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Saya

Monster-WG
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07.01.2018
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Saya

I. Der Ring
Im Traum trage ich das Hochzeitskleid meiner Mutter. Der rosafarbene Stoff ist kühl und glatt unter den Fingerspitzen, als ich den Rock raffe und losrenne.
Ich werfe einen Blick über die Schulter. Meinen Verfolger kann ich nicht sehen, aber ich höre das Knirschen von Schritten im Sand. Jemand ruft meinen Namen.

»Kasta.«
Sayas Stimme reißt mich aus dem Schlaf. Ich schrecke auf, das durchgeschwitzte Laken klebt an meinem Rücken. Auf dem Computerbildschirm glüht ein roter Schriftzug.
»Kasta, du hast sieben ungelesene Nachrichten«, sagt Saya, ihre Stimme dringt sanft und volltönend aus den Lautsprechern.
»Von wem?«, frage ich, reibe mir den Schlaf aus den Augen.
»Sechs Nachrichten von Luupi, eine von Oli.«
»Lese mir die Nachricht von Oli vor.«
Ich knie mich neben das Bett, hebe die Matratze an und greife darunter.
»Oli schreibt: ›Wird spät. Warte nicht auf mich.‹«
Meine Finger stoßen auf eine kleine Schatulle. Ich ziehe sie hervor, streiche über den staubigen Samtbezug.
»Wann war das?«, frage ich, klappe das Kästchen auf, betrachte den Ring. Schlicht, silbern, ein wenig angelaufen. Luupis Augen haben geglänzt, als ich während unseres Videotelefonats das Päckchen aufgerissen und den Ring seiner Mutter gefunden habe. Jetzt ist er meiner oder könnte es sein. Ich muss nur nicken.
»Vor vier Stunden.« Saya ergänzt, ohne dass sich ihr Tonfall ändert: »Oli hat das Haus betreten.«
Ich stopfe die Schatulle zurück unter die Matratze. Mit einem Satz bin ich am Computer. »Saya, Sprachsteuerung aus.« Ich klicke das weiße Häuschensymbol auf dem Desktop an. Der Startbildschirm des VR-Programms öffnet sich. Willkommen in unserer Welt. Schaff dir deine eigene.
Im Türschloss dreht sich der Schlüssel, und Oli steckt den Kopf ins Zimmer. »Warum bist du noch wach?«, fragt er.
»Ich habe da noch so eine Sache.« Ich weise auf den Bildschirm.
Er beißt sich auf die Unterlippe, dorthin, wo die Narben der Zahnabdrücke sind.
Als wir klein waren, habe ich ihn auf dem Boden vor der Anrichte gefunden, auf die ich immer geklettert bin, um die Süßigkeiten aus dem Schrank zu nehmen. Er hat geblutet, aber nicht geweint, und ich habe ihn festgehalten, während ich seinen Mund mit einem Lappen abgewischt habe. Ich wollte es vor unseren Eltern verheimlichen, aber die ausgeschlagenen Zähne und die zerbissene Unterlippe ließen sich nicht verbergen. Natürlich habe ich die Prügel bekommen.
»Muss morgen fertig sein«, sage ich.
»Geh ins Bett!«
Ich spiele mit dem Gedanken zu widersprechen, verwerfe ihn jedoch sofort. »Okay.«
Er lächelt. »Gute Nacht.« Leise zieht er die Tür zu und dreht den Schlüssel im Schloss herum.
Ich lege mich aufs Bett, starre zur Decke hinauf, lausche auf die Schritte im Flur, das Geräusch, mit dem seine Zimmertür zufällt.
Der Ring sticht durch die Matratze in meine Wirbelsäule, raubt mir den Schlaf.

II. Bei Saya
Ich klinke das Verbindungskabel an die Neurobuchse und schaudere unter dem Prickeln, das meine Wirbelsäule entlangfließt. »Bring mich rein, Saya.«
»Sofort, Kasta. Bitte habe einen Augenblick Geduld.«
Weiß vor meinen Augen, fast zehn Sekunden lang. Es dauert eben, sich auf einem Server einzuwählen, der gut geschützt ist.
Endlich weicht das Weiß dem warmen Licht der Lobby. Roter Marmor, schwere Vorhänge, eine Sesselgruppe vor einem Kamin. Der Empfangstresen ist verwaist, über dem Springbrunnen im Zentrum des Saals kreiselt ein Holo-Würfel, der Bilder von lächelnden Frauen zeigt. Darunter läuft ein Schriftzug: Schutz, Solidarität, Saya.
»Willkommen, Kasta«, sagt Saya, ihre Stimme erfüllt den ganzen Raum. »Luupi hat dir neun Nachrichten hinterlassen.«
»Lese mir die aktuellste Nachricht vor.« Ich trete hinter den Tresen, fahre mit der Hand über die gläserne Oberfläche, auf der die Unterlagen der Empfangsdame aufleuchten.
»Kasta, ich warte in meinem Zimmer auf dich. Bitte melde dich«, sagt Saya.
»Danke.« Ich blättere mich kurz durch die heutigen To-Dos. Ein Aufnahmegespräch am Nachmittag. Eine Bewohnerin hat gemeldet, beim letzten Update wären Gegenstände aus ihrem Zimmer verschwunden. Ich setze die Beschwerde auf die Prio-Liste für die Programmierer. Für Luupi und mich.
»Saya?« Ich atme tief durch. »Wie sehe ich aus?«
»Einen Moment, bitte«, sagt Saya. Ihre Stimme klingt amüsiert, so wie immer, wenn sie die Avatare der Serverbewohnerinnen bearbeitet. »Ich habe deine Frisur korrigiert, Kasta.«
»Danke, Saya. Bring mich in Luupis Zimmer.«
»Einen Augenblick Geduld. Ich erbitte die Zugangsberechtigung.«

Saya versetzt mich direkt in Luupis Arbeitszimmer. Es ist durch keine Tür zu erreichen. Manche Bewohnerinnen beunruhigt die Anwesenheit von Männern, also ist es das Beste, wenn sie nicht wissen, dass Luupi sich mehr als nötig auf dem Server aufhält.
Schwarzer Teppich auf dem Boden, Fenster an allen vier Wänden – und durch jedes ein anderer Ausblick: ein Nadelwald, Regendunst in den Baumkronen; ein schwarzer Strand mit sturmgepeitschter See; Rapsfelder, schneebedeckte Berge am Horizont; eine Heidelandschaft, Schafe zwischen lilablühenden Sträuchern.
Diese und andere Welten habe ich designt, sie Luupi gezeigt, als er das erste Mal den Server betreten hat, lange bevor Sayas Haus zu einem Zufluchtsort geworden ist. Nicht nur für mich, auch für andere Frauen. Damals war es noch mein Zufluchtsort, eine Heimat nur für mich, und all mein Herzblut habe ich in die Landschaften gesteckt. Luupi hat sich umgeschaut, geschnuppert und gesagt: Es riecht nach nichts.
Seitdem hat sich alles verändert.
Im Zentrum des Raumes steht Luupis Holo-Arbeitstisch, auf dem die Nachrichten laufen. Als ich im Zimmer erscheine, erhebt Luupi sich aus seinem Sessel.
»Kasta«, sagt er, macht einen Schritt auf mich zu, hält jedoch inne. »Ich dachte, du ignorierst mich.«
Ich weiche seinem Blick aus. »Ich habe dich ignoriert. Muss nachdenken.«
»Oh.«
»Ja.«
»Und?«, fragt er.
»Was?«
»Hast du nachgedacht?«
Ich gehe zum Tisch, tippe auf das weiße Häuschensymbol und rufe die Prio-Liste auf. »Aus Zimmer 147 verschwinden Dinge«, sage ich. »Kümmerst du dich darum?«
Seine Miene verfinstert sich, aber die Stimme klingt fest. »Klar. Aber …«
»Kasta«, sagt Saya. »Oli hat das Haus betreten.«
»Ich muss los.« Ich nicke Luupi zu. »Melde dich, wenn es Schwierigkeiten gibt.«
»Kasta …« Er streckt eine Hand nach mir aus. Die Welt um mich versinkt im Weiß.

III. Beschützer
»Willkommen zu Hause, Kasta«, sagt Saya.
Ich ziehe den Stecker der Neurobuchse aus meinem Nacken. »Danke, Saya. Sprachsteuerung deaktivieren.«
Ich öffne das Saya-Programm, klicke mich durch zu Zimmer 147. Der Code ist extrem unübersichtlich. Luupis Code. Es ist eine Farce, mich als Designerin von Sayas Haus zu bezeichnen. Ich kümmere mich fast nur noch um unsere Gastgeberin, darum, dass Saya immer höflicher, schneller, humorvoller, ihre Stimme modulierter wird. Die Seele des Hauses ist Luupi. Luupi mit den schwarzen Augen, den warmen Händen. Luupi, der achthundert Kilometer entfernt wohnt.
Oli schließt meine Zimmertür auf.
»Bin da.«
Ich trete durch die angelehnte Tür auf den Flur und folge Oli in die Küche. Er lässt sich auf einen Stuhl fallen.
»Arbeitest du schon wieder?«, fragt er. Er kramt eine Zigarettenpackung aus der Innentasche seines Mantels, steckt sich eine Kippe an.
»Ja.«
»Du weißt, dass ich wieder einen Job habe?«
»Ja«, sage ich seufzend.
»Die bezahlen sogar ganz okay«, sagt er.
Ich öffne die Tiefkühltruhe, ziehe zwei Schalen heraus.
Oli zieht an der Kippe und reckt das Kinn, um den Rauch zur Decke zu pusten. »Du musst nicht mehr arbeiten.«
»Ich mache das gerne.«
»Und überhaupt«, sagt er.
Mit einem Ruck ziehe ich den Ofen auf, reiße die Folien von den Pappschalen und knülle sie mit möglichst viel Getöse zusammen.
Ich blicke auf das Hochzeitsfoto unserer Eltern über dem Herd, sie berühren sich nicht auf dem Bild. Mutter in dem rosafarbenen Kleid vor einem Sommerflieder. Sie lächelt nicht, ihr Blick durchbohrt mich.
»Und überhaupt«, sagt er und hebt die Stimme, als befürchtete er, ich würde ihn sonst überhören, »diese ganze VR ... Weiß nicht. Seit diese Saya-Fems Frauen einäschern.«
»Das machen nicht nur die Saya-Fems!« Meine Stimme klingt lauter, als sie sollte.
Ich atme tief durch, werfe ihm einen Blick zu. Er versucht einen Rauchring. Gut. Sieht so aus, als irritierte ihn mein Tonfall nicht.
»Wie auch immer. Das ist doch scheiße«, sagt er.
»Das ist ja kein bloßes Einäschern.« Ich schiebe die Fertiglasagne in den Ofen. Mit einem Rattern erwacht die Umluft zum Leben – der Ofen klingt erschöpft wie ein alter Mann bei der letzten Schicht –, und ich drehe mich zu Oli um. »Durch die Krema-Technik kann man Leute retten, die an unheilbaren Krankheiten leiden …«
»Quatsch!« Er wedelt mit der Zigarette. »Mit der Krema-Technik werden keine Krankheiten geheilt. Man äschert die Körper ein und packt das Bewusstsein der Leute in die VR. Aber sind sie dann noch echte Menschen?« Er sieht mich durchdringend an.
Ich lache. »Oli, du bist kein Philosoph.«
»Und die Saya-Fems sind noch viel schlimmer. Die zerstören die Körper von Leuten, die völlig gesund sind. Lassen sie verschwinden.«
Er holt tief Luft, seine Unterlippe bebt. Ich weiß, wir denken beide an Mutter. Und wie sie für immer in der VR verschwunden ist. Illegal, die Krema-Technik auf gesunde Menschen anzuwenden. Aber das Gesetz hat sie nicht aufgehalten. Sie nicht. Mich nicht.
»Ich möchte nicht, dass du in deren Fänge gerätst«, sagt Oli.
»Okay. Ich passe auf.«
Ich strecke die Faust in seine Richtung, den kleinen Finger abgespreizt. Aber er geht nicht darauf ein, spielt mit dem Feuerzeug herum, lässt die Flamme aufleuchten und wieder verlöschen. Aufleuchten, verlöschen.
»Ich passe auf«, sagt er.
Ich lasse die Hand sinken.
»Was meinst du, was dein Computer und das ganze Zeug wert sind?«, fragt er.
Mein Körper krampft sich zusammen, als hätte er mir einen Schlag in die Magengrube verpasst. Für einen Augenblick bekomme ich keine Luft, ringe nach Atem, presse mühsam hervor: »Was?«
»Den brauchst du ja dann nicht mehr.«
Ich stoße mich vom Herd ab. »Nein!«
»Was?«
»Nein! Das ist meiner!«
»Wir könnten das Geld gebrauchen.«
»Der Herr verdient doch jetzt genug!«
Er wirft die glimmende Kippe in die Spüle. Stützt die geballten Fäuste auf der Tischplatte ab. »Schrei mich nicht an.«
»Ich schreie nicht!«
Sofort ist er bei mir, baut sich vor mir auf, atmet mir seinen heißen Atem ins Gesicht. »Widersprich mir nicht!«
Ich fletsche die Zähne. »Das ist mein Computer!«
Er presst die flache Hand auf meinen Kopf, drückt mich auf den Fußboden, presst mein Gesicht auf die kalten Fliesen. »Miststück«, sagt er.
Ich bleibe auf dem Boden liegen, seine Zimmertür fällt ins Schloss. Bewegen kann ich mich nicht, nicht einmal den Kopf heben. Ich drücke das Ohr gegen die Fliesen, lausche auf das Atmen des alten Hauses unter mir.

»Oli will meinen Computer verkaufen.«
Luupi sieht mich an. Öffnet den Mund, schließt ihn wieder.
»Sag doch was«, sage ich.
»Scheiße, Kasta.«
»Er hat Angst, dass ich in die Fänge der Saya-Fems gerate.« Ich lache. »Wenn der wüsste.«
»Ich finde das nicht komisch.«
»Tja, ich schon.«
Mit verschränkten Armen lehne ich mich im Schaukelstuhl zurück, lasse den Blick über die atemberaubende Gebirgslandschaft schweifen. Vom Balkon haben wir eine hervorragende Aussicht aufs Tal. Die Luft duftet nach Regen.
Naturspektakel, nachgebildet in einer Perfektion, die nur Luupi erreichen kann.
»Hat er …?« Luupi reibt sich das Kinn, die roten Bartstoppeln geben unter seiner Hand ein kratziges Geräusch von sich. »Du weißt schon.«
»Nein. Nein. Wir haben uns gestritten. Aber das wird schon wieder.«
»Kasta.« Er beugt sich vor, ergreift meine Hand. »Das ist nicht wahr.«
Tief einatmend streiche ich mit dem Daumen über seinen Handrücken, wie eine echte Berührung. Ich blicke in sein Gesicht, die dunklen Augen, will seine Haut auch in der Wirklichkeit berühren können. Wünsche mir, ich wäre bei ihm.
Mit einem Ruck ziehe ich die Hand weg.
»Wenn du nicht willst, das mit uns …« Seine Stimme zittert, er unterbricht sich. »Ich verstehe nicht, wieso du nicht längst hier eingezogen bist. So richtig.« Er macht eine Handbewegung, die alles einschließt. Die Gebirgslandschaft, unsere Berghütte mit dem breiten Bett, dem rotkarierten Bettzeug, das nach Luupi riecht, nach mir, nach dem Schweiß auf unserer Haut. »Er könnte dir nie wieder etwas tun.«
»Ich bin mit dem Konzept von Sayas Haus vertraut, danke.«
»Ich weiß. Und was ist …« Er behält die Augen auf den Horizont gerichtet, doch ich ahne, dass er mich aus dem Augenwinkel ansieht »… mit uns?«
Ich mache eine wegwerfende Handbewegung. »Eins weiß ich. Oli wäre nicht glücklich ohne mich.«
»Das ist doch scheißegal!«
Wir sehen einander an, ich schiebe die Unterlippe vor.
»Dir vielleicht«, sage ich. »Und weißt du was? Es ist jedem egal. Aber mir nicht.«
Er streckt wieder die Hand nach mir aus, doch ich ziehe den Arm weg. Sein Gesichtsausdruck verzerrt sich, ich muss die Augen schließen.
»Hast du nachgedacht?«, fragt er.
Am liebsten hätte ich mir auch noch die Ohren zugehalten. »Ja.«
»Also?«
»Oli würde es nicht erlauben.«
»Liebst du mich?«
Ich öffne die Augen, schaue in sein weiches Gesicht, das Schimmern in seinen dunklen Augen. »Ist doch egal.«
»Mir nicht.«

IV. Liebe
Oli sperrt mich ins Badezimmer, bevor er den Computer abbaut und aus der Wohnung trägt. Als er wieder aufschließt, habe ich keine Kraft mehr, ihn anzuschreien. Mein Zimmer ist leer ohne den Computer, unerträglich still ohne das sanfte Schnurren.
Früher, wenn ich die Prügel eingesteckt habe, wenn ich ihn in der Ecke sitzen gesehen habe, er – immer an allem unschuldig –, dann jagte die Wut purpurn durch meine Adern, dann bekam ich kaum noch Luft. Danach habe ich Olis Kopf auf meine Matratze gedrückt, die Bettdecke drübergezogen und mich auf ihn gelegt, bis er sich nicht mehr bewegt hat. Ich konnte erst wieder ruhig atmen, wenn ich gespürt habe, wie sein Jungenkörper unter mir erschlafft ist.
Doch heute bin ich so müde, ich schließe ohne ein Wort die Zimmertür zwischen uns und versuche zu schlafen. Aber jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich das Hochzeitskleid meiner Mutter vor mir, das Babyrosa.
Wenn du nicht in der VR leben willst, dann lebe bei mir. Weit weg von ihm. Luupis Worte. Luupis Pläne.
Vom Bett kann ich aus dem Fenster sehen, auf die gegenüberliegende Häuserreihe, grauer Putz. Ich wünsche mir die Aussicht auf Luupis Tal, die Berge, den Regengeruch. Die Luft in der Wohnung schmeckt nach Zigarettenasche und Staub.
Ich stehe auf, schlurfe in die Küche.
»Oli?«
Er sitzt am Küchentisch und blättert durch die Zeitung. »Was?«
»Ich muss einkaufen gehen.«
Er greift in die Manteltasche, legt mein Portmonee vor sich auf den Tisch. »Bring Brot mit.«
Die Faust geballt, streckt er die Hand aus, spreizt den kleinen Finger ab. Für einen Moment ist es still zwischen uns, während ich seinen Finger ansehe. Hinter meinem Rücken balle ich die Hand zur Faust.
Schließlich wende ich mich ab. »Okay«, sage ich.
Im Flur ziehe ich die Regenjacke an, fahre mit den Fingern durch das zerzauste Haar, ehe ich aus dem Haus gehe. Es regnet in Strömen, trotzdem gehe ich langsam. Meine Kopfhaut schmerzt, und die Unterlippe ist geschwollen.
Ich gehe am Supermarkt vorbei, einfach immer geradeaus, die Straße hinunter. Aus der Stadt, auf die Landstraße, zwischen graue Stoppelfelder. Dort bleibe ich stehen, blicke auf die vorbeiheizenden Autos. Ich krame mein Handy hervor und wähle Luupis Nummer.
»Kasta?«
»Es tut mir leid«, sage ich, »aber ich kann meinen Bruder nicht allein lassen. Es ist für uns alle das Beste, wenn alles so bleibt, wie es ist.«
Er schweigt einen Moment. »Wie kannst du das sagen?«, fragt er schließlich.
»Was denn?«
»Er ist gefährlich. Bitte! Bitte! Ich will dir doch nur helfen.«
»Das wollen alle.« Ich lache, recke die Nase zum Himmel, halte das Gesicht in den Regen. An den meisten Orten der VR regnet es nie. Nur in Luupis Welt.
»Kasta …«
»Nein. Ich will nichts mehr hören. Ich schicke dir den Ring zurück.«
Einen Moment ist es still am anderen Ende der Leitung. So lange, dass ich beinahe nachgefragt hätte, ob er noch dran wäre.
»Chef?«, fragt er schließlich. Seine Stimme klingt anders, härter, eisiger. Wie ich sie noch nie gehört habe. »Ich muss mir ein paar Tage freinehmen.«
»Okay«, sage ich. »Aber eins noch.« Ich drehe mich um, schaue hinauf zum Schimmer am Horizont, wo die Regenwolken sich lichten. »Ich liebe dich.«
»Das ist keine Liebe«, sagt er. Und legt auf.
Ich lausche auf das gleichförmige Piepen in der Leitung, auf das Rauschen des Regens, der meine Jacke durchweicht.

V. Zusammen
Die Wohnungstür wird geöffnet, noch bevor ich überhaupt den Schlüssel ins Schloss gepfriemelt habe. Ich stelle mir vor, wie Oli den ganzen Tag hinter der Tür gestanden ist, durch den Spion gespäht hat. Jetzt starrt er mich mit aufgerissenen Augen an, während ich tropfend vor ihm stehe. Die schwere Einkaufstüte zieht an meinem Handgelenk.
»Kasta!« Er macht einen Schritt über die Türschwelle, schlingt die Arme um mich und drückt mich so fest an sich, dass ich nach Luft schnappe. »Ich dachte, du kommst nicht wieder«, sagt er mit dem Mund an meinem Ohr.
Ich hebe die freie Hand, streiche über sein Haar. »Immer, kleiner Bruder.«
Er schiebt mich über die Schwelle, tritt die Tür mit dem Fuß ins Schloss. »Wo warst du die ganze Zeit?«
Ich betrachte die Falte über seiner Nasenwurzel, das Zucken in den Mundwinkeln. Mein Blick wandert den Flur entlang zu meiner offenstehenden Zimmertür. Der Bildschirm steht wieder auf dem Schreibtisch, ich höre das Schnurren des Computers, er begrüßt mich wie ein fetter Kater.
»Ich dachte, du brauchst ihn gleich«, sagt Oli, flüstert fast. »Habe ihn schon einmal angemacht, aber ich wusste das Passwort nicht.«
Als Oli sich das erste Mal losgerissen hat, vor vielen Jahren, nach mir getreten, mir ins Gesicht gespuckt hat, ich ihn nicht einfangen konnte, habe ich gewartet, bis es Nacht wurde. Ich wollte in sein Zimmer schleichen und diesmal eine Viertelstunde auf ihm liegen bleiben – oder länger. Ich hatte gelesen, dass eine derart lange Zeit ohne Sauerstoff … Weiter habe ich damals nicht gedacht. Aber ich bin nicht aus meinem Zimmer gekommen. Die Tür war verschlossen.
Verzeihen habe ich erst gelernt, als ich die VR betreten habe. Dort ist es leicht. Jedes Problem kann ich einfach wegwischen.
Ich strecke die Hand aus, schiebe Olis Mundwinkel nach oben. Erst verkrampfen sich seine Gesichtsmuskeln, doch schließlich gibt er nach und lächelt.
»Ich bin ja da«, sage ich. »Und du bist da.«
Er hält mir die geballte Hand hin, den kleinen Finger ausgestreckt, und ich hake meinen kleinen Finger ein.
»Zusammen«, sagt er.

 

Hallo, @Kroko

Schön, dass Du nochmal reinschaust. Das freut mich immer sehr, vor allem, da Du schlüssig aufdröselst, warum Du nicht weitergelesen hast.

Bei so etwas hätte ich keine meiner Gedankengänge gemacht und vermutlich deine Geschichte durchgelesen.

Ich bin überrascht, dass es so einfach sein soll. Also, dass allein ein erster Satz, in dem direkt klar wird, dass man in der VR wäre, den Anfang für Dich gerettet hätte, stehe ich momentan doch eher auf dem Standpunkt, dass die Geschichte vom Aufbau her höchst zweifelhaft ist, das Problem also deutlich größer ist als bloß die ersten neun Sätze. ;)

Ausserdem fehlt der VR Anzug, sonst spürst du keine Berührungen

In Deinem Fall bin ich mir, ohne provokant sein zu wollen, nicht sicher, ob das Problem nicht auch ein bisschen (aber definitiv nicht ausschließlich) da liegt, dass Du sehr klare Vorstellungen zu haben scheinst, wie das laufen "muss". Kennst Du z.B. "Das Labyrinth der Spiegel" von Sergej Lukianenko? Da ist die VR ein super simples Computerprogramm, das aber seine Nutzer/innen hypnotisiert, sodass sie alles so empfinden, als wäre es echt, obwohl die tatsächlich Animation extrem Basic ist. Also nix VR-Anzug, reine Sinnestäuschung. Ähnlich habe ich mir das auch vorgestellt, denn es gibt eine Neurobuchse, ein Implantat im Gehirn. Und wenn Du da erstmal drin bist, brauchst Du keinen Anzug mehr.

In meinen Augen ist das aber eigentlich unerheblich: Der Anfang ist kacke. Einen Anzug wird es trotzdem auch in der Überarbeitung nicht geben. Ich werde die Geschichte von Grund auf neu aufziehen und hoffentlich einen catchigeren Anfang schreiben. Also werde ich mehr verändern als bloß den ersten Satz.

Dafür brauche ich aber Zeit, denn ich will das zwar locker aus der Hüfte schießen, aber nicht ideenlos vorgehen. Und die Ideen bilden sich gerade erst in meinem Kopf. Also hab Geduld mit mir. Ich hoffe, dass ich Dich dann eher reinziehen kann.

Ich arbeite noch weiter und sage dann Bescheid, wenn es soweit ist. Wird aber mindestens eine weitere Woche in Anspruch nehmen, da es eine komplett neue Geschichte werden soll, zumindest vom Aufbau und zentralen Konflikt her.

Neue Grüße,
Maria

Hallo, @Mix

(Cool, wenn man jetzt gerade einen Kommentar schreibt und gleichzeitig kommentiert jemand anderes, kriegt man eine Benachrichtigung. Ziemlich genial!)

Es kam mir eher so vor, als würde Kasta eigentlich ganz gerne weg, aber ihre einzige Zufluchtsmöglichkeit, die VR, ist nicht gut genug, nicht real genug.

Ja, das habe ich ausgearbeitet, um ihr einen deutlichen Grund zu geben, in der Realität zu bleiben. Wenn ich dich jetzt richtig verstehe, und das ist wieder ein wertvoller Hinweis, so konzentriere ich mich lieber auf ihre Beziehung zu ihrem Bruder, um ihr praktisch einen Positivgrund und nicht bloß einen Negativgrund zum Bleiben zu geben.

Dann würde es sich auch nicht mehr bloß um einen ereignislosen Ausschnitt ihres Lebens handeln, sondern um einen bedeutenden Moment, der potentiell den Rest ihres Lebens bestimmt

Genau, die Überarbeitung in diese Richtung zu bringen, das war mein Plan.

Vielleicht kannst du sogar beides vermengen. Auf der einen Seite steht Oli, der sie zwingen will, mit der VR aufzuhören, auf der anderen Luupi, der vielleicht gerade einen neuen Durchbruch schafft, seinen Code derart verbessert, dass sich die VR so real anfühlt wie die Realität und dadurch auf Kasta als Zufluchtsort eine ganz neue Anziehungskraft ausübt.

Bäm! Das ist genial. Ich bin irritiert, wie man nur so auf dem Schlauch stehen kann, dass mir so etwas nicht einfällt. Bisher habe ich nur "Entweder/Oder"-Gedanken gehabt. :D Aber natürlich geht beides und sorgt dann für wirklich highe Stakes. Woah, ich bin aber gerade am Überlegen, wie sich die Situation dann aufklärt. Je krasser die Stakes sind, desto schwieriger wird es für Kasta, ihr Ziel zu erreichen, dass doch alles bitte so bleiben soll, wie es ist. Was natürlich nicht schlecht ist, mich aber in die gleiche Problematik stürzt.

Krass! Eine super Idee, danke! Ich werde jetzt mal weiter mein Zimmer putzen, dabei kann ich immer so gut nachdenken. :D Bestimmt fällt mir was ein, und dann werde ich mich am Wochenende ans Schreiben machen.

Cool, dass Du nochmal da warst. Eigentlich klingt das total bescheuert, weil, was Du gesagt hast, ja eigentlich total simpel ist. Aber ich bin da nicht von selbst drauf gekommen. Also: Vielen Dank dafür, dass Du mir die Tomaten von den Augen nimmst. Super! Das bringt echt so einige Steine ins Rollen.

Nachdenkliche Grüße,
Maria

 

Hi @TeddyMaria,
ich liebe Sci-fi und die Idee deiner Geschichte gefällt mir sehr gut. Zu den verwirrenden Elementen wurde ja schon eine Menge gesagt, da ist sicher noch Potential. Ich wüsste auf jeden Fall gerne wie es weiter geht und würde Saya gerne besser kennen lernen. Gehe also voll mit @Alveus Jekat und würde mich freuen, wenn irgendwann Mal ein Roman draus wird.

 

Hallo, @Snowmaid

Ich freue mich sehr über Deinen Besuch und auch darüber, dass Dir zumindest die Idee gefällt. Ich sitze momentan an einer grundlegenden Überarbeitung, wobei ich im Augenblick ein wenig befürchte, dass der Vertiefung der Konflikte die Sci-Fi-Elemente zum Opfer fallen werden (das ist so typisch für mich - ich schreibe so lange an etwas rum, bis keine Fantasy mehr übrig ist). Aber an diesem "Problem" arbeite ich noch, bevor ich irgendwas hochlade.

Ich hoffe dann auch, dass das alles griffiger ist, schwungvoller aufgebaut, weniger Verwirrung.

Was den Roman angeht, sage ich Dir, was ich auch vorher schon gesagt habe: Es ehrt mich total, dass Du das lesen wollen würdest. :herz: Ich habe es aber aktuell nicht vor, irgendeinen Roman zu schreiben. Das ist einfach sehr viel Arbeit, und momentan könnte ich mir nicht angemessen viel Zeit nehmen.

Ich informiere Dich, wenn sich hier was tut.

Ideenreiche Grüße,
Maria

 

Hallo, @annami, @Alveus Jekat, @Nichtgeburtstagskind, @Kroko, @Mix, @Charly1406, @Vulkangestein, @ViertelVorKebap, @Friedrichard, @weltenläufer, @Snowmaid

Bitte entschuldigt den Rundumschlag. Aber wenn ihr euch die Geschichte jetzt nochmal anschauen mögt – worüber ich mich sehr freuen würde –, werdet ihr feststellen, dass es einen guten Grund dafür gibt, dass ich gar nicht auf Details, wer was angemerkt und warum ich was geändert habe, eingehen kann: Vom Originaltext ist ein einziger Absatz geblieben, den ganzen Rest habe ich komplett umgeschrieben, mir also eine leere Seite genommen und nochmal von vorne begonnen.

Was sind die zentralen Änderungen? Es gibt jetzt einen echten Konflikt in der Prota, sie wird entzweigerissen, muss sich entscheiden. Infolgedessen sind leider sehr viele SF-Elemente weggefallen, weshalb es sein kann (obgleich ich es nicht hoffe), dass die SF-Fans weniger auf ihre Kosten kommen als vorher. Mein Anspruch ist aber nicht, mich von einem Genre einzwängen zu lassen, sondern eine gute Geschichte zu schreiben, deshalb habe ich mich dazu entschieden.

Auch habe ich, auf Mix‘ Anregung hin, alle Nebenfiguren gestrichen, und es kommen jetzt nur noch Kasta, Oli und Luupi vor. Auf weltenläufers Anregung hin habe ich versucht, die Konflikte innerhalb von Kastas Familie zu vertiefen (in einer Vorversion zu dieser hier kam sogar die Mutter vor, aber ich habe dann entschieden, sie auch nur indirekt in Erscheinung treten zu lassen).

Ich habe versucht, mich auf das wesentliche Thema, das Dableiben, das Band zwischen Kasta und Oli, zu konzentrieren.

„Saya“ ist die erste Geschichte hier, die ich nicht erst hochgeladen habe, als ich das Gefühl hatte, dass sie perfekt ist. Ich habe eingesehen, dass das ein blödes Ziel ist (obgleich ich natürlich nach wie vor versuche, mein Bestes zu geben, aber ich fühle mich dabei nicht mehr so gestresst). Deshalb kann es sein, dass ich daran auch ganz von selbst noch hobele, dass die Späne fliegen. Ich möchte euch aber gerne zeigen, auf welchem Weg ich bin. Denn manchmal sieht man ja selbst den Wald vor lauter Telefonen nicht.

Ich hoffe, dass alles dadurch a) spannender und b) verständlicher, griffiger wird, es also insgesamt mehr Spaß macht, die Geschichte zu lesen. Ich habe große Hoffnung, dass mir das gelungen ist, zumindest habe ich sie selbst sehr viel lieber Korrektur gelesen als Version 1, wo ich damit große Schwierigkeiten hatte (wahrscheinlich sollte ich lernen, solche Zeichen zu deuten).

Also: Ich hoffe, ich quäle euch nicht mehr so sehr und ihr habt Spaß damit. Wenn mir das nicht gelungen ist, haut es mir bitte um die Ohren (was ja auch Spaß machen kann, zumindest wenn man auf der Kritiker/innen-Seite steht). Dann arbeite ich halt weiter und weiter und weiter. Wie eine echte Wortkriegerin. ;)

Gespannte Grüße,
Maria

 

Hey @TeddyMaria,

Applaus, Applaus für deine Worte ...

Du erklärst jetzt viel weniger und doch verstehe ich viel mehr. Ich glaube mir war das detaillierte mit Computer und so zu viel und ich habe manches davon nicht kapiert.
Auch wer oder was Saya eigentlich ist, wird mir jetzt klar.
Ich lerne die Leute besser kennen und habe bis zum Schluss mitgefiebert, wie sie sich entscheiden wird. Die Tragik der Geschichte war greifbar.

Mich hat deine Geschichte an verschiedenen Stellen sehr nachdenklich gemacht, da steckt mehr Philo drin, als in mancher wo es es drüber steht. Olli's Äußerung, über die kranken Menschen, die dort weiter existieren, also eine gewisse Form von Unsterblichkeit.
Ja, für dem Tode geweihte wäre das eine Art Rettung und andere könnten sie sogar besuchen, man kann ja wieder gehen.
Was würde wohl geschehen, wenn das so wäre, wir wüssten bestimmt, da ist ein Ausweg, vor dem Tod? Hm ... vielleicht ist es besser nicht zu wissen, denn würde man nicht auch die Achtung vor dem Leben verlieren? Vielleicht das Leben seine Bedeutung?
Erkennt Kasta vielleicht, dass diese Welt sie nur glücklich macht, weil sie in die echte zurück kann? Denn herrscht dort auf Dauer doch nur Monotonie, fortwährenden Glücklichsein ... wären wir niemals traurig, wüssten wir denn was Glücklichsein bedeutet?
Würde man dort nicht mangels all der Empfindungen der Realität abstumpfen und tatsächlich in gleichbleibender Emotion wie ein Roboter sein?
Vielleicht erkennt sie das, doch den Ausweg der Realität wählt sie auch nicht, sie könnte gehen und ihrem traurigen Alltag ein Ende machen und damit vielleicht auch dem ihres Bruders, denn für Beide würde sich alles ändern. Fühlt sie sich schuldig oder ist sie nur feige?
Das ist so tragisch, so werden beide den Bach runtergehen. :(

Ein paar Kleinigkeiten ...

Ich schrecke vom durchgeschwitzten Laken hoch.
Den Satz finde ich komisch, würde ich anders formulieren.

Der Dialog zwischen Luupi und Kasta in "Bei Saya" erfordert min. zweimal lesen um zu wissen wer spricht.

Der Blick der Mutter, bitte könntest du ein anderes Adjektiv nehmen, ist mir zu abstrakt.

An zwei Stellen ist mir die Beschreibung ein wenig viel und zwar einmal, als sie unter die Matratze greift und als sie die Lasagne macht, da würde ich mindestens die Umluft rausstreichen.

Du bist ein Fan von Zitaten habe ich in deinen Geschichten gemerkt.
In dieser hier, finde ich es deplatziert, ein Zitat passt hier nicht zur Geschichte, zum Umfeld der Geschichte und auch nicht zu Kastas Charakterdarstellung.

Hat eine Menge Gedanken bei mir ausgelöst, deine Geschichte ...

All you can change is yourself, but sometimes that changes everything.
Never be afraid to try something new ...

Liebe Grüße
Charly

 

Hallo @TeddyMaria,

wie gesagt: Viel besser! Gefällt mir richtig gut!

Ein paar Anmerkungen habe ich natürlich doch noch.

Im Traum trage ich das Hochzeitskleid meiner Mutter.
Träume in Geschichten mag ich nicht wirklich, schon gar nicht als Einstieg. Ist aber nur ne Geschmackssache.

Ich kenne es nur von dem Foto, das in der Küche hängt.
Hmm, woher sonst? Ich kenne das Kleid meiner Mutter auch nur von Fotos, man ist als Kind ja eher selten bei der Hochzeit der Eltern dabei. Das nur kann also meiner Meinung nach weg.

ich spüre seinen heißen Atem im Nacken
Das ist mir zu abgedroschen.

Ich schrecke vom durchgeschwitzten Laken auf
Irgendwie gefällt mir der Satz nicht so ganz. Als würde das Wahrnehmen des durchgeschwitzten Lakens nicht zu dem Aufschrecken passen. Vielleicht müsste man es trennen. Ich schrecke auf, löse mich von dem durchgeschwitzten Laken.

Lese mir die Nachricht von Oli vor.
Lies

Ich greife unter die Matratze, strecke die Finger aus, kratze mit den Nägeln über das Lattenrost, während ich die Hand tiefer schiebe.
Das hab ich erst gar nicht kapiert. Ihr Hand schiebt sie tiefer wohin? Ich dachte schon jetzt kommt ne Selbstbefriedigungsszene, aber nein, das konnte nicht sein. Also sie quetscht ihre Hand zwischen Lattenrost und Matratze, während sie darauf liegt? Und wo soll dann da ne Schatulle sein? Tut mir leid, irgendwie sehe ich es nicht.

Er runzelt die Stirn. »Geh ins Bett.«
Ich spiele mit dem Gedanken zu widersprechen, verwerfe ihn jedoch sofort. »Okay.«
Er lächelt. »Gute Nacht.« Leise zieht er die Tür zu.
Finde ich gut, wie du hier die Beziehung der beiden relativ am Anfang klar stellst. Erinnert mich an wenig an einen gelben Drachen. ;)

Etwas sticht durch die Matratze in meine Wirbelsäule
Find ich merkwürdig, dass du hier „etwas“ sagst obwohl man weiß, dass es die Schatulle ist.

Der Empfangstresen ist verwaist, aber über dem Springbrunnen im Zentrum des Saals kreiselt ein Holo-Würfel, der Bilder von lächelnden Frauen zeigt. Darunter läuft ein Schriftzug entlang: Schutz, Solidarität, Saya.
Schönes Bild!

»Lese mir die aktuellste Nachricht vor.«
Hier noch mal: Lies

»Bring mich in Luupis Zimmer.«
Kasta spricht in so nem Befehlston mit Saya, Kein bitte, oder danke. Dabei habe ich im Bezug auf so Sprachassistenten wie Alexa gelesen, dass man doch auch zu denen höflich sein soll, da man sich sonst angewöhnt in so nem Ton zu reden, oder auch Kinder so etwas abschauen. Da mach ich jetzt wahrscheinlich ein ganzes Fass auf, das man diskutieren könnte und ich will auch nicht sagen, dass du das ändern musst. Aber irgendwie hat mich der Umgangston eben gestört. ;)

Es ist das Beste, wenn die Bewohnerinnen nicht wissen, dass Luupi sich mehr als nötig auf dem Server aufhält.
Warum? Ich meine du hättest mal geschrieben, dass die Frauen ihn nicht mögen, weil er ein Mann ist? Der Grund wird in dieser Version aber nicht klar.

eine Heidelandschaft mit grasenden Heidschnucken zwischen lilablühenden Sträuchern
Die würde ich ja nehmen. :)

designt
Was für ein merkwürdiges Wort. Vielleicht einfach entworfen?

Ich klappe die VR-Brille hoch, ziehe den Stecker der Neurobuchse aus meinem Nacken.
Ich frage mich ja wie das genau funktioniert. Wieso kann die Neurobuchse Gerüche übermitteln, aber sehen muss man noch mit den eigenen Augen?

Danke, Saya.
Ach, da ist ja doch ein Danke. :herz:

Ich öffne das Saya-Programm, klicke mich durch zu Zimmer 147.
Ist es nicht riskant daran zu arbeiten,w enn sie weiß, dass Oli bald rein kommt?

Luupi, der achthundert Kilometer entfernt wohnt.
Ohjee, der Luupi ist auf einmal ganz weit weg. :(

Ich stehe vom Schreibtischstuhl auf, trete durch die angelehnte Tür auf den Flur und folge Oli in die Küche. Er lässt sich auf einen Stuhl fallen.
Einmal Stuhl kannst du bestimmt vermeiden.

Er kramt eine Zigarettenpackung aus der Innentasche seines Mantels, steckt sich eine Zigarette an.
Auch hier, das zweite Zigarette kann weg.

Wenn er schon so anfängt, kann das nichts Gutes bedeuten.
Kann weg,, das ist auch so klar.

es ist gefährlich in der VR. Seit diese Saya-Fems da Frauen einäschern.«
Naja, die äschern sie ja nicht in der VR ein, oder? Sondern im RL, damit sie in ganz in die VR kommen können.

Und wie sie für immer in der VR verschwand.
Oha, wieso verschwand sie dort? Wieso finden sie sie nicht wieder? Will sie nicht gefunden werden?
Insgesamt finde ich, dass du das Thema mit dem Körper aufgeben und in die VR fliehen viel besser eingebunden hast.

lässt die Flamme aufflammen
Flamme aufflammen moag i net. Vielleicht Flamme aufleuchten?

»Was meinst du, was dein Computer und das ganze Zeug wert sind?«, fragt er.
Arsch.

»Nein! Das ist meins!«
Das ist meiner. Fänd ich passender. Mein Computer.

Er presst die flache Hand auf meine Stirn, drückt mich auf den Fußboden, presst mein Gesicht auf die kalten Fliesen.
Das versteh ich nicht. Er drückt gegen die Stirn und dann nach unten. Liegt sie dann nicht auf dem Rücken? Wie kommt dann ihr Gesicht auf die Fliesen?

Ich bleibe auf dem Boden liegen, bis ich höre, dass seine Zimmertür ins Schloss fällt.
Es hört sich an als würde sie dann aufstehen, aber sie bliebt ja weiterhin liegen.

lasse den Blick schweifen über die atemberaubende Gebirgslandschaft.
lasse den Blick über die atemberaubende Gebirgslandschaft schweifen.

die roten Bartstoppeln kratzen unter seiner Hand
Schiefe Perspektive. Wie kann Kasta das spüren?

»Du könntest hier wohnen. Vollständig in der VR.« Er macht eine Handbewegung, die alles einschließt.
Ich finde es sehr befremdlich einem geliebten Menschen so etwas vorzuschlagen. Dass er seinen Körper, seinen Geruch, alles aufgeben soll, nur damit der Geist sicher ist in einer Welt, die nur mäßig befriedgend ist, was Sinneseindrücke angeht. Kann Luupi Kastas Geruch programmieren, wie sie morgens riecht, oder nach dem Sex? Oder wie sich ihr Atem auf seiner Haut anfühlt? Ich denke nicht, und trotzdem erscheint ihm das wie eine gute Option. Als ob es nicht in der echten Welt genug gäbe, die man gehen kann. Müsste er nicht dort erst alles versuchen und die VR nur als letzten Auswege sehen?

das nach Luupi riecht, nach mir, nach dem Schweiß auf unserer Haut.
Ok, hier sagst du dass er das kann. Ich kann es irgendwie nicht glauben. Wie will man diese Gerüche überhaupt erfassen, geschweige denn wiedergeben?

Oli schließt mich im Badezimmer ein, bevor er den Computer abbaut und aus der Wohnung trägt. Als er wieder aufschließt
Einmal schließen weniger fände ich schön.

so unerträglich still ohne das sanfte Schnurren.
So sehr ich mich auch bemühe
Zweimal so

Wenn du nicht in der VR leben willst, dann lebe bei mir. Weit weg von ihm.
Ja mach das doch du dumme Nuss!

gebe eine vertraute Nummer an
Ein oder?

Ich will nicht ohne Oli sein. Er ist der einzige, der mich beschützen kann.
Das verstehe ich nicht. Wovor denn?

»Ich liebe dich.«
Also das hätte sie sich wirklich sparen können.

»Ich bin ja da«, sage ich. »Und du bist da.«
Er streckt den kleinen Finger aus, und ich hake meinen kleinen Finger ein.
»Zusammen«, sagt er.
Das ist wirklich ein schreckliches Ende. Ich werde es nie verstehen warum sich Leute für jemanden so aufopfern, der so schrecklich zu ihnen ist.

Ich finde es hat der Geschichte sehr gut getan, dass du den Fokus von der VR auf die Beziehung zwischen Oli und Kasta verschoben hast. Es ist nun alles viel klarer verständlich. Man kann sich auf die Geschichte konzentrieren und muss nicht die ganze grübeln, was da eigentlich grade abgeht.
Die ganzen Anmerkungen sind eher Kleinigkeiten, ich finde die Geschichte so schon sehr rund.

Den Namen Kasta mag ich irgendwie immer noch nicht. Ich hab mal einen auf Friedel gemacht und geschaut was er bedeutet. Keuschheit, soso.


Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Die Gewalt fängt nicht an,
Wenn einer einen erwürgt.
Sie fängt an,
Wenn einer sagt:
»Ich liebe dich.
Du gehörst mir.«
*

Ein kleiner Scherz sei mir zu Anfang erlaubt,

liebe TeddyMaria,

indem ich den Satz

Ich blättere mich kurz durch die heutigen To-Dos.
lautschriftlich niederschreib und dann zurückübersetz in die heile Buchstabenwelt, sehe ich ihn als ein

„ich blättere mich kurz durch die heutigen tu du‘s“

an und wäre fertig.

Ich mach trotzdessen weiter, also Spaß beiseite, Ernst (mein dritter Vorname) komm vor!, denn stand dieser Satz

Er blutete, aber er weinte nicht, und ich schlang die Arme um ihn, hielt ihn fest, während ich das Blut mit einem Lappen abwischte.
schon in der vorherigen Fassung? Jetzt frag ich mich, wie soll das gehen? Klar, wenn wenigstens ein Arm den armen Kerl wieder los lässt. (Nebenbei und vorweg, los-lassen-können wird zu einer Klammer dieses Beitrages)

Er runzelt die Stirn. »Geh ins Bett.«
Klingt nach mehr denn als bloße Aussage!

Eine Bewohnerin hat gemeldet, dass beim letzten Update Gegenstände aus ihrem Zimmer verschwunden sind.
Warum hier nicht indirekte Rede („seien“ oder schärfer „wären“?), Du referierst doch Kasta, die wiederum die Rede der Bewohnerin referiert …
Nicht unähnlich weiter unten dann, wenn es heißt
Einen Moment ist es still am anderen Ende der Leitung. So lange, dass ich beinahe nachgefragt hätte, ob er noch dran ist.
Besser den Konjunktiv „hätte“ fortgesetzt, "ob er noch dran wäre"

Im Zentrum des Raumes befindet sich ein Tisch …
Sich befinden ist eine gerne gewählte Vokabel, wenn einem nix besseres einfällt als eben, aber ohne großartige Befindlichkeit des schlichten „sein“, wobei ein Tisch auch schon mal ganz einfach „stehen“ kann, selbst als Klapptisch – klar, da muss es gleich auch eine Erscheinung sein
Als ich im Zimmer erscheine, erhebt Luupi sich aus seinem Sessel.
Was natürlich im Gegensatz von Sein und Schein der wirrtuellen Welt(en) nur konsequent ist.
Genug drt Trivialitäten!
Kommen wir zum Thema Liebe!

»Chef?«, fragt er schließlich. Seine Stimme klingt anders, härter, eisiger. Wie ich sie noch nie gehört habe. »Ich muss mir ein paar Tage freinehmen.«
»Okay«, sage ich. »Aber eins noch.« Ich drehe mich um, schaue hinauf zum Schimmer am Horizont, wo die Regenwolken sich lichten. »Ich liebe dich.«
»Das ist keine Liebe«, sagt er. Und legt auf.

Was ist Liebe? Zunächst einmal ein allzu häufig verwendetes und darum in seiner Bedeutung gefährdetes Wort, wo vordem die standardisierte Begrüßung begann als ein (sehr) geehrte/r … und mit einem steifen hochachtungsvoll schloss, steht heute das zur Floskel erstarrte liebe/r …, ohne dass ein Hauch davon zu spüren sein muss.

Doch weg von der Floskel!

Ist das Liebe, wenn einer in den andern verknallt ist?

Da ist die Liebe ein seltsames Spiel, wie ja schon Connie Francis sang und fortfuhr, sie kommt und geht von einem zum andern (oder doch so ungefähr). Eine Art Liebe, die auch unter den Regeln der offiziellen Listen zur „Abschreibung für Anlagen“ (AfA) steuer- und bilanzrechtlich geführt werden kann, incl der Sonderabschreibung (wenn der Staat wie z. B. die Deutschland AG sich schon von Betriebswirtschaftlern "beraten" lässt, umso leichter der private Haushalt, der ja in den Modellen die Reproduktionsstätte für die vermeintlichen Produktivstätten bildet). Und weil‘s einen feinen Gegensatz zur Hypermoderne gibt, will ich mal wieder – wie schon andernorts - in die ersten schriftlichen Zeugnisse germanistscher Zunge tauchen, was denn da die „Liebe“ bedeutete.

Den Goten – hab ich schon etwas anders an andern Stellen, etwa bei lakita, Markus’, Morphin und zuletzt Marai aufgeführt - wars entscheidende im Wort „Liebe“ (= frijaþwa) die Freiheit (= frijei) als Unabhängigkeit von irgendwelchen Besitzansprüchen, und „frijon“ war, was man gern tat – weil als freier Mensch, was allemal im „friond/i“ dem/ der Freund/in mitschwingt.
Die Goten kannten neben dem liufs für „lieben, lieb haben“ und „gern tun“ das Verb frijon und der frijons war der Kuss, frijond/i (es gilt die gleiche Lautung wie heutigentags bei uns, was vielleicht in der formalen Nähe des Althochdeutschen – das es zu Wulfilas Zeiten ja noch gar nicht gab - begründet liegt) den/die Freund/in heraus. Und weil Wulfila den Goten die Bibel übersetzte, kann nicht verwundern dass auch zwei weitere Elemente der Passage des Korinther-Briefes über das, was Liebe sei, sich der Freiheit/Freundschaft zugesellt, der Glaube: galaubeins, dass sich zum galaubjan erweitert und vertrauen meint. Denn Glaube ist mehr als ein Nichtwissen, man vertraut eben dem Andern (und wär‘s ein Gott, der in all seiner Abstraktheit zum Urvertrauten wird, wie die erzwungene Liebe von Kind und Mutter, der Mama, die auch in der Amme weiterlebt). Das letzte Element wäre die Hoffnung, (lubains an sich, aber hier als) wenz = Erwartung, Hoffnung, aber auch verbal streben, wünschen, lieben, erreichen, gewinnen und siegen.
Da mag einer nun darauf kommen, dass Wulfila - der erste Mann germanistischer Zunge, von dem schriftliche Zeugnisse belegt sind, der die Bibel in seine Volkssprache übersetzte und auch, wenn nötig, Worte neu geschaffen hat, dieser völkerwanderungszeitliche Luther hatte sicherlich die Finger drin in dieser Art von Wortbildung und könnte durchaus den ersten Korintherbrief, 13, 4 ff. in „frijaþwa“ umgesetzt haben, denn „die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf, …“ Man sehe nun wie durch „einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ Glaube ist Vertrauen (im ahd. gilouben schwingt auch noch ein ge-loben, Treue mit) und die Hoffnung hatte im ahd. zwei Wörter, die gegensätzlicher nicht sein können und die wir heutigen sofort erkennen: trost und wan (ausgesprochen wie unser nhd. Wahn.
Falls Du Dich wunderst über Ähnlichkeiten zwischen der ost- mit der westgermanistischen Zunge im noch gar nicht benannten/bekannten „Althochdeutsch“ - das Wort selber eine Fiktion, das ein Bündel von vielleicht sieben großräumigen Dialekten von den Friesen bis zu den Alemannen und Böhmen umfasste, worinnen wiederum jedes Dorf seine eigene Zunge pflegte, die vom Nachbardorf sich unterscheiden ließ – was heute noch für ländliche Gebiete gilt – sicher ist auf jeden Fall, dass sich der Salfranke Chlodwig mit seinem Schwager, dem Goten Theoderich, ohne Dolmetsch hätten unterhalten können, wären sie sich jemals begegnet. Schwer hätten beide sich getan im Södern.)
So, genug Historik gegen potentielle Zukunftsmusik.

„Die Gewalt kann man vielleicht nie
mit Gewalt überwinden
aber vielleicht auch nicht immer
ohne Gewalt“
*Erich Fried​

Deine Zeilen gern gelesen über eine an sich ungeliebte mögliche Zukunft -

Friedel

 

Hallo, @Charly1406

Du ahnst ja gar nicht, was ich für eine Überarbeitungsangst habe. Jedes Mal verspüre ich fürchterliche Angst davor, dass ich eigentlich nur verschlimmbessere. Deshalb vielen Dank für diesen ersten erlösenden Kommentar und den Applaus.

Wobei, bei diesem Mal hat sich die Überarbeitung völlig richtig angefühlt, deshalb war meine Angst dieses Mal nicht so groß wie sonst. Trotzdem. Danke. Und ich freue mich, dass Du jetzt Spaß hattest.

Ich lerne die Leute besser kennen und habe bis zum Schluss mitgefiebert, wie sie sich entscheiden wird. Die Tragik der Geschichte war greifbar.

Das freut mich. Also hat die Ausarbeitung eines echten Scheidewegs für Kasta was gebracht. Ich würde ja auch gern wissen, ob Luupi nochmal aus dem Urlaub wiederkommt. Aber egal wie’s kommt, die Geschwister bleiben sicher zusammen. Kasta bleibt da.

Mich hat deine Geschichte an verschiedenen Stellen sehr nachdenklich gemacht, da steckt mehr Philo drin, als in mancher wo es es drüber steht. Olli's Äußerung, über die kranken Menschen, die dort weiter existieren, also eine gewisse Form von Unsterblichkeit.

Ich finde es super, dass das jetzt so rüberkommt. Ich habe in Version 1 so viele Dinge falsch gemacht, die ich hier eigentlich immer predige, und so wirst Du mich auch in Geschichten, wo „Philosophisches“ drübersteht, öfters vorbeiwischen und schreiben sehen, dass man Philosophisches besser verpackt, indem man Gedanken anstößt, und nicht, indem man die Dinge so sagt, wie man als Autorin sie gerade denkt. Denn am besten, davon bin ich überzeugt, ist es, wenn die Leser/innen sich ihre Gedanken selbst machen. Man dreht ihren Kopf in eine Richtung und lässt sie loslaufen.

Hat eine Menge Gedanken bei mir ausgelöst, deine Geschichte ...

Damit genau das passiert.

Das alles war ja in Version 1 auch schon drin, nur direkt mit meiner Stimme gesprochen. Und das war nicht gut. Ich freue mich und bin zugleich erstaunt, weil ich mir das gar nicht bewusst als Ziel gesetzt habe (obgleich ich mir diese Gedanken auch gemacht habe), dass es bei Dir so gut funktioniert.

Erkennt Kasta vielleicht, dass diese Welt sie nur glücklich macht, weil sie in die echte zurück kann? Denn herrscht dort auf Dauer doch nur Monotonie, fortwährenden Glücklichsein ... wären wir niemals traurig, wüssten wir denn was Glücklichsein bedeutet?

Was für ein schöner (und trauriger) Gedanke. :herz: Ja, ich denke, Glücklichsein entsteht oft durch Kontraste, durch eine Zustandsänderung. Wenn alles immer gleich gut wäre, wäre wahrscheinlich niemand glücklich.

Der Dialog zwischen Luupi und Kasta in "Bei Saya" erfordert min. zweimal lesen um zu wissen wer spricht.

Und da dachte ich, ich behalte mein übliches Problem im Hinterkopf, dass ich zu viele Redebegleitsätze schreibe. Habe jetzt noch zwei hinzugefügt.

An zwei Stellen ist mir die Beschreibung ein wenig viel und zwar einmal, als sie unter die Matratze greift und als sie die Lasagne macht, da würde ich mindestens die Umluft rausstreichen.

Das mit der Matratze hat auch NGK gestört. Habe es jetzt angepasst, hoffe, dass es nicht mehr ganz so exzessiv ist. Die Umluft, hm, ich habe da lieber einen anderen Satz aus der Beschreibung gestrichen. Ich finde das Geräusch so unglaublich stimmungsvoll, deshalb möchte ich es ungern streichen.

In dieser hier, finde ich es deplatziert, ein Zitat passt hier nicht zur Geschichte, zum Umfeld der Geschichte und auch nicht zu Kastas Charakterdarstellung.

Was das Gedicht angeht, bin ich mir hier noch unsicher. Ich recherchiere gerne Gedichte, um zum Schreiben zu kommen. Tatsächlich hat dieses mich zur Überarbeitung erst inspiriert. Wenn Du unten bei Friedel guckst, siehst Du, dass es noch viele weitere Strophen hat. Ich mag das Gedicht an dieser Stelle, weil es etwas ausdrückt, was Kasta nicht ausdrücken kann – und an dieser Stelle verstehe ich Deinen Einwand, dass das vielleicht gar nicht zu Kasta passt. Ich denke darüber nach, es zu streichen, versprochen. Aber ein paar Tage muss es da noch stehenbleiben, um mir dann nicht zu sehr wehzutun.

Den restlichen Firlefanz arbeite ich ohne weiteres Rumheulen ein.

Vielen Dank für Deine Anmerkungen, Deine Zeit, die Gedanken, die Du Dir machst. Das ist wunderbar, und ich freue mich, wenn ich was in Dir bewegen konnte.

Philosophische Grüße,
Maria

Hallo, @Nichtgeburtstagskind

Bitte verzeih mir die Plumpheit, Deinen Kommentar in chronologischer Reihenfolge durchzugehen. Irgendwie fällt es mir momentan schwerer als sonst, mich zu sortieren, also hoffe ich, das hilft mir ein bisschen, nichts Wichtiges zu übersehen.

Träume in Geschichten mag ich nicht wirklich, schon gar nicht als Einstieg. Ist aber nur ne Geschmackssache.

Ja, ich habe auch überlegt, das zu ändern, weil ja viele Geschichten so beginnen und weil das da ja zu Anfang recht lose rumhängt. Andererseits fand ich das ganz schön, um Kastas Furcht zu zeigen, wie ihre Mutter zu werden – und gleichzeitig so zu sein. Denke aber mal darüber nach, das an eine spätere Stelle zu schieben. Gib mir ein paar Tage. (Momentan stehe ich eher auf der Ändern-Seite, also ... ja. Wahrscheinlich hast Du den Punkt.)


Das ist so komisch. Word kennt das Wort gar nicht, schlägt stattdessen „lese“ vor, Friedel merkt das nicht als Fehler an, im Duden steht aber eindeutig „Lies“. Das hat mich total verunsichert. Na ja, nach meinem Gefühl war’s auch „Lies“, also fuck Word.

Dabei habe ich im Bezug auf so Sprachassistenten wie Alexa gelesen, dass man doch auch zu denen höflich sein soll, da man sich sonst angewöhnt in so nem Ton zu reden, oder auch Kinder so etwas abschauen.

Das sehe ich eigentlich auch so (habe ich auch gelesen), aber 1) denke ich, dass dieser Umgangston außerhalb der Geschichte wichtig ist, um zu zeigen, dass Saya kein Mensch ist und deshalb auch nicht wie mit einem Menschen mit ihr umgegangen wird, und 2) ist das auch innerhalb der Geschichte interessant, denn Kasta ist ja selbst ein Mensch, mit dem in einem Befehlston geredet wird. Und offensichtlich redet sie wiederum in einem Befehlston mit Saya, obwohl oder weil Saya ihr wichtig ist, genauso wie sie Oli wichtig ist. Mann! Ich überlege gerade, sie auch im Befehlston mit Luupi reden zu lassen. Super Sache.

Was für ein merkwürdiges Wort. Vielleicht einfach entworfen?

Ich weiß, es sieht nicht so schön aus, aber ich würde „designt“ lieber drinlassen, weil man ja im Bereich Videospiele wirklich von „Design“ spricht. Das macht also deutlich, dass sie nicht bloß irgendwas zeichnet (was sie wahrscheinlich auch tut), sondern programmiert.

Ich frage mich ja wie das genau funktioniert. Wieso kann die Neurobuchse Gerüche übermitteln, aber sehen muss man noch mit den eigenen Augen?

Also, manchmal hat man ja echt Tomaten auf … den Gedanken? Du hast völlig recht. Mistmistmist. Ich meine, die VR-Brille war jetzt so der Hinweis: Hier ist VR. Ohne wäre das sicher wieder alles schwieriger. Obgleich sie ja auch einfach irgendein Programm anschmeißen könnte. Hui. Gib mir ein paar Tage.

Ist es nicht riskant daran zu arbeiten,w enn sie weiß, dass Oli bald rein kommt?

Stimmt, aber nur, wenn man davon ausgeht, dass Oli mit einem Programmierfenster was anfangen kann. Könntest Du? Ich nicht. Ich habe das eigentlich eingefügt, damit sie wenigstens beschäftigt aussieht, wenn Oli reinkommt, schließlich weiß er ja, dass sie arbeitet und nicht die ganze Zeit vor ausgeschaltetem Bildschirm sitzt. Aber ich denke nochmal drüber nach. Auch hier: Gib mir ein paar Tage.

Naja, die äschern sie ja nicht in der VR ein, oder? Sondern im RL, damit sie in ganz in die VR kommen können.

Das „da“ war mehr so ein „die da“, aber klar, das passt schriftlich nicht. Ist weg.

Oha, wieso verschwand sie dort? Wieso finden sie sie nicht wieder? Will sie nicht gefunden werden?
Insgesamt finde ich, dass du das Thema mit dem Körper aufgeben und in die VR fliehen viel besser eingebunden hast.

Bin mir unsicher, ob Du hier noch was von mir willst oder ob das schon so gut ist. :D

Ich finde es sehr befremdlich einem geliebten Menschen so etwas vorzuschlagen. Dass er seinen Körper, seinen Geruch, alles aufgeben soll, nur damit der Geist sicher ist in einer Welt, die nur mäßig befriedgend ist, was Sinneseindrücke angeht.

An dieser Stelle bin ich unsicher, ob dieser Eindruck von Dir nicht noch durch die vorherige Version geprägt ist, in der das eine große Rolle gespielt hat. Weil, das kommt ja hier praktisch nicht mehr vor. Und ich meine, Kasta will das ja auch nicht. Und er bietet ihr ja auch eine andere Lösung an. Ich bin nun am Überlegen, ob ich die Lösungen in umgekehrter Reihenfolge anbiete, also, dass er erst wieder das Zu-ihm-ziehen anspricht und in einer späteren Szene dann über die Flucht in die VR spricht. Aber: 1) Das erscheint mir nicht so gut zu passen. Hier sitzen sie ja in der VR, und später lehnt sie seinen Heiratsantrag ab, also scheint das so, wie es jetzt ist, besser zur jeweiligen Situation zu passen. 2) Der Fokus liegt ja, wie Du später richtig sagst, jetzt auf Oli und Kasta, weshalb Luupi so ein bisschen am Rande vorkommt. Ich überlege, ob ich ihm noch ein wenig Aufmerksamkeit widme, weil ich glaube, dass es zu ihm passt, dass die Flucht in die VR für ihn Plan A ist und das Zusammenziehen Plan B. Hm … Was meinst Du?

Wie will man diese Gerüche überhaupt erfassen, geschweige denn wiedergeben?

Ich nehme eigentlich nicht an, dass Du daran interessiert bist, dass ich eine mögliche technische Lösung erarbeite, in die Geschichte einfüge und Dich mit diesen technischen Details überrenne, oder? :p

Liebes NGK, das ist ja ein unglaublich umfangreicher Kommentar. Die meisten Kleinigkeiten habe ich sofort eingearbeitet. Vielen, vielen Dank. Das ist ja wirklich sehr gehaltvoll, und ich freue mich auch, dass es Dir jetzt so viel besser gefällt.

Ich werde es nie verstehen warum sich Leute für jemanden so aufopfern, der so schrecklich zu ihnen ist.

Eigentlich war es mein Ziel, dass Du es ein bisschen verstehst, zumindest in Kastas Fall. Aber wenn Du zumindest irgendwelche Gefühle für diese Geschichte hast, ist das ja schon schön.

Es ist nun alles viel klarer verständlich. Man kann sich auf die Geschichte konzentrieren und muss nicht die ganze grübeln, was da eigentlich grade abgeht.
Die ganzen Anmerkungen sind eher Kleinigkeiten, ich finde die Geschichte so schon sehr rund.

Oh, das freut mich wirklich so sehr. Ich sage mal ganz deutlich und persönlich und unprofessionell, dass ich es einfach total mag, Dich als Leserin zu haben. Gut, dass ich Dich wieder für mich gewinnen konnte.

Den Namen Kasta mag ich irgendwie immer noch nicht. Ich hab mal einen auf Friedel gemacht und geschaut was er bedeutet. Keuschheit, soso.

Na ja. Den Namen „Kasta“ ändere ich auf keinen Fall (tatsächlich überlege ich momentan eher, Olis Namen zu ändern). Denn der fiel plötzlich einfach über mich, war mit einem Mal in meinem Kopf. Ich glaube, das hat zwei Gründe. Erstens heißt каста die Gruppe, die den ZDF-Trailersong zur Fußball-WM beigesteuert hat (falls Du Dich für russischen Hip-Hop interessierst: ), und ich nehme mir ja gerne ein Vorbild an russischer SF. Каста heißt übrigens auf Russisch, ganz unspektakulär (so unspektakulär, dass ich mir unsicher bin, ob ich nicht was übersehe), „Kaste“. Zu der Zeit, als ich diese Geschichte geschrieben habe, habe ich aber auch „Kiss Me First“ geschaut, eine Netflix-Serie mit dem Thema VR. Darin kommt eine Person vor, die sich Jocasta nennt. Und Iokaste ist ja die Mutter und Ehefrau von Ödipus. Und ich denke, aus diesen zwei Inspirationsquellen (russische SF und „Kiss Me First“) kam dann auch der Name „Kasta“ in meinen Kopf. Womöglich ist ihr voller Name Iokaste.

So viel erstmal von mir. Vielen Dank fürs Flusensuchen, den wahnsinnigen Lupenblick. Und es freut mich sehr, dass Du Dich nicht noch einmal quälen musstest.

Detaillierte Grüße,
Maria

Hallo, @Friedrichard

denn stand dieser Satz schon in der vorherigen Fassung?

Der Witz ist: Es ist einer von fünf Sätzen, der schon in der vorherigen Fassung stand.

Was nichts daran ändert, dass ich all die Trivialitäten ohne weiteren Widerspruch eingearbeitet habe. Denn nun wird es ja wirklich interessant, denn Du fragst wie Luupi in dem Moment wohl auch:

Was ist Liebe?

Denn genau dies habe ich beim Schreiben der Geschichte mit mir selbst diskutiert, ist das doch eine wichtige Frage in einem Kapitel, das auch noch diese Überschrift trägt. Und meine Antwort wäre ja: Das hier ist es nicht. Aber Du drückst (oder zitierst) das ja eleganter aus.

„die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf, …“

Denn wir sehen ja, dass das keine Eigenschaften sind, die auf das Band zwischen Luupi und Kasta zutreffen, und so ist ihr „Ich liebe dich“ wohl mehr, im Sinne Frieds, ein „Du gehörst mir“, genauso wie es ihr erscheinen muss, sie gehöre ihrem Bruder, zugleich gehören sie zueinander, zusammen.

Glaube, Hoffnung, Liebe

Denn am Ende ist sie ja jemand, der niemandem glaubt, jeden erpresst, der nichts hofft, sondern nur verharrt, und der nicht liebt, sondern nur zugehörig ist. Und deshalb ist der Befehlston, den NGK kritisierte, gegenüber der eigenen Schöpfung, Saya, das Richtige, denn eine Frau wie Kasta liebt die Schöpfung nicht, sie besitzt sie.

So, genug Historik gegen potentielle Zukunftsmusik.

Und deshalb, wie ich bei unserer letzten Begegnung schon schrieb, weil der Mensch eben ist, wer oder was er ist, und sich dies nur sehr langsam – wenn überhaupt – ändert, ist das Historische und das Zukünftige eben im Zweifel gar nicht groß unterschiedlich. Deshalb sagt man wohl auch immer so schlau, wir sollten aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen.

„Die Gewalt kann man vielleicht nie
mit Gewalt überwinden
aber vielleicht auch nicht immer
ohne Gewalt“
*Erich Fried

Hatte überlegt, diese Strophe zu nehmen, weil sie mir sogar besser gefällt, aber sie passte schlechter zur Geschichte.

Deine Zeilen gern gelesen über eine an sich ungeliebte mögliche Zukunft –

Es hat mich auch sehr gefreut, wieder von Dir zu lesen und über die Liebe zu lesen, obgleich ich vor einiger Zeit mir selbst schwor, niemals über die Liebe zu reden. Am Ende weiß ich auch nicht, wie ich hier gelandet bin.

Liebe Grüße,
Maria

 

Hallo @TeddyMaria

mein erster ernsthafter Versuch, die Multizitate-Funktion sinnvoll zu nutzend siehe da, klappt richtig gut, eine echte Verbesserung der Neugestaltung der Webseite, super @webmaster:thumbsup:

So, und jetzt zu deinem Text, den ich schon gestern gelesen habe. Sehr stark finde ich die Verknüpfung von VR und Wirklichkeit, zeigst mit der Geschichte, was Literatur kann, was ich mir unter Literatizität vorstelle, schreibst über ein wirklich relevantes Thema, ohne dabe die Leichtigkeit zu verlieren, einen allzu kunstvollen Tonfall anzuschlagen. Ein (weitgehend) außergewöhnlich gelungener Text!

Schwächen sehe ich an einzelnen Stellen, ein Tick zu geschwätzig, ein paar sprachlich nicht ganz brillante Wendungen, aber an all dem lässt sich arbeiten.

Neben dem Bett kniend, hebe ich die Matratze an und greife darunter.
nd-Formen sind womöglich Geschmacksache, ich halte sie für wenig elegant

Willkommen in unserer Welt. Schaff dir deine eigene.
:Pfeif:
im Zentrum des Saals kreiselt ein Holo-Würfel, der Bilder von lächelnden Frauen zeigt. Darunter läuft ein Schriftzug entlang: Schutz, Solidarität, Saya.
sehr schön:Pfeif:

ein dunkler Nadelwald, ein schwarzer Strand mit sturmgepeitschter See, gelbe Rapsfelder, eine Heidelandschaft mit grasenden Heidschnucken zwischen lilablühenden Sträuchern.
hier sammeln sich allzu viele Adjektive, das klingt ungelenk.

»Und überhaupt«, sagt er erneut, hebt die Stimme, »es ist gefährlich in der VR. Seit diese Saya-Fems Frauen einäschern und in die VR laden.«
mm und die Stelle kommt schon sehr erzieherisch daher, da fehlt die Leichitgkeit

»Das ist eine gute Sache, eine hervorragende Technik.«
hier ganz ähnlich

Er greift in die Manteltasche, legt mein Portmonee vor sich auf den Tisch. »Bring Brot mit.«
»Okay.«
heißt das nicht Portemonnaie?

Das Brennen in meinem Herzen erlosch erst, als ich die VR betrat. Dort ist Verzeihen leicht. Jedes Problem kann ich einfach wegwischen.
stark!

viele Grüße aus der Gedankenwelt
Isegrims

 

HI @TeddyMaria,

2) ist das auch innerhalb der Geschichte interessant, denn Kasta ist ja selbst ein Mensch, mit dem in einem Befehlston geredet wird.
Stimmt, soweit habe ich gar nicht gedacht. Interessanter Gedanke, da könntest du echt noch was draus machen.

Bin mir unsicher, ob Du hier noch was von mir willst oder ob das schon so gut ist.
Ah, sorry. Das finde ich gut mit der Mutter! Interessant, da könnte man ja fast noch ne neue Geschichte drausmachen. Sie stößt durch Zufall auf ihre Mutter die irgendwo in VR rumschwebt und dann könnte man auch auf das Thema eingehen, was aus dem Bewusstsein wird, so ganz losgelöst. Das wäre bestimmt interessant, aber eine andere Geschichte. Für diese reicht es so.

An dieser Stelle bin ich unsicher, ob dieser Eindruck von Dir nicht noch durch die vorherige Version geprägt ist, in der das eine große Rolle gespielt hat.
Das kann natürlich sein, aber auch hier schlägt er es vor. Ich denke, wenn klarer wird, dass das auch für Luupi nur eine Notlösung ist, fände ich es stimmiger.

Ich nehme eigentlich nicht an, dass Du daran interessiert bist, dass ich eine mögliche technische Lösung erarbeite, in die Geschichte einfüge und Dich mit diesen technischen Details überrenne, oder?
Ist so hingeworfener Gedanke. Genauso wie ich über die Neurobuchse in Kombi mit der Brille gerätselt habe, ob das Sinn macht. Das musst du ja auch nicht erklären, nur stimmiger gestalten. Und diese Geruchswiedergabe finde ich eine hochkomplexe Sache, die für mich nicht wirklich reinpasst. Aber das ist ja nur mein Empfinden in dem Moment. Wenn es für dich so passt, ist es doch auch ok.

Ich sage mal ganz deutlich und persönlich und unprofessionell, dass ich es einfach total mag, Dich als Leserin zu haben. Gut, dass ich Dich wieder für mich gewinnen konnte.
Ohhh. :herz: Du hattest mich ja nie verloren, ich les doch immer gerne was du schreibst, egal ob Kommentar oder Geschichte. Manchmal trifft es eben nicht meinen Geschmack, aber so einfach wirst du mich nicht los!

Und ich denke, aus diesen zwei Inspirationsquellen (russische SF und „Kiss Me First“) kam dann auch der Name „Kasta“ in meinen Kopf. Womöglich ist ihr voller Name Iokaste.
:D Nach so einer vehementen Verteidigung kann ich den Namen ja gar nicht mehr schlecht finden. Lustig und interessant, woher manchmal so der Input kommt.


Liebe Grüße,
NGK

 
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Im Traum trage ich das Hochzeitskleid meiner Mutter. Der Unterrock kratzt an den Beinen, aber der rosafarbene Stoff des Kleides ist kühl und glatt unter den Fingerspitzen, als ich den Rock raffe und renne.

Gefällt mir nicht so wegen dieser Wiederholungen. Ist es wichtig, dass das Kleid einen Unterrock hat? Wenn nicht, wäre mein Vorschlag den Satzteil mit dem Unterrock einfach wegzulassen. Dann könntest du dir nämlich auch sofort das "des Kleides" danach sparen.

Meinen Verfolger kann ich nicht sehen, aber [ich] höre das Knirschen von Schritten im Sand.

Ich hab da mal ein Subjekt eingefügt.

Ich schrecke auf, das durchgeschwitzte Laken klebt am Rücken.

"... klebt an meinem Rücken." fänd ich irgendwie schöner.

»Oli schreibt …« Saya macht eine kurze Pause, liest dann vor: »Ich mache mich gleich auf den Weg.«

Könnte man das nicht vereinfachen zu: "Oli schreibt: 'Ich mache mich gleich auf den Weg.'" Das hätte ich auf exakt die gleiche Weise gelesen, da der Doppelpunkt ausdrückt, was du in deiner Variante in Worte gefasst hast.

»Vor einer halben Stunde.« Saya ergänzt, ohne dass sich ihr Tonfall ändert: »Oli hat das Haus betreten.«

Ich frage mich, ob es diesen Zusatz braucht. Ich weiß, es soll ein Hinweis darauf sein, dass Saya ein Programm ist, aber ist dieser Hinweis wirklich notwendig? Ihre Sprache selbst ist ja schon ziemlich nüchtern, knapp und monoton. Ich wäre jetzt nicht auf die Idee gekommen, ihren zweiten Satz an dieser Stelle in einem anderen Tonfall zu lesen. Allerdings hab ich natürlich auch schon die erste Version der Geschichte gelesen und weiß daher von vorneherein, was Saya ist. Deswegen will ich mich hier jetzt nicht festlegen, ob der Zusatz überflüssig ist, ich gebe das nur mal zu bedenken.

Er blutete, aber er weinte nicht, und ich hielt ihn fest, während ich das Blut mit einem Lappen abwischte.

Vielleicht eher sowas wie: "... während ich seine Lippe sauber wischte."?
(Ich sehe gerade, im nächsten Satz fällt das Wort "Unterlippe", da müsstest du dir gegebenenfalls auch wieder was überlegen, um eine Doppelung zu vermeiden.)

Ich lausche auf das Kratzen des Schlüssels im Schloss. Dann lege ich mich aufs Bett, starre zur Decke hinauf, lausche auf die Schritte auf dem Flur, das Geräusch, mit dem seine Zimmertür zufällt.

Ich bin unschlüssig, ob diese Wiederholung womöglich beabsichtigt ist. So oder so halte ich sie für eher unglücklich, schon allein wegen der zweiten Instanz, die bereits in sich selbst merkwürdig klingt: "... lausche auf die Schritte auf dem Flur ...". Vielleicht lieber: "... horche nach den Schritten auf dem Flur ..." oder so.

Schwarzer Teppich auf dem Boden, Fenster an allen vier Wänden – und durch jedes Fenster ein anderer Ausblick:

Ließe sich kürzen zu: " ... - durch jedes ein anderer Ausblick:"

gelbe Rapsfelder

Sind Rapsfelder nicht immer gelb?

All diese Welten habe ich designt, zeigte sie Luupi, als er das erste Mal den Server betrat, lange bevor Sayas Haus zu einem Zufluchtsort wurde, nicht nur für mich.

Würde ich ins Perfekt setzen, klingt natürlicher.

Es war mein Zufluchtsort, all mein Herzblut steckte in den diversen Landschaften.

Das Adjektiv stört mich da irgendwie, klingt irgendwie unschön. Und ist doch auch überflüssig, oder? Wenn du unbedingt andeuten willst, dass sie noch mehr als die vier beschriebenen Welten entworfen hat, könntest du das vorher machen, etwa in dem zuvor zitierten Satz. Den könntest du abwandeln zu: "Diese und andere Welten habe ich designt ..."

Im Zentrum des Raumes steht ein Tisch mit gläserner Platte, auf der die Nachrichten laufen. Als ich im Zimmer erscheine, erhebt Luupi sich aus seinem Sessel.
»Kasta«, sagt er, macht einen Schritt auf mich zu, bleibt mitten im Raum stehen.

Also wenn ich streng bin, muss ich sagen, dass Luupi und der Tisch jetzt auf ein und dem selben Fleck stehen. Und dann ist es ja auch noch von den Wörtern her so eine unschöne Wiederholung. Vielleicht könntest du den Luupi-Teil verändern? Etwa: "Kasta", sagt er, macht einen Schritt auf mich zu und hält inne."

Er spielt mit dem Feuerzeug herum, lässt die Flamme aufleuchten und wieder verlöschen, aufflammen, verlöschen.

aufleuchten

»Wir könnten das Geld gebrauchen.«
»Dann arbeite ich halt mehr!«

Das macht keinen Sinn. Es geht doch gerade darum, dass Kasta nicht mehr arbeiten braucht, weil Oli allein genug verdient. Deswegen soll der Computer ja überhaupt erst verkauft werden. Also sowohl Olis als auch Kastas Worte erscheinen mir hier völlig unlogisch.

Er presst die flache Hand auf meinen Schädel,

"Kopf" würde eher Kastas Sprachebene entsprechen. Schädel klingt irgendwie sehr umgangssprachlich in diesem Zusammenhang.

Ich krame mein Handy hervor und gebe eine vertraute Nummer ein.
Luupi hebt nach einem Klingeln ab. »Kasta?«

Ich finde es unnütz, hier so ein Mikrorätsel zu schaffen. Die Stelle ließe sich leicht kürzen zu:

Ich krame mein Handy hervor und wähle Luupis Nummer.
"Kasta?"

Vielleicht glaubt er mir endlich, was er nie glauben wollte, wenn ich Erich Fried zitierte:

Würd ich ins Perfekt setzen.

Der Bildschirm steht wieder auf dem Schreibtisch, ich höre das Schnurren des Computers, er begrüßt mich wie ein fetter Kater.
Als er sich das erste Mal losriss, vor vielen Jahren, nach mir trat,

"er" ist natürlich Oli, aber es klingt eher, als wäre der Computer gemeint.

Ich wollte in sein Zimmer schleichen und diesmal eine Viertelstunde auf ihm liegen bleiben – oder länger, mindestens eine Viertelstunde.

Das Fette könnte weg.

Ich hatte gelesen, dass eine derart lange Zeit ohne Sauerstoff … Na ja. Weiter dachte ich damals nicht.

"Na ja" ist so furchtbar umgangssprachlich, das würde ich streichen. Die Stelle funktioniert auch ohne.

Das Brennen in meinem Herzen erlosch erst, als ich die VR betrat.

Mal was grundsätzliches: Ich glaube, wenn man eine Geschichte mit Ich-Erzähler im Präsens erzählt, muss man sich an den Stellen, die von der Vergangenheit handeln, genau überlegen, wann man Präteritum und wann Perfekt einsetzt. Ich kann dafür jetzt auch gar keine Regel formulieren, aber in deinem Text sind mir schon mehrere Stellen aufgefallen, an denen ich mich gefragt habe, ob Perfekt nicht besser wäre. Angemerkt hab ich nur die Stellen, bei denen ich mir sicher war.
Das hier ist jetzt eine Stelle, bei der ich mir nicht sicher bin, aber ich neige ebenfalls eher zu Perfekt. Sieh dir deinen Text in der Hinsicht nochmal an, ich habe das Gefühl, da kann noch geschraubt werden.

Er streckt den kleinen Finger aus, und ich hake meinen kleinen Finger ein.

Ich bin mir nicht sicher, ob mir dieses letzte Bild nicht etwas zu aufgesetzt ist. Ist ja auch eine Geste, die ich eher von Kindern erwarten würde. Vielleicht würde es für mich besser funktionieren, wenn es vorbereitet würde. Vielleicht könnte die Geste bereits an anderer Stelle einseitig von einem der beiden initiiert, aber vom anderen abgeblockt werden. Und hier am Ende kommt es dann zur Vervollständigung. Dann käme das nicht so aus dem nichts. Ich halte das durchaus für eine ungewöhnliche Geste zwischen zwei erwachsenen Menschen, aber mit einer solchen Vorbereitung könnte ich akzeptieren, dass es etwas ist, was die beiden eben tun. Im Moment wirkt es halt wie ein einmaliges Ereignis und da mutete das schon sehr merkwürdig und dadurch aufgesetzt an, find ich.

Hi @TeddyMaria,

mensch, das ging ja schnell. Wie kannst du innerhalb weniger Tage einen völlig neuen Text aus dem Boden stampfen? Dazu einen, der mir deutlich besser gefällt als die vorherige Version. Ich hab mir diese neue Version gestern schon durchgelesen und gerade nochmal. Dazwischen hast du ja noch weitere Überarbeitungen vorgenommen, die dem Text auch gut getan haben. Was mir trotzdem noch aufgefallen ist, hab ich oben angemerkt.

Trotz aller Kleinlichkeiten gefällt mir die Geschichte jetzt nicht nur besser als zuvor, sondern, ganz unabhängig davon, richtig gut. Ich denke, dein Kerninteresse, das Bleiben, kommt jetzt viel besser zur Geltung. Zuvor war ja die einzige Alternative zu Oli die VR, die Kasta aber nicht gut genug war. Und das war ja im Prinzip nur eine Ausrede. Das war eine Ausrede von Kasta, aber irgendwie auch von der Geschichte selbst, denn das geht ja völlig vorbei an der eigentlichen Fragestellung. Jetzt nicht mehr. Jetzt geht es wirklich um Kasta und Oli, und diesmal ist nicht nur die VR nicht gut genug, sondern alles. Egal was Kasta angeboten wird, sie schlägt es aus, weil sie eben unbedingt bei Oli bleiben will. Anscheinend weil sie ihn liebt. Verstehen kann ich derartiges Verhalten zwar nach wie vor nicht, aber in der Hinsicht muss der Text auch nicht liefern.

Ich finde stark, wie du gleich zu Beginn mit nur wenigen Worten die Verhältnisse zwischen den beiden klärst. Da schließt Oli die Tür auf, befiehlt ihr ins Bett zu gehen, und man hat schon ein ziemlich gutes Bild von der Situation. Überhaupt die Dynamik zwischen den beiden, die fand ich sehr gelungen. Die Dialoge zwischen den beiden sind sehr dicht und spannungsgeladen, man weiß nie, wie so ein Gespräch ausgehen wird, wie Oli auf dieses oder jenes reagieren wird. Und in der Tat endet eines der Gespräche ja auch ziemlich ruppig.

Kastas und Luupis Beziehung ist auch interessant und auch clever aufgebaut. Zuerst kommt der Ring, erst später erfahren wir, von wem er ist. Allerdings fand ich Luupis Vorschlag, Kasta könne in der VR leben etwas merkwürdig. Die Stelle wirkt, als wäre dies das erste Mal, dass Luupi Kasta vorschlägt Oli zu verlassen. Aber wenn er ihr vorher bereits einen Antrag gemacht hat, steckt doch da eigentlich längst das Angebot drin: Komm zu mir, leb mit mir zusammen, und lass deinen Bruder zurück. Insofern dann auch merkwürdig, dass exakt dieser Vorschlag erst später kommt, in einer kurzen Rückblende. Dabei wird aber ebenfalls klar, dass dieser Vorschlag nach dem Vorschlag mit der VR kam. Im Kontext des Antrags ergibt das keinen Sinn.

Ja, und am Ende hat Kasta dann also ihr Ziel erreicht, der Status quo wird erhalten. Auf der einen Sete fand ich das Ende sehr konsequent, eben weil sie sich für ihren Bruder entscheidet, obwohl er ihr sogar ihren Computer weggenommen hat. Dass er ihr den Computer dann sogar zurückgibt, zeigt möglicherweise, dass er kein vollständiges Monster ist, sondern dass er seine Schwester wirklich liebt, dass es ihm nicht nur um Kontrolle und Gewalt geht.
Auf dr anderen Seite wäre es aber womöglich fast noch etwas eindringlicher gewesen, hätte er ihr den Computer nicht zurückgegeben. Ja, ihre Entscheidung trifft sie ohne dieses Wissen, aber ohne das Zurückgeben des Computers wäre es noch etwas dunkler gewesen. Dann hätte sie sich mit einer neuen Situation zurechtfinden müssen, einer, die noch unangenehmer ist als die vorherige. Im Moment ist es halt eher so, dass sie eine fatale Entscheidung trifft, und das Schicksal (bzw. Oli) ist dann halt so nett und erweist ihr einen Hauch von Gnade. Also aus meiner Sicht ist es ein Hauch von Gnade. Aus ihrer Sicht ist es wahrscheinlich der Heilige Gral, denn sie will ja eben, dass die Dinge bleiben wie sie sind und genau das bekommt sie.
Das sind jetzt nur Überlegungen, ich will gar nicht ausdrücken, dass ich das Ende blöd fand. Im Gegenteil, ich mag das Ende. Ich stelle mir lediglich die Frage, ob ein anderes Ende noch besser gewesen wäre. Eine Antwort habe ich nicht.

Eine weitere Frage, die ich mir gestellt habe, ist, ob wirklich klar wird, was es mit Sayas Haus auf sich hat. Da ich ja die erste Version der Geschichte bereits gelesen hatte, wusste ich natürlich von Anfang an, was da in der VR los ist, und es fällt mir jetzt schwer, die Geschichte aus der Sicht von jemandem zu betrachten, der völlig unbefangen in die Geschichte einsteigt. Die Frage kam mir, weil man das Haus jetzt nicht mehr in Aktion sieht. Es wird nur noch in Andeutungen drüber gesprochen. In der ersten Version war es natürlich vor allem die viel kritisierte erste Szene, in der wir das Haus live miterleben durften. Das war halt zu sperrig, wenn auch vor allem wegen der ganzen Namen, und würdest du eine ähnliche Szene in diese neue Version einbauen, in der veranschaulicht würde, was Sayas Haus leistet, bestünde natürlich ebenfalls die Gefahr, dass es schnell sperrig wird. Zumal es ja im Prinzip auch nicht so wichtig ist, weil Sayas Haus selbst jetzt einfach nicht mehr so eine zentrale Rolle spielt. Insofern denke ich, dass es schon richtig ist, auf derartige Szenen zu verzichten, aber dadurch kann halt auch ein neues Problem entstehen. Gut, vermutlich bist du dir dieser Problematik sowieso selbst bewusst, aber ich dachte, ich weise mal drauf hin. Das kam mir halt beim Lesen in den Sinn.

So, das soll's jetzt auch gewesen sein. Die Neuausrichtung hat sich auf jeden Fall gelohnt. Durch den verstärkten Fokus auf die Beziehung zwischen Kasta und Oli, aber auch durch die Neudefinierung von Kastas Beziehung mit Luupi, entsteht jetzt ein richtiger Konflikt, in dem Kasta eine Entscheidung treffen muss. Dadurch wird die ganze Geschichte spannender und einnehmender und lädt auch viel mehr dazu ein, sich seine eigenen Gedanken zu machen.
Sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße
Mix

 
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TeddyMaria schreibt unter #29:
Das ist so komisch. Word kennt das Wort gar nicht, schlägt stattdessen „lese“ vor, Friedel merkt das nicht als Fehler an, im Duden steht aber eindeutig „Lies“. Das hat mich total verunsichert. Na ja, nach meinem Gefühl war’s auch „Lies“, also fuck Word.

Ich noch ma',

liebe TeddyMaria,

wenn ich darf, hab ich doch gerade erst in Wallensteins Schlafzimmer dank Schiller, @Anne49 und dem Institut für deutsche Sprache selbst eine Erweiterung gramm. Kenntnisse erfahren, denn neben dem Imperativ singular ("lies!") oder plural ("lest!") gibt es pragmatische Kategorien , welche die "Befehlsform"z. B. mit der Höflichkeitsform ("..., bitte!") verknüpfen und da ich gerade in dies allgemeine Afrika (Wüste kann's ja nicht sein mit heißem Tag und kalter Nacht) Duisburg hochgeholt hab, sei das Beispiel "ich bekomme noch ein Pils" oder geradezu übertrieben freundlich "kann/könnt' ich noch ein Bier bekommen?" - und ich möchte den Kellner sehn, der "nee!" sagt.

"Stillgestanden!" ist halt nur der Extremfall des preußischen Hundelebens "still!"

Eine besondere Möglichkeit bietet der Konj. I, der fürs "lesen" mit der 1. Person sing. Zusammenfällt, aber mit der 2. Person einen klassischen Wunsch in eine Aufforderung verwandelt: "Lese (du, bitte!)" Und da gibt's dann auch noch märchenhafte Momente, in denen das Wünschen auch noch hilft.

»Lies mir die Nachricht von Oli vor.«
hatte vordem die Alternative ohne Ausrufezeichen (das nun fehlt) im freundlicheren »Lese mir[, bitte,] die Nachricht von Oli vor.« Nicht nur formal lässt der Konj. eine Verweigerung zu und ist näher bei der Vernunft als jeder eideutige Befehl, der oft genug auch noch gebellt daherkommt.

Was mich wirklich überrascht, dass nun "Word" gar nicht so schlecht dasteht - aus Nichtwissen und fehlender Alternative.

Man soll halt nicht alles, was ihr/ihm vorgesetzt wird, für bare Münze nehmen. Aber auch ich kann mich irren - seh den Irrtum geradezu als verschwiegenes Menschenrecht.

Gute Nacht und bis bald

Friedel

 
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Liebe @TeddyMaria!

Da hast du dich also entschieden, deine Geschichte völlig neu zu gestalten. Scheint ja auch gut anzukommen. Bei mir war das leider nicht der Fall. Und schweren Herzens werde ich dir natürlich auch erklären, warum das so ist.

Du hast der Geschichte die Seele genommen. War die erste Version noch Facettenreich und tiefgründig, wirkt sie jetzt ambitionslos und beinahe fad. Aber lass mich das an ein paar Beispielen festmachen. Beginnen wir mit den Charakteren:

Kasta: Sie war in der ersten Version noch eine Metapher für die Unterschiedlichkeiten zwischen der VR und der echten Realität. Sie hatte da und dort ihre Probleme zu händeln und tat dies ganz unterschiedlich. In der echten Welt wurde sie von den Problemen erdrückt, war nicht wirklich imstande sie zu lösen, weil sie gefangen war, einerseits in ihrem eigenen Kopf, andererseits von ihrem Bruder. Deswegen flüchtete sie sich in den Alkohol und in die VR. Und dort hatte sie auch Probleme, aber sie sah sie nicht als solche, sie sah sie als Herausforderung und hatte dort die Macht, diese anzupacken, sich ihnen zu stellen und sich so behaupten zu können. Und deshalb verleugnete sie auch alles, was in der echten Realität passierte, sprach von "Draußen-Problemen", die sie nichts angehen, weil sie Angst vor ihnen hatte, weil sie dort eben keine Macht hatte, etwas zu verändern.
Und jetzt? Wo ist das alles hin? Du hast die alte Kasta einer neuen geopfert, die durchschnittlicher nicht sein könnte. Selbst ihre Art, die Geschichte zu erzählen, wirkt lustlos und desinteressiert. Klar hat sie auch jetzt ihre Probleme, aber es wirkt nicht so, als würden diese sie besonders berühren. Nur ganz am Ende spricht sie kurz an, dass das Leben in der VR leichter ist, weil sie Probleme wegwischen kann. Ja, okay, sie flüchtet vor der Gewalt in die VR. Und das wars dann auch wieder.
Überhaupt, die Sache mit der Gewalt; sie leidet nach wie vor unter ihrem Bruder. In der ersten Version war das noch ein richtiger Konflikt den man spüren konnte zwischen den beiden. Auch das ist einfach weg. Obwohl Kasta unter Gewalt leidet, scheinen ihre größten Probleme zu sein, dass sie nicht weiß ob sie Luupi heiraten soll, oder nicht, und, dass Oli ihr den Computer wegnimmt.

Oli: Oli war in Version 1 noch ein Macho mit fragwürdiger Doppelmoral. Die Gewalt, die er gegenüber Kasta ausübte, war vor allem psychologischer Natur. Aus Furcht um seine Schwester, sperrte er sie mit seiner Liebe zu ihr ein psychologisches Gefängis. Ein zusätzlicher Konflikt ergab sich, weil er in der VR als Teil der Gegner von Kasta und Luupi auftrat.
So, und was ist jetzt? Übrig geblieben ist, dass Oli seine Schwester liebt und sie deshalb als Gefangene hält. Schön und gut, nur leider geht das in der Geschichte völlig unter. Es wirkt nur noch wie ein plumper Versuch, so eine Situation darzustellen. Oli greift seiner Schwester gegenüber nicht mehr nur zu psychologischen Mitteln, sondern setzt auch physische Gewalt ein. Natürlich ist das nicht weit hergeholt und stellt ein reales Problem dar. Und trotzdem ist es nicht mehr das gleiche, man erlebt es nicht mehr mit, man leidet nicht mehr mit. Bei der ersten Version hat man die Beklemmung richtig gespürt, aber jetzt wirkt sie wie eine Nebenhandlung und berührt mich nicht mehr.

Luupi: Der hat ja den größten Wandel durchgemacht. In der ersten Version war er der eigentliche Held. Ein Genie mit gutem Herz. Ein Mann der Opfer brachte für den Schutz von Frauen die Gewalt erleiden mussten. Und obwohl er dafür nur wenig Anerkennung erhielt, ja sogar Gegenwind und Skepsis von seinen Schützlingen bekam, machte er weiter, weil er an die Sache glaubte. Er war ein echtes Vorbild. Als ich über ihn gelesen habe, habe ich mir gedacht, jeder Mann der Welt sollte sich ein Beispiel an diesem tollen Charakter nehmen.
Seine Veränderung hat mir am meisten weh getan, denn er ist zu einer völlig eindimensionalen Figur verkommen. Ich kann nicht mal wirklich etwas über sein neues Ich sagen, weil es einfach nichts gibt. Das einzige, das ihn beschäftigt, ist die Frage, ob Kasta ihn heiratet oder nicht. Und das auch noch auf egoistische Art und Weise, denn es scheint ihn nicht wirklich zu interessieren, dass Kasta ihren Bruder trotz allem liebt. Da kann ich nur sagen: Aha.

Ein paar Worte möchte ich noch zu den Welten, die du erschaffen hast, verlieren. Ich habe es bei der Besprechung von Kasta schon kurz angeschnitten, möchte aber nochmal allgemeiner darauf eingehen. Du hattest in der ersten Version zwei Welten kreiert, die in krassem Kontrast zueinander standen. Die echte Welt, als kalter Ort, trostlos und voller Fehler. Und doch reizte sie mit der simplen Tatsache, dass sie echt war. Und dann die VR, eine Welt die sicher war, eine Welt die Leute wie Kasta und Luupi nach ihren Vorstellungen gestalten konnten. Eine Welt, die nicht perfekt war, aber schön und einladend, um abzuschalten. Und auf der anderen Seite schreckte sie ab, denn sie war eben nicht echt.
Auch das ist alles verschwunden und simplen Landschaftsbeschreibungen gewichen. Es scheint egal zu sein, in welcher der Welten man sich befindet, beides ist okay. Ja, wenn man ganz in der VR aufgehen möchte, dann muss man seinen Körper auf dieser Seite verbrennen lassen. "Ist doch scheiße"-"Das ist eine gute Sache." Man scheint sich nicht einig, aber Konflikt ist es auch keiner.

Das ironische an der ganzen Sache ist: Den einzigen negativen Punkt, den ich in meiner Kritik zur ersten Version angemerkt habe, hast du ausgemerzt. Diese Geschichte hat kein Potential mehr. Keine Fragen, die ich gerne beantwortet hätte. Und das ist so unendlich schade, vor allem, da ich ja weiß, was du kannst. Es ist einfach nichts komplexes und tiefgründiges mehr, und ich denke ehrlich gesagt auch, dass es deshalb besser ankommt als die erste Version. Ich möchte deinen Lesern natürlich keine Oberflächlichkeit unterstellen, aber es ist nun mal so, dass sich Triviales leichter "verkaufen" lässt als schwere Kost. Nämlich schwere Kost in zweierlei Sinn; einerseits musste man sich mit Gesellschaftskritik der heftigsten Sorte auseinandersetzten. Andererseits musste man sich in eine Sci-Fi Welt einfinden. Die neue Version hat das alles nicht mehr. Du hast die Geschichte auf einen simplen Text herunter gebrochen, der zwar in gewisser Weise Sci-Fi ist und ein gesellschaftliches Problem behandelt, diese beiden Facetten aber nicht ernst genug nimmt, als dass es einen wirklich mitreißt und man sich die Frage stellt, wie viel Realität in der Fiktion steckt. Und deine neue Version ist ja auch nicht schlecht. Deine Sprachbeherrschung, dein Stil, der Aufbau – alles so gut, wie man es von dir gewohnt ist. Ich frage mich auch schon die ganze Zeit, wie ich die Geschichte gefunden hätte, hätte ich die erste nicht gelesen. Vielleicht ganz gut. Aber so kann ich dir leider nur diese Kritik da lassen.

Mich würde interessieren: Welche Version findest du besser? Die komplexe, die du mit dem Herzen und ohne äußere Einflüsse geschrieben hast? Oder die, die du mit dem Kopf geschrieben hast, nachdem du die erste Version zur Kritik freigegeben hattest. Ja, ich weiß, das ist eine Suggestivfrage.

Liebe Grüße,
Alveus

 
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Hallo, @Isegrims

Sehr stark finde ich die Verknüpfung von VR und Wirklichkeit, zeigst mit der Geschichte, was Literatur kann, was ich mir unter Literatizität vorstelle, schreibst über ein wirklich relevantes Thema, ohne dabe die Leichtigkeit zu verlieren, einen allzu kunstvollen Tonfall anzuschlagen. Ein (weitgehend) außergewöhnlich gelungener Text!

Äääh … Wahnsinn! Das zu lesen, hat mich wirklich total umgehauen. Ich glaube, dass ich „die Leichtigkeit“ ausnahmsweise mal nicht verloren habe, liegt echt daran, dass ich jetzt tatsächlich ganz viel einfach mit Drauflosschreiben gemacht und danach nicht mehr übertrieben viel, sondern nur noch fünfmal, überarbeitet habe. Das zeigt sich auf allerverrückteste Weise, wenn Du schreibst:

stark!

Denn wegen dem, was Du da „stark“ nennst, hatte ich echt Zweifel, und ich glaube, wenn ich noch siebenmal öfters überarbeitet hätte, hätte ich es gestrichen, weil ich an dieser Stelle Angst hatte, zu tellig zu sein. Da sieht man, dass es was bringt, nicht von Anfang an perfekt sein zu wollen.

Da ich jetzt aber natürlich versuche, das Allerbeste daraus zu machen, habe ich Deine Anmerkungen eingearbeitet.

heißt das nicht Portemonnaie?

Außer hier: Ja, es gibt verschiedene Arten, „Portmonee“ zu schreiben. :klug: Das ist bei eingedeutschten Wörtern häufiger so, glaube ich. Z.B. Jogurt/Joghurt. ;)https://www.duden.de/rechtschreibung/Portemonnaie Portemonnaie und Portmonee teilen sich sogar einen Duden-Artikel. :herz: Und ich konnte mir diese französische Schreibweise als Kind nicht merken, deshalb habe ich mir eben „Portmonee“ angewöhnt. Geht auch.

Bei den Dialogszenen, die Du rausgesucht hast, sehe ich das Problem, da habe ich mal wieder „unauffällig“ versucht, Informationen unterzubringen. Ich habe das jetzt angepasst, hoffe, dass es sich besser liest.

Ich habe noch einen kleinen Anschlag auf Dich vor, da Du bisher die einzige Kommentatorin bist, die nicht auch schon Version 1 kommentiert hat. Mix hat die Frage gestellt, und ich habe mich das auch gefragt, ob in dieser Version klar wird, was Sayas Haus „macht“, was das also für ein Ort ist. Des Weiteren steht natürlich die Frage im Raum, ob das überhaupt wichtig ist für die Geschichte, aber da das eigentlich der Aufhänger und das SF-Element der Geschichte ist, wäre es gut zu wissen, inwiefern ich Anpassungen vornehmen könnte oder müsste (ob ich da noch was mache, muss ich wohl mit mir selbst ausmachen). Deshalb würde mich aber erstmal interessieren: Weißt Du, was Sayas Haus für ein Ort ist? Würde mich freuen, wenn Du diese Frage beantworten könntest.

Hier:

Willkommen in unserer Welt. Schaff dir deine eigene.

Bin ich mir noch unsicher, was der Pfeifen-Smiley bedeutet. Nicht gut? Weil, im Satz danach benutzt Du den Pfeifen-Smiley hinter einem „Sehr schön!“, deshalb bin ich an dieser Stelle allerdings etwas verwirrt.

Also, sorry, dass ich Dich noch mit einer nicht ganz wenig umfangreichen Frage überfalle. Aber selbst wenn Du nicht wiederkommst, so hat mich Dein Besuch schon jetzt wirklich sehr gefreut. Die Kleinigkeiten habe ich, wie gesagt, sofort umgesetzt, ohne mich weiter zu beschweren. Vielen Dank dafür!

Literarische Grüße,
Maria

Hallo, @Nichtgeburtstagskind

Schön, dass Du nochmal hier bist.

Das finde ich gut mit der Mutter! Interessant, da könnte man ja fast noch ne neue Geschichte drausmachen. Sie stößt durch Zufall auf ihre Mutter die irgendwo in VR rumschwebt und dann könnte man auch auf das Thema eingehen, was aus dem Bewusstsein wird, so ganz losgelöst. Das wäre bestimmt interessant, aber eine andere Geschichte. Für diese reicht es so.

Puh! Auch an dieser Stelle hatte ich Zweifel, ob ich da nicht ein zu großes Fass aufmache. Schön, dass Du das so siehst und dass das bei Dir funktioniert.

Das kann natürlich sein, aber auch hier schlägt er es vor. Ich denke, wenn klarer wird, dass das auch für Luupi nur eine Notlösung ist, fände ich es stimmiger.

Ich habe versucht, die Stelle anzupassen, bin mir da aber noch unsicher. Werde das die nächsten Tage weiter prüfen. Ich bin erstmal von Sonntag bis Mittwoch im Urlaub, dabei werden mir hoffentlich noch ein paar Einfälle kommen, wenn ich erstmal die Seele baumeln lasse.

Genauso wie ich über die Neurobuchse in Kombi mit der Brille gerätselt habe, ob das Sinn macht. Das musst du ja auch nicht erklären, nur stimmiger gestalten. Und diese Geruchswiedergabe finde ich eine hochkomplexe Sache, die für mich nicht wirklich reinpasst.

Ich habe mir die entsprechenden Stellen sehr fett und rot markiert und werde darüber nachdenken. Gib mir ein bisschen Zeit.

Du hattest mich ja nie verloren, ich les doch immer gerne was du schreibst, egal ob Kommentar oder Geschichte. Manchmal trifft es eben nicht meinen Geschmack, aber so einfach wirst du mich nicht los!

Ha, wunderbar! Auch ich lese natürlich trotz Gemecker gerne von Dir.

Wir lesen uns sicher bald wieder. Danke fürs Vorbeikommen und Klären der letzten Unstimmigkeiten. Ich werde mich jetzt im Feinschliff üben. :D Und das braucht eben doch ein kleines bisschen Zeit.

Urlaubsreife Grüße,
Maria

Hallo, @Mix

Huiui, ich muss sagen, erst habe ich all Deine Anmerkungen gelesen und irgendwann ganz entmutigt weiter gescrollt. Und dann war ich superhappy! Die Anmerkungen habe ich eingearbeitet, da gibt’s kein Rumgeheule meinerseits. Stark, wie genau Du hinsiehst. Vielen Dank dafür!

Ich frage mich, ob es diesen Zusatz braucht. Ich weiß, es soll ein Hinweis darauf sein, dass Saya ein Programm ist, aber ist dieser Hinweis wirklich notwendig? Ihre Sprache selbst ist ja schon ziemlich nüchtern, knapp und monoton.

Hier hatte ich ein bisschen Angst, da die beiden Sätze, die Saya sagt, ja nicht unbedingt zusammenpassen, wollte also irgendwie klarmachen, dass da ein inhaltlicher Bruch kommt. Hm. Ich habe mir das erstmal rot markiert und denke im Urlaub darüber nach, ob ich mich doch noch davon trenne. Ein paar Tage später fällt mir das häufig leichter.

Mal was grundsätzliches: Ich glaube, wenn man eine Geschichte mit Ich-Erzähler im Präsens erzählt, muss man sich an den Stellen, die von der Vergangenheit handeln, genau überlegen, wann man Präteritum und wann Perfekt einsetzt.

Ja, hm, ich weiß. Ich habe mich bisher immer für Präteritum entschieden, weil bei Perfekt dann ja plötzlich wieder alles voller Hilfsverben ist. Das finde ich nicht so schön, obgleich Perfekt natürlich etwas „leichter“ klingt. Ich habe Deine Änderungsvorschläge erstmal eingesetzt, aber ich denke, ich muss das nochmal sehr, sehr sorgfältig prüfen, weil ich bei den ganzen Hilfsverben schon wieder das Gruseln gekriegt habe. Ist also wirklich kniffelig.

Ist ja auch eine Geste, die ich eher von Kindern erwarten würde. Vielleicht würde es für mich besser funktionieren, wenn es vorbereitet würde. Vielleicht könnte die Geste bereits an anderer Stelle einseitig von einem der beiden initiiert, aber vom anderen abgeblockt werden.

An dieser Stelle finde ich den ersten zitierten Satz von Dir eigentlich schon richtig. Schließlich sind die beiden ja Geschwister, da haben sie das als Kinder vielleicht schon gemacht. Andererseits finde ich den folgenden Vorschlag von Dir echt ziemlich gut. Auf die Schnelle habe ich jetzt keine Stelle gefunden, wo es hinpassen würde, also denke ich sorgfältig darüber nach, prüfe das, werde das wahrscheinlich einarbeiten.

Trotz aller Kleinlichkeiten gefällt mir die Geschichte jetzt nicht nur besser als zuvor, sondern, ganz unabhängig davon, richtig gut.

Wow, vielen Dank! Ich freue mich auch wirklich, dass Du als Kritiker im Boot bist, denn Du hast mir jedes Mal sehr geholfen. Jetzt mache ich mich an den Feinschliff und werde auf jeden Fall wieder im Hinterkopf haben, was wir hier besprechen. Und ja, ich weiß auch nicht genau, diese Geschichte ist mir plötzlich einfach aus der Feder geflossen, und dann habe ich halt ausnahmsweise mal nicht drei Wochen überarbeitet – was eine gute Idee war, denke ich, so habe ich die Geschichte jetzt noch nicht über, und es wurden auch schon Stellen gelobt, die ich im nächsten einsamen Überarbeitungsschritt wahrscheinlich entfernt hätte. Also: Schnellschuss, aber lohnenswert, denke ich.

Zuvor war ja die einzige Alternative zu Oli die VR, die Kasta aber nicht gut genug war. Und das war ja im Prinzip nur eine Ausrede. Das war eine Ausrede von Kasta, aber irgendwie auch von der Geschichte selbst, denn das geht ja völlig vorbei an der eigentlichen Fragestellung. Jetzt nicht mehr. Jetzt geht es wirklich um Kasta und Oli, und diesmal ist nicht nur die VR nicht gut genug, sondern alles. Egal was Kasta angeboten wird, sie schlägt es aus, weil sie eben unbedingt bei Oli bleiben will.

Eben weil Du solche Beobachtungen machst und sie so genial formulierst, sind Deine Kommentare so hilfreich für mich. Darüber, dass das eine Ausrede der Geschichte selbst war, musste ich eine Weile nachdenken, aber Du hast recht. Tatsächlich habe ich diese „Ausrede“ ziemlich aufwendig entwickelt. Also, da hätte ich es wahrscheinlich schon selbst merken können. Aber ich bin eben doch noch sehr unerfahren.

Überhaupt die Dynamik zwischen den beiden, die fand ich sehr gelungen. Die Dialoge zwischen den beiden sind sehr dicht und spannungsgeladen, man weiß nie, wie so ein Gespräch ausgehen wird, wie Oli auf dieses oder jenes reagieren wird. Und in der Tat endet eines der Gespräche ja auch ziemlich ruppig.

Ich freue mich so sehr, wenn man meine Dialoge lobt. Ich liebe ja das Schreiben von Dialogen, das macht mir wirklich am meisten Spaß. Umso mehr freue ich mich, wenn andere Leute Spaß mit meinen Dialogen haben. Und Dynamik, Dichte, Spannung … Toll. Danke für das Lob, da bin ich gestern fast zur Decke geschwebt.

Allerdings fand ich Luupis Vorschlag, Kasta könne in der VR leben etwas merkwürdig. Die Stelle wirkt, als wäre dies das erste Mal, dass Luupi Kasta vorschlägt Oli zu verlassen. Aber wenn er ihr vorher bereits einen Antrag gemacht hat, steckt doch da eigentlich längst das Angebot drin: Komm zu mir, leb mit mir zusammen, und lass deinen Bruder zurück. Insofern dann auch merkwürdig, dass exakt dieser Vorschlag erst später kommt, in einer kurzen Rückblende. Dabei wird aber ebenfalls klar, dass dieser Vorschlag nach dem Vorschlag mit der VR kam. Im Kontext des Antrags ergibt das keinen Sinn.

Und … zurück auf den Boden. Feinschliff-Zeit. Ich habe jetzt schon an dieser Stelle einige klitzekleine Anpassungen vorgenommen, werde aber versuchen, das weiter zu drehen, sodass das alles irgendwie Sinn ergibt. Dafür nehme ich mir ein wenig Zeit.

Dass er ihr den Computer dann sogar zurückgibt, zeigt möglicherweise, dass er kein vollständiges Monster ist, sondern dass er seine Schwester wirklich liebt, dass es ihm nicht nur um Kontrolle und Gewalt geht.

So denke ich auch. Mein Freund meinte so: In dieser Version hast Du Oli deutlich entschärft. Das ist wohl so, finde ich auch in Ordnung. Ich glaube ja nicht an böse Menschen.

Ja, ihre Entscheidung trifft sie ohne dieses Wissen, aber ohne das Zurückgeben des Computers wäre es noch etwas dunkler gewesen.

Oh Gott, das wäre so schrecklich. Ich hatte zuerst eine Szene drin, in der Kasta zur Mutter fährt und diese dann Oli zurückpfeift. Ich habe das aber direkt nach dem Aufschreiben wieder gelöscht. So, wie es jetzt ist, gefällt es mir besser, ja, weil Kasta es darauf ankommen lässt. Womöglich kennt sie Oli einfach nur so gut, womöglich ist ihr alles andere doch weniger wert.

Ich verstehe, was Du meinst, dass es dunkler wäre, wenn sie am Ende in ihr leeres Zimmer gesperrt werden würde. Das wäre … echt furchtbar. :cry: Und dass ein solches Ende auch seinen Reiz hätte, ja … Aber eigentlich wollte ich ja, dass alles so bleibt, wie es ist, da fiel es mir sogar schwer, dass sie Luupi aufs Spiel setzt. Und ja, Gott, ich kann gar nichts anderes sagen: Ich verstehe, dass es dunkler wäre, das Ende, eindringlicher, aber ich fände das so schrecklich.

Oli) ist dann halt so nett

Ich glaube nämlich eigentlich auch nicht, dass Oli (oder das Schicksal) „halt so nett“ ist. Er hat Angst, dass er sie vergrault hat, dass er ihr das Letzte weggenommen hat, das sie bei ihm hält, also macht er es schnell rückgängig, sodass bloß alles so bleibt, wie es ist.

Da hat @Charly1406 richtig gesagt, dass die Geschwister sich ja beide ums Dableiben bemühen, dass dadurch alles so bleibt, wie es ist, und dass das am Ende womöglich beiden schadet. Das ist dann der vielbeschworene Teufelskreis, der bei häuslicher Gewalt, wenn man darüber liest, oft ins Spiel kommt. Und das wird eben nicht nur durch Kasta aufrechterhalten, sondern durch beide. Von daher denke ich, lasse ich das aktuelle Ende – obwohl ich den schaurigen Reiz an einem alternativen Ende verstehe.

Eine weitere Frage, die ich mir gestellt habe, ist, ob wirklich klar wird, was es mit Sayas Haus auf sich hat.

Das habe ich mich auch gefragt, deshalb überfalle ich mal Isegrims damit, denn …

es fällt mir jetzt schwer, die Geschichte aus der Sicht von jemandem zu betrachten, der völlig unbefangen in die Geschichte einsteigt.

Momentan habe ich nicht die Distanz, um das beurteilen zu können. Mist.

Zumal es ja im Prinzip auch nicht so wichtig ist, weil Sayas Haus selbst jetzt einfach nicht mehr so eine zentrale Rolle spielt.

Das denke ich auch. Es ist jetzt eben nicht mehr so wichtig. Meine Sorge ist auch ein bisschen, dass die SF hintenüber fällt, schließlich schreibe ich das hier eigentlich für eine Ausschreibung. Und durch weniger SF habe ich wahrscheinlich schlechtere Karten. Aber ich habe jetzt einfach entschieden, dass es mir wichtiger ist, eine gute Geschichte zu schreiben, anstatt veröffentlicht zu werden. So.

Durch den verstärkten Fokus auf die Beziehung zwischen Kasta und Oli, aber auch durch die Neudefinierung von Kastas Beziehung mit Luupi, entsteht jetzt ein richtiger Konflikt, in dem Kasta eine Entscheidung treffen muss. Dadurch wird die ganze Geschichte spannender und einnehmender und lädt auch viel mehr dazu ein, sich seine eigenen Gedanken zu machen.

So soll’s sein.

Dein Kommentar hat mich wirklich sehr gefreut und noch ein paar Gedanken angeregt. Jetzt habe ich extrem viel über das Ende nachgedacht, um dann zum Schluss zu kommen, dass es erstmal so bleibt, wie es ist. Die nächsten Tage fahre ich in den Urlaub und denke derweil über Präteritum-Perfekt und Luupis Ich-rette-Kasta-Versuche nach. Danke!

Feingeschliffene Grüße,
Maria

Hallo, @Friedrichard

Ich habe überlegt, ob ich Dich herbeiklingele, aber zum Glück bist Du ein sorgfältiger Leser und stehst schon ganz von selbst auf der Matte.

Eine besondere Möglichkeit bietet der Konj. I, der fürs "lesen" mit der 1. Person sing. Zusammenfällt, aber mit der 2. Person einen klassischen Wunsch in eine Aufforderung verwandelt: "Lese (du, bitte!)" Und da gibt's dann auch noch märchenhafte Momente, in denen das Wünschen auch noch hilft.

Gott sei Dank! Oder danke Dir! Das „Lies“ hat mir 0 gefallen. Jetzt habe ich es zurückgeändert, und es sieht viel, viel schöner aus.

hab ich doch gerade erst in Wallensteins Schlafzimmer dank Schiller, Anne49 und dem Institut für deutsche Sprache selbst eine Erweiterung gramm. Kenntnisse erfahren,

Und da habe ich auch mal wieder was gelernt. Vielen Dank fürs Weitergeben Deiner Erkenntnisse!

Was mich wirklich überrascht, dass nun "Word" gar nicht so schlecht dasteht - aus Nichtwissen und fehlender Alternative.

Ach, man kann Word ja auch Words beibringen. Das habe ich inzwischen verbrochen.

Danke, dass Du mal wieder Licht ins Dunkel bringst. Wieder was gelernt, und jetzt fühle ich mich mit dem „Lese“ endlich wohl.

Erleuchtete Grüße,
Maria

Edit: Hallo, @Alveus Jekat

Keine Sorge, ich habe Dich nicht übersehen. Nehme mir ein bisschen Zeit, um Deinen Kommentar zu bearbeiten.

Oberflächliche Grüße,
Maria

 

Hi @TeddyMaria

ns ja, bevor du zu den Sternen fliegst, gibt es noch einiges an Arbeit:D

die Leichtigkeit“ ausnahmsweise mal nicht verloren habe, liegt echt daran, dass ich jetzt tatsächlich ganz viel einfach mit Drauflosschreiben gemacht und danach nicht mehr übertrieben viel, sondern nur noch fünfmal, überarbeitet habe.
fließen lassen hat bestimmt Vorteile. Ich schreibe die meisten Texte anfangs als Rohversion ziemlich schnell in eine Kladde, tippe dann ein und überarbeite einige Male, nur das Überarbeiten darf man bestimmt nicht weglassen.

:Pfeif:allround emoji und drückt in meinem persönlichen Zeichensatz immer Wohlgefallen oder Dankbarkeit aus.

Mix hat die Frage gestellt, und ich habe mich das auch gefragt, ob in dieser Version klar wird, was Sayas Haus „macht“, was das also für ein Ort ist. Des Weiteren steht natürlich die Frage im Raum, ob das überhaupt wichtig ist für die Geschichte, aber da das eigentlich der Aufhänger und das SF-Element der Geschichte ist, wäre es gut zu wissen, inwiefern ich Anpassungen vornehmen könnte oder müsste (ob ich da noch was mache, muss ich wohl mit mir selbst ausmachen).
in der Geschichte mischen sich Realität und virtueller Raum. Ein virtuelles Haus wäre sicher eine gute Lösung für deine Geschichte, ein paar Hinweise ließen sich sicher finden, könntest du aber stärker ausarbeiten, wenn du das überhaupt möchtest oder für sinnvoll hältst, auch das Vage hat ja Vorteile.

Deshalb würde mich aber erstmal interessieren: Weißt Du, was Sayas Haus für ein Ort ist? Würde mich freuen, wenn Du diese Frage beantworten könntest.
ein Traumheimatsort:Pfeif:

Liebe Grüße aus der Sonnenbrut
Isegrims

 

Hi @TeddyMaria

da ich ja beim ersten Mal nicht durchgehalten habe, kann ich nun nicht direkt einen Vergleich mit der ersten Version ziehen. Deine Geschicht war ok, aber flach. Ich sehe, dass deine Geschichte auf einem sehr interessantem Grundgerüst basiert. Aber du leitest davon nichts Spannendes ab. Deine Protagonisten sind blaß, ohne Charakter, die Handlung flach. Kasta ist eine Psychopatin, aber du zeigt es nicht an ihrem alltäglichen Verhalten.

Das weniger SF auftaucht ist kein Problem. Im Gegenteil, ich fand es interessant, wie du anhand der VR ein gesellschaftliches Thema angehst. Das war definitiv richtig.

Meiner Meinung nach hast du nun ein interessantes Grundkonstrukt gelegt (den ich wirklich gut finde) und daraus kannst du nun eine spannende Geschichte ableiten. Da müssen dann aber halt auch die Ausarbeitungen stimmen.

Beste Grüße
Kroko

 

Hallo, @Alveus Jekat

Dass jemand, der mit der ersten Version schon so glücklich war, so reagiert, wundert mich, ehrlich gesagt, kaum. Man könnte auch sagen: Das habe ich bei der Überarbeitung in Kauf genommen. Ich möchte Deinen Kommentar von hinten anfangen, denn da stellst Du ja die ganz entscheidende Frage:

Mich würde interessieren: Welche Version findest du besser? Die komplexe, die du mit dem Herzen und ohne äußere Einflüsse geschrieben hast? Oder die, die du mit dem Kopf geschrieben hast, nachdem du die erste Version zur Kritik freigegeben hattest. Ja, ich weiß, das ist eine Suggestivfrage.

Ich musste ein bisschen lächeln dabei, denn die Suggestion funktioniert ja leider nur, wenn die Annahmen, die Du über meine Zustände beim Schreiben machen würdest, richtig wären. Tatsächlich ist das genaue Gegenteil der Fall. Ich hätte niemals innerhalb von einer Woche eine komplett neue Geschichte schreiben und in einen für mich zufriedenstellenden Zustand versetzen können, wenn ich dabei die ganze Zeit nur an die Kritiken gedacht hätte.

Das habe ich ja schon oft gemacht, großflächig überarbeitet und dabei nur an die Kritiken gedacht. Dabei habe ich mich immer gefühlt, als hätte ich wahnsinnig viele Fäden in der Hand, die mir ständig runterfallen. Ein ganz schlimmer Zustand, den ich seitdem zu vermeiden versuche. Ich hatte ihn aber wieder, wenn Du es so ansprichst, als ich die erste Version geschrieben habe. Da habe ich versucht, tausend Dinge unterzubringen, darauf anzuspielen, unter kognitiver Anstrengung versucht, sie irgendwie zu vermengen und bloß nichts auszulassen.

Bei Dir hat das funktioniert, denn Du bist wie ich ein geübter SF-Leser. Das hat mich auch wirklich sehr gefreut. Aber schau Dir mal an, was @weltenläufer über die erste Version geschrieben hat (https://www.wortkrieger.de/index.php?threads/saya.63419/#post-707665):

Das Thema an sich ist spannend und dank Google und Co auch wirklich Schreibens- und lesenswert, aber meiner Meinung, machst du es dir hier etwas zu einfach. Da reihen sich zu viele Behauptungen aufeinander und die tatsächliche Bedrohung, die kann ich nicht so richtig nachempfinden. Auch das Drama der Geschwister ist mir nur zu angerissen. Also was es da mit den Eltern und der Prügel in der Vergangenheit auf sich hat, das ist mir zu vage.

Was er damit sagen will, so habe ich das interpretiert, ist, dass ich beim Schreiben etwas Wesentliches vergessen habe. Version 1 hat Themen, Version 2 hat Menschen. Ich habe mich in V2 auf die Personen konzentriert, auf das, was ich mit Literatur wirklich will: Etwas über Menschen zu erzählen. Dabei ist viel Welt hintenübergefallen, und da ich mich auf den Konflikt zwischen Oli und Kasta konzentriert habe, hast Du völlig recht, dass Luupi jetzt ein anderer, v.a. aber keine Hauptperson mehr ist.

Ich beantworte deshalb Deine sehr wichtige Frage so: Die Version, die mir deutlich besser gefällt, ist die, die ich mit dem Herzen geschrieben habe, und nicht die, die ich mit dem Kopf geschrieben habe in Gedanken an all die Themen, die ich unterbringen will. Und das ist, anders als Du annimmst, Version 2.

Deshalb finde ich es natürlich krass, dass Du schreibst:

Du hast der Geschichte die Seele genommen. War die erste Version noch Facettenreich und tiefgründig, wirkt sie jetzt ambitionslos und beinahe fad.

Ja, die erste Version hatte mehr Facetten. Aber diese hier ist, da bin ich mir sicher, tiefgründiger. Und ich glaube, deshalb ist es ein bisschen vermessen von Dir zu schreiben:

Es ist einfach nichts komplexes und tiefgründiges mehr, und ich denke ehrlich gesagt auch, dass es deshalb besser ankommt als die erste Version. Ich möchte deinen Lesern natürlich keine Oberflächlichkeit unterstellen, aber es ist nun mal so, dass sich Triviales leichter "verkaufen" lässt als schwere Kost.

Wenn Du diesem Text eine echte Chance geben möchtest, darfst Du ihn natürlich auf keinen Fall im Vergleich mit seinem Vorgänger lesen. Es ist natürlich ein komplett anderer. Das wissen wir beide. Der Ton ist aber auch komplett anders. Ich habe hier versucht, die Dinge tiefer zu verpacken, und ich möchte Dir zwar nichts unterstellen, aber ich glaube, dadurch hast Du sie etwas aus den Augen verloren. Es geht jetzt nicht mehr um allgemeine Gesellschaftssachen, es geht um Kastas persönliches Schicksal als Einzelperson, deshalb ist das, was Du „Gesellschaftskritik“ nennst, natürlich nicht mehr so deutlich sichtbar. Es ist aber immer noch da.

Du hast die alte Kasta einer neuen geopfert, die durchschnittlicher nicht sein könnte. Selbst ihre Art, die Geschichte zu erzählen, wirkt lustlos und desinteressiert.

Das kann ich nicht auf mir sitzenlassen. In der ersten Version war Kasta eine, die alles über sich ergehen lassen hat, vielleicht Ansätze von Zynismus gezeigt hat. Das wirkte vielleicht „krass“ und deshalb nicht durchschnittlich, aber dass Du sie hier durchschnittlich nennst … Nee. Jetzt ist sie eine, die ich trotz schwierigen Situationen auch wehrt, eine, die nie zufrieden sein kann, obwohl sie es gerne wäre, die nicht wie ihre Mutter sein will, obwohl sie genauso ist, eine vereitelte Mörderin und liebende Schwester.

Sie ist keine Metapher für irgendwas. Ich möchte, dass sie ein Mensch ist. Und vielleicht wirkt sie deshalb durchschnittlich auf Dich, aber ich bin der Meinung, dass das Zeichnen möglichst echter Menschen das Tiefgründigste ist, was man tun kann.

Und ja, ich habe mir ein bisschen angewöhnt, solche Tiefgründigkeiten in „oberflächlich erzählenden“ Charakteren zu verstecken. Meine Charaktere werden Dir sehr selten ins Gesicht sagen, was für Tiefgründigkeiten sie gerade denken. Dinge, so zu verpacken, dass sie den Leser/innen nichts ins Gesicht gesagt werden, sondern auf lange Sicht wirkungsvoll sind, das ist etwas, das ich lernen möchte.

Nur ganz am Ende spricht sie kurz an, dass das Leben in der VR leichter ist, weil sie Probleme wegwischen kann. Ja, okay, sie flüchtet vor der Gewalt in die VR. Und das wars dann auch wieder.

Solche Dinge wirst Du deshalb in meinen Texten selten finden. Sie sind da, aber Du musst genau hinsehen. Deshalb fühle ich mich mit dieser Version wohler als mit der ersten: Es ist mehr ein Maria-Text, es geht um Menschen, nicht um Gesellschaften.

Anekdotisch: Ich hatte große Schwierigkeiten, den ersten Text Korrektur zu lesen, weil ich irgendwie keine Lust hatte, ihn zu lesen. Diesen hier könnte ich immer wieder lesen. Wahrscheinlich hätte ich es an dem Punkt schon merken müssen. Marion Zimmer Bradley hat mal gesagt, dass man, wenn man sich beim Schreiben verläuft, nicht versuchen soll, weiterzulaufen, sondern dorthin zurückgehen soll, wo man den Weg verloren hat, um nochmal neu anzufangen. Und das habe ich getan.

Ich möchte natürlich nicht sagen, dass ich in diesem subtilen Andeuten von Dingen schon extrem gut bin. Ich möchte es aber lernen, und deshalb möchte ich eigentlich nur noch ausnahmsweise "Ich sage Dir Dinge ins Gesicht"-Sätze schreiben. Ich weiß, dass ich es mir damit sehr schwer mache. Es ist nun einmal ein hochgestecktes Ziel.

Und eben weil es noch nicht perfekt ist, freue ich mich über konstruktive Kritik, die mir zeigt, an welchen Stellen ich ausbessern, welche Maßnahmen ich ergreifen könnte. Z.B. werde ich die Luupi-Kasta-Dialoge noch einmal ganz neu schreiben, denke ich. Stichwort: Feinschliff.

Ich hasse es, mich einfach nur zu rechtfertigen für etwas, das ich tue. V.a., da ich ja eigentlich eine SF-Geschichte schreiben will (nur wohlfühlen will ich mich auch damit). Deshalb möchte ich mich 1) bei Dir bedanken für das furiose Eingestehen für V1. 2) Hoffe ich, dass ich ein bisschen rüberbringen konnte, was ich mit der vollständigen Neuausrichtung erreichen wollte.

3) Habe ich aber vor, innerhalb dieser Neuausrichtung noch etwas SF unterzubringen. Und ich weiß, dass WK kein SF-Forum ist (hier finden sich viele Leute, die sagen, dass der ganze Bereich Fantasy nichts für sie ist). Deshalb muss ich mich dabei natürlich an SF-affine Leser/innen halten. Ein paar davon habe ich hier schon versammelt, denke ich. Aber, wenn Du nachvollziehen kannst, wohin ich mit der Neuausrichtung wollte, würde es mich total freuen, wenn Du den Text ganz vorurteilsfrei prüfst. Ehrlich gesagt, kann ich mit Deiner Kritik kaum mehr anfangen, als dass ich weiß, dass Du V1 besser fandst und dass ich vielleicht die Unterschiede zwischen den beiden Welten noch stärker ausbauen kann. Ich wünsche mir ja immer etwas Konstruktives. Außerdem passt Deine Kritik ein wenig zu @Kroko, der sich ebenfalls mehr Tiefe in den Charakteren wünscht. Nur, wie? An welchen Stellen? Ich meine, ich werde mir da selbst Gedanken drüber machen, aber wenn Du mir helfen möchtest, freue ich mich.

Deshalb: Du kannst noch Einfluss auf die Gestaltung nehmen. Aber zu V1 gehe ich nicht zurück. Es würde mich wirklich sehr freuen, wenn Du vielleicht nochmal reinschaust, gucken kannst, was man hier und da noch anreichern könnte. Wenn Du es schaffst, den Gedanken an V1 wegzuwerfen, dann klappt das ja vielleicht. Luupi z.B., an dem wollte ich auch noch ein bisschen was machen, ich bin momentan am Prüfen, wo und was das sein könnte. (Z.B. in seinen Gesprächen mit Kasta, da wollte ich noch vermengter werden.)

Ich hoffe, ich konnte Dein Gemüt ein wenig beruhigen. Wie gesagt, es ehrt mich ja, mit welchem Eifer Du V1 verteidigst. Aber ich glaube tatsächlich, dass V2 tiefgründiger ist in dem Sinne, dass sie sich um menschliche Schicksale und nicht um aktuelle Themen dreht (obgleich Du diese Themen immer noch finden wirst, Du musst vielleicht ein bisschen genauer hinsehen, weil ich sie ein wenig unter der Oberfläche verborgen habe).

Normalerweise bin ich etwas schüchtern, was die Verteidigung meiner Texte angeht. Aber hier habe ich beim Schreiben den Vibe gespürt. Anders als bei V1, weshalb ich diesen Text auch kaum verteidigt, sondern innerhalb von einem Tag entschieden habe, ihn vollständig in die Tonne zu treten. Das Setting und das Thema sind ja im Wesentlichen gleich. Nur die Bearbeitung, meine Annäherung daran ist unterschiedlich.

Und ja, der alte Luupi ist weg, und ja, das ist traurig. Aber der Fokus ist jetzt ein anderer.

Hoffe, Du kannst mir folgen, und hoffe auch, dass ich Dich nicht verloren habe. Aber, wenn nicht … Ich kann Dich nicht zwingen, einen Text zu lesen, der Dich derart quält. :cry:

Herzige Grüße,
Maria

Hallo, @Isegrims

ns ja, bevor du zu den Sternen fliegst, gibt es noch einiges an Arbeit

Klar. Ich setze mich jetzt erstmal bis Mittwoch ins Kanu und denke, dass mich das erden wird. :D Urlaubszeit.

fließen lassen hat bestimmt Vorteile. Ich schreibe die meisten Texte anfangs als Rohversion ziemlich schnell in eine Kladde, tippe dann ein und überarbeite einige Male, nur das Überarbeiten darf man bestimmt nicht weglassen.

Ja. Ich probiere ja immer einiges aus, habe halt zwischenzeitlich alles genau geplant vor dem Schreiben (Gedankenleseapparat), dann erst nachgedacht und dann geschrieben (Bindung und Drachen), und hier habe ich endlich einfach aufgeschrieben. Aber ich bin ja ein Tier, was Überarbeitungen angeht. Ich überarbeite meine Texte bestimmt fünf- bis zehnmal, bevor ich sie hier reinstelle, und lasse sie mindestens zwei Personen vorher schon lesen. Und da ich noch nicht so unglaublich viel Erfahrung habe, verschlimmbessere ich da manchmal. Hier habe ich nur so fünfmal überarbeitet. Das wollte einfach raus.

allround emoji und drückt in meinem persönlichen Zeichensatz immer Wohlgefallen oder Dankbarkeit aus.

Ah, super. Ich interpretiere den immer als: Du weißt schon, ne? Also eher negativ.

ein Traumheimatsort

Oh. :herz: Eigentlich ist Sayas Haus ja ein Frauenhaus. Aber so kann man das sicher schöner ausdrücken. Ein richtiges Isegrims-Wort. Wie schön.

ein paar Hinweise ließen sich sicher finden, könntest du aber stärker ausarbeiten, wenn du das überhaupt möchtest oder für sinnvoll hältst, auch das Vage hat ja Vorteile.

Ja, seufz, das überlege ich noch. Während ich im Kanu sitze. @Alveus Jekat hat mich motiviert, da nachzuschieben, aber ich will auf keinen Fall wieder Leser/innen in totale Verwirrung stürzen. Traumheimatsort ist ja auch schon was echt Schönes.

So, ich bin erstmal weg. Danke für den weiteren Besuch. Es ist immer schön, wenn man sich nochmal rückversichern kann. Ich schaue mal, was ich daraus mache.

Pfeifende Grüße,
Maria

Hallo, @Kroko

Ach, wie schön, dass Du es diesmal bis zum Ende geschafft hast.

Meiner Meinung nach hast du nun ein interessantes Grundkonstrukt gelegt (den ich wirklich gut finde) und daraus kannst du nun eine spannende Geschichte ableiten.

Dass Du das Grundgerüst schon einmal gut findest, freut mich sehr. Ich gehe jetzt in die Feinschliff-Phase über, werde also darauf nochmal ein bisschen Rücksicht nehmen:

Deine Protagonisten sind blaß, ohne Charakter, die Handlung flach.

Ich bin mir ja ein bisschen unsicher, ob das wirklich so ist oder ob das Deine Wahrnehmung ist, denn sie passt zwar zu dem, was @Alveus Jekat sagt, aber nicht zur Deutung der meisten Leute hier – oder zu meiner eigenen Deutung, obgleich diese womöglich nicht allzu viel zählt. Ich bin bei der Überarbeitung zu meinem eigentlichen Ziel zurückgegangen, nämlich, große Dinge in kleinen Worten zu erzählen, Stichwort Subtilität.

Aber allein, dass Du diese Wahrnehmung hast, zeigt ja schon, dass da nachgeschliffen werden muss. Ich werde mir Mühe geben, noch ein paar Krumen auszustreuen, Highlights, Feinschliff, Du weißt schon. Aber das braucht Zeit. Also, mehr Zeit als das Schreiben einer komplett neuen Geschichte.

Kasta ist eine Psychopatin, aber du zeigt es nicht an ihrem alltäglichen Verhalten.

Das wiederum werde ich auch auf keinen Fall tun. Noch vor zwei Monaten hat mich die Pathologisierung meiner Figuren hier wirklich tierisch genervt, weil ich das Gefühl hatte, dass die Leute das nur tun, weil ich angehende Psychologin bin. Seit es nicht mehr in meinem Profil steht, ist es besser geworden, und ich finde es auch okay, wenn Leser/innen meine Figuren pathologisieren (obgleich ich da aus rein professioneller Sicht eine gehörige Abneigung gegen habe, aber wenn ich den Autorinnenhut aufhabe, kann ich damit leben). Ich werde das nur persönlich nicht tun. Ich glaube, manche Leute neigen schnell dazu, sich vorzustellen, ich würde Figuren entwickeln, indem ich mir eine Diagnose überlege und darauf dann eine Figur schreibe. Nein! Niemals.

Deshalb: Pathologisiere die gute Kasta, wie Du willst, aber ich treibe das sicherlich nicht auf die Spitze. Wenn Du diese Theorie hast, finde ich das interessant, aber meine Theorie ist eine andere, wenn auch nicht unpsychologisch. Kastas Wut auf ihren Bruder kommt eben dadurch, dass sie sich ungerecht behandelt fühlt. Gewalt ist in ihrer Familie ein legitimes Mittel der Auseinandersetzung, es wird auch von ihren Eltern regelmäßig eingesetzt. Deshalb nutzen beide, Oli und Kasta, Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung. Das heißt nicht, dass sie Psychopath/inn/en sind, im Gegenteil, sie lieben einander wirklich und gehen auf ihre Weise empathisch miteinander um. Die Konfliktlösestrategien sind fragwürdig, aber das macht sie noch lange nicht psychopathisch.

Also, meine These wäre ja, dass Menschen, die Gewalt anwenden, nicht automatisch krank sind. Das heißt allerdings nicht, dass Kasta es nicht sein kann. Aber ich denke, Figuren auf eine Diagnose draufzuarbeiten, geht an der eigentlichen Aufgabe des Schreibens vorbei.

Puh, sorry, wunder Punkt.

Jo, ich gehe jetzt zum Feinschliff, behalte dabei „flache Handlung, blasse Figuren“ im Hinterkopf, um mich davon möglichst zu entfernen. Aber erstmal Urlaub. Dabei werde ich mir so schon meine Gedanken machen, hoffen, dass ein freier Kopf tiefe Gedanken entwickelt.

Pathologisierende Grüße,
Maria

---------------

Meine lieben Wortkriegerinnen und Wortkrieger,

Ich bin erstmal im Urlaub. Werde Kommentare lesen, aber ob ich dazu komme, sie auch zu beantworten … Mja, schauen wir mal. Mittwoch bin ich wieder da (also gar nicht lange weg), und dann wird weiter bekriegt.

Urlaubsreife Grüße,
Eure Maria

 

Hi @TeddyMaria

weil ich das Gefühl hatte, dass die Leute das nur tun, weil ich angehende Psychologin bin

Daran erinnere ich mich nicht und daher hab ich meinen Kommentar auch nicht unter diesem Aspekt verfasst.

Die Konfliktlösestrategien sind fragwürdig, aber das macht sie noch lange nicht psychopathisch.

Lass es mich so formulieren, deine Figuren haben mindestens eine Tasse nicht mehr im Schrank. Es ist mehr als nur ein schräger Tick. Sie nimmt bewusst seinen Tod in Kauf.

Was ich dir einfach mitgeben wollte war, dass deine Figuren keinen Charakter haben und dass du daran arbeiten solltest, wenn du deine Geschichten verbessern willst. Wie oder unter welchem Aspekt du das machst ist dir überlassen und mir egal. Gib den Figuren einfach Charakter, lass sie leben, lass den Leser sich identifizieren, sie als echte Person wahrnehmen. Ich bin mir sicher, dass deine Geschichten dann nochmals einen großen Sprung in der Qualität machen werden. Denn dein Grundgerüst ist gut und schreiben kannste auch.

Erhol dich gut im Urlaub.

Beste Grüße
Kroko

 

Hi @TeddyMaria

Es ist eine komplexe Situation in der sich deine Protagonistin da befindet. Familie, oder was noch davon übrig ist, zusammen halten, Liebe nicht verlieren, eigenes Projekt weitertreiben. Insgesamt dicht geschrieben und abschnittsweise dachte ich, ich lese was von W.Gibson. Ich hoffe du verstehst das als Kompliment. Mir persönlich gefällt diese Version der Geschichte besser als die erste, denn dass du die Technik etwas heruntergeschraubt hast, macht sich positiv bemerkbar.

Beste Grüße und schönes Wochenende.
Viertel Vor K.

 

Hallo @TeddyMaria

Ich habe deine Antwort auf meine Kritik mit großem Interesse erwartet und gelesen. Nein, du hast mich natürlich nicht verloren. Ich habe an Version 1 vor allem anderen dein Talent zu schätzen gelernt, daher müsstest du schon schlechter werden, damit du mich wieder loskriegst :P
Jetzt, da ich deine Motive für die Neugestaltung kenne, kann ich vielleicht mit einem anderen Blick an den Text heran gehen. Ich werde mir ein paar Tage Zeit lassen, Version 1, die in meinem Hinterkopf sitzt, durch deine Antwort auf meine Kritik ersetzen, die Geschichte dann erneut lesen und mir noch einmal Gedanken darüber machen (:

Bis dahin, liebe Grüße
Alveus

 

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