Was ist neu

Protect your child...

jbk

Mitglied
Beitritt
17.06.2003
Beiträge
428
Zuletzt bearbeitet:

Protect your child...

Mrs. Dundee parkte ihren Jeep auf dem großen Parkplatz und stieg aus. Sie war extra früh gekommen, denn nur so war sicher, dass ihr Sohn Dennis auch wirklich am Seminar teilnehmen konnte.
„Komm, beeil dich!“, rief sie.
Die beiden gingen schnellen Schrittes auf das Portal des Hochhauses zu. Auf einem großen Schild stand: ‚Protect your child!'
Mrs. Dundee musste an der Anmeldung warten. Hier war schon eine Menge los. Überall standen Eltern mit ihren Kindern.
„Darf ich spielen gehen, Mami?“, fragte Dennis.
„Jetzt nicht! Und sei mal ein wenig disziplinierter.“
Endlich kam sie am Schalter an.
Eine junge Frau mit gebleichten Zähnen lächelte freundlich. „Was kann ich für Sie tun, Mrs…“
„Dundee!“
Die Frau trug den Namen in ein Formular ein. „Und wie heißt der Kleine?“
„Dennis Dundee!“
„Es freut mich, dass Sie sich für ‚Protect your child’ entschieden haben. Wir können heutzutage nicht früh genug damit beginnen, unsere Kinder zu schützen…“
„Absolut richtig!“, meinte Mrs. Dundee. „Ich habe ihren Spot im Fernsehen gesehen. Welch ein Glück, dass ich gerade das Fernsehen angeschaltet hatte. Sonst hätte ich wahrscheinlich nicht von ihnen gehört.“
„Wir bemühen uns, jedem eine Chance zu geben.“
Die Frau hinter dem Schalter blätterte weiter. „Für welches unserer Programme haben Sie sich denn entschieden?“
„Ich weiß nicht so recht. Können Sie mir etwas empfehlen?“
„Absolute Grundlage ist unsere Anti-Raucher-Kampagne! Hier werden den Kleinen Bilder von verteerten Lungen gezeigt sowie Raucherbeine. Sie wissen ja, diese schwarzen Stümpfe. Außerdem werden sie jeden zweiten Tag zwei Züge Zigarre auf Lunge rauchen; natürlich nur, wenn Sie Ihr Einverständnis geben und jegliches Risiko auf sich nehmen. Wenn die Kleinen dann kotzen, werden sie so schnell nichts Rauchbares mehr anfassen.“
„Sehr gut! Das nehme ich!“, freute sich Mrs. Dundee.
„Außerdem sollten Sie die ‚Stay clean’-Kampagne wählen. Hier werden die Gefahren des Drogenkonsums veranschaulicht. Junkies, die in ihren Exkrementen liegen und so was.“
„Auch mit Selbstversuchen?“
„Nein, hier setzen wir eher auf die Suggestionsmacht von eindringlichen Bildern und harter Musik!“
„Hört sich gut an!“
Die Frau kreuzte es auf dem Bogen an.
„Und last but not least sollten Sie sich für unseren Aufklärungskurs entscheiden. Hier sind Bibelstellen in getrennten Gruppen auswendig zu lernen, in denen der Frevel des Geschlechtsverkehrs und die zu preisende Sittlichkeit demonstrativ angesprochen werden."
"Interessant!"
"Zudem müssen die Kinder spezielle Brillen tragen, mit denen ihre Blicke überwacht werden. Sollten sie unsittlich werden, so wird ihnen per mobiler Elektrode ein Stromschlag verpasst."
"Wie innovativ! Aber gibt es hier nicht noch - wie soll ich sagen - tiefenwirksamere Methoden?"
Die Frau hinter der Anmeldung beugte sich leicht vor und sprach leise: "Wenn sie es mit sich vereinbaren können, dann besteht die Möglichkeit einer weiterführenden Behandlung. Ihrem Kind wird in einem gläsernen Raum die Hose herunter gezogen und weggenommen. Anschließend stellen sich alle anderen Kinder vor die Glasscheibe und lachen ihn aus und zeigen mit den Fingern auf ihn; im Hintergrund läuft dabei Orgelmusik. Wenn ihr Kind dann doch Sex vor der Ehe haben sollte, erstatten wir Ihnen die Kosten zurück.“
„Wunderbar; das nehme ich auch!“
„Okay Mrs. Dundee: Bitte stecken Sie die Kreditkarte in den Schlitz.“
Sie tat es.
„Wann werde ich Dennis wieder abholen können?“
„Am 3. April.“
„Aber das ist ja schon übermorgen!“
„Am 3. April nächsten Jahres, Mrs. Dundee.“
„Ach so. Da bin ich erleichtert. Es soll ja auch dauerhaft wirken!“
„Das wird es. Auf Wiedersehen, Mrs. Dundee. Und vergessen Sie nicht, uns zu empfehlen.“

Mrs. Dundee ging zu ihrem Auto und zündete sich eine Fluppe an. Wie aufregend und weit entwickelt doch die Wissenschaft in Amerika war. Diesen wundervollen Tag musste Sie mit ihrem Lebensabschnittgefährten feucht und fröhlich feiern...

 

Hallo jbk,

eine witzige Idee, die gut vorankommt - aber irgendwie fand ich das Ende enttäuschend. Ich dachte, jetzt kommt's, aber dann nur das Jahr und die Fluppe...
Aber:
Die Dialoge sind Dir gut geraten, wenngleich mir ein Beispiel dafür, wie Sex vor der Ehe verhindert wird, gefehlt hat ;-)

'Sie war extra früh gekommen, denn nur so war sicher, dass ihr Sohn Dennis auch wirklich am Seminar teilnehmen konnte. „Komm, beeil dich!“, rief sie ihm zu. Die beiden gingen schnellen Schrittes auf das Portal des Hochhauses zu. ‚Protect your child’ war da zu lesen. Mrs. Dundee musste an der Anmeldung warten. Obwohl sie so früh hierher gefahren waren, war doch schon...'

Vielleicht geht es mit ein paar 'war' weniger? ;-)

Viele Grüsse vom gox

 

Hi gox,

die "war's" sind behoben, das Ende geändert. Auch hoffe ich, ein paar dezente Beispiele für die Aufklärungstherapie gefunden zu haben.

Lg
Jan

 

Hi filechecker,

das war mein erster Versuch in diesem Genre. Schwankte zwischen "Gesellschaft" und "Satire", weil es mir auch nicht gerade abwegig erscheint, dass es solche Programme in Amerika geben könnte. Wenn nicht, dann habe ich wohl eine Marktlücke entdeckt... :D

Gruß
Jan

 

Hello jbk,
Klasse, jetzt isses richtig witzig. Aber ist es überhaupt zulässig über unsere und der Irakis Befreier Satiren zu verfassen? ;-)

Viele Grüsse vom gox

 

Hehe, in dieser Hinsicht bin ich diktatorisch... ;)

 

Keine weiteren Kommentare, obwohl von 23 Mitgliedern gelesen :(

 

Hallo, jbk

Ich fand deine Geschichte unterhaltsam, nicht unbedingt zum Brüllen, aber das ist bei einer Satire auch gar nicht nötig.

Den Teil über das Aufklärungsprogramm fand ich aber auch etwas übertrieben, da muss ich Jo Recht geben (Das wird langsam zur Gewohnheit.)

Was ganz anderes:
Gibt es das Wort "langzeitig"? :confused: In meinem Duden steht das zumindest nicht :read: . Ich schätze, du wolltest nicht "langfristig" schreiben, weil das eigentlich bedeutet, dass es erst nach einer gewissen Frist überhaupt zu wirken beginnt. Aber wie wärs mit "dauerhaft".

 

Keine weiteren Kommentare, obwohl von 23 Mitgliedern gelesen
Na prack, des is a Ohrfeign... :D

Lieber Jan!

Neulich hab ich Dir geistig eine Kritik geschrieben, die war mindestens drei Seiten lang. Aber ich hatte grad die Hände nicht frei zum Tippen und so ist sie in meinen Gehirnwindungen auf Nimmerwiedersehen verschwunden...

Außerdem hab ich mich nicht so recht getraut, weil ich kurz davor grad bei einer anderen Geschichte überinterpretiert hab, und das nicht schon wieder tun wollte. (Schließlich bin ich ja gut erzogen...)

Aber jetzt, wo Du meine Erinnerung auf so dezente Art und Weise hervorgeholt hast, möcht ich Dir noch eine Kurzfassung meiner versunkenen Worte darreichen:

Da mich Deine Geschichte so zum Denken angeregt hat (das hat sie wirklich, das ist nicht bloß so dahergesagt), muß sie mir wohl gefallen haben. :)
Weil: Sie nimmt nicht nur die Eigenschaft von Eltern aufs Korn, ihren Kindern Werte vermitteln zu wollen, die in Wirklichkeit ja nicht einmal ihre eigenen sind, sondern die, die man ihnen selbst schon vergeblich versucht hat, reinzupressen, die man von ihnen erwartet und die sie selbst nur als Theater nach außen hin spielen, aber innerlich ganz anders spüren und denken. - Aber die Kinder sollen wenigstens der Norm entsprechen, dann haben sie es nämlich viel leichter im Leben...

Zu diesem Zweck und weil sich die Eltern ja unsicher fühlen in ihrem Tun, was wiederum von einigen geschäftstüchtigen Institutionen erkannt wurde, gibt es dann gewisse Einrichtungen, wo man die Kinder da- oder dorthinbiegen lassen kann - je nachdem, welche Moral gerade greift.
Ist ja auch unheimlich praktisch, da weiß man die Kinder in den Händen richtiger Profis, die werden schon nix falsch machen, und in der Gruppe lernt es sich ja auch viel leichter: Denn wenn alle dasselbe sagen und tun, dann kann es ja so falsch nicht sein...
"Bitte einmal das Bremsseil nachziehen und straßengrau lackieren."

Sicher sind solche Methoden in Amerika weiter verbreitet als bei uns, aber auch bei uns geht der Trend immer weiter in die Richtung, die Kinder für alles Mögliche irgendwo abzugeben. Deshalb glaube ich, daß Du die Geschichte gar nicht in Amerika spielen lassen müßtest und so auch den englischen Titel vermeiden könntest - manche klicken Geschichten mit englischen Titeln gar nicht an, ich auch nicht immer...

Naja, irgenwie kam ich auch noch zum Thema Sekten, ich glaub, das war gleich, nachdem ich nachdachte, welche (europäischen) Beispiele von Kinderverbiegungsangeboten ich anführen könnte, wo mir zuerst Partei- und Kirchenkinderorganisationen eingefallen sind, und dann eben die Sekten. Aber ich wollte mich ja vor dem Überinterpretieren hüten, und ich glaub, den Punkt hab ich eh schon überschritten, drum hör ich jetzt lieber auf. ;)

Nur zur Änderung mit dem Kondome-Zerschneiden wollte ich noch was sagen: Vielleicht fällt Dir da doch ein etwas besseres Beispiel ein, denn das kommt nicht so gut, in meinen Augen. Wenn es nach der Kirche ginge, dürften die überhaupt nicht erfahren, was Kondome überhaupt sind, und sie zu zerschneiden fördert doch nur die Erzeugerfirma dieses Mordwerkzeuges...:D
Da müßte irgendwas echt ekelerzeugendes als Abschreckung her. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Joso, hi woodwose,

ein Wink mit der Cappie fürs Lesen. Habe mir eure Kritik zu Herzen genommen und die entsprechende Stelle abgeändert. Ist jetzt hoffentlich nicht mehr plakativ, aber immer noch wirksam. Aber entscheidet selbst.

Hi Susi,

des woar doch nuar a goanz klaine watschn... ;)

Ob das Sprichwort "Kleine Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen" an dieser Stelle der Wertediskussion nicht ein wenig zynisch klingt? Man sollte es jedenfalls literarisch übertragen sehen.

Nun zu deiner ausführlich interpretierten Antwort, die mir gut gefallen hat, da sie Aspekte anspricht, die ich in dieser Klarheit in anderen Postings vermisst habe (ohne diese jetzt schlecht machen zu wollen): Der folgende Ansatz

Weil: Sie nimmt nicht nur die Eigenschaft von Eltern aufs Korn, ihren Kindern Werte vermitteln zu wollen, die in Wirklichkeit ja nicht einmal ihre eigenen sind, sondern die, die man ihnen selbst schon vergeblich versucht hat, reinzupressen, die man von ihnen erwartet und die sie selbst nur als Theater nach außen hin spielen, aber innerlich ganz anders spüren und denken. - Aber die Kinder sollen wenigstens der Norm entsprechen, dann haben sie es nämlich viel leichter im Leben...
hat mich überzeugt. Gewiss spielen da seitens der Eltern eben jene Wünsche mit herein. Gedacht war die Geschichte als Satire auf diesen Konzern, doch durch diese Sicht hast du auch mein Verständnis erweitert - nicht immer ist sich ein Schreiber des vollen Umfangs seiner Erzählung bewusst. Deshalb sind Interpretationen, auch ausführlichere, zumindest von mir gerne gesehen. Ob überinterpretiert oder nicht: letztlich zählt doch die Auseinandersetzung mit der Geschichte. Und die Gedanken sind ja, wie wir seit dem Text auf süddeutschen Flugblättern zwischen 1780 und 1800 wissen, frei!
Dieses Gedicht, zu finden über http://www.deutschland-bewegung.de/index.html?/zitate.html , bringt eine andere Diskussion zu Tage: Haben es die Kinder leichter, wenn sie nach Norm erzogen werden?
Natürlich werden sie dann in ihrer Kindheit und Jugend weniger anecken als jene liberal erzogenen Altersgenossen. Doch geht nicht so die Chance verloren, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln?
Sicherlich ist diese Chance spätestens dann vertan, wenn das Kind in einer solchen Einrichtung untergebracht wird.
Solchen Konzernen haben die Maxime, Geld um jeden Preis zu verdienen - und manche Eltern denken sicherlich so, wie du es beschrieben hast - nicht nur wie hier im Großen, sondern auch im Kleinen, im Alltag:
Ist ja auch unheimlich praktisch, da weiß man die Kinder in den Händen richtiger Profis, die werden schon nix falsch machen, und in der Gruppe lernt es sich ja auch viel leichter: Denn wenn alle dasselbe sagen und tun, dann kann es ja so falsch nicht sein...

Ob ein solcher Trend auch in Deutschland greifen wird, ist fraglich - jedenfalls in solch großem Stil nicht unbedingt vorstellbar. Da ist Amerika aus heutiger Sicht ganz weit vorne: Deshalb die Ansiedlung in einem englischsprachigen Land (es könnte auch auf einem anderen Kontinent liegen, jetzt, wo die BUSH-STELLE weg ist... ;))

Der Punkt mit den Sekten ist ein gänzlich neuer Gedanke. Um ihn als solchen deutlich heraus zu stellen, müssten die Eltern auch fester in das System integriert werden: etwa durch Mitgliederwerben o.ä.

Die "Kondom-Stelle" ist geändert...

Lg
Jan

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom