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Rache

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14.10.2014
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Rache

Er eilte mit seiner Frau, deren linken Arm er über seinen Nacken geworfen hatte, aus dem Saal in ein Schlafzimmer, das gleich nebenan lag. Vorgezogene Gardinen verdunkelten den Raum und das schwache Licht aus dem Flur machte ihn nur ein wenig lebhafter. Im Saal wurde währenddessen zu den Klängen moderner klassischer Musik getanzt und gespeist, doch für ihn und seine Frau sollte es heute Abend anders kommen.
Sie wussten, dass sie schwanger war. Immerhin war so ein großer Bauch nicht leicht zu übersehen.
Als einige Köche aus der benachbarten Kantine kamen und gemeinsam ein riesiges Silbertablett mit einem Spanferkel in die Höhe hielten, setzten die ersten Wehen ein und die Schmerzensschreie der Frau übertönten mit Leichtigkeit die durch den Saal schallende Musik. Sofort war ihr Mann zur Stelle und half ihr vom Stuhl. Nun lag sie dort auf dem Bett des Gastes und befeuchtete das weiße Seidenlaken mit Tränen, Schweiß und Erbrochenem. Das helle, fast durchsichtige Kleid klebte mittlerweile an ihrer Haut und brachte die Unterwäsche zum Vorschein. Der hilflose Mann hatte sich neben sie aufs Bett gesetzt und rieb vorsichtig mit seinen Handflächen an ihrem rechten Oberarm.
»Beruhige dich doch, du wirst es schaffen«, er wollte sie besänftigen, aber konnte sich nicht gegen die höllischen Schmerzen durchsetzen, die ihren Unterleib zum Brennen brachten. Nichts als Schreie gab sie von sich.
»Hör mir zu, ich hole Hilfe!«, versuchte er ihr klar zu machen und stürmte aus dem Zimmer über den Flur in den Saal zurück, dessen in die Höhe ragende Wände und Säulen von etlichen Goldverzierungen, Gemälden und Skulpturen übersät waren.
»Hilfe! Meine Frau bekommt ihr Kind!« Er brüllte und wollte auf sich aufmerksam machen, indem er seine Arme durch die Luft schwang.
»Gibt es hier eine Hebamme? Ich brauche eine Hebamme!« Inzwischen ging er von Tisch zu Tisch und fragte jede Person, die er zu Gesicht bekam.
»Ich bin Hebamme. Ich... Ich kann Ihnen vielleicht helfen«, eine schwarzhaarige, junge Frau erhob sich von ihrem Stuhl und antwortete verunsichert.
»Kommen Sie mit, schnell!«, der Schnurrbart des Mannes ragte über seine gesamte Oberlippe und bewegte sich beim Sprechen auf und ab. Er lief los und das Fräulein folgte ihm, nachdem sie ihr Kleid hochgezogen hatte.
»Hier, da liegt sie! Bitte, Sie müssen ihr helfen«, er streckte den rechten Arm zu seiner Frau und zeigte der Hebamme den Weg. Diese setzte sich sofort aufs Bett und blickte suchend um sich. »Haben Sie ein Messer oder eine Schere?«
»Da auf dem Tisch« Er schnappte sie sich und reichte sie dem Mädchen, das das Kleid und die Unterwäsche zerschnitt, um Beine und Bauch freizulegen. Danach stemmte sie ihre schmalen Arme gegen die Oberschenkel der Schwangeren und prüfte den Genitalbereich. »Pressen! Pressen Sie!«, rief sie und wollte mit ihrer zarten Stimme gegen die qualvollen Schreie ankommen.
Es war eine Stunde vergangen, doch das Kreischen wurde nicht leiser und das Baby wollte noch keine Luft schnappen. Die Hebamme erkannte, dass ihr Handeln zu nichts führte, also tastete sie vorsichtig im Bereich des Unterleibs herum und führte schließlich nach einigen Sekunden des Dehnens ihre Fingerkuppen in die Vagina. Neben klebrigen Flüssigkeiten spürte sie allmählich den Säugling. »Ihr Kind wird bald rauskommen. Sie müssen pressen!«
»Klara, du musst es schaffen! Pressen!«, hörte man nun auch den Mann rufen, der sich im Hintergrund unruhig von links nach rechts bewegte. Voller Anstrengung schöpfte sie ihre letzten Kraftreserven aus und presste, so stark sie nur konnte. Dann führten die Finger der Hebamme ein Köpfchen heraus und das kleine Wesen kam zum Vorschein. Die Mutter wurde ruhiger, nachdem das Mädchen die Nabelschnur durchgetrennt hatte und das Neugeborene sanft mit einem Tuch umhüllte. Sie schaukelte es hin und her und summte ein Lied zur Beruhigung, dennoch kreischte es fürchterlich; das musste von der Mutter kommen.
»Schauen Sie, es ist ein Junge«, strahlte die Hebamme und wollte ihn gerade seiner Mutter übergeben. Doch die gab mittlerweile keinen Laut mehr von sich. Ihr Mund stand offen und ihre leeren Augen starrten hinauf zur Decke.
»Sie haben sie getötet! Mörderin! Geben Sie gefälligst meinen Sohn her«, der Vater schrie das Mädchen an und riss ihr das Baby aus den Armen.
»Es ist normal, dass Frauen bei Geburten sterben. Sie müssen mir glauben! Es tut mir Leid«, sie versuchte es ihm zu erklären, doch er ließ sich nicht überzeugen.
»Verbreiten Sie keine Lügen! Hinter Gittern bringen, werde ich Sie! Nennen Sie mir schleunigst Ihren Namen, bevor noch meine Hand ausrutscht!«
»Ich heiße Goldstein. Rachel Goldstein ist mein Name«, stotterte sie und fing an zu weinen.
»Eine Jüdin!«, der Mann war völlig außer sich und zog mit seinen Pranken an ihren Haaren.
In der Linken das Kindchen haltend und mit der Rechten drosch er auf das Mädchen ein, das sich von ihm zu befreien versuchte, was sie nach einem kleinen Kampf schaffte und nun verängstigt mit tränenbefleckten Wangen aus dem Zimmer floh.
»Ihr werdet noch sehen, was ihr davon habt!«, brüllte er ihr hinterher und fuchtelte mit seiner Faust.
Der zornige Blick seines Gesichtes legte sich langsam und er wandte sich zu seiner Frau, die in Körpersäften lag, welche den Raum mit einem widerwärtigen Geruch erfüllten. Er setzte sich neben ihren leblosen Leib und das Baby fing erneut an zu kreischen. Der Vater senkte den Kopf und kitzelte seinen Sohn behutsam am Bauch. Währenddessen zogen seine kleinen Fingerchen an nur einem Daumen des Vaters und er redete beruhigend auf ihn ein. »Kein Grund zur Sorge. Dafür werden sie schon noch bezahlen. Nicht wahr, Adolf?«

 

Servus allerseits!
Ich präsentiere euch nun meine erste Kurzgeschichte. Ich wollte schon die ganzen letzten Tage hier etwas veröffentlichen, jetzt habe ich es einfach mal gemacht :)
Ich bin gespannt, wie ihr sie findet und würde mich über Kritik freuen!
Viele Grüße, Slender

 
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Hallo Slender

Ich hab schon von diversen Theorien gehört, welche die Ursache von Hitlers Judenhass erklären wollten - mal ist die Rede davon, ein Jude habe ihn an einer Kunstakademie abgelehnt, mal heißt es, er habe einen jüdischen Arzt für den Tod seiner Mutter verantwortlich gemacht - aber deine Erklärung ist naturgemäß neu (wenn auch ähnlich der Arzt-Theorie), da sie ja den historischen Fakten nicht entspricht.

Ich weiß nicht genau, welche Erkenntnis ich aus deiner Geschichte ziehen soll. Dass ein einzelnes Ereignis Schuld ist an Hitlers Hass, und wenn es dieses Ereignis nicht gegeben hätte, er auch kein Antisemit geworden wäre? Angesichts des Ausmaßes dieses Hasses mag ich das nicht so recht glauben. Oder möchtest du sagen, dass Hitlers Vater ihn zu dem gemacht hat, was er letzten Endes wurde? Dass der Holocaust lediglich die Rache für den Tod Klaras war (wie es der Titel deiner Geschichte impliziert?). Oder ging es dir um die bittere Ironie, dass Hitler ohne die Hilfe einer Jüdin nicht zur Welt gekommen wäre? Würde mich echt mal interessieren, was deine Absicht für diesen Text war.

Ich denke, es ist kein glückliches Thema. Der Text steuert auf die Pointe zu, lebt letzten Endes von ihr, aber nicht, weil es so eine tolle Pointe ist, sondern weil sie in einem historischen Kontext steht, den dein Text gar nicht thematisiert. Es geht ja nicht um irgendeine Geburt, sondern um die von Hitler, und als Leser denkt man am Ende vielleicht, oha, das ist ja Hitlers Geburt (falls man es nicht schon hat kommen sehen), aber dann - was ist der zweite Gedanke? Was nimmt man da mit? Das meine ich, wenn ich sage, ich weiß nicht, welche Erkenntnis ich daraus ziehen soll.

Roald Dahl hat mal eine ähnliche Kurzgeschichte geschrieben - er setzte kurz nach Hitlers Geburt ein, war aber viel näher an den Figuren dran, hauptsächlich an Klara, und hat ihre Angst thematisiert, das Neugeborene könne sterben wie ihre letzten Kinder auch (sie hatte drei davor, die aber alle als Kleinkinder gestorben sind). Klar, auch in der Geschichte war der historische Kontext wichtig, aber da ist viel früher klar geworden, um wen es eigentlich geht - und der Text lebte dann irgendwie von dem Widerspruch zwischen Klaras Menschlichkeit und dem Menschen, an den diese gerichtet ist (und somit hat Dahl eben diesen Kontext sehr geschickt eingesetzt). Das war Dahls Kniff in diesem Text. So etwas kannst du hier nicht etablieren, da die Geburt bei dir eben - wie gesagt - nur die Pointe ist und der Text dann abbricht.

Vom Stil her finde ich das flüssig und sehr ordentlich geschrieben. Ersetze noch die Kommas nach der wörtlichen Rede durch Punkte an solchen Stellen hier:

»Hilfe! Meine Frau bekommt ihr Kind!«, er brüllte und wollte auf sich aufmerksam machen,

»Gibt es hier eine Hebamme? Ich brauche eine Hebamme!«, inzwischen ging er von Tisch zu Tisch

»Da auf dem Tisch«, er schnappte sie sich und reichte sie dem Mädchen,

Ich finde, du solltest eine Geschichte schreiben, die von sich selber und ihren (fiktiven) Figuren lebt, anstatt zu versuchen, einer Geschichte ein Gewicht zu geben, das sie nicht hat, indem du historische Figuren von solch immenser Tragweite wählst. Denn wenn es nicht gerade Hitlers Geburt wäre - was bleibt dann von diesem Text? Versteh mich nicht falsch, du schreibst anscheinend ganz ordentlich, aber gerade deshalb interessiert es mich, was herauskommt, wenn du dich einem anderen Thema widmest.

Grüsse,
Schwups

 
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Hallo Schwups!

Vielen lieben Dank für deinen langen Kommentar. Hat mich gefreut, zu lesen.

Ich habe einiges dazugedichtet, da es, wie du schon bemerkt hast, teils nicht den historischen Fakten entspricht. Ich wollte es auch nur auf ein "möglichst böses" Ende hinauslaufen lassen. Also ich hatte keine spezielle Pointe im Sinn.

Dahls Geschichte kannte ich noch gar nicht, danke für den Tipp!

Klar, auch in der Geschichte war der historische Kontext wichtig, aber da ist viel früher klar geworden, um wen es eigentlich geht

Und bei meiner Geschichte wollte ich genau das umgekehrte, nur darum ging es mir :)

Die drei von dir genannten Stellen werde ich auch noch bearbeiten und die Kommas mit Punkten ersetzen.
Edit: Habe die Kommas einfach weggelassen und keine Punkte hingemacht, müsste so reichen

Im Großen und Ganzen habe ich hier Fiktion mit wahrer Geschichte vermischt und nach meiner Geschichte sieht es eben so aus, dass alles vom Vater ausgegangen ist (was aber nicht stimmt, meine ich). Deswegen auch der Titel, dass die Vernichtung der Juden der Rachefeldzug von Hitler gewesen ist, wozu ihn sein Vater motiviert hat. Allerdings habe ich z.B. Klaras Tod dargestellt, was auch nicht der Realität entspricht und den Judenhass von Alois (wobei das auch nicht der Realität entsprechen dürfte). Wenn das alles wirklich so passiert wäre, wäre meine Geschichte vielleicht noch ein bisschen unheimlicher :)

Nochmal danke für deinen Beitrag und viele Grüße!

 
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Hallo Slender,

Er eilte mit seiner Frau, deren linken Arm er über seinen Nacken geworfen hatte, aus dem Saal in ein Schlafzimmer, das gleich nebenan lag.
Ich finde diesen ersten Satz schon ziemlich sperrig und verwirrend. Ein Schlafzimmer, neben einem Saal? Wo befinden wir uns überhaupt? Krankenhaus, Hotel, Privathaus?
Nun lag sie dort auf dem Bett des Gastes
Welcher Gast? Sind der Mann und die Frau die Gastgeber?
eine schwarzhaarige kleine Dame
darunter stelle ich mir eine ältere Frau vor. Später bezeichnest Du sie aber nur noch als Mädchen. Besser wäre: eine schwarzhaarige, junge Frau.

»Es ist normal, dass Frauen bei Geburten sterben. Sie müssen mir glauben! Es tut mir Leid«, sie versuchte es ihm zu erklären, doch er ließ sich nicht überzeugen.
Ehrlich gesagt, von dem leeren Geschwafel würde ich mich auch nicht überzeugen lassen.;)

Den Schluss finde ich ziemlich daneben. Wirkt hingeschludert, und sprachlich könnte man das auch noch optimieren

... Mischung aus allen möglichen Flüssigkeiten lag, welche den Raum mit einem widerwärtigen Geruch erfüllten.
Du bedienst Dich einerseits einer recht altmodischen Sprache, die wohl in die Zeit passen soll, aber dazwischen kommen dann diese unpassenden Formulierungen. Körpersäfte wäre hier vielleicht passender.
Insgesamt solltest Du den Text nochmal durchgehen und nach solchen Formulierungen suchen, die sich mit dem Rest beißen
Er schnappte sie sich und reichte sie dem Mädchen
.


Die Pointe zum Schluss? Okay. Sprachlich hat mich der Text nicht überzeugt.

Viele Grüße,
Kerkyra

 

Hallo Kerkyra,

danke auch dir für deinen Kommentar!

Ich finde diesen ersten Satz schon ziemlich sperrig und verwirrend. Ein Schlafzimmer, neben einem Saal? Wo befinden wir uns überhaupt? Krankenhaus, Hotel, Privathaus?

Das sollte durch das Weiterlesen des Textes deutlich werden.

Welcher Gast? Sind der Mann und die Frau die Gastgeber?

Irgendeine Privatperson, die einen Ball (oder etwas anderes, was du dir vorstellen magst) veranstaltet hat. So hatte ich mir das gedacht, auf diesen Gastgeber wollte ich auch nicht näher eingehen.

darunter stelle ich mir eine ältere Frau vor. Später bezeichnest Du sie aber nur noch als Mädchen. Besser wäre: eine schwarzhaarige, junge Frau.

Ja, stimmt. Das gefällt mir auch besser, habe ich mal übernommen.

Ehrlich gesagt, von dem leeren Geschwafel würde ich mich auch nicht überzeugen lassen.

Naja, man muss auch bedenken, dass diese Frau enorm unter Druck steht und von dem Vater angemacht wird...

Den Schluss finde ich ziemlich daneben. Wirkt hingeschludert, und sprachlich könnte man das auch noch optimieren

Inwiefern daneben? Dass er deinem Geschmack nicht entspricht? Das ist mir auch klar, dass es bestimmt nicht jedermanns Geschmack ist :) Ja, sprachlich könnte man das sicherlich noch verbessern

Körpersäfte wäre hier vielleicht passender.

Danke für den Tipp, werde ich übernehmen!

Alles klar, vielen Dank nochmal für deinen Kommentar!

Grüße, Slender

 

Hallo Slender.
Zu Deiner Rettung nehme ich jetzt einfach mal zu Kenntnis, dass Du ein Mann bist. Denn so wie Du das beschreibst, geht keine Geburt vonstatten. Ich musste fast ein bisschen lachen. Keine Frau bricht plötzlich bei einem Essen zusammen, brüllt gleich die Seele aus dem Leib und fängt kurz darauf an zu pressen.
Die "Moral von der Geschicht" empfinde ich als etwas infantil.
Die Sprache finde ich an ein paar Stellen ziemlich ungehobelt, vielleicht würde ein Feinschliff helfen.
Ich meine so Zeugs:

Dann führten die Finger der Hebamme mit und mit ein Köpfchen heraus und das kleine Wesen kam zum Vorschein.

Ließ Dir den Satz mal lauf vor, das "mit mit" stört total und ich verstehe auch nicht, was Du meinst.
Ich denke es wäre besser, sich nicht gleich an die ganz großen und auch schon sehr abgegriffenen Themen zu wagen.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude hier,
Gretha

 

Hallo Gretha,
danke für deinen Kommentar!

Ja, richtig, ich bin männlich ;) Habe auch noch nie eine Geburt (außer meine eigene) miterlebt, muss ich gestehen..

Ließ Dir den Satz mal lauf vor, das "mit mit" stört total und ich verstehe auch nicht, was Du meinst.

Also mich stört es nicht, aber gut, wenn man andere Meinungen hört. Ich streiche das "mit und mit" einfach raus. Eine Frage bleibt mir aber noch: Was verstehst du an dem Satz nicht, bzw. was macht ihn für dich unverständlich? Ich wollte damit lediglich beschreiben, wie der Säugling zum Vorschein kommt...

Danke dir und viele Grüße, Slender

 

»Ihr werdet noch sehen, was ihr davon habt!«, brüllte er ihr hinterher
hätte eigentlich das Zeug, unter alttestamentarische Prophetien aufgenommen zu werden, wenn unterm grassierenden antijudäischen (Antisemitismus, wie er seit 1879 genannt wird, zeigt ja schon die Beschränktheit seiner gläubigen Schar. Araber bilden die größte Gruppe unter der semitischen Sprachfamilie).

lieber Slender –
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!

Naturgemäß haben schon viele versucht, den Mythos Hitler zu lüften. Aber der Zollbeamte Alois Hitler, geb. Schicklgruber hatte sechs Kinder von denen das vierte Adolf genannt wurde. Ich hab – vorneweg gesagt – nix gegen natürlichen Horror, wie er bei der Geburt vorkommen kann und deshalb auch vorkommt, aber hier geht einiges schief (wär ja noch schöner, wenn Großmeister St. King die Welt erklären müsste). Es beginnt schon zu Anfang

Im Saal wurde währenddessen zu den Klängen moderner klassischer Musik getanzt und gespeist,…
Wo soll das 1889 spielen? Braunau am Inn? Zuerst wollt ich den Saal aber für einen höllischen Geburtssaal ansehen – aber dann fiel mir punktgenau auf für ’89 zur Frage, wer musiziert dorten? Welche Musik dort gespielt wurde, kann ich mir vorstellen:

Der Titan, Sinfonie Nr. 1 von Gustav Mahler …

Aber es gab noch kein Grammophon, wohl einen Vorläufer: Die Musikwalze … der Phonograph
& schon zum Zwoten

»Hilfe! Meine Frau bekommt ihr Kind!«
Das Possessivpronomen als Quelle allen Übels … Aber wessen Kind hätte die arme Frau sonst „bekommen“ können?

Keine Panik, schreiben kannstu, es sind halt Gedanken, die keinem andern kommen müssen … Aber nun sind sie einmal gekommen. Zum Trivialen:

Hier wären – so nebenbei – die Auslassungspunkte von vorhergehenden Wort zu trennen, das sie in der vorliegenden Weise auf wenigstens einen fehlenden Buchstaben am „Ich“ hinweisen wollen … Zudem sind die Adjektive gleichrangig (Probe: ein „und“ dazwischen würde keinen Schaden anrichten) und somit durch Komma zu trennen (alternativ eben die Konjunktion)

»Ich bin Hebamme. Ich[…]... Ich kann Ihnen vielleicht helfen«, eine schwarzhaarige[,] kleine Dame erhob sich von ihrem Stuhl und antwortete verunsichert.
Satzzeichen am Ende der wörtl. Rede und die Inflation der Pronomen …
»Da auf dem Tisch[!]« Er schnappte sie sich und reichte sie dem Mädchen …
Besser vllt: „Er schnappte sich die Schere und …“
Dann führten die Finger der Hebamme mit und mit ein Köpfchen heraus …
Warum das mit-Pärchen? Wahrscheinlich im Sinne des „nach und nach“
…, der Vater schrie das Mädchen an und riss ihr das Baby aus den Armen.
Das Mädchen … ihr? Besser „ihm“. Der Name tät’s aber auch …
ohne Komm.:
Hinter Gitter[…] bringen, …
… fuchtelte mit seiner Faust.
Besser: „fuchtelte … umher“

So viel oder wenig für heute vom

Friedel

 
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Hallo Slender,

willkommen hier bei den Wortkriegern. Mit deiner ersten Geschichte packst du ein vermeintlich heißes Eisen an und bearbeitest es in einem pseudo-historischen Kontext, der erheblich von den realen Begebenheiten abweicht. Die ganze Geschichte läuft recht unspektakulär auf einen Punkt zu, nämlich die Enthüllung, dass das Baby Adolf Hitler ist und dass der Judenhass des späteren Reichskanzlers von seinem Vater auf ihn übertragen wurde. Und das alles nur wegen der "falschen Hebamme" zur falschen Zeit am falschen Ort. Leider endet deine Geschichte an dieser Stelle. Du gibst der Idee an sich keinen Raum zu atmen, weil du mit deiner Erzählung die Form eines Witzes mit Pointe gewählt hast. Die Hebamme ist Jude, das Baby Hitler, haha, und Ende. Ich muss sagen, das gefällt mir nicht. Weder von der Idee, noch von der Ausführung.

Der Weg hin zur Enthüllung ist reichlich komisch und wirkt willkürlich auf mich. Spannung mag deine Interpretation einer Entbindung nicht hervorufen. Ob ein Ball die Veranstaltung ist, auf die eine Hochschwangere geht, steht da nochmal auf einem ganz anderen Blatt.
Fragen, die ich mir gestellt habe: Was für ein Ball ist das? Was machen die Hitlers auf dem Ball? In welchem Anwesen dieser Zeit, das gleichzeitig einen Ballsaal (!) und eine Kantine (!!!) beherbergt, soll das Schlafzimmer des Gastgebers auf dem gleichen Stockwerk sein (und dazu noch alles benachbart)? Was macht eine junge Hebamme auf so einem gesellschaftlichen Anlass? Wieso reagiert niemand der Ballbesucher auf die "alles übertönenden" Schmerzensschreie der Frau? Kein Arzt auf diesem gesellschaftlichen Anlass? Dass der Geburtsvorgang medizinisch mehr der Fantasie als der Realität entspricht, wurde ja bereits schon angesprochen.

Die Figuren verhalten sich alle recht bizarr. Die Reaktion auf den plötzlichen Tod der Mutter scheint mir völlig willkürlich und aus der Luft gegriffen. Nichts am Charakter deutet im Vorfeld darauf hin, dass der Typ ein cholerisches, antisemitisches und strohdummes Arschloch ist. Das würde auch nicht funktionieren, da der "Gag" deiner Geschichte ja darauf aufbaut, dass der Antisemitismus des Vaters ja mit dem Tod seiner Frau unter (nicht durch) den Händen einer jüdischen Hebamme initiiert wurde. Und das ist die Crux des ganzen: Mir kommt dieser plötzliche und absolute Hass im Angesicht der Hinführung zur Schlusssituation reichlich überzogen und unnatürlich vor. "Meine Frau ist bei der Schwangerschaft gestorben + Die Hebamme ist Jüdin = Ich hasse Juden und werde meinen Sohn dazu erziehen, die Juden auszurotten" ist einfach dünn.

Ich mag mich an einen Vorredner anschließen, und die Story von Roald Dahl empfehlen, der das Thema ähnlich, aber anders behandelt hat. Vielleicht gibt dir das neue Impulse, deinen Grundgedanken nochmal in ein neues Setting zu betten.

Ich wünsche dir noch viel Spaß hier!

Der Exilfranke :-)

 

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