Was ist neu

Realen Horror in Geschichten (detailiert) schildern?

Seniors
Beitritt
10.11.2003
Beiträge
2.248

Realen Horror in Geschichten (detailiert) schildern?

Realer Horror in Thedinghausen: Aus Hass und Rache – Zitat:

Ende Januar 2015 war die alkoholkranke Antje T. im Obergeschoss eines zweistöckigen Hauses der niedersächsischen Gemeinde Thedinghausen gestürzt und hatte sich die linke Hüfte gebrochen. Danach soll die Verletzte fast zwei Monate lang gelitten haben - im selben Raum, in dem ihr Mann und ihre Tochter vor dem Fernseher saßen.
[…]
Zum Zeitpunkt des Todes, der nach wochenlanger Agonie ein oder zwei Tage vorher eingetreten sein muss, wog die 1,60 Meter große Frau nur noch 26 Kilo. Die Ermittler berichten Fürchterliches: Ihr ausgezehrter Körper sei wund gelegen und das Sofa von ihren Fäkalien durchtränkt gewesen.
[…]
Der rechte Hüftknochen sei am Ende frei gelegen und die Haut der Toten mit dem Stoff des Sofas wie verschmolzen gewesen.

Wenn man Ähnliches in einer Krimigeschichte schriebe, so hätte man sich in diesem Forum von einigen Usern ganz sicher den Vorwurf eingehandelt, das sei übertrieben und daher nicht glaubhaft. Solche Fälle wie oben geschildert lassen uns in tatsächliche Abgründe des Menschen schauen, die keiner Ausnahmesituation wie Krieg oder sonstigen Katastrophen entstammen, sondern im normalen bundesrepublikanischen Alltag nebenan vorkommen.

Das in Geschichten zu verarbeiten - ggf. auf reale Ereignisse verweisend – ist geradezu Pflicht der schreibenden Zunft. Oder?

 

Hallo Dion,

spannendes Thema. Ich finde, das ist gar nicht auf Horror beschränkt - wahre Geschichten sind sehr oft "unglaubwürdig".

Ich habe noch nie etwas horrormäßiges durchgemacht, aber schon Sachen erlebt, und aus glaubwürdiger Quelle erzählt bekommen, die so absurd sind, dass sie in einer Geschichte nicht ohne weiteres "funktionieren" würden. Wenn ich nicht wüsste, dass die so passiert sind, würde ich selbst kritisieren, dass das wirkt wie an den Haaren herbeigezogen, und völlig überzeichnet erscheint.

Wie man als Autor damit umgeht, kann jeder selbst entscheiden - persönlich ziehe ich es vor, lieber unwahre, aber "glaubwürdige" Geschichten zu schreiben als solche aus dem wahren Leben, die auf dem Papier unecht aussehen.

Ich stimme also nicht zu, dass man in dieser Hinsicht beim Schreiben eine grundsätzliche Verpflichtung hat - außer wenn es um Journalismus geht. Wenn man fiktive Texte schreibt, dann besteht die Pflicht meiner Meinung nach "nur" darin, möglichst gute Arbeit zu leisten, aber nicht darin, die Wirklichkeit so exakt wie möglich abzubilden.

Das spricht natürlich nicht dagegen, Geschichten zu schreiben, die auf wahren Ereignissen basieren - aber wie man mit diesem Problem umgeht, dass gerade solche Ereignisse manchmal extrem unwirklich erscheinen, dafür habe ich auch keine gute Lösung. Ich glaube, es ist auch sehr vom jeweiligen Autor und vom Leser abhängig. Wenn du eine Geschichte schreiben würdest, die auf diesem Fall basiert, würde ich die lesen - aber ich kann nicht garantieren, dass ich hinterher nicht sagen würde: nein, das hat mich nicht überzeugt, ich "glaube" die Geschichte nicht - selbst in dem Wissen, dass es diesen wahren Fall gegeben hat.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom