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Rot wie Schnee

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21.12.2015
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Rot wie Schnee

Die Stille um mich herum, die Kälte... Ich fühlte mich einsam, leer und auf beruhigende Art so frei, wie ich es lange nicht mehr getan hatte. Der Schnee knirschte mit jedem Schritt unter meinen Füssen. Er hätte allen Grund dazu, mir beim nächsten Tritt zu entweichen, mich zu Fall zu bringen und zu verschlingen wie ein blutrünstiges wildes Tier, für immer unter sich zu begraben... und doch tat er es nicht.
Das Blut für heute schien ihm wohl zu reichen.
Dieses Ritual... Es hatte schon vor langer Zeit angefangen, ich war noch klein, da sagte mein Vater, ich solle beichten gehen. Ich hatte so etwas noch nie zuvor getan und ging hinaus, die ersten Schneeflocken des Winters wehten mir ins Gesicht. Es begann aufgrund einer kleinen Missetat – ich hatte meiner Schwester den Schokoladen-Nikolaus geklaut. Es war nichts, ich war schließlich noch ein Kind, aber es war eine Untat. Damals fühlte ich mich noch so schuldig. Ich rechnete mit dem Schlimmsten – Einer Woche Hausarrest oder hungrig ins Bett geschickt zu werden... Doch dann wurde mir die Sünde genommen und vergeben. Weiter nichts. Stundenlang saß ich in meinem Zimmer, lief hin und her, und versuchte es zu verstehen. Wieso wurde das Böse nicht bestraft? Wie konnte etwas so schlecht sein, wenn einem einfach so vergeben wurde?
Und seitdem ging ich jedes Jahr mit dem ersten Schnee zur alten Kirche.
Ich war ein guter Mensch, gab acht auf meine Mitmenschen und akzeptierte das Gesetz, auch wenn es viel zu viele Lücken aufwies. Doch jedes Jahr fand ich etwas zum Beichten. Auch wenn es nichts gab - ich suchte mir etwas. Es war zu einem Spiel geworden, dass ich sehr ernst nahm. Schließlich sollte man seine Gewohnheiten nicht einrosten lassen.
Mein ruhiger Atem kräuselte sich neblig vor meinen Augen. Ich hob meinen Blick und blieb stehen. Auf dem Hügel, der das Waldstück von dem Dorf trennte, angekommen, sah ich gleich das alte Gemäuer der Kirche. Ein sanftes, zufriedenes Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ein vorfreudiges Kribbeln in mir emporstieg. Nichts hatte sich verändert.
Mit hochgezogenem Kragen und den Händen in den wärmenden Manteltaschen vergraben, tastete ich mir vorsichtig aber gekonnt den Weg hinunter. Der Boden war bereits dick mit einer weisen, unberührten Schicht bedeckt. Durch mein inneres Auge sah ich immer wieder blutige Schatten über sie zucken, sich hindurch fressen, als wolle es der Welt endlich sein wahres Antlitz zeigen, das tief unter diesem makellosen, hübschen Schleier verborgen lag. Ich war wohl wie er, mein Freund...
Das letzte Licht der untergehenden Sonne ließ das schneebedeckte Dach der Kirche wundervoll schimmern. Ich konnte es kaum erwarten, ihn wieder zu sehen. Ich glaube, der Pfarrer hatte Angst vor mir. Ich hoffte es. Es war ein gutes Zeichen. Wenn sich die blanke Angst in ihren Augen widerspiegelte... Es ließ sie verstehen. Was passieren wird. Dass es keinen Ausweg mehr gibt. Dann fangen sie an zu bereuen. Besser spät als nie, auch wenn es ihnen nicht mehr viel bringt. ...Jeder hat seine Leichen im Keller. Mich würden sie dort allerdings stören, deshalb lasse ich sie immer außerhalb verschwinden. Man will ja keine Beweise hinterlassen, sonst wäre es ja irgendwann kein Geheimnis mehr. Mit jedem Jahr wurde es düsterer. Spannender. Doch dieses Mal hatte mein Plan alles übertroffen. Ich war wirklich stolz auf mich und es machte mir Spaß.
Und schließlich war es für das Wohl meiner Mitmenschen. Wirklich, ich wollte nur das Beste für alle. Deshalb suchte ich mir auch nur böse Menschen aus. Leute, die das Wohl Anderer gefährdeten. Sünder. ...Ich musste wohl so etwas wie ein Held sein, dachte ich schmunzelnd. Es war schon fast ein wenig Schade, dass keiner von meinen guten Taten erfahren würde.
Das schwere Pochen schallte durch die große Halle und durchbrach die angespannte Stille wie ein unheilvolles Grollen. Ich klopfte mir die Schuhe ab, schob den Flügel der mächtigen Eingangstür einen Spalt auf und trat ein in die vergleichsweise unangenehm stickige Wärme.
„Ich bin wieder da.“ rief ich aufgeregt, als wäre ich gerade nach langer Zeit wieder nach Hause gekommen. „Herr Pfarrer?“
Ich schloss die Kälte draußen aus, die mir mit einem letzten, anspornen Windstoß zu folgen versuchte.
„...Ja, ich komme schon.“ hörte ich ihn schließlich von weiter hinten sagen. Ich lächelte glücklich. Er hatte Angst. Das war aber gar nicht nett.
Während ich meinen Mantel auszog, hörte ich schon die Schritte und sah ihn kurz darauf aus dem Nebenzimmer hinaustreten.
„Schön, Sie wieder zu sehen. Wie geht es Ihnen?“ fragte ich und ging mit eifrigen Schritten auf ihn zu. „Es ist schon eine Weile her.“
Er war alt geworden – seine grau-weißen Haare waren weniger geworden, sein Gesicht sah eingefallen aus, seine Erscheinung müder. Dunkle Augenringe verrieten, dass er wohl schon längere Zeit nicht mehr gut geschlafen hatte. Ob er sich so auf mich gefreut hatte?
Er machte eine Bewegung zum Beichtstuhl, in seinem Gesicht zeigte sich Missmut, auch wenn er ein höfliches Lächeln aufgesetzt hatte. „Setzen Sie sich, Jack.“ brachte er einladend heraus, auch wenn wir Beide wussten, dass er es nicht so meinte. Dennoch nickte ich enthusiastisch, strich mir meine dunklen Haare zurück und glättete mir rasch das weiße Hemd, bevor ich die Kammer betrat und mich setzte.
Ich konnte nicht einmal abwarten, bis er zu reden anfing. Kaum hatte er sich gesetzt sprudelte es aus mir heraus.
„Ich habe wirklich lange überlegt, zu unserem 25. Jubiläum wollte ich etwas ganz Besonderes machen, und ich bin beinahe daran verzweifelt. Aber ich verspreche Ihnen, dieses Mal habe ich mich selbst übertroffen!“
Der Pfarrer erstarrte unmerklich. Seine Stirn glänzte vor Schweiß. Aufgeregt wie ein kleiner Junge drückte ich meine Hände aneinander, wartete ungeduldig auf seine Reaktion. Voller Vorfreude biss ich auf meine Unterlippe.
Er brauchte ein paar Sekunden. „...Mein Sohn...“ begann er schwach. Seine Lippen zitterten. Und wäre er meinem Blick nicht ausweichen, hätte er gesehen, wie sich ein Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete. Jeder hat seine Geheimnisse...
Beinahe genießerisch holte ich Luft, als würde ich eine Rede beginnen oder etwas Wichtiges kundtun wollen.
„...Wie oft haben Sie gesündigt?“
Etwas irritiert auf meine unerwartete Frage hob er seinen Blick und sah mich an. Plötzlich wisch jegliche Farbe aus seinem Gesicht. Das, was er jetzt in meinen Augen sah, schien ihn wohl begreifen zu lassen.
„Ich habe gehört, Sie waren ein böser Junge."

 

Meine erste Kurzgeschichte. Ich wünsche euch viel Spaß und freue mich auf rege Kommentare! =)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lilly Everglen,

herzlich willkommen!

Mir gefällt die Idee zur Geschichte. Der Erzähler bringt böse Menschen um, die vom lückenhaften Gesetz oder aus anderen Gründen nicht bestraft werden. Er beichtet seine Taten, weil er es so gelernt hat und der Pfarrer muss sein Schweigegelübde wahren. Jedoch ahnt der Pfarrer, da er selbst nicht frei von Sünde ist, dass er eines Tages selber an die Reihe kommt. (Nebenbei: Es wäre auch spannend gewesen, die ganze Story aus Sicht des Pfarrers zu erzählen.)
Alles begann mit dem Diebstahl eines Schokoladen-Nikolaus‘. Klar, irgendwie fängt es immer an und meist sieht es harmlos aus. Von daher finde ich das schon passend. Und ich finde es gut, dass du nicht mehr zum Werdegang des Serienmörders geschrieben hast. Das wäre dann recht lang geworden und wohl auch eine ganz andere Geschichte.

Die Stille um mich herum, die Kälte... Ich fühlte mich einsam,
Da kein Wort massakriert wird, gehört auch vor den Punkten eine Leerstelle. Danach ein kleines „ich“
die Kälte ... ich fühlte mich einsam,
Den Fehler hast du oft.

Der Schnee knirschte mit jedem Schritt unter meinen Füssen.
Nur so ein Gefühl: bei jedem Schritt

Das Blut für heute schien ihm wohl zu reichen.
Find ich nicht gut formuliert.
Für heute schien ihm das Blut wohl zu reichen. Oder ganz anders: Für heute hatte er wohl genug Blut geschluckt/aufgesaugt/geschmeckt/gesehen. Oder so ähnlich.

Dieses Ritual... Es hatte schon vor langer Zeit angefangen,
Die Auslassungspunkte würd ich nicht so inflationär verwenden. Das wirkt dann kaum noch.

Es war nichts, ich war schließlich noch ein Kind, aber es war eine Untat.
Entweder war es nichts oder eine Untat. Ich würde schreiben: Es war nichts Schlimmes, …

Damals fühlte ich mich noch so schuldig.
Damals fühlte ich mich dennoch schuldig.

Ich rechnete mit dem Schlimmsten – Einer Woche Hausarrest oder hungrig ins Bett geschickt zu werden...
Statt Gedankenstrich Doppelpunkt oder Komma.

Ich war ein guter Mensch, gab acht auf meine Mitmenschen und akzeptierte das Gesetz, auch wenn es viel zu viele Lücken aufwies. Doch jedes Jahr fand ich etwas zum Beichten. Auch wenn es nichts gab - ich suchte mir etwas.
Wann war das? In seiner Kindheit? Dann müsstest du die Zeitform überprüfen. Eigentlich müsste die ganze Rückblende in Vorvergangenheit geschrieben werden. Man macht es meist nicht, weil es sich nicht gut lesen lässt. Daher nur den ersten Satz in die Vorvergangenheit, den Rest in vollendete Gegenwart. Dann muss aber auch jederzeit klar sein, welcher Lebensabschnitt gemeint ist.

Auf dem Hügel, der das Waldstück von dem Dorf trennte, angekommen, sah ich gleich das alte Gemäuer der Kirche.
Versuche mal, „angekommen“ hinter „Hügel“ zu setzen. Das klingt dann weniger holperig.

Ein sanftes, zufriedenes Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ein vorfreudiges Kribbeln in mir emporstieg.
Das ist zu viel. Entweder sanftes oder zufriedenes löschen.

tastete ich mir vorsichtig aber gekonnt den Weg hinunter.
mich

Der Boden war bereits dick mit einer weisen, unberührten Schicht bedeckt.
Der Boden war mit einer weißen, unberührten Schicht bedeckt.

Ich war wohl wie er, mein Freund...
Das kann ich nicht einordnen. Welcher Freund?

Das letzte Licht der untergehenden Sonne ließ das schneebedeckte Dach der Kirche wundervoll schimmern.
Ganz allgemein: Du verwendest zu viele Worte. Da kann fast überall gekürzt werden.
Die untergehende Sonne ließ das schneebedeckte Dach der Kirche glitzern/funkeln.

Ich glaube, der Pfarrer hatte Angst vor mir.
Ich glaubte, der Pfarrer hat Angst vor mir.
Glaube ich. :D

Mit jedem Jahr wurde es düsterer.
Ich meine, damit müsste eine neue Zeile beginnen. Und: Was ist mit "es" genau gemeint?

Leute, die das Wohl Anderer gefährdeten.
Leute, die das Wohl anderer (Leute) gefährdeten.

Ich musste wohl so etwas wie ein Held sein, dachte ich schmunzelnd.
Zeitform: Gedanken in die Gegenwart.
Ich muss wohl so etwas wie ein Held sein,

Das schwere Pochen schallte durch die große Halle und durchbrach die angespannte Stille wie ein unheilvolles Grollen.
Ob das von außen bei geschlossener Tür so genau wahrnehmbar ist?

schob den Flügel der mächtigen Eingangstür einen Spalt auf und trat ein in die vergleichsweise unangenehm stickige Wärme.
Noch ein Beispiel fürs Kürzen:
schob den Flügel der mächtigen Eingangstür auf und trat ein in die stickige Wärme.

„Ich bin wieder da.“ rief ich aufgeregt,
„Ich bin wieder da“, rief ich aufgeregt,
Auch der Fehler findet sich mehrmals.

Ich schloss die Kälte draußen aus, die mir mit einem letzten, anspornen Windstoß zu folgen versuchte.
anspornenden oder: Ich schloss die Kälte draußen aus, die mir mit einem Windstoß zu folgen versuchte.


seine grau-weißen Haare
grauweißen

Der Pfarrer erstarrte unmerklich.
Wie kann das dann schreiben? Wen es nicht zu bemerken war?

Plötzlich wisch jegliche Farbe aus seinem Gesicht.
Plötzlich wich

Lieben Gruß

Asterix

Nachtrag:
Das habe ich vergessen. Im Titel ist auch ein Fehler: Rot Wie Schnee
Rot wie Schnee
Habe ich geändert!

 

Hallo Lilly Everglen,

Wie Asterix gefällt mir deine Geschichte gut. Irgendwie würde ich gerne wissen wie es in der Szene mit Jack und dem Pfarrer weitergeht? Ist das sadistisch? Und ich habe den Ich-Erzähler zuerst als eine Frau gesehen, was ja nicht schlimm ist. Weiß nicht, ob es an der Art liegt wie du schreibst oder ob ich im Vorhinein von deinem Usernamen beeinflusst wurde.

Viele Grüße

Chico

Nur der eine Satz ist mir noch aufgefallen:

Und wäre er meinem Blick nicht ausweichen, hätte er gesehen, wie sich ein Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete.

Und wäre er meinem Blick nicht ausgewichen

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Lily Everglen,

auch ich begrüße dich bei den Wortkriegern. Du hast dir eine nicht ganz neue, aber interessante Handlung ausgedacht. Insgesamt hat mir deine Idee gefallen. Mit der Ausführung hatte ich ein paar Probleme.

Asterix hat schon sehr vieles aufgezeigt, möglicherweise wiederhole ich deshalb das eine oder andere.

Durch mein inneres Auge sah ich immer wieder blutige Schatten über sie zucken, sich hindurch fressen, als wolle es der Welt endlich sein wahres Antlitz zeigen, das tief unter diesem makellosen, hübschen Schleier verborgen lag. Ich war wohl wie er, mein Freund...
In diesem Absatz gibt es drei Subjekte, die ich nicht einordnen kann: ‚sie’, ‚es’ und ‚er, der Freund’. Das ist eine Schwäche deiner Geschichte. Das ‚sie’, das sind wohl die schon Umgebrachten, ‚er’ scheint der Pfarrer zu sein, aber was ist das ‚es’?
hindurchfressen

Und wie passen diese Stellen zueinander:

Und seitdem ging ich jedes Jahr mit dem ersten Schnee zur alten Kirche.

und

Schön, Sie wieder zu sehen. Wie geht es Ihnen?“ fragte ich und ging mit eifrigen Schritten auf ihn zu. „Es ist schon eine Weile her.“
Er war alt geworden – seine grau-weißen Haare waren weniger geworden, sein Gesicht sah eingefallen aus, seine Erscheinung müder.

Und jetzt der Reihe nach, was mir noch aufgefallen ist:

Dieses Ritual... Es hatte schon vor langer Zeit angefangen, ich war noch klein, da sagte mein Vater, ich solle beichten gehen. Ich hatte so etwas noch nie zuvor getan und ging hinaus,(.) die ersten Schneeflocken des Winters wehten mir ins Gesicht. Es begann aufgrund einer kleinen Missetat – ich hatte meiner Schwester den Schokoladen-Nikolaus geklaut.

Du beginnst zweimal zu erzählen, hier hättest du schreiben können: Es begann vor langer Zeit. Ich war noch klein und hatte ….

Ich rechnete mit dem Schlimmsten (–):Einer/einer Woche Hausarrest oder hungrig ins Bett geschickt zu werden(...).

tastete ich mir(mich) vorsichtig aber gekonnt den Weg hinunter.

Durch mein inneres Auge sah ich immer wieder blutige Schatten über sie zucken, sich hindurch fressen, als wolle es der Welt endlich sein wahres Antlitz zeigen, das tief unter diesem makellosen, hübschen Schleier verborgen lag.
Was ist ein ‚inneres Auge’?
hindurchfressen
Was ist das ‚es’, das der Welt endlich … s.o.

Im gesamten Text habe ich an manchen Stellen Probleme mit den Zeiten. Ganz besonders hier:

Es war ein gutes Zeichen. Wenn sich die blanke Angst in ihren Augen widerspiegelte...(Konj. I) Es ließ (Präteritum) sie verstehen. Was passieren wird (Futur). Dass es keinen Ausweg mehr gibt (Präsens). Dann fangen sie an zu bereuen. Besser spät als nie, auch wenn es ihnen nicht mehr viel bringt. ...Jeder hat seine Leichen im Keller. Mich würden (Konj.) sie dort allerdings stören, deshalb lasse (Präsens) ich sie immer außerhalb verschwinden. Man will(Präsens) ja keine Beweise hinterlassen, sonst wäre (Konj. II) es ja irgendwann kein Geheimnis mehr. Mit jedem Jahr wurde (Prät.) es düsterer. Spannender. Doch dieses Mal hatte mein Plan alles übertroffen (PQP).

Oft benutzte Phrasen würde ich vermeiden:

besser jetzt als nie,
Jeder hat eine Leiche im Keller
Jeder hat seine Geheimnisse...

Es war schon fast ein wenig Schade, dass keiner von meinen guten Taten erfahren würde.

und trat ein in die vergleichsweise unangenehm stickige Wärme.
Das sagt man vielleicht so, aber was soll hier das ‚vergleichsweise’?

Ich schloss die Kälte draußen aus, die mir mit einem letzten, anspornen Windstoß zu folgen versuchte.
??? anspornenden Windzug ?

„Schön, Sie wieder zu sehen.
wiederzusehen

„Setzen Sie sich, Jack.“ brachte er einladend heraus, auch wenn wir Beide wussten, dass er es nicht so meinte.
Der Punkt in der wörtlichen Rede fällt weg, wenn danach ein Beisatz folgt. Vor dem Beisatz steht ein Komma:
„Setzen Sie sich, Jack“, brachte er einladend heraus … Das ist ein Fehler, den du häufiger machst. Asterix hat dich auch schon darauf hingewiesen.
beide/beiden immer klein

Wenn man deine Geschichte zum ersten Mal liest, ist man verwirrt, weil du Rückblenden einbaust, sie aber nicht immer klar vom ‚jetzt’ trennst. Da würden schon ein paar Absätze helfen. So fließt einiges ineinander und der Leser muss sehr genau lesen, damit sich ihm die Geschichte erschließt. Trenne die einzelnen Teile besser voneinander, das hilft dem Verständnis.

Mit der Rechtschreibung hast du keine Probleme, mit den Zeiten schon. Du musst für dich und den Leser klarer unterscheiden: Was ist Gegenwart, was ist früher passiert, was sind Gedanken, Vorstellungen oder Wünsche.

Unterm Strich und nachdem sich mir die Geschichte halbwegs erschlossen hat, gefällt mir deine Idee. Aber, ich glaube, es gibt noch einiges zu tun. Frohes Schaffen und viel Spaß hier im Forum.

Ich wünsche dir schöne Festtage.
barnhelm

 

Liebe Lilly,

ein herzliches Willkommen hier im Forum auch von mir.
Ich habe deine Geschichte in einem Zug durchgelesen - und muss ganz ehrlich sagen, das Gefühl, eine Geschichte gelesen zu haben, hatte ich am Ende nicht. Eher einen "Aufriss" mit ein paar guten Einfällen.
Die Grundidee erahne ich: Du wolltest den Leser dahingehend ein bisschen "umherführen" und ihm das Gefühl geben, das läuft ein Sünder zur Beichte. Der große Knall: Er/sie tötet Menschen, die er/sie als böse erachtet. Noch größerer Knall: Das nächste Opfer ist der Pfarrer.
Als das entlockt mir, so wie du es präsentierst, kaum ein Schulterzucken.

Aber der Reihe nach:

Er hätte allen Grund dazu, mir beim nächsten Tritt zu entweichen, mich zu Fall zu bringen und zu verschlingen wie ein blutrünstiges wildes Tier, für immer unter sich zu begraben... und doch tat er es nicht.

Diese Metapher fand ich zu pathetisch. Und auch sehr "feminin" als Phantasiewelt. (aber das ist mein subjektiver Empfinden) Du nennst hier drei Punkte: verschlungen werden, wildes Tier, begraben ... Das ist eine Klimax, die ist einfach zu viel. Das rutscht eher ins Parodistische ab.
Wenn du so etwas machen willst, dann ist weniger mehr. Eine Sache - eine Angst, eine Metapher, eine Vorstellung - und dafür eine gute, die sitzt.

Allgemein würde ich dir aber raten, mit deinem Stil nicht so "blumig" zu werden, sondern klar, direkt. Du wirst in deinen Formulierungen noch zu unsicher auf mich für große "prosaische Poesie".

Die kurze Erinnerung an die Kindheit - Vater, Schokonikolaus - ist gut eingebaunt. Wie ich es persönlich in Kurzgeschichten sehr mag: Sehr dezent, aber eindeutig als Schlüsselmoment erkennbar.

Aber dann:

Wieso wurde das Böse nicht bestraft? Wie konnte etwas so schlecht sein, wenn einem einfach so vergeben wurde? Und seitdem ging ich jedes Jahr mit dem ersten Schnee zur alten Kirche.

Dasi st der zentrale Konflikt. Des Pudels Kern, wenn man es so nennen will - aber das arbeitest du kein bisschen heraus. Dieser Konflikt hat sich doch aus einem Grund in diesem psychopathischen Verstand festgesetzt. DAS würde ich ausbauen. Deine Geschichte ist sehr kurz - da hast du locker noch Raum! (Mehr Erinnerungen an bigotte Begebenheiten in der Kindheit, Kritik an katholischer Erziehung, Suppression/eingeimpfte Schamgefühle, die durch heuchlerische Rituale bestärkt werden ... Aber das fehlt komplett.
So kann ich auch kaum nachvollziehen, was denn jetzt so schlimm ist am Beichten für deinen Erzähler. Oder an bösen Menschen. Oder überhaupt.

Dann immer wieder Perspektivbrüche, in denen sich der Ich-Erzähler bewertet:

Er lächelt sein "friedliches" Lächeln beispielsweise. Woher weiß er, dass es friedlich aussieht? Er FÜHLT sich friedlich - DAS würde ich beschreiben. Denn das interessiert mich als Leser viel mehr.
Kann ja sein, auf Außenstehende wirkt sein Lächeln total durchgeknallt.


Und was hat der Pfarrer Böses getan? Sicher, du kannst jetzt kommen mit dem Argument: Du wolltest das mit Absicht dem Leser überlassen, es sich vorzustellen. Aber ganz ohne Andeutung finde ich das sehr müßig. Wie die ganze Geschichte.
Du zeichnest eigentlich keine Figuren, hast keine richtige Handlung - und die Sprache, die du bentutz, ist nicht fesselnd genug, um alleine für sich zu sprechen.

Du musst mit mehr innerer Handlung (innerem Monolog etc.) und mehr äußerer Handlung arbeiten.

Noch ein paar andere Dinge, die mir aufgefallen sind:
Schau dir mal an, wie man Zeichensetzung bei wörtlicher Rede anwendet. Und wo bei "..." die Leerzeichen hinkommen.

Viele liebe Grüße
Tell

 

Hallo

Ich danke euch schonmal für eure Kommentare und Kritik, ich habe es gestern nicht geschafft euch zu schreiben, heute wird es leider auch wieder knapp.
Einige Dinge aber schonmal:
Ihr habt Recht mit den Zeiten, das ist eine große Schwäche von mir. Kennt ihr gute Übungen bzw gute Seiten, bei denen man Zeiten und gerne auch Grammatik etc trainieren kann? Ich denke, klassisches Training würde da schonmal viel bringen.
Was die ganzen Artikel und "mein Freund..." etc anbelangt: Ich finde es sehr interessant, wie ihr sie deutet. =D Ich muss sagen, ich Personifiziere sehr gerne Dinge und lasse sie eine besondere Bindung zu den Charakteren habe, wie der Schnee und die Kälte für Jack. (Das meint er auch mit "mein Freund", da der erste Schnee immer der Startschuss zum beichten ist..) Deshalb war der Windstoss auch "anspornend", da diese Dinge für ihn wie Begleiter sind. ...Aber ja, das ist für den Leser sicher verwirrend. Allerdings finde ich passt es sehr zu seinem Charakter. Da bin ich also hin und her gerissen.
Durch euch ist mir auch etwas aufgefallen: Ich benutzte wirklich sehr viele Adjektive und formuliere einiges zu sehr aus. Das finde ich ein wichtiger Punkt und das wird mir in Zukunft gut helfen.

Ah, und Asterix, wird nicht bei einem Titel wie bei Namen alles groß geschrieben?

Vielen Dank auch, dass ihr euch so eine Mühe gemacht habt, mir ganz viele Beispiele und Vorschläge zu nennen.
Sobald ich das zeitlich schaffe, werde ich mich daran setzen und den Text bearbeiten.

Frohe Weihnachten bis dahin.

 

Ah, und @Asterix, wird nicht bei einem Titel wie bei Namen alles groß geschrieben?
Man mag Beispiele dazu finden, meist sind dann alle Druckbuchstaben Versalien. Allgemein gilt für den Titel eines Werkes die gebräuchliche Rechtschreibung. Nur den Punkt lässt man weg.

 

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