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Mondschlaf

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31.01.2016
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Mondschlaf

Vivien lauscht den Äpfeln, die vom Baum fallen. Sie streifen trockenes Laub und Äste. Und während sie tagsüber diesen Vorgang kaum wahrnimmt, hört es sich nachts an, als lösen sie sich vom Zweig, um hinabzustürzen. Sie hört, wie sie im Hof auf den Boden treffen. Manche springen einmal auf, wie in einem gespenstischen Tennismatch. Sonst ist im Hinterhof kein Laut zu vernehmen. Möwen, Krähen und die Nachbarn bevölkern den Garten erst später am Tag und machen sich über das Obst her. Vivien könnte einen langen und tiefen Schlaf gebrauchen. Sie würde aufwachen, wenn all das Schwere vorüber wäre. Sie führt eine offene Beziehung mit dem Tod, der seit Jahren allgegenwärtig ist. Vivien lächelt, denn sie stellt sich vor, wie der Tod Ansprüche stellt und grollt, sie solle gefälligst zu ihm stehen, sich bekennen. Ihre Bettseite steht zum Fenster gewandt, sie kneift die Lider zu, bis ihr die Anstrengung dafür auffällt. Als sie die Augen öffnet, legt der beinah runde Mond das Licht durchs Fensterglas auf sie wie ein Scheinwerfer: Hier liegt Vivien im Mondschlaf; die Vorhänge sind originalverpackt im Schrank verstaut. Georg kann sich nicht dazu bewegen, sie vor dem Fenster anzubringen.

Die Hausbewohner stellten sich in der ersten Woche nach dem Einzug bei ihnen vor. Manche klingelten direkt an der Tür, boten ihr die Falläpfel aus dem Garten oder Hilfe an, indem sie Pakete annehmen würden. Andere fingen sie im Kellergang ab, wenn sie die leeren Umzugskartons hinuntertrugen, und verwickelten sie in ein Gespräch. Überraschenderweise endeten sie meist einheitlich mit dem Satz: Wir sind im Grunde ein sehr ruhiges Haus. Vivien gab gerade so viel preis, dass die Neugier der Nachbarn gestillt wurde und sie das Gefühl hatten, etwas über sie zu wissen, über die freundliche, schweigsame Frau an der Seite eines noch schweigsameren Mannes. Aber vermutlich konnten sie ihm sowieso ansehen, wie wenig er für Nachbarn übrig hatte, wenn er leicht gebeugt an ihnen vorbeiging, nur einen Mundwinkel verzog, in der Annahme, es würde als ein Lächeln durchgehen. Würden sie bemerken, dass er die fünfzig gerade erst überschritten hatte? Der Apfelbaum, dessen oberste Früchte von ihrem Fenster aus zum Greifen nah schienen und die Nähe zum Mond, waren für Vivien die Gründe, die Wohnung im Dachgeschoss zu beziehen. Für Georg war es die Ruhe. Sein Bedürfnis danach wuchs schneller als der Tumor in seinem Bauch. Er befreite sich von Dingen genauso wie von Menschen und ihr gemeinsamer Alltag wurde stiller und stiller, die Anrufe von Freunden weniger. Hin und wieder kamen seine Schwester oder Viviens Mutter. Doch diese Stille in der Wohnung war für beide schwer zu ertragen und mehr als ein Pflichtbesuch wurde nie daraus.

Sie haben sich dann auch mühelos eingefügt und führten Gespräche an den Mülltonnen über den nahenden Winter und beantworteten Fragen über die Familie. Es war keine echte Entscheidung, das Haus auf dem Land zu verkaufen und in die Stadt zu ziehen. Es war ein Reflex von Georg, nach und nach Ballast abzuwerfen. Seine Kraft reicht nicht für das Leben in einem Haus mit Garten. Die reicht gerade, um den Tod auf Abstand zu halten und sich selbst zu ertragen.
„Du schläfst nicht.“ Er spricht heiser, zerschneidet die nächtliche Stille. Nach jedem gefallenen Apfel wartet Vivien auf den nächsten. Sie zählt die Sekunden dazwischen.
„Du auch nicht.“
Wie ein Wal ist Georg mit einer Hirnhälfte immer wach. Wachsam. Als erwarte er jeden Moment das Ungeheuer und könnte es daran hindern, ihn hinterrücks zu erschlagen. Aber es schleicht sich leise und langsam an. Viviens Wachsein in hellen Mondnächten ist ein anderes als das am Tag. Wenn sie auch nicht schläft, fühlt sie sich nicht in der Lage, irgendetwas zu tun; in einigen Momenten ist es so, als würde sie traumwandlerisch zurückblicken, auf die Zeit, als sie Georg das erste Mal sah. Er stand wie aus dem Nichts vor ihr auf dem Steg im Hafen und bot seine Hilfe an, weil sie damit beschäftigt war, den Proviant für eine längere Tour auf das Boot zu verfrachten. Georg sah aus, als hätte er mit bloßen Händen Seeungeheuer töten können. Er nahm mit der Selbstverständlichkeit eines Arbeiters die Kisten mit den Lebensmitteln und trug sie an Bord. Und während Vivien munter plapperte, hörte er zu und machte den Eindruck, als würde er dafür bezahlt, kein Wort zu sagen. Mit einer Freundin wollte Vivien den Sommer auf der Ostsee verbringen und vier Wochen später bei ihrer Rückkehr stand Georg an derselben Stelle, als hätte er sich seit ihrer Abreise nicht vom Fleck gerührt. Vivien könnte augenblicklich niemanden dazu bewegen, für sie ein Boot zu beladen, mit dem sie fortsegeln könnte, denn es scheint, als würde die Lebendigkeit auch aus ihr weichen.

„Ich koch Tee. Willst du auch?“ Vivien muss nicht auf die Uhr sehen. Sie hat ein Gefühl für die Zeit in der Nacht, mehr als für die am Tag, wenn sie damit beschäftigt ist, Essen zuzubereiten, das ihm bekommt, ihn nicht anwidert, nicht im Rachen brennt oder im Magen, wenn sie mehrmals am Tag die Betten frisch bezieht. Die Waschmaschine ist permanent in Betrieb. Auch sie ist leise. Georg richtet sich auf. Nun sitzen sie beide auf der Bettkante, wenden sich gegenseitig den Rücken zu und der Raum dazwischen ist weit und kalt und dunkel wie der Ozean.
„Ich bin so müde“, sagt Vivien leise zum Mond. Sie sagt nicht, dass es ihr nicht nur an Schlaf mangelt. Schmerzhafter ist der Mangel an Hoffnung und an Glück. Sie fühlt diese lähmende Leere und wüsste nicht, womit die zu füllen wäre. Mit zwei Tassen Tee kommt sie ins Schlafzimmer zurück. Georg sitzt noch immer auf der Bettkante, der Kopf hängt herab, als wäre er im Sitzen eingeschlafen und Vivien stellt den Becher leise auf den Nachttisch.
„Wann hast du den Termin?“ Der Wal schläft eben nie ganz.
„Ich werde nicht hingehen.“
„Du solltest aber.“ Alles, was er sagt, klingt gleich. Ob er nach einer Tasse Tee verlangt, über den aufziehenden Sturm spricht oder Helene fragt, wie ihr Tag war. Es sind Herbstferien und Helene ist mit Freunden ins Sommerhaus gefahren. Es wird nur noch selten genutzt. Ballast, sagt Georg. Die Wohnung scheint nun wie ausgestorben. Vivien hat sie minimalistisch eingerichtet, Vieles neu gekauft. Nicht, weil es schick ist. Sie haben sich als Familie nicht mitnehmen können. Es ließen sich lediglich die Möbel transportieren. Die meisten lagern im Keller und finden in den Räumen auch keinen Platz. Im Esszimmer hallt es, wenn sie bei den Mahlzeiten mit dem Besteck das Porzellan berühren.

„Wie geht’s deinem Kopf?“ Er spricht leise.
„Nicht so schlimm. Nur ein … Streifschuss.“
„Ich fahre später zu Nils; der repariert ihn wieder.“
„Soll ich ihn abschrauben oder dich im Stück begleiten?“ Er lacht nicht. Für Vivien ist Humor oftmals die einzige Rettung, einen Sinn zu sehen, um einzuschlafen und wieder aufzuwachen, den Tag zu überstehen, überhaupt zu reden.
„Nils ist ein guter Tischler. Der wird den Stuhl hinkriegen.“
Hätte Vivien auf dem Teppich gelegen, inmitten ihres eigenen Blutes und alles wäre vorüber gewesen, würde im Obduktionsbericht stehen: Bei der Tatwaffe handelt es sich um einen Designstuhl aus geweißter Eiche. Georg hatte ihn nicht nach ihr geworfen. Er warf ihn einfach. Sie stand in der Schusslinie. Wie letzten Sommer, als er mit der Faust gegen die Tür schlug, sie bei der Rückwärtsbewegung hinter ihm stand und der Ellenbogen ihren Brustkorb traf. Eine Rippe wurde dabei gebrochen, sie schützte erfolgreich das Herz und wuchs wieder zusammen. Georgs Leid würde kein Ende nehmen.
„Könntest du dann bitte auf dem Weg unten bei Herrn Stegmann klingeln. Mein Schuh liegt in seinem Garten. Ich habe gerufen und gewinkt, nachdem er ihm beim Laubharken beinahe auf den Kopf gefallen wäre. Der Schuh fiel mir einfach aus der Hand, als ich ihn auf das Fensterbrett stellen wollte.“ Georg fragt nicht. Er wundert sich nicht mehr über die Dinge, die geschehen.
Über seine Schmerzen spricht er auch nicht, nicht über die Infektionen, die die Therapie mit sich bringen, die tauben Füße, die ihn immer wieder taumeln lassen und ihm den Ausdruck eines alten Mannes geben. Nur die Salben, Dosen, Becher und Schachteln, die überall verteilt in den Räumen griffbereit stehen, weisen darauf hin, dass Georg immerzu etwas zu bekämpfen hat.
Georg verlässt das Schlafzimmer; den Tee hat er nicht angerührt. Sie weiß längst nicht mehr, was er macht, wenn er nicht bei ihr ist. Er füllt seine Zeit auf eigene Weise. Vivien sieht ihn sitzen, an die Wand sehen, oder den Kopf auf die Hände gestützt auf das Parkett blickend, auf den Fernsehbildschirm. Tagsüber erledigt er kleinere Einkäufe, unternimmt Spaziergänge, nimmt Arzttermine wahr. Manchmal bleibt er mehrere Tage weg. Es ginge ihm gut, schreibt er dann in einer Kurzmitteilung. Erschöpft kommt er von seinen Ausflügen zurück.

An die Wand gelehnt sitzt Vivien im Bett und der Mond ist weitergezogen, erhellt die Wolkenfetzen am dunklen Himmel und verleiht ihm etwas Dramatisches. Der Tee in Viviens Tasse ist kalt geworden, während die Müdigkeit unaufhaltsam sämtliche Empfindungen dämpft. In zwei Stunden wird die Sonne aufgehen und Vivien wird wieder nicht wissen, womit sie den Tag füllen kann, um sich lebendig zu fühlen. Sie wird zum Gespräch mit einem Psychologen erwartet. Leise zieht sich Vivien an und geht mit einem Eimer in der Hand durch die Wohnung. Im Vorbeigehen sieht sie Georg im Wohnzimmer auf dem Sofa liegen. Sie kann nicht erkennen, ob er schläft. Vorsichtig zieht sie die Wohnungstür hinter sich zu.
Die aufgehende Sonne erhellt den Innenhof nicht und Vivien beginnt, die Äpfel aufzuheben, die verstreut auf dem vertrockneten Rasen liegen, legt sie vorsichtig in den Eimer, als könnte sie ihnen keinen weiteren Schlag zumuten. Sie nimmt alle auf, macht keinen Unterschied in welchem Zustand sie sind. Wie viel Zeit dabei vergeht, vermag sie nicht zu sagen. Die Sonne geht ihren üblichen Weg am wolkenlosen Himmel, fällt nach und nach auf jeden einzelnen Apfel am Boden. Unbeirrt füllt Vivien den Eimer. Als er voll ist, legt sie die weiteren in eine Holzkiste.
Sie hat Georg nicht kommen hören. Als würde sie sich in einem Traum bewegen, vollführt sie immer und immer wieder dieselbe Bewegung. Seine Hände berühren ihre flüchtig, als er auch Äpfel in die Kiste legt, und Vivien durchfährt ein zärtliches Gefühl. Gierig nimmt sie es auf, möchte es verwahren wie dieses Obst, kann es nicht halten und es hinterlässt nichts weiter. Schweigend sammeln sie gemeinsam die Früchte in die Kisten. Georg hat nichts gespürt.
„Du kannst Saft daraus machen.“
„Und Apfelmus.“
„Apfelkuchen.“
„Mit Streuseln. Wir könnten die Nachbarn …“
„Wann kommt Helene zurück?“
„Samstag“, antwortet Vivien.

Im Wartezimmer sieht sich Georg etwas auf dem Display seines Telefons an. Vivien zupft an ihrer Nagelhaut. Die Stellen sind ausgefranst. Immer wieder streicht sie sich die Haare aus dem Gesicht. Sie will keine Zeit verschwenden und hat sich angewöhnt, immerzu etwas zu tun. Auch Sinnloses.
„Was könnte er mir schon sagen?“, flüstert Vivien in Georgs Ohr, obwohl sie alleine sind. Der legt eine Hand auf ihr Bein, die Kälte dringt durch den Stoff ihrer Hose. Nur selten sind seine Hände warm. Er sieht unentwegt auf das Telefon.
Bevor sie ihres ausschaltet, wirft sie einen Blick auf die Nachrichten. Georg hat ihr eben ein Foto geschickt. Er macht viele Aufnahmen, immer vom Himmel, von den Wolkenformationen, den Farben und vom Licht. Vivien wird aufgerufen und während sie zögernd aufsteht, bleibt Georg sitzen. Sie lässt ihn zurück, verschwindet hinter der doppelten und gepolsterten Tür.
„Was führt Sie zu mir?“ Vivien hat diese Eröffnungsfrage erwartet, ärgert sich dennoch darüber.
„Das wissen Sie doch. Ich sagte es ja auch schon am Telefon und ihrer Kollegin …“
Der Arzt nickt und seine Miene ist eine erprobte Mischung aus angedeutetem Lächeln, Verständnis und Nachsicht. Vivien schweigt. Sie weiß wirklich nicht, was sie sich von diesem Gespräch erhofft hat. Ihrer Stimme ist es anzuhören, dass sie sich zwingt, angemessen zu sprechen, ruhig zu bleiben, als sie sagt: „Ich weiß nicht mehr, wie ich mich verhalten soll. Alles, was ich bin, was ich weiß, reicht nicht aus. Seit vier Jahren ist das Leben eine einzige Lüge. Der Tod lauert überall.“ Sie hatte sich einen anderen, weniger emotionalen Text zurechtgelegt. Der Arzt nickt.
„Ich kenne die Diagnose Ihres Mannes und den Krankheitsverlauf.“
Vivien runzelt die Stirn.
„In meiner langjährigen Tätigkeit ist mir kein Fall untergekommen, der in einer Heilung geendet hätte. Ich möchte, dass Sie davon ausgehen, es wird nicht mehr allzu lange dauern. Er hat bereits sehr viel Zeit gewonnen.“ Während Vivien noch versucht zu verstehen und überlegt, was mit gewonnener Zeit anzufangen wäre, fährt er fort.
„Sie sollten sich darauf vorbereiten.“
„Ich vergesse aber dabei zu leben. Ich kenne die Prognose, weiß um jedes geschenkte Jahr“, sprudelt es aus hier heraus. Sie erkennt ihre Stimme in diesem Zustand nicht wieder. „Ich bin nicht hier, um es mir wieder und wieder sagen zu lassen. Ich kenne das Wunder, weiß nur nicht mehr, wie ich mit diesem Wunder leben soll. Ich bin hier, weil …“ Weil sie nicht länger das Ventil seiner Wut sein will. Mit Angst kann sie gut umgehen. Vivien kennt sie. Georg ist lieber wütend. Oder deprimiert. Sie weiß nicht, was gesagt werden muss. Sie sagt nichts und fürchtet, dass sie müsste. Dass die Zeit drängt und nichts ungesagt bleiben darf.
„Sie können jederzeit mit mir reden, zu mir kommen.“
„Ich weiß, danke.“
„Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen einen Termin bei meiner Frau geben. Sie ist Psycho-Onkologin.“
„Das ist nicht nötig. Danke.“ Vivien nimmt ein Taschentuch vom Tisch und schnäuzt hinein bevor sie den Raum verlässt. Georg sitzt nicht auf seinem Platz. Er ist nicht mehr da. Mechanisch nimmt sie ihre Jacke vom Kleiderständer und verlässt die Praxis.
„Ihr Mann wollte ein bisschen an die Luft“, ruft ihr die Dame an der Anmeldung hinterher.

„Du wirst sterben, sagt er." Georg sitzt auf einer Bank in der Sonne. Sie sind zu müde zum Lachen, aber sie stoßen beide Luft durch die Nase aus und es könnte ein verhaltendes Lachen sein.

 

So @Putrid Palace ,

jetzt gehts mir an die Wäsche :schiel: Aber warum nicht? Ich versuch’s mal, auch weil ich’s so ... ungewöhnlich finde und deswegen spannend.

Ich finde es sehr interessant, was du hier mit "sammeln" verbrochen hast.
Ich bin mir beinahe sicher, dass da keine profunde Überlegung dahinter steckt, aber etwas hast du dir ja dabei gedacht?

na so was :susp: sicher, liegt da was Profundes begraben. Spaaaß. Also nicht sooo durchdacht, mehr wollte ich, dass die beiden so was wie Erinnerungen sammeln. Und damit ich nicht so viele Worte machen muss ... :shy:

Wie kamst du auf die Idee dieser Geschichte?
Warum erkrankte der Mann, nicht etwa die Frau oder gar ein Kind?
Welche Rolle spielt das Alter der Protas? Warum nicht viel jünger oder gar älter? Bot es sich einfach am besten an?

Hach, es wird ja generell und im allgemeinen viel zu viel gestorben und viel zu wenig darüber geredet. Obwohl es sich wohl die Waage mim Gelebe hält, denk ich. :hmm:

Der Mann stirbt, weil ich mich besser in die Frau versetzen kann als Überlebende. Mich in eine Sterbende zu versetzen hätte mich vielleicht ein Teil meines Lebens gekostet. Ich lehne es ab, wenn Kinder sterben müssen.

Wenn ich über einen jungen Mann geschrieben hätte, wäre das ja per se schon dramatisch und tragisch und man denkt, oje, was der so alles nicht mehr machen wird n stuff und bei alten Menschen ist es eher leichter annehmbar und man neigt dazu, es zu akzeptieren. In der Mitte des Lebens (na ja, bissi drüber) ist es schon verdammt fies. Da haben sich gerade eingefunden, wie das so geht mim Leben, sind eine gute Strecke gegangen und haben sich so wie etabliert, beruflich, familiär und gucken mal, was sie so noch wollen vom Leben, da meldet es sich und geht zu Ende.

Sind diese Fragen inhaltlich Haferbrei?

Love Haferbrei.

Erbitte Antwort. (Ich bin natürlich nicht enttäuscht, falls diese Fragerei an einer Stelle auf Stummheit stoßen wird.)

Sehr wohl. (Natürlich nicht, aber schöner is schon, wenn Fragen nicht so im Raum rumhängen)

Lieber Gruß und herzlichen Dank für dein Interesse, Kanji

 

Hallo @Kanji , beim lesen dachte ich sofort: Das ist ja was zur Weihnachtszeit. Nach nochmaligen Lesen finde aber: Ja, so traurig das alles ist, es ist was zur Weihnachtszeit.
Du hast schon einige Antworten erhalten. Ich bin spät dran, ich verzichte auf Grund des Inhalts, darauf die ersten Reaktionen auf deine Geschichte zu lesen, um unbefangen zu sein.
Sorry wenn etwas schon kam.

Ein paar Doppler, für die sicher Alternativen findest.

stellt sich vor, wie der Tod Ansprüche stellt und grollt, sie solle gefälligst zu ihm stehen. Ihre Bettseite steht zum Fenster gewandt,

von ihrem Fenster aus zum Greifen nah schienen und die Nähe zum Mond,

... ihr gemeinsamer Alltag wurde stiller und stiller, die Anrufe der Freunde weniger. Hin und wieder kamen seine Schwester oder Viviens Mutter. Doch diese Stille in der Wohnung war für beide schwer zu ertragen und mehr als ein Pflichtbesuch wurde nie daraus.

Vielleicht: Doch dieses Schweigen in der Wohnung war ...

Mit einer Freundin wollte Vivien den Sommer auf der Ostsee verbringen und vier Wochen später bei ihrer Rückkehr stand Georg an derselben Stelle, als hätte er sich seit ihrer Abreise nicht vom Fleck gerührt.

wunderbares Bild, bringt diese Traurigkeit sehr nah.

Nun sitzen sie beide auf der Bettkante, wenden sich gegenseitig den Rücken zu und der Raum dazwischen ist weit und kalt und dunkel wie der Ozean.

Klingt, als hätten sie sich nichts mehr zu sagen. Auch das noch!
Aber ist das so von dir gewollt? Wie ich weiter lese, haben sie sich eigentlich noch viel zu sagen, können es aber nicht mehr.

Danke&Gruß @malabin

 

wunderbares Bild, bringt diese Traurigkeit sehr nah.

Da hat mich die Trauer blind gemacht. Das war ja als sie sich kennenlernten.
Bleibt in jedem Fall ein wunderbares Bild.

du schreibst

Der Apfelbaum, dessen oberste Früchte von ihrem Fenster aus zum Greifen nah schienen und die Nähe zum Mond, waren für Vivien die Gründe, die Wohnung im Dachgeschoss zu beziehen. Für Georg war es die Ruhe.
und später
Es war keine echte Entscheidung, das Haus auf dem Land zu verkaufen und in die Stadt zu ziehen. Es war ein Reflex von Georg, nach und nach Ballast abzuwerfen. Seine Kraft reicht nicht für das Leben in einem Haus mit Garten.

Das hat mich, gerade weil dieser örtliche Umbruch nochmal aufgenommen wird etwas verwirrt.
Würde ja der Ruhe wegen eher von der Stadt aufs Land ziehen.

Schmerzhafter ist der Mangel an Hoffnung und an Glück.
finde an Hoffnung reicht.

Der Apfelbaum, dessen oberste Früchte von ihrem Fenster aus zum Greifen nah schienen und die Nähe zum Mond, waren für Vivien die Gründe, die Wohnung im Dachgeschoss zu beziehen.
Dachgeschoss und die Nähe zum Mond suggeriert mir ein mehrstöckiges Haus. Mein uralter Apfelbaum im Garten schafft es nicht einmal bis zum ersten Stock.
Sehr technisch gedacht. Ich sage schon mal sorry ...

Als sie die Augen öffnet, legt der beinah runde Mond das Licht durchs Fensterglas auf sie wie ein Scheinwerfer: Hier liegt Vivien im Mondschlaf.
Den Satz musste mehrfach lesen. Dann war er völlig verständlich. Folgendes bringt vllt. nicht so aus dem Lesefluss:
Als sie die Augen öffnet, legt der beinah runde Mond das Licht durchs Fensterglas auf sie wie ein Scheinwerfer: Achtung, hier liegt Vivien im Mondschlaf!

... nur so`ne Idee. Ohne Augen öffnen, fände es noch besser.

An die Wand gelehnt sitzt Vivien im Bett und der Mond ist weitergezogen, erhellt die Wolkenfetzen am dunklen Himmel und verleiht ihm etwas Dramatisches.

das erste und würde durch ein Komma ersetzen

wird wieder nicht wissen, womit sie den Tag füllen
wenn man es einmal liest ist das mit dem füllen schön. Kurz vorher hat er aber schon seine Zeit auffgefüllt.

„Ich kann ich nicht.

So, jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen in einer traurigen Geschichte zu stochern und komme mir mies vor. Ich danke dir nochmals für die Geschichte, muss jetzt aber dringend mit dieser aufhören und demnächst was lustiges lesen ...
vllt. von dir?

Gruß @malabin

 

Hej @malabin ,

das nenn ich ja mal aktiv. Da krieg ich gleich zwei Kommentare von dir.
Vermutlich weil Weihnachten vor der Tür steht. ;)

ich verzichte auf Grund des Inhalts, darauf die ersten Reaktionen auf deine Geschichte zu lesen, um unbefangen zu sein.
Sorry wenn etwas schon kam.

na also, so viel Zeit hat ja kein Pferd auch noch alle Kommentare zu lesen - völlig okay.

Kanji schrieb:
stellt sich vor, wie der Tod Ansprüche stellt und grollt, sie solle gefälligst zu ihm stehen. Ihre Bettseite steht zum Fenster gewandt,
Kanji schrieb:
von ihrem Fenster aus zum Greifen nah schienen und die Nähe zum Mond,
Kanji schrieb:
... ihr gemeinsamer Alltag wurde stiller und stiller, die Anrufe der Freunde weniger. Hin und wieder kamen seine Schwester oder Viviens Mutter. Doch diese Stille in der Wohnung war für beide schwer zu ertragen und mehr als ein Pflichtbesuch wurde nie daraus.
Vielleicht: Doch dieses Schweigen in der Wohnung war ...

Na so was, diese Zeilen herausgestellt hören sich tatsächlich doppelt an. Ich werde sie noch einmal im Kontext überprüfen und nachspüren, was mir damit so vorschwebte. Wenns gut läuft, hab ich mir dabei was gedacht, wenn nicht, dann such ich nach Ersatz.

Klingt, als hätten sie sich nichts mehr zu sagen. Auch das noch!
Aber ist das so von dir gewollt? Wie ich weiter lese, haben sie sich eigentlich noch viel zu sagen, können es aber nicht mehr.

Es gibt immer noch etwas zu sagen. Das stellt eben ein Problem dar. Was muss, was kann, was geht?

Das hat mich, gerade weil dieser örtliche Umbruch nochmal aufgenommen wird etwas verwirrt.
Würde ja der Ruhe wegen eher von der Stadt aufs Land ziehen.

Sie ziehen vom Haus auf dem Land in die Stadt und dort so ruhig wie möglich. Die Stadt ist notwendig wegen seiner Lebensumstände.

Kanji schrieb:
Schmerzhafter ist der Mangel an Hoffnung und an Glück.

finde an Hoffnung reicht.

Echt? Ich hänge am Glück. :shy:

Dachgeschoss und die Nähe zum Mond suggeriert mir ein mehrstöckiges Haus. Mein uralter Apfelbaum im Garten schafft es nicht einmal bis zum ersten Stock.
Sehr technisch gedacht. Ich sage schon mal sorry ...

Ach iwo, musst dich doch nicht entschuldigen. Hast ja recht. Aber in der Stadt auf den Hinterhöfen gibts echt ein paar von diesen exorbitanten Apfelbäumen, die scheinbar vom Fenster aus zu greifen sind. Und an dieser Stelle gönn ich sie mir.

Als sie die Augen öffnet, legt der beinah runde Mond das Licht durchs Fensterglas auf sie wie ein Scheinwerfer: Achtung, hier liegt Vivien im Mondschlaf!

... nur so`ne Idee. Ohne Augen öffnen, fände es noch besser.


Ich prüf das bei Gelegenheit. Dank dir.

Kanji schrieb:
An die Wand gelehnt sitzt Vivien im Bett und der Mond ist weitergezogen, erhellt die Wolkenfetzen am dunklen Himmel und verleiht ihm etwas Dramatisches.

das erste und würde durch ein Komma ersetzen

... das prüf ich auch

Kanji schrieb:
wird wieder nicht wissen, womit sie den Tag füllen
wenn man es einmal liest ist das mit dem füllen schön. Kurz vorher hat er aber schon seine Zeit auffgefüllt.

... und das ...

So, jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen in einer traurigen Geschichte zu stochern und komme mir mies vor. Ich danke dir nochmals für die Geschichte, muss jetzt aber dringend mit dieser aufhören und demnächst was lustiges lesen ...
vllt. von dir?

Und ich erst. Es ist immer sinnvoll, herumzustochern. Und für mich eine Herausforderung zu prüfen, was ich mir so gedacht habe und ob es das für andere eben auch macht.

Lustig ... glaub, das kann ich nicht, aber vielleicht mal was weniger Tragisches. Ich ... prüf das mal. :D

Vielen herzlichen Dank für deine Kommentare und deinem Interesse an der Geschichte, Kanji

 

Liebe Kanji,

Du hast für Deinen Text viele kluge und sachkundige Kommentare bekommen, dass ich dem nichts mehr hinzu fügen kann. Ich möchte Dir einfach sagen, ich habe selten eine Geschichte gelesen, die mir so sehr gefallen und mich so beeindruckt hat.
Ich wünsche Dir und allen Wortkriegern ein gutes 2019!

niebla

 

Hej @niebla ,

das ist aber eine schöne Überraschung! Allerdings führst du, ohne es vermutlich auch nur zu ahnen, leise Vorwürfe mit, denn ich muss diese klugen und sachkundigen Kommentare, die deinem vorweg gehen, noch einarbeiten in den Mondschlaf. :shy:
Das ist ein guter Vorsatz für das junge Jahr.

Jetzt komm ich aber doch nicht drumherum, auf dein Lob einzugehen, denn damit kann ich scheinbar schlechter umgehen als mit Kritik. :hmm:
Aber danken kann ich gut und deswegen danke ich dir, auch weil es dir nötig erschien, mir davon zu erzählen. :kuss:

Ich wünsche dir ein schönes neues Jahr, Kanji

 

Huhu,

wenn bereits so viele ihre Meinung so professionell kundgetan haben, traue ich mich fast nicht mehr, auch etwas zu deinem großartigen Text zu sagen. Aber ich fand ihn so wundervoll, dass ich meinen Teil nicht für mich behalten wollte.

Eine tolle Geschichte, geschrieben in einem tollen Stil! Ich liebe es, wie du das Meeresthema immer wieder aufnimmst, die Stille zwischen ihnen wie ein dunkler Ozean, seine Wachsamkeit wie das Gehirn eines Wals, der Mann selbst mit der Statur eines Seemanns. Gerade diese Beschreibung fand ich besonders rührend, das er früher so vor Kraft strotzte und ein solcher Anpacker war, das macht den Kontrast natürlich besonders hart.

Die Art, wie du dieses sensible Thema verpackt ist so poetisch und warm, ich war ehrlich gerührt von deiner Geschichte.

Ich wüsste auch ehrlich gesagt nicht, was man daran verbessern könnte.

Sie haben sich als Familie nicht mitnehmen können.

Das war einer meiner absoluten Lieblingssätze. Ich habe ihn viermal gelesen und war ganz angetan. :) Ein starker Satz!

Wie gesagt, ich finde nichts, das ich kritisieren kann. Kompliment an dich als tollen Erzähler.

Viele liebe Grüße, PP

 

Hej @PlaceboParadise (love the nick),

also, wie gesagt, ich bin nicht so gut im Antworten, aber sehr gut darin, mich riesig über deinen Kommentar zu freuen. Ichsachsdir. Denn er ist zu und zu liebenswürdig und freundlich und weil ich nun extrem neugierig bin, ob ich diese Eigenschaft auch in deinen Texten wiederfinde, werde ich mir mal deinen genehmigen. Mim Gläschen vom Roten. Heute Abend natürlich. Oder so, is ja Romantik. :herz:
Ich finde auch immer in jedem Text mindestens einen Lieblingssatz und freue mich, dass du den hier ausgewählt hast. Ich find ihn auch gut, denn in seiner Einfachheit steckt eben eine Menge Vergangenheit und Gegenwart drin, nicht wahr?

Außerdem merke ich, dass mich dein Kommentar schwer motiviert, eine neue Geschichte zu beginnen. Guck, wie einfach das manchmal ist. :D

Ich danke dir tausendmal dafür, dass du mir einfach mal gesagt hast, wie du den Text empfunden hast. Das ist schon cool.

Lieber Gruß, Kanji

 

@Kanji

Haha, das freut mich sehr zu hören! Du darfst dich natürlich zu recht freuen! Schön, wieviele talentierte Menschen sich hier tummeln, ich bin ganz erstaunt. Und selbst auch anspornt, da mithalten zu können. ;)

Jetzt bin ich natürlich unheimlich gespannt, was du zu meinem Text sagst. :) Würde mich sehr freuen, wenn du dich meiner Kurzgeschichte widmest. Von dieser tollen Kritik hier auf der Seite kann man haufenweise lernen. Eine echte Bereicherung!

Bin sehr gespannt auf deinen nächsten Text! Ich halte Ausschau. ;)

Viele liebe Grüße, PP

 

Hey @Kanji,

so viele Kommentare und ich bin so spät. Ja, die Challenge … Du warst gar nicht mir eigenem Text vertreten, dabei hättest du auch den hier nehmen können. Bea Milana hat mit "Dem Leben ins Gesicht sehen" ein ganz ähnliches Thema bearbeitet, aber ich will nicht bohren, du hattest sicherlich deine Gründe.

Wie du dir denken kannst, habe ich nicht alle Kommentare gelesen, also wenn ich was schreibe, was dir zum Hals raushängt, weil du es schon xmal gehört hast, übergehe es einfach. :D

Bisschen Stolperkram habe ich noch:

hört es sich nachts an, als lösen sie sich vom Zweig,
müsste es nicht lösten heißen?

In dieser Zeit führte sie eine offene Beziehung mit dem Tod, der ohnehin seit Jahren allgegenwärtig ist.
Da würde ich "allgegenwärtig war" schreiben, sonst hast du einen merkwürdigen Zeitenwechsel im Satz. Der Satz fällt mMn eh ein wenig aus dem Kontext und ich würde überlegen, ob du ihn brauchst.

Designerstuhl
Kannst du das bitte ändern in Designstuhl, sonst krieg ich als Möbelexperte Augenkrebs. :D

„Wie geht’s deinem Kopf?“ Er spricht leise.
„Nicht so schlimm. Nur ein … Streifschuss.“
„Ich fahre später zu Nils; der repariert ihn wieder.“
den Kopf???:lol:

Vivien sieht ihn sitzen, an die Wand sehen, oder den Kopf auf die Hände gestützt auf das Parkett blickend
Das "an die Wand sehen" finde ich etwas sperrig, könntest auch "auf die Wand starren" schreiben ...

Ich kann, vergesse dabei zu leben
Dem Satz würde ich ein weiteres Wort gönnen, die Ellipse führt bei mir zu einem heftigen Holperer. Ich musste nochmals lesen, um den halbwegs zu kapieren.

Schöner, leichter letzter Satz! Zufällig habe ich heute was über die fünf Phasen des Sterbens von Elisabeth Kübler-Ross gelesen. Schau mal: https://www.schwalbach-saar.de/imag...uenf_sterbephasen_nach_elisabeth_kuebler1.pdf
Vielleicht kannst du ja irgendwas davon brauchen? Oder wahrscheinlich kennst du es eh. Es gibt keine festgeschriebene Reihenfolge und mehrere Phasen können parallel auftreten, so wie bei deinem Prota Zorn, Depressionen und zuletzt eine zarte Form der Zustimmung.
Sehr intensiver, authentischer Text, der mich in so´ne wattige Traurigkeit packt. Die Krankheit tötet nicht nur ihn, sondern vorher schon die Beziehung und ihr gewohnte Leben und so wirkt ihre jetzige Existenz wie ein Abklatsch ihrer vorherigen. Der Mond, der nur leuchtet, weil die Sonne ihn anstrahlt ist Sinnbild ihres Daseins, das beleuchtet wird vom Schein ihres früheren Lebens. Die Tochter flieht und daran tut sie gut, denn im Mondlicht kann sie nicht gedeihen.
Vivien kommt mit der Rolle der Angehörigen nicht klar, weil ihr die Distanz fehlt, weil sie nicht weiß, was sie ihm sagen kann, wie sie das Leben mit Georg ertragen soll und es doch tut. So bleibt ihr nur, Frieden zu schließen, mit dem was verlorenging und was nun nicht mehr ist und letztlich das Warten auf das Unvermeidbare. Den Schlaf als kleinen Bruder des Todes setzt du in Beziehung mit ihrem Dasein im Mondlicht und so hast du einen Namen gefunden für diese spezielle Art der Lebenslähmung.
Wichtiges Thema, das jeden beschäftigen wird, der eine ähnliche Erfahrung durchmachen muss oder musste. Literarisch sehr gut umgesetzt, aber das war nicht anders zu erwarten.

Peace, linktofink

 

Hej @linktofink ,

ich freue mich, dass du dir die Mühe machst, dem Text auf die Schliche zu kommen und mich noch einmal mit ihm konfrontierst, mir Dinge aufzeigst, obwohl er schon so viel Nahrung bekommen hat. Das empfinde ich als sehr respektvoll und danke dir dafür.

Du warst gar nicht mir eigenem Text vertreten, dabei hättest du auch den hier nehmen können.

Der Text wurde wirklich zur Challenge fertig, aber ich fühlte mich nicht gewachsen. Denn ein Challenge-Text bekommt unfassbar viel Aufmerksamkeit.

müsste es nicht lösten heißen?

Möglich isses. Aber beides in einer gleichen Zeit - klingt unkomplizierter :D Drück mal bitte beide Augen zu.

Da würde ich "allgegenwärtig war" schreiben, sonst hast du einen merkwürdigen Zeitenwechsel im Satz. Der Satz fällt mMn eh ein wenig aus dem Kontext und ich würde überlegen, ob du ihn brauchst.

Das habe ich ehrlich gesagt auch schon so empfunden, also er fühlte sich nicht ... behaglich an. Ich versuch das mal.

Kannst du das bitte ändern in Designstuhl, sonst krieg ich als Möbelexperte Augenkrebs. :D

Ach was! :eek: Das ist so gängig, das hab ich noch nie gewusst und gehört. Wer sagt denn so was? Ähnlich wie bei der Speisenkarte ;) Da muss ich aber mal gucken, ob ich dir den Gefallen tun kann, lieber linktofink.

den Kopf???:lol:

Humor ist ... wenn man trotzdem lacht :shy:

Kanji schrieb:
Ich kann, vergesse dabei zu leben

Dem Satz würde ich ein weiteres Wort gönnen, die Ellipse führt bei mir zu einem heftigen Holperer. Ich musste nochmals lesen, um den halbwegs zu kapieren.

Ich prüfe das. Versprochen.

Oder wahrscheinlich kennst du es eh.

Diese Phasen sind mir bekannt. Recherche. So, wie diese Formen in ihrer Reihenfolge variieren, können sie auch beliebig erneut auftreten. Is wohl echt nicht so leicht, zu sterben. :sad:

Die Krankheit tötet nicht nur ihn, sondern vorher schon die Beziehung und ihr gewohnte Leben und so wirkt ihre jetzige Existenz wie ein Abklatsch ihrer vorherigen.

Ach, ich sträube mich ein bisschen, wenn es heißt, die Beziehung würde getötet werden. Ich finde ja, die wandelt sich eben auch mit allem einfach mit und ist ja am Ende auch noch eine. Es wäre ja, zumindest für mich, ein Ding der Unmöglichkeit, wenn sich alle Beteiligten gleichförmig mit dem Verlauf mitbewegen würden.
Der Mond, der nur leuchtet, weil die Sonne ihn anstrahlt ist Sinnbild ihres Daseins, das beleuchtet wird vom Schein ihres früheren Lebens. Die Tochter flieht und daran tut sie gut, denn im Mondlicht kann sie nicht gedeihen.

:( wie schön du das formuliert hast :kuss: Ich danke dir vielmals für dein wunderbares Resümee, ich bin da ganz bei dir.

Literarisch sehr gut umgesetzt, aber das war nicht anders zu erwarten.

:hmm: wenn du meinst.

Ich danke dir für deinen Besuch und deine Gedanken dazu. Es ist mir eine große Freude.

Lieber Gruß, Kanji

 

Hey @Kanji ,

bin spät dran, ich weiß. Glückwunsch zur Empfehlung :)
Eine schöne, einfühlsame Geschichte ist dir da gelungen. Vor allem der Ton hat mir gefallen, die Bilder, die so passend zwischen den Zeilen stecken. Das alles entfaltet die richtige Wirkung bei mir. Es ist toll, das Literatur (oder was ich dafür halte) so etwas kann. Feine Bilder erschaffen, ohne das sie irgendwie so ganz genau beschrieben sind. Ich mag deine Texte und bin auf die nächsten gespannt.

als lösen sie

lösten sie?

hört es sich nachts an, als lösen sie sich vom Zweig, um hinabzustürzen. Sie hört

zweimal »hört« vielleicht: klingt es nachts ...

Mondschlaf; die Vorhänge sind originalverpackt im Schrank verstaut

sehr schön geschrieben!:herz:

Wir sind im Grunde ein sehr ruhiges Haus

auch sehr aussagekräftig. Das Beiläufige daran ist, was mir am besten gefällt. Die Autorin tut, als ob sie sich rein gar nichts dabei denkt. Diese Ambivalenz erzeugt eine feine Ironie, die ich sehr mag.

wenn er leicht gebeugt an ihnen vorbeiging, nur einen Mundwinkel verzog, in der Annahme, es würde als ein Lächeln durchgehen

schöne Syntax, verästelt und doch ganz klar und stark in der Beobachtung. Das ist klasse.

Für Georg war es die Ruhe. Sein Bedürfnis danach wuchs schneller als der Tumor in seinem Bauch.

wow, ich »mag« solche Wendungen in Sätzen. Ich habe erlebt, dass manche Kommentatoren solche Stellen monieren: zu reißerisch, hieß es da, glaube ich mal. Finde das persönlich aber super. Das ist stark, machs weiter.

Er befreite sich von Dingen genauso wie von Menschen und ihr gemeinsamer Alltag wurde stiller und stiller, die Anrufe von Freunden weniger.

auch wunderbar!

führten Gespräche an den Mülltonnen über

ein einprägsames Bild

Wie ein Wal ist Georg mit einer Hirnhälfte immer wach

Muss ich leider auch loben. Gefällt mir total.

und wuchs wieder zusammen

wunderschön formuliert

zurechtgelegt.Der Ar

Leerzeichen

Liebe @Kanji ein wunderbarer Text, der mir sprachlich und emotional einiges gegeben hat, auch wenn er die Handlung sich in ganz unaufgeregter Erzählung ablaufen lässt. Ich glaube du verkraftest, dass die Kritik eher schmal ausgefallen ist, diesmal (!) Schön gemacht :gelb:

Bis bald!
Carlo

 

Hej @Carlo Zwei ,

weil ich mich gerade nicht in bester Verfassung befinde, aber das Glück und das Schöne aufgreife, wo es sich mir anbietet und du und deine Kommentare (und Geschichten) dazugehören, freue ich mich, dass du dir Zeit für den Mondschlaf und einen Kommentar genommen hast.

Vor allem der Ton hat mir gefallen, die Bilder, die so passend zwischen den Zeilen stecken. Das alles entfaltet die richtige Wirkung bei mir.

Es gibt für mich keine befriedigendere Einschätzung als diese. Mittlerweile vermute ich ja selbst, dass ich nur zwischen den Zeilen schreibe, weil ich zu scheu bin, genauer und direkter zu schreiben. Mit unsichtbarer Tinte und wenn dann der eine oder andere Leser dieses spezielle Licht dabei hat, um die Worte zwischen den Zeilen zu entziffern und sie auch noch wirken, ... bin ich eben einfach zufrieden.

Ich mag deine Texte und bin auf die nächsten gespannt.

Und dann motivierst du auch noch beiläufig. ;)

Das Beiläufige daran ist, was mir am besten gefällt. Die Autorin tut, als ob sie sich rein gar nichts dabei denkt. Diese Ambivalenz erzeugt eine feine Ironie, die ich sehr mag.

Du bist äußerst qualifiziert, meine Texte zu lesen. :D Dieses Thema ist ja nun mal mit Samthandschuhen anzufassen, wenn es nicht ... überzogen oder dramatisch oder whatever wirken soll. Humor, besser Ironie sollte so fein und beinahe unsichtbar sein (zumindest in meinen Geschichten darüber), dass man sie auch bloß zufällig wahrnehmen könnte. Sie fliegt durchs Hirn wie ein Geruch beim Spaziergang durch die Nase. Na ja. So ähnlich eben.

schöne Syntax, verästelt und doch ganz klar und stark in der Beobachtung. Das ist klasse.

Gut. Man macht es eben, weil man denkt, geht schon klar. Wenns dann bei manchem Leser eben tatsächlich klargeht, ist das ungemein motivierend, nicht wahr?

wow, ich »mag« solche Wendungen in Sätzen. Ich habe erlebt, dass manche Kommentatoren solche Stellen monieren: zu reißerisch, hieß es da, glaube ich mal. Finde das persönlich aber super. Das ist stark, machs weiter.

Gebont! Ist ja Vieles Geschmacksache. Das meiste muss eben auch dosiert sein und passen und ... na ja, eben sich einfügen in das Gesamte. Ich danke dir aber für die eindeutige Position. Das ist auch ... super! :herz:

Ich notiere jetzt mal nicht all die gelobten Stellen, freu mich aber unbändig darüber, dass du sie hervorhebst und sie dir gefallen. Da merke ich, wie ich direkt Lust bekomme, zu schreiben. Danke auch dafür.

Die orthographischen Anmerkungen werde ich beseitigen und mit deinem Lob komm ich auch klar. ;) Den Teil deiner angekündigten Serie habe ich gelesen und werde mich dazu noch äußern. So zur Vorfreude für dich, denn die ist auch ganz schön.

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo Kanji,

das ist ein schwerer, schwermütiger Text. Bei so Sachen merke ich immer, wie ich innerlich etwas unruhig werde, vermutlich weil ich das gar nicht unbedingt aushalten mag. Und dann bin ich impulsiv und will mich bewegen und projiziere das in den Text und möchte, dass sich da jemand bewegt oder was tut. Dass mal jemand stirbt oder eine Affäre beginnt oder einen Ausflug wagt, einen allerletzten, ins Casino oder auf Rachefeldzug oder zu Gott oder so. So bin aber dazu verdammt, diese Äpfel zu lauschen, was übrigens ein schönes, starkes Bild ist.
Du fängst diese Atmosphäre auf sehr schöne Weise ein, das hat auch was typisch Feminines, diese aufopferungsvolle Pflege, auch dann, wenn der Mann aggressiv wird. All das fängst du sehr gut ein, das kann man sich sehr gut vorstellen, und der Grundton ist dann irgendwie passiver Leid und Trauer, und man sucht dann nach irgendwas zwischen all der Stille, aber da ist nichts, auch die Nachbarn sind still, alle sind still, den Tod kann man nicht aufhalten, aber da ist zu wenig Chaos im Leben irgendwie, man braucht Chaos um zu wachsen, um zu lernen, im Chaos steckt alles Neue, aber hier ist (noch) nichts Neues, der Mann stirbt und man denkt fast, die Erzählerin stirbt langsam mit vor lauter Stille.

So weit meine sehr spontanen Gedanken dazu! Ist sehr gut geschrieben.

MfG

JuJu

 

Hej @JuJu ,

und vielen Dank für deine spontanen Gedanken und Darstellung deiner Empfindungen.

Wenn ich dir jetzt sage, dass es mich ... so wie ... freut, weil du unruhig wirst das nicht aushalten magst, dich bewegen willst, damit sich etwas, damit die Prots sich bewegen, du dich gezwungen fühlst, den Äpfeln zu lauschen, dann wird du das sicher verstehen.

Ich wollte mich entscheiden, wie ich dem Tod und der Trauer um das nahende Ende hier in diesem Mondschlaf begegne. Es geht in vielerlei Hinsicht unterschiedlich. Diese beiden halten aus, erstarren still, verharren und nehmen alles um sich herum, auch die Stille, ungewohnt klar auf, auch weil sie alles andere ausblenden, weil es nichts mehr zu tun gibt. Es gibt kein Chaos, es läuft und fließt auf das unabänderliche Ende zu. Sie ergeben sich und ... sterben beide. true.

Ich werde jetzt voller Freude und Lebendigkeit hier im Forum weiterlesen und kommentieren. :herz:

Lieber Gruß und noch einen schönen Ostertag, Kanji

 

Liebe @Kanji,

was für eine wundervoll geschriebene, stimmungsvolle und doch so traurige und schwermütige Geschichte. Ach, was soll ich dazu sagen: Du hast ziemlich genau meinen Geschmack getroffen. Ich finde, dass dein Rhythmus sehr fein ist und ich möchte fast "leise" sagen. Das macht die Geschichte für mich so glaubwürdig und wirkungsvoll. Ansonsten hat mir der Kontrast zwischen Vivien und Georg gefallen; sie kennt die Angst und er die Wut. Dazu kommen die Dialoge, die gerade dadurch glänzen, was du in ihnen nicht schilderst, denn eigentlich müssten sich die beiden mal gründlich aussprechen - zumindest ist das meine Empfindung von außen als Leser. Doch stattdessen wird Vivien zum Ventil für Georgs Gewalt; sie leidet, resigniert immer stärker und schläft sehr wenig und der Psychologe macht alles nur noch schlimmer.

Ich bin schwer von deiner Geschichte, deiner Sprache und diesem wundervollen, leisem Rhythmus fasziniert. Das ist in meinen Augen ein Text, der sich seine Empfehlung mehr als redlich verdient hat. Du merkst: Ich komme aus dem Schwärmen kaum noch raus. :D

Hier mein detaillierter Eindruck:

Und während sie tagsüber diesen Vorgang kaum wahrnimmt, hört es sich nachts an, als lösen sie sich vom Zweig, um hinabzustürzen. Sie hört, wie sie im Hof auf den Boden treffen. Manche springen einmal auf, wie in einem gespenstischen Tennismatch.
Mir gefällt wie du damit ihre Schlaflosigkeit einführst und zugleich kommt durch die Wortwahl diese Resignation zum Vorschein: hinabstürzen, den Boden treffen, aufspringen, gespenstisch.

Vivien könnte einen langen und tiefen Schlaf gebrauchen. Sie würde aufwachen, wenn all das Schwere vorüber wäre. Sie führt eine offene Beziehung mit dem Tod, der seit Jahren allgegenwärtig ist. Vivien lächelt, denn sie stellt sich vor, wie der Tod Ansprüche stellt und grollt, sie solle gefälligst zu ihm stehen, sich bekennen.
Ich habe mich erst gefragt, ob es nicht etwas zu viel ist, so direkt mit dem Tod in die Haustür zu fallen. Allerdings hatte ich dann den Eindruck, dass es eben das ist, womit sich Vivien beschäftigt; es ist eben keine Effekthascherei, sondern für sie ist es eine Tatsache. Sehr gelungen fand ich dann die Personifizierung des Todes, der an sie Ansprüche stellt und sie in gewisser Weise für sich gewinnen möchte.

Als sie die Augen öffnet, legt der beinah runde Mond das Licht durchs Fensterglas auf sie wie ein Scheinwerfer: Hier liegt Vivien im Mondschlaf; die Vorhänge sind originalverpackt im Schrank verstaut.
Was für ein wundervoller Satz! Ich liebe diesen Rhythmus.

Vivien gab gerade so viel preis, dass die Neugier der Nachbarn gestillt wurde und sie das Gefühl hatten, etwas über sie zu wissen, über die freundliche, schweigsame Frau an der Seite eines noch schweigsameren Mannes.
Das konnte ich mir sehr gut vorstellen und verstärkt das Bild, das ich von Vivien habe. Ich habe Mitleid mit ihr und wünsche mir, dass es ihr wieder besser geht und dass der Mond ihr ein Wunder zuteil werden lässt (auch, wenn das niemals passieren wird).

Der Apfelbaum, dessen oberste Früchte von ihrem Fenster aus zum Greifen nah schienen und die Nähe zum Mond, waren für Vivien die Gründe, die Wohnung im Dachgeschoss zu beziehen.
Der Apfelbaum steht für mich symbolisch für ihre Hoffnung und Lebensfreude; doch wie schon zu Anfang verdeutlich, schlagen die Äpfel auf den Boden auf - so stellt sie sich es vor.

Für Georg war es die Ruhe. Sein Bedürfnis danach wuchs schneller als der Tumor in seinem Bauch. Er befreite sich von Dingen genauso wie von Menschen und ihr gemeinsamer Alltag wurde stiller und stiller, die Anrufe von Freunden weniger.
Uff, das ist ein harter Schlag und wieder lese ich diese Resignation, das Schwere heraus. Macht mich traurig und etwas melancholisch, wobei ich gleichzeitig sehr nach bei deiner Protagonistin bin.

Sie haben sich dann auch mühelos eingefügt und führten Gespräche an den Mülltonnen über den nahenden Winter und beantworteten Fragen über die Familie.
Hier bin ich kurz gestolpert: Der Wechsel der Zeiten hat mich etwas rausgeworfen. Ich glaube, mir hätte es besser gefallen, wenn du daraus zwei Sätze gemacht hättest. So kam der Wechsel etwas aus dem Nichts für mich.

Es war keine echte Entscheidung, das Haus auf dem Land zu verkaufen und in die Stadt zu ziehen. Es war ein Reflex von Georg, nach und nach Ballast abzuwerfen. Seine Kraft reicht nicht für das Leben in einem Haus mit Garten. Die reicht gerade, um den Tod auf Abstand zu halten und sich selbst zu ertragen.
Ach, das ist so traurig ...

Wie ein Wal ist Georg mit einer Hirnhälfte immer wach. Wachsam, als erwarte er jeden Moment das Ungeheuer und könnte es daran hindern, ihn hinterrücks zu erschlagen. Aber es schleicht sich leise und langsam an.
Hier bereitest du das Ungeheuer vor und später greifst du das ja wieder auf. Entscheidend ist für mich, dass er jetzt passiv ist und er nur noch auf das Ungeheuer wartet. Aber damals war das anders:

Georg sah aus, als hätte er mit bloßen Händen Seeungeheuer töten können.
Da war er es, der aktiv war und das Ungeheuer besiegen konnte. Ich finde, dass du dadurch sehr schön die Entwicklung von Georg aufzeigst und wie die Krankheit ihm zu schaffen macht.

„Ich bin so müde“, sagt Vivien leise zum Mond. Sie sagt nicht, dass es ihr nicht nur an Schlaf mangelt. Schmerzhafter ist der Mangel an Hoffnung und an Glück.
Das trifft mich sehr, weil du das so gut vorbereitet hast und genau den passenden Ton in deiner Geschichte für so ein schweres und trauriges Schicksal anschlägst.

Vivien hat sie minimalistisch eingerichtet, Vieles neu gekauft. Nicht, weil es schick ist. Sie haben sich als Familie nicht mitnehmen können. Es ließen sich lediglich die Möbel transportieren. Die meisten lagern im Keller und finden in den Räumen auch keinen Platz. Im Esszimmer hallt es, wenn sie bei den Mahlzeiten mit dem Besteck das Porzellan berühren.
Die Möbel finden keinen Platz und in vielerlei Hinsicht findet auch Vivien keinen Platz - mir stellt sich die Frage, was Vivien noch bleibt, ist es möglicherweise der Mond? Aber auch der kann ihr ja nicht so richtig helfen, hält sie vielmehr vom benötigten Schlaf ab.

„Nils ist ein guter Tischler. Der wird den Stuhl hinkriegen.“
Hätte Vivien auf dem Teppich gelegen, inmitten ihres eigenen Blutes und alles wäre vorüber gewesen, würde im Obduktionsbericht stehen: Bei der Tatwaffe handelt es sich um einen Designstuhl aus geweißter Eiche.
Das ist ein sehr geschickter Übergang vom Dialog zurück in die Handlung. Dadurch fließt der Text, auch wenn der Inhalt hier sehr bestürzend ist!

Wie letzten Sommer, als er mit der Faust gegen die Tür schlug, sie bei der Rückwärtsbewegung hinter ihm stand und der Ellenbogen ihren Brustkorb traf. Eine Rippe wurde dabei gebrochen, sie schützte erfolgreich das Herz und wuchs wieder zusammen.
"Wuchs wieder zusammen" hat mich getroffen, weil ich daran denken musste, dass es für sich doch niemals so sein wird wie früher, als Georg noch Ungeheuer besiegen konnte.

Der Tee in Viviens Tasse ist kalt geworden, während die Müdigkeit unaufhaltsam sämtliche Empfindungen dämpft.
Der warme Tee konnte diese Leere in ihr nicht füllen und demnach wird er kalt. Auch Vivien wird immer resignierter und fühlt sich immer weniger; sie ist in ihrem Mondschlaf.

Seine Hände berühren ihre flüchtig, als er auch Äpfel in die Kiste legt, und Vivien durchfährt ein zärtliches Gefühl. Gierig nimmt sie es auf, möchte es verwahren wie dieses Obst, kann es nicht halten und es hinterlässt nichts weiter.
Hier ein Aufblitzen von Hoffnung, das jedoch sofort wieder zunichte gemacht wird. Denn es ist eben nicht so einfach, dass die Äpfel in der physischen Welt ihr wirklich wieder Lebensfreude bringen könnten, auch wenn sie es versucht. So hat diese Passage auf mich gewirkt.

„Du kannst Saft daraus machen.“
„Und Apfelmus.“
„Apfelkuchen.“
„Mit Streuseln. Wir könnten die Nachbarn …“
„Wann kommt Helene zurück?“
„Samstag“, antwortet Vivien.
Hier wieder die Dialoge, die sich in gewisser Weise um die wichtige Aussprache drücken, es wird nur leicht angedeutet, worum es denn beiden geht, indem du hier wieder die Apfel-Symbolik aufgreifst.

Georg hat ihr eben ein Foto geschickt. Er macht viele Aufnahmen, immer vom Himmel, von den Wolkenformationen, den Farben und vom Licht.
Finde ich hier auch wieder einen gelungenen Kontrast zu Vivien: Während sie sich mit dem Mond beschäftigt, macht Georg Fotos vom Himmel mit all seinen Farben und dem entsprechenden Licht.

Sie hatte sich einen anderen, weniger emotionalen Text zurechtgelegt.Der Arzt nickt.
Kleinigkeit: Hier fehlt ein Leerzeichen.

Weil sie nicht länger das Ventil seiner Wut sein will. Mit Angst kann sie gut umgehen. Vivien kennt sie. Georg ist lieber wütend.
Hier wieder der Kontrast und es liest sich für mich wie ein stummer Aufschrei von Vivien!

Liebe @Kanji deine Geschichte hat es in meine Top 5 Wortkriegergeschichten geschafft, weil mich dein Text tief berührt und ich diesen feinen Rhythmus liebe. Bitte mehr davon!


Beste Grüße
MRG

 

Hej @MRG und guten Abend

mit dir bin ich nach langer Zeit einmal wieder in den Text getaucht. Was soll ich sagen, ich war auch berührt, weil ich augenblicklich emotional in diese Zeit des Schreibens zurückgetragen worden bin. Deswegen habe ich eine Nacht und einen Tag damit verbracht, wieder aufzutauchen und an Textarbeit zu denken.

Ich finde, dass dein Rhythmus sehr fein ist und ich möchte fast "leise" sagen. Das macht die Geschichte für mich so glaubwürdig und wirkungsvoll.
Das ist eine interessante Verbindung. Die Glaubwürdigkeit am Rhythmus festzumachen gefällt mir. Er hat bestimmt mit dem Thema zu tun, oder überhaupt mit dem tiefen Befassen der Protagonisten, wenn sie leiden. Behaupte ich mal.
Kontrast zwischen Vivien und Georg
Auch hier hilfst du mir, weil es zeigt, dass in diesem Fall ein Kontrast nichts Großes sein muss, kein Außen, sondern dass es genügt, wenn er sich innerhalb der Charaktere abspielt.
Dazu kommen die Dialoge, die gerade dadurch glänzen, was du in ihnen nicht schilderst,
Ich tu mich schwer mit Dialogen, wie einige hier im Forum. Sie dürfen nicht konstruiert klingen, müssen zu den Charakteren passen und was es nicht noch so alles zu bedenken gibt. Am empfindlichsten reagiere auf Dialoge, wenn sie sich für mich anhören, als müsste der Leser etwas durch sie erfahren. Natürlich sind sie genau dafür da, aber wenn sie sich anhören, als sprächen sie nicht miteinander, sondern aus der Geschichte heraus, dann blockiert etwas in mir. Ich will, dass ich mir vorkomme als Leser, als würde ich heimlich lauschen, als wäre es nicht für mich gedacht. :susp: War bissi kryptisch, aber ich hoffe, die Tendenz ist deutlich.
denn eigentlich müssten sich die beiden mal gründlich aussprechen - zumindest ist das meine Empfindung von außen als Leser.
Ich wünschte es ähnlich hier. Mir wäre es am liebsten, der Leser glaubt: Mensch, die haben sich bestimmt schon mal ausgesprochen und ich habs verpasst. Weisst du? So privat soll sich das anhören, denn wir sehen ja hier nur eine kurze Zeit, einen Ausschnitt.
Doch stattdessen wird Vivien zum Ventil für Georgs Gewalt; sie leidet, resigniert immer stärker und schläft sehr wenig
Und du bist genau der Deckel auf meinem Geschichtentopf. :kuss: Du liest heraus, was ich nicht explizit formulieren will.
Mir gefällt wie du damit ihre Schlaflosigkeit einführst und zugleich kommt durch die Wortwahl diese Resignation zum Vorschein: hinabstürzen, den Boden treffen, aufspringen, gespenstisch.
Das ist wundervoll, dass du das so liest. Dieses Bild der sich „willentlich" hinabstürzenden Äpfel, die, wie du ja selbst später noch sagst, ein Symbol für Viviens Lebensfreude und Hoffnung sind, und dann bloss fallen und aufschlagen. Später versucht sie sie dann aufzusammeln, die Lebensfreude und die Hoffnung auch, auch mit schadhaften Stellen, quasi sie nicht auf dem Rasen verrotten zu lassen, sie zu konservieren ... und es ihr nicht gelingt. Vermutlich hat sie nicht mal einen Kuchen davon gebacken. :(
so direkt mit dem Tod in die Haustür zu fallen. Allerdings hatte ich dann den Eindruck, dass es eben das ist, womit sich Vivien beschäftigt; es ist eben keine Effekthascherei, sondern für sie ist es eine Tatsache.
Wie glücklich mich deine Art macht, diesen Text zu lesen, zu denken ... du machst dir keine Vorstellung, MRG. :shy:
Ich habe Mitleid mit ihr und wünsche mir, dass es ihr wieder besser geht und dass der Mond ihr ein Wunder zuteil werden lässt (auch, wenn das niemals passieren wird).
Sag mal im Ernst, gibt es etwas Schöneres für einen Geschichtenschreiber, als so mitzufühlen, wie du es tust?
Hier bin ich kurz gestolpert: Der Wechsel der Zeiten hat mich etwas rausgeworfen. Ich glaube, mir hätte es besser gefallen, wenn du daraus zwei Sätze gemacht hättest. So kam der Wechsel etwas aus dem Nichts für mich.
Okay. Ich setz mich noch mal dran.
Ach, das ist so traurig ...
Ach, MRG :confused:
Hier bereitest du das Ungeheuer vor und später greifst du das ja wieder auf. Entscheidend ist für mich, dass er jetzt passiv ist und er nur noch auf das Ungeheuer wartet. Aber damals war das anders:
Einen besseren Leser kann man sich nicht wünschen. Wenn es dafür eine Empfehlung hier gäbe, würde ich sie dir zukommen lassen. ;):kuss:
Da war er es, der aktiv war und das Ungeheuer besiegen konnte. Ich finde, dass du dadurch sehr schön die Entwicklung von Georg aufzeigst und wie die Krankheit ihm zu schaffen macht.
Es kommt in diesem Format Vieles zu kurz. In einem anderen wäre es möglich gewesen, ausführliche Rückblicke und Sprünge einzubinden. Aber es war schon wichtig zu zeigen, dass Georg ein ganz gewöhnlicher Mann gewesen ist. Im besten Sinne.
Die Möbel finden keinen Platz und in vielerlei Hinsicht findet auch Vivien keinen Platz - mir stellt sich die Frage, was Vivien noch bleibt, ist es möglicherweise der Mond? Aber auch der kann ihr ja nicht so richtig helfen, hält sie vielmehr vom benötigten Schlaf ab.
Ganz ge-nau! :shy: Und ich denke auch, dass ihr nicht mal der Mond geholfen hat. Anfangs wünschte sie sich ja eine Art komatösen Schlaf, denn der ist ja bekanntermaßen des Todes Bruder.
Dadurch fließt der Text, auch wenn der Inhalt hier sehr bestürzend ist!
Wenn das gelingt, einen Text zum Fließen zu bringen, lese ich alles, jedes Genre. :lol:
weil ich daran denken musste, dass es für sich doch niemals so sein wird wie früher,
Das ist so. Es ist alles im Fluß. Immer. Aber an solch eklatanten Einbrüchen im Leben, wird es besonders deutlich: es lässt sich nichts aufhalten. Aber eben auch nicht das Schlimme und Unausweichliche und es gibt ein Danach, was eine Chance sein kann. Außer für Georg.:(
sie ist in ihrem Mondschlaf.
Es muss ein ganz besonderer Schlaf sein.
Hier ein Aufblitzen von Hoffnung, das jedoch sofort wieder zunichte gemacht wird.
Es gibt sie ja diese Momente, die man konservieren will. @svg hat es in seinem ‚Lottchen‘ erwähnt, als er so glücklich war, er wollte die Zeit anhalten. Vivien wünschte sich bloß dieses kleine Glücksgefühl einzufrieren, weil es doch so schnell verschwindet.
Finde ich hier auch wieder einen gelungenen Kontrast zu Vivien: Während sie sich mit dem Mond beschäftigt, macht Georg Fotos vom Himmel mit all seinen Farben und dem entsprechenden Licht.
Ja, du :herz:
eine Geschichte hat es in meine Top 5 Wortkriegergeschichten geschafft, weil mich dein Text tief berührt und ich diesen feinen Rhythmus liebe. Bitte mehr davon!
Welche sind die anderen? :peitsch: hopp, sags mir! Ich will die lesen, weil ich denke, sie gefallen mir auch und schlimmstenfalls kenne ich sie nicht. Und hey ja, du hast meine schlafende Motivation angepiekst, mal sehen, ob sie aufwacht.

Lieber @MRG, ich bedanke mich vielmals für deinen Blick auf die Geschichte und wie freundlich du mir deine Gedanken dazu formuliert hast und freue mich auf weitere Texte von dir.

Kanji

 

Vivien lauscht den Äpfeln, die vom Baum fallen. Sie streifen trockenes Laub und Äste. Und während sie tagsüber diesen Vorgang kaum wahrnimmt, hört es sich nachts an, als lösen sie sich vom Zweig, um hinabzustürzen. Sie hört, wie sie im Hof auf den Boden treffen. Manche springen einmal auf, wie in einem gespenstischen Tennismatch. Sonst ist im Hinterhof kein Laut zu vernehmen. Möwen, Krähen und die Nachbarn bevölkern den Garten erst später am Tag und machen sich über das Obst her. Vivien könnte einen langen und tiefen Schlaf gebrauchen. Sie würde aufwachen, wenn all das Schwere vorüber wäre. Sie führt eine offene Beziehung mit dem Tod, der seit Jahren allgegenwärtig ist. Vivien lächelt, denn sie stellt sich vor, wie der Tod Ansprüche stellt und grollt, sie solle gefälligst zu ihm stehen, sich bekennen. Ihre Bettseite steht zum Fenster gewandt, sie kneift die Lider zu, bis ihr die Anstrengung dafür auffällt. Als sie die Augen öffnet, legt der beinah runde Mond das Licht durchs Fensterglas auf sie wie ein Scheinwerfer: Hier liegt Vivien im Mondschlaf; die Vorhänge sind originalverpackt im Schrank verstaut. Georg kann sich nicht dazu bewegen, sie vor dem Fenster anzubringen.
Gerade dieser Absatz ist sehr stark und hat bei mir Gefühle geweckt. Ich finde diesen ersten Absatz super. Georg kann sich nicht dazu bewegen, sie vor dem Fenster anzubringen. Vor dem Fenster anbringen, das liest sich für mich so, als ob sie außen angebracht werden sollen.
Überraschenderweise endeten sie meist einheitlich mit dem Satz: Wir sind im Grunde ein sehr ruhiges Haus.
Das kenne ich auch aus meinen Erfahrungen. Sehr schön beschrieben.:)
Doch diese Stille in der Wohnung war für beide schwer zu ertragen und mehr als ein Pflichtbesuch wurde nie daraus.
Hier wusste ich nicht, wen du meinst. Die Besucher, oder Georg und Vivien?
Wie ein Wal ist Georg mit einer Hirnhälfte immer wach.
Sehr schöner Bildvergleich. Habe ich gar nicht gewusst das, dass so ist. Danke für die Information.
Wachsam, als erwarte er jeden Moment
Nach Wachsam würde ich eventuell einen Punkt setzen. Wirkt dann stärker.
Ihr Wachsein
Ihr wusste ich nicht, ob du beide meintest, oder nur Vivien.
sie ein Boot zu beladen, mit dem sie forts
Zweimal "Sie" in dem Satz.
sie beide
Das sie könntest du streichen. Beide sitzen
„Könntest du dann bitte auf dem Weg unten bei Herrn Stegmann klingeln.
Hier bin ich beim Lesen gestolpert. Eventuell umstellen.
An die Wand gelehnt sitzt Vivien im Bett und der Mond ist weitergezogen, erhellt die Wolkenfetzen am dunklen Himmel und verleiht ihm etwas Dramatisches.
Ein wunderschöner Satz.
„Ich kenne die Diagnose Ihres Mannes und den Krankheitsverlauf.“ Vivien runzelt die Stirn.
Hier würde einen Absatz machen, um klar zu zeigen, wer spricht und wer die Stirn runzelt
„Du wirst sterben, sagt er."
Hier war ich kurz verwirrt, wer das jetzt sagt.

Fazit meinerseits: Ein starker Text, der berührt. Sehr schön geschrieben. Eventuell wird er stärker, wenn du diesen Text einmal in der Ich-Form schreibst, in der dritten Person wirkt er sehr distanziert auf mich.

 

Hallo Kanji,

schön, wieder eine Geschichte von Dir zu lesen!

Bei "Mondschlaf" brauchte ich anfangs ein bisschen, um reinzukommen und warm zu werden mit Vivien, deren Geschichte Du recht sachlich angehst. Der Titel löste in meiner romantischen Seele mystische Assoziationen aus. Diese nährst Du noch im ersten Absatz …

Als sie die Augen öffnet, legt der beinah runde Mond das Licht durchs Fensterglas auf sie wie ein Scheinwerfer: Hier liegt Vivien im Mondschlaf.
Doch schon bei der Beschreibung des Fallobstes, dem Vivien nachts, wenn sie nicht schlafen kann, lauscht, deutet sich an, dass hier überhaupt keine Romantik im Spiel ist:
Sie hört, wie sie im Hof auf den Boden treffen. Manche springen einmal auf, wie in einem gespenstischen Tennismatch. (…) Möwen, Krähen und die Nachbarn bevölkern den Garten erst später am Tag und machen sich über das Obst her.
Und dann sprichst Du es offen aus, dass sich Vivien in der Welt zwischen Leben und Tod bewegt:
Sie führt eine offene Beziehung mit dem Tod, der seit Jahren allgegenwärtig ist. Vivien lächelt, denn sie stellt sich vor, wie der Tod Ansprüche stellt und grollt, sie solle gefälligst zu ihm stehen, sich bekennen.
… starker Tobak, passend zu den langen, dunklen Novembernächten :baddevil:.

Schön gemacht finde ich auch, dass Du die Wahrheit scheibchenweise aus dem Sack lässt. Das Paar, das in einer eigenen Blase lebt, schützt sich vor dem Zugriff ihrer Umwelt. Dies beschreibst Du sehr diskret:

Vivien gab gerade so viel preis, dass die Neugier der Nachbarn gestillt wurde und sie das Gefühl hatten, etwas über sie zu wissen, über die freundliche, schweigsame Frau an der Seite eines noch schweigsameren Mannes.
Die Wahrheit entzieht sich damit auch (erst einmal) dem Zugriff des Lesers bzw. der Leserin. Ich fragte mich, was Vivien zu verbergen hat? Ein paar Sätze später erfahre ich es dann:
Für Georg war es die Ruhe. Sein Bedürfnis danach wuchs schneller als der Tumor in seinem Bauch. (…) Es war ein Reflex von Georg, nach und nach Ballast abzuwerfen. Seine Kraft reicht nicht für das Leben in einem Haus mit Garten. Die reicht gerade, um den Tod auf Abstand zu halten und sich selbst zu ertragen.

Gefallen hat mir auch Deine Bildsprache - nicht nur Mond und Fallobst, sondern auch die kleinen Bilder, die Du zwischendurch einstreust:
Wie ein Wal ist Georg mit einer Hirnhälfte immer wach. Wachsam, als erwarte er jeden Moment das Ungeheuer und könnte es daran hindern, ihn hinterrücks zu erschlagen.

Nun sitzen sie beide auf der Bettkante, wenden sich gegenseitig den Rücken zu und der Raum dazwischen ist weit und kalt und dunkel wie der Ozean.

Die schwere Kost, die Du uns auftischst, lockerst Du durch humorvolle Passagen auf, zum Beispiel:
„Wie geht’s deinem Kopf?“ Er spricht leise.
„Nicht so schlimm. Nur ein … Streifschuss.“
„Ich fahre später zu Nils; der repariert ihn wieder.“
„Soll ich ihn abschrauben oder dich im Stück begleiten?“
(… übrigens ein schönes Beispiel für makabren, schwarzen Humor – ich liebe es :herz:)

An mehreren Stellen habe ich mich gefragt, ob der eine oder andere Schlenker, etwa der Rückblick auf das Kennenlernen von Georg, wirklich Not tut:

In einigen Momenten ist es so, als würde sie traumwandlerisch zurückblicken, auf die Zeit, als sie Georg das erste Mal sah (…)

Auch mit der Helene, die Du erwähnst, aber nicht weiter mit Leben füllst, ging’s mir so:
Es sind Herbstferien und Helene ist mit Freunden ins Sommerhaus gefahren (…)
Ich finde, der Wechsel zwischen den Tagen mit Georg und dem Mondschlaf hätte absolut ausgereicht, um die Geschichte zu tragen.

Auch nicht ganz klar komme ich mit Deinen Tempi, die zwischen Gegenwarts- und der Vergangenheitsform oszillieren. Worauf bezieht sich denn die Gegenwart: auf die Nacht, wenn Vivien wach liegt und die Ereignisse des Tages durchdenkt? Oder auf das Zusammenleben mit Georg? Das solltest Du klarstellen, finde ich.

Hier noch ein paar Kleinigkeiten:

Und während sie tagsüber diesen Vorgang kaum wahrnimmt, hört es sich nachts an, als lösten sie sich vom Zweig, um hinabzustürzen.
Hier müsste m.E. Konditional II stehen.

Sie wird zum Gespräch mit einem Psychologen erwartet.
Im Gesprächsverlauf schreibst Du:
Der Arzt nickt (…).
Was nun: Psychologe oder Arzt?

Alles, was ich bin, was ich weiß, reicht nicht aus. Seit vier Jahren ist das Leben eine einzige Lüge. Der Tod lauert überall.
Klingt für ein 5-Minuten-Gespräch mit dem Arzt zu persönlich, fast philosophisch; weiß nicht, ob das realistisch ist …

„Du wirst sterben, sagt er."
Sagt das die Arzthelferin von Georg, als er die Praxis verließ? Oder sagt es Georg, als ihn Vivien auf der Bank aufgabelt?

Liebe Grüße und noch ein schönes Wochenende,
A. Martin

 

Hej @Silverhawk und erst einmal herzlich willkommen!

Als Retter des Universums hast du dir allerhand vorgenommen, wenn ich dein Avatar richtig interpretiere. Und weil du keine Zeit verlieren sollst, nehme ich gleich mal Stellung zu deinem Kommentar für diese Geschichte.

Georg kann sich nicht dazu bewegen, sie vor dem Fenster anzubringen. Vor dem Fenster anbringen, das liest sich für mich so, als ob sie außen angebracht werden sollen.
Puh. Naja, hinter dem Fenster wäre auch nicht die passende Präposition. :hmm:
Hier wusste ich nicht, wen du meinst. Die Besucher, oder Georg und Vivien?
Hin und wieder kamen seine Schwester oder Viviens Mutter.
Es sollte sich schon auf diese beiden beziehen.
Sehr schöner Bildvergleich. Habe ich gar nicht gewusst das, dass so ist. Danke für die Information.
Erst wollte ich auch noch das männliche Sozialverhalten der Wale mit einbringen, aber das war mir dann doch zu viel des ... Guten. Nach der Paarungszeit, stromert der nämlich als Einzelgänger durch die Meere. ;)
Nach Wachsam würde ich eventuell einen Punkt setzen. Wirkt dann stärker.
Ich probiere es mal aus.
Ihr wusste ich nicht, ob du beide meintest, oder nur Vivien.
Stimmt. Aber sie kann ja nur ihren eigenen Zustand des Wachseins beurteilen.
Zweimal "Sie" in dem Satz.
True. Ich geh da ran.
Das sie könntest du streichen. Beide sitzen
Wo du recht hast ...
Hier bin ich beim Lesen gestolpert. Eventuell umstellen.
Das will ich ja nicht. Ich bearbeite diese Stelle.
Hier würde einen Absatz machen, um klar zu zeigen, wer spricht und wer die Stirn runzelt
Da steht doch aber, dass Vivien die Stirn runzelt. :shy:
Hier war ich kurz verwirrt, wer das jetzt sagt.
Wenn man so dasitzt wie die zwei, still und bedächtig, löst sich die Verwirrung beim Lesen, nicht wahr? :D
Eventuell wird er stärker, wenn du diesen Text einmal in der Ich-Form schreibst, in der dritten Person wirkt er sehr distanziert auf mich.
Da wirst du rechthaben. Vermutlich wäre mir das zu nah.

Ich danke dir dafür, dass du dich mit dem Text beschäftigt und mir praktische Hilfe mit deinem Kommentar geleistet hast. So ein Text wird scheinbar nie wirklich fertig und beendet sein. Natürlich habe ich mich auch sehr gefreut, weil du die Stellen hervorgehoben hast, die dir gut gefielen.

Ich wünsche dir noch viel Freude hier und allen anderen mit deinen Kommentaren.

Freundlicher Gruß. Kanji

Hej @A. Martin ,

schön, wieder eine Geschichte von Dir zu lesen!
schon irritierend, ist es doch die erste, die du von mir kommentierst. Aber klar, man kann ja auch bloß lesen. :D
Der Titel löste in meiner romantischen Seele mystische Assoziationen aus.
gemein, ich weiß.
dass hier überhaupt keine Romantik im Spiel ist:
es ist ja schon ein extremer emotionaler Zustand der Protagonistin im romantischen Sinne, als dass er sehnsüchtig ist nach Leben und Hoffnung, wenn auch nicht im positiv konnotiertem Sinn.
Und dann sprichst Du es offen aus, dass sich Vivien in der Welt zwischen Leben und Tod bewegt:
@MRG wusste zunächst auch nicht, ob das nicht zu viel und zu direkt sei, aber ich wollte schonungslos sein, wie das, was den Protagonisten widerfährt, die sich hier in einem unmittelbaren Zustand befinden, der von ihnen Vieles abverlangt und worauf sie reagieren müssen, damit leben eben, und sie offenbar keine Wahl haben, dem etwas Positives abzuringen.
… starker Tobak, passend zu den langen, dunklen Novembernächten :baddevil:.
schon :shy:
Schön gemacht finde ich auch, dass Du die Wahrheit scheibchenweise aus dem Sack lässt. Das Paar, das in einer eigenen Blase lebt, schützt sich vor dem Zugriff ihrer Umwelt.
Das wäre eine aktive Handlung, aber sie bleiben zurück, sie wählen diesen Zustand innerhalb der Blase nicht. Der Umstand an sich gibt das her. Georgs Verfall schreckt Menschen ab.
Die Wahrheit entzieht sich damit auch (erst einmal) dem Zugriff des Lesers bzw. der Leserin. Ich fragte mich, was Vivien zu verbergen hat? Ein paar Sätze später erfahre ich es dann:
Es freut mich sehr, dass das für dich funktioniert.
Die schwere Kost, die Du uns auftischst, lockerst Du durch humorvolle Passagen auf,
Will keinen kostbaren Leser vertreiben. :shy:
An mehreren Stellen habe ich mich gefragt, ob der eine oder andere Schlenker, etwa der Rückblick auf das Kennenlernen von Georg, wirklich Not tut:
Diese Frage ist berechtigt und sei dir gewiss, das fragte ich mich auch und habe dann beschlossen, den Leser teilhaben zu lassen, inwiefern Georg sich verändert hat. Teilweise zumindest. In einer längeren Version erzählt Vivien rückblickend sogar ausführlicher.
Gefallen hat mir auch Deine Bildsprache
Das macht mich sehr froh, denn es bieten sich mir beim Schreiben immer welche an, als würde alles in allem stecken.
Auch mit der Helene, die Du erwähnst, aber nicht weiter mit Leben füllst, ging’s mir so:
Es sind Herbstferien und Helene ist mit Freunden ins Sommerhaus gefahren (…)
Ich finde, der Wechsel zwischen den Tagen mit Georg und dem Mondschlaf hätte absolut ausgereicht, um die Geschichte zu tragen.
Das musste ich riskieren. Helene ist aber manchmal alles, was die beiden weitermachen lässt. Wenn ich sie aber in diesem Format vielfältiger mit angelegt hätte, wäre mir vermutlich u.a. Viviens Flow verloren gegangen. Jedenfalls habe ich mir das nicht zugetraut.
Worauf bezieht sich denn die Gegenwart: auf die Nacht, wenn Vivien wach liegt und die Ereignisse des Tages durchdenkt? Oder auf das Zusammenleben mit Georg? Das solltest Du klarstellen, finde ich.
Oha. Na, wenn ich das sollte. Mal gucken, ob mir das gelingt. Danke für den Hinweis.
Hier müsste m.E. Konditional II stehen.
Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, ich habe das schon erwogen, mich aber dagegen entschieden, weiß leider nicht mehr wieso. :Pfeif: Hatte wohl eher keinen grammatikalischen Hintergrund.
Was nun: Psychologe oder Arzt?
Du hast recht. Das ist ungenau. Ich hätte wohl Psychiater schreiben müssen, obwohl ich eher einen Arzt im Kopf hatte, der psychologische Hilfe geben wollte.
Klingt für ein 5-Minuten-Gespräch mit dem Arzt zu persönlich, fast philosophisch; weiß nicht, ob das realistisch ist …
Mein Gedanke war, dass es sich um einen vertrauten Hausarzt handeln würde. Ich geh da noch mal ran.
Sagt das die Arzthelferin von Georg, als er die Praxis verließ? Oder sagt es Georg, als ihn Vivien auf der Bank aufgabelt?
„Du wirst sterben, sagt er." Georg sitzt auf einer Bank in der Sonne. Sie sind zu müde zum Lachen, aber sie stoßen beide Luft durch die Nase aus und es könnte ein verhaltendes Lachen sein.
Das sagt Vivien, als sie neben Georg sitzt. Ich sollte einen Absatz davor setzen.

Lieber @A. Martin , es war mir eine Freude und eine Hilfe, von dir zu lesen.

Freundlicher Gruß. Kanji

 

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