, als ... - im Sinne von wirklich.
Die Leidenschaft für die Malerei, die fast an Selbstaufgabe grenzt, hast du sehr gut eingefangen, und dein blumiger Stil passt entsprechend zum Prot und zu den Inhalten/Gedanken, die du vermittelst.
das erleichtert und erfreut mich natürlich sehr. :)

ich glaube, dass die schreibende Zunft stets eine warme, verständnisvolle und innige Beziehung zur Malerei pflegt, und sich gern und gut mit solchen Prots identifiziert/identifizieren kann.
ja, ich für meinen Teil arbeite Geschriebenes auch gerne in meine Malerei mit ein.

Zu dem Punkt der Dialoge. Hmm. Chazar hat schon etwas ähnliches angedeutet. Zumindest was die Beleuchtung der Figur Thomas' angeht.
ich verstehe sehr wohl, was du mir sagen möchtest. Tatsächlich bleibt Thomas recht schablonenhaft. Und Im Prinzip könnte dein Vorschlag wirklich dagegen arbeiten. Weshalb ich so reduziert zu Werk gegangen bin, liegt zum einen an der Länge des Textes. In der Erstfassung waren die Dialoge sehr viel länger. Dann kam ich aber ins Schwafeln und habe mich auf das wesentliche Reduziert. Reizvoll fand ich es außerdem, wirklich nur in Parolen zu sprechen.
Aber ich denke über deinen Vorschlag nach. Wenn ich gut bin, schreibe ich die Dialoge noch mal neu und guck mir die beiden Versionen erstmal an ...

Sie zu entdecken und sich für sie zu interessieren, kann für den Prot zu einem Weg ins wirkliche Leben werden
das ist es :)
So findet er seinen Bezug zu Wirklichkeit, der um einiges angenehmer ist, als sich ernsthaft mit den Vorwürfen des Freundes auseinandersetzen zu müssen.
ein guter Gedanke, den ich so speziell dabei gar nicht hatte

Meinst du nicht eher, sie sendete ein warmes Leuten aus? Andernfalls könnte sie eher ein warmes Leuchten absondern. Den Begriff aussondern kenne ich in diesem Zusammenhang nicht. Zumindest liest sich das irgendwie komisch.
mache mich gleich ans Ausbessern

Sie hat mir ingesamt sehr gefallen.
*stein vom Herzen fall*
Vielen Dank für deine Gedanken zu meiner Geschichte. :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hey Welty

Ich hab zwar Kunst ab der 12. abgewählt, aber ich liebe eigentlich dieses Fach. ('ne doofe Tante hat mir das Fach vergrault) Deshalb kann ich das Zitat von Pollock total nachvollziehen. Ich zeichne auch, und wenn man wirklich dabei ist, dann vergisst man seine Umgebung und ist voll in diesem Element. Und wenn dann das Bild fertig ist, dann ist man klar stolz auf sich, wenn einige es loben, fliegt man, und glaubt schnell, man sei gut bis genial. Und der Fall tut weh. Das hast du in deiner Geschichte sehr anschaulich dargestellt.

Figuren:
Vittoria scheint seine Rettung zu sein, aus der Realität nicht völlig verbannt zu werden. Sie bringt das mit ihrem Dasein fertig, während Thomas ihn noch mit rationalen Gründen überzeugen will, aufzuhören weiter so zu leben, wie er es tut. Er stellt sich jedoch starrköpfig an und glaubt seinen Idealen treu geblieben zu sein.
Bis dahin für mich alles nachvollziehbar, jedoch habe ich ein Problem mit der Figur Thomas. Ich finde sie eintönig; er ist mir irgendwie zu perfekt, zu vernünftig, zu sehr Gegenpol von deinem Protagonisten. Ich weiß einfach nicht, was die zwei je verbunden hat und was sie noch verbindet. Aber ich verstehe auch, dass du ihn bzw. die Geschichte ihn braucht, weil der Text dann aus bloßen selbstmitleidigen Selbstreflexionen besteht. Thomas beschleunigt den Vorgang, doch durch die trotzigen Reaktionen des Prots. wird er auch aufgehalten. Würde nämlich Thomas sich nicht mehr mit ihm abgeben und ihn fallen lassen, dann würde der Prot. glaub ich auch schneller von dem Ego-Trip runterkommen.

Schweißgebadet schlüpfte ich schließlich ins Innere des Restaurants. Ich machte mich vor Angst ganz klein, befürchtend, eine Grenze überschritten zu haben, die ins Verderben führt. Doch alles war wie immer: Niemand beachtete mich. Erst wollte sich Erleichterung einstellen, doch dann wurde mir zum ersten Mal das ganze Ausmaß meines Fluches bewusst.
Der Typ ist mir hier extrem unsympathisch. Er spuckt diese großen Töne und wenn er dann unter Gesellschaft ist, ist er ein Wurm. Aber genau das macht ihn für mich menschlich und echt, im Gegensatz zu Thomas.

Thomas hob die Arme in einer hilflosen Geste und sagte: „Deine Bilder mögen ja großartig sein. Aber wenn niemand davon weiß, wird auch niemand an deine Tür klopfen und danach fragen. Das Leben kommt nicht zu dir – du musst auf das Leben zugehen. Begreif das doch endlich!“
Für mich klingt der fettgedruckte Teil unglaubwürdig, so reden Freunde nicht untereinander. Der erste Teil ist doch okay, man versteht, was er sagen will, aber das er noch diesen Klugscheißerspruch reinhaut, das macht ihn für mich unmenschlich, unglaubhaft und unrealistisch. Das ist jetzt aber nur ein Beispiel.
Erst als ein junges Pärchen an meinem Tisch Platz nehmen will und die Dame dabei über mich stolpert, wird meine Anwesenheit bemerkt. Dennoch schafft es der Kellner bei der Aufnahme meiner Bestellung durch mich hindurch zu sehen.
Das ist wirklich gut, gegen Ende fällt alles, was er in der Vergangenheit gemacht hat auf ihn zurück. Er hat die Realität lange genug missachtet und jetzt rächt sich diese. Also im übertragenen Sinne. ;) Kann natürlich auch sein, dass er zuviel an den Farbtuben geschnüffelt hat. ;D

Hilflos muss ich mit ansehen, wie die Welt zerfasert.
Ein alles verschlingendes Summen formt sich zu einem Trichter und saugt mich in sich hinein. Eine Faust umschließt mein Herz.

Schöne Bilder, außer das mit dem Herz.

Zuviel gelabert, dabei wollte ich dir nur sagen, dass es eine wundervolle Kunstgeschichte mit schönen Bildern ist und ich die Bilder genossen habe.


Blacky

 

Jo Jo

Ich hab zwar Kunst ab der 12. abgewählt, aber ich liebe eigentlich dieses Fach.
sowas macht mich immer traurig zu hören. Aber immerhin hat es die doofe Tante nicht geschafft deine Leidenschaft zu zerstören. Das ist schon mal das wichtigste :)

Ich weiß einfach nicht, was die zwei je verbunden hat und was sie noch verbindet.
bei zwei, drei Individuen, die sich einst in meinem engsten Kreis bewegt haben, frage ich mich das heute auch. Demnach kann ich nur sagen, dass es solche Entfremdungen wirklich gibt.

Der Typ ist mir hier extrem unsympathisch. Er spuckt diese großen Töne und wenn er dann unter Gesellschaft ist, ist er ein Wurm. Aber genau das macht ihn für mich menschlich und echt
schön, das wollte ich doch erreichen
Er hat die Realität lange genug missachtet und jetzt rächt sich diese
ja, so wie es auch Thomas bereits im ersten Dialog angedeutet hat

Für mich klingt der fettgedruckte Teil unglaubwürdig, so reden Freunde nicht untereinander
dann willst du mich nicht als Freund haben :D

Schöne Bilder, außer das mit dem Herz
Das brauchte ich, um den surreal anmutenden Bildern zum Schluss wieder mit etwas handfestem entgegen zu wirken, zudem wollte ich den "Luft nehmenden Druck auf dem Herzen" wieder aufnehmen, was ich ja bereits aufgegriffen habe, als Vittoria das erste Mal verschwindet.

Zuviel gelabert, dabei wollte ich dir nur sagen, dass es eine wundervolle Kunstgeschichte mit schönen Bildern ist und ich die Bilder genossen habe.
wow, nach dem ganzen Gelabere ;) habe ich mit diesem Urteil echt nicht gerechnet. Hast also eine Überraschungspointe in deine Kritik eingebaut. Und sie hast mir voll gefallen :D
Danke fürs Lesen und kommentieren

Hallo Blackwood,

Auch wäre darüber nachzudenken, ob diese Gedanken nicht besser nach einem Streitgespräch mit Thomas platziert wären, gerade wenn es um die Ideale geht.
hm, damit schlägst du in die gleiche Kerbe wie Rick. Tatsächlich hatte ich ursprünglich auch ein dickeres Streitgespräch, ist aber alles der Löschung anheim gefallen.
Noch eine persönliche Vorliebe: Als Schild taugt die Palette eher; die Leinwand drängt sich geradezu als Schlachtfeld auf.
Ja, im physischen Sinne ist die Palette sicher wirkungsvoller. Ich habe die Leinwand aber bewusst als Schild verwendet, in dem doppeldeutigen Sinne, dass er sich ja auch dahinter verstecken kann. Und ums Schlachtfeld wollte ich dann doch rum kommen
Ich würde die zeitliche Distanz zu Thomas nicht so weit dehnen. Es können doch nur ein paar Tage/Monate her sein, bis er auf Vittoria trifft.
zum einen: woraus geht das hervor? Und zum anderen geht mir nicht so ganz auf, weshalb diese zeitlich Einordnung so festgelegt sein muss - denn:
Am Anfang hat Dein Protagonist bereits seine Fehler eingestanden: die Häufung der schlechten Tage, das Nachweinen der früheren Ideale, die Erkenntnis, dass Thomas recht hatte, etc.

Doch der Sinn der Geschichte ist doch, dass Dein Protagonist erst am Schluss die Notwendigkeit bzw. die Chance des Wandelns erkennt. Dass die Erscheinung Vittoria ihm das Fehlen der eigenen Farbe zeigt.

In meiner Intention haben diese Vorausdeutungen sehr wohl ihre Berechtigung. Allein das Wissen um gewisse Dinge hilft nur in den wenigsten Fällen. Tatsächlich dann über den eigenen Schatten zu springen und nach den gewonnenen Einsichten zu handeln, ist ja leider immer ein ganz anderes Phänomen. Und so ergeht es auch dem Protagonisten. Er weiß, dass er auf dem falschen Weg ist, doch in ihm ist noch nicht die Kraft gereift, einen anderen einzuschlagen. Das wollte ich auch hiermit andeuten:
An diesem Punkt strandete ich oft in meinem Leben, aalte mich dort in meinem eigenen Elend und hasste mich für diese Schwäche
Der entscheidende Schub kommt dann erst, als Vittoria vom Grau assimiliert wird (das Wort passte nicht in meinen Erzählton der Geschichte, drum möchte ich es wenigstens mal kurz an dieser Stelle rauslassen :D).
zu Beginn etwas zynischer, etwas verbittert-von der Welt enttäuschter machen würdest.
ja, vielleicht könnte ich an dieser Stelle noch etwas verdichten.

In jedem Fall einen dicken Dank an dich für deine intensiven Überlegungen zu meinem Text. Die Überarbeitung der Dialoge gewinnt so an mehr Wahrscheinlichkeit. ;)

und zu guter letzt noch mal eine Rückmeldung zu dir, Alter Ego, habe dich glatt übersehen.

Ja, jetzt verstehe ich, Tempus ändere ich.

Wie kann man ein Loch mit Farbe kaschieren? Zumalen lässt sich etwas, wo Substanz da ist, ansonsten hält die Farbe nicht. Löcher lassen sich -ähnlich wie Vakuum- nicht bemalen.
Wenn du dir das Loch etwas kleiner vorstellst, funktioniert das sehr wohl. Stell dir einfach vor, du würdest Bohrlöcher in der Wand mit Moltofill kaschieren. Das war zummindest mein Gedanke :)

Danke euch allen für eure Zeit und Gedanken :)

grüßlichst
weltenläufer

 

bin mir nicht sicher, ob das auf die inhaltliche Ebene meines Textes bezogen war? Eigentlich dreht sich doch alles um 180°

Ja , war es.

Dieses "Früher" nach dem ersten Absatz hat mich davon überzeugt, der Anfang beschreibt etwas zeitlich Nachgeordnetes.

Zuerst war er arrogant, lebensverachtend und destruktiv und am Ende, d.h. am Anfang … *hust* - ich bescheinige mir einfach so etwas wie eine akute Intromalitis.

Gute Nacht
Ane

 

Hallo weltenläufer,

die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sowohl in den Prot als auch in Thomas, der, da muss ich chazar beipflichten, etwas blass, hüllenhaft und statisch rüberkommt, konnte ich mich hineinversetzen, denn ich finde beide Perspektiven in mir: Einmal bin ich der, der sich einbildet die Welt verstanden zu haben und sich nur so genüsslich zwischen den Abstraktionsebenen umherschwingt. Dann wieder weiß ich doch selbst, dass diese Haltung keinen Zweck hat. Das (womöglich eingebildete) Genie im eigenen Kopf ist sowas von sinnlos, wenn man andere nicht in irgendeiner menschlichen, produktiven Form daran teil haben lässt, sondern es, wie du es wirklich schön schreibst, hinter Feigheit und Arroganz verschließt -- und dadurch auch dann entwertet, wenn dieses Genie tatsächlich existent und nicht nur eingebildet ist.

Ein wahres Genie ist in meinen Augen nur, wer sich dessen nicht bewusst ist, und selbst wenn er darum wüsste, diesem Faktum keinen Wert beimessen würde. In diesem Sinne sind verkannte Genies keine Genies. Gott bin ich erleichtert. :D

So, habe mich mal wieder egoistisch in Selbstreflektion versucht, anstatt in konstruktiver Kritik. Egal, tolle Geschichte. Arbeite vielleicht noch etwas an Thomas. Dass Thomas einst ein Freund war, genügt mir nicht, <phrasendresch>gibt es schließlich soviele Arten der Freundschaft, wie es Menschen gibt</phrasendresch>.


-- floritiv.

 

Hallo Floritiv,

So, habe mich mal wieder egoistisch in Selbstreflektion versucht, anstatt in konstruktiver Kritik
danke für deinen selbstreflektierten Kommentar. Das ist konstruktiver als so manche Kritik, zeigt sie mir doch, dass die Geschichte etwas auszulösen vermochte. Und das spricht doch schon mal dafür, dass die Emotionen, die ich versucht habe zu transportieren anscheinend plastisch genug waren. :)

Einmal bin ich der, der sich einbildet die Welt verstanden zu haben und sich nur so genüsslich zwischen den Abstraktionsebenen umherschwingt. Dann wieder weiß ich doch selbst, dass diese Haltung keinen Zweck hat. Das (womöglich eingebildete) Genie im eigenen Kopf ist sowas von sinnlos, wenn man andere nicht in irgendeiner menschlichen, produktiven Form daran teil haben lässt, sondern es, wie du es wirklich schön schreibst, hinter Feigheit und Arroganz verschließt -- und dadurch auch dann entwertet, wenn dieses Genie tatsächlich existent und nicht nur eingebildet ist
ja, diese Gedanken kommen mir irgendwie bekannt vor ... :pfeif:

Deine Definition vom Genie trifft genau auf mich zu. Aber diesem Faktum messe ich keinen Wert bei :D

Da deine Kommentare ja auch gerne mal etwas herber ausfallen, freut es mich natürlich sehr, dich hiermit begeistern zu können.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer,

mit den zunehmenden Notizen beim Lesen bekam ich ein immer schlechteres Gewissen, weil ich so viel an deiner Geschichte auszusetzen hatte. Im Grunde ist es aber nur ein Punkt, der sich durch die ganze Geschichte zieht. Verdichtung und Genauigkeit. Irgendwo in den Notizen habe ich es auch mal geschrieben. Du wählst konstant die umständlichere Alternative, und das, obwohl die direktere oft sogar poetischer klingen würde. Dadurch wird der Text stellenweise neblig.
Vielleicht verdeutlichen die Details, wie ich das genau meine.

Als sie verschwunden war, nahm alles wieder seine stumpfe Gleichgültigkeit an und ich spürte einen Luft nehmenden Druck auf dem Herzen.
Liest sich für mein gefühl ungelenk und nicht passend. Auch bin ich nicht sicher, ob es das ist, was du ausdrücken möchtest, denn bis dahin leidet dein Prot schon darunter, dass er seine Umwelt als gleichgültig empfindet, ab hier aber scheint er auch sich als gleichgültig zu empfinden. Vorschlag: Als sie verschwunden war, nahm alles wieder seine stumpfe Gleichgültig an, die atemlähmend und drückend mein Herz infizierte.
Solltest du bei deiner Variante bleiben, tausche bitte Luft wengistens durch Atem.
Ich stolperte durch die graue Einförmigkeit, die mir mit einem Mal beißender als je zuvor erschien.
mit einem Mal
erscheint mir überflüssig.
Benommen folgte ich ihrer Fährte.
Hier dachte ich erst, er folgt der grauen Einförmigkeit.
Atemlos starrte ich durch die Scheibe. In dem Maße, wie mein Atem zurückkehrte, wuchs meine Verzweiflung.
Er ist schon atem- oder luftlos, lass ihn lieber gespannt durch die Scheibe starren und den Atem dann zurückkommen.
in mir dehnte sich die dumpfe Erkenntnis aus, mir alles nur eingebildet zu haben.
wirklich schon die Erkenntnis oder nicht erst die Ahnung? Auch ist er doch jemandem gefolgt, er kann sich also nicht alles eingebildet haben, sondern nur die Existenz der Frau, der er folgte. Er kann also einer Einbildung oder einem Phantom gefolt sein.
Ich sog einen Atemzug dröger Wirklichkeit ein und wandte mich ab.
Das erscheint mir in der Formulierung neben der Wiederholung von Atem etwas merkwürig, da es sich einerseits um Poesie bemüht, andererseits nicht verdichtet. Wenn du den ganzen Absatz anders aufbaust, kann er mit dem zurückkehrenden Atem nichts als dröge Wirklichkeit inhalieren. Versuch eines Vorschlags: Ich schwamm (baden empfinde ich als ruhende Handlung, den Prot geht aber)im Kielwasser aus nicht gekannter Farbigkeit, die mich trunken machte, fand mich irgendwann vor einem spanischen Restaurant wieder. Gespannt starrte ich durch die Scheibe. In dem Maße, in dem ich meine Nase am Glas pattdrückte, wuchs meine Verzweiflung. Panisch suchte ich ihr Licht, doch keine leuchtende Farbe durchdrang das fahle Alltagskolorit. Allmählich klang das Rauschen in meinem Ohren ab und in mit breitete sich der nagende Verdacht aus, dem Phantom meiner Wünsche nachgelaufen zu sein. Mit dem wiederkehrenen Atem sog ich dumpfe Wirklichkeit ein und wandte mich ab.
Dann nahm ich ein Schimmern aus den Augenwinkeln wahr
Nein, er nahm aus den Augenwinkeln ein Schimmern wahr, sonst sind es die Augenwinkel die schimmern.
Sie trug einen schlichten schwarzen Rock und eine weiße Bluse und sandte dennoch ein warmes Leuchten aus, das ihr Umfeld zum Glänzen brachte.
Du nutzt die immergleiche Wahrnehmung nicht für eine aufgebaute Struktur, deshalb zwingt sie dich zu Wiederholungen, die den Eindruck vermitteln, dein Protagonist ist etwas eingeschränkt in der Wahrnehmung. Vielleicht kann er ja vor lauter Staunen auch nur fortwährend "Farben", "Licht" und "warmes Leuchten" stammeln, dafür aber schwätzt er zu sehr. Hier möchtest du einen Kontrast zwischen Wahrnehmung und tatsächlicher Kleidung aufbauen, das geht mE besser, wenn du auf den Alltag zurückgreifst und statt des warmen Leuchtens das Grau wiederholst. Zum Beispiel: In ihrem schlichten schwarzen Rock und ihrer weißen Bluse hob sie sich so warm und klar vom Alltagsgrau ab, dass sie ihr Umfeld zum Glänzen brachte.
Selten bringe ich längere Strecken zustande, als bis zum Supermarkt an der Ecke.
auch wenn es eine generelle Aussage ist, bleibe im Erzähltempus.
Schweißgebadet schlüpfte ich schließlich ins Innere des Restaurants. Ich machte mich vor Angst ganz klein, befürchtend, eine Grenze überschritten zu haben, die ins Verderben führt.
zu viel Redundanz. Vorschlag: Schweißgebadet schlüpfte ich ins Restaurant, duckte mich innerlich, fürchtete, mit der Eingangstür eine Grenze überschritten zu haben, die ins Verderben führte. <-- "führte" auf jeden Fall in der Vergangenheit.
doch dann wurde mir zum ersten Mal das ganze Ausmaß meines Fluches bewusst.
"zum ersten Mal" würde ich streichen.
du unterstützt die Wurzel allen Übels, die unsere Welt entzwei reißt!
Bild ist schief, da Wurzeln nicht entzwei reißen, sondern im Gegenteil Halt geben, Erdrutsche verhindern.
die Farben bilden keine Kontraste, sondern verschwimmen zu einem monotonen Brei
"einem" würde ich streichen und stattdessen "monotonem" in den Dativ setzen.
Mit dem Verebben der Geräusche nimmt auch die Beleuchtung ab
Ich bin ja eh kein Freund dieser von dir recht oft bemühten substantivierten Verben, hier erschiene mir "Mit dem Geräuschpegel nimmt auch die Beleuchtung ab" stimmiger.
Früher hat mich die Fantasie begleitet, dass die gesamte Welt nur für mich inszeniert ist und nur deswegen existiert, damit ich mich durch sie erfahren kann. Jetzt habe ich plötzlich Angst, dass es anders herum ist.
IN diesem Fall wäre der Satz glaube ich schöner und passender, wenn du auf beide "dass" verzichtest und in den Konjunktiv gehst: Früher hat mich die Fantasie begleitet, die gesamte Welt wäre nur für mich inszeniert und existierte nur, damit ich mich durch sie erfahren konnte. Jetzt habe ich plötzlich Angst, es ist anders herum. Ich bin nur ein Pigmentkorn, das abgestoßen wird, weil es farblich nicht passt.
In diesem Aufbau steckt die Infragestellung schon, sodass du den letzten Satz nicht als Frage formulieren musst.
Panik packt mich, als Vittoria durch mein Blickfeld haucht.
"haucht" empfinde ich als zu zart für das mächtige Gefühl, das er beschreibt.
weckt eine Verzweiflung in mir, die ich nie für möglich gehalten hätte.
du wählst mit Vehemenz die umständlichere Alternative. Vorschlag: weckt nie für möglich gehaltene Verzweiflung in mir. <-- je mehr Wörter, um so geringer die Verzweiflung. Kurz, er labert sie tot.
Ein Seufzen entringt sich mir und ergießt sich in alle Richtungen.
So viel wütende Energie und nur ein Seufzen? Warum schütteln die anderen Gäste dann den Kopf?

Lieben Gruß
sim

 

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