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Ninja

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13.06.2002
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Ninja

für moony, denn sie hat es nicht anders gewollt

Nur die Ruhe. Eins werden mit dem Schatten. Lautlos. Nicht auffallen. Sämtliche Geräusche in einen Mirkokosmos aus Stille verbannen und hinunterschlucken. Langsam um die Ecke. Vorsichtig an den Wachhunden vorbei. Den Lichtkegeln der Suchscheinwerfer ausweichen. Immer das Ziel vor Augen. Nicht umdrehen. Niemals umdrehen.

Und vor allem keine Möhrchen knabbern. Nicht jetzt.

...

"Meister, Ihr habt gesagt, in drei Monaten würde ich soweit sein."
"Das habe ich gesagt, ja."
"Nun... das war vor drei Monaten. Bin ich jetzt soweit?"
"Nein."
"Dann habt Ihr gelogen?"
"Die Wahrheit, mein junger Schüler, ist wie ein Grashalm im Wind. Manchmal steht er kerzengerade in der Sonne. Er kann aber gebogen werden, manchmal auch gebrochen. Manchmal, da kippt er gänzlich zur Seite und kann nur schwer gesehen werden. An anderen Tagen wieder wird er von der Last der Welt niedergedrückt und kann sich nicht gegen die Realität behaupten."
"Also habt Ihr gelogen?"
"Ja. Kannst du mir ein Stück Gurke aus der Küche holen?"

Irgendwo hinter dem Horizont, wo sich Himmel und Erde berühren und wo die Sonne niemals untergeht (außer nachts natürlich), dort gibt es ein Land, welches noch nie von einem Menschen betreten wurde. Hier - und nur hier - herrscht noch das alte Gleichgewicht der Natur. So, wie es einst vorgesehen war. Nur an einem Ort wie diesem sind Möwen stubenrein, teilen Löwen und Gazellen sich ihre Mahlzeit und liegen Quallen faul in der Sonne. Und nur an einem solchen Ort konnte die Lehre der Ninjameerschweinchen überleben.
Ein uralter Glaubenskodex, einst weit verbreitet unter den Meerschweinchen dieser Welt - doch im Laufe der Jahrhunderte hatte er für die Tiere angesichts der Verlockungen von Sex, Nahrungssuche und der Flucht vor dem gemeinen Steinadler immer mehr an Bedeutung verloren. Bis sich irgendwann die letzten Meister in dieser altehrwürdigen Kunst des Kampfes an diesen Ort zurückgezogen hatten um ihre Lehre an wissbegierige Schüler weiterzugeben.

"Meister, warum muss ich kopfüber von der Decke hängen?"
"Lerne, die Perspektive zu hinterfragen, die Gott dir gegeben hat. Lerne, die Dinge aus einer anderen Warte heraus zu betrachten. Nur so wirst du in der Lage sein, die Welt zu verstehen, junger Schüler. Außerdem sieht es witzig aus."
"Aber das Blut schießt mir in den Kopf, Meister."
"Besser in den Kopf, als in einen anderen Körperteil."
"Was meint Ihr?"
"Du weißt schon... diesen einen Körperteil, welchen Meerschweinchen am häufigsten gebrauchen..."
"Meinen linken Hinterlauf?"
"Was? Ja... ja, den meine ich wohl. Den linken Hinterlauf..." Meister Strubbel blickte verlegen in eine andere Richtung. Wie jeder Ninjalehrmeister vermied er es, vor seinen Schülern über dieses heikle Thema zu sprechen. Natürlich wusste er ebenso wie jedes andere Meerschweinchen, warum Gott sie einst geschaffen hatte. Wenn man als Spezies ein Leben zwischen Sex und Fressen führt, dann gibt es nicht viele mögliche Theorien über den Sinn des Lebens. Deshalb musste er aufpassen, seine Schüler vor den Verlockungen des Weibes zu schützen. Nur ein keuscher Ninja ist ein guter Ninja.

...

Durch den Tunnel. Keine Furcht zeigen, sondern stur geradeaus. Licht ist der Feind. Und der Feind ist der Feind. Alles ist der Feind. Nur an die Mission denken. Alles andere ausblenden. Nichts ist wichtig, nur das Ziel. Nicht in die Fallen laufen. Jeden Moment bereit sein, das Undenkbare zu denken.

Und dem Steinadler ausweichen. Jetzt!

...

"Hast du dein Laufrad schon gereinigt, mein Schüler?"
"Ja, Meister." Ninjameerschweinchen üben sich, ähnlich ihren direkten Nachbarn im Stammbaum, den Goldhamstern, in der alten Kunst des Laufradschmiedens. Sie benutzen sie aber nicht, um dem Stumpfsinn zu entfliehen und auf der Flucht vor imaginären Feinden einen Dynamo anzutreiben, sondern für sie stellen diese Laufräder eine wichtige Trainingseinheit dar. Nur ein fitter Ninja ist ein guter Ninja.
"Es ist wichtig für einen Ninja, seine Gerätschaften immer sauber zu halten. Lerne die Stubenreinheit und verrichte dein Geschäft immer außerhalb deines Wohnraumes. Die Bakterie ist der natürliche Feind des Meerschweinchens."
"Was ist mit dem Steinadler, Meister?"
"Ja, der auch... Steinadler und Bakterien. Und vor allem Steinadler mit Bakterien. Fürchte sie, mein Schüler. Fürchte sie."
"Meister, ich bin seit zwei Monaten stubenrein. Ich gehe hinter diese alte Vogelbirke zum..."
"Das ist gut, mein Schüler. Das ist sehr gut."
"Ja, und wenn ich Durchfall habe, dann nehme ich immer..."
"Du musst lernen, deine Zunge im Zaum zu halten, mein Schüler. Nichts ist schlimmer, als ein Ninja, der über seinen Darm spricht. Dies soll deine Lektion für den heutigen Tag sein. Morgen reden wir dann über die Techniken, sich das Fell schwarz zu färben."
"Meister..."
"Morgen, mein Schüler. Übe dich in Geduld."
"Aber mein Fell ist schwarz, Meister. Seit meiner Geburt."

Meister Strubbel stockte. In der Tat war sein Schüler das dunkelste Meerschweinchen, das er in seiner langen Karriere als Ninjameister gesehen hatte. Das war eigentlich auch der Grund, aus dem er den Jungen Peggy (der Ursprung dieses Namens führt weit zurück in die Geschichte der Nagetiere und hat irgendwas mit der Französischen Revolution und Schnupftabak zu tun) damals in die Ausbildung genommen hatte.
"In der Tat, dein Fell ist schwarz. Wie das Innere einer schwarzen Kuh, die während einer wolkenverhangenen Neumondnacht auf einer Wiese im Schatten einer Schwarzbuche steht und blind ist."
"Blind?"
"Ich glaube, damit ist deine Ausbildung abgeschlossen. Es gibt nichts mehr, was ich dich lehren kann."
"Was ist mit dem lautlosen Schaben von Möhren?"
"Das ist eine veraltete Technik, die hat Meister Quiecky schon vor Jahren aus den Lehrbüchern entfernen lassen. Niemand schabt heute mehr Möhren."
"Wenn Ihr das sagt, Meister."
"Komme also morgen zu der alten Vogelbirke. Dort werde ich dich in den Rang eines Ninjameisters erheben und... nein, warte... lieber doch nicht an der Vogelbirke. Komm einfach in meine Höhle, das wird reichen."

...

Steinadler sind gute Flieger, aber schlechte Schützen. Glück gehabt, aber nicht übermütig werden. Er könnte zurückkommen. Noch einmal um die Ecke und dann durch die Tür. Ölen, falls sie quietscht. Puschen über die Krallen ziehen. Geräuschlos über den Steinboden schleichen. Einmal tief durchatmen. Das Timing der Lichtschranken beobachten. An, aus, an, aus, an, aus, an, aus, an...

Aus! Jetzt!

...

"... schwöre ich, den Regeln des Ordens zu folgen, den fleischlichen Genüssen zu entsagen und mich voll und ganz dem Kodex zu unterwerfen."
"Beim heiligen Rasen von Antiochia schwöre ich feierlich, den Regeln des Ordens zu folgen, den fleischlichen Genüssen zu... muss das sein, Meister?"
"So lauten die Regeln. Ninjas leben einsam und sie sterben einsam."
"Ja, aber ab und zu ein wenig Spaß..."
"Sprich einfach die Formel nach, junger Schüler."
"Jaja, schon gut... ich schwöre also feierlich, den Regeln des Ordens zu folgen, den fleischlichen Genüssen zu entsagen und mich voll und ganz dem Kodex zu unterwerfen."
"Sehr gut. So knie nieder, Peggy, der Schüler und erhebe..."
"Ich soll mich hinknien? Meister, ich bin ein Meerschweinchen..."
"Tu, was ich sage! Knie also nieder, Peggy, der Schüler und erhebe dich, Peggy, der Ninja. Meister im Nagkampf, Beherrscher der sieben Todeskrallen und Kenner der ultimativen Wahrheit."
"Welche ultimative Wahrheit?"
"Ich habe sie dich gelehrt."
"Ach so... die Wahrheit. Ja, die war wirklich beeindruckend, Meister. Meine Güte, also wirklich..."
"Nenne mich fortan nicht mehr Meister. Von nun an nenne mich bei meinem Namen."
"In Ordnung, Strubbel. Was jetzt?"
"Jetzt beginnt die Phase der Entsagung. Zwei Monate wirst du als freier Ninja durch die Lande streifen und deine Dienste den Bedürftigen anbieten. Wer immer deine Hilfe braucht, wird sie erhalten. Nach diesen zwei Monaten kommst du zurück und berichtest mir. Dann wirst du in der Lage sein, selbst Schüler auszubilden."
"Darf ich die dann auch kopfüber von der Decke hängen lassen?"
"Was du willst. Alles, was du willst."

...

Wachkaninchen. Verdammt, die haben gerade noch gefehlt. Nur die Ruhe. Wer so weit gekommen ist, den hält auch so etwas nicht auf. Einen Moment innehalten, nachdenken. Es gibt einen Weg, es muss ihn geben.
Ablenkung war das Stichwort. Kaninchen lenkt man am besten mit dem Geruch frischer Karottenschalen ab. Jeder gute Ninja hat seinen Mohrrübenvorrat immer am Meerschwein. Lautlos muss es sein, sie dürfen keinen Verdacht wittern. Ein Geräusch und alles wäre umsonst. Alles wäre vorbei. Keine Panik, es kann nichts schief gehen. Schließlich wird man als Ninjameerschweinchen auf solche Fälle vorbereitet. Was hatte der Meister über die Lehren des lautlosen Möhrchenschabens gesagt?
Das ist eine veraltete Technik, die hat Meister Quiecky schon vor Jahren aus den Lehrbüchern entfernen lassen. Niemand schabt heute mehr Möhren.
Verdammt! Immer mit der Ruhe, es wird schon irgendwie gehen. Ein echter Ninja zeigt keine Furcht.

Peggy schluckte schwer und setzte das Schabmesser an.

 

Ich glaube, manchmal, da gibt es Momente im Leben eines Autors, an denen er sich den größten Herausforderungen stellen und selbst aus den blödesten Themen eine halbwegs sinnvolle Geschichte zusammenzimmern muss.

Schnellschuss? Ja
Albern? Ja
Witzig? Vielleicht

 

hehe, gnö. Da ist sie nun, die Geschichte über die NInjameerschweinchen.
War ganz nett zu lesen, am Ende konnte ich zumindest ein wenig grinsen ;) Ansonsten aber nicht. Allerdings kennst du ja meinen Humor bzw. Nicht-Humor :D
Du hast ganz schön lange für diese Geschichet gebraucht, mein Lieber. Du, der regelmäßig schreibt ... und du wolltest mir dieses Thema andrehen. Was wolltest du erreichen, dass cih verzweifelt aus dem Fenster springe? :D

Ist jedenfalls keine einfache Idee und von daher find ich die Umsetzung okay ;)

Lieben Gruß
moony

 

Hihi... moony zum Lachen zu bringen ist in etwa so leicht wie einem Stein das Schwimmen zu erklären :D
Aber ich gebe nicht auf...

Freut mich, daß du die Umsetzung zumindest okay fandest. Sieh es als Herausforderung, denn jetzt bist du dran mit Schreiben... Ich wünsche mir irgendwas mit alkoholkranken Feuerameisen oder so ;)

 

Und der Feind ist er Feind
nicht der Feind?
Die Geschichte hat mich jetzt nicht soo von den Socken gehauen, aber sie hat schon was (außer nachts natürlich).
Die Stelle fand ich noch ziemlich witzig, so ein richtiger Scheibenwelthumor.
Hast du dich vllt von diesen "neuen" Powerrangern beeinflussen lassen, deren Meister ist ein Ninjahamster.
Vllt hättest du das Ende mehr ausschmücken können. Ich meine, es ist gut, so wie es jetzt ist, aber vllt hätte der Leser erfahren sollen, was die Kaninchen bewachen oder so.
Ala, tschüßle,
Tserk

 

Hallo gnoebel,

Vor lauter Lokalpatriotismus musste ich sofort diese Geschichte lesen.

Sie gefiel mir gut, liest sich wie eine Kreuzung aus "Watership down", "Small gods" und "Karate Kid". Die Formulierung hätte durchaus trockener sein können, da ist die von mir verehrte Schafregengeschichte deutlich überlegen. Sonst aber eine schöne Story im routinierten Stil.

 

Moin golio, tserk, naut,

Danke euch Dreien fürs Lesen und Kommentieren.

Die Witze über Paarung und Weibchen hättest du ruhig weglassen können, sowas ist ziemlich abgedroschen und langweilt eher.
Naja... immerhin geht es hier um Meerschweinchen. Die kann man am besten übers Fressen und Sex charakterisieren, weil sie mehr einfach nicht drauf haben ;)
Phantasievoll und vor allem durchgearbeitet wirkt das ganze.
Danke
Hast du dich vllt von diesen "neuen" Powerrangern beeinflussen lassen, deren Meister ist ein Ninjahamster.
Hehe... nee, ich hab mich von Moonshadow beeinflussen lassen. Sie hat gesagt "mach!", also hab ich gemacht...
Vllt hättest du das Ende mehr ausschmücken können.
Ja, hätte ich. Ich benutze solche offenen Enden öfter mal als Stilelement - diesmal ist es aber so, daß mir schlicht nichts plausibles eingefallen ist.
Sonst aber eine schöne Story im routinierten Stil.
Danke. Wie gesagt, war ein Schnellschuss.

 

Hi gnoebel!

"Meinen linken Hinterlauf?"
Oh, oh, oh, low!

Und vor allem Steinadler mit Bakterien.
Der war irgendwie ... gut.

Schnellschuss? Ja
Merkt man nich.

Albern? Ja
Ja, anfangs dachte ich: albern.
Später dachte ich:
Witzig?
Nur ohne Fragezeichen, hehe.

Die Paarungswitze sind schon etwas lahm, weil alt, der Plot ist auch albern, Ninjameerschweinchen?? Aber unterhalten hat es mich irgendwie doch. Und manchmal nicht schlecht.

In diesem Sinne
c

 

Moin chazar,

Danke fürs Kommentieren. Freut mich, daß dich der Text unterhalten konnte. Mehr woltle ich hier auch gar nicht.

Merkt man nich.
Danke. Ehrlich.
Auch wenn man sich als Autor da natürlich die Frage stellt, ob man sich noch Mühe geben soll, wenn der Leser den Unterschied eh nicht merkt... :D
Nee, war Spaß.
Die Paarungswitze sind schon etwas lahm, weil alt, der Plot ist auch albern, Ninjameerschweinchen??
Die Meerschweinchen stammen aus einem Chatgespräch mit moony. Das ist alles bloß ihre Schuld...

 

Tach gnoe!

So, jetzt ich. Sonst bekomme ich noch ein schlechtes Gewissen. Und das will ich nicht, da ich immer so gewissenhaft bin. Gewissermaßen.

"Du weißt schon... diesen einen Körperteil, welchen Meerschweinchen am häufigsten gebrauchen..."
"Meinen linken Hinterlauf?"
Ich schließe mich chazar an und gehe sogar so weit zu sagen, dass dieser Gag, niveaumäßig so tief ist, dass ich danach graben musste.

Nicht in die Fallen laufen. Jeden Moment bereit sein, das Undenkbare zu denken.
Wäre irgendwie sinnvoller, diese Sätze zu tauschen. Kommt besser. Viel besser. Glaub mal. Oder vertraust du mir nicht?

Joha, ich ich richte mich mal nach deiner Kategorisierung.

Schnellschuss?
Kann ich nicht beurteilen aber wenn du es sagst, will ich dir mal Glauben schenken.
Albern?
Ach weißt du, in beinahe jeder Kritik meiner KG's steht irgendwo das Wort albern. Ich bin mit dieser Begrifflichkeit auf Du und Du. (War das eine alberne Antwort?)
Witzig?
Vielleicht, wenn man sich drauf einlässt. Ansonsten recht lahm und einfallslos. Da hilft es auch nix, das alles in die Nagerwelt zu verfrachten. Es war nett zu lesen, der Rest is Geschmackssache. (Puh, dass ich das mal in einem Satz unterbringe ist irgendwie gruselig.)


Lieben Gruß
flash

 

Moin flash,

Auch dir vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Auch, wenns dir nicht gefallen hat (Sack)

Ich schließe mich chazar an und gehe sogar so weit zu sagen, dass dieser Gag, niveaumäßig so tief ist, dass ich danach graben musste.
Ja gut. Ich schreibs um. Irgendwie. Vielleicht schreib ich da auch ganz was anderes hin. In Schönschrift.
Wäre irgendwie sinnvoller, diese Sätze zu tauschen. Kommt besser. Viel besser. Glaub mal. Oder vertraust du mir nicht?
Doch.
Es war nett zu lesen, der Rest is Geschmackssache.
Hehe... welch mit Charmanz hervorgebrachter Totalverriss :D

 

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