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Serie Professor Zoing und der Lebenseller

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19.03.2002
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Professor Zoing und der Lebenseller

Eines Tages ging Professor Zoing in ein Kunstgeschäft, um sich ein ganz besonderes Stück Kultur in sein sonst so steriles Wohnzimmer besorgen.
Er blickte sich um, und entdeckte inmitten von seltsamen modernen Kunstobjekten ein grünlich leuchtendes Ei. Während er sich fragte, was das wohl wäre, knubbelte er nervös am Kinn herum.
„Wollen sie Unabhängigkeit?“, fragte jemand.
Professor Zoing hörte auf zu knubbeln und bejahte.
„Gestatten: Fritz. Dieses Stück ist eins meiner Lieblinge vom Lebenseller. Kostet 5000,- Komantschen.
„Das soll Unabhängigkeit sein?“, fragte Professor Zoing.
,Sicherlich.“ begann Fritz, „der Lebenseller ist ein Kunsthändler, wenn man das so sagen darf. Er handelt mit lauter so komischen Sachen, die man eigentlich nicht kaufen kann. So heisst auch sein Laden: ´Lebensellers Laden mit lauter so komischen Sachen, die man eigentlich nicht kaufen kann.´ Der Laden ist seit 4 Monaten auf der Rollingstones-Straße neben der dortigen Zulassungstelle.“
„Davon habe ich ehrlich noch nichts gehört. Wo ist das nochmal?“, sagte Professor Zoing.
„In der Rollingstones-Straße im 60er-Jahre-Viertel.“, antwortete Fritz. „Ist die Verlängerung der Beatles-Allee.“
„Ach so, da.“, sagte Professor Zoing. „Bin ich schon mal durchgefahren, aber auch sonst nichts weiter. Ist das etwa der Laden für die Sprayer?“
„Für wen?“, fragte Fritz.
„Für die Sprayer. Die verkaufen doch dort diese Farbspraydosen, wo ´extra-leise´ draufsteht.“
Professor Zoing blinzelte ganz schnell und grinste, denn er hatte einen Witz gemacht.
„Nun,“, fuhr Fritz fort, „wie dem auch sei, ich war einmal dort, ich wollte es zuerst auch nicht glauben, aber ein alter Kollege erzählte mir davon und behauptete er hätte dort Schlagfertigkeit gekauft.“
„Schlagferitgkeit?“, fragte Professor Zoing.
„Bimelim! Nummer 75, bitte Schalter 9!“, unterbrach die Sprechanlage. (Unwichtig)
„Ja, Schlagfertigkeit. das ist dieses braunes Ding, aus sehr seltsamen Material. Man kann es in jede beliebige Form drücken und dann leuchtet es, wenn man feste draufhaut. Dieser Kollege hat mir erzählt, er hätte 3800 Pleuze dafür gezahlt. Sie wissen ja, Pleuze, das ist diese Schicki-Micki-Währung, die man in Snobkreisen verwendet, weil sie doppelt so hoch im Kurs ist wie die normale Währung.“
„Das gibt es wirklich?“, fragte Professor Zoing betroffen.
„Ja, ich selbst habe noch einige hundert Pleuze zuhaus, nur für den Fall ich werde mal zu einem dieser piekfeinen Veranstaltungen eingeladen...“, sagte Fritz.
„Nein...“, unterbrach ihn Professor Zoing, “ich meinte eigentlich ... diesen Kunstladen.“
„Ach ja, das fand ich natürlich auch sehr unglaubwürdig. Deshalb riet mir damals dieser Kollege diesen dubiosen Lebenseller zu besuchen. Und er riet mir auch, meine gesamten Pleuze-ersparnisse mitzunehmen, denn der wäre nicht gerade billig. Also ging ich los und schon vor der Tür war ich etwas verblüfft. Große Plakate schrieen mich bunt an: ´Sehnsucht im Ausverkauf! Zwei Humore zum Preis von einem! Wir nehmen nur Pleuze! Für jeden Kauf gibt es Unmut und Schuld gratis!´und noch mehr solcherart Werbeschlagzeilen. Ich ging also hinein und sah überall bunte Kunstgegenstände hängen, Links in Tonnen, rechts in einem Schrank, schön geschmückt und verziert, bunte Lichter in der Decke und noch buntere Teppiche am Boden. Am Ende des Raumes war eine Person in einem grauen Kittel hinter einfach installierten Tresen. Darauf stand eine Registrierkasse und hier und da Werkzeug. Ich ging also hin zu den Tresen und erkannte an seinem Kittel ein Namesschildchen: „Der Lebenseller.“ Mehr stand nicht drauf. Er blickte zum Boden und fragte mich, ohne aufzublicken, was ich bitte sehr wünschte. Ich fragte ihn, ob er auch Ausgeglichenheit hätte. Es wäre grad aus, antwortete er mir legär, und das nächste Woche wieder was ´reinkäme. Geduld könne er mir anbieten, sagte er. Das wolle keiner haben. Ich sagte ihm, das ich mich ein wenig umschauen wollte. Er zuckte mit den Achseln. Links neben mir stand eine von diesen großen Giftmülltonnen, die bis zum Rand gefüllt war mit kleinen blauen Sternchen, die leicht glänzten und halb durchsichtig waren. Ich versuchte, eins davon in die Hand zu nehmen, doch sie waren aus einem so glatten Material, dass sie mir wie nasse Seife aus den Fingern glitten. Auf einem kleinen Zettelchen an der Tonne stand: ´Unschuld, 30 Pleuze/Stck.´ Dann ging ich weiter zur nächsten Tonne daneben, welche jedoch rot war. Darin war eine Masse wie leuchtend rosafarbener Quark, leicht dampfend. Ein grober Plastiklöffel war halb darin versunken. Ich schnupperte ein wenig darüber, aber ich roch gar nichts. Auf dem Schildchen dieser Tonne stand: ´Schuld. Gratis (bitte nur einen Becher pro Person)´ Darüber war auf einem Regal ein Schälchen mit drei von den grünlichen Dingern, die mir mein Kollege beschrieben hatte. Unschuld. Es fühlte sich tatsächlich sehr seltsam an. So weich und glatt und warm. Und dieses Leuchten war sehr faszinierend. Natürlich musste ich mir gleich ein paar zulegen. Später erklärte mir der Lebenseller noch, das alle Chemikalien und Mixturen für die Herstellung der Kunstwerke exklusiv für ihn hergestellt würden. Ich bemerkte jedoch, das er log und das er hin und wieder Industrieabfall in seine Kunstwerke mit einfließen ließ. Dann besah ich mir noch eine Vitrine auf der anderen Seite des Raumes. Darin waren viele seltsame Sachen mit erschreckenden Preisen: ´Disziplin 4500 Pleuze.´Das war ein 20 cm langer metallischer Stab mit blinkenden Streifen. ´Vertrauen. 7800 Pleuze.´ Ein gelblicher Haufen aus vernetzten Kügelchen, die sich gegenseitig ununterbrochen abstießen und so in einer hypnotisch wirkenden Bewegung blieben. Ganz oben, in ungreifbarer Höhe waren 2 Exemplare von tiefroten, pulsierenden Herzen, und ich ahnte schon, was das zu bedeuten hatte. Zu meiner Bestätigung verkündete das Schildchen darunter: ´Liebe. 60000 Pleuze. Nicht einzeln verkaufbar.´ Das machte mich neugierig und ich fragte den Lebenseller, was das zu bedeuten hatte. Er raunte mir zu, es wäre doch klar, Liebe könne nur zwei Menschen zueinander haben. Einzeln ließen sich die Dinger nicht verkaufen, denn dann würden sie kopfschmerzerregende Strahlen aussenden und sich mit der Zeit Schwarz färben. Ich entgegnete ihm, was denn zu tun wäre, gemäß dem Fall, ich würde mich selbst lieben und sonst niemand? Das beantwortete er etwas unhöflich mit dem Hinweis, das hieße dann Narzißmus, den gäbe es auf der anderen Vitrine für den halben Preis. Ich beschloß, mich nicht mehr von dem Kerl beraten zu lassen, beging aber dann doch den Fehler, als ich in einem weiteren Regal zwei Teller von ein und demselben Ding sah, gefüllt mit pinkfarbenen Kügelchen, die oben und unten winzige Fensterchen hatten, auf denen sich Zahlen und Buchstaben von Zeit zu Zeit blicken ließen, nach einem Zufallsprinzip. Bei dem ersten Teller stand: ´Rat. 5 Pleuze/Stck.´ auf dem anderen Teller, der sich von nichts vom ersten unterschied, stand ´Guter Rat. 150 Pleuze/Stck.´ Ich fragte ihn, warum denn der gute Rat so teuer wäre, aber er lacht mich bloß aus. Daraufhin verließ ich den Laden. Erst kürzlich hörte ich, das der Laden schließen musste, weil man herausfand, das dort gefälschte Perfektion unterm Ladentisch verkauft wurde. Aber was ich sie fragen wollte: Wollen sie nun Unabhängigkeit kaufen oder nicht? “
Professor Zoing entschied sich schließlich, den Kauf anzunehmen. Seit diesem Tag hatte er ein schönes Stück Unabhängigkeit auf dem Nachtisch stehen, das immer warm und grün schimmerte.

 

Das ist meine erste gelesene Zoing-Geschichte und richtig umgehauen hat sie mich nicht. Du ziehst Deinen Stil durch, sicherlich auch in den anderen Zoing-Stories; manchmal kann man gut schmunzeln und nebenbei habe ich mich gefragt, ob Du da Gesellschaftskritik einbauen wolltest oder nicht (wg. der verkauften Gefühle), dachte aber letztendlich, dass nicht. Für's zwischendurch Lesen ganz nett, sicherlich lässt sich aus so einer Figur auch irgendwann ein Kult kreieren...zumindest im Freundeskreis. ;)

Gruß, baddax

[ 07.05.2002, 11:19: Beitrag editiert von: baddax ]

 

hallo,
ich fand deine geschichte auch super.
ich stimme mrchance zu, wenn er meint das die beschreibung der dinge nicht ganz zu den emotionen gehört.

Giftmülltonnen, die bis zum Rand gefüllt war mit kleinen blauen Sternchen, die leicht glänzten und halb durchsichtig waren.(...) Auf einem kleinen Zettelchen an der Tonne stand: ´Unschuld, 30 Pleuze/Stck.
aber das ist wohl ansichtssache und deswegen gibts eigentlich nichts zu meckern.

Ja, Schlagfertigkeit. das ist dieses braunes Ding, aus sehr seltsamen Material. Man kann es in jede beliebige Form drücken und dann leuchtet es, wenn man feste draufhaut
man könnte vielleicht schreiben, das es zurüchkschlägt,wenn man draufdrückt?

„In der Rollingstones-Straße im 60er-Jahre-Viertel.“, antwortete Fritz. „Ist die Verlängerung der Beatles-Allee.“
:rotfl: :rotfl: :rotfl:
das hat mir gefallen.

Bei dem ersten Teller stand: ´Rat. 5 Pleuze/Stck.´ auf dem anderen Teller, der sich von nichts vom ersten unterschied, stand ´Guter Rat. 150 Pleuze/Stck.´ ]
ichmusste hier schon lachen :rotfl:
ich denke nicht das es nötig wäre nochmal xtra auf den "guter rat ist teuer "-spruch hinzuweisen.
echt geile geschichte ich werd mal lesen was es sonst noch von dir gibt :read:

 

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