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Ohne "Ich"- wie schreibe ich dann?

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11.07.2012
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Ohne "Ich"- wie schreibe ich dann?

Hallo liebes Forum
Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit meiner Frage hier richtig bin und ich hoffe es ist erlaubt hier überhaupt Fragen zu stellen.^^
Also es geht darum, dass ich eine Geschichte schreiben will, in der die Hauptperson ein Mensch mit tierischen Instinkten ist. Da Tiere aber eine andere Wahrnehmung ihres "Ichs" haben, wollte ich die Geschichte, obwohl sie in der Ichperspektive geschrieben wird, nicht mit Ich schreiben.

Beispiel: Ich sprang über sie hinweg.

Kann man hierfür ein anderes Wort verwenden, oder das Ganze irgendwie anders verpacken? Wenn ich schreiben würde: Mein Körper sprang über sie hinweg, hört sich das auch merkwürdig an.

Kann mir jemand helfen? Danke im Voraus.
LG

 

Hm, schwer.
Es handelt sich ja trotz allem um einen Menschen. Ist er wie ein Tier aufgewachsen?
Wenn er einen Menschennamen hat, dann könnte er von sich selbst in der ditten Person denken.

"Wotan springt über sie drüber."

Wenn er allerdings ein normaler Mensch mit tierischen Instinkten/Fähigkeiten ist, dann wäre er sich seiner bewusst, aber sicher durch die gesteigerte Wahrnehmung von Gerüchen und Geräuschen verwirrt und würde sich über das Bedürfnis, sein Revier zu markieren, wundern.

Vielleicht kannst du etwas genauer werden?


MfG
Tim

 

Hallo Rabbit
Er ist zuerst wie ein ganz normaler Mensch aufgewachsen. Er entwickelte diese Instinkte erst, als ihn jemand in ein Dämon verwandelt hat. Er hat die Instinkte einer Raubkatze, sieht aber komplett aus, wie ein Mensch.
Er ist sich auch seiner selbst bewusst, aber ich finde, man kann der Geschiche einen realistischeren Flair und eine ganz eigene Atmosphäre verleihen, wenn sie nicht direkt in den Worten mit "Ich" geschrieben wird.
Das verleiht auch mir als Autorin und den Lesern ein anderes Gefühl, was das Ganze interessant macht.

Die Hauptperson ist also ein Dämon, der wie ein normaler Mensch aussieht, aber man als Leser durch das Vermeiden des "Ichs" in eine komplett andersartige Welt hineingeworfen werden soll, die aber nicht platt nur durch tierische Instinkte beschrieben wird, sondern schon noch einen gewissen Tiefgang hat.
Ich weiß nicht, wie ich das besser beschreiben soll. Vielleicht weißt du, was ich meine.
Danke für deine Antwort.

Und was ich noch vergessen habe zu erwähnen: In der dritten Person soll die Hauptperson nicht üebr sich denken. Das nimmt dem Ganzen wieder den Tiefgang, finde ich.

 

Dann wirst du das "ich" nicht vermeiden können, schließlich war er mal ein normaler Mensch mit normaler Sprache. Er könnte sich selbst von seinem Dämonen-Ich distanzieren, weil ihn diese Instinkte und Bedürfnisse anwidern, so ähnlich wurde das in dan wells´ "Ich bin kein Serienkiller" gemacht. Aber wenn es aus der Ich-Perspektive sein soll, wirst du um das "ich" nicht herumkommen. Alles andere wäre imo unglaubwürdig, aber mal sehen ob noch Vorschläge kommen.
Eine gute Lösung für das Problem würde mich auch interessieren.

MfG
Tim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hei Hallene,

ich denke, das hat weniger mit dem Wort "Ich" zu tun, als mit all den anderen Mitteln, ueber die du diese Perspektive erzählst: veränderte Wahrnehmung, die Sprache, den Stil, das Register daran angepasst, vllt da was am Satzbau ändern etc. Möglicherweise magst du dir ein paar Buecher zu realen Sprachstörungen anschauen, sehen, wie das 'zusammenbricht'.

Du benötigst schon eine enorm gute Beobachtungsgabe, um so was ueberzeugend in 1. Person zu erzählen. Fingerspitzengefuehl, dass die Sprache sinnvoll an den Zustand angepasst verändert wird, aber dennoch einen Teil des Registers erkennbar vom menschlichen Part behalten hat, so dass es nicht wie zwei Personen klingt.

Es gibt eine Lösung, die ich ins Blaue - ohne deinen Stil zu kennen - fuer sinnvoller und eleganter halte: free indirect speech. Das ist ein personaler Erzähler, also 3. Person, der aber alle Einschränkungen der 1. Person hat. Nur eben ohne das "Ich". Damit duerftest du erreichen, was du ausdruecken willst, und hättest dennoch etwas erkennbarer einen Erzähler dazwischengeschoben, der die Sache vllt glaubwuerdiger macht. Gesehen auf einer Skala von altmodisch-allwissendem auktorialen Erzähler zu Bewusstseinsstrom / stream of consciousness eines personalen ist es quasi personaler Erzähler haarscharf vor SoC.

Viel Glueck! :)

 

Im Großen und Ganzen würde ich mich da Katla anschließen: stärker als durch Nutzen oder Weglassen eines einzelnen Wortes kannst du den gewünschten Effekt auch über Wortwahl, Satzbau und Inhalt erreichen (wenn du z.B. berücksichtigst, dass dieser Mensch seine Umwelt ganz anders wahrnimmt, also vielleicht mehr auf Gerüche und Geräusche achtet als auf optische Reize ... oder so.)

Oder du lässt das "Ich" ganz lapidar weg, aber das über längere Strecken elegant und lesbar zu machen, dürfte eine Herausforderung sein.

Wache auf, habe Hunger.

Das funktioniert für mein Gefühl allerdings in der Gegenwart besser als in der Vergangenheit, da dort die Verbformen für 1. und 3. Person identisch sind ...

 

Spannende Sache!

Malinche, das Ich einfach aus dem Satz zu lassen, ohne den Satz zu ändern ist die Stilebene des Autors, die ja nix mit dem Prot zu tun hat. In Parataxe kann man alles mögliche erzählen, das hat mAn mit ihrem Problem nichts zu tun. Was sie braucht, ist (ja, natuerlich ist das auch vom Autor geschaffen, aber verrät nicht sein eigenes Register/Stil) eine besondere Stimme des Erzählers. Das sind ja getrennte Ebenen.

Ich sehe auch keine andere Lösung - will Hallene bei ihrer Idee bleiben - als den Text im Präsens zu erzählen. Präteritum ist erzählen aus dem reflektierenden Rueckblick, und die Frage ist, ob der Erzähler in seiner TierDämonform zu einer solchen Form fähig wäre. Was wäre das auch fuer eine Erzählsituation? Der MenschTier liegt auf dem Sterbebett und lässt sein Leben nochmal Revue passieren? Ein 1.-Personerzähler im Präteritum braucht ja immer einen glaubhaften Grund, Rahmen und auch die Zeit, von all dem Geschehenen berichten zu können, sonst wirkt das total aufgesetzt und unglaubwuerdig. Fuer mich passt es nicht zu dem instinktgetriebenen Erzähler, zu der alternativen Wahrnehmung.

Free indirect speech im Präteritum ... hmm, ja, mit 3. Person ginge das vermutlich besser. Aber auch hier sind die Register, der Sprachstil des Autors nicht der des Erzählers. Also, ueber ein allgemeines Stilmittel ist das denke ich nicht zu lösen.

Mal sehen, ob sich Hallene nochmal äussert, die Fragestellung ist echt interessant.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich sprang über sie hinweg.
Sowas könnt ja auch zu "Muskeln anspannen, Sprung" werden. Und "Ich wache auf und habe Hunder" zu sowas wie "Hell. Bauch leer." :)

DAs Problem ist dann wieder: Wenn das Tier diese Wörter verwendet, irgendwelche Dinge mit Namen (!) belegt, wieso soll es dann nicht gleich "ich" sagen? Namen, Begriffe sind was sehr Menschliches.

 

Katla schrieb:
Malinche, das Ich einfach aus dem Satz zu lassen, ohne den Satz zu ändern ist die Stilebene des Autors, die ja nix mit dem Prot zu tun hat. In Parataxe kann man alles mögliche erzählen, das hat mAn mit ihrem Problem nichts zu tun. Was sie braucht, ist (ja, natuerlich ist das auch vom Autor geschaffen, aber verrät nicht sein eigenes Register/Stil) eine besondere Stimme des Erzählers. Das sind ja getrennte Ebenen.

Da würde ich sagen: Jein. Ich finde, das kann man in dem Fall nicht komplett trennen, da es eben eine Möglichkeit ist, diese besondere Erzählerstimme zu erreichen. Natürlich würde dieses Mittel alleine nicht ausreichen, um das Problem zu lösen, da gebe ich dir völlig recht, das wäre zu wenig. Aber es ist ein legitimes Werkzeug und ich denke nicht, dass sich generelle Stilmittel grundsätzlich isoliert von Idee und Intention des Textes betrachten lassen. Mit anderen Worten: Nur, weil ich mit einem Stilmittel "alles mögliche erzählen" kann, schließt das ja nicht aus, dass ich damit zugleich auch ein ganz spezielles Ziel verfolgen und umsetzen kann. :)

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen dem Stil des Autoren (der über eine Geschichte, einen oder mehrere Romane her erkennbar und markant ist) und des Erzählers (der sich z.B. innerhalb eines Romans je nach Erzählperspektive ändert / anpasst). Aber gerade in dem Fall hier sehe ich das nicht als sauber zu trennen an.

@Makita: Das ist ein guter Einwand. Allerdings, wollte man das konsequent zuende denken, dürfte man wahrscheinlich gar nichts aus solchen Perspektiven schreiben. Ich denke, es geht hier ja auch mehr um eine Annäherung an so eine Sichtweise, wie sie dem Leser stimmig erscheint und Andersartigkeit von der menschlichen Wahrnehmung klar macht. Das bietet natürlich auch ungeheuer viel Spielraum, um auf Hallenes Frage zurückzukommen. Man kann da auch neue Begriffe schöpfen, die nicht mit den gebräuchlichen identisch sind, aber doch erkennbar lassen, um was es hier geht, und durch ihren Aufbau die Sichtweise der Figur illustrieren. Und jetzt fällt mir dafür natürlich kein Beispiel ein ...

 

Hei Hallene,

Du benötigst schon eine enorm gute Beobachtungsgabe, um so was ueberzeugend in 1. Person zu erzählen. Fingerspitzengefuehl, dass die Sprache sinnvoll an den Zustand angepasst verändert wird, aber dennoch einen Teil des Registers erkennbar vom menschlichen Part behalten hat, so dass es nicht wie zwei Personen klingt.

Es gibt eine Lösung, die ich ins Blaue - ohne deinen Stil zu kennen - fuer sinnvoller und eleganter halte: free indirect speech. Das ist ein personaler Erzähler, also 3. Person, der aber alle Einschränkungen der 1. Person hat. Nur eben ohne das "Ich". Damit duerftest du erreichen, was du ausdruecken willst, und hättest dennoch etwas erkennbarer einen Erzähler dazwischengeschoben, der die Sache vllt glaubwuerdiger macht. Gesehen auf einer Skala von altmodisch-allwissendem auktorialen Erzähler zu Bewusstseinsstrom / stream of consciousness eines personalen ist es quasi personaler Erzähler haarscharf vor SoC.

Viel Glueck! :)


Hallo an alle, und danke für eure Antworten. :)

Ich habe schon ein paar Experimente gemacht und gemerkt, dass es nicht einfach ist, einen komplett veränderten Zustand in der ersten Person zu erzählen. Damit dürftest du Recht haben Katla und mir war dieses Problem von Anfang klar; das hatte nicht nur alleine etwas mit dem Wort "Ich" zu tun. Ich schätze, es wird schwer werden einen guten Erzählstil zu kreiieren, wenn ich bei meiner Idee in der ersten Person zu erzählen, bleiben will, vorallem auch deshalb, weil ich noch nicht allzu viel Erfahrung mit dem Schreiben habe. Ich schreibe ab und zu mal kleine Texte, aber wirklich ernst war es mir bisher noch nicht.

Da bietet es sich doch eher an, in der dritten Person zu schreiben, was an sich keine schlechte Idee ist, nur leider habe ich dann nicht hundertprozentig das, was ich anfänglich wollte: Den Leser, aber auch mich selbst realistisch in eine ganz andere Welt der Wahrnehmung hineingebracht. Aber dann wären wir wieder am Anfang des ganzen Projekts: In einem überzeugenden Erzählstil schreiben.
Vielleicht schreibe ich dann auch einfach in der dritten Person, gleichzeitig auch allwissend und mit inneren Monologen eingeschoben. Mal schauen, was klappt. Ich werde auf jeden Fall noch ein wenig weiter experimentieren.


@Malinche
Was meinst du mit Erzählstimme, um mal blöd zu fragen? :D

@Makita
Der Dämon in der Geschichte belegt die Dinge schon mit Namen, nur möchte ich veruchen seine Sichtweise als ganz anders von der, der menschlichen Wahrnehmung darzustellen.

Danke für eure Antworten nochmal.
LG

 

Hi Hallene,

da haste dir ja ganz schön was vorgenommen. Und ich würde es auch nicht über das Wörtchen "ich" angehen. Eine andere Welt der Wahrnehmung übermittelst du dem Leser bestimmt schon, wenn du vor allem über Geruchssinn und Gehör schreibst ("er riecht nach Krankheit, ich höre Schleim in seiner Lunge schwappen" :D ). Also, wenn man sich mal so umliest, die meisten Leute schreiben für die Augen. Und hier im Forum beobachtet man es als typischen Anfängerfehler, dass wirklich nur für die Augen geschrieben und kein anderer Sinn bedient wird.

Sinnliches Schreiben ist schwer, aber bestimmt eine gute Idee. :)

LG,
MG

 

Hallo Hallene,
da hast du dir sicher etwas Schwieriges vorgenommen. Eine Möglichkeit wäre vielleicht, in der "ich" Perspektive zu bleiben, aber du müsstest dann durch stark unterschiedliche Sicht- und Denkweisen/ Wahrnemungen deutlich machen, dass es sich um eine andere Seite des Charakters handelt. Eine Möglichkeit wäre auch, die andere (tierische) Seite des Charakters aus der "ich" Perspektive, aber kursiv zu schreiben. Ansonsten bleibt dir vermutlich nur die Möglichkeit, zwischen "ich" und "er" zu wechseln. Es gibt da einen Roman mit dem Titel "Ich und er", den Namen des Autors weiß ich nicht mehr, es ging darin um Schizophrenie, und immer wenn die Persönlichkeit der Figur gewechselt hat, hat der Autor die Perspektive gewechselt. Beispiel: Ich fand, es war keine gute Idee, nachts im Regen draußen herumzulaufen, aber er war anderer Meinung.
So in etwa.

Gruß, Stefan

 

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