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Play it again!

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13.12.2004
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Play it again!

Der Abend beginnt mit einem spektakulären Sonnenuntergang, wie es jetzt in der Regenzeit nicht selten passiert.
Durch die Wolken spendiert der Himmel eine Extraportion an Farben, zaubert ein Meisterwerk mit leichtem Pinselstrich. Die Schwüle und Hitze des Tages weichen einer frischen Prise vom Meer. Hat sich die Sonne endgültig nach einigen Dakapos verabschiedet, zieht der Himmel den schwarzen Vorhang zu. Finden die Vögel, die den Sonnenuntergang mit ihren Stimmen und Melodien aufgeregt begleiteten, endlich zur Ruhe.
Das Chamäleon, das den ganzen Nachmittag auf der Stromleitung sass, kann ich nicht mehr sehen.
Der Blick auf die See wandelt sich zum Blick in die Dunkelheit. Einige Positionslichter, vor Anker liegender Frachtschiffe, grüssen aus der Ferne.

Ich sitze an der Bar und nippe an meinem Ananaspunsch als Emilien auf die Terrasse kommt. Der kleine rundliche Mann mit dem herzlichen Lachen.
Wir waren eigentlich für den Nachmittag verabredet.
"One beer?"
"Yes, please."
"One Guitar?"
Er lacht. Ich reiche ihm beides. Ein kräftiger Schluck Bier. Er nimmt die Gitarre und setzt sich zurecht. Greift in die Seiten und spielt Songs von den Beatles.
Ich gehe in die Küche, bereite ein Abendmahl für Emilien zu.
Nach dem Essen greift er wieder zur Gitarre. Seine Lieder fliessen in den Abend. Die Menschen haben Zeit. Man sitzt; trinkt etwas und plaudert.
Es ist angenehm kühl. Nur die salzige Luft erinnert an das Meer vor der Nase.
Emilien spielt. Ist in seine madagassischen Melodien vertieft.
Vor meinen Augen zieht die einzigartige Landschaft Madagaskars vorbei. Ich sehe das Hochland, die Reisfelder, die langen Landstrassen über rote Erde, die kleinen afrikanischen Dörfer. Diese Musik spiegelt das Lebensgefühl wider, den Frieden, die Leichtigkeit und die Leidenschaft.
Ich betrachte Emilien, der zu einem Freund geworden ist. Er spielt.
Seine Augen sehen gutmütig aus. Seine vollen Lippen, die so gern lächeln, geben dem dunklen Gesicht ein besonderes Strahlen. Er hat kleine Ohren, fällt mir auf. So zierliche Ohren mit einem so grossartigen musikalischen Gehör.
Ein Gast vom Nebentisch kommt zu uns, leiht sich die Gitarre. Er spielt "La Paloma ade" auf eine besondere, griechisch anmutende Weise. Er schliesst die Augen, geniesst sichtbar jeden Ton. Leidenschaft pur. Wir singen mit, applaudieren und lachen.

Es ist 22.00 Uhr. Die Handwerker kommen. In den Geschäftsräumen ertönt nun der Bohrer, wird gehämmert. Der letzte Kunde des kleinen Internetcafes ist längst gegangen.
Auf der Terrasse handele ich mit Emilien den Preis für seine nächste Show aus.
Alles wird schriftlich fixiert. Eric Clapton spielt nun seinen Blues aus der Konserve.
Die Windstille lässt uns schwitzen. Ich bestelle mir noch einen Punsch mit Crushed Ice.
"In Deutschland sitzen sie jetzt vor dem Fernseher, in geheizten Stuben." sage ich zu Sebastian, der an der Bar sitzt.
Emilien wechselt die Stimmlage. Er stimmt einige Saiten der Gitarre und es erklingt das Lied : "Stille Nacht, heilige Nacht." Unsere Bedienung Gina beginnt, das Lied englisch mit zu singen mit ihrer Kleinmädchenstimme.
Kindheit, weiße Weihnacht, Mutti, Lichterglanz...Gott! Mir schiessen die Tränen in die Augen.
Plötzlich dreht sich Sebastian zu mir herum.
"Heut ist der 2.Advent." sagt er.
Ja, denke ich, es weihnachtet.
"Play it again, Emilien!"

 
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Hallo teccla,

eine Schöne Geschichte. Dazu muss ich sagen mein Vater kommt aus Mosambique, wenn du also an der Wetsküste von Madagaskar sitzt kann man sich fast zu winken. Ich denke sofort an meine Cousins, die haben alle noch keinen Schnee gesehen und feiern trotzdem Weinachten. So etwas soll es auch geben.

Dir einen Gruß vom Nickolaus,
der es einer Nacht um die ganze Welt schaft (deswegen kriegen die Kinder in Amerika ihre Geschenke erst am 25. Dez ;) )
Mummenschanz

 

hallo mummenschanz,
dann hat deine familie die zyklone anfang des jahres auch zuspüren bekommen? gafilo im märz?

also der nikolaus ist früher hier, denn durch die zeitverschiebung ist es bei uns schon zeit für die bescherung, 18.00, wenn es bei euch noch kaffee und kuchen gibt, 16.00.

viele grüsse
teccla

 

Play it again

Hi teccla,

oh ja, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass man Heimweh bekommt, wenn Weihnachten naht.
Da kann das fremde Land in dem man lebt, noch so schön sein.

Du hast, gerade in dem letzten Absatz, die Sehnsucht sehr gut eingefangen.
Eine wirkliche Geschichte war es nicht, aber trotzdem hast du schöne Bilder gezeichnet, die in meinem Kopf lebendig wurden. :)

Liebe Grüße, coleratio

 
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Hallo teccla,

Nein, das schlechte Wetter in Mosambique merkt meine Tante und ihre Familie nicht, bis auf mein ältester Cousin(USA) leben sie in Lissabon. Ich kenne leider keine Verwandten die noch in Afrika sind. Ich spare aber um zumindest mal hinzufahren. Ich muss mir die Klilometer breiten und perlweißen Strände, von den mein Vater immer schwärmt anschauen. Wink für mich einmal über die Straße von Mosambique.

Bis dann
Mummenschanz

 

Hi Teccla,

herzlich Willkommen auf KG.de!

Mir hat deine Geschichte (na ja, eigentlich war es ja keine richtige) sehr gefallen. Ich konnte mir alles so gut vorstellen, als hätte ich ein Foto von der Szene gehabt. Die Sehnsucht nach der Heimat konnte ich deiner Prot. gut nachempfinden. Ich denke, dass es wohl jedem so gehen würde.
Am meisten mochte ich deine schöne, bildhafte Sprache.

LG
Bella

 

Hallo mummenschanz,
ja, wenn du afrika besuchst, lohnt sich ein abstecher nach madagaskar bestimmt.

hallo coleratio,
dank für dein lob, freut mich, wenn durch meine worte bilder entstehen.
ich wollte dieses "weihnachtlich", das sich doch etwas vom deutschen unterscheidet, einfangen.

hallo bella,
danke dir für dein willkommen. bin noch dabei, mich etwas umzuschauen. wenn also mal etwas nicht richtig "einsortiert" ist, dann habt geduld :shy:
auch dir danke ich fürs reinschauen und lesen, sowie für dein lob.
ich freue mich, wenn es euch was gegeben hat.
weihnachten ist eben verbunden mit heimat, kindheit und winter, oder?

viele liebe grüße
teccla

 

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