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Saya

Monster-WG
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07.01.2018
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Saya

I. Der Ring
Im Traum trage ich das Hochzeitskleid meiner Mutter. Der rosafarbene Stoff ist kühl und glatt unter den Fingerspitzen, als ich den Rock raffe und losrenne.
Ich werfe einen Blick über die Schulter. Meinen Verfolger kann ich nicht sehen, aber ich höre das Knirschen von Schritten im Sand. Jemand ruft meinen Namen.

»Kasta.«
Sayas Stimme reißt mich aus dem Schlaf. Ich schrecke auf, das durchgeschwitzte Laken klebt an meinem Rücken. Auf dem Computerbildschirm glüht ein roter Schriftzug.
»Kasta, du hast sieben ungelesene Nachrichten«, sagt Saya, ihre Stimme dringt sanft und volltönend aus den Lautsprechern.
»Von wem?«, frage ich, reibe mir den Schlaf aus den Augen.
»Sechs Nachrichten von Luupi, eine von Oli.«
»Lese mir die Nachricht von Oli vor.«
Ich knie mich neben das Bett, hebe die Matratze an und greife darunter.
»Oli schreibt: ›Wird spät. Warte nicht auf mich.‹«
Meine Finger stoßen auf eine kleine Schatulle. Ich ziehe sie hervor, streiche über den staubigen Samtbezug.
»Wann war das?«, frage ich, klappe das Kästchen auf, betrachte den Ring. Schlicht, silbern, ein wenig angelaufen. Luupis Augen haben geglänzt, als ich während unseres Videotelefonats das Päckchen aufgerissen und den Ring seiner Mutter gefunden habe. Jetzt ist er meiner oder könnte es sein. Ich muss nur nicken.
»Vor vier Stunden.« Saya ergänzt, ohne dass sich ihr Tonfall ändert: »Oli hat das Haus betreten.«
Ich stopfe die Schatulle zurück unter die Matratze. Mit einem Satz bin ich am Computer. »Saya, Sprachsteuerung aus.« Ich klicke das weiße Häuschensymbol auf dem Desktop an. Der Startbildschirm des VR-Programms öffnet sich. Willkommen in unserer Welt. Schaff dir deine eigene.
Im Türschloss dreht sich der Schlüssel, und Oli steckt den Kopf ins Zimmer. »Warum bist du noch wach?«, fragt er.
»Ich habe da noch so eine Sache.« Ich weise auf den Bildschirm.
Er beißt sich auf die Unterlippe, dorthin, wo die Narben der Zahnabdrücke sind.
Als wir klein waren, habe ich ihn auf dem Boden vor der Anrichte gefunden, auf die ich immer geklettert bin, um die Süßigkeiten aus dem Schrank zu nehmen. Er hat geblutet, aber nicht geweint, und ich habe ihn festgehalten, während ich seinen Mund mit einem Lappen abgewischt habe. Ich wollte es vor unseren Eltern verheimlichen, aber die ausgeschlagenen Zähne und die zerbissene Unterlippe ließen sich nicht verbergen. Natürlich habe ich die Prügel bekommen.
»Muss morgen fertig sein«, sage ich.
»Geh ins Bett!«
Ich spiele mit dem Gedanken zu widersprechen, verwerfe ihn jedoch sofort. »Okay.«
Er lächelt. »Gute Nacht.« Leise zieht er die Tür zu und dreht den Schlüssel im Schloss herum.
Ich lege mich aufs Bett, starre zur Decke hinauf, lausche auf die Schritte im Flur, das Geräusch, mit dem seine Zimmertür zufällt.
Der Ring sticht durch die Matratze in meine Wirbelsäule, raubt mir den Schlaf.

II. Bei Saya
Ich klinke das Verbindungskabel an die Neurobuchse und schaudere unter dem Prickeln, das meine Wirbelsäule entlangfließt. »Bring mich rein, Saya.«
»Sofort, Kasta. Bitte habe einen Augenblick Geduld.«
Weiß vor meinen Augen, fast zehn Sekunden lang. Es dauert eben, sich auf einem Server einzuwählen, der gut geschützt ist.
Endlich weicht das Weiß dem warmen Licht der Lobby. Roter Marmor, schwere Vorhänge, eine Sesselgruppe vor einem Kamin. Der Empfangstresen ist verwaist, über dem Springbrunnen im Zentrum des Saals kreiselt ein Holo-Würfel, der Bilder von lächelnden Frauen zeigt. Darunter läuft ein Schriftzug: Schutz, Solidarität, Saya.
»Willkommen, Kasta«, sagt Saya, ihre Stimme erfüllt den ganzen Raum. »Luupi hat dir neun Nachrichten hinterlassen.«
»Lese mir die aktuellste Nachricht vor.« Ich trete hinter den Tresen, fahre mit der Hand über die gläserne Oberfläche, auf der die Unterlagen der Empfangsdame aufleuchten.
»Kasta, ich warte in meinem Zimmer auf dich. Bitte melde dich«, sagt Saya.
»Danke.« Ich blättere mich kurz durch die heutigen To-Dos. Ein Aufnahmegespräch am Nachmittag. Eine Bewohnerin hat gemeldet, beim letzten Update wären Gegenstände aus ihrem Zimmer verschwunden. Ich setze die Beschwerde auf die Prio-Liste für die Programmierer. Für Luupi und mich.
»Saya?« Ich atme tief durch. »Wie sehe ich aus?«
»Einen Moment, bitte«, sagt Saya. Ihre Stimme klingt amüsiert, so wie immer, wenn sie die Avatare der Serverbewohnerinnen bearbeitet. »Ich habe deine Frisur korrigiert, Kasta.«
»Danke, Saya. Bring mich in Luupis Zimmer.«
»Einen Augenblick Geduld. Ich erbitte die Zugangsberechtigung.«

Saya versetzt mich direkt in Luupis Arbeitszimmer. Es ist durch keine Tür zu erreichen. Manche Bewohnerinnen beunruhigt die Anwesenheit von Männern, also ist es das Beste, wenn sie nicht wissen, dass Luupi sich mehr als nötig auf dem Server aufhält.
Schwarzer Teppich auf dem Boden, Fenster an allen vier Wänden – und durch jedes ein anderer Ausblick: ein Nadelwald, Regendunst in den Baumkronen; ein schwarzer Strand mit sturmgepeitschter See; Rapsfelder, schneebedeckte Berge am Horizont; eine Heidelandschaft, Schafe zwischen lilablühenden Sträuchern.
Diese und andere Welten habe ich designt, sie Luupi gezeigt, als er das erste Mal den Server betreten hat, lange bevor Sayas Haus zu einem Zufluchtsort geworden ist. Nicht nur für mich, auch für andere Frauen. Damals war es noch mein Zufluchtsort, eine Heimat nur für mich, und all mein Herzblut habe ich in die Landschaften gesteckt. Luupi hat sich umgeschaut, geschnuppert und gesagt: Es riecht nach nichts.
Seitdem hat sich alles verändert.
Im Zentrum des Raumes steht Luupis Holo-Arbeitstisch, auf dem die Nachrichten laufen. Als ich im Zimmer erscheine, erhebt Luupi sich aus seinem Sessel.
»Kasta«, sagt er, macht einen Schritt auf mich zu, hält jedoch inne. »Ich dachte, du ignorierst mich.«
Ich weiche seinem Blick aus. »Ich habe dich ignoriert. Muss nachdenken.«
»Oh.«
»Ja.«
»Und?«, fragt er.
»Was?«
»Hast du nachgedacht?«
Ich gehe zum Tisch, tippe auf das weiße Häuschensymbol und rufe die Prio-Liste auf. »Aus Zimmer 147 verschwinden Dinge«, sage ich. »Kümmerst du dich darum?«
Seine Miene verfinstert sich, aber die Stimme klingt fest. »Klar. Aber …«
»Kasta«, sagt Saya. »Oli hat das Haus betreten.«
»Ich muss los.« Ich nicke Luupi zu. »Melde dich, wenn es Schwierigkeiten gibt.«
»Kasta …« Er streckt eine Hand nach mir aus. Die Welt um mich versinkt im Weiß.

III. Beschützer
»Willkommen zu Hause, Kasta«, sagt Saya.
Ich ziehe den Stecker der Neurobuchse aus meinem Nacken. »Danke, Saya. Sprachsteuerung deaktivieren.«
Ich öffne das Saya-Programm, klicke mich durch zu Zimmer 147. Der Code ist extrem unübersichtlich. Luupis Code. Es ist eine Farce, mich als Designerin von Sayas Haus zu bezeichnen. Ich kümmere mich fast nur noch um unsere Gastgeberin, darum, dass Saya immer höflicher, schneller, humorvoller, ihre Stimme modulierter wird. Die Seele des Hauses ist Luupi. Luupi mit den schwarzen Augen, den warmen Händen. Luupi, der achthundert Kilometer entfernt wohnt.
Oli schließt meine Zimmertür auf.
»Bin da.«
Ich trete durch die angelehnte Tür auf den Flur und folge Oli in die Küche. Er lässt sich auf einen Stuhl fallen.
»Arbeitest du schon wieder?«, fragt er. Er kramt eine Zigarettenpackung aus der Innentasche seines Mantels, steckt sich eine Kippe an.
»Ja.«
»Du weißt, dass ich wieder einen Job habe?«
»Ja«, sage ich seufzend.
»Die bezahlen sogar ganz okay«, sagt er.
Ich öffne die Tiefkühltruhe, ziehe zwei Schalen heraus.
Oli zieht an der Kippe und reckt das Kinn, um den Rauch zur Decke zu pusten. »Du musst nicht mehr arbeiten.«
»Ich mache das gerne.«
»Und überhaupt«, sagt er.
Mit einem Ruck ziehe ich den Ofen auf, reiße die Folien von den Pappschalen und knülle sie mit möglichst viel Getöse zusammen.
Ich blicke auf das Hochzeitsfoto unserer Eltern über dem Herd, sie berühren sich nicht auf dem Bild. Mutter in dem rosafarbenen Kleid vor einem Sommerflieder. Sie lächelt nicht, ihr Blick durchbohrt mich.
»Und überhaupt«, sagt er und hebt die Stimme, als befürchtete er, ich würde ihn sonst überhören, »diese ganze VR ... Weiß nicht. Seit diese Saya-Fems Frauen einäschern.«
»Das machen nicht nur die Saya-Fems!« Meine Stimme klingt lauter, als sie sollte.
Ich atme tief durch, werfe ihm einen Blick zu. Er versucht einen Rauchring. Gut. Sieht so aus, als irritierte ihn mein Tonfall nicht.
»Wie auch immer. Das ist doch scheiße«, sagt er.
»Das ist ja kein bloßes Einäschern.« Ich schiebe die Fertiglasagne in den Ofen. Mit einem Rattern erwacht die Umluft zum Leben – der Ofen klingt erschöpft wie ein alter Mann bei der letzten Schicht –, und ich drehe mich zu Oli um. »Durch die Krema-Technik kann man Leute retten, die an unheilbaren Krankheiten leiden …«
»Quatsch!« Er wedelt mit der Zigarette. »Mit der Krema-Technik werden keine Krankheiten geheilt. Man äschert die Körper ein und packt das Bewusstsein der Leute in die VR. Aber sind sie dann noch echte Menschen?« Er sieht mich durchdringend an.
Ich lache. »Oli, du bist kein Philosoph.«
»Und die Saya-Fems sind noch viel schlimmer. Die zerstören die Körper von Leuten, die völlig gesund sind. Lassen sie verschwinden.«
Er holt tief Luft, seine Unterlippe bebt. Ich weiß, wir denken beide an Mutter. Und wie sie für immer in der VR verschwunden ist. Illegal, die Krema-Technik auf gesunde Menschen anzuwenden. Aber das Gesetz hat sie nicht aufgehalten. Sie nicht. Mich nicht.
»Ich möchte nicht, dass du in deren Fänge gerätst«, sagt Oli.
»Okay. Ich passe auf.«
Ich strecke die Faust in seine Richtung, den kleinen Finger abgespreizt. Aber er geht nicht darauf ein, spielt mit dem Feuerzeug herum, lässt die Flamme aufleuchten und wieder verlöschen. Aufleuchten, verlöschen.
»Ich passe auf«, sagt er.
Ich lasse die Hand sinken.
»Was meinst du, was dein Computer und das ganze Zeug wert sind?«, fragt er.
Mein Körper krampft sich zusammen, als hätte er mir einen Schlag in die Magengrube verpasst. Für einen Augenblick bekomme ich keine Luft, ringe nach Atem, presse mühsam hervor: »Was?«
»Den brauchst du ja dann nicht mehr.«
Ich stoße mich vom Herd ab. »Nein!«
»Was?«
»Nein! Das ist meiner!«
»Wir könnten das Geld gebrauchen.«
»Der Herr verdient doch jetzt genug!«
Er wirft die glimmende Kippe in die Spüle. Stützt die geballten Fäuste auf der Tischplatte ab. »Schrei mich nicht an.«
»Ich schreie nicht!«
Sofort ist er bei mir, baut sich vor mir auf, atmet mir seinen heißen Atem ins Gesicht. »Widersprich mir nicht!«
Ich fletsche die Zähne. »Das ist mein Computer!«
Er presst die flache Hand auf meinen Kopf, drückt mich auf den Fußboden, presst mein Gesicht auf die kalten Fliesen. »Miststück«, sagt er.
Ich bleibe auf dem Boden liegen, seine Zimmertür fällt ins Schloss. Bewegen kann ich mich nicht, nicht einmal den Kopf heben. Ich drücke das Ohr gegen die Fliesen, lausche auf das Atmen des alten Hauses unter mir.

»Oli will meinen Computer verkaufen.«
Luupi sieht mich an. Öffnet den Mund, schließt ihn wieder.
»Sag doch was«, sage ich.
»Scheiße, Kasta.«
»Er hat Angst, dass ich in die Fänge der Saya-Fems gerate.« Ich lache. »Wenn der wüsste.«
»Ich finde das nicht komisch.«
»Tja, ich schon.«
Mit verschränkten Armen lehne ich mich im Schaukelstuhl zurück, lasse den Blick über die atemberaubende Gebirgslandschaft schweifen. Vom Balkon haben wir eine hervorragende Aussicht aufs Tal. Die Luft duftet nach Regen.
Naturspektakel, nachgebildet in einer Perfektion, die nur Luupi erreichen kann.
»Hat er …?« Luupi reibt sich das Kinn, die roten Bartstoppeln geben unter seiner Hand ein kratziges Geräusch von sich. »Du weißt schon.«
»Nein. Nein. Wir haben uns gestritten. Aber das wird schon wieder.«
»Kasta.« Er beugt sich vor, ergreift meine Hand. »Das ist nicht wahr.«
Tief einatmend streiche ich mit dem Daumen über seinen Handrücken, wie eine echte Berührung. Ich blicke in sein Gesicht, die dunklen Augen, will seine Haut auch in der Wirklichkeit berühren können. Wünsche mir, ich wäre bei ihm.
Mit einem Ruck ziehe ich die Hand weg.
»Wenn du nicht willst, das mit uns …« Seine Stimme zittert, er unterbricht sich. »Ich verstehe nicht, wieso du nicht längst hier eingezogen bist. So richtig.« Er macht eine Handbewegung, die alles einschließt. Die Gebirgslandschaft, unsere Berghütte mit dem breiten Bett, dem rotkarierten Bettzeug, das nach Luupi riecht, nach mir, nach dem Schweiß auf unserer Haut. »Er könnte dir nie wieder etwas tun.«
»Ich bin mit dem Konzept von Sayas Haus vertraut, danke.«
»Ich weiß. Und was ist …« Er behält die Augen auf den Horizont gerichtet, doch ich ahne, dass er mich aus dem Augenwinkel ansieht »… mit uns?«
Ich mache eine wegwerfende Handbewegung. »Eins weiß ich. Oli wäre nicht glücklich ohne mich.«
»Das ist doch scheißegal!«
Wir sehen einander an, ich schiebe die Unterlippe vor.
»Dir vielleicht«, sage ich. »Und weißt du was? Es ist jedem egal. Aber mir nicht.«
Er streckt wieder die Hand nach mir aus, doch ich ziehe den Arm weg. Sein Gesichtsausdruck verzerrt sich, ich muss die Augen schließen.
»Hast du nachgedacht?«, fragt er.
Am liebsten hätte ich mir auch noch die Ohren zugehalten. »Ja.«
»Also?«
»Oli würde es nicht erlauben.«
»Liebst du mich?«
Ich öffne die Augen, schaue in sein weiches Gesicht, das Schimmern in seinen dunklen Augen. »Ist doch egal.«
»Mir nicht.«

IV. Liebe
Oli sperrt mich ins Badezimmer, bevor er den Computer abbaut und aus der Wohnung trägt. Als er wieder aufschließt, habe ich keine Kraft mehr, ihn anzuschreien. Mein Zimmer ist leer ohne den Computer, unerträglich still ohne das sanfte Schnurren.
Früher, wenn ich die Prügel eingesteckt habe, wenn ich ihn in der Ecke sitzen gesehen habe, er – immer an allem unschuldig –, dann jagte die Wut purpurn durch meine Adern, dann bekam ich kaum noch Luft. Danach habe ich Olis Kopf auf meine Matratze gedrückt, die Bettdecke drübergezogen und mich auf ihn gelegt, bis er sich nicht mehr bewegt hat. Ich konnte erst wieder ruhig atmen, wenn ich gespürt habe, wie sein Jungenkörper unter mir erschlafft ist.
Doch heute bin ich so müde, ich schließe ohne ein Wort die Zimmertür zwischen uns und versuche zu schlafen. Aber jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich das Hochzeitskleid meiner Mutter vor mir, das Babyrosa.
Wenn du nicht in der VR leben willst, dann lebe bei mir. Weit weg von ihm. Luupis Worte. Luupis Pläne.
Vom Bett kann ich aus dem Fenster sehen, auf die gegenüberliegende Häuserreihe, grauer Putz. Ich wünsche mir die Aussicht auf Luupis Tal, die Berge, den Regengeruch. Die Luft in der Wohnung schmeckt nach Zigarettenasche und Staub.
Ich stehe auf, schlurfe in die Küche.
»Oli?«
Er sitzt am Küchentisch und blättert durch die Zeitung. »Was?«
»Ich muss einkaufen gehen.«
Er greift in die Manteltasche, legt mein Portmonee vor sich auf den Tisch. »Bring Brot mit.«
Die Faust geballt, streckt er die Hand aus, spreizt den kleinen Finger ab. Für einen Moment ist es still zwischen uns, während ich seinen Finger ansehe. Hinter meinem Rücken balle ich die Hand zur Faust.
Schließlich wende ich mich ab. »Okay«, sage ich.
Im Flur ziehe ich die Regenjacke an, fahre mit den Fingern durch das zerzauste Haar, ehe ich aus dem Haus gehe. Es regnet in Strömen, trotzdem gehe ich langsam. Meine Kopfhaut schmerzt, und die Unterlippe ist geschwollen.
Ich gehe am Supermarkt vorbei, einfach immer geradeaus, die Straße hinunter. Aus der Stadt, auf die Landstraße, zwischen graue Stoppelfelder. Dort bleibe ich stehen, blicke auf die vorbeiheizenden Autos. Ich krame mein Handy hervor und wähle Luupis Nummer.
»Kasta?«
»Es tut mir leid«, sage ich, »aber ich kann meinen Bruder nicht allein lassen. Es ist für uns alle das Beste, wenn alles so bleibt, wie es ist.«
Er schweigt einen Moment. »Wie kannst du das sagen?«, fragt er schließlich.
»Was denn?«
»Er ist gefährlich. Bitte! Bitte! Ich will dir doch nur helfen.«
»Das wollen alle.« Ich lache, recke die Nase zum Himmel, halte das Gesicht in den Regen. An den meisten Orten der VR regnet es nie. Nur in Luupis Welt.
»Kasta …«
»Nein. Ich will nichts mehr hören. Ich schicke dir den Ring zurück.«
Einen Moment ist es still am anderen Ende der Leitung. So lange, dass ich beinahe nachgefragt hätte, ob er noch dran wäre.
»Chef?«, fragt er schließlich. Seine Stimme klingt anders, härter, eisiger. Wie ich sie noch nie gehört habe. »Ich muss mir ein paar Tage freinehmen.«
»Okay«, sage ich. »Aber eins noch.« Ich drehe mich um, schaue hinauf zum Schimmer am Horizont, wo die Regenwolken sich lichten. »Ich liebe dich.«
»Das ist keine Liebe«, sagt er. Und legt auf.
Ich lausche auf das gleichförmige Piepen in der Leitung, auf das Rauschen des Regens, der meine Jacke durchweicht.

V. Zusammen
Die Wohnungstür wird geöffnet, noch bevor ich überhaupt den Schlüssel ins Schloss gepfriemelt habe. Ich stelle mir vor, wie Oli den ganzen Tag hinter der Tür gestanden ist, durch den Spion gespäht hat. Jetzt starrt er mich mit aufgerissenen Augen an, während ich tropfend vor ihm stehe. Die schwere Einkaufstüte zieht an meinem Handgelenk.
»Kasta!« Er macht einen Schritt über die Türschwelle, schlingt die Arme um mich und drückt mich so fest an sich, dass ich nach Luft schnappe. »Ich dachte, du kommst nicht wieder«, sagt er mit dem Mund an meinem Ohr.
Ich hebe die freie Hand, streiche über sein Haar. »Immer, kleiner Bruder.«
Er schiebt mich über die Schwelle, tritt die Tür mit dem Fuß ins Schloss. »Wo warst du die ganze Zeit?«
Ich betrachte die Falte über seiner Nasenwurzel, das Zucken in den Mundwinkeln. Mein Blick wandert den Flur entlang zu meiner offenstehenden Zimmertür. Der Bildschirm steht wieder auf dem Schreibtisch, ich höre das Schnurren des Computers, er begrüßt mich wie ein fetter Kater.
»Ich dachte, du brauchst ihn gleich«, sagt Oli, flüstert fast. »Habe ihn schon einmal angemacht, aber ich wusste das Passwort nicht.«
Als Oli sich das erste Mal losgerissen hat, vor vielen Jahren, nach mir getreten, mir ins Gesicht gespuckt hat, ich ihn nicht einfangen konnte, habe ich gewartet, bis es Nacht wurde. Ich wollte in sein Zimmer schleichen und diesmal eine Viertelstunde auf ihm liegen bleiben – oder länger. Ich hatte gelesen, dass eine derart lange Zeit ohne Sauerstoff … Weiter habe ich damals nicht gedacht. Aber ich bin nicht aus meinem Zimmer gekommen. Die Tür war verschlossen.
Verzeihen habe ich erst gelernt, als ich die VR betreten habe. Dort ist es leicht. Jedes Problem kann ich einfach wegwischen.
Ich strecke die Hand aus, schiebe Olis Mundwinkel nach oben. Erst verkrampfen sich seine Gesichtsmuskeln, doch schließlich gibt er nach und lächelt.
»Ich bin ja da«, sage ich. »Und du bist da.«
Er hält mir die geballte Hand hin, den kleinen Finger ausgestreckt, und ich hake meinen kleinen Finger ein.
»Zusammen«, sagt er.

 

Hallo @TeddyMaria,

Ich hatte mich ja schon so auf diese Geschichte gefreut. Und jetzt ist sie endlich da. :bounce:

Ich muss sagen, Sci-Fi ist normalerweise nicht so mein Genre. Und jetzt weiß ich auch wieder, warum. Es gibt ein Problem, das habe ich immer wieder, wenn ich richtig guten Sci-Fi lese oder anschaue: Ich kapier zu wenig. Da gibts immer so ein großes Durcheinander.

Willkommen, Kasta.« Sayas Stimme bringt die Luft zum Beben, volltönend, übermenschlich, nur für meine Ohren hörbar. Die Lobby ist in weiches Licht getaucht, und hinter dem Empfangstresen sitzt Julia, das blonde Haar über die Schulter geworfen. Sie spricht mit einer Frau. Die Züge der Fremden sind bewegungslos, ihre Kleidung weiß. Eine Besucherin. Sie nimmt eine Broschüre von Julia entgegen
Ich finde, dieser erste Absatz zeigt das schon sehr gut: Gleich vier Personen, die alle kurz erwähnt werden, die ich aber nicht so wirklich einordnen kann, deren Umfeld ich nicht so richtig einordnen kann ... Es beginnt also gleich damit, dass ich mich frage, was da bloß los ist, wer diese ganzen Leute sind, wie all das zusammenhängt, und das ist ja eigentlich ganz gut für einen Einstieg. Gleichzeitig beginnen so aber schon gleich ganz am Anfang meine Gedanken, sich zu winden und zu verknoten. Ich glaube, ich habe dir beim Gedankenleseapparat schon mal erklärt, wie hilflos ich bin, wenn sich solche dicken Knoten in meinem Kopf bilden. Dann blicke ich erst mal gar nicht mehr durch, hab keine Ahnung, wie ich wieder geradeaus denken soll. Na ja, und dann kommen ziemlich schnell noch so viele andere Personen dazu und der Knoten wird immer dicker und ich verstehe erst sehr langsam nach und nach, was da eigentlich los ist.
Das ist aber nicht wirklich deine Schuld. Das kommt bei mir fast automatisch: Gutes Sci-Fi ... –> Hä???
Ich habe zum Beispiel auch Star Wars nie auch nur annähernd verstanden. Vielleicht liegt das auch nur daran, dass ich mich zu wenig mit diesem Genre beschäftige. Wenn ich das öfter tun würde, würde ich vermutlich auch schnell lernen, wie man das richtig liest und somit verstehen kann.

Denn eigentlich finde ich das extrem cool. Ich bin ja ein totaler Fan von Geschichten, die in alternativen oder veränderten Welten oder in der Zukunft oder sonst woanders spielen. Das ist einfach mal so wunderbar anders, so neu, so interessant, so ausdrucksstark. Das ist dann die andere Seite von Sci-Fi, und die mag ich wirklich gerne.

Die Welt, über die du hier erzählst, finde ich super. Da hätte ich ja gerne noch mehr von gelesen. Na, ja. Das werde ich auch gleich tun. Dann lese ich sie nämlich noch mal. Ganz langsam und bedacht. Bis jetzt habe ich das erst ein mal getan. Ich habe überlegt, ob ich erst kommentieren soll, wenn ich sie noch ein paar mal gelesen habe, aber dann dachte ich mir, es kann dir sicher auch nicht schaden, diesen ersten spontanen Leseeindruck von mir zu hören. Wenn ich dann später irgendwann mehr verstanden habe, melde ich mich noch mal. Und dann kriegst du noch nen ... na ja ... konstruktiveren Kommentar.

Verknotete Grüße,
Anna

 
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Hallo @TeddyMaria!

Tolle Geschichte! Am meisten hat mich beeindruckt, dass Du zwei Problematiken der Gesellschaft verbindest, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben; Gewalt an Frauen und Realitätsverlust durch VR.
Ich fand es großartig, mit welcher Präzision Du die VR beschreibst, wie Du auf die Details eingehst, die die VR von der echten Welt unterscheiden. Ich arbeite zur Zeit an einem, in dieser Beziehung ähnlichen Projekt, und weiß, wie schwierig das ist (zumindest empfinde ich das so).
Ein weiterer Punkt, der mir sehr positiv aufgefallen ist, ist, dass in der echten Welt, in der deine Protagonistin lebt, es offenbar überhaupt keine Technologien gibt, die das Leben erleichtern. Sie scheint stecken geblieben zu sein. Das, als krasser Kontrast zu einer weit fortgeschrittenen VR, ist super gelöst.
Das Problem, dass ich mit deiner Geschichte habe, ist eigentlich keines. Ich sehe darin Potential für etwas viel, viel Größeres! Ich würde zB. gerne wissen, wie es den Frauen ergeht, die sich entscheiden, das echte Leben aufzugeben, um bei Saya in Sicherheit zu sein. Mich würde interessieren, was Kasta über ihren Bruder denkt. Was ist mit Tina? Ist sie vielleicht wirklich noch irgendwo, gefangen in einem Backup? Und warum ist die Welt scheinbar technologisch eingefroren, wenn die Menschheit doch eine so großartige VR errichten kann? Leben alle Menschen schon zu sehr in der VR, um sich um die "Draußen-Probleme" zu kümmern? Oder geht das nur Techniker_innen wie Kasta und Luupi so?

Jetzt noch zu einiges Details, die mir aufgefallen sind:

»Freut mich, Sie kennen zu lernen. Aber ich dachte, die Chefin des Hauses wäre Saya.«
Ich lache, weise auf die Sofaecke am anderen Ende der Lobby. Die lederbezogenen Möbel stehen dort erst seit heute Morgen, Luupi hat mich angerufen, nachdem er sie platzierte. »Ich muss noch was prüfen.«

Da war ich kurz verwirrt, weil ich geglaubt habe, Kasta weist auf die Sofaecke, als Reaktion auf die Aussage der Besucherin.

vergaß den bitteren Geschmack von Angst auf der Zunge

Das finde ich unpassend. Hier geht es ja um die Frage, ob man schmecken kann. Aber der bittere Geschmack der Angst ist ja kein echter Geschmack, es ist eine Metapher.

Und er spielt damit, als wäre es das Einfachste von der Welt.

Das von würde ich streichen.

Ich wälze mich aus dem Bett, wanke zur Tür. Drücke die Türklinke herunter. Abgeschlossen.
Ich lehne mich gegen das Holz, lausche in die Wohnung.

Das hab ich nicht genau verstanden. Ist sie in ihrem Zimmer eingesperrt? Wenn ja, warum? Hat Oli sie eingesperrt. Hier wäre eine genauere Ausführung vielleicht nicht schlecht.

Das Einwählen dauert fast zehn Sekunden. Es dauert eben, an einen Ort zu gelangen, der gut geschützt ist.

Wortwiederholung von dauert.

vor allem Zugänge zu tausenden von Spielen.

Auch hier würde ich das von streichen.

Alles in allem wirklich toll! Jetzt, beim zweiten Mal Lesen, um die Fehler zu filtern, ist mir noch viel mehr aufgefallen, was einfach gut ist. Die Tatsache, dass es kein reiner Männer-gegen-Frauen Kampf ist, sondern, dass es auch eine männliche Figur gibt, die für die Frauensache kämpft und Opfer bringt. Und trotzdem bei den Frauen auf Misstrauen stößt, vielleicht weil sie Angst vor Männern haben, vielleicht, weil sie Männer pauschalisieren. Die Figur des Oli, der offenbar ein Schwein Frauen gegenüber ist, aber wenn es um die eigene Mutter geht, andere Maßstäbe ansetzt. Das sind Dinge, die nicht aus der Luft gegriffen sind, sondern einen sehr realen Bezug haben. Und das alles in einem vergleichsweise kurzen Text. Du kannst wirklich was, und Du könntest noch viel mehr, denn ich bin überzeugt, allein aus dieser Geschichte könntest du einen Roman zaubern, der mit Philip K. Dick und Ko mithalten könnte.

LG
Alveus

 

Liebe @TeddyMaria,

es tut mir furchtbar leid, aber diese Geschichte ist leider gar nichts für mich. Ich versuch mal aufzudröseln warum das so ist.

»Willkommen, Kasta.« Sayas Stimme bringt die Luft zum Beben, volltönend, übermenschlich, nur für meine Ohren hörbar. Die Lobby ist in weiches Licht getaucht, und hinter dem Empfangstresen sitzt Julia, das blonde Haar über die Schulter geworfen. Sie spricht mit einer Frau.
Der Einstieg ist super schwer. 4 Sätze, vier Personen. Naja, eigentlich drei Personen und ein Programm, aber das weiß man da ja noch nicht.
Da muss man schon mal ganz schön sortieren.

Dann kommen die SF Sachen dazu:

Durch die Auflösung Ihres Körpers und das vollständige Aufgehen in einem hervorragend designten Avatar ist Ihre körperliche Unversehrtheit garantiert.
Ich dachte hier noch die Szene spielt in der echten Welt und man kann mit seinem Avatar in die VR fliehen.

»Kasta!«
Ich dachte erst Kasta in ein Mann.

Ich lasse die Schultern hängen. »Was gibt’s?«
Hier bin ich gleich aus verschiedenen gründen verwirrt.
  • Warum lässt Kasta die Schultern hängen? Das macht man doch aus Erschöpfung oder Traurigkeit.
  • Was macht Kasta grade? Es wirkt so als würde sie da stehen, irgendwo in der Lobby und mit hochgezogenen Schultern darauf warten, dass sie angesprochen wird. Da hab ich überhaupt kein Bild vor Augen.

Aber ich dachte, die Chefin des Hauses wäre Saya.«
Ich lache, weise auf die Sofaecke am anderen Ende der Lobby.
Wieso lacht Kasta, denn nur? Ist es geheim, dass Saya ein Programm ist? Offentlich gehen die Besucher davon aus, dass es ein Mensch ist. Warum klärt sie die Dame nicht auf?

Die lederbezogenen Möbel stehen dort erst seit heute Morgen, Luupi hat mich angerufen, nachdem er sie platzierte.
Oh, noch eine Person. Wer ist denn jetzt schon wieder Luupi? Und warum ist der jetzt wichtig?

»Ich muss noch was prüfen.«
Mir wird nicht klar was.

Ich schlendere zur Sofaecke, setze mich auf eine Kante eines roten Sofas, sauge den eleganten Ledergeruch in mich auf.
Was ist mit der Besucherin? Hat Kasta nicht der Frau gezeigt, sie solle sich hinsetzen?

Der eklig-süße Geruch von Blumen, der scharfe Geruch von frischgemähtem Gras
Blumen eklig und gemähtes Gras scharf – was ist denn da passiert, dass man so schöne dinge so negativ wahrnimmt?

Ich nehme ein Kissen vom Sofa, vergrabe mein Gesicht darin.
Die Chefin fläzt sich in den Kissen, während die Besucherin auch dort sitzt oder steht?

Seltsam geschnitten ist dieses Zimmer, lang und schmal.
Das hast du mit schlauchartig bereits gesagt.

Sayas Stimme, aber niemals ihr Tonfall.
Den Satz verstehe ich nicht.

Die volle Stimme, der Tonfall aber zu verspielt für die echte Saya.
Ahh, jetzt macht er Sinn. Das finde ich aber arg umständlich, dass sich jetzt auch noch andere Leute als Saya zeigen.

Wirbel aus ekelerregendem Blütenduft.
Was ist denn da los mit den Blumen? Das löst du gar nicht auf.

»Wir befinden uns im Offline-Modus, das heißt, Sie können keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen
Das verwirrt mich. Für die Frauen die nur auf dem Server von Saya exisitieren macht das irgendwie Sinn, aber Kasta kommt doch von außen. Sie ist doch grade mit dem Internet mit dem Frauenhaus verbunden, oder verstehe ich das falsch?

Weil sie ihre Kinder wieder nicht sehen können, wegen der anstehenden Wahlen, wegen Luupi, dem Mann im Team.
Sie können ihre Kinder nicht wegen der Wahlen und wegen Luupi sehen?

»Bei dem Überfall … Wusstest du, dass dein Bruder …?«
Hää? Worum geht es? Der Angriff auf Saya? Aber dann würde er nicht Überfall sagen, oder? Was hat er der Bruder getan?

»Wusstest du, dass er für Saya arbeitet?«
Für Saya ...? Ist Saya so etwas wie eine Organisation? Warum weiß Oli, dass Luupi dafür arbeitet?

Das Wasser in der Spüle färbt sich hellrot.
Wieso blutet der denn? Verprügelt der zwischendurch Leute?

Ich fass mal ein bisschen für mich zusammen, manchmal versteht man ja mehr, wenn man schreibt ...

Oli unterdrückt Kasta im Reallife, schließt sie in ihr Zimmer ein, bedroht sie. Sie flieht davor in die VR, die zwar schon ganz cool ist, aber eben noch nicht so HIghEnd, dass man da dauerhaft leben möchte.
Das erinnert mich an Ready Player One, obwohl die VR dort ja schon so geil ist, dass keiner mehr in der echten Welt leben will.

Kasta baut dort also ein Frauenhaus auf, das die Frauen nicht nur aufnimmt sondern ihnen auch noch bessere Avatare herstellt, von denen scheinbar abhängt wie gut man in der VR wahrnimmt und wahrgenommen wird.
Mich wundert es, dass vieles noch so zurückgeblieben ist, wie der kleine Fernseher, und die relativ schlechte VR, es abr möglich ist den Geist eines Menschen in VR zu übertragen, ohne den Körper noch aufzubewahren. Das ist ja schon ne krasse Sache, die aber keiner so richtig zu verstehen scheint, so nach dem Motto, wenn se weg sind, sind se wohl tot wa. Kann man dann nich einfach ein paar Sicherungskopien machen? Hat man dann Klone?

Luupi ist anscheinend ein Wunderkind, der coole Sachen kann aber keiner Interessiert sich dafür, außer eine Programmiererin, die ein Frauenhaus erstellt. Ernsthaft? Das wär doch voll geil, wenn man Gerüche erzeugen kann und die anderen nicht. Würde sich da nicht jedes unternehmen drauf stürzen?

Luupi und Kasta haben oder hatten so etwas wie eine Beziehung, die aber von Oli nicht genehmigt wurde.
Welche Rolle spielt Oli im Bezug auf Saya? Ich habe den Eindruck, dass er nicht so viel mit der VR am Hut hat. Aber er weiß über Saya Bescheid und Luupi erzählt etwas von einem Überfall? Ist Oli einer der Hacker? Irgendwie passt das nicht zu dem Bild was ich von ihm vor Augen habe. Dann müsste der doch selbst zuhause vorm Rechner sitzen und nicht vor dem Fernseher ohne Fernbedienung.

Insgesamt finde ich die Geschichte zu überladen. Die Thematik ist ja nicht gerade einfach, man muss sich in die Technologie einfinden, in die sozialen Gefüge dort, das Frauenhaus, den familiären Hintergrund. Also mich hast du leider nicht erreicht. Ich hoffe meine Anmerkungen machen irgendwie Sinn für dich.

So weit von einem eigentlich kein SF-Fan, der lernen musste, selbst SF-Autor zu sein. :drool:

Liebe Grüße,
NGK

 

Hallo @TeddyMaria,

vermutlich hast Du eine interessante Geschichte geschrieben, aber ich hab schon bald aufgehört zu lesen. Warum, es ist abends, ich bin müde und wollte nur eine Geschichte ohne groß zu überlegen lesen. Nachdem ich deine ersten drei Absätze mehrmals durchlas bis ich diese wirklich kapiert habe (bzw. meine grauen Zellen zum Nachdenken angeregt habe), spare ich mir den Rest für später auf und schreibe Dir nun eine Kritik.

»Willkommen, Kasta.« Sayas Stimme bringt die Luft zum Beben, volltönend, übermenschlich, nur für meine Ohren hörbar.

Vielleicht kommt (viel) später eine Auflösung, aber warum kann nur Kasta es hören, wenn Sayas Stimme so "raumfüllend" ist? Und was verstehst du unter übermenschlich? Mir ist schon klar, was du meinst, aber das kann man besser beschreiben.

Sie spricht mit einer Frau. Die Züge der Fremden sind bewegungslos, ihre Kleidung weiß. Eine Besucherin.

Kann Kasta das Gesicht der Besucherin sehen? Von wo weiß sie, dass ihre Züge bewegungslos sind? Normallerweise sitzt die Empfangsdame ja so, dass sie den Eingang im Blick hat. Und ist es eine Besucherin oder eine (potenzielle) Kundin?

Einfacher schreiben: Sie sprich mit einer Besucherin, so weiss gekleidet wie das Licht der Lobby.

Ich mag abgehackte Formulierungen, aber nicht banale wie: sie spricht mit einer Frau. Es ist eine Besucherin.

Und Achtung, mit Fremde und Besucherin assoziere ich schon mal einen Mensch.

»Bei Saya sind Sie in Sicherheit«, sagt Julia.

Äh na gut, ich lass mich überraschen vor was Sie hier in Sicherheit ist, oder mit was.

»Durch die Auflösung Ihres Körpers und das vollständige Aufgehen in einem hervorragend designten Avatar ist Ihre körperliche Unversehrtheit garantiert.«

Äh (ich dopple) nein. Du schreibst zuerst, dass ihr Körper aufgelöst wird und dann das die körperliche (also was aufgelöst wurde) Unversehrtheit garantiert ist ... Was willst du uns sagen? Ich hab da ein paar Ideen, was du meinst.

Ich lasse die Schultern hängen. »Was gibt’s?«

Aha, Kasta ist also irgendwie bekannt hier. Und nach ihrer Reaktion arbeitet sie hier mit der Einstellung: bitte keine Arbeit.

»Darf ich Ihnen unsere Chefin vorstellen?« Julia strahlt die Frau an, die aus den leblosen Augen ihres Avatars zu mir aufsieht. »Kasta hat Sayas Haus erschaffen.«

Nun wird es schon interessanter. Die Frau ist ein Avatar und daher eigentlich gar kein Mensch. Aber nun tauchen auch x-Fragezeichen in meinem Kopf auf. Sind Kasta und Julia vielleicht auch Avatare, dann muss ich mein geistiges Bild schon korrigieren. Ich fange also nochmals von vorne an, und schaue, ob ich etwas übersehen habe. Versuche mir einen Reim zu machen.

Ich gebe der Frau die Hand. Die Berührung fühlt sich beinahe echt an – oder würde es tun, wenn die Haut der Besucherin mit etwas mehr Fingerspitzengefühl erstellt wäre.

Heißt das, dass Kasta eine echte Person ist, wenn sie spürt, dass die Haut der Kundin oder Besucherin nicht echt ist?

Wir designen auch Avatare für Sie und Ihre häufigsten Besucher«

Warum erwähnt Kasta, dass sie auch für häufigsten Besucher Avatare erstellt. Die Erwähnung von den Besucher der Besucherin steht hier in welchem Kontext? Weiß Kasta schon mehr über die Besucherin?

So fühlen sich Berührungen zwischen Avataren in Sayas Haus möglichst realistisch an.«

Um den Lesefluss angenehm zu gestalten empfehle ich, dass du den zweiten Satz zuerst schreibst. So ist es viel verständlicher, sprich was - wie, und nicht wie - was.

Ich komme hier einfach nicht um den Gedanken herum, dass es sich um ein Bordell handelt.

TeddyMaria, mach es mir nicht so schwer. Ich werd deine Geschichte auch mal ganz durchlesen, aber nicht mehr heute.

Beste Grüße
Kroko

 

Hi @TeddyMaria,

wir korrespondieren ja ab und zu, aber jetzt will ich auch endlich mal eine Geschichte von dir kommentieren. Dazu sei gesagt, dass ich den Text heute am frühen Abend das erste Mal gelesen habe und jetzt ein zweites Mal durchgehe. Dabei schreibe ich einfach mit, was mir auffällt.

»Willkommen, Kasta.« Sayas Stimme bringt die Luft zum Beben, volltönend, übermenschlich, nur für meine Ohren hörbar. Die Lobby ist in weiches Licht getaucht, und hinter dem Empfangstresen sitzt Julia, das blonde Haar über die Schulter geworfen. Sie spricht mit einer Frau. Die Züge der Fremden sind bewegungslos, ihre Kleidung weiß. Eine Besucherin. Sie nimmt eine Broschüre von Julia entgegen.
»Bei Saya sind Sie in Sicherheit«, sagt Julia. »Durch die Auflösung Ihres Körpers und das vollständige Aufgehen in einem hervorragend designten Avatar ist Ihre körperliche Unversehrtheit garantiert.« Sie blickt auf. »Kasta!«

Zu viele Figuren auf einmal, zu viele Namen. Dann noch das Scifi-MumboJumbo. Letzteres hat sicher seine Berechtigung, denn du willst ja zur Sache kommen, das Grundkonzept zumindest schonmal andeuten. Aber darauf kann ich mich gar nicht konzentrieren, weil ich kaum nachvollziehen kann, wer was wann warum macht. Jetzt beim zweiten Lesen komme ich zwar zurecht, aber beim ersten Mal musste ich diesen Absatz mehrmals lesen. Da muss meiner Meinung nach ein simplerer Einstieg her. Die Julia könntest du z.B. schonmal streichen, die spielt ja in der Geschichte eh kaum eine Rolle.

Ich lasse die Schultern hängen. »Was gibt’s?«

Ich deute das mal als erstes Zeichen, dass Kasta nicht glücklich ist in dieser künstlichen Welt. Das passt ja zu ihrer späteren Entscheidung, dass sie dort nicht auf Dauer existieren möchte. Allerdings frage ich mich, ob dieser Zusatz in dieser Form womöglich etwas unglücklich platziert ist. Nichtgeburtstagskind schreibt, die Stelle sei verwirrend. Ich habe auch kurz meine Stirn gerunzelt, denn es deutet einfach nichts auf einen Grund für die hängenden Schultern hin. Es wirkt etwas zusammenhanglos. Erst jetzt beim zweiten Lesen kann ich etwas damit anfangen. Natürlich könnte man sich da auch fragen, ob das nicht etwas positives ist, Hinweise, die über den Text verteilt sind und erst auffallen, wenn man weiß, wonach man suchen muss. Allerdings glaube ich nicht, dass solche Hinweise beim ersten Lesen Stutzen verursachen sollten.

Die Berührung fühlt sich beinahe echt an – oder würde es tun, wenn die Haut der Besucherin mit etwas mehr Fingerspitzengefühl erstellt wäre.

Ich bin unsicher, was gemeint ist. So, wie es da steht, ist es eigentlich klar: Die Berührung würde sich beinahe echt anfühlen, wenn die Haut der Besucherin mit mehr Fingerspitzengefühl erstellt wäre. Das ergibt für mich aber nur begrenzt Sinn. Ist nicht eher gemeint: Die Haut der Besucherin würde sich echt anfühlen, wenn sie mit mehr Fingerspitzengefühl erstellt wäre? Da das nötige Fingerspitzengefühl aber fehlt, fühlt sich die Berührung eben nur beinahe echt an?
Außerdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob Fingerspitzengefühl metaphrisch oder wörtlich gemeint ist.

»Wir designen auch Avatare für Sie und Ihre häufigsten Besucher«, sage ich. »So fühlen sich Berührungen zwischen Avataren in Sayas Haus möglichst realistisch an.«

Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Würden die Besucher der Besucherin ( :confused: ) sonst mit anderen Avataren in das Haus gehen und das wäre dann schlecht hinsichtlich eines möglichst realistischen Gefühls bei den Berührungen?

Die Frau nickt. »Freut mich, Sie kennen zu lernen. Aber ich dachte, die Chefin des Hauses wäre Saya.«
Ich lache, weise auf die Sofaecke am anderen Ende der Lobby. Die lederbezogenen Möbel stehen dort erst seit heute Morgen, Luupi hat mich angerufen, nachdem er sie platzierte. »Ich muss noch was prüfen.«

Auch beim zweiten Lesen erschließt sich mir nicht die Geheimniskrämerei.

Ich schlendere zur Sofaecke, setze mich auf eine Kante eines roten Sofas, sauge den eleganten Ledergeruch in mich auf.

Die Wiederholung ist nicht so schön. Außerdem bin ich etwas irritiert über die Beschreibung des Ledergeruchs als "elegant". Elegant passt eher zu Dingen, die man sehen kann, würde ich sagen, etwa Designs oder Bewegungen. Vielleicht passt es auch im akkustischen Rahmen. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Musik einen eleganten Klang hat. Aber Gerüche? Das kommt mir nicht richtig vor.

Bevor ich Luupis Welt betrat, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass es in der VR einmal einen Ort geben könnte, der der Außenwelt zum Verwechseln ähnlich wäre. Doch als ich mich vor drei Jahren in seinem Indie-Spiel wiederfand, wusste ich, dass Sayas Haus ein Zufluchtsort werden konnte – auch für mich.
Gerüche oder Geschmäcker können nicht simuliert werden. Viele Designer glauben das. Ich glaubte das. Jahrelang baute ich für den Spielehersteller Wolna Wolkenkratzer, die niemand betreten konnte, errichtete heruntergekommene Welten, in denen Spieler sich gegenseitig bekriegten. Ich konzentrierte mich auf Haptik, Akustik und Optik, vergaß den bitteren Geschmack von Angst auf der Zunge, den modrigen Geruch, der alte Gebäude erfüllt. Bis ich beim Zocken in Luupis Welt landete. Sie war voller Gerüche. Der eklig-süße Geruch von Blumen, der scharfe Geruch von frischgemähtem Gras, der alarmierende Geruch von Rauch.
Luupi hat keine Geheimnisse, vor niemandem. Er versucht, mir zu zeigen, wie er diese Geruchswelten erschafft. Es ist ein Luupi-Code, der Luupi-Code. Ich verstehe ihn nicht, egal wie oft er es erklärt. Und er spielt damit, als wäre es das Einfachste von der Welt. Es ist nicht fair.

Ein fetter Expositionsblock. Das gefällt mir nicht. Beim ersten Lesen war ich an dieser Stelle immer noch damit beschäftigt zu ergründen, was überhaupt los ist, was Sayas Haus für ein Ort ist, was es mit den Avataren und mit all den Figuren auf sich hat. Da kommt diese Exposition dazwischen und reißt mich aus dem Geschehen heraus. Und dann hab ich auch noch Schwierigkeiten, der Exposition zu folgen, da ich gar nicht verstehe, was hier überhaupt erklärt werden soll. Ich würde diesen Block massiv kürzen, vielleicht auch ganz eliminieren und die wichtigsten Bestandteile fließend in den Gesamttext einarbeiten.

Diesen Geruch kenne ich, er erinnert mich an das schmale Bett in dem schlauchartigen Zimmer, das Luupi im Haus seiner Mutter bewohnt. Seltsam geschnitten ist dieses Zimmer, lang und schmal.

Der fettmarkierte Satz kann raus, du hast ja schon das "schlauchartig" im Satz davor.

Wenn ich die Augen schließe und an dem Kissen rieche, höre ich wieder das Summen seines Computers, nehme den Geruch der Bettwäsche, den Schweißgeruch seiner Haut in mich auf.

Auch nicht so geschmeidig, finde ich. Vorschlag: "und an dem Kissen rieche" rausnehmen, weil ja klar ist, dass sie das Kissen immer noch in ihr Gesicht presst. Wenn sie durch die Nase atmet, findet das Riechen ja automatisch statt. Das müsste also nicht extra erwähnt werden. Aus dem "Geruch der Bettwäsche" könntest du "Duft der Bettwäsche" machen (auch/obwohl das womöglich etwas euphemistisch wäre).

Mir gegenüber lässt Ella sich in einen Sessel fallen.
»Oli hat das Haus betreten.«

Und noch mehr Namen. Kasta, Saya, Julia, eine namenlose Besucherin, Luupi, Ella, Oli. Das ist schon eine Menge auf ziemlich kleinem Raum, finde ich. Ella wäre für mich wieder ein Streichkandidat, trägt für mich nichts Wesentliches zum Geschehen bei. Von Bedeutung sind ja eigentlich nur Kasta, Luupi und Oli. Und natürlich Saya, aber die scheint ja eher ein Programm zu sein.

Oli wirft seine Schlüssel auf die Kommode und geht vor mir her in die Küche.

Für meine Ohren klingt das irgendwie unschön. Das mag subjektiv sein, aber mir gefiele besser, die Sache auf zwei Sätze aufzudröseln. Etwa: "Oli wirft seine Schlüssel auf die Kommode und geht in die Küche. Ich folge ihm."

Er lässt sich auf seinen Platz fallen, den Platz, von dem aus man, ohne aufzustehen, an den Kühlschrank, die Spüle und an den kleinen Fernseher ankommt.

"rankommt" soll das vermutlich heißen?

Ich stelle die leere Flasche in den Bierkasten, öffne die Tiefkühle, entnehme ihr eine Schale Fertiglasagne.
»Lasagne.«

Die Doppelung ließe sich vermeiden, wenn zunächst unklar bliebe, was genau Kasta aus dem Tiefkühlschrank holt (nicht dass dieses Element besonders spannend inszeniert werden müsste, aber wenn sich so eine unschöne Wiederholung vermeiden lässt ...)

Im ersten Programm laufen die Nachrichten. »Präsidentschaftskandidat Ludwig sagte gestern in der Talkshow …«

Kann raus, hat keinen Mehrwert.

»Was? Ich dachte, du redest es ihr aus.«

Verstehe ich nicht. Es geht darum, dass Ella Flyer verteilen will. Was soll am Flyer verteilen so schlimm sein?

So, in der zweiten Hälfte des Textes war ich jetzt womöglich etwas nachlässig, da hab ich nichts mehr angemerkt. Aber es ist ja auch schon spät :sleep: Außerdem find ich die Geschichte in der zweiten Hälfte insgesamt besser. Es passiert mehr.

Allgemein weiß ich nicht so recht, was ich von der Geschichte halten soll. Meine erste Reaktion nach dem ersten Lesen war: underwhelming. Aber jetzt beim zweiten Lesen sind mir auch einige Dinge aufgefallen, habe ich einige Dinge verstanden, die mir zuvor verschlossen waren. Vieles geschieht im Hintergrund, wird auf der Oberfläche gar nicht behandelt. Jegliche Gewalt z.B.. Kasta scheint konstant Gewalt durch ihren Bruder ausgesetzt zu sein, aber im zeitlichen Rahmen der Geschichte kriegen wir davon unmittelbar nichts mit. Es wird nur angedeutet.

Das Dilemma, dem sich Kasta gegenübersieht, finde ich sehr interessant und es scheint wohl der Kern der Geschichte zu sein. In der Realität regelmäßig Gewalt erfahren, in der virtuellen Realität eine Zuflucht haben, dort aber nicht glücklich sein, weil es nicht echt ist. Also was tun?
Das zieht sich ja durch den ganzen Text, diese Hinweise, dass Kasta mit ihrer eigenen Schöpfung nicht so ganz zufrieden ist (deswegen auch die hängenden Schultern am Anfang, dazu hab ich mich ja schon ausgelassen). Die Frage ist jetzt, ob deine Herangehensweise die geschickteste ist. Wie gesagt, es passiert viel im Verborgenen, in der eigentlichen Geschichte sehr wenig. Daher kam meine unmittelbare Reaktion nach dem ersten Lesen. Ich hatte die ganze Zeit darauf gewartet, dass mal etwas passiert. Aber die einzigen nennenswerten Ereignisse sind ein Überfall auf Ella, von dem wir nur hören, und ein potentieller Hack, der schnell und einfach abgewehrt wird. Ansonsten dreht sich alles um Hintergrundgeräusche. Sayas Haus als Zuflucht für Frauen, denen Gewalt angetan wird/wurde, wovon wir nichts mitbekommen. Kastas Bruder, der gewalttätig ist, wovon wir ebenfalls nichts mitbekommen, jedenfalls nicht direkt (unmittelbar erfahrbar wird das für uns nur durch die abgeschlossene Schlafzimmertür, das einzige Mal, dass wir live miterleben, wie er Kasta Gewalt antut, auch wenn er gar nicht da ist). Kasta selbst, der die virtuelle Realität nicht echt genug ist, was sich aber nur durch einzelne Hinweise kundtut, bis sie es dann explizit ausspricht. Kurzum, ich glaube, mir fehlt ein Konflikt, etwas, das mich packt, eine Oberflächenspannung, in der sich der innere Konlikt der Erzählerin, das Dilemma: schmerzhafte Realität vs. zu unwirkliche virtuelle Realität manifestieren kann.

In der jetzigen Form ist es halt eher so, dass wir einen Ausschnitt aus Kastas Leben sehen und am Ende bleibt alles beim Status quo. Ich denke, ich hätte mir mehr Dynamik gewünscht. Aber ich muss da auch noch genauer drüber nachdenken. Das Thema ist ja kein einfaches bzw. du vermengst hier ja sogar zwei durchaus schwierige Themen. Da kann man sich schonmal etwas den Kopf zerbrechen. Deswegen will ich jetzt auch noch kein endgültiges Fazit ziehen. Du wirst ja wahrscheinlich auch noch ein bisschen was verändern, gegebenenfalls schau ich dann nochmal rein. Zumindest in der ersten Hälfte solltest du meiner Meinung nach nochmal einiges überdenken, speziell den Aufbau betreffend. Der Einstieg fällt sehr schwer und zumindest ich habe sehr lange gebraucht, bis ich eingermaßen begriffen hatte, was überhaupt los ist in der Geschichte, so zwischen all den Namen und dem Avatar-Gerede und dem Expositionsblock ...

Nun denn, sieh zu, Maria. Ich hoffe, du kannst etwas mit meinen Anmerkungen anfangen.

Liebe Grüße
Mix

 

So, meine Lieben

Da habe ich mal nicht versucht, was Perfektes zu schreiben … Dass man sich hinterher ärgert und sich denkt: Ich hab’s doch gewusst, ist wohl ein Risiko, mit dem alle Unperfektionisten leben müssen (Leute, wie macht ihr das?).

Aber der Reihe nach.

Liebe @annami

Ich habe zum Beispiel auch Star Wars nie auch nur annähernd verstanden.

Eins vorweg: In meinen Augen (und obwohl ich eine Fanatikerin bin, was Sci-Fi angeht, stimmen mir da viele zu) ist Star Wars keine Sci-Fi. Star Wars beginnt mit: Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis … Fantasy.

Wie auch immer, ich versuche nur, von mir abzulenken.

Vielleicht liegt das auch nur daran, dass ich mich zu wenig mit diesem Genre beschäftige. Wenn ich das öfter tun würde, würde ich vermutlich auch schnell lernen, wie man das richtig liest und somit verstehen kann.

Ich vermute mal, dass es tatsächlich einfacher ist, Geschichten wie diese zu begreifen, wenn man im Genre geübt ist. Aber auch das tut nichts zur Sache, denn das ist nichts, worauf ich mich ausruhen möchte.

Es ist ein bisschen ironisch, dass ich diesen ersten Absatz …

Ich finde, dieser erste Absatz zeigt das schon sehr gut: Gleich vier Personen, die alle kurz erwähnt werden, die ich aber nicht so wirklich einordnen kann, deren Umfeld ich nicht so richtig einordnen kann ...

… eingefügt habe, nachdem ich zuvor die Leser/innen einfach in die Handlung geworfen und meine Schwester damit total verwirrt habe. Meine Hoffnung war, dadurch durch Julia gleich erklären zu können, was abgeht. Dass dadurch einfach total viel auf einmal passiert … Das habe ich irgendwie übersehen.

Jetzt, wo Du es sagst, fällt mir auch auf, wie viele Personen da auftauchen. Ich habe bisher immer nur Kurzgeschichten (abgesehen von „Chaosfahrt“, aber das klammere ich gerne aus) mit einem Personal von maximal drei namentlich genannten und real in Erscheinung tretenden Personen geschrieben. Dass es hier mehr waren, dachte ich, kann ja „mal“ nicht so schlimm sein. Dass davon drei direkt im ersten Absatz auftreten, hui, das habe ich einfach übersehen.

Ich muss wohl generell mindestens an die erste Hälfte der Geschichte nochmal ran. Wie ich das Problem löse, weiß ich allerdings noch gar nicht.

Und ich hoffe, Du konntest Dich in der Zwischenzeit entknoten.

Unperfekte Grüße,

Maria


Hallo, @Alveus Jekat

Also, Deinen Kommentar habe ich jetzt sehr, sehr oft gelesen. Da passt ja einfach alles.

Am meisten hat mich beeindruckt, dass Du zwei Problematiken der Gesellschaft verbindest, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben; Gewalt an Frauen und Realitätsverlust durch VR.

Ich frage mich ein bisschen, ob Du das alles sofort oder wann Du das verstanden hast, da die Geschichte ja bei anderen Leuten Verwirrung ausgelöst hat. War die bei Dir zu keiner Zeit da oder hast Du doch zwischendurch das Gefühl der Verwirrung gespürt?

Wobei ich selbst ja in den letzten Monaten zahlreiche Sci-Fi-Geschichten gelesen habe und mir denke, dass man bei diesem Gefühl der Verwirrung auf keinen Fall aufhören sollte. Wenn man was auf Anhieb nicht versteht, muss man meistens weiterlesen, bis man erkennt, um welche Welt es sich dreht. Kürzlich habe ich z.B. eine Geschichte über „Plattformen“, also riesige Schiffe gelesen, die ein eigenes Bewusstsein entwickelt haben. Was meinst Du, wie verwirrt man da am Anfang war? Aber sehr beeindruckende Geschichte, hat mich total berührt.

Na ja, ich will mich nicht rechtfertigen, und vor Dir muss ich das ja anscheinend gar nicht. Wenn Du mir nur kurz sagen könntest, wie hart Du arbeiten musstest, um zu diesem Textverständnis zu kommen, und ob Du, um Annas These von oben aufzugreifen, zufälligerweise geübter Sci-Fi-Leser (ich impliziere mal, Du seist ein Mann, bin mir aber nicht sicher) bist?

Ich sehe darin Potential für etwas viel, viel Größeres! Ich würde zB. gerne wissen, wie es den Frauen ergeht, die sich entscheiden, das echte Leben aufzugeben, um bei Saya in Sicherheit zu sein. Mich würde interessieren, was Kasta über ihren Bruder denkt. Was ist mit Tina? Ist sie vielleicht wirklich noch irgendwo, gefangen in einem Backup? Und warum ist die Welt scheinbar technologisch eingefroren, wenn die Menschheit doch eine so großartige VR errichten kann? Leben alle Menschen schon zu sehr in der VR, um sich um die "Draußen-Probleme" zu kümmern?

Haha. Alles Fragen, die ich mir auch gestellt habe, die aber natürlich den Rahmen des Textes sprengen. Dass das Leben in der VR, getrennt von den Kindern, etwas ist, wofür sich wenige Frauen entscheiden, habe ich zu Anfang zu behandeln versucht, dann aber wegen der reinen Fülle von Informationen gestrichen. Dass man von Avataren einfach ein Back-up erstellen könnte und sie dann unsterblich wären, ist mir auch aufgefallen. Darauf möchte ich aber eigentlich nicht näher eingehen.

Deine Detail-Anmerkungen werde ich voraussichtlich heute Nachmittag einarbeiten. Vielen Dank dafür!

Die Tatsache, dass es kein reiner Männer-gegen-Frauen Kampf ist, sondern, dass es auch eine männliche Figur gibt, die für die Frauensache kämpft und Opfer bringt. Und trotzdem bei den Frauen auf Misstrauen stößt, vielleicht weil sie Angst vor Männern haben, vielleicht, weil sie Männer pauschalisieren.

Ja, das war mir wichtig. Pauschalisieren ist blöd, deshalb will ich als Autorin nicht dorthin geraten. Andere dürfen dann aber zeigen, wie blöd pauschalisieren ist.

Du kannst wirklich was, und Du könntest noch viel mehr, denn ich bin überzeugt, allein aus dieser Geschichte könntest du einen Roman zaubern, der mit Philip K. Dick und Ko mithalten könnte.

Meine Güte, Alveus, ich werde ganz rot. Aber nein, einen Roman werde ich versuchen zu schreiben, wenn ich mein Studium abgeschlossen habe. Bis dahin sammeln sich Exposés für mögliche Romane in meiner Schublade, aber das ist nichts, was ich mir jetzt antun will.

Danke für Dein Feedback und das super viele Lob. Hat mich sehr, sehr gefreut.

Rote Grüße,

Maria

So, und jetzt kommt der unangenehme Teil: Meine letzte Klausur. :p Und danach werde ich mich mit den restlichen Kommentaren befassen. Da liegen ja ziemlich viele Finger in der Wunde. Zum Glück habe ich dann Zeit, das Baby zu pflegen. :D

 

Hey liebe @TeddyMaria,

ich habe deine Geschichte gestern schon gelesen, war aber schon zu müde und wollte sie noch mal aufnahmefähiger lesen. ;)
Also ich bin sicher der falsche Leser dafür, denn Sci-Fi und Technik verursachen in meinem Kopf Knoten. Trotzdem habe ich die Geschichte nach zweimal lesen verstanden, weitestgehend, glaube ich. Dabei war es vielleicht von Vorteil, dass ich als Kind gern Raumschiff Enterprise gesehen habe und manchmal habe ich später die nächste Generation davon gesehen. Die sind ja auf ihrem Raumschiff nie wirklich in Urlaub gefahren, die hatten so einen Raum, da drückten sie einen Knopf, sagen wir mal Ibiza und der Raum simulierte Ibiza. Für die war es als wären sie da, in Wirklichkeit waren sie aber die ganze Zeit in einem leeren Raum. So ähnlich habe ich mir das bei deiner Geschichte vorgestellt. Einige Fragezeichen blieben aber in meinem Kopf ...

Am Anfang verstand ich erst mal gar nichts. Da waren so viele Leute auf einmal. Ich habe immer noch nicht verstanden, wer Ella ist. Und wer oder was ist Saya, sowas wie Alice oder Siri oder sowas?

Dann stöpseln diese Frauen sich ein und was genau passiert dann, ich meine sind die noch da, vor dem Computer oder verschwinden die tatsächlich dann in diese Welt, ich meine auch körperlich? Das ging für mich nicht so ganz klar hervor, ich tippe hier eher auf zweiteres, da es ja verheerend wäre, Frauen Sicherheit vorzugaukeln, während sie eigentlich weiterhin vor dem Rechner sitzen und jederzeit in Gefahr sind.

Diese Schwester-Bruder-Sache habe ich auch nicht ganz verstanden. Ist er die Gefahr für sie?
Den Eindruck habe ich irgendwie nicht, denn er versucht sie zu beschützen, auf mich wirkt das so und ich sehe das in der Geschichte auch berechtigt, da, sagen wir mal, das Ganze schon ein bisschen irre ist und sie selbst ja die Problematik sieht, in dieser Welt zu bleiben. Ich meine, wäre das möglich? Das wurde mir auch nicht klar, dort ist ja eigentlich nichts echt oder? Würden die nicht verhungern und verdursten? Warum sperrt er sie ein und lässt den Computer aber in dem Raum? Wenn er um die Dinge weiß und sie davor beschützen will, ergibt das für mich keinen Sinn, die Gefahr ist doch weniger das sie aus dem Haus geht, als das sie in diese Welt durch den Computer abtaucht.

Insgesamt finde ich das sehr interessant. ( Sorry, war ausversehen auf abschicken gekommen.)
Die Idee das Menschen sich in Teilchen auflösen und an anderer Stelle auftauchen. Beschäftigt auch viele Wissenschaftler. In unserer Zeit nur theoretisch. Ich habe keinen Schimmer von Technik aber ein sehr reges Interesse an Quanten und Astrophysik. Philosophie greift da oft ein. Ja, die Philosophen schreiben nicht bloß hochtrabenden Texte. Die meisten Physiker und Mathematiker bezeichnen sich selbst auch als Philosophen, das geht von Pythagoras über Einstein bis zu Karl Marx, der übrigens gezielt ein Philosoph war. Der leider kürzlich verstorbene Stephen Hawking beschäftigte sich auch damit. Die Existenz von Wurmlöchern, zu winzig für Menschen, doch die Theorie, die Materie soweit zu entschlüsseln, Menschen über Fragmente zu übermitteln wie bei einem Fax etwa. Da man in der Quantenphysik davon ausgeht, nichts um uns ist fest, alles besteht aus Teilchen, theoretisch könnte man durch einen Tisch einfach hindurchschlagen. Warum das praktisch nicht geht, wird nun zu Komplex um das zu erörtern. Vielleicht ist etwas in der Art wie in deiner Geschichte einmal möglich, in einer sehr fernen Zukunft.
Ich weiß klingt ziemlich abstrakt, doch Einstein hat seinerzeit therotisch bereits Gravitationsstrahlung nachgewiesen. Erst vor einigen Jahren war die Technik soweit sie Messen zu können und da wurde seine Theorie bestätigt.

Daher ich fand das recht interessant, aber auch erschreckend sich vorzustellen, Menschen verlassen einfach die Realität und leben lieber in einer Pseudo-Welt.

Liebe Grüße
Charly

 

Gude @TeddyMaria,

oh SciFi! Lese ich total gerne, weil mich die Ideen faszinieren. So auch hier.

Eine virtuelle Realität als Schutzraum für Menschen, die in der Realität Gewalt ausgesetzt sind und waren, ist ein kerniges Thema, das du meinem Empfinden nach gut angehst. Du setzt gewisse Leerstellen, selten gibt es Details zu den Gräueln – der Fokus liegt auf der Psyche nicht auf rohen Gewalteffekten, das gefällt mir.

Zum Anfang wurde viel gesagt: Mein Vorschlag wäre, hier ein, zwei Sätze einzufügen, um Verwirrungen vorzubeugen.

»Willkommen, Kasta.« Sayas Stimme bringt die Luft zum Beben, volltönend, übermenschlich, nur für meine Ohren hörbar.

-> Hier könntest du z.B. beschreiben, dass sich die VR aufbaut (à la „binnen weniger Sekunden setzt sich aus Lichtblöcken ein Bild vor mir zusammen“). Damit würde meinem Empfinden nach der „Ortswechsel“ deutlicher werden und damit auch an typische Vorstellungen anknüpfen, dass eine „Computerstimme“ eine Begrüßung beim Eintritt in die fremde Welt ausspricht.
Danach eventuell noch „Ich stehe in der Lobby, sie ist in weiches Licht …“

Die Lobby ist in weiches Licht getaucht, und hinter dem Empfangstresen sitzt Julia, …

»Bei Saya sind Sie in Sicherheit«, sagt Julia. »Durch die Auflösung Ihres Körpers und das vollständige Aufgehen in einem hervorragend designten Avatar ist Ihre körperliche Unversehrtheit garantiert.« Sie blickt auf. »Kasta!«
Ich lasse die Schultern hängen. »Was gibt’s?«
»Darf ich Ihnen unsere Chefin vorstellen?« Julia strahlt die Frau an, die aus den leblosen Augen ihres Avatars zu mir aufsieht.

-> Über das „Sie blickt auf“ bin ich beim ersten Mal gestolpert, obwohl es theoretisch fehlerfrei ist. Mein Missverständnis beruhte wohl darauf, dass sich hier zwei Frauen gegenüberstehen und ich nicht auf Anhieb das „sie“ zuordnen konnte (obwohl eigentlich eindeutig).
Mein Vorschlag: Die Dame am Empfang unterbrach ihre Präsentation, als sie mich sah und rief: „Kasta!“
Deutlich länger, aber auch für etwas verpeiltere Menschen leichter durchschaubar.

Daran anknüpfend war ich noch etwas verbaselt wegen dem „Darf ich Ihnen unsere Chefin vorstellen?“ – da ich dachte, die Frage ginge an Kasta. Das löst sich auch im nächsten Moment auf, aber das Missverständnis besteht für … na, ich sag mal, mindestens 0,35 s. ;)
Ich würde hier also vorschlagen, das zu drehen; also zu schreiben:
>> „… und rief: Kasta!“ Und dann an die Besucherin gewandt: „Darf ich Ihnen unsere Chefin vorstellen?“ <<

Es ist nicht fair.
-> Den Satz würde ich streichen. Er lässt Kasta in meinen Augen weinerlich erscheinen, was so gar nicht zu meinem Empfinden der Figur passt. Darüber hinaus sieht sie zwar die enormen Erfolge, die Luupi gemacht hat, aber auch die Probleme, die noch vor ihm liegen – diese Wahrnehmung spricht meinem Gefühl nach gegen eine einseitige Aussage: „Es ist nicht fair [, dass er das so mit einem Fingerschnipsen hinkriegt]“

Weiß vor meinen Augen, das Licht blendet mich. Das Einwählen dauert fast zehn Sekunden. Es dauert eben, an einen Ort zu gelangen, der gut geschützt ist.
-> Diese Stelle gefällt mir sehr gut. Es dauert „eben“, „fast zehn Sekunden“ als wäre es eine Ewigkeit. Das zeigt wunderbar, wie gewohnt die Protagonistin im Umgang mit Technik ist, dass die Wartezeit von 10s für das Einsteigen in eine hochkomplexe VR schon extrem lange vorkommt.

Insgesamt hat mir deine Geschichte sehr gefallen. Sobald ich den Anfang verstanden hatte, las sich der Rest sehr gut und flüssig. Die Frage, die für mich am Ende bleibt, ist ein wenig: „Wohin geht es?“
Man könnte die Geschichte lesen, als ein: „Man kann vor seinen Problemen nicht davonlaufen.“ Denn die Bedrohung durch Draußen bleibt bestehen, auch wenn sich die Form verändert hat.
Ein wenig wird dieser Eindruck dadurch gestärkt, dass die Gesamtsituation statisch bleibt, d.h. wir befinden uns am Ende – nachdem wir diese Welt kennengelernt haben – an der Ausgangssituation. Das soll nicht heißen, dass die Kurgeschichte langweilig wäre! Es ist ein interessantes „Was-wäre-wenn (es VR-Schutzräume gebe)“-Szenario, darum spannend.

Neugierig wäre ich aber auch auf ein konsequentes Drängen hin auf die Frage: „Was ist eigentlich Realität?“
Kasta beschreibt für sich u.a. das Brennen von Alkohol als gewohnheitsmäßigen Reiz, den ihr die VR nicht bieten kann – also ein Verlust, würde sie die Realität aufgeben. Andererseits käme niemand auf die Idee, die Nicht-Wahrnehmung von Infrarotstrahlung als Verlust zu bezeichnen. Könnte man sich also nicht daran gewöhnen, dass einem etwas „fehlt“, ginge man in die VR? Insbesondere, wenn man auf der anderen Seite vielen Reizen entgeht, die man wirklich nicht haben will. Und vor allem, wenn man wie Kasta, das Draußen (vorgeblich?) hasst.
Wäre dann letzten Endes nicht die VR genauso gültige Realität, nur mit anderen Sinnen, wie alles andere?

Naja, bevor ich jetzt weiter pseudo-philosophiere, mache ich lieber mal Schluss und hoffe, du kannst mit meinen Vorschlägen etwas anfangen!

Liebe Grüße,

Vulkangestein

 

Hi @TeddyMaria

Mein Kommentar wird nicht lang, denn es ist ja schon viel Positives gesagt worden. Ich habe deine Geschichte gerne gelesen und finde du hast die Charaktere plastisch umgesetzt. Wenn es um den Plot geht hätte ich mir eine etwas klarere Linie gewünscht, die ich leichter hätte verfolgen können.

Du hast die Story mit einem SciFi tag versehen. Ich bin mir da nicht so sicher, denn das einzige richtige SciFi Element daß ich finden konnte war dein Hinweis auf Neuralbuchsen

als ich den Stecker der Neurobuchse aus meinem Nacken ziehe
und vielleicht noch der HInweis daß man in VR Umgebungen riechen kann.
Er versucht, mir zu zeigen, wie er diese Geruchswelten erschafft. Es ist ein Luupi-Code, der Luupi-Code.
Ohne diese beiden Sachen ist es eine reine "Gesellschaft" Geschichte. Zwar eine die viel mit virtueller Realität und Online-Welten hantiert, aber das ist ja nicht wirklich Fiktion.

Grüße
K.

 

Liebe @TeddyMaria!

Ich schicke voraus: Ja, ich bin ein geübter Sci-Fi-Leser. Ich sehe es weniger als Textverständnis, sondern eher als "Weltverständnis". Gerade bei Sci-Fi-Geschichten hinterfrage ich die Dinge nicht, so lang sie ineinander greifen, nachvollziehbar sind und sich nicht widersprechen. Aber ich denke schon, dass man das erst erlernen muss. Die bedingungslose Akzeptanz für Dinge, die ganz und gar unlogisch oder unvorstellbar wirken, aber eben nur in unserer Welt, nicht in der Welt der Geschichte.

Ich frage mich ein bisschen, ob Du das alles sofort oder wann Du das verstanden hast, da die Geschichte ja bei anderen Leuten Verwirrung ausgelöst hat. War die bei Dir zu keiner Zeit da oder hast Du doch zwischendurch das Gefühl der Verwirrung gespürt?

Ich war anfangs, so die ersten paar Zeilen lang, schon verwirrt. Aber wie Du sagst, das gehört zu einer Sci-Fi-Geschichte und macht ja auch irgendwie den Reiz aus. Alle Fragen, die am Anfang auftauchen, beantwortest Du recht schnell und nachvollziehbar. Deswegen ist das für mich absolut in Ordnung, dass man ein bisschen braucht, bis man sich in dieser Welt zurecht findet.

Alles Fragen, die ich mir auch gestellt habe, die aber natürlich den Rahmen des Textes sprengen.

Das verstehe ich absolut. Du hast bestimmt auch gut daran getan, auf diese Frage nicht einzugehen, es ist ja immer noch eine KG. Das alles wäre eben eher etwas für einen Roman.

Aber nein, einen Roman werde ich versuchen zu schreiben, wenn ich mein Studium abgeschlossen habe. Bis dahin sammeln sich Exposés für mögliche Romane in meiner Schublade, aber das ist nichts, was ich mir jetzt antun will.

Auch das verstehe ich sehr gut. Mir geht es nicht unähnlich :P Wenn Du mal einen fertig hast, sag Bescheid. Einen Leser hast du schon.

LG
Alveus

 

Ich konzentrierte mich auf Haptik, Akustik und Optik, vergaß den bitteren Geschmack von Angst auf der Zunge, den modrigen Geruch, der alte Gebäude erfüllt. Bis ich beim Zocken in Luupis Welt landete. Sie war voller Gerüche. Der eklig-süße Geruch von Blumen, der scharfe Geruch von frischgemähtem Gras, der alarmierende Geruch von Rauch.
Luupi hat keine Geheimnisse, vor niemandem. Er versucht, mir zu zeigen, wie er diese Geruchswelten erschafft. Es ist ein Luupi-Code, der Luupi-Code. Ich verstehe ihn nicht, egal wie oft er es erklärt. Und er spielt damit, als wäre es das Einfachste von der Welt. Es ist nicht fair.

Vor ziemlich genau hundert Jahren äußerte Karl Kraus bereits Kritik am „technoromantischen“ Abenteuer (vgl. Die Fackel 474 – 83, Mai 1918) und kurz darauf den bloß technischen Fortschritt, wenn der moderne Homo sapiens sapiens noch als der alte „Troglodyt“ auf technologisch höherem Niveau [vgl. F 781-86, 22] der er ist, mit Harry Potter im Gepäck und dem iPod in der Hand durchs Neandertal stapft - freilich dann einem entlaubten Gebiet zwischen Düsseldorf und Wuppertal, dass Kraus moderner und aufgeklärter als alles elektronische Gepiepse und Gepupse läute: „Wenn ich nur ein Telephon habe, der Wald wird sich finden! Ohne Telephon kann man nur deshalb nicht leben, weil es das Telephon gibt."

Ohne Wald wird man nicht leben können, auch wenn's längst keinen Wald mehr geben wird. Dies gilt für die Menschheit. Wer über ihren Idealen lebt, wird doch ein Sklave ihrer Bedürfnisse sein und leichter Ersatz für den Wald als für das Telephon finden. Die Phantasie hat ein Surrogat an der Technik gefunden; die Technik ist ein Surrogat, für das es keines gibt. Die Andern, die nicht den Wald, wohl aber das Telephon in sich haben, werden daran verarmen, dass es außen keine Wälder gibt. Die gibt es nicht, weil es innen und außen Telephone gibt. Aber weil es sie gibt, kann man ohne sie nicht leben. Denn die technischen Dinge hängen mit dem Geist so zusammen, dass eine Leere entsteht, weil sie da sind, und ein Vakuum, wenn sie nicht da sind. Was sich innerhalb der Zeit begibt, ist das unentbehrliche Nichts“, (Die Fackel 445-53, S. 4).

Draußen regnet es, die Tannen stehen dicht und schweigend beieinander, ihre Nadeln wirken bläulich im Dunst. Der Geruch von Harz steigt mir in die Nase.

Oder aktuell: Weil der Kampf gegen selbstgesetzte Klimaziele auch dem letzten Träumer als verloren erscheinen wird, wird der Klimawandel hingenommen und man baut Klimaanlagen und moderne Pfahlbauten - und somit

hallo TeddyMaria,

warum – so magstu denken – kommt und schaut nun der vorbei, der ansonsten SF wie Fantasy und Horror weiträumig umgeht (findet er alle Elemente und allemal unter Historik und Märchen, die nur ihm, dem Spätgeborenen immr wieder zur Satire gerinnen), und was hat das alles mit Deiner feinen Geschichte zu tun?

Sie liegt auf der gleichen Linie und lässt sich sogar bis in die Zeit der bürgerlichen und industriellen Revolution zurückvefolgen, denn in den Briefen „über die ästhetische Erziehung des Menschen" äußert Schiller sich darüber, wo der Mensch noch kreativ sein darf und folglich frei. „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“, womit Schiller sicherlich keine Spielhöllen meint (da herrscht wie am Computer, den selbst ich benutz, das Programm, die Maschine und der Spieler und Autor degradiert sich zum Anhängsel der Maschine. Aber auch das hat Schiller schon im zwoten Brief erkannt: „Jetzt aber herrscht das Bedürfnis und beugt die gesunkene Menschheit unter sein tyrannisches Joch. Der Nutzen ist das große Ideal der Zeit", auf den in modernen Gesellschaften das Kleinkind schon im Kindergarten eingestimmt wird, ohne dass es von Grenznutzen und Sättigung, Gewinnmaximierung und der nur scheinbaren Befriedigung durch die Optimierung weiß. Dass der Ausdruck „avatara“ aus dem Sanskrit eine religiöse Bedeutung hat, erhebt den Prothesengott ins Paradies der Ersatzreligion Konsumismus. Auch hier wird die These Karl Kraus‘ bestätigt, wir sind immer noch die alten Troglodytten, wenn auch auf technologisch höherem Niveau. Nach wie vor gilt das Recht des (manchmal nur vermeintlich) Stärkeren, wobei ich mir sicher bin, dass es auch „Männerhäuser“ geben müsste. Aber wo jeder (und sei es nur minimalst) anders ist, kann es keine Gleichheit geben, die noch für den Troglodyten galt, der dem Höhlenbären nur im Verbund der Gleichen die Höhle abtrotzen konnte (was ja nicht bedeutet, dass unsere Vorfahren in den Höhlen wohnten. Es sind, angeregt durch bis zu 40.000 Jahre alten Wandmalereie,n eher natürliche Tempel denn Paläste.

Der Computer piept. Zuerst gehe ich zum Bett, greife unter die Matratze, finde eine halbe Flasche Wodka. Ich setze mich an den Schreibtisch, klemme die Flasche zwischen die Knie. Als ich an der Maus rüttele, erwacht der Computer mit einem Ächzen zum Leben.

So weit, so gut, so Ende ich mit einer Wortspielerei:

»Gut, soweit.«
Soweit ich es verstanden hab (woraus dieses Konvolütchen entstand, was ja auch schon was ist. So hoff ich doch.).

Bis bald

Het windje

 

Hallo Teddy Maria,

von mir nur eine kurze Rückmeldung. Der Anfang! Der Anfang ist so furchtbar sperrig, dass du hier bestimmt schon viele potenzielle Leser verlierst. das ist eine Bombardement an Namen, da muss man schon richtig bei der Stange sein, um dem folgen zu können. Für den einstieg eher ungünstig, es sei denn, man heißt Steven King.
Dann geht es irgendwann, aber ab uns zu bleibt es verwirrend, wer da wer ist. Wenn man am Ball bleibt, ist die Geschichte aber gut zu verstehen. Vielleicht sogar ein bisschen einfach dargestellt. das kam mir an einigen Stellen zu erklärend rüber. Zumal ich auch etwas mehr für die Sinne von der Außenwelt bräuchte, um da einen Einklang zu bekommen, sei es durch Kontraste.
Die Beispiele pro Aufgabe des RL sind mir auch etwas zu dürftig weggekommen.
Das Thema an sich ist spannend und dank Google und Co auch wirklich Schreibens- und lesenswert, aber meiner Meinung, machst du es dir hier etwas zu einfach. Da reihen sich zu viele Behauptungen aufeinander und die tatsächliche Bedrohung, die kann ich nicht so richtig nachempfinden. Auch das Drama der Geschwister ist mir nur zu angerissen. Also was es da mit den Eltern und der Prügel in der Vergangenheit auf sich hat, das ist mir zu vage. Auch die Fingerbügelei des Super-Codemans, ich weiß nicht, das sind so Elemente, aber mir persönlich reicht das nicht, umsah ein stimmiges Bild für deren Verhalten zu bekommen, schon gar nicht, woher Fähigkeiten und Equipment kommen.
Naja, du siehst, das ist für mich nicht rund. Hast du mal Neuromancer gelesen? Das ist ja quasi die Mutter deiner Idee. Das ist bedrohlich.

Alright, so viel von mir. Habe die anderen Beiträge nicht gelesen, vielleicht stehe ich ja mit meiner Meinung allein, aber mein Rat wäre, hier den Fokus mehr zu schärfen, auszudünnen und mehr auf das Wesentliche zu trimmen.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo, @Nichtgeburtstagskind

Dass Dir das gar nicht gefällt, ist natürlich super blöd – aber spornt mich auch an. Ich werde natürlich versuchen, es besser zu machen, deshalb vielen Dank, dass Du Dich da durchgequält hast und versuchst, mir beim Bessermachen zu helfen.

Der Einstieg ist super schwer. 4 Sätze, vier Personen. Naja, eigentlich drei Personen und ein Programm, aber das weiß man da ja noch nicht.

Ich glaube, dass der Anfang geändert wird, steht völlig außer Frage. Das kommt anders, versprochen!

Und huiui, da geht ja im Folgenden so einiges durcheinander. Zumindest ein bisschen was davon werde ich an dieser Stelle kurz anreißen, es dann in der Geschichte aber nochmal bearbeiten.

Für Saya ...? Ist Saya so etwas wie eine Organisation? Warum weiß Oli, dass Luupi dafür arbeitet?

Ja, offensichtlich erhält Sayas Frauenhaus öffentliche Fördermittel, wie Ella erwähnt. Eigentlich nicht so wichtig, denn man kann ja auch für Menschen arbeiten. Und Oli weiß das, weil …

»Bei dem Überfall … Wusstest du, dass dein Bruder …?«
Hää? Worum geht es? Der Angriff auf Saya? Aber dann würde er nicht Überfall sagen, oder? Was hat er der Bruder getan?

Ella und Luupi wurden beim Flyerausteilen überfallen und Ellas Neurobuchse ausgerissen, deshalb auch …

Wieso blutet der denn? Verprügelt der zwischendurch Leute?

Ja.

Welche Rolle spielt Oli im Bezug auf Saya? Ich habe den Eindruck, dass er nicht so viel mit der VR am Hut hat. Aber er weiß über Saya Bescheid und Luupi erzählt etwas von einem Überfall? Ist Oli einer der Hacker? Irgendwie passt das nicht zu dem Bild was ich von ihm vor Augen habe. Dann müsste der doch selbst zuhause vorm Rechner sitzen und nicht vor dem Fernseher ohne Fernbedienung.

Oli gehört zu den Chauvis. Das sind natürlich nicht nur Hacker, da sind auch Typen wie Oli dabei, die Leute verprügeln, um das mal so zusammenzufassen. Nennen wir das als Überbegriff leicht zynisch „politisches Engagement“. Aber ist eigentlich nicht so wichtig.

Ich möchte ja eigentlich gar nicht so viel über Inhalte sprechen, sondern v.a. darüber, wie ich eine gute Geschichte schreiben kann. Deshalb gehe ich hierauf nur ganz kurz ein:

Das ist ja schon ne krasse Sache, die aber keiner so richtig zu verstehen scheint, so nach dem Motto, wenn se weg sind, sind se wohl tot wa. Kann man dann nich einfach ein paar Sicherungskopien machen? Hat man dann Klone?

Hier ging es mir mehr um eine philosophische Frage. Die Frauen sind ja physisch tot, ihr Körper ist weg, das Bewusstsein quasi in der Matrix. Was passiert mit einem Bewusstsein in der Matrix? Denn es ist natürlich wahr, dass man von einem solchen Computerbewusstsein eine Kopie machen könnte und dann unsterblich wäre. Kranke Scheiße. Wollte ich aber nicht näher beleuchten, weil …

Insgesamt finde ich die Geschichte zu überladen.

Es wäre einfach viel zu viel, was man erzählen könnte, was man dann aber verstehen müsste.

Übrigens:

Das wär doch voll geil, wenn man Gerüche erzeugen kann und die anderen nicht. Würde sich da nicht jedes unternehmen drauf stürzen?

Klar, aber nur weil Du was Geiles kannst, heißt das ja nicht, dass Du für jedes Unternehmen arbeiten MUSST. Offenbar möchte Luupi für Kasta arbeiten. Diese Entscheidung darf er als Arbeitnehmer treffen. Wahrscheinlich könnte er jeden scheiß Job in der ganzen scheiß VR haben. Das zeigt nur, was für ein Idealist er ist.

Auf das restliche Gedöns gehe ich jetzt nicht weiter ein. Ich nehme mit: Du hast praktisch nichts verstanden, und das ist natürlich nicht Deine Schuld. Ich bedanke mich dafür, dass Du Dich trotzdem da durchgequält hast. Ich werde die Geschichte wahrscheinlich vom grundsätzlichen Aufbau her nochmal komplett anders angehen. Momentan weiß ich aber noch nicht genau, wie das aussehen soll.

Also: Ich hoffe, ich kann es arbeiten machen.

Verständnislose Grüße,
Maria

Hallo, @Kroko

Die Frau ist ein Avatar und daher eigentlich gar kein Mensch.

Zunächst mal: Nach meinem Verständnis sind Avatare Repräsentationen von Menschen im virtuellen Raum. Bei Wikipedia heißt es (zugegebenermaßen unter anderem): „Grafikfigur, die einem Internetbenutzer in der virtuellen Welt zugeordnet ist.“ Deshalb dachte ich eigentlich, es ist völlig klar, dass diese Avatare Menschen sind, beziehungsweise hinter ihnen Menschen stehen. Diese Zweiseitigkeit habe ich da nicht im Kopf.

Aber wir sind ja nicht hier, um über technische Fragen und Definitionen zu diskutieren (zumindest nicht hauptsächlich), sondern um darüber zu sprechen, wie man eine gute Geschichte schreibt.

Ich nehme schon mal mit: Der Anfang ist doof. Ich war damit tatsächlich auch nicht zufrieden, fand die Geschichte später stärker, aber da man mich ermutigt hat, auch Unperfektes mal herzuzeigen, habe ich es also getan. Wie umfangreich und überfordernd der Anfang ist, habe ich aber tatsächlich nicht gemerkt, tatsächlich habe ich ihn nur so aufgebaut, weil es Testleser/innen sehr schwerfiel, die Geschichte zu durchdringen, wenn sie einfach in die Handlung reingeworfen wurde: Deshalb ein Anfang, in dem alles irgendwie erklärt wird.

War mir unsicher, ob man das machen „darf“, ob das gut sein kann, es überrascht mich nicht wirklich, dass es das nicht ist. Ich werde den Anfang vollständig überarbeiten, möglicherweise sogar die gesamte Geschichte. Das steht schon mal fest. Wird aber dauern, denn bisher habe ich keine Vorstellung davon, was ich machen werde.

Deshalb gehe ich auf die Detailanmerkungen nicht weiter ein. Das ist nützlich für mich, um zu sehen, wie viele Informationen man einbringen kann, ohne die Leser/innen zu verwirren, ich werde das also auf jeden Fall berücksichtigen. Im Detail werde ich da aber sehr großflächig ausmisten.

TeddyMaria, mach es mir nicht so schwer. Ich werd deine Geschichte auch mal ganz durchlesen, aber nicht mehr heute.

Damit Du es beim nächsten Mal nicht mehr so schwer hast. Würde mich freuen, Dich mal catchen zu können. Ich gebe mir Mühe und hoffe, es wird was Überzeugenderes draus.

Anfängliche Grüße,
Maria

Hallo, @Mix

Ich weiß nicht genau, wie detailliert ich an dieser Stelle auf Deinen Kommentar im Einzelnen eingehen werde, weil ich jetzt schon vorhabe, die Geschichte gründlich (!) umzukrempeln. Deshalb sage ich sofort: Dein Kommentar ist perfekt. Du triffst den Nagel auf den Kopf.

In der jetzigen Form ist es halt eher so, dass wir einen Ausschnitt aus Kastas Leben sehen und am Ende bleibt alles beim Status quo.

Das habe ich all meine Testleser/innen gefragt: Eigentlich passiert nichts. Es ist nur ein Ausschnitt aus dem Leben der Prota. Ist das ein Problem?

Nach dem Lesen Deines Kommentars weiß ich das leider immer noch nicht genau, ob das ein Problem ist, obwohl Du es so gut auf den Punkt bringst. Mein Problem beim Schreiben war, dass mir durchaus bewusst ist, dass wir am Ende genau da stehen, wo wir am Anfang waren. Ich habe mich in letzter Zeit häufiger mit häuslicher Gewalt beschäftigt, auch einen Vortrag einer Mitarbeiterin des Frauenhauses in Braunschweig gehört. Dabei kommt ja von vielen Seiten immer die fassungslose Frage auf: Warum bleibt man bei dem Typen (wahlweise auch der Typine)? Warum geht man zu ihm zurück? Genau das wollte ich untersuchen, d.h. das „Bleiben“ ist der Kernpunkt der Geschichte.

Kasta kann ja auch nicht weg, denn sie ist ja eingeschlossen. Stimmt aber natürlich nicht, denn so eine verschlossene Zimmertür hält einen Menschen, der wirklich wegwill, wahrscheinlich nicht lange auf. Auch kann sie offensichtlich die Wohnung verlassen, während Oli da ist. Ihr Dableiben hat also ganz andere Gründe.

Das Dableiben ist für mich das wesentliche Thema. Überall zerren Menschen an ihr, sagen, sie solle gehen, sie solle wütend sein. Aber Kasta erduldet und verzeiht. Aus Fürsorglichkeit, aber auch aus einem Mangel an Alternativen. Als ich die Geschichte das erste Mal überarbeitet habe (dies ist Version 3 tatsächlich), habe ich ihr ein Ziel gegeben: Sie will dableiben, wo sie ist, entgegen aller Widrigkeiten. Das hat es schon einfacher gemacht.

Ich denke, ich hätte mir mehr Dynamik gewünscht.

Ich denke, was ich Kasta jetzt geben muss, ist eine ganz akute Widrigkeit. Also ein echter Konflikt, den sie lösen muss, weil sie sonst von der Stelle gerissen wird, an der sie so unbedingt festwachsen will. Darauf hast Du mich gebracht, also selbst wenn ich jetzt im Einzelnen nicht darauf eingehe: Dein Kommentar bringt, so denke ich, die Problematik genau auf den Punkt: Es mangelt an einem ganz zentralen Konflikt, der Kasta direkt betrifft, den sie lösen muss, der sie zum Handeln zwingt, damit sie weiter nicht handeln kann.

Ich denke, dieser Konflikt müsste von Oli ausgehen. Bin am Überlegen, ob er versucht, sie zu zwingen, mit dem VR-Kram aufzuhören. Was natürlich fatal wäre, denn das ist immerhin ihr zeitweiser Austritt aus ihrer Realität, der Ankerpunkt, der Ort, wo sie sich nützlich macht, wo sie jemand ist. Andersherum wäre es aber fast interessanter, wenn Luupi ihr einen Ausweg bietet, sie aber trotzdem dableibt.

Ich habe noch keine genaue Vorstellung davon, was ich tun werde, denn auch da hast Du völlig recht:

Aber ich muss da auch noch genauer drüber nachdenken. Das Thema ist ja kein einfaches bzw. du vermengst hier ja sogar zwei durchaus schwierige Themen. Da kann man sich schonmal etwas den Kopf zerbrechen. Deswegen will ich jetzt auch noch kein endgültiges Fazit ziehen.

Das unterschreibe ich hundertpro. Aber ich werde Kasta mit einem Konflikt versehen, sie aus der Reserve locken. Mann, gerade bin ich wirklich inspiriert. Super Kommentar, vielen Dank!

Es hat mich extrem gefreut, dass Du da warst. Deine Detailanmerkungen habe ich über meinen Enthusiasmus darüber, wie inspirierend Dein Kommentar ist, natürlich nicht vergessen. Während ich diese Geschichte von Grund auf neu aufziehe, werde ich da genau reingucken, um zu gucken, dass ich meine Fehler nicht wiederhole.

Danke, dass Du hier warst. Hat mir sehr geholfen.

Inspirierte Grüße,
Maria

Hallo, @Charly1406

Daher ich fand das recht interessant, aber auch erschreckend sich vorzustellen, Menschen verlassen einfach die Realität und leben lieber in einer Pseudo-Welt.

Ja, die Sci-Fi, das große „Was wäre, wenn …?“ – Frauen, die kein Frauenhaus mehr nimmt, die keine andere Zuflucht finden, ihren Körper zerstören und in eine Pseudo-Welt fliehen? Ist das eine echte Welt? Kann oder will man da glücklich leben? Wie reagieren Männer darauf, Kinder? Löst das all unsere Probleme?

Die Antwort lautet natürlich: Hm.

Und Wahnsinn, dass Du mit diesem krassen Physik-Gedöns ankommst, wo Physiker/innen sich als Philosoph/inn/en bezeichnen. Mein Freund ist ja ein unglaublicher Physik-Fan und labert mich damit häufig zu. Und wenn wir mal wieder einen Sci-Fi-Film gesehen haben, hocken wir manchmal die ganze Nacht da und diskutieren über Wurmlöcher und den Ereignishorizont und diesen komischen Kram, von dem ich leider gar nicht viel verstehe. Wie legendär die letzte Osternacht, in der wir einen Film nach dem anderen sahen und noch bis 6 Uhr morgens diskutierten.

Es stört mich fast ein bisschen, diese Anschlusskommunikation jetzt hier auf WK zu führen, da ich ja eigentlich lernen will, gut zu schreiben. Aber meine These ist ja, dass für Sci-Fi die Anschlusskommunikation zentral ist, deshalb super, dass ich das in Dir auslösen könnte.

Den Eindruck habe ich irgendwie nicht, denn er versucht sie zu beschützen, auf mich wirkt das so und ich sehe das in der Geschichte auch berechtigt, da, sagen wir mal, das Ganze schon ein bisschen irre ist und sie selbst ja die Problematik sieht, in dieser Welt zu bleiben.

Dass Du Oli so wahrnimmst, finde ich super interessant. Ich bin sicher, er nimmt sich auch so wahr. Ich denke, dass Du ihm auf den Leim gehst, liegt aber nicht an seiner charmanten Art (Vorsicht, Ironie), sondern an diesem Missverständnis:

Ich meine, wäre das möglich? Das wurde mir auch nicht klar, dort ist ja eigentlich nichts echt oder? Würden die nicht verhungern und verdursten?

Äh … Jein. Sicher ist es möglich, dass jemand in der VR verhungert und verdurstet. Es gibt heutzutage schon Leute, die beim Zocken derart unwillig sind, aufzustehen, dass sie in Flaschen pinkeln. Das Problem ist aber ein anderes, nämlich:

Tina ging ganz in ihrem Avatar auf. Und dann wurde sie gehackt. Sie verschwand einfach. Ihr Körper wurde schon Jahre zuvor zerstört.

Diese Frauen, die bei Saya so richtig leben, existieren im Draußen nicht mehr. Sie haben ihren Körper zerstört, um unangreifbar zu sein. Deshalb können sie natürlich auch nicht verhungern und verdursten.

Warum sperrt er sie ein und lässt den Computer aber in dem Raum? Wenn er um die Dinge weiß und sie davor beschützen will, ergibt das für mich keinen Sinn, die Gefahr ist doch weniger das sie aus dem Haus geht, als das sie in diese Welt durch den Computer abtaucht.

Die Gefahr nämlich sehen weder Kasta noch Oli im Computer. Oli …

»Die scheiß VR ist Quatsch. Nichts davon ist echt.«

… ist ein Draußen-Mensch. Und er denkt, dass Kasta …

»Nein«, sage ich. »Ich kenne ihn von meiner Zeit bei diesem Spielehersteller …«

… als Programmiererin arbeitet (für irgendwen, das interessiert ihn wahrscheinlich nicht wirklich). Dafür braucht sie natürlich einen Computer, und da er davon keine Ahnung hat, mischt er sich da (noch) nicht ein.

Für Kasta ist die Gefahr im Draußen. Ich wollte keine wirkliche Situation zeigen, wo sie Gewalt ausgesetzt ist, ich möchte die Dinge lieber im Verborgenen geschehen lassen. Aber dass Oli ihren Besuch wegschickt und ihre Zimmertür abschließt, das ist in meinen Augen keine Fürsorglichkeit – obwohl er persönlich das sicher anders sieht. Das ist Gewalt. Er bringt sie unter seine Kontrolle, beinahe vollständig, denn im Computer kann sie sich noch frei entfalten.

So, genug der Anschlusskommunikation. :D Ich habe mich über Deinen Besuch sehr gefreut.

Am Anfang verstand ich erst mal gar nichts. Da waren so viele Leute auf einmal.

Den Anfang kloppe ich in die Tonne. Wahrscheinlich werde ich bis auf das Setting praktisch alles ändern und versuchen, mich auf die Figuren Kasta, Oli und Luupi und „die Figur“ Saya zu beschränken. Da fehlt etwas Wesentliches, nämlich Handlung.

Habe aber jetzt so langsam den vagen Hauch von Ideen. Gib mir nur ein bisschen Zeit. I’ll make it work!

Kommunikative Grüße,
Maria

Hallo, @Vulkangestein

Schön, dass Du da bist. Und schön, dass es Dir zumindest gefallen hat.

Eine virtuelle Realität als Schutzraum für Menschen, die in der Realität Gewalt ausgesetzt sind und waren, ist ein kerniges Thema, das du meinem Empfinden nach gut angehst. Du setzt gewisse Leerstellen, selten gibt es Details zu den Gräueln – der Fokus liegt auf der Psyche nicht auf rohen Gewalteffekten, das gefällt mir.

Genauso habe ich das gedacht, und genauso sollte es wirken. Das macht mich doch immer sehr zufrieden, so etwas zu lesen. Danke!

Zum Anfang wurde viel gesagt: Mein Vorschlag wäre, hier ein, zwei Sätze einzufügen, um Verwirrungen vorzubeugen.

Ich habe mich extrem gefreut, Deine Vorschläge zu lesen, denn kurz dachte ich: Nice, ich passe nur ein paar Kleinigkeiten an, dann läuft das. Obwohl sich das super anfühlt und ich Dir sehr dankbar für diese Vorschläge bin, habe ich beschlossen, das nicht zu tun. Ich werde die Geschichte wahrscheinlich nochmal völlig neu aufbauen, das Setting und das Subtile aber dalassen.

Ein wenig wird dieser Eindruck dadurch gestärkt, dass die Gesamtsituation statisch bleibt, d.h. wir befinden uns am Ende – nachdem wir diese Welt kennengelernt haben – an der Ausgangssituation.

Damit triffst Du nämlich den Nagel auf den Kopf. Der Kernpunkt der Geschichte ist für mich Kastas Verharren in einem von außen betrachtet unerträglichen Zustand. Wieso man so etwas tut, ist eine der häufigsten Fragen, die Menschen an Opfer von häuslicher Gewalt haben (sage ich mal so pauschal). Deshalb reizt mich der psychologische Aspekt des Themas natürlich mehr als rohe Gewalt, und das werde ich auch erhalten.

Den Satz würde ich streichen. Er lässt Kasta in meinen Augen weinerlich erscheinen, was so gar nicht zu meinem Empfinden der Figur passt.

Das wiederum werde ich gleich umsetzen, weil ich zumindest keine totale Chaosversion stehenlassen will. Ich habe diesmal nicht versucht, alles auf Anhieb perfekt zu machen, deshalb sind da ein paar Sätze und Absätze drin, die ich eingetippt habe, wo ich dann dachte: Das muss aber eigentlich nicht sein. Und dann dachte: Yolo. Na ja, ich hab’s zumindest mal gewagt.

Das zeigt wunderbar, wie gewohnt die Protagonistin im Umgang mit Technik ist, dass die Wartezeit von 10s für das Einsteigen in eine hochkomplexe VR schon extrem lange vorkommt.

Haha, ja, so geht’s mir wirklich. Wie, zwei Sekunden Ladezeit? Was soll der Scheiß? Wie gut, dass wir das neue WK haben.

Wäre dann letzten Endes nicht die VR genauso gültige Realität, nur mit anderen Sinnen, wie alles andere?

Naja, bevor ich jetzt weiter pseudo-philosophiere, mache ich lieber mal Schluss und hoffe, du kannst mit meinen Vorschlägen etwas anfangen!


Rah! Was für großartige Fragen! I love it. Und mit Deinem Kommentar konnte ich einiges anfangen, auch wenn ich Deine Vorschläge zur Anpassung des Anfangs jetzt nicht umsetze, sondern lieber den kompletten Aufbau der Geschichte bearbeite. Das wird ein Weilchen dauern. Hoffentlich schaffe ich es noch, über das „Metamorphosen“-Thema zu schreiben (und übrigens den Kick-Off meines eigenen Studi-Projekts zu begehen, denn Mitstreiterinnen habe ich inzwischen gefunden). Das hier schreibe ich ja auch für eine Ausschreibung, hat aber Zeit bis Ende Oktober. Also nehme ich mir jetzt auch etwas Zeit.

Ich hoffe, ich kann es arbeiten machen.

Philosophische Grüße,
Maria

Hallo, @ViertelVorKebap (Super Nick übrigens!)

Ich habe deine Geschichte gerne gelesen und finde du hast die Charaktere plastisch umgesetzt.

Danke für das Lob. Es freut mich immer, wenn ich meine Leser/innen mit meinem Kram nicht nur quäle.

Wenn es um den Plot geht hätte ich mir eine etwas klarere Linie gewünscht, die ich leichter hätte verfolgen können.

Aye, Sir! Wird gemacht. Ich werde der Geschichte in der nächsten Zeit eine richtige Handlung verpassen, die fehlt ja bisher noch. Leider. Hab’s mir mal wieder nicht gerade einfach gemacht mit meinen Zielen. Denn …

Du hast die Story mit einem SciFi tag versehen. Ich bin mir da nicht so sicher, denn das einzige richtige SciFi Element daß ich finden konnte war dein Hinweis auf Neuralbuchsen

Ui. Jetzt hast Du den Drachen geweckt. Ich bin eine Fanatikerin, was Sci-Fi angeht, und denke, dass es ein häufiges und tragisches Missverständnis ist, dass etwas nur Technik enthalten muss, um Sci-Fi zu sein. Sci-Fi bedeutet für mich, dass man ein Problem der Realität nimmt und es überspitzt oder „löst“, was dann meistens in einer fiktiven Zukunft geschieht. Je nachdem, ob man dieses Problem und seine Lösung ins Negative oder Positive verkehrt, hat man dann eine Dystopie oder eine Utopie.

Sci-Fi fragt also nach dem „Was wäre, wenn …?“ … wir das Problem, dass wir keine Unterbringungsmöglichkeiten für Frauen in Not haben, dadurch lösen, dass wir ihre Körper vernichten und ihr Bewusstsein in eine VR laden, wo es praktisch endlos Platz gibt? Klassische Sci-Fi-Frage. Also, ganz konkret ist das Thema jetzt nicht unbedingt „klassisch“, klassisch wäre eher: Was wäre, wenn ein Supervirus die Menschheit an den Rande des Abgrunds bringen würde? Was wäre, wenn wir in Kontakt mit Außerirdischen stünden? Was wäre, wenn wir Heptapoden züchten würde, von denen wir gar nicht genau wissen, was die können? (Auch nicht so klassisch, aber Du hörst schon: Wir sprechen uns noch, Monsieur Kebap.)

Und deshalb vertrete ich auch die Ansicht, dass Sci-Fi, da sie ja zu Ende denkt, womit unsere Gesellschaft oder unsere Wissenschaften sich heute beschäftigen, immer gesellschaftskritisch ist. Bäm! Deshalb akzeptiere ich es auch keinesfalls, wenn jemand sagt: In meiner Geschichte kommt fancige Technik vor, deshalb ist es Sci-Fi. Ich habe auch versucht, die Stimmung, die russische Sci-Fi so besonders macht, zu extrahieren. Da ist die Oberfläche oft nicht so glänzend, oft wird auch sehr viel konkreter auf gesellschaftliche Probleme eingegangen. Ach ja: Bitte beachte, dass ich eine Fanatikerin bin und fanatische Positionen vertrete, deshalb muss man nicht mit mir einer Meinung sein (eine Welt, in der das so wäre, wäre keine Welt, in der ich leben wollte). Aber da gehe ich leider gar nicht mit Dir mit. ;)

Puh, jetzt habe ich mich aber in Rage geschrieben. Hat aber Spaß gemacht. Danke für Deinen Kommentar und für das Lob. Hat mich sehr gefreut, von Dir zu lesen.

Fanatische Grüße,
Maria

Hallo, @Alveus Jekat

Das habe ich mir doch fast gedacht. Immerhin. Da ich das hier für eine Sci-Fi-Ausschreibung schreibe, sind es ja schon mal Good News, dass Sci-Fi-Leser/innen was damit anfangen können.

Gerade bei Sci-Fi-Geschichten hinterfrage ich die Dinge nicht, so lang sie ineinander greifen, nachvollziehbar sind und sich nicht widersprechen. Aber ich denke schon, dass man das erst erlernen muss. Die bedingungslose Akzeptanz für Dinge, die ganz und gar unlogisch oder unvorstellbar wirken, aber eben nur in unserer Welt, nicht in der Welt der Geschichte.

Ja, genauso sehe ich das auch. Vor dem Fernseher stellt meine Mutter mir immer Fragen zum Film, und ich bin immer so: Mama, wenn wir weitergucken, klärt sich das bestimmt. Beim Lesen von Sci-Fi-Kurzgeschichten ist mir aufgefallen, dass ich genau mit diesem Grundsatz an die Geschichten rangehe. Ich habe mich hier leider nicht getraut, die Leser/innen einfach in die Handlung zu werfen, und habe deshalb versucht, einen erklärenden Anfang zu schreiben. Hätte ich ja wissen können, dass das eine blöde Idee ist.

Wenn Du mal einen fertig hast, sag Bescheid. Einen Leser hast du schon.

Oh. :herz: Cool. Ja, wenn ich hier in anderthalb Jahren immer noch aktiv bin (bisher sehe ich nichts, was dagegen spricht, aber man weiß ja nie), dann schauen wir mal. ;) Toll, dass Du so an mich glaubst, das ist echt total lieb.

Weltverständnisvolle Grüße,
Maria

Hallo, @Friedrichard

warum – so magstu denken – kommt und schaut nun der vorbei, der ansonsten SF wie Fantasy und Horror weiträumig umgeht (findet er alle Elemente und allemal unter Historik und Märchen, die nur ihm, dem Spätgeborenen immr wieder zur Satire gerinnen), und was hat das alles mit Deiner feinen Geschichte zu tun?

Ja, warum Du hier auftauchst, habe ich mich auch gefragt, habe ich doch so gar nicht mit Dir gerechnet. Aber: Welche Freude! Und welcher Knoten in meinem Kopf! (Ob das nun die Rache ist?) Ich greife einfach mal ein paar Sachen raus, denn da ist mal wieder so … viel. (Knoten hast Du offensichtlich nicht im Kopf, Friedel.)

Auch hier wird die These Karl Kraus‘ bestätigt, wir sind immer noch die alten Troglodytten, wenn auch auf technologisch höherem Niveau. Nach wie vor gilt das Recht des (manchmal nur vermeintlich) Stärkeren, wobei ich mir sicher bin, dass es auch „Männerhäuser“ geben müsste.

Ich habe mal eine Karikatur gesehen, auf der eine Frau am eReader mit Bildschirmbeleuchtung liest, neben sich im Bett der Mann, der schreit: „Mach endlich das Licht aus!“ Die Technik ändert unser Wesen als Mensch ja erstmal nicht, das liegt (unter anderem, so denke ich) an dieser „evolutionären Zeitverzögerung“, nach der wir Menschen uns „natürlicherweise“ für Höhen, Spinnen und dem Knacken im Unterholz fürchten, nicht aber vor Steckdosen und schlecht einsehbaren Kreuzungen. Diejenigen von uns, die diese Furcht haben, werden dann ihre Gene weitergeben, und in tausenden von Jahren fürchten sich die Menschen dann vor Insektiziden und Autos ohne Airbags (wahrscheinlich in einer Zeit, in der es keine Insekten und keine Autos mehr gibt).

Übrigens gibt es sogar Männerhäuser, die jedoch eine noch lückenhaftere Versorgung bieten als Frauenhäuser. Und als Mann hat man es extra schwer, denn wer Gewalt im Hause erlebt, dann wohl durch eine Frau, der ist ja …

schön doof, sich nicht selbst zu helfen.

In diesem Sinne könnte es sein, dass Männer den gleichen Problemen ausgesetzt sind wie Frauen, die sich ja eigentlich auch selbst helfen könnten (am Ende, ist die Fähigkeit, sich selbst gegen ein Familienmitglied zu helfen, wohl bei beiden Geschlechtern gleichermaßen eingeschränkt). Denn wovor fürchtet sich der Mensch mehr als vor der Einsamkeit? Und das wird sich wohl auch in einigen Jahrtausenden nicht geändert haben, zumindest fürchte ich zwar seltsame Ampelschaltungen und ungeputzte Früchte, aber nichts ist schlimmer als das Horchen in die leere Wohnung. Und wie weit kommt ein einsamer Mensch selbst in diesen modernen Zeiten? Wie soll er, der einsame Mensch, seine Einsamkeit in die nächste Generation retten?

Huh, jetzt habe ich nur einige Sätze aus Deinem Kommentar voller Telefone und Wälder bearbeitet. Da sind ja wirklich keine Knoten. Nur Windungen.

Aber wo jeder (und sei es nur minimalst) anders ist, kann es keine Gleichheit geben, die noch für den Troglodyten galt, der dem Höhlenbären nur im Verbund der Gleichen die Höhle abtrotzen konnte

Denn hier fügt sich eines zum anderen: Gemeinsamkeit ist das Stichwort.

Soweit ich es verstanden hab (woraus dieses Konvolütchen entstand, was ja auch schon was ist. So hoff ich doch.).

Ja, das lese ich gleich nochmal. Ich lasse mich ja gerne inspirieren für meine hoffentlich klarere Überarbeitung. Momentan sehe ich den Wald vor lauter Telefonen nicht.

Schön, dass Du wieder da warst, obwohl es eigentlich nicht Dein Gefilde ist. Das ehrt mich ja noch zusätzlich. Danke!

Gemeinsame Grüße,
Maria

Hallo, @weltenläufer

Guck mal, Du erwischst mich beim Beantworten der Kommentare. (Ich überlege, mir abzugewöhnen, möglichst auf alle in einem Rutsch zu antworten, sitze jetzt seit zweieinhalb Stunden daran. Andererseits hat sich jetzt, wo ich fast durch bin, langsam alles zu einem großen Bild vermengt, und ich glaube, das würde ich nicht so gut hinbekommen, wenn ich mich damit nicht in einem großen Block Zeit derart intensiv auseinandersetzen würde. Aber Butter bei die Fische.)

Alright, so viel von mir. Habe die anderen Beiträge nicht gelesen, vielleicht stehe ich ja mit meiner Meinung allein, aber mein Rat wäre, hier den Fokus mehr zu schärfen, auszudünnen und mehr auf das Wesentliche zu trimmen.

Keine Sorge, Du bist nicht allein.

Der Anfang! Der Anfang ist so furchtbar sperrig, dass du hier bestimmt schon viele potenzielle Leser verlierst. das ist eine Bombardement an Namen, da muss man schon richtig bei der Stange sein, um dem folgen zu können.

Ja. Der Anfang. Weiß nicht, wie mir das entgehen konnte. Habe ihn eigentlich nachträglich eingebaut, um möglichst viel erklären zu können, weil meine Testleser/innen so verwirrt waren. Dass da plötzlich so viele Figuren auf einmal vorkamen, habe ich irgendwie übersehen.

Pass auf, ich mache Folgendes: Ich reduziere mich auf die Figuren Kasta, Oli und Luupi (und auf „die Figur“ oder vielmehr das Setting Saya). Ich gebe Kasta einen richtigen Konflikt, den sie lösen muss. Ich lege den Fokus aufs Dableiben, ihr wesentliches Motiv, die wesentliche Frage, die ich untersuchen wollte: Was hält sie da, wo sie ist?

Das Thema an sich ist spannend und dank Google und Co auch wirklich Schreibens- und lesenswert, aber meiner Meinung, machst du es dir hier etwas zu einfach.

Das ist interessant, denn damit bist Du allein. Ich überlege, ob das daran liegt, dass Du Dich bemühst, hinter den Schleier zu sehen, und dass Du mir deshalb auf die Schliche kommst, siehst, dass da viel aber nicht viel Tiefe ist. Ein interessanter Gedanke, den ich auf jeden Fall nachverfolgen werde.

Dafür bringst Du es ja auch so gut auf den Punkt. Fokus und das Wesentliche. Aye.

Danke für Deinen Besuch. Ist zwar nur kurz, aber wow, jetzt wo ich ihn nochmal lese. Da ist viel drin. Sehr, sehr nützlich für mich. Danke!

Fokussierte Grüße,
Maria

 

Habe ihn eigentlich nachträglich eingebaut, um möglichst viel erklären zu können, weil meine Testleser/innen so verwirrt waren.
das ist der Knackpunkt.
Also nicht, dass ich diesen Drang nicht verstehen würde, aber meiner Meinung nach ist das gerade zu Beginn ein sehr großer Fehler. Am Anfang muss nur die Situation klar sein. Warum die Situation so und so ist, das kann ruhig später kommen, mehr noch - wenn die Situation spannend ist, will der Leser ja wissen und/ oder verstehen, wie es dazu kam/ was es damit auf sich hat - und (taraaa! Ziel aller Autoren) er liest weiter.
Genug geklugscheiße
viel Freude bei der Überarbeitung

grüßlichst
weltenläufer

 

Ja, @weltenläufer

:cry: Eigentlich weiß ich das ja. Eigentlich ist das genau das, was ich hier unter jeder Fantasy- und Sci-Fi-Geschichte predige. Nicht erklären, einfach reinwerfen! Es hat aber bei meinen Testleser/inne/n diesmal so schlecht geklappt, dass ich echt Panik gekriegt habe. Und da konnte ich dann nicht mehr klar denken.

Jetzt ist es mir wirklich peinlich. Mist. An die Arbeit!

Überarbeitete Grüße,
Maria

 

Hi @TeddyMaria

Problem, dass wir keine Unterbringungsmöglichkeiten für Frauen in Not haben, dadurch lösen, dass wir ihre Körper vernichten und ihr Bewusstsein in eine VR laden, wo es praktisch endlos Platz gibt

Richtig. Ein Bewusstsein in eine VR laden, das ist SciFi. Muss ich wohl anders verstanden haben, beim lesen.

Sci-Fi bedeutet für mich, dass man ein Problem der Realität nimmt und es überspitzt oder „löst“, was dann meistens in einer fiktiven Zukunft geschieht

Das stimmt wohl, Betonung auf Zukunft. Sicherlich ist SciFi nicht gleichbedeutend mit Technik. Technik allerdings, wenn sie extrapoliert, also Dinge macht die zum Zeitpunkt des Entstehes der Geschichte nicht möglich sind, ist ein einfaches MIttel um dem Leser zu zeigen dass wir in der Zukunft sind. Diesen Ansatz hast du in deiner Geschichte verwendet. Neuralbuchse, Geruch in VR, Bewusstsein in VR hochladen und Körper vernichten und gleichzeitig weiterexistieren (hatte ich übersehen) sind Sachen die heutige Technik nicht erlaubt. Also ist die Geschichte SciFi.

Liesse man die Neuralbuchse und den VR-Geruch weg und das In-dieVR-hochladen auch (ok. das letzte Element weglassen mach so keinen Sinn denn es ist sehr wichtig in deiner Geschichte, so wie ich sie jetzt verstanden habe, aber spielen wir einen Moment mal mit dem Gedanken) dann ist es zwar Fiktion, aber keine Science Fiktion mehr, weil all die Technik die sonst noch auftaucht genauso existiert und funktioniert wie wir es heute gewohnt sind. Und allein die Tatsache, dass ein Problem auf eine neue Art und Weise gelöst wird reicht nicht aus um eine Geschichte als SciFi zu klassifizieren. Aber ich hatte ja was übersehen, also ...

Friede, Peace, Paz!

ViertelVorKebap

 

Hallo, @ViertelVorKebap

Richtig. Ein Bewusstsein in eine VR laden, das ist SciFi. Muss ich wohl anders verstanden haben, beim lesen.

Ja, das muss ich noch ein bisschen ausarbeiten. Wobei, ob ich das muss, dessen bin ich mir nicht sicher. Da Du jemand bist, den anscheinend die Technik fasziniert, und ich diese Technik meistens nur nutze, um über Gesellschaftliches nachzudenken, wird Dir die Überarbeitung, die mir momentan im Kopf herumspukt, wahrscheinlich eher weniger gefallen.

Aber ich habe noch keine finalen Entscheidungen getroffen, also lassen wir uns überraschen.

Liesse man die Neuralbuchse und den VR-Geruch weg und das In-dieVR-hochladen auch (ok. das letzte Element weglassen mach so keinen Sinn denn es ist sehr wichtig in deiner Geschichte, so wie ich sie jetzt verstanden habe, aber spielen wir einen Moment mal mit dem Gedanken) dann ist es zwar Fiktion, aber keine Science Fiktion mehr, weil all die Technik die sonst noch auftaucht genauso existiert und funktioniert wie wir es heute gewohnt sind.

Das Argument finde ich toll. :D Wenn in Star Trek keine Sternenflotte, keine anderen Welten und keine Außerirdischen vorkommen würden, dann wäre es vielleicht auch keine Sci-Fi mehr. Aber dass diese Art der Argumentation gar keinen Sinn ergibt, dessen sind wir uns ja einig.

Also ja: Peace.

Friedliche Grüße,
Maria

 

Moin @TeddyMaria,

aus dem Anfang wird einem nicht klar, ob man man in einer VR ist oder nicht.

Es vergehen neun Sätze, als du das erste Mal das Wort Avatar benützt. Nach den neun Sätzen habe ich mein geistiges Bild dann von Realität zu VR gedreht, mit Fragezeichen versehen. Dann redest du von Berührungen, ab hier nahm ich die Möglichkeit ins Spiel, dass es wie im Film Avatar ein "Avatar Körper" ist, oder dass Kasta neben einer VR Brille auch einen VR Anzug an hat. Und nun kommt der Punkt wo ich dann die Entscheidung für mein geistiges Bild traf:

Wir designen auch Avatare für Sie und Ihre häufigsten Besucher«, sage ich. »So fühlen sich Berührungen zwischen Avataren in Sayas Haus möglichst realistisch an.«

Die Berührungen werden durch den Anzug simuliert. Der hat aber mit dem Avatar nichts zu tun. Wenn Saya also Berühungsempflindliche Avatare herstellt, dann wird es ein "Körper Avatar" sein.

Für dich ist es klar, dass Sie in einer VR Welt ist. Du kennst deine Geschichte in und auswendig und wirst nur noch den einen Blickwinkel haben. Aber ich bzw. der Leser geht ohne Vorstellung in deine Geschichte hinein. Von wo soll er es wissen? Gib ihm einen klaren Hinweis.

Ja, jetzt wo VR klar ist könnte man sagen

nur für meine Ohren hörbar

ist der Hinweis. Aber der ist nicht eindeutig und interpretierbar. Ausserdem fehlt der VR Anzug, sonst spürst du keine Berührungen ;).

Schreib doch irgendwie:

Kaum hatte Kasta ihre VR Brille aktiviert, hörte sie die vertraute Stimme von Saya.
"Willkommen, Kasta". usw.

ein 08/15 Schuss aus meiner Feder. Bei so etwas hätte ich keine meiner Gedankengänge gemacht und vermutlich deine Geschichte durchgelesen.

Catche mir ruhig.

Beste Grüße
Kroko

 

Hi nochmal, @TeddyMaria,

TeddyMaria schrieb:
Das Dableiben ist für mich das wesentliche Thema.

Also das hab ich tatsächlich nicht so gelesen. Es kam mir eher so vor, als würde Kasta eigentlich ganz gerne weg, aber ihre einzige Zufluchtsmöglichkeit, die VR, ist nicht gut genug, nicht real genug. Also wählt sie lieber echte Schmerzen, statt virtuelle Sicherheit. Wenn es dir also im Kern um das Bleiben geht, dann würd ich das ganze "Die VR ist nicht real genug"-Gerede vielleicht reduzieren, denn das sollte ja dann eigentlich kaum ins Gewicht fallen bei Kastas Entscheidung.

TeddyMaria schrieb:
Ich denke, dieser Konflikt müsste von Oli ausgehen. Bin am Überlegen, ob er versucht, sie zu zwingen, mit dem VR-Kram aufzuhören. Was natürlich fatal wäre, denn das ist immerhin ihr zeitweiser Austritt aus ihrer Realität, der Ankerpunkt, der Ort, wo sie sich nützlich macht, wo sie jemand ist. Andersherum wäre es aber fast interessanter, wenn Luupi ihr einen Ausweg bietet, sie aber trotzdem dableibt.

Ich denke, das hat beides seinen Reiz. Vielleicht kannst du sogar beides vermengen. Auf der einen Seite steht Oli, der sie zwingen will, mit der VR aufzuhören, auf der anderen Luupi, der vielleicht gerade einen neuen Durchbruch schafft, seinen Code derart verbessert, dass sich die VR so real anfühlt wie die Realität und dadurch auf Kasta als Zufluchtsort eine ganz neue Anziehungskraft ausübt. Und dann muss sie sich eben entscheiden. Wem folgt sie? Und aus welchen Gründen? Das stelle ich mir durchaus spannend vor. Dann würde es sich auch nicht mehr bloß um einen ereignislosen Ausschnitt ihres Lebens handeln, sondern um einen bedeutenden Moment, der potentiell den Rest ihres Lebens bestimmt (nicht dass ich die Frage, die du dir stellst, ob es ein Problem sei, dass der Text bislang nur einen Lebensauschnitt zeigt, eindeutig und allgemeingeltend mit "ja" beantworten will, aber zumindest mir würde die Geschichte besser gefallen, wären die ... nun, ich sag's mal auf englisch: if the stakes were a little higher).

Frohes Schaffen wünsche ich dir.

Liebe Grüße
Mix

 

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