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18.04.2002
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Rotverschiebung

Es ist überall rot.

Früher als erwartet, kommt halt darauf an, was man erwartet. Gestern noch dieses zarte Rosa, wie in den letzten Monaten – dann sowas. Die sanften Farbtöne hatten die meisten bald ignoriert, sich damit abgefunden. Es bestand die Hoffnung, dass diese etwas lästige Anomalität jetzt endgültige Normalität war, ungewohnt, aber weitgehend harmlos. Natürlich gibt es einige unangenehme Einschränkungen, darauf hat sich jeder eingestellt, die Umstände gefügig akzeptiert. Nun plötzlich diese kräftigen Rotschattierungen und ein Rest Schwarz. Das Rot hat mit seinen Tentakeln jede Ritze erobert, vibriert durch die Luft, wabert im Wasser. Es existiert wirklich überall, nur Menschen bleiben seltsamerweise von der Umfärbung verschont, wenigstens äußerlich. Ihre so unverschämt vertrauten Unschuldsmienen ergeben ein verwirrendes Bild: Sie scheinen inmitten dieser Rotheit zu schweben, gespenstische Irrlichter im alle Formen auflösenden Farbbrei. Wer weiß, wie viel davon ihren Köpfen entspringt, eigentlich ein Narr, wer hier rätselt. Unser Innerstes, dieses Menschsein: die Quelle verheerender Einfarbigkeit.

Die Zeit hämmert ihre entropische Beschaffenheit gnadenlos in selbstgerechte Gemüter: Sie ist keineswegs das einzige Problem, es gibt auch noch uns.

Menschliches Tun verwandelt sich in monochromen Rausch, Emotionen oszillieren bis zur Erschöpfungsexplosion in sich aufbäumender Resonanz. Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität. Ein überhandnehmendes Rot, geboren aus Hochmütigkeit, Ignoranz und Gewalt – immer und immer wieder. Die filigranen Gebilde der Fürsorglichkeit werden rot zerstampft. Wir, nur wir: Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von stinkender Gier, pochender Verblendung – bis hin zur taumelnden Vernichtung.

Es ist unser ureigenes ROT.

Putri blickte versonnen aus dem riesigen Panorama-Fenster. Das Rot erstreckte sich bis zu den Hochhäusern, die allmählich im Dunst des Abends verschwanden.

„Haben Sie sich entschlossen, Putri?“

„Ja, wir wollen diesen Weg gehen, klar, ganz sicher. Irgendwie muss man diesem Rot entkommen können. Wer weiß, wie lange wir dazu noch in der Lage sein werden. Uns stören jedoch die Digi-Gegner. Tayea, wie gefährlich können solche Querköpfe sein?“

Putri und Sagittarius zoomten Tayea näher zu sich heran, dadurch kam ihr freundliches Gesicht mit den goldenen Makropixeln unter der Haut erst richtig zur Geltung. Die Beraterin war bemüht, besonders sachlich zu wirken.

„Tatsächlich gibt es Ignoranten, die verdrängen, in welche Sackgasse unsere physische Existenz geraten ist. Noch haben wir sie unter Kontrolle. Problematisch werden momentan höchstens die anarchistischen Avatare, mit denen man Sie belästigt – eventuell sogar Ransome-Hacks. Man wird versuchen, Sie einzuschüchtern.“

„Woher wissen die denn, wenn jemand am Digital-Children Projekt teilnimmt? Könnt ihr das kryptographisch verhindern?“

Putri nippte an ihrem Phytocell-Drink. Früher leuchtete das Getränk hellgelb, nun war es blass rot – ungewohnt, aber immerhin gesund. Die elegante Frau musterte ihren Genpartner intensiv, im Moment erwartete sie von ihm keine Antwort. Er schien abwesend, fast überfordert. Sie streckte ihren schlanken Körper, schüttelte selbstbewusst ihre langen Glossy-but-Sticky-Look Haare, beobachtete konzentriert Tayea, wartete auf eine Erklärung.

„Jeder hinterlässt unabsichtlich Spuren im digitalen System. Wenn jemand mit fanatischem Eifer vermeintliche Übeltäter jagt, gibt es keinen ausreichenden Schutz. Leider gibt es Big-Data-Analysten, die relativ leicht nutzbare Hinweise finden. Die enorme Größe der für die digitale Zeugung benötigten Datenmenge macht es unmöglich, den Ursprung der transferierten Informationen zu verbergen.“

Das Gespräch hatte Sagittarius bis jetzt mit einer gewissen Anspannung verfolgt. Dem Zimmer gab er durch Gedanken-Input eine bläuliche Farbe mit einem dezenten Muster aus dunklen Strichen. Binnen weniger Sekunden wandelte sich das Blau in ein auffälliges Rot mit schwarzer Linien-Struktur um. Sagittarius nickte versonnen. Es machte den Eindruck, als wolle er sich vergewissern, inwieweit der Grund für ihre Entscheidung weiterhin existierte. Unvermittelt fixierte er Tayea intensiv mit seinen Sternchenmuster-Augen, ihre Aufmerksamkeit sollte ganz ihm gehören.

„Keine Ahnung, was ein paar ewig Gestrige gegen die Digital Children haben! Sobald man von der Naturgeburt zur Retorte überging, gab es heftige Proteste, ebenso bei der Genom-Optimierung – bis die Gesellschaft die Vorteile erkannte. So viel Leid ist verhindert worden! Anstelle der genetischen Rekombination werden nun halt algorithmische Ableitungen der Erbinformation ausgetauscht. Na und? Wir wünschen das Beste für unsere Tochter, sie soll unter keinen Umständen in einer menschenunwürdigen, von Rot bestimmten Wirklichkeit aufwachsen. Der Digi-Raum bedeutet Zukunft, wer will uns da Vorschriften machen? Niemand hat das Recht dazu.“

„Genau, niemand! Haben Sie noch eine Frage, Sie, Putri?“

„Ja – wie ähnlich wird sie uns sein?“

„Das werden Sie gemeinsam feststellen müssen. Aber Ihre Tochter wird wunderbar sein.“

_

„Warum besucht ihr mich als limitierte Avatare? Was soll ich denn hier, ohne euch? Kommt doch für immer in den Digi, wenigstens du, Mutter, bitte!“

„Liebling … leider geht das nicht, ständig sind Aufgaben zu bewältigen, die man nur mit einem Körper erledigen kann. Jedenfalls solange, bis das autonome Funktionieren des Digi-Raums sichergestellt ist. Aus gutem Grund hat man vorerst den KI-Robotern bloß bestimmte Verantwortungsbereiche überlassen. Vielleicht wird man ständig einige Spezialisten im analogen Leben brauchen. Kind – zumindest ein Teil der Menschheit hat die Chance auf einen Neuanfang. Bitte begreif endlich – du, du bist gesund, unabhängig, frei von allem Rot.“

Ahmux rief wütend etwas Unverständliches, rannte durch das hohe, feuchte Gras, bis sie eine etwa fünf Meter hohe, hölzerne Aussichtsplattform erreichte. Flink kletterte sie die Leiter empor.

„Schaut, ich bin ganz oben … und … und springe!“

Tatsächlich nahm Ahmux Anlauf, spurtete bis zum Geländer des Turms, um sich darüber zu schwingen. Sofort blieb sie in einer Art unsichtbarem, zähen Teig stecken. Notgedrungen musste sie, ein wenig beschämt, einige Schritte zurück gehen. Selbstverständlich hätte eine digitale Person den Sprung unbeschadet überstanden. Doch die nach dem Datentransfer eingesetzte Virtual-Life-Software verbot jegliche Aktionen, die unter analogen Bedingungen zu physischen Konsequenzen geführt hätten.

Mit verschränkten Armen wandte sich Ahmux trotzig an ihre Eltern:

„Ich will auch einen natürlichen Körper, möchte empfinden, wie ihr es könnt! Will unbehütetes Leben erfahren! Warum habt ihr mich zur Beta-Version eines Menschen verdammt!“

Ihr Vater wirkte wie jemand, der gleich die Beherrschung verliert, er schluckte. Nach einem kleinen Seufzer antwortete er mit ruhiger, deutlich rauer Stimme.

„Jederzeit kannst du die analoge Welt als Simulation erfahren, damit du verstehst, wie viel Aussichtslosigkeit dort herrscht. Wir lieben dich, spätestens seit deiner Zeugung durch Informationsverschränkung haben wir eine bessere Existenz für dich gewollt. Dir soll es gut gehen, ohne Schmerzen oder Alterserscheinungen, ohne dieses Rot, diesen belastenden Fluch. Nutze die riesigen Gestaltungsmöglichkeiten des Digi-Raums, erschaffe mit den anderen Digis einen lebenswerten Ort! Lernt aus unseren Fehlern, damit ihr vom Rot verschont bleibt.“

„Ahmux, versteh uns. Schließlich hast du erlebt, wie dein Vater trotz seiner erst 108 Jahre manchmal kämpfen muss, wenn er seine Pflichten erfüllen will. Er besitzt keinen Regenerationsanspruch mehr. Dir bleiben solche Einschnitte zum Glück erspart.“

Sagittarius saß zusammengesunken am hinteren Ende der Animations-Einheit. Er genoss es, das Grün der künstlichen Natur anzuschauen, den blauen Himmel mit seinen Wolken. Aber im Moment hätte er seinen virtuellen Stellvertreter am liebsten im Digi-Raum abgemeldet. Der erschöpfte Mann unterließ es, das würde ihm seine Partnerin nie verzeihen. Wo waren die tollen Digital-Children-Adviser, wenn man sie brauchte? Gut – sie waren total überlastet, ohne Selbsthilfegruppe waren DC-Familien ziemlich allein mit ihren Problemen.

„Ihr habt für mich, nein, über mich entschieden, mir keine Wahl gelassen, Putri, wie konntest du das zulassen!“

„Mein lieber Schatz! Eltern haben immer unbequeme Entscheidungen getroffen, in jedem Zeitalter. Menschen müssen handeln oder sie bleiben untätig und sind somit leblos: Das ist seit tausenden von Generationen so. Meinst du, es war früher einfach, zu sagen: ‚Dieses Kind adoptiere ich, das da bleibt im Heim? Dieses Kind gebäre ich, selbst wenn gerade Krieg tobt‘? Wir haben uns deine digitale Entstehung ausgiebig überlegt, abgewogen, wollten einen Ausweg aus dem Rot erschließen. Gerne hätten dein Vater und ich manches besser bedacht, nur – jeder Mensch, auch du, kann lediglich das ihm Mögliche tun.“

Ahmux kauerte auf dem Boden, ihr digitaler Körper bebte. Sie weinte nicht – niemand wusste, ob sie es unterdrückte oder diese Emotion praktisch unmöglich war.

„Mutter …“

„… meine Liebe, ihr bestimmt, welche Welt ihr erschaffen werdet. Wir sind die letzte Generation, ihr seid die erste.“

„Rot ist mein Ballon,

er fliegt schnell davon,

in das viele Rot,

morgen sind wir tot,

keiner ist mehr da,

la, la; la, la, la.“

„Kind, lass das! Warum loggst du dich dauernd in die grässliche Realität dieser Kinder ein?“

„Weil ich richtiges Leben spüren will!“

 

Hallo Woltochinon,

Science Fiction ist ein altes Steckenpferd, gepaart mit Philosophie, da bin ich gespannt.

Rotverschiebung

Es ist überall rot.

Früher als erwartet, kommt halt darauf an, was man erwartet. Gestern noch dieses zarte Rosa, wie in den letzten Monaten – dann sowas.


Guter Einstieg, es versetzt mich in eine surreale verwirrende Welt. als Surrealist genau meine :)

Die sanften Farbtöne hatten die meisten bald ignoriert, sich damit abgefunden. Es bestand die Hoffnung, dass diese etwas lästige Anomalität jetzt endgültige Normalität war, ungewohnt, aber weitgehend harmlos. Natürlich gibt es einige unangenehme Einschränkungen, darauf hat sich jeder eingestellt, die Umstände gefügig akzeptiert.

Mit dem zarten Rosa, der letzten Monaten konnte man sich abfinden. Mit den kräftigen Rotschattierungen und einem Rest Schwarz nicht, weil es Tentakel hat, jede Ritze erobert, durch die Luft vibriert, im Wasser wabert. Und niemand fragt, wo das herkommt? Warum besteht diesmal die Hoffnung, dass das Rot nicht käme, wenn es doch periodisch geschieht?

Warum sind die Menschen so gefügig? Durch das Rosa zuvor? Warum wird das Rot immer wieder erwartet, diesmal aber vielleicht früher? Welche unangenehmen Einschränkungen gibt es?

Nun plötzlich diese kräftigen Rotschattierungen und ein Rest Schwarz. Das Rot hat mit seinen Tentakeln jede Ritze erobert, vibriert durch die Luft, wabert im Wasser.

Kann man überhaupt noch atmen, Sport machen, Gemüse anbauen? Du merkst, ich habe gleich am Anfang viele Fragen. Die Einführung besteht aus einer Beschreibung, die mehr Fragen aufwirft als erklärt, sogar, wenn es erklärt wird:

„Ein überhandnehmendes Rot, geboren aus Hochmütigkeit, Ignoranz und Gewalt“, „Wer weiß, wie viel davon ihren Köpfen entspringt, eigentlich ein Narr, wer hier rätselt.“ „Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von stinkender Gier, pochender Verblendung – bis hin zur taumelnden Vernichtung.“

Pompös, der Beginn. Ich bin gespannt wie sich das alles auflöst. Spannend, diese Annahmen.und Ausgangslage.


Es existiert wirklich überall, nur Menschen bleiben seltsamerweise von der Umfärbung verschont, wenigstens äußerlich.

Was bewirkt die Umfärbung innerlich?


Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität.

Du schriebst voran, die Menschen seien gefügig.


Es ist unser ureigenes ROT.

Was ist uns ureigen im Rot? Unser Blut?

Irgendwie muss man diesem Rot entkommen können. Wer weiß, wie lange wir dazu noch in der Lage sein werden.

Na, so lange, bis das Rot wieder weg ist, das Rot tritt doch periodisches auf.


Uns stören jedoch die Digi-Gegner. Tayea, wie gefährlich können solche Querköpfe sein?“

„Woher wissen die denn, wenn jemand am Digital-Children Projekt teilnimmt? Könnt ihr das kryptographisch verhindern?“

Warum ist es so wichtig, die Rebellen zu bekämpfen, was machen sie Schlimmes? Können sie die digitalen Kinder löschen? Welche Eltern wären bereit, solch ein Risiko einzugehen?

Und wie könnten die Rebellen Vorschriften machen? Mal davon abgesehen, dass sie ein Recht auf eine Meinung ala „verschwindet nicht im digitalen Raum, nur um dem periodisch auftauchenden Rot zu entgehen, sucht lieber nach einer grundlegenden Lösung“ hätten.“


Dem Zimmer gab er durch Gedanken-Input eine bläuliche Farbe mit einem dezenten Muster aus dunklen Strichen. Binnen weniger Sekunden wandelte sich das Blau in ein auffälliges Rot mit schwarzer Linien-Struktur um.

Also genau so rotschwarz wie vorher? Warum gibt er dann den Impuls?


Es machte den Eindruck, als wolle er sich vergewissern, inwieweit der Grund für ihre Entscheidung weiterhin existierte.

Ja, kann ich gut verstehen.

_

Die Software verbot jegliche Aktionen, die unter analogen Bedingungen zu physischen Konsequenzen geführt hätten.

Warum denn nur? Ist doch im Grunde der Sinn in einer Simulation.
„Lernt aus unseren Fehlern, damit ihr vom Rot verschont bleibt.“

Sie können, wenn das Rot, wieder verschwindet, zurück in das reale Leben? Wenn dem nicht so ist, macht es kein Sinn, dann sind sie bereits vom Rot verschont und vom richtigen Leben.

Ahmux kauerte auf dem Boden, ihr digitaler Körper bebte. Sie weinte nicht – niemand wusste, ob sie es unterdrückte oder diese Emotion praktisch unmöglich war.

Tränenfluss ist digital leicht darstellbar, die Emotion, dass sie ihre Eltern vermisst darum geht es im Text ausführlich und wurde mit ja beschieden. Ansonsten lügt sie und macht ihren Eltern etwas vor.
„Rot ist mein Ballon,

er fliegt schnell davon,

in das viele Rot,

morgen sind wir tot,

keiner ist mehr da,

la, la; la, la, la.“

Ups, Schluss, da hatte es die letzten beiden Sätze nicht benötigt.
Auch, wenn es nicht erwähnenswert ist, dass der Ballon rot ist, es ist ja schließlich alles rot, ich würde die beiden Sätze vorwegnehmen, damit das Gedicht am Ende für sich alleine steht:
Almuth sang das Lied der Straßenkinder, die trotz der Röte, oder gerade ihretwegen fröhlich reimten:

„Rot ist mein Ballon… morgen sind wir tot.“ Warum sie meinen zu sterben bleibt mir ein Rätsel.

Die Geschichte lässt mich ohne jede Aufklärung zurück, die analogen Kinder haben alle Angst vor dem Tod. Ahmux würde diese Angst gern am eigenen Leibe spüren. Also lieber ein wirkliches Leben führen anstatt als Null oder Eins zu existieren. Soweit so gut, wenn auch nicht neu, der Gedanke. Es gibt ja schon reichlich Romane, die die Idee aufgreifen, wir lebten bereits als ein Programm innerhalb einer Matrix.

Blieben die vielen Fragen nicht ungelöst, wäre die Geschichte runder. Warum lese ich nicht einen Versuch gegen das Rot zu Felde ziehen? Es wird ja lediglich (immer wieder) darauf reagiert, über die Wurzel des Übels bekomme ich bis zum Schluss keine Erklärung. Nehmen wir mal an, die Welt morgen in einem aggressiven Rot getaucht und die überheblichen Gedanken und das Tun der Menschen wären verantwortlich: durch was oder wen? Gott, die Natur? Anunnaki? Gerade in der Sparte „Philosophisches“ ein Eldorado.

Und wäre der einzige Reflex, die lieben Kleinen in den digitalen Raum zu verfrachten? Das passiert ja schon ohne Rot, in einem anders übertragenen Sinne ;)

Und würden wirklich um ihr Kind besorgte Eltern das machen, wenn ihre Nachkommen gehackt oder gar gelöscht werden können?

Eine Rotverschiebung, das Werkzeug zur Messung der Entfernung und Geschwindigkeit von Galaxien, kann ich mir als Titel vorstellen, denke ich an die schnelle Entfernung des Menschen von der Natur - aber eigentlich ist es doch eher eine Verschiebung aus dem Rot ins Internet.


Danke für das Lesen lassen, auch, wenn es wohl nach mehr Kritik als Lob aussieht.

Ganz lieben Gruß,

Argus

 

@Rainbow Runner

Liebe Rainbow-Runnerin - ja, die Kürze scheint ein Problem zu sein ... danke für deine Rückmeldung!

Hallo Künstlerin!
@Salatze,

Gerade, was den Erzählton und die Dialoge anbelangt, ich gehe im Einzelnen darauf ein.
Das ist sehr nett, danke für deine Mühe!


aber es wäre schön gewesen, weniger allgemein zu bleiben, sondern vielleicht klarere Bilder zu verwenden. Auch bei der Entwicklung hin. Vielleicht, wie sich die Blätter der Bäume rot färben
Hier scheinen die Bedürfnisse der Leser sehr unterschiedlich zu sein. Dieser Absatz war in der 'Urfassung':
"Hinter den Resten der Wohnmodule, neben einem Schutthaufen, habe ich ein Loch gegraben – einen Moment sieht man die Erdfarbe, riecht den Boden, wie gewohnt. Innerhalb von Sekunden erobert das Rot vom Rand her das Loch, verdrängt mit fließenden Tentakeln die erdigen Brauntöne, verfärbt einen schüchternen Keimling. Als ich einen Stein zerschlage, leuchtet mir bald Rot aus seinem Innersten entgegen, weitere Tests unterlasse ich aus Angst vor der Konfrontation mit unserem manifestierten Versagen."

Wenn ich dich richtig verstanden habe, hat dir so etwas vorgeschwebt. Ich habe es dann verworfen, weil es von der Essenz, was das Rot mit den Menschen zu tun hat, ablenkt. Bei einem längeren Format wär natürlich Platz für beides.

Ich persönlich hätte nach dem ersten Einleitungssatz hier weitergeschrieben:
"Es existiert wirklich überall, nur Menschen bleiben seltsamerweise von der Umfärbung verschont, wenigstens äußerlich."

Meines Erachtens nach fällt dann die Beschreibung der menschlichen Reaktionen auf die Rotheit weg, auch wie es sich entwickelt. Den Satz
"Nun plötzlich diese kräftigen Rotschattierungen und ein Rest Schwarz"

brauche ich auf alle Fälle - wenn alles nur rot wäre, könnte man kaum noch etwas unterscheiden.

Hier passt für mich der Farbbrei nicht zusammen mit der Rotheit. Eig. sollten ja nur die Menschen noch Farben haben, alles andere ist (so gut wie) einfärbig, oder habe ich das falsch verstanden?
Keinesfalls, hast du schon richtig verstanden. Aber warum siehst du einen Widerspruch?

Da sie 'normal' sichtbar sind, schweben ihre Gesichter wie Irrlichter in dem Farbbrei der Umgebung, heben sich von ihm ab. Da die Leute angezogen sind, ist die Kleidung auch rot, nur wenig sieht 'normal' aus. (Welche Konsequenzen für die Modeindustrie :lol:!)

aber das hier ist mir fast schon zu "involviert" für einen allwissenden Erzähler, der einfach nur drauf blickt.
Gut beobachtet, aber da hast du eine Information im Text übersehen: Er ist involviert, er ist ein betroffener Mensch (da muss ich wohl nachbessern, ist wohl nicht leicht genug erkennbar).
Der Erzähler sagt:

"Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von stinkender Gier, pochender Verblendung" auch hier: "Unser Innerstes,

Er erlebt das also selbst.


Im Nachhinein denke ich mir, dass gemeint ist, dass der Mensch, aufgrund dessen wie er agiert (hat), diese Einfarbigkeit produziert hat, ohne selbst einfarbig zu sein
Ja, knapp und treffend ausgedrückt!

so wie du es hier auch schön sagst:
Menschliches Tun verwandelt sich in monochromen Rausch,
Beim ersten Lesen kam mir die verherrende Einfarbigkeit allerdings so vor, als sei sie auf den Menschen selbst bezogen, das er einfarbig ist. Steht eig. eh so da, daher nur ein Leser-Eindruck an der Stelle, keine Kritik.
Das Rot ist wirklich präsent, aber auch eine Folge einer Art 'Fluch', unter der der Mensch leidet, nur allegorisch ausgedrückt.

Gefällt mir gut, der Satz (du hast einige Sätze/Aussagen da drinnen, die ich sehr gut finde). Mir gefällt wie du mit dem Rot "spielst".
Danke! 'Spielen' trifft es gut.

Und Tayea selbst, ich bin mir nicht sicher, ob sie dann im zweiten Teil (nachdem das Kind da ist) nochmal vorkommt, weil ich sie mit Putri verwechselt habe.
Deshalb hatte ich die Personen mit 'Äußerlichkeiten' ausgestattet: Tayea mit den Makropixeln usw. Das hat Lesern zum Teil nicht gefallen. Muss zugeben, dass ich im Moment nicht weiß, wie ich das lösen soll.

"Die elegante Frau" finde ich an der Stelle schwierig, weil ich mich frage: Wer denkt das, wer behauptet das?
Guter Hinweis, 'elegant' ist problematisch. In diesem Setting weiß man nicht, woran der Erzähler das festmacht.

Mein Problem mit den Dialogen ist, dass sie teilweise steif wirken, was sicher auch daran liegt, dass über sie sehr viele Informationen an den Leser vermittelt werden
Die Informationen müssen dem Leser vermittelt werden, das ist mein Problem.
Ich versuche mal zu verdeutlichen, wie ich mir das gedacht habe:
Die enorme Größe der für die digitale Zeugung benötigten Datenmenge macht es unmöglich, den Ursprung der transferierten Informationen zu verbergen.
Da hier eine Digital-Ratgeberin spricht, ist es nicht überraschend, wenn so fachspezifisch gesprochen wird.

Keine Ahnung, was ein paar ewig Gestrige gegen die Digital Children haben! Sobald man von der Naturgeburt zur Retorte überging, gab es heftige Proteste, ebenso bei der Genom-Optimierung – bis die Gesellschaft die Vorteile erkannte.
Der arme zukünftige Vater steht vor einer schweren Entscheidung, er rechtfertigt sich gewissermaßen selbst durch das erneute Reflektieren seiner Beweggründe. (Typisches Verhalten bei größeren Entscheidungen).
Vorher heißt es auch:
"Es machte den Eindruck, als wolle er sich vergewissern, inwieweit der Grund für ihre Entscheidung weiterhin existierte"


Liebling … leider geht das nicht, ständig sind Aufgaben zu bewältigen, die man nur mit einem Körper erledigen kann. Jedenfalls solange, bis das autonome Funktionieren des Digi-Raums sicher gestellt ist. Aus gutem Grund hat man vorerst den KI-Robotern bloß bestimmte Verantwortungsbereiche überlassen. Vielleicht wird man ständig einige Spezialisten im analogen Leben brauchen. Kind – zumindest ein Teil der Menschheit hat die Chance auf einen Neuanfang.

An dieser Stelle kann ich nicht so argumentieren, vielleicht sollte ich da den Dialog aufteilen, damit das Ganze auch kindgerechter wirkt. Auch bei den anderen von dir aufgeführten Dialogbeispielen könnte das unter Umständen helfen. Mal sehen, dass dies dann nicht 'künstlich' wirkt, wie das Kind dann fragt.

Ihr Vater wirkte wie jemand, der gleich die Beherrschung verliert, er schluckte. Nach einem kleinen Seufzer antwortete er mit ruhiger, deutlich rauer Stimme.
Hier wieder die Frage nach dem Erzähler – an der Stelle war ich nicht nur von den Figuren distanziert, sondern auch der Erzähler selbst wirkt auf einmal so unstet. Und ich frage mich: Was weiß er? Was weiß er nicht?

Woltochinon:
Ich wollte, dass er alles weiß, was man beobachten kann, sich in die Gefühle der Personen hineinversetzt ohne deren Gedanken zu kennen (so eine Art guter Psychologe).

am Ende auch eine moralische Botschaft, die nicht nur an das Kind allgemein gerichtet ist, sondern gleich an eine ganze Generation, die ja eig. gar nicht zuhört.
Ich denke, die Mutter rechtfertigt sich mehr selbst, als das Kind überzeugen zu wollen.

Insgesamt mag ich die Idee wie gesagt, ich würde daher auch einiges mehr an Text bevorzugen, der die Idee im gesamten aufarbeitet und der Geschichte den Raum gibt, den sie braucht.

Ja, da werde ich wohl nicht drumrum kommen, diesen Raum zu schaffen. Trotzdem - danke für den 'Arbeitsauftrag'!

LG,

Woltochinon


@linktofink
Hi, ich habe "Gestrichen voll" gelesen, danke für den Link! Vergleiche von Geschichten mit ähnlichen Motiven sind generell interessant - schon bei der Challenge ist es erstaunlich, wie viele Blickwinkel es auf Themen gibt.

 

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