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Rotverschiebung

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18.04.2002
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Rotverschiebung

Es ist überall rot.

Früher als erwartet, kommt halt darauf an, was man erwartet. Gestern noch dieses zarte Rosa, wie in den letzten Monaten – dann sowas. Die sanften Farbtöne hatten die meisten bald ignoriert, sich damit abgefunden. Es bestand die Hoffnung, dass diese etwas lästige Anomalität jetzt endgültige Normalität war, ungewohnt, aber weitgehend harmlos. Natürlich gibt es einige unangenehme Einschränkungen, darauf hat sich jeder eingestellt, die Umstände gefügig akzeptiert. Das Rot hat mit seinen Tentakeln jede Ritze erobert, bildet ein unruhiges Linienmuster. Von dort ausgehend, ergießt es sich unerbittlich über die restlichen Flächen. Rot vibriert durch die Luft, wabert im Wasser. Es existiert überall, nur Menschen bleiben seltsamerweise von der Umfärbung verschont, wenigstens äußerlich. Ihre so unverschämt vertrauten Unschuldsmienen ergeben ein verwirrendes Bild: Sie scheinen inmitten dieser Rotheit zu schweben, gespenstische Irrlichter im alle Formen auflösenden Farbbrei. Wer weiß, wie viel davon ihren Köpfen entspringt, eigentlich ein Narr, wer hier rätselt. Unser Innerstes, dieses Menschsein: die Quelle verheerender Einfarbigkeit.

Die Zeit hämmert ihre entropische Beschaffenheit gnadenlos in selbstgerechte Gemüter: Sie ist keineswegs das einzige Problem, es gibt auch noch uns.

Menschliches Tun verwandelt sich in monochromen Rausch, Emotionen oszillieren bis zur Erschöpfungsexplosion in sich aufbäumender Resonanz. Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität. Ein überhandnehmendes Rot, geboren aus immer wiederkehrender Hochmütigkeit, Ignoranz und Gewalt. Die filigranen Gebilde der Fürsorglichkeit werden rot zerstampft. Wir, nur wir: Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von Gier und Verblendung – bis hin zur taumelnden Vernichtung.

Es ist unser ureigenes ROT.

Putri blickte versonnen aus dem riesigen Panorama-Fenster. Das Rot erstreckte sich bis zu den Kuppeln der Nachrichtentransmitter, die in gelassener Beständigkeit ihre nunmehr rötlichen Laserimpulse in den Himmel schickten.

„Haben Sie sich entschlossen, Putri?“

„Ja, wir wollen diesen Weg gehen, klar, ganz sicher. Irgendwie muss man diesem Rot entkommen können. Wer weiß, wie lange wir dazu noch in der Lage sein werden. Uns stören jedoch die Digi-Gegner. Tayea, wie gefährlich können solche Querköpfe sein?“

Putri und Sagittarius zoomten Tayea näher zu sich heran, dadurch kam ihr freundliches Gesicht mit den goldenen Makropixeln unter der Haut erst richtig zur Geltung. Die Beraterin zögerte einen Moment, bevor sie antwortete.

„Problematisch werden momentan höchstens die anarchistischen Avatare, mit denen man Sie belästigt – eventuell startet jemand Ransome-Hacks. Man wird versuchen, Sie einzuschüchtern. Tatsächlich gibt es Ignoranten die verdrängen, in welche Sackgasse unsere physische Existenz geraten ist. Die blenden das Rot aus – keine Sorge, wir haben sie unter Kontrolle, trotz allen Widerstands. Wir können uns nicht leisten, dass die Leute durchdrehen oder das Digi-Programm ernsthaft in Gefahr bringen.

„Woher wissen die denn, wenn jemand am Digital-Children Projekt teilnimmt? Könnt ihr das kryptographisch verhindern?“

Putri nippte an ihrem Phytocell-Drink. Früher leuchtete das Getränk hellgelb, nun war es blass rot – ungewohnt, aber immerhin gesund. Die leicht nervöse Frau musterte ihren Genpartner intensiv, im Moment erwartete sie von ihm keine Antwort. Er zupfte ständig an seiner Unterlippe, wirkte überfordert. Sie streckte ihren schlanken Körper, schüttelte selbstbewusst ihre langen Glossy-but-Sticky-Look Haare, beobachtete konzentriert Tayea, wartete auf eine Erklärung.

„Jeder hinterlässt unabsichtlich Spuren im digitalen System. Wenn jemand mit fanatischem Eifer vermeintliche Übeltäter jagt, gibt es keinen ausreichenden Schutz. Leider gibt es Big-Data-Analysten, die relativ leicht nutzbare Hinweise finden. Die enorme Größe der für die digitale Zeugung benötigten Datenmenge macht es unmöglich, den Ursprung der transferierten Informationen zu verbergen.“

Das Gespräch hatte Sagittarius bis jetzt mit einer gewissen Anspannung verfolgt. Dem Zimmer gab er durch Gedanken-Input eine bläuliche Farbe mit einem dezenten Muster aus dunklen Strichen. Binnen weniger Sekunden wandelte sich das Blau in ein auffälliges Rot mit schwarzer Linien-Struktur um. Sagittarius nickte versonnen. Es machte den Eindruck, als wolle er sich vergewissern, inwieweit der Grund für ihre Entscheidung weiterhin existierte. Unvermittelt fixierte er Tayea intensiv mit seinen Sternchenmuster-Augen, ihre Aufmerksamkeit sollte ganz ihm gehören.

„Keine Ahnung, was ein paar ewig Gestrige gegen die Digital Children haben! Sobald man von der Naturgeburt zur Retorte überging, gab es heftige Proteste, ebenso bei der Genom-Optimierung – bis die Gesellschaft die Vorteile erkannte. So viel Leid ist verhindert worden! Anstelle der genetischen Rekombination werden nun halt algorithmische Ableitungen der Erbinformation ausgetauscht. Na und? Wir wünschen das Beste für unsere Tochter, sie soll unter keinen Umständen in einer menschenunwürdigen, von Rot bestimmten Wirklichkeit aufwachsen. Der Digi-Raum bedeutet Zukunft, wer will uns da Vorschriften machen? Niemand hat das Recht dazu.“

„Genau, niemand! Haben Sie noch eine Frage, Sie, Putri?“

„Ja – wie ähnlich wird sie uns sein?“

„Das werden Sie gemeinsam feststellen müssen. Aber Ihre Tochter wird wunderbar sein.“

_

„Warum sind eure Avatare nicht immer bei mir? So, wie es früher war? Ohne euch bin ich doch allein! Kommt doch für immer in den Digi, wenigstens du, Mutter, bitte!“

„Liebling … leider geht das nicht! Du weißt doch – ständig sind Aufgaben zu bewältigen, die man nur mit einem Körper erledigen kann. Das autonome Funktionieren des Digi-Raums ist noch lange nicht selbstverständlich. Aus gutem Grund hat man vorerst den KI-Robotern bloß bestimmte Verantwortungsbereiche überlassen. Schau nicht so misstrauisch! Vielleicht wird man ständig einige Spezialisten im analogen Leben brauchen. Kind – du gehörst zum priviligierten Teil der Menschheit mit der Chance auf einen Neuanfang. Bitte begreif endlich – du, du bist gesund, unabhängig, frei von all dem leidvollen Rot.“

Ahmux rief wütend etwas Unverständliches, rannte durch das hohe, feuchte Gras, bis sie eine etwa fünf Meter hohe, hölzerne Aussichtsplattform erreichte. Flink kletterte sie die Leiter empor.

„Schaut, ich bin ganz oben … und … und springe!“

Tatsächlich nahm Ahmux Anlauf, spurtete bis zum Geländer des Turms, um sich darüber zu schwingen. Sofort blieb sie in einer Art unsichtbarem, zähen Teig stecken. Notgedrungen musste sie, ein wenig beschämt, einige Schritte zurück gehen. Selbstverständlich hätte eine digitale Person den Sprung unbeschadet überstanden. Doch die nach dem Datentransfer eingesetzte Virtual-Life-Software verbot jegliche Aktionen, die unter analogen Bedingungen zu physischen Konsequenzen geführt hätten.

Mit verschränkten Armen wandte sich Ahmux trotzig an ihre Eltern:

„Ich will auch einen natürlichen Körper, möchte empfinden, wie ihr es könnt! Will unbehütetes Leben erfahren! Warum habt ihr mich zur Beta-Version eines Menschen verdammt!“

Ihr Vater wirkte wie jemand, der gleich die Beherrschung verliert, er schluckte. Nach einem kleinen Seufzer antwortete er mit ruhiger, deutlich rauer Stimme.

„Jederzeit kannst du die analoge Welt als Simulation erfahren, damit du verstehst, wie viel Aussichtslosigkeit dort herrscht. Aber ein Körper ... unmöglich, jedenfalls im Moment, warum auch? Wichtig ist: Wir lieben dich, spätestens seit deiner Zeugung haben wir eine bessere Existenz für dich gewollt …“

„Ja, dieser komischen ‚Informationsverschränkung‘, aus der ich entstanden bin …“

„Was soll der Spott? Ahmux, bitte! Sieh doch ein: Dir soll es gut gehen, ohne Schmerzen oder Alterserscheinungen, ohne dieses Rot, diesen belastenden Fluch. Nutze deine Chance, die riesigen Gestaltungsmöglichkeiten des Digi-Raums, erschaffe mit den anderen Digis einen lebenswerten Ort! Ihr seid doch anders als wir, ihr müsst nicht unsere Fehler wiederholen.“

„Ahmux, versteh uns. Warum wohl habe ich dir erzählt, wie dein Vater trotz seiner erst 108 Jahre manchmal kämpfen muss, wenn er seine Pflichten erfüllen will? Er besitzt keinen Regenerationsanspruch mehr. Dir bleiben solche Einschnitte zum Glück erspart.“

Sagittarius saß zusammengesunken am hinteren Ende der Animations-Einheit. Er genoss es, das Grün der künstlichen Natur anzuschauen, den blauen Himmel mit seinen Wolken. Aber im Moment hätte er seinen virtuellen Stellvertreter am liebsten im Digi-Raum abgemeldet. Der erschöpfte Mann unterließ es, das würde ihm seine Partnerin nie verzeihen. Wo waren die tollen Digital-Children-Adviser, wenn man sie brauchte? Gut – sie waren total überlastet, ohne Selbsthilfegruppe waren DC-Familien ziemlich allein mit ihren Problemen.

„Ihr habt für mich, nein, über mich entschieden, mir keine Wahl gelassen, Putri, wie konntest du das zulassen!“

„Mein lieber Schatz! Eltern haben immer unbequeme Entscheidungen getroffen, in jedem Zeitalter. Menschen müssen handeln oder sie bleiben untätig und sind somit leblos: Das ist seit tausenden von Generationen so. Meinst du, es war früher einfach, zu sagen: ‚Dieses Kind adoptiere ich, das da bleibt im Heim? Dieses Kind gebäre ich, selbst wenn gerade Krieg tobt‘?“
Putri wirkte aufgebracht. Offensichtlich fühlte sie sich in der Verantwortung, eine Art Rechtfertigung zu geben. „Wir haben uns deine digitale Entstehung ausgiebig überlegt, abgewogen, wollten einen Ausweg aus dem Rot erschließen. Gerne hätten dein Vater und ich manches besser bedacht, nur – jeder Mensch, auch du, kann lediglich das ihm Mögliche tun.“

Ahmux kauerte auf dem Boden, ihr digitaler Körper bebte. Sie weinte nicht – niemand wusste, ob sie es unterdrückte oder diese Emotion praktisch unmöglich war.

„Mutter …“

„… meine Liebe, ihr bestimmt, welche Welt ihr erschaffen werdet. Wir sind die letzte Generation, ihr seid die erste.“

„Rot ist mein Ballon,

er fliegt schnell davon,

in das viele Rot,

morgen sind wir tot,

keiner ist mehr da,

la, la; la, la, la.“

„Kind, lass das! Warum loggst du dich dauernd in die grässliche Realität dieser Kinder ein?“

„Weil ich richtiges Leben spüren will!“

 

Hallo Woltochinon,

Science Fiction ist ein altes Steckenpferd, gepaart mit Philosophie, da bin ich gespannt.

Rotverschiebung

Es ist überall rot.

Früher als erwartet, kommt halt darauf an, was man erwartet. Gestern noch dieses zarte Rosa, wie in den letzten Monaten – dann sowas.


Guter Einstieg, es versetzt mich in eine surreale verwirrende Welt. als Surrealist genau meine :)

Die sanften Farbtöne hatten die meisten bald ignoriert, sich damit abgefunden. Es bestand die Hoffnung, dass diese etwas lästige Anomalität jetzt endgültige Normalität war, ungewohnt, aber weitgehend harmlos. Natürlich gibt es einige unangenehme Einschränkungen, darauf hat sich jeder eingestellt, die Umstände gefügig akzeptiert.

Mit dem zarten Rosa, der letzten Monaten konnte man sich abfinden. Mit den kräftigen Rotschattierungen und einem Rest Schwarz nicht, weil es Tentakel hat, jede Ritze erobert, durch die Luft vibriert, im Wasser wabert. Und niemand fragt, wo das herkommt? Warum besteht diesmal die Hoffnung, dass das Rot nicht käme, wenn es doch periodisch geschieht?

Warum sind die Menschen so gefügig? Durch das Rosa zuvor? Warum wird das Rot immer wieder erwartet, diesmal aber vielleicht früher? Welche unangenehmen Einschränkungen gibt es?

Nun plötzlich diese kräftigen Rotschattierungen und ein Rest Schwarz. Das Rot hat mit seinen Tentakeln jede Ritze erobert, vibriert durch die Luft, wabert im Wasser.

Kann man überhaupt noch atmen, Sport machen, Gemüse anbauen? Du merkst, ich habe gleich am Anfang viele Fragen. Die Einführung besteht aus einer Beschreibung, die mehr Fragen aufwirft als erklärt, sogar, wenn es erklärt wird:

„Ein überhandnehmendes Rot, geboren aus Hochmütigkeit, Ignoranz und Gewalt“, „Wer weiß, wie viel davon ihren Köpfen entspringt, eigentlich ein Narr, wer hier rätselt.“ „Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von stinkender Gier, pochender Verblendung – bis hin zur taumelnden Vernichtung.“

Pompös, der Beginn. Ich bin gespannt wie sich das alles auflöst. Spannend, diese Annahmen.und Ausgangslage.


Es existiert wirklich überall, nur Menschen bleiben seltsamerweise von der Umfärbung verschont, wenigstens äußerlich.

Was bewirkt die Umfärbung innerlich?


Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität.

Du schriebst voran, die Menschen seien gefügig.


Es ist unser ureigenes ROT.

Was ist uns ureigen im Rot? Unser Blut?

Irgendwie muss man diesem Rot entkommen können. Wer weiß, wie lange wir dazu noch in der Lage sein werden.

Na, so lange, bis das Rot wieder weg ist, das Rot tritt doch periodisches auf.


Uns stören jedoch die Digi-Gegner. Tayea, wie gefährlich können solche Querköpfe sein?“

„Woher wissen die denn, wenn jemand am Digital-Children Projekt teilnimmt? Könnt ihr das kryptographisch verhindern?“

Warum ist es so wichtig, die Rebellen zu bekämpfen, was machen sie Schlimmes? Können sie die digitalen Kinder löschen? Welche Eltern wären bereit, solch ein Risiko einzugehen?

Und wie könnten die Rebellen Vorschriften machen? Mal davon abgesehen, dass sie ein Recht auf eine Meinung ala „verschwindet nicht im digitalen Raum, nur um dem periodisch auftauchenden Rot zu entgehen, sucht lieber nach einer grundlegenden Lösung“ hätten.“


Dem Zimmer gab er durch Gedanken-Input eine bläuliche Farbe mit einem dezenten Muster aus dunklen Strichen. Binnen weniger Sekunden wandelte sich das Blau in ein auffälliges Rot mit schwarzer Linien-Struktur um.

Also genau so rotschwarz wie vorher? Warum gibt er dann den Impuls?


Es machte den Eindruck, als wolle er sich vergewissern, inwieweit der Grund für ihre Entscheidung weiterhin existierte.

Ja, kann ich gut verstehen.

_

Die Software verbot jegliche Aktionen, die unter analogen Bedingungen zu physischen Konsequenzen geführt hätten.

Warum denn nur? Ist doch im Grunde der Sinn in einer Simulation.
„Lernt aus unseren Fehlern, damit ihr vom Rot verschont bleibt.“

Sie können, wenn das Rot, wieder verschwindet, zurück in das reale Leben? Wenn dem nicht so ist, macht es kein Sinn, dann sind sie bereits vom Rot verschont und vom richtigen Leben.

Ahmux kauerte auf dem Boden, ihr digitaler Körper bebte. Sie weinte nicht – niemand wusste, ob sie es unterdrückte oder diese Emotion praktisch unmöglich war.

Tränenfluss ist digital leicht darstellbar, die Emotion, dass sie ihre Eltern vermisst darum geht es im Text ausführlich und wurde mit ja beschieden. Ansonsten lügt sie und macht ihren Eltern etwas vor.
„Rot ist mein Ballon,

er fliegt schnell davon,

in das viele Rot,

morgen sind wir tot,

keiner ist mehr da,

la, la; la, la, la.“

Ups, Schluss, da hatte es die letzten beiden Sätze nicht benötigt.
Auch, wenn es nicht erwähnenswert ist, dass der Ballon rot ist, es ist ja schließlich alles rot, ich würde die beiden Sätze vorwegnehmen, damit das Gedicht am Ende für sich alleine steht:
Almuth sang das Lied der Straßenkinder, die trotz der Röte, oder gerade ihretwegen fröhlich reimten:

„Rot ist mein Ballon… morgen sind wir tot.“ Warum sie meinen zu sterben bleibt mir ein Rätsel.

Die Geschichte lässt mich ohne jede Aufklärung zurück, die analogen Kinder haben alle Angst vor dem Tod. Ahmux würde diese Angst gern am eigenen Leibe spüren. Also lieber ein wirkliches Leben führen anstatt als Null oder Eins zu existieren. Soweit so gut, wenn auch nicht neu, der Gedanke. Es gibt ja schon reichlich Romane, die die Idee aufgreifen, wir lebten bereits als ein Programm innerhalb einer Matrix.

Blieben die vielen Fragen nicht ungelöst, wäre die Geschichte runder. Warum lese ich nicht einen Versuch gegen das Rot zu Felde ziehen? Es wird ja lediglich (immer wieder) darauf reagiert, über die Wurzel des Übels bekomme ich bis zum Schluss keine Erklärung. Nehmen wir mal an, die Welt morgen in einem aggressiven Rot getaucht und die überheblichen Gedanken und das Tun der Menschen wären verantwortlich: durch was oder wen? Gott, die Natur? Anunnaki? Gerade in der Sparte „Philosophisches“ ein Eldorado.

Und wäre der einzige Reflex, die lieben Kleinen in den digitalen Raum zu verfrachten? Das passiert ja schon ohne Rot, in einem anders übertragenen Sinne ;)

Und würden wirklich um ihr Kind besorgte Eltern das machen, wenn ihre Nachkommen gehackt oder gar gelöscht werden können?

Eine Rotverschiebung, das Werkzeug zur Messung der Entfernung und Geschwindigkeit von Galaxien, kann ich mir als Titel vorstellen, denke ich an die schnelle Entfernung des Menschen von der Natur - aber eigentlich ist es doch eher eine Verschiebung aus dem Rot ins Internet.


Danke für das Lesen lassen, auch, wenn es wohl nach mehr Kritik als Lob aussieht.

Ganz lieben Gruß,

Argus

 
Zuletzt bearbeitet:

@Rainbow Runner

Liebe Rainbow-Runnerin - ja, die Kürze scheint ein Problem zu sein ... danke für deine Rückmeldung!

Hallo Künstlerin!
@Salatze,

Gerade, was den Erzählton und die Dialoge anbelangt, ich gehe im Einzelnen darauf ein.
Das ist sehr nett, danke für deine Mühe!


aber es wäre schön gewesen, weniger allgemein zu bleiben, sondern vielleicht klarere Bilder zu verwenden. Auch bei der Entwicklung hin. Vielleicht, wie sich die Blätter der Bäume rot färben
Hier scheinen die Bedürfnisse der Leser sehr unterschiedlich zu sein. Dieser Absatz war in der 'Urfassung':
"Hinter den Resten der Wohnmodule, neben einem Schutthaufen, habe ich ein Loch gegraben – einen Moment sieht man die Erdfarbe, riecht den Boden, wie gewohnt. Innerhalb von Sekunden erobert das Rot vom Rand her das Loch, verdrängt mit fließenden Tentakeln die erdigen Brauntöne, verfärbt einen schüchternen Keimling. Als ich einen Stein zerschlage, leuchtet mir bald Rot aus seinem Innersten entgegen, weitere Tests unterlasse ich aus Angst vor der Konfrontation mit unserem manifestierten Versagen."

Wenn ich dich richtig verstanden habe, hat dir so etwas vorgeschwebt. Ich habe es dann verworfen, weil es von der Essenz, was das Rot mit den Menschen zu tun hat, ablenkt. Bei einem längeren Format wär natürlich Platz für beides.

Ich persönlich hätte nach dem ersten Einleitungssatz hier weitergeschrieben:
"Es existiert wirklich überall, nur Menschen bleiben seltsamerweise von der Umfärbung verschont, wenigstens äußerlich."

Meines Erachtens nach fällt dann die Beschreibung der menschlichen Reaktionen auf die Rotheit weg, auch wie es sich entwickelt. Den Satz
"Nun plötzlich diese kräftigen Rotschattierungen und ein Rest Schwarz"

brauche ich auf alle Fälle - wenn alles nur rot wäre, könnte man kaum noch etwas unterscheiden.

Hier passt für mich der Farbbrei nicht zusammen mit der Rotheit. Eig. sollten ja nur die Menschen noch Farben haben, alles andere ist (so gut wie) einfärbig, oder habe ich das falsch verstanden?
Keinesfalls, hast du schon richtig verstanden. Aber warum siehst du einen Widerspruch?

Da sie 'normal' sichtbar sind, schweben ihre Gesichter wie Irrlichter in dem Farbbrei der Umgebung, heben sich von ihm ab. Da die Leute angezogen sind, ist die Kleidung auch rot, nur wenig sieht 'normal' aus. (Welche Konsequenzen für die Modeindustrie :lol:!)

aber das hier ist mir fast schon zu "involviert" für einen allwissenden Erzähler, der einfach nur drauf blickt.
Gut beobachtet, aber da hast du eine Information im Text übersehen: Er ist involviert, er ist ein betroffener Mensch (da muss ich wohl nachbessern, ist wohl nicht leicht genug erkennbar).
Der Erzähler sagt:

"Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von stinkender Gier, pochender Verblendung" auch hier: "Unser Innerstes,

Er erlebt das also selbst.


Im Nachhinein denke ich mir, dass gemeint ist, dass der Mensch, aufgrund dessen wie er agiert (hat), diese Einfarbigkeit produziert hat, ohne selbst einfarbig zu sein
Ja, knapp und treffend ausgedrückt!

so wie du es hier auch schön sagst:
Menschliches Tun verwandelt sich in monochromen Rausch,
Beim ersten Lesen kam mir die verherrende Einfarbigkeit allerdings so vor, als sei sie auf den Menschen selbst bezogen, das er einfarbig ist. Steht eig. eh so da, daher nur ein Leser-Eindruck an der Stelle, keine Kritik.
Das Rot ist wirklich präsent, aber auch eine Folge einer Art 'Fluch', unter der der Mensch leidet, nur allegorisch ausgedrückt.

Gefällt mir gut, der Satz (du hast einige Sätze/Aussagen da drinnen, die ich sehr gut finde). Mir gefällt wie du mit dem Rot "spielst".
Danke! 'Spielen' trifft es gut.

Und Tayea selbst, ich bin mir nicht sicher, ob sie dann im zweiten Teil (nachdem das Kind da ist) nochmal vorkommt, weil ich sie mit Putri verwechselt habe.
Deshalb hatte ich die Personen mit 'Äußerlichkeiten' ausgestattet: Tayea mit den Makropixeln usw. Das hat Lesern zum Teil nicht gefallen. Muss zugeben, dass ich im Moment nicht weiß, wie ich das lösen soll.

"Die elegante Frau" finde ich an der Stelle schwierig, weil ich mich frage: Wer denkt das, wer behauptet das?
Guter Hinweis, 'elegant' ist problematisch. In diesem Setting weiß man nicht, woran der Erzähler das festmacht.

Mein Problem mit den Dialogen ist, dass sie teilweise steif wirken, was sicher auch daran liegt, dass über sie sehr viele Informationen an den Leser vermittelt werden
Die Informationen müssen dem Leser vermittelt werden, das ist mein Problem.
Ich versuche mal zu verdeutlichen, wie ich mir das gedacht habe:
Die enorme Größe der für die digitale Zeugung benötigten Datenmenge macht es unmöglich, den Ursprung der transferierten Informationen zu verbergen.
Da hier eine Digital-Ratgeberin spricht, ist es nicht überraschend, wenn so fachspezifisch gesprochen wird.

Keine Ahnung, was ein paar ewig Gestrige gegen die Digital Children haben! Sobald man von der Naturgeburt zur Retorte überging, gab es heftige Proteste, ebenso bei der Genom-Optimierung – bis die Gesellschaft die Vorteile erkannte.
Der arme zukünftige Vater steht vor einer schweren Entscheidung, er rechtfertigt sich gewissermaßen selbst durch das erneute Reflektieren seiner Beweggründe. (Typisches Verhalten bei größeren Entscheidungen).
Vorher heißt es auch:
"Es machte den Eindruck, als wolle er sich vergewissern, inwieweit der Grund für ihre Entscheidung weiterhin existierte"


Liebling … leider geht das nicht, ständig sind Aufgaben zu bewältigen, die man nur mit einem Körper erledigen kann. Jedenfalls solange, bis das autonome Funktionieren des Digi-Raums sicher gestellt ist. Aus gutem Grund hat man vorerst den KI-Robotern bloß bestimmte Verantwortungsbereiche überlassen. Vielleicht wird man ständig einige Spezialisten im analogen Leben brauchen. Kind – zumindest ein Teil der Menschheit hat die Chance auf einen Neuanfang.

An dieser Stelle kann ich nicht so argumentieren, vielleicht sollte ich da den Dialog aufteilen, damit das Ganze auch kindgerechter wirkt. Auch bei den anderen von dir aufgeführten Dialogbeispielen könnte das unter Umständen helfen. Mal sehen, dass dies dann nicht 'künstlich' wirkt, wie das Kind dann fragt.

Ihr Vater wirkte wie jemand, der gleich die Beherrschung verliert, er schluckte. Nach einem kleinen Seufzer antwortete er mit ruhiger, deutlich rauer Stimme.
Hier wieder die Frage nach dem Erzähler – an der Stelle war ich nicht nur von den Figuren distanziert, sondern auch der Erzähler selbst wirkt auf einmal so unstet. Und ich frage mich: Was weiß er? Was weiß er nicht?

Woltochinon:
Ich wollte, dass er alles weiß, was man beobachten kann, sich in die Gefühle der Personen hineinversetzt ohne deren Gedanken zu kennen (so eine Art guter Psychologe).

am Ende auch eine moralische Botschaft, die nicht nur an das Kind allgemein gerichtet ist, sondern gleich an eine ganze Generation, die ja eig. gar nicht zuhört.
Ich denke, die Mutter (bzw. der Vater) rechtfertigt sich mehr selbst, als das Kind überzeugen zu wollen.

Insgesamt mag ich die Idee wie gesagt, ich würde daher auch einiges mehr an Text bevorzugen, der die Idee im gesamten aufarbeitet und der Geschichte den Raum gibt, den sie braucht.

Ja, da werde ich wohl nicht drumrum kommen, diesen Raum zu schaffen. Trotzdem - danke für den 'Arbeitsauftrag'!

LG,

Woltochinon


@linktofink
Hi, ich habe "Gestrichen voll" gelesen, danke für den Link! Vergleiche von Geschichten mit ähnlichen Motiven sind generell interessant - schon bei der Challenge ist es erstaunlich, wie viele Blickwinkel es auf Themen gibt.

 

Hej @Woltochinon

der Kommentar wird etwas ausführlicher, gerade weil ich glaube, dass die Idee des Textes richtig stark ist, eine Menge Potential bietet, aber mMn die Ausführung noch nicht ganz ausgereift ist

Zum Ort:
Der Text erfüllt das Challenge-Thema grundsätzlich, jedoch nicht auf klassisch-szenische Weise. Der „Ort“ ist hier kein klar lokalisierbarer geografischer Raum, sondern ein globaler, nahezu kosmischer Zustand: Eine Welt, die vollständig von der Farbe Rot überzogen ist. Dieser Ort fällt eindeutig aus dem Rahmen, weil er physikalische, ästhetische und existenzielle Gesetze gleichzeitig verändert.
Problematisch ist jedoch, dass dieser Ort überwiegend als Konzept vorgestellt wird. Er wird erklärt, gedeutet und philosophisch aufgeladen, aber nur selten konkret erlebt. Der Rahmen wird auf inhaltlicher Ebene gesprengt, aber auf szenischer Ebene nicht voll ausgespielt.

Atmosphäre und Sinnlichkeit:
Die Szenengestaltung bleibt im Verhältnis zur Grundidee auffallend zurück. Zwar gibt es einzelne räumliche Marker (Panoramafenster, Plattform, digitales Gras), doch diese Orte bleiben weitgehend funktional. Es fehlt an einer konsequenten sinnlichen Durchdringung: Gerüche, Temperaturen, Widerstände des Raums, akustische Ebenen oder körperliche Reaktionen werden kaum gezeigt.
Das Rot als allgegenwärtiges Phänomen wird zwar sprachlich verdichtet, bleibt aber abstrakt. Man begreift es intellektuell, spürt es jedoch selten körperlich.

KI- und Digital-Children-Thematik:
Die größte Stärke des Textes liegt in der ethisch aufgeladenen KI- und Digital-Children-Idee. Digitale Zeugung, der Konflikt zwischen Optimierung und echter Verletzlichkeit sowie die Spannung zwischen den Generationen sind klug gedacht und inhaltlich überzeugend.
Besonders wirkungsvoll ist der Gedanke, dass die digitale Existenz zwar Sicherheit verspricht, aber gleichzeitig Erfahrungsräume verwehrt. Ahmux übernimmt dabei eine zentrale emotionale Funktion, indem sie genau diese Lücke benennt: den Wunsch nach echtem Körper, echter Gefahr und echtem Schmerz.
Gleichzeitig entsteht dadurch ein Balanceproblem: Die KI-Thematik dominiert den Text. Die Geschichte liest sich stellenweise eher wie ein Zukunfts-Diskurs.

Figurenzeichnung und Dialoggestaltung:
Die Figuren sind vor allem als ideelle Träger von Haltungen angelegt: Putri und Sagittarius verkörpern die rationale Fortschrittshoffnung, Ahmux den emotionalen Widerstand gegen eine vollkommen kontrollierte Existenz.
Der Dialog erfüllt in erster Linie eine erklärende Funktion. Stilistisch wirkt er teilweise sachlich-technisch, was zur Thematik passt, aber zugleich emotionale Reibung verhindert. Hier verschenkt der Text erzählerisches Potenzial, das in stärkeren Konflikten, subtileren Brüchen oder verdeckteren Spannungen liegen könnte.

Stil und sprachliche Wirkung:
Sprachlich arbeitet der Text mit hohem Abstraktionsgrad, verdichteten Metaphern und starken Generalisierungen. Das verleiht ihm Wucht und einen manifestartigen Ton.
Gleichzeitig birgt diese Dichte die Gefahr der Überladung: Manche Passagen wirken weniger wie erzählte Literatur als wie ein programmatischer Essay in poetischer Form.

Insgesamt:
„Rotverschiebung“ ist wie ich den Text lese ein inhaltlich ambitionierter, gedanklich starker Text mit origineller KI-Thematik und klarer dystopischer Aussage. Das Challenge-Thema wird auf konzeptioneller Ebene erfüllt.
Kritisch bleibt jedoch, dass die Szenen blass wirken und Die KI- und Ethikdiskussion alles andere überstrahlt. Insgesamt wirkt der Text mehr wie ein philosophischer Zukunftsentwurf mit szenischen Elementen.
Eine stärkere Verlagerung hin zur unmittelbaren, körperlich erfahrbaren Umwelt würde mMn einen deutlichen Gewinn darstellen.

Paar Stellen:

Das Rot hat mit seinen Tentakeln jede Ritze erobert, vibriert durch die Luft, wabert im Wasser. Es existiert wirklich überall, nur Menschen bleiben seltsamerweise von der Umfärbung verschont, wenigstens äußerlich. Ihre so unverschämt vertrauten Unschuldsmienen ergeben ein verwirrendes Bild:
starke Idee, welches Bild entsteht?

Die Zeit hämmert ihre entropische Beschaffenheit gnadenlos in selbstgerechte Gemüter: Sie ist keineswegs das einzige Problem, es gibt auch noch uns.
zu intellektuell denke ich
Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität.
wie?
Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von stinkender Gier, pochender Verblendung – bis hin zur taumelnden Vernichtung. Es ist unser ureigenes ROT.
wie?
„Tatsächlich gibt es Ignoranten, die verdrängen, in welche Sackgasse unsere physische Existenz geraten ist. Noch haben wir sie unter Kontrolle. Problematisch werden momentan höchstens die anarchistischen Avatare, mit denen man Sie belästigt – eventuell sogar Ransome-Hacks. Man wird versuchen, Sie einzuschüchtern.“
auch hier wünsche ich mir mehr
Glossy-but-Sticky-Look Haare,
:D
„Keine Ahnung, was ein paar ewig Gestrige gegen die Digital Children haben!
das wäre so ein Tonfall, der für einen passenden Dialog taugt
Ich will auch einen natürlichen Körper, möchte empfinden, wie ihr es könnt! Will unbehütetes Leben erfahren! Warum habt ihr mich zur Beta-Version eines Menschen verdammt!“
spricht so ein Kind?
„Rot ist mein Ballon, er fliegt schnell davon, in das viele Rot, morgen sind wir tot, keiner ist mehr da, la, la; la, la, la.“ „Kind, lass das! Warum loggst du dich dauernd in die grässliche Realität dieser Kinder ein?“ „Weil ich richtiges Leben spüren will!“
den Schluss finde ich ziemlich gut, könnte man mehr einschieben.

So, das war's erst mal. Nimm, was du brauchen kannst.

Viele Grüße sendet und einen entspannten Abend wünscht
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @lakita,

du schreibst im Moment so viele Kommentare, danke, dass du mir so einen ausführlichen geschickt hast, trotz deiner affinitätsminimalistischen (;) ) Beziehung zu dem Text!

ach, herrjee, da hab ich mich auf eine Geschichte von dir gefreut, die ich auf Anhieb verstehe und dann dies hier.
Ich hätte noch ne andere gehabt - dann hätte ich dauern zu hören bekommen 'na ja, so für zwischendurch ganz nett'. Ehrlich, 100%ig.


Mit großem Seufzer habe ich mich bemüht, mein kleingeistiges Hirn zu weiten, um deinen Text richtig interpretieren zu können
Du als Juristin bis doch ganz andere Texte gewohnt!

Ich hoffe, du verstehst ein wenig meinen Unmut über deine Geschichte.
Ja, auch wenn er mir Sorgen macht, weil ich solche Reaktionen nicht hervorrufen möchte.


Dieses sprichwörtliche: Ich sehe rot, taucht hier für mich als Idee auf. Und ich glaube, du hast es auch nicht wirklich in dieser Geschichte auf nur bestimmte Sachverhalte festgelegt.
Gut beobachtet - es geht um Grundlegendes, um aus meiner Antwort an linktofink zu zitieren:

"Schließlich versteht man bis heute nicht, warum menschliches Handeln so oft 'nach hinten los geht' - um, abgewandelt mit Goethe zu sprechen:
'Diese dunkle Kraft, die trotz Vernunft das Böse schafft.'"

Wie genau das aussieht und wie sie es gemacht haben, habe ich nicht verstanden. Aber als Fakt ist es vieleicht auch erstmal nicht so wichtig, denn deine Hauptaussagen scheinen mir zu sein, dass du dich gefragt hast, was dann passiert.
Vielleicht (ich schließe mich nicht aus) sind wir da bei den 'Kriegern' manchmal zu sehr an Hintergründen interessiert. Wie es gemacht wurde, weiß niemand, da es diese Technik nicht gibt. Ein wager Ansatz, wie es gehen könnte (das ist man bei SF den Lesern schuldig) wird gegeben.

"denn deine Hauptaussagen scheinen mir zu sein, dass du dich gefragt hast, was dann passiert" Und da sagst du, du hättest Verständnisprobleme!


bekommt, wie auch immer es passiert, habe ich nicht nachvollziehen können, Einblicke in die Welt, aus der sie ihre Eltern gerettet zu haben meinen. Und sie fühlt sich verloren und eingesperrt und möchte genau das haben, was man ihr verwehrt und das wahrscheinlich so intensiv und wuchtig, dass sie selbst dafür ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen würde.

Ich schrieb:

'Jederzeit kannst du die analoge Welt als Simulation erfahren, damit du verstehst, wie viel Aussichtslosigkeit dort herrscht.'
Deshalb hat sie eine Ahnung von der Welt da draußen.


"sie fühlt sich verloren und eingesperrt und möchte genau das haben, was man ihr verwehrt" - ein typisch menschliches Verhalten, natürlich auch von kindlicher Naivität geprägt. (So etwas gibts heutzutage auch, wie viele Auswanderer finden nicht ihr Glück am Ort ihrer Träume ...).


Oder ist ein glückliches, vor dem Rot geschütztes Leben vielleicht gar nicht lebenswert?
Wobei ich grad bei der letzten Frage etwas stutze, denn ich erfahre ja nicht, ob die Tochter nun noch ein Mensch geblieben ist oder ob sie komplett eine imaginäre digitale Figur umgewandelt worden ist. Könnte sie denn überhaupt etwas damit anfangen, wenn man sie in die menschliche Welt hineinließe?
Aus der Sicht der Eltern ist das digitale Leben die Rettung, das Mädchen kann dem Digi-Raum nicht verlassen, sie gibt es nur digital. Trotzdem verstehen die Eltern ihr Bedürfnis nach gefährlicher Freiheit nicht, diese Flucht in die Realität. Vielleicht so ein Bedürfnis, wie Horrorfilme oder Kriegsreportagen anzuschauen. (Heutzutage fliehen die Leute aus der Realität in den digitalen Raum ...).


Die Idee, dass du vielleicht darstellen wolltest, dass man nur glücklich sein kann, wenn man das Elend, die Vernichtung vor Augen hat und in der Gefahr ist, darin umzukommen und aus dieser Gefahrenposition heraus trotzdem zunächst erkennt, dass man gerade nicht oder noch nicht in diesem Elend unwiderbringlich versunken ist? Sozusagen Glück entsteht nur im Unglück?
So extrem ist es (zum Glück) im Alltag nicht, obwohl dies auch für uns ein historischer Ausnahmezustand ist. Aber es bleibt die Frage: Welche Wertschätzung kann man dem Guten geben, wenn man das Üble nicht kennt?

Dieses "kommt darauf an, was man erwartet" ist für mich eine Sackgasse und führt mich in die Irre
Dies ist so ähnlich, wie mit dem Verhältnis Glück - Unglück: das Rot kommt nur "früher als erwartet" wenn man sich eingebildet hat, dass es schon nicht so schlimm kommen wird. (Nach dem Motto: falls es überhaupt noch mehr Rot, als dieses Rosa geben wird - wir erleben das nicht mehr! Kommt dir bekannt vor? Sicher ...).

Wieso bestand die Hoffnung, dass diese Anomalität, also das Rot jetzt Normalität war? Es bestand doch eher die Hoffnung, dass es die Ausnahme ist.

Ich sage:
"Die sanften Farbtöne hatten die meisten bald ignoriert ... Es bestand die Hoffnung, dass diese etwas lästige Anomalität jetzt endgültige Normalität war"

Man hatte die Hoffnung (den falschen Optimismus) gewissermaßen mit einem bißchen Rosa davonzukommen. Das Rosa ist halt jetzt Normalität (ich wiederhole mich: Kommt dir bekannt vor?), was solls!

Was macht jetzt das Schwarz da? Welche Bedeutung soll ich dieser Farbe beimessen? Ich hab doch schon meine Verständnisprobleme mit dem Rot.
Da sind wir wieder beim gleichen Thema wie vorhin: Wie schlüssig, wie erklärt muss ein Text sein. Dieses Schwarz musste ich erwähnen, weil sonst (zu recht) kritisiert worden wäre, dass man sonst kaum noch Dinge unterscheiden kann.

Ok, Rot mit Tentakeln, da gehe ich mit, soweit es im Wasser wabert und von mir aus auch jede Ritze erobert, das kann ich mir gut vorstellen, aber vibriert durch die Luft?
"und von mir aus auch jede Ritze erobert" - da musste ich schmunzeln - lakita 'erlaubt' dem Rot großzügig die Ritzen zu erobern!
Na, ich weiß schon, wie du es meinst. Ich musste halt überlegen, ob die Luft (ist schließlich 'Material') auch rot wird. Eine rötlicher Eindruck muss also entstehen, der muss auch irgendwie Bewegung zeigen, durch die atmosphärischen Schwankungen. Schwer vorstellbar, wir kennen es halt nicht so.

Was soll das bedeuten? Äusserlich hat es die Menschen noch nicht erwischt, wobei ich mir nicht vorstellen kann, was das in der Konsequenz bedeutet, aber innerlich war es der Fall? Dieser Satz fügt sich in meine Interpretation nicht ein und liegt mir quer, weil was soll denn das für ein Unterschied sein, was bedeutet denn äusserlich in seiner Konsequenz?
Ja, ihr Charakter ist schließlich die Ursache der Probleme. Diese Ausnahme ist ein inhaltlicher Kompromiss: Wären die Menschen (ihre Haut!) auch rot, könnte man sie nicht nach ihren Äußerlichkeiten beschreiben, sie dem Leser etwas nahebringen. Außerdem kriegen die Verursacher eines Problems die Konsequenzen ihres Handels leider nur selten gleich gänzlich zu spüren.

Zwei Punkte hier: weshalb ist man ein Narr, wenn man hier rätselt? Weil es offenkundig ist, ist mir schon klar, aber was ist da offenkundig? Und wieso verheerender Einfarbigkeit? Aber doch rote Einfarbigkeit oder?
Ich schreibe:

"Wer weiß, wie viel (von dem Rot) davon ihren Köpfen entspringt" - der Erzähler meint, dass man da nicht groß fragen - rätseln - muss. Er antwortet:
"Unser Innerstes, dieses Menschsein: die Quelle verheerender Einfarbigkeit" - der Mensch ist also vollständig, allein, dafür verantwortlich.

Die Einfarbigkeit ist "verheerend", weil sie wie ein Krieg die Normalität zerstört.


Was ein Satz. So einer, den ich in meinem ganzen Leben nicht verstehen werde. Ich hab natürlich geschaut, was entropisch bedeutet und hatte den Eindruck, dass mir der Studiengang Physik fehlt, um diesen Satz zu verstehen. Thermodynamik. Muss ich erst das alles verstehen lernen, um dir folgen zu können? Was für Barrieren, lieber Freund.

dann ist der Satz zuvor ja nur der Vorsatz für diese Behauptung. Jetzt bin ich ganz raus.
Menschliches Tun verwandelt sich in monochromen Rausch, Emotionen oszillieren bis zur Erschöpfungsexplosion in sich aufbäumender Resonanz.
Ein wenig kommt es mir so vor, dass du hier etwas sehr dick aufgetragen hast? Allerdings kannst du meine Zweifel sauber mit dem Argument beiseite wischen, dass ich ja gar nicht weiß, was du aussagen wolltest. Stimmt, weiß ich nicht.
"Die Zeit hämmert ihre entropische Beschaffenheit gnadenlos in selbstgerechte Gemüter: Sie ist keineswegs das einzige Problem, es gibt auch noch uns."

Mit der Zeit wächst die Entropie, die Unordnung. Dieser 'Einschränkung' können wir nicht entgehen - letztlich ist der Tod auch eine Folge der Entropie. Das Bewusstsein dieser Hilflosigkeit gegenüber manchen Umständen verträgt sich nicht mit dem selbstgerechten Anspruch des Menschen 'alles im Griff ' zu haben. Die Zeit (und das immerwährende Vergehen als ihre Folge) ist nicht "das einzige Problem" - der Mensch, verschlimmert (mit dem, für was das Rot steht) auch noch das Dasein - oft total unnötig (welche Antriebskräfte führen zu diesem Handeln? Stolz, Gier usw.).

Das einzige, was ich konkret bemängeln kann ist: Erschöpfungsexplosion, für mich ein Widerspruch, wie nasstrocken.
Dieser Abschnitt bewegt sich stilistisch an der Grenze zur Lyrik, weil ich vor dem Problem stand, das Unfassbare (emotional) Fassbar auszudrücken. "Erschöpfungsexplotion" ist halt ein Oxymoron - es geht um eine Explosion, die nicht wie der Urknall, zu weiterer Entwicklung führt, sondern destruktiv (erschöpft) in sich zusammenfällt. Der Stolz des Menschen (seine Hybris), der sonst zu einem gewissen Aufbegehren führt zerbricht "an der rot-kreischenden, absurden Realität".

Stolz? Von dem war bisher nicht die Rede in deiner Geschichte und ich habe mich gefragt, wie dieser Stolz sich hier auswirkt, was für eine tiefere Bedeutung oder verheerende Bedeutung Stolz hat?
Einfach eine der negativen Eigenschaften des Menschen, die zu dieser Rotverschiebung führen.

Ein überhandnehmendes Rot, geboren aus Hochmütigkeit, Ignoranz und Gewalt – immer und immer wieder
Ja, ist nachvollziehbar, woher das Rot stammt. Ich würde vor der Ignoranz die Unwissenheit dazu setzen.
Eigentlich traurig, wie lang die Liste ist (aber, man siehe unten - es gibt auch Mutterliebe ...).

getrieben von stinkender Gier, pochender Verblendung – bis hin zur taumelnden Vernichtung.
Mir hier echt zu dick aufgetragen und zwar alle drei Adjektive.
Ja, die ersten werde ich löschen - das Taumeln beschreibt gut diesen Untergangsprozess, er ist nicht plötzlich.
Es ist unser ureigenes ROT.
Was sonst? Oder gab es irgendwo in deiner Geschichte Zweifel, ob es wirklich von Menschenhand sozusagen gemacht ist?
Nun, als abschliessendes Statement sei es erlaubt.

Interessante Frage, die ich auf Anhieb verstehe, juchuuuu! Nee, ich meine es tatsächlich nicht ironisch, auch wenn ich aus Ironien stamme.
Du wolltest doch nur mal gnädig mit mir sein, mir eine Freude machen:bounce: !

Du möchstest bestimmt, dass man sich an dieser Stelle etwas schüttelt. Früher lecker aussehend, jetzt in der wenigstens nur blassen Farbe der Verderbnis? Und wieso immerhin gesund? Das wirkt auch mich wie ein Widerspruch, denn das besagte Rot, um das es hier in deiner Geschichte geht, ist ja Symbol für die Vernichtung. Und nun immerhin gesund?
Das Rot ist kein Gift, zumindest als physische Manifestation. Alles, was sie essen, ist rot. Die Szene zeigt, wie das Geschehen selbst in den kleinen Alltagsmomenten immer wieder für Irritation sorgt.


Coole, nein, sehr coole Idee, ich würde stündlich wechseln und unter hunderten von Mustern wählen wollen.
Wenn ich die Weihnachtsdeko mancher Häuser sehe, ist mir im Moment nicht nach Farbwechsel, es sei denn, so würde die Rotverschiebung vereitelt.
Freut mich, wenns dir gefällt!

in puncto Verstehen hast du mich hier wieder an Bord.
Puh, :anstoss:


nau.
„Das werden Sie gemeinsam feststellen müssen. Aber Ihre Tochter wird wunderbar sein.“
Seltsam ausweichende Antwort.
Ja, so wie ein Verkäufer, was sie auch ist. Sie hätte auch (ehrlicher) sagen können: 'Darauf kann ich leider keine Garantie geben'.

Hier habe ich Logikprobleme. Kennt die Tochter denn den Unterschied? Wie kann ich etwas vermissen, was ich nicht kenne? Ich kann doch nur Sehnsucht nach etwas entwickeln, das mal in meinem Leben vorhanden war. Müsstest du das nicht irgendwie anfügen, erklären?

Gruselig, klingt so übersetzt in unsere heutige Zeit: Rentner hört endlich auf zu atmen, ihr kostet nur Geld, das jetzt nicht mehr für euch da ist.
Ich wäre auch froh, wenn der Text nur SF wäre ...

Ist das wirklich die unweigerliche Folge, dass sie leblos sind, wenn sie nicht handeln? Ich habe grad diesen Spruch im Kopf: Und wenn ich mich einfach nur ins Gras setze und nichts tue, wird das Gras trotzdem wachsen und die Gänseblümchen im Frühling blühen.
"wird das Gras trotzdem wachsen" - ja, das Gras - das Leben geht weiter. Aber die untätige Person verschwindet (selbst wenn sie noch lebt). Man existiert, weil man agiert (kann auch gedanklich sein, siehe Hawkins).

Also nochmals, sie ist ein Mensch. Vielleicht kennt sie also doch das, was sie richtiges Leben nennt und klar darf sie dann Sehnsucht haben. Aber woher und wieso kennt sie es?
Nur aus der Simulation und ihrer Vererbung. Sie basiert auf menschlichen Genen, hat alles , was Gene einem Menschen mitgeben können.

„Mutter …“
Hier steh ich auf dem Schlauch, wer sagt das? Das Kind? Aber in welchem Kontext? Und ist dies etwas, was die Geschichte vorantreibt?
Nachdem sie den Zusammenbruch hatte, ist es nicht erstaunlich, wenn sie sich an die Mutter wendet. Diese hat sie (nach dem Empfinden des Mädchens) immerhin im Stich gelassen.

Uff, lieber Wolto, was für ein komplizierter Ritt durch deine Geschichte für jemanden, der noch nie auf einem Pferd saß.

Du nennst mich noch "lieber Wolto" :huldig: ? Ich dachte schon, jetzt werde ich aus deinem Gedächtnis gelöscht (oder in den Digi-Raum verbannt oder du hetzt per Voodoo sämtliches Rot auf mich!).

War für mich ein schöner Ritt, deine vielen Anregungen, die Aufgabe, alles noch einmal zu durchdenken und zu prüfen. Jetzt ist mein Aufgabenzettel voll, mal sehen ob ich für alles Lösungen finde.
Interessant ist für mich: Wenn ich alle Stellen streiche, die kritisiert wurden, dann bleibt nicht viel vom Text übrig. Wenn ich alle zusammenfasse, die gut befunden wurden, dann bleibt recht viel vom Text übrig ...

Eigentlich hatte ich mit Widerstand bei dem Kinderlied gerechnet - die Leser sind halt unberechenbar :D

Du hast so ausführlich kommentiert, ich danke dir für deine Zeit, dein Durchhalten, deine Geduld!
Danke für dein Interesse an dem philosophischen Anteil der Geschichte.

Und das war doch eigentlich überflüssig:

Ich habe es nun also mit Hilfe meiner Vorkritiker und deiner Antworten versucht, zu verstehen
@lakita - sorry, ist doppeldeutig: Ich meine, du hättest die Vorkritiker sicher nicht benötigt, um den Text zu verstehen - du hast so viel Wichtiges angesprochen ...


LG,

Wolto

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Woltochinon =)

Nun der Gegenbesuch und mich freut es, dass du dich auf eine etwas absurdere Ebene wagst. Der Kommentar ist deutlich kritischer geschrieben als er wirken soll. Nimm also die Kritik nicht zu persönlich. Ich habe deinen Text sehr gerne gelesen, aber ich finde, ihm fehlt das eine oder andere, wie soll ich sagen ... er ist noch nicht klargesiebt. So wirkt es auf mich. Ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass das ROT und die angesprochene Digitallebens-Thematik wenig Verbindung aufweisen. Das löst du über die Symbolik des Roten. Die Eltern wollen ein besseres Leben für Ahmux und zeugen sie digital; Ahmux aber (warum eigentlich?) will das echte Leben spüren. Das sind ziemlich spannende und echt interessante Themen, die weniger durch ihre Aktualität als durch ihren ethischen Grundtenor überzeugen. Mir erscheint aber die sprachliche Umsetzung so semi-gelungen. Das mag einerseits an der Schwierigkeit liegen, das Rot als Symbol menschlicher Negativität zu erkennen, andererseits an der eigenständig funktionierenden Thematik des zweiten Teils. Eltern wünschen ihren Kindern ein besseres Leben, eine rot-lose Existenz ... naja, warum eigentlich (man kann ja auch ganz gut im Rot leben). Hier drückt das uralte Menschheitsthema des "Wir wollen ja nur das Beste für die Kinder" in die Geschichte und das Rot verblasst. Die Geschichte habe ich trotzdem gern gelesen, weil ich die Ideen einfach sehr klasse finde und generell ein Freund von Sci-Fi und Absurdität bin. Dein Text wirkt auf mich eben roh. So mein Eindruck.

Rotverschiebung
Dein Titel verweist auf eine Verschiebung. Einerseits denkt man, wenn man ein bisschen Stephen Hawking gelesen hat, an die Ausdehnung des Universums, dessen Nachweis am Doppler-Effekt des elektromagnetischen Spektrums geführt wird (stimmt das? Physikerinnen hier?). Finde ich eine ganz kreative Metapher für die Ausdehnung des Roten. Im weiteren Verlauf beschreibst du das Rot aber mit Tentakeln. Das ist, vorsichtig formuliert, eine ganz andere Form der Ausbreitung - die Verschiebung ist ordentlich und strukturiert, die Ausbreitung an Tentakeln eher ein Vorgang der tausenden Richtungen. Vor allem steckt in Tentakeln mehr was biologisches, dass ja das Rot eigentlich nicht sein soll, kurzum: Wie ist der Charakter des Roten?
Natürlich gibt es einige unangenehme Einschränkungen, darauf hat sich jeder eingestellt, die Umstände gefügig akzeptiert.
Hier lese ich den Autoren, der erklärt und hier - aber das ist Geschmackssache - bin ich bisschen enttäuscht, dass diese Rotidee nicht ausgestaltet wird. Okay, offensichtlich muss in dieser Welt alles Rote ausgewechselt werden, wie Rücklichter, Cola, auch Blutabnahmen stelle ich mir komplizierter vor. Ich finde diese Idee total genial, alles Rot zu färben und dann zu schauen, was passiert, weil es Raum für Absurdität lässt.
Es existiert wirklich überall, nur Menschen bleiben seltsamerweise von der Umfärbung verschont, wenigstens äußerlich.
Das ist auch ein bisschen Autor: Ja wirklich, Leserin, es ist überall! Vielleicht auch das seltsamerweise weg, nur: Menschen bleiben vom Rot verschont. So nach einem Absatz.
Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität.
Nunja, die Realität ist absurd, aber man gewöhnt sich an die Realität und dann ist sie nicht absurd. Lese ich auch als Autorensatz.
Die filigranen Gebilde der Fürsorglichkeit werden rot zerstampft.
Hier rückt die Symbolik heran.
die allmählich im Dunst des Abends verschwanden
Das ist ein Tausendfachgelesensatz.
„Haben Sie sich entschlossen, Putri?“
So ein indonesischer Name! =)
Putri und Sagittarius zoomten Tayea näher zu sich heran, dadurch kam ihr freundliches Gesicht mit den goldenen Makropixeln unter der Haut erst richtig zur Geltung. Die Beraterin war bemüht, besonders sachlich zu wirken.
Ich würde das sprachlich bisschen ruhiger und langsamer aufziehen. Vielleicht einfach den Satz trennen. Auch diese kleinen Füllwörter streichen. Die Beraterin ist nicht bemüht, das denkst du als Autor.
Er schien abwesend, fast überfordert.
Vielleicht hier einfach das Adverb durch eine Handlung ersetzen. Wie zeigt sich Abwesenheit in dieser Welt?
Anstelle der genetischen Rekombination werden nun halt algorithmische Ableitungen der Erbinformation ausgetauscht.
Hier lese ich die klassische SciFi-Krux der Welteinführung. Okay, es gibt sozusagen eine digitale Existenz und du erklärst das sehr kurz. Vielleicht kann man das anders darstellen und weniger tellig ...
Bitte begreif endlich – du, du bist gesund, unabhängig, frei von allem Rot.“
Ganz schwierig und herausfordernd finde ich das Eltern-Kind-Gespräch. Es ist ja mehr eine Symbolbild für etwas. Und die Charaktere reden miteinander, aber aber, sie reden zu mir als Leser. Sie wollen etwas darstellen. Ich finde das sehr schwierig, ein solches Gespräch glaubhaft zu schreiben.
Sofort blieb sie in einer Art unsichtbarem, zähen Teig stecken. Notgedrungen musste sie, ein wenig beschämt, einige Schritte zurück gehen.
Interessant, dass im Digitalen so ein Sprung nicht funktioniert.
„Weil ich richtiges Leben spüren will!“
Zum Ende baust du dem Text ein riesiges Thema auf: Was ist Spüren, was ist Realität, was ist denn eine sensorische Wahrnehmung, warum geht das nicht im Digi?

lg
kiroly

 

Hallo @Isegrims hallo @kiroly!

Ich habe euch nicht vergessen, im Moment komme nur zu einem Kommentar am Tag. Jetzt hat auch noch der Marder unser Auto als Beiß-Platz entdeckt, da werde ich einige Zeit reinstecken müssen. Danke für eure Geduld!

Hallo @ArgusVsCassandra,

ich danke dir für deine Geduld, gerne hätte ich mich früher mit deinen wichtigen Anmerkungen beschäftigt. Hoffentlich kann ich alles zufriedenstellend beantworten.

Guter Einstieg, es versetzt mich in eine surreale verwirrende Welt.
Ist doch erstaunlich, wie verschieden das auf den Leser wirkt - aber deine Aussage trifft genau, wie es wirken soll.

Mit dem zarten Rosa, der letzten Monaten konnte man sich abfinden. Mit den kräftigen Rotschattierungen und einem Rest Schwarz nicht, weil es Tentakel hat, jede Ritze erobert, durch die Luft vibriert, im Wasser wabert. Und niemand fragt, wo das herkommt? Warum besteht diesmal die Hoffnung, dass das Rot nicht käme, wenn es doch periodisch geschieht? Warum sind die Menschen so gefügig? Durch das Rosa zuvor? Warum wird das Rot immer wieder erwartet, diesmal aber vielleicht früher? Welche unangenehmen Einschränkungen gibt es?
"Und niemand fragt, wo das herkommt?" Doch, der Erzähler stellt fest: 'Unser Innerstes, dieses Menschsein: die Quelle verheerender Einfarbigkeit.'

"Warum besteht diesmal die Hoffnung, dass das Rot nicht käme, wenn es doch periodisch geschieht?" Aus irgendeinem Grund bist du auf ein periodisches Geschehen gekommen. Dadurch haben sich natürlich im Verlauf des Textes Interpretationserschwernisse ergeben. Diese Rotwerdung ist ein sich steigernder Prozess, von rosa zu rot.

"Warum sind die Menschen so gefügig?" Das frage ich mich oft (hier in der Realität). Letztlich, weil man erst hofft, dass es nicht so schlimm wird (das nur wenig lästige Rosa ist halt neue Normalität) - man gesteht sich nicht ein, Verursacher zu sein. Später merkt man, dass man nichts mehr dagegen machen kann (von diesem Mechanismus 'leben' die Diktatoren). Die Elite sucht ihren eigenen Ausweg ...

Kann man überhaupt noch atmen, Sport machen, Gemüse anbauen? Du merkst, ich habe gleich am Anfang viele Fragen.
Das ist spannend, deine ganz pragmatische Fragestellung! Da musste ich beim Schreiben auch höllisch aufpassen, ob nicht unerträgliche Konsequenzen durch das Rot für den Menschen entstehen.
Das Gemüse ist halt rot (vielleicht hilft es beim Abnehmen, diese Gleichförmigkeit), die eingeatmete Luft, soweit man Luft sehen kann, rötlich. Physiologisch ergeben sich in diesem Setting daraus keine Probleme.


Pompös, der Beginn. Ich bin gespannt wie sich das alles auflöst. Spannend, diese Annahmen.und Ausgangslage.
Freut mich! Manche schreckt das eher ab ...

Was bewirkt die Umfärbung innerlich?
Es geht hier immer um ein Wechselspiel: Einmal das physische Rot, dann das Rot als Allegorie auf menschliches Versagen, getriggert durch solche Schwächen wie "Hochmütigkeit" und "Gewalt".
Um deine Frage direkt zu beantworten: die dem Menschen innewohnende Hybris, die zu den menschengemachten Katastrophen führt, dieser 'Fluch' der selbst bei wohlmeinenden Handeln dies oft ins Negative verkehrt.


Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität.
Du schriebst voran, die Menschen seien gefügig.
Ja, gut gemerkt! Gefügig waren sie (aus den genannten Gründen) gegenüber dem rosa - doch jetzt, an dem krassen Rot, "zerschellt" "das sonst" übliche "Aufbegehren". (Gewissermaßen 'Phase 2' des Prozesses, wie oben gesagt).

Was ist uns ureigen im Rot? Unser Blut?
Das ist jetzt zu direkt geschaut:
"Ureigen" ist es, weil der Mensch die vollständige Quelle dieser Misere ist.

"Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von Gier und Verblendung – bis hin zur taumelnden Vernichtung."


Na, so lange, bis das Rot wieder weg ist, das Rot tritt doch periodisches auf.
Hier leider dieses Mißverständnis.

Warum ist es so wichtig, die Rebellen zu bekämpfen, was machen sie Schlimmes? Können sie die digitalen Kinder löschen? Welche Eltern wären bereit, solch ein Risiko einzugehen? Und wie könnten die Rebellen Vorschriften machen? Mal davon abgesehen, dass sie ein Recht auf eine Meinung ala „verschwindet nicht im digitalen Raum, nur um dem periodisch auftauchenden Rot zu entgehen, sucht lieber nach einer grundlegenden Lösung“ hätten.“
"Warum ist es so wichtig, die Rebellen zu bekämpfen, was machen sie Schlimmes? Können sie die digitalen Kinder löschen?"
Eigentlich könnte man sagen - lass die ewig Gestrigen doch, Hauptsache, wir wissen, was der richtige Weg ist. Aber eine Gesellschaft in einer so schwierigen Situation leistet sich keine Gegner (zumal man eine stabile reale Welt benötigt, um die Digi-Welt technisch zu organisieren. Man hofft, dass dies später automatisiert, von alleine geschieht).

Was (die erwähnten) Hacker letztlich erreichen können ist aus der Geschichte heraus (und in unserer Realität) nicht feststellbar. Nur - was machen wir heute (digital) alles, ohne die Konsequenzen zu überblicken - vor allem, wenn man denkt, es handelt sich um zukunftsweisende Lösungen.
Vorschriften können die Kritiker nicht machen, offensichtlich sind sie ohne Macht ... aber so Sand im Getriebe könnten sie schon sein.

"Mal davon abgesehen, dass sie ein Recht auf eine Meinung ala „verschwindet nicht im digitalen Raum, nur um dem periodisch auftauchenden Rot zu entgehen, sucht lieber nach einer grundlegenden Lösung“ hätten.“

Recht auf Meinung ist nicht gleich 'Recht auf gehört werden' oder gar das Recht haben, zu handeln. Eine grundlegende Lösung müsste den Menschen an sich ändern - sehr wahrscheinlich, dass man sich lieber der digitalen Flucht verschreibt ... weiterhin an die eigene Stärke glaubt.
(Da hast du jetzt mit deiner Anmerkung richtig viel psychologisch - philosophischen 'Staub' aufgewirbelt! :thumbsup: )

Also genau so rotschwarz wie vorher? Warum gibt er dann den Impuls?
Vielleicht ganz banal aus Gewohnheit. So wie der Griff zur Zigarette, wenn man Streß hat oder irgendwie Zeit gewinnen will. Kann natürlich auch sein, ums nochmal zu probieren. Soll einfach ein menschliches Verhalten darstellen.

Es machte den Eindruck, als wolle er sich vergewissern, inwieweit der Grund für ihre Entscheidung weiterhin existierte.
Ja, kann ich gut verstehen.
Die haben halt echt Streß und eine Menge Veranwortung.


Die Software verbot jegliche Aktionen, die unter analogen Bedingungen zu physischen Konsequenzen geführt hätten.
Warum denn nur? Ist doch im Grunde der Sinn in einer Simulation.
Die Simulation soll - bis auf das rote Übel - schon der Realität nahe sein. Da die analoge und digitale Welt eine Weile (nur eine kurze Zeit, so die Hoffnung) nebeneinander existieren müssen, soll der Unterschied zwischen den Welten nicht gar zu groß werden, man soll immerhin noch ein gewisses Verständnis füreinander aufbringen können (sonst schwindet vielleicht einmal die Bereitschaft, den Digi-Raum zu erhalten).

„Lernt aus unseren Fehlern, damit ihr vom Rot verschont bleibt.“
Sie können, wenn das Rot, wieder verschwindet, zurück in das reale Leben? Wenn dem nicht so ist, macht es kein Sinn, dann sind sie bereits vom Rot verschont und vom richtigen Leben.
"Sie können, wenn das Rot, wieder verschwindet, zurück in das reale Leben?"
Man denkt wohl schon, so präventiv, diese Möglichkeit nicht zu verstellen (auch deshalb die Bezüge zum realen Leben). Das wäre nochmal ein ganz anderes Kapitel, weil man dann, zumindest ansatzweise, zeigen müsste, wie das gehen soll. Das trägt aber nicht zum Fokus der Geschichte bei, dieser digitalen Flucht. Deine Anmerkung hat mich aber ganz schön zum Grübeln gebracht - ich habe den Abschnitt jetzt etwas geändert, um ihn auf Kurs zu halten. Danke, für den Anstupser!


Ups, Schluss, da hatte es die letzten beiden Sätze nicht benötigt.
Auch, wenn es nicht erwähnenswert ist, dass der Ballon rot ist, es ist ja schließlich alles rot, ich würde die beiden Sätze vorwegnehmen, damit das Gedicht am Ende für sich alleine steht:
Almuth sang das Lied der Straßenkinder, die trotz der Röte, oder gerade ihretwegen fröhlich reimten: „Rot ist mein Ballon… morgen sind wir tot.“ Warum sie meinen zu sterben bleibt mir ein Rätsel.

"Ups, Schluss, da hatte es die letzten beiden Sätze nicht benötigt."
Schade, dass du nicht sagst, warum. Ich finde sie ziemlich wichtig:
Einerseits sieht man, wo die Kinderliedszene stattfindet,
andererseits ist „Weil ich richtiges Leben spüren will!“ die zusammenfassende Erklärung für die rebellische, unzufriedene Haltung des Kindes. Kannst du da mitgehen?

"Auch, wenn es nicht erwähnenswert ist, dass der Ballon rot ist, es ist ja schließlich alles rot"
Es ist aber nicht unüblich, solche Aussagen zu machen: 'Schönes Wetter heute, gell?' 'ja, sehr schön.' Auch hier wird Offensichtliches theamatisiert.

Wirklich wahr ist aber diese Erklärung: Man muss halt historisch bewandert sein;):D ...
Leider wird das in den Schulen nicht mehr gelehrt, du kannst also nix dafür.
Das Lied geht auf ein altes Lied zurück:

Rot ist mein Ballon
er fliegt schnell davon
in das helle Blau
von em Mann zur Frau
keiner hat sie lieb
nur ihr Herzensdieb!

So ist - ohne Zeifel und doppelten Boden - wissenschaftlich bewiesen, dass der Ballon schon immer rot besungen wurde - und daran soll, wird und muss festgehalten werden!
So. :cool::p

Die Geschichte lässt mich ohne jede Aufklärung zurück, die analogen Kinder haben alle Angst vor dem Tod. Ahmux würde diese Angst gern am eigenen Leibe spüren. Also lieber ein wirkliches Leben führen anstatt als Null oder Eins zu existieren. Soweit so gut, wenn auch nicht neu, der Gedanke.
Die analogen Kinder bekommen schon die Katastrophen mit, dass dieses Rot nicht gerade beruhigend ist. Außerdem ist die Aussage "morgen sind wir tot" nicht ein Beleg für allgemeine Todesangst. Es geht eher um eine Verarbeitung der Unsicherheit, in der man lebt. Dieses spielerische Benennen der extremen Konsequenz dient der 'Anfreundung' mit dem Thema, durch Benennung 'bannt' man gewissermaßen das Böse (so ein bißchen wie 'Hals und Beinbruch!')

"Soweit so gut, wenn auch nicht neu, der Gedanke."
Da würde ich gar nicht auf 'Matrix' zurückgreifen, das ist eine andere Welt. Aber die extremen Transhumanisten haben durchaus solche Ideen. Die Verküpfung des 'Gerüsts' mit philosophischen Fragen und die Allegorie am Anfang, die sind neu.


Blieben die vielen Fragen nicht ungelöst, wäre die Geschichte runder. Warum lese ich nicht einen Versuch gegen das Rot zu Felde ziehen? Es wird ja lediglich (immer wieder) darauf reagiert, über die Wurzel des Übels bekomme ich bis zum Schluss keine Erklärung. Nehmen wir mal an, die Welt morgen in einem aggressiven Rot getaucht und die überheblichen Gedanken und das Tun der Menschen wären verantwortlich: durch was oder wen? Gott, die Natur? Anunnaki? Gerade in der Sparte „Philosophisches“ ein Eldorado.
"Blieben die vielen Fragen nicht ungelöst, wäre die Geschichte runder"
Auf alle Fälle! Aber dann wärs eine Art Abhandlung von Für und Wider, ohne große Anregung.
"Warum lese ich nicht einen Versuch gegen das Rot zu Felde ziehen?"
Wie ich schon erwähnte: Die Menschen wählen (ganz so, wie wir es heute kennen) nicht den Weg der Eigenverantwortung sondern verlassen sich wieder darauf, alles irgendwie hinzukriegen.
"über die Wurzel des Übels bekomme ich bis zum Schluss keine Erklärung"
Doch: Der menschliche Charakter mit all seiner Hybris und Uneinsichtigkeit.

"die überheblichen Gedanken und das Tun der Menschen wären verantwortlich: durch was oder wen? Gott, die Natur?"
Das stimmt - ein Eldorado. Wenn ich da das Faß 'Gott' oder 'Weltgeist' oder von einer personifizierten 'Natur' aufmache - wo soll das enden? Bei Kurzprosa bewegt man sich in engen Grenzen. Dein Wunsch nach 'weiterem Futter' spricht für dich!

Das größte Problem ist aber, dass wahrscheinlich niemand diese Frage beantworten kann. Steckt dieser 'Fluch der kontraproduktiven Resultate menschlichen Handelns' in den Genen? Der Sozialisation, der Gesellschaftsform? Der prinzipiellen Unmöglichkeit für Menschen auf die Anforderungen ihres Daseins verantwortungsvoll zu reagieren?

Und wäre der einzige Reflex, die lieben Kleinen in den digitalen Raum zu verfrachten? Das passiert ja schon ohne Rot, in einem anders übertragenen Sinne

Und würden wirklich um ihr Kind besorgte Eltern das machen, wenn ihre Nachkommen gehackt oder gar gelöscht werden können?
Gute Frage. Ich denke schon - schau, was wir alles machen, was zukünftige Generationen und Kinder gefährdet/belastet.


Eine Rotverschiebung, das Werkzeug zur Messung der Entfernung und Geschwindigkeit von Galaxien, kann ich mir als Titel vorstellen, denke ich an die schnelle Entfernung des Menschen von der Natur - aber eigentlich ist es doch eher eine Verschiebung aus dem Rot ins Internet.
Das Fliehen in den digitalen Raum ist nur die Folge - ohne Rotverschiebung gäbs die nicht (aber gut beobachtet!).

Danke für das Lesen lassen, auch, wenn es wohl nach mehr Kritik als Lob aussieht. Ganz lieben Gruß,
Oh, danke fürs Lesen - war echt spannend, sich mit deinen Fragen zu beschäftigen!

Auch dir liebe Grüße,

mal sehen, bei welchem Text wir uns wieder treffen ...

Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Isegrims,

ich glaube, so eine aufgeschlüsselte Kritik/Analyse habe ich noch nie bekommen! :bounce:Toll, das muss ich erst mal alles verdauen ...


der Kommentar wird etwas ausführlicher, gerade weil ich glaube, dass die Idee des Textes richtig stark ist, eine Menge Potential bietet, aber mMn die Ausführung noch nicht ganz ausgereift ist
Danke für deine Zeit!

Also, beginne ich mal mit der Verdauung:

Der Text erfüllt das Challenge-Thema grundsätzlich, jedoch nicht auf klassisch-szenische Weise. Der „Ort“ ist hier kein klar lokalisierbarer geografischer Raum, sondern ein globaler, nahezu kosmischer Zustand: Eine Welt, die vollständig von der Farbe Rot überzogen ist.

Das Challenge-Thema wird auf konzeptioneller Ebene erfüllt.
Das ist treffend ausgedrückt. Für den ersten Teil der Geschichte stimmt deine Analyse bezüglich des Challenge-Themas. An anderer Stelle wird das Thema noch einmal erfüllt: Der Digi-Raum ist auch ein besonderer Ort.

Es fehlt an einer konsequenten sinnlichen Durchdringung: Gerüche, Temperaturen, Widerstände des Raums, akustische Ebenen oder körperliche Reaktionen werden kaum gezeigt.
Das ist wirklich ein Defizit. Wie schon mal erwähnt, befürchtete ich eher eine unliebsame 'Aufblähung'. Nach den vielen Hinweisen zu diesem Defizit kommt der Punkt auf den Arbeitszettel.

Die größte Stärke des Textes liegt in der ethisch aufgeladenen KI- und Digital-Children-Idee. Digitale Zeugung, der Konflikt zwischen Optimierung und echter Verletzlichkeit sowie die Spannung zwischen den Generationen sind klug gedacht und inhaltlich überzeugend.
Ach, was kann man sich mehr wünschen! Danke.

Besonders wirkungsvoll ist der Gedanke, dass die digitale Existenz zwar Sicherheit verspricht, aber gleichzeitig Erfahrungsräume verwehrt. Ahmux übernimmt dabei eine zentrale emotionale Funktion, indem sie genau diese Lücke benennt: den Wunsch nach echtem Körper, echter Gefahr und echtem Schmerz.
Isegrims - was bist denn du für einer? (dein Profil verrät so wenig wie meins). Starke Formulierung - "Erfahrungsräume"! Ich hätte es nicht besser - ne, so hätte ich es nicht ausdrücken können :shy:.

Dann machst du auch noch weiter, danke:

Die Figuren sind vor allem als ideelle Träger von Haltungen angelegt: Putri und Sagittarius verkörpern die rationale Fortschrittshoffnung, Ahmux den emotionalen Widerstand gegen eine vollkommen kontrollierte Existenz.
Dies ist auch Teil des Konflikts: Die Eltern mit ihrer abstrakten Rationalität werden mit den unerwartenden Bedürfnissen des Kindes konfrontiert. Deshalb kommen sie auch immer wieder in den Rechtfertigungsmodus. (Ist natürlich für mich ein gutes Vehikel, dem Leser komprimiert Fakten darzustellen).

Der Dialog erfüllt in erster Linie eine erklärende Funktion. Stilistisch wirkt er teilweise sachlich-technisch, was zur Thematik passt, aber zugleich emotionale Reibung verhindert. Hier verschenkt der Text erzählerisches Potenzial, das in stärkeren Konflikten, subtileren Brüchen oder verdeckteren Spannungen liegen könnte.
Leider wahr - Arbeitszettel ...


Sprachlich arbeitet der Text mit hohem Abstraktionsgrad, verdichteten Metaphern und starken Generalisierungen. Das verleiht ihm Wucht und einen manifestartigen Ton.
Das war auch eine große Freude beim Schreiben, diese Grenzenlosigkeit der Ausdrucksmöglichkeiten, um diese absurde Welt irgendwie zu fassen. Danke für die "Wucht"!

Gleichzeitig birgt diese Dichte die Gefahr der Überladung: Manche Passagen wirken weniger wie erzählte Literatur als wie ein programmatischer Essay in poetischer Form.
Das nehme ich gerne in Kauf - Geschriebenes soll auch nicht immer (den Normen des Zeitgeists entsprechend) ähnliche Stilmittel bemühen.

Eine stärkere Verlagerung hin zur unmittelbaren, körperlich erfahrbaren Umwelt würde mMn einen deutlichen Gewinn darstellen.
Da bin ich immer noch unentschieden: Da steckt sicher Gewinn drin - aber auch der Verlust des Focus' auf das Rot 'an sich'. Das pure Beschreiben des Rot, geboren aus dem Menschen.

starke Idee, welches Bild entsteht?
Trotz meiner genannten Bedenken hast du mich in diesem Tentakel-Fall zu einer Änderung animiert.

Die Zeit hämmert ihre entropische Beschaffenheit gnadenlos in selbstgerechte Gemüter: Sie ist keineswegs das einzige Problem, es gibt auch noch uns.
zu intellektuell denke ich
Na, so ein kleiner intellektueller 'Peak' muss doch möglich sein;) . Würde ungern auf diese Gegenüberstellung verzichten.

Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität.
wie?
"Stolz" und "Aufbegehren" haben dem, für was das Rot steht, nichts entgegenzusetzen.
Der Mensch kommt an seine Grenzen, die Folgen seiner Taten zu beherrschen. Seine sonst so aufbegehrende Art nutzt nichts mehr.

Wir Menschen haben dieses Monster mit gewissenlosen Taten genährt, gestärkt, lebensfähig gemacht; getrieben von stinkender Gier, pochender Verblendung – bis hin zur taumelnden Vernichtung. Es ist unser ureigenes ROT.
wie?
Indem wir nicht aufgehört haben mit Hochmütigkeit, Ignoranz und Gewalt:

"Ein überhandnehmendes Rot, geboren aus Hochmütigkeit, Ignoranz und Gewalt – immer und immer wieder. Die filigranen Gebilde der Fürsorglichkeit werden rot zerstampft"

Wir wissen doch eigentlich, dass z.B. Gewalt unsinnig ist - trotzdem wenden wir sie immer wieder an, nähren das Monster. Selbst das Gute im Menschen (wie Fürsorglichkeit) wird durch die negativen Kräfte zerstört.

„Keine Ahnung, was ein paar ewig Gestrige gegen die Digital Children haben!
das wäre so ein Tonfall, der für einen passenden Dialog taugt
Die Leute sollen schon ziemlich rational und durchdacht vorkommen. Ich geh das noch einmal durch, um Stellen zu finden, an denen dies bei einer Änderung nicht gefährdet wird.

den Schluss finde ich ziemlich gut, könnte man mehr einschieben. So, das war's erst mal. Nimm, was du brauchen kannst.
Isegrims - da kann ich so einiges 'nehmen'! Für meine Verhältnisse ist das ein langer Text, ich werde mich wohl damit auseinandersetzen müssen, dem Ganzen noch mehr 'Darstellungskraft' einzuhauchen. Danke für deine Zeit!


Habe den Text jetzt noch einmal bearbeitet ...


LG,

Woltochinon

 

mal sehen, bei welchem Text wir uns wieder treffen ...

Hiho Woltochinon
Hier nochmal :bounce:

Und niemand fragt, wo das herkommt?"

Doch, der Erzähler stellt fest: 'Unser Innerstes, dieses Menschsein: die Quelle verheerender Einfarbigkeit.'


Ja, das hat er erzählt, aber es ist doch keine Erklärung, warum Gedanke zu Rot wird. Warum Rosa locker hinnehmbar ist, Rot aber nicht.

Aus irgendeinem Grund bist du auf ein periodisches Geschehen gekommen.​

Aus diesem:

Es ist überall rot. Früher als erwartet … Ein überhandnehmendes Rot, geboren aus Hochmütigkeit, Ignoranz und Gewalt – immer und immer wieder.

"Warum sind die Menschen so gefügig?" Das frage ich mich oft (hier in der Realität).

Ich auch. Und deshalb kommen die Rebellen ebenso schlecht weg, wie die hier in der Realität?
Das macht Sinn.


Das Gemüse ist halt rot (vielleicht hilft es beim Abnehmen, diese Gleichförmigkeit),

Zudem ist Infrarot für Menschen, was den momentanen Stand der Wissenschaft betrifft, sehr gesund. Und, nicht zu vergessen, was das sichtbare Licdht angeht, sehen wir das absorbierte Licht nicht, sondern das was abstrahlt. Wir detektieren die Farbe eines Objekts, weil es bestimmte Lichtanteile des weißen Lichts verschluckt oder in Wärme umwandelt. Die übrigen Lichtfarben, die unser Auge gelangt, werden von unserem Gehirn als Farbe dekodiert. Im Grunde ist „unser ureigenes Rot“ ein Grün und alles was grün als Tarnung hat ist jetzt auf dem Präsentierteller. Und Insekten, die auf definierte Farbreize angewiesen sind, verhungern. Dadurch keine Bestäubung und dadurch ein erheblich größeres Problem als die Farbe es selbst ist.


die eingeatmete Luft, soweit man Luft sehen kann, rötlich.

Rot schwarz eigentlich, wie alles andere. Und ja man kann sie sehen, da die Menschen ja im Rot zu schweben scheinen. Mein Verständnisproblem oder meine emotionale Mitgehsperre ist aber eher das ungewohnte, aber weitgehend harmlose Rosa das zu Rot oder wie den Leuts in der Geschichte zu rot wird. Also reduziert man den Weißanteil der Mischung und es wird gefährlich? Oder man gibt echte rote Pigmente mit einem kleinen Anteil Blau für einen kräftiges Rot dazu. Genau, physiologisch ergeben sich in diesem Setting also keine Probleme. Das Schlimmste, das passieren könnte, ist eine innerliche Verrotung. Dieses Szenario kommt (bei mir) nicht als Gefahr an. Dann ist es eben nicht rosa, sondern rot. Wenn diese innerliche Verrotung einer ebensolchen Verrohung entsprechen soll, sollte die glaubhaft gefährlich gezeichnet werden. Dann wäre es schlüssiger, die eigenen Kinder ohne Gefahr ins digitale Nirvana zu schicken.


Um deine Frage direkt zu beantworten: die dem Menschen innewohnende Hybris, die zu den menschengemachten Katastrophen führt, dieser 'Fluch' der selbst bei wohlmeinenden Handeln dies oft ins Negative verkehrt.

Es faustelt. ;) Dem Menschen? Es ist immer eine Minderheit, die die Masse in Katastrophen führt, egal ob Bombe, Kriege, 15 Minuten Städte oder CRISPR.
Du hast nach Nils gefragt, der würde sagen: Die meisten Menschen sind zu blöd für Hybris.
Gefügig waren sie gegenüber dem rosa - doch jetzt, an dem krassen Rot, "zerschellt" "das sonst" übliche "Aufbegehren". (Gewissermaßen 'Phase 2' des Prozesses, wie oben gesagt).

Vielleicht solltest Du das zeigen. Das Rot als Steigerung des Rosa allein, egal mit wie vielen Adjektiven, gibt die Bedrohungssteigerung mE nicht her.
Ich habs kognitiv verstoffwechselt, aber ich kann es nicht empfinden. Das Rot bleibt quasi im Kopf geht nicht ins Blut. Die Menschen sind unaufgeregt, schlürfen ihre Drinks, spielen mit dem Licht, machen sich Gedanken über ihre Haarpracht, unterhalten sich mit dem Kind, als sei es ein Avatar. Was es im Grunde auch ist. Beim Hackerangriff oder Blackout ist es weg. Womöglich für immer. Diese Gefahr spüre ich wesentlich stärker.

"Warum ist es so wichtig, die Rebellen zu bekämpfen, was machen sie Schlimmes? Können sie die digitalen Kinder löschen?"
Eigentlich könnte man sagen - lass die ewig Gestrigen doch, Hauptsache, wir wissen, was der richtige Weg ist. Aber eine Gesellschaft in einer so schwierigen Situation leistet sich keine Gegner

Die schwierige Situation kommt eben nicht so bei mir an, ich habe die Kritiken der anderen Krieger nicht gelesen, womöglich geht es nur mir so. Aber davon ab

,„eine Gesellschaft in einer so schwierigen Situation leistet sich keine Gegner“

Auch in der Rotverschiebung sind doch Rebellen, die sich die Gesellschaft "leistet". Und so homogen wird eine Gesellschaft hoffentlich nie, dass niemand mehr widerspricht.

Was (die erwähnten) Hacker letztlich erreichen können ist aus der Geschichte heraus (und in unserer Realität) nicht feststellbar.

Oh, da gehe ich nicht konform, es wird zwar nicht an die Glocke gebammelt, aber Hackerschäden sind beträchtlich In D; bei und um 300 Mrd Euronen.

Nur - was machen wir heute (digital) alles, ohne die Konsequenzen zu überblicken - vor allem, wenn man denkt, es handelt sich um zukunftsweisende Lösungen. Ich denke schon - schau, was wir alles machen, was zukünftige Generationen und Kinder gefährdet/belastet.

Vielleicht baust Du davon ein paar Beispiele ein, in dem Du sie in die rote Zukunft transportierst.

Warum sie meinen sterben zu müssen, bleibt mir ein Rätsel.
"Auch, wenn es nicht erwähnenswert ist, dass der Ballon rot ist, es ist ja schließlich alles rot"
Es ist aber nicht unüblich, solche Aussagen zu machen: 'Schönes Wetter heute, gell?' 'ja, sehr schön.' Auch hier wird Offensichtliches theamatisiert. Wirklich wahr ist aber diese Erklärung: Man muss halt historisch bewandert sein ...
Leider wird das in den Schulen nicht mehr gelehrt, du kannst also nix dafür.

Etwaige späte Geburt mag gnädig sein. Aber wann wurde das gelehrt?

Ich dachte zuerst an Nena ;) , dann an Ringelnatz und auch mit Deiner Hilfe:

Lied geht auf ein altes Lied zurück:

Rot ist mein Ballon
er fliegt schnell davon
in das helle Blau
von em Mann zur Frau
keiner hat sie lieb
nur ihr Herzensdieb!

Ich habe im www nichts gefunden, was dem Reim entspricht. Aber, ob mit Anleihe oder ohne ist für die Geschichte auch nicht wichtig. Ist lediglich journalistische Neugier.

Schade, dass du nicht sagst, warum. Ich finde sie ziemlich wichtig:
Einerseits sieht man, wo die Kinderliedszene stattfindet,
andererseits ist „Weil ich richtiges Leben spüren will!“ die zusammenfassende Erklärung für die rebellische, unzufriedene Haltung des Kindes. Kannst du da mitgehen?

Ja, aber ;) das ist ja schon vorher deutlich geworden.

Dieses spielerische Benennen der extremen Konsequenz dient der 'Anfreundung' mit dem Thema, durch Benennung 'bannt' man gewissermaßen das Böse

Also Struwwelpeter 4.0? Ich hoffe, die pädagogische Sozialisation wird in Zukunft besser und nicht immer schlechter.:heul:

Da würde ich gar nicht auf 'Matrix' zurückgreifen, das ist eine andere Welt.

Ich meine nicht den Film Matrix, sondern die Idee, dass unsere Welt genau das ist, was Du beschreibst. Nur ohne Rot.
Das was Musk, Schwab und Harari vorhaben, Hirn an Cloud, wäre dann die Ausführung. Aber in vielen Perry Rhodan Romanen ist „Digitalität“ als Universum, als Utopie beschrieben. Das Bewusstsein eines Menschen stirbt, aber eine Kopie der Persönlichkeit lebt fort in einer Nulleinswelt.
"über die Wurzel des Übels bekomme ich bis zum Schluss keine Erklärung"
Doch: Der menschliche Charakter mit all seiner Hybris und Uneinsichtigkeit.

Dadurch ist das Rot natürlich nicht erklärt. Und es wirklich der menschliche Charakter mit all seiner Hybris und Uneinsichtigkeit? Oder die des abendländischen Denkens? Oder das unseres Jahrhunderts? Hindu- und Buddhismus haben eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Und Japaner können auch in der Maschine einen Gott sehen. Aber ich weiß, was Du meinst, meine Bilder handeln auch gern von der Hybris des Menschengegenüber der Natur.

Der prinzipiellen Unmöglichkeit für Menschen auf die Anforderungen ihres Daseins verantwortungsvoll zu reagieren?

Wenn da nicht die Vielen wären, die nicht so sind wie die anderen. Ein nicht so fernes Beispiel: Es gibt ca 75% Cneunzehn-Impflinge, der Rest hat selbst gedacht. Mit guter Bildung und Mut zum Widerspruch wäre die Quote besser.

Das größte Problem ist aber, dass wahrscheinlich niemand diese Frage beantworten kann. Steckt dieser 'Fluch der kontraproduktiven Resultate menschlichen Handelns' in den Genen? Der Sozialisation, der Gesellschaftsform?

Da der Mensch nicht ab Geburt schlecht ist: der Sozialisation in einem System. Ich bleibe, trotz allem, unverbesserlicher Humanist. Und Du scheinst da ähnliche Gedanken zu hegen, hab einen wundervollen Tag, hoffentlich marderlos :thumbsup:

 

Hallo @Woltochinon,

ich möchte dir zuerst meinen Gesamteindruck mitteilen und dann noch beispielhaft auf ein paar sprachliche Dinge eingehen.

Gesamteindruck

Der Text eröffnet mit einer starken, atmosphärischen Setzung: Die Rotmetapher wirkt bildmächtig, dicht und poetisch-abstrakt. Dieser Anfang hat etwas Suggestives, das sofort Aufmerksamkeit erzeugt und Erwartungen weckt – eine Welt, die sich in Farbe auflöst, eine existentielle Bedrohung, die gleichzeitig symbolisch und konkret gelesen werden kann. Der Einstieg funktioniert sehr gut, gerade weil er noch offen bleibt und Raum für Interpretation gibt.

Ich habe neulich in einer Mediathek die Beschreibung eines Films gelesen, der hier ähnlich arbeiten könnte: https://www.playsuisse.ch/de/show/896468 – ich habe ihn nicht gesehen, aber beide Szenarien wecken bei mir ähnliche Bilder.

Das Problem: Du sabotierst durch diesen mächtigen Einstieg den Rest deiner Story. Der Text wechselt abrupt von mythischer Abstraktion zu plotgetriebener Sci-Fi-Alltagsprosa. Das Rot ist der Archetyp, ein Bildkomplex, ein kosmischer Zustand, der den Leser sozusagen umbläst, aber dann bleibt man nicht in dieser roten Welt, sondern wird in eine fast bürokratisch-beflissen gebaute Sci-Fi-Welt geworfen, wo jedes Element brav seinen nach Zukunft klingenden Cyber-Namen bekommt und sich im Vergleich zum Anfang banale Konflikte entfalten: digitale Kinder, Beratungsgespräche, Gegnergruppen, Avatare, Erklärdialoge. Das hat leider bei Weitem nicht die Dichte des Anfangs – und findet auch auf einer blasseren „Stufe“ von Sprache statt. Das enttäuscht zwangsläufig. Man will in der elementaren, my(s)t(h)ischen Welt bleiben und ums Überlegen kämpfen mit den Figuren. Ich will das!

Dazu bist du meines Erachtens viel zu ambitioniert, was die Fülle des Stoffs angeht: Auf sehr wenigen Zeilen willst du erzählen von digitaler Existenz, Elternschaft, künstlichen Körpern, politischem Widerstand, Verlust der natürlichen Welt – das wäre genug Material für einen Roman. In der vorliegenden Super-Kürze muss das alles zwangsläufig oberflächlich und behauptet wirken, denn wie soll man so schnell einen Bezug zu dieser Welt und den Figuren aufbauen? Insgesamt ist der zweite Teil darum eher eine Konzeptskizze, wohingegen der erste Teil bereits "reif" ist. Du müsstest im Stil des Anfangs nun ganz besonnen und kontrolliert die Figuren und Konflikte einführen und dann jedem Thema den Raum geben, den es braucht.

Sprachliches

Früher als erwartet, kommt halt darauf an, was man erwartet. Gestern noch dieses zarte Rosa, wie in den letzten Monaten – dann sowas.

"So was", weil kurz von "so etwas"

Rot vibriert durch die Luft, wabert im Wasser.

"in der Luft" würde ich sagen, "vibrieren" ist ja keine sich irgendwo hin richtende Bewegung, sondern findet an Ort und Stelle, sozusagen statisch statt

Ihre so unverschämt vertrauten Unschuldsmienen ergeben ein verwirrendes Bild: Sie scheinen inmitten dieser Rotheit zu schweben, gespenstische Irrlichter im alle Formen auflösenden Farbbrei.

Das empfinde ich als Widerspruch: Ihm oder ihr sind die Mienen vertraut, aber sie verwirren ihn?

Ihre so unverschämt vertrauten Unschuldsmienen ergeben ein verwirrendes Bild: Sie scheinen inmitten dieser Rotheit zu schweben, gespenstische Irrlichter im alle Formen auflösenden Farbbrei. Wer weiß, wie viel davon ihren Köpfen entspringt, eigentlich ein Narr, wer hier rätselt.

Also dieser ganze Abschnitt ergibt für mich nicht viel Sinn: Wie gesagt, ihm sind die Mienen vertraut und doch verwirrt ihn das Bild. Dann kommt in meiner Lesart eine Frage: "Wer weiß, wie viel davon ihren Köpfen entspringt?" – Nur damit es dann heißt, es gäbe hier nichts zu rätseln, also zu fragen.

Ich ziehe in Betracht, dass hier ein Stilmittel (Contradictio oder Paradoxon) vorliegen könnte, aber ehrlich gesagt sehe ich ein solches Stilmittel an dieser Stelle nicht als gerechtfertigt oder gewinnbringend an. Mir scheint hier eher unbedacht formuliert worden zu sein ;-)

Die Zeit hämmert ihre entropische Beschaffenheit gnadenlos in selbstgerechte Gemüter

Symptomatisch: Meiner Meinung nach solltest du bei Adjektiven im ganzen Text deutlich zurückfahren; er wirkt überfrachtet.

Menschliches Tun verwandelt sich in monochromen Rausch,

"Monochromatisch" – ich hab's auch noch mal nachgeschlagen – würde hier meiner Meinung nach besser passen, weil es technischer, abstrakter und "externer" klingt.

Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität

Ich denke, dass das Wort "absurd" ist an dieser Stelle semantisch nicht ganz passend. So wie ich deinen Weltaufbau lese, weiß man zwar nicht, warum alles rot geworden ist, aber im Rotsein der Welt selbst ist nichts Widersprüchliches enthalten. Die neue Welt ist also nicht "absurd", laut Lexikon: "sinnlos", "widersinnig", "der Vernunft widersprechend".

"Unerklärlich" wäre vielleicht passend, oder "enigmatisch"

Putri blickte versonnen aus dem riesigen Panorama-Fenster.

Hart an der Grenze zur Tautologie

„Haben Sie sich entschlossen, Putri?“ „Ja, wir wollen diesen Weg gehen, klar, ganz sicher. Irgendwie muss man diesem Rot entkommen können. Wer weiß, wie lange wir dazu noch in der Lage sein werden. Uns stören jedoch die Digi-Gegner. Tayea, wie gefährlich können solche Querköpfe sein?“ Putri und Sagittarius zoomten Tayea näher zu sich heran, dadurch kam ihr freundliches Gesicht mit den goldenen Makropixeln unter der Haut erst richtig zur Geltung.

Zu viele Namen und Akteure auf einmal da! – Man grübelt sich durch den enigmatischen Anfang und dann das: "Tata – und hier ist die Truppe, die jetzt für euch ein kleines Stück aufführen wird!"

+++++

TLDR: Starker Beginn, starke Idee, in einer so kurzen Geschichte aber nicht möglich. Man müsste daraus einen langen Text machen oder dem Beginn vertrauen und eine Short-Story-geeignete Szene in diesem Flow stattfinden lassen.

Freundliche Grüsse

Henry

 

Hallo @kiroly,

ich hätte dir gerne eher geantwortet - gut, jetzt gehts los!

Nun der Gegenbesuch und mich freut es, dass du dich auf eine etwas absurdere Ebene wagst.
Ich freue mich über beides: Den Gegenbesuch und das Begrüssen der absurderen Ebene!

Nimm also die Kritik nicht zu persönlich. Ich habe deinen Text sehr gerne gelesen
Sehr nett, deine Warnung - aber: du kritisierst schließlich meinen Text (und die Verrückten, die sich so komisch unterhalten;)), nicht mich!

Ahmux aber (warum eigentlich?) will das echte Leben spüren.
Gute Frage. Da schneidest du ein sehr grundlegendes Thema an. Woher kommt das 'Wollen'? Mir ist nicht bekannt, dass diese Frage bisher (befriedigend) gelöst wurde.
Bleiben wir in der 'Ahmux-Welt', ergeben sich nur Indizien: Sie merkt, dass sie nicht vom Turm springen kann, beobachtet andere Kinder in der (tristen) Realität die sich mit Dingen auseinandersetzen müssen, die ihr zwar erspart bleiben, aber dennoch interessant vorkommen (ein bekanntes Phänomen - aus der Ferne wirkt manches begehrenswerter, als in der Realität).
Ihre Eltern können in beiden Welten sein - sie nur in einer beschränkten (Ahmux ist jetzt auch in einem bekanntermaßen aufmüpfigen Alter).

Mir erscheint aber die sprachliche Umsetzung so semi-gelungen
Ja, leider. Inzwischen habe ich da schon einiges geändert. Hoffentlich in die richtige Richtung. Ich bin kein Freund langer Erklärungen, eigentlich will ich 'Trigger' setzen, die den Leser zum Verstehen animieren. (Zur 'Erzählart' mehr weiter unten).

Eltern wünschen ihren Kindern ein besseres Leben, eine rot-lose Existenz ... naja, warum eigentlich (man kann ja auch ganz gut im Rot leben).
Wenn es nur um das physische Rot gehen würde, ja. Aber das allegorische Rot (die Konsquenzen menschlichen Tuns, für das es steht) ist nicht lebenswert. Das dem Menschen eigene zerstörerische Handeln hat einen Grad erreicht, der nicht mehr tragbar ist.

Dein Titel verweist auf eine Verschiebung.
Genau - von farblos zu rosa zu rot. Und genauso, wie die Wellenlänge des sich vom Beobachter entfernenden Lichts mit der Zeit ins Rote verschoben wird, ist mit der Zeit die Welt immer mehr vom ureigenen Rot des menschlichen Handelns gesättigt worden. Beim Denken in Vergleichen (Modellen) gibt es immer eine Grenze der sinnvollen Übereinstimmungen.
(So geordnet, wie du die Rotverschiebung im Raum beschreibst, ist sie nur, wenn es keine Störungen gibt. Gravitation kann das Licht beeinflussen, auch Himmelskörper, an denen besonders das langwellige Licht besonders stark gebeugt wird. Also: Selbst nur physisch gesehen wäre das Rot auf der Erde wegen der Hindernisse chaotisch. Aber so weit wolle ich den Vergleich nicht überstrapazieren, es geht um das Erstgenannte - hey, danke für den Einwand, anregend :thumbsup:).

die Ausbreitung an Tentakeln eher ein Vorgang der tausenden Richtungen. Vor allem steckt in Tentakeln mehr was biologisches, dass ja das Rot eigentlich nicht sein soll, kurzum: Wie ist der Charakter des Roten?
Wird es nicht deutlich, dass die "Tentakeln" ein beschreibendes Bild sind?
Der Charakter des Roten ist einerseits physisch, ein Rot, welches alle anderen Farben 'überschreibt' - nicht plötzlich, alles auf einmal, sondern 'erobernd'. Andererseits ist das Rot eine Allegorie (s.o.).

Hier lese ich den Autoren, der erklärt und hier - aber das ist Geschmackssache - bin ich bisschen enttäuscht, dass diese Rotidee nicht ausgestaltet wird.
Das ist sehr schwierig. In einer anderen Fassung hatte ich die "Rotidee" mehr aus der Alltagsperspektive geschildert, da geht einiges an dieser 'Wucht', diesem Einschnitt in das Dasein verloren, auch diese Anklage. Im Prinzip müsste ich jetzt eine Geschichte nachschieben - 'Der Alltag der Zurückgelassenen'.

Stolz und das sonst allgegenwärtige Aufbegehren zerschellen an der rot-kreischenden, absurden Realität.
Nunja, die Realität ist absurd, aber man gewöhnt sich an die Realität und dann ist sie nicht absurd. Lese ich auch als Autorensatz.
Das ist kein "Autorensatz". Der Erzähler, ein vom Rot betroffener Mensch, berichtet. Die Auswirkungen des Rot sind sicher nicht so leicht zu ertragen, wie die Tatsache der Umfärbung. Der Staat muss auch Maßnahmen ergreifen, um die Ordnung aufrecht zu halten.
Aber klar - wenn nicht alle vor Verzweiflung Suizid begehen, müssen sich die Menschen an die Realität anpassen (wobei es für diese Anpassung sicher auch eine biologisch/psychische Grenze gibt).

die allmählich im Dunst des Abends verschwanden
Das ist ein Tausendfachgelesensatz.
Habe ich geändert, war nicht gut - danke!

„Haben Sie sich entschlossen, Putri?“
So ein indonesischer Name! =)
Das ist noch niemand aufgefallen! Ich fand ihn vom Klang her zur Person passend - dieses etwas harte 'tr', dann das weiche 'i' am Ende.

Die Beraterin ist nicht bemüht, das denkst du als Autor.
An Haltung, Stimmlage kann man so etwas erkennen. Aber dein Einwand ist berechtigt - der Satz müsste nach der Aussage stehen. Änderung ist gemacht!

Er schien abwesend, fast überfordert.
Vielleicht hier einfach das Adverb durch eine Handlung ersetzen. Wie zeigt sich Abwesenheit in dieser Welt?
Gute Idee!

Anstelle der genetischen Rekombination werden nun halt algorithmische Ableitungen der Erbinformation ausgetauscht.
Hier lese ich die klassische SciFi-Krux der Welteinführung. Okay, es gibt sozusagen eine digitale Existenz und du erklärst das sehr kurz. Vielleicht kann man das anders darstellen und weniger tellig ...

Würde mir Spaß machen, hier noch etwas mehr Science in die Fiktion zu bringen! Aber nach den bisherigen Kommentaren lass ich lieber die Finger davon ...


Und die Charaktere reden miteinander, aber aber, sie reden zu mir als Leser. Sie wollen etwas
darstellen. Ich finde das sehr schwierig, ein solches Gespräch glaubhaft zu schreiben.
Ist es auch. Die erwachsenen Protagonisten sollen schließlich auch abgeklärt rüberkommen. An diesen Dialogen habe ich hier und da etwas geändert.

„Weil ich richtiges Leben spüren will!“
Zum Ende baust du dem Text ein riesiges Thema auf: Was ist Spüren, was ist Realität, was ist denn eine sensorische Wahrnehmung, warum geht das nicht im Digi?
Die Betonung liegt auf "richtiges". Natürlich spürt sie (das Gras) im Digi, will die Eltern bei sich haben - aber der Zweifel bleibt: Ist das alles gewissermaßen nur 'B-Ware'? Vielleicht liegt das Problem (wie bei der Einschätzung von Glück) in der Möglichkeit des Vergleichs. Wenn der Digi-Raum irgendwann mal die einzige Lebenswelt ist, von Automaten gewartet, dann ist halt alles so, wie es ist. Dies zeigt die Problematik von Übergängen (die wir auch aktuell erleben) - sie bringen mächtige Unsicherheiten, Orientierungslosigkeit hervor. Manche Personen 'retten' sich in Verleugnung (da gibts verschiedene Mechanismen), die anderen begeben sich in vermeintliche Sicherheit, vertrauen auf ehemals Bewährtes. Andere, wie Putri, glauben kompromisslos an die Technik und ihre Zukunft.

Kiroly, ich hoffe deine Anregungen gut umgesetzt zu haben, danke für den Dialog!

LG,

Woltochinon

 

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