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Schneeweiß und blutrot

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16.07.2017
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Schneeweiß und blutrot

Täglich träumte ich von ihr, sah sie wieder vor mir liegen. Lächelnd und nackt, die Brustwarzen hart und die Haare nass. Wir waren damals gemeinsam am See gewesen und hatten uns im Gebüsch überall berührt. Als würden unsere Finger vom Körper des anderen angezogen wie Metalle von Magneten. Es war das erste Mal, dass ich eine Frau sah, ihren Körper richtig wahrnahm. Nicht wie in der siebten Klasse, als ich nach dem Sportunterricht um die Turnhalle schlich und durch das Fenster der Mädchenkabine lugte, um einen Blick auf entblößte Hintern zu erhaschen. Nein, diesmal spürte ich Sinas Atem auf meiner Haut, ihre Finger an meinem Glied und ich schloss die Augen und sagte: „Ich liebe dich.“
Sie lächelte. „Ich dich auch.“ Dann schlang sie die Arme um meinen Hals und presste ihr Gesicht an meine Brust und ich konnte ihre Haare riechen, während ich langsam in sie eindrang. Sie stöhnte leise, es war kaum mehr als ein langes Ausatmen, und sie sagte: „Lass mich nie mehr los, ja?“
Zwei Monate später war sie tot, erstickt an ihrem eigenen Erbrochenem nach einer Überdosis Koks.

Ihr Dealer war ein Asiate. Sina hatte mir von ihm erzählt und gesagt, er habe den besten Stoff der Stadt, richtige China-Cocktails. Sie wolle sich von ihm und den Drogen losreißen, aber so einfach sei das nicht. Sie stünde bei ihm in der Schuld. Drohungen, Schlägertypen, der ganze Mist. Ich wollte ihr helfen, aber sie sagte bloß, sie schaffe das schon, es reiche, wenn ich bei ihr bliebe. Jeden Tag sagte sie das und küsste mich danach lang und innig.

Drei Wochen nach der Beerdigung half ich Sinas Eltern dabei, ihr Zimmer aufzuräumen und ihre Habseligkeiten zu verstauen. Ihre Mutter weinte und der Vater versuchte, ihr Trost zu spenden; das Aufräumen überließen sie mir. Es störte mich nicht.
Ich betrachtete Sinas Schminktisch und ihre Poster von Rockbands über dem Bett, auf dem wir wenige Wochen zuvor noch miteinander geschlafen hatten. Ich lies mir Zeit, atmete tief durch, nahm einen Hauch ihres Parfüms wahr, der noch in der Luft lag. Das Logo von Metallica verschwamm hinter einem Schleier aus Tränen und ich legte mich auf den weichen Teppich. Sina hatte hier oft gesessen und gelernt und sich über ihre Dozenten beschwert. Ich schlug mit der Faust auf den Boden und Schmerz schoss durch meinen Arm. Der Schmerz verscheuchte die Gedanken an das, was nie mehr sein würde, und ich erhob mich.

In einer Schublade ihres Schreibtisches fand ich Bilder. Wir auf dem Rummelplatz, wir am See, wir auf dem Campus, Hand in Hand im sonnigen Gras. Und einen Zettel fand ich. Darauf stand eine Adresse. Gittergasse 12. Ich wusste einfach, dass dort der Asiate mit den Drogen lebte, der sich selbst Attila der Hunne nannte.

*​

Ich klopfte an die weiße Tür und wartete. Über dem Klingelschild hing eine Glühbirne, die flackerte, als wollte sie mir in Morsecode mitteilen, dass ich lieber kehrtmachen sollte. Doch ich rührte mich nicht, konnte meine Finger in der Kälte kaum bewegen und meinen Atem gen Glühbirne schweben sehen. Ich vergrub die Hände in meinen Jackentaschen und stieß mit meiner Rechten gegen den kalten Stahl des Klappmessers.

Als ich gerade gehen wollte, um ein andermal wiederzukommen, rumpelte es hinter der Tür. Sie öffnete sich einen Spaltbreit und eine Frau musterte mich. Zerzauste, schwarze Haare fielen in ihre Stirn und die Türkette hing zwischen uns wie ein silbergrauer Wurm. Die Frau hatte Augenringe und ihr Lippenstift war verschmiert. Sie schniefte und fragte mit belegter Stimme: „Was?“
Ich räusperte mich und trat von einem Fuß auf den anderen. In der Ferne heulte die Sirene eines Krankenwagens.
„Alter, was willst du? Red schon, wird kalt.“
„Ich … also … Ist Attila da?“
Die Frau verengte die Augen. „Wer bist'n du?“
Halbwahrheiten waren die besten Lügen, also sagte ich: „Attila und ich, wir haben eine gemeinsame Freundin.“ Ich leckte mir die Lippen und kratzte mich am Hinterkopf, als hätte ich da fiese Mückenstiche. Das würde ein Junkie wohl auch tun, dachte ich. „Sie hat gesagt, er hat gute Sachen. Weißt schon.“
Die Frau stöhnte. „Ihr Penner geht mir langsam echt auf den Sack. Attila ist nicht hier, du Versager. Er ist auf dem Weihnachtsmarkt. Sucht sich da sicher 'ne neue Schlampe, die er ficken kann.“ Sie wischte sich Rotz von der Nasenspitze. „Ich lass ihn jedenfalls nicht mehr ran.“
Bevor ich etwas entgegnen konnte, knallte sie die Tür zu. Dann stand ich da wie ein kleiner Junge, der vor geschlossenen Pforten auf die Bescherung wartete. Nach einigen Sekunden drehte ich mich um und ging zur nächstgelegenen Haltestelle.
Während sich die Straßenbahn näherte, schwebten langsam die ersten Schneeflocken vom schwarzen Himmel.

*​

Es roch nach Glühwein und Crêpes und Bratäpfeln. Dichtgedrängte Menschenmassen mühten sich durch die engen Gassen des Weihnachtsmarktes. Der Schneefall hatte zugenommen, und der Wind wurde ebenfalls stärker. Dicke Flocken wirbelten über den Köpfen der Marktbesucher umher wie Schwärme weißer Fliegen.
Ich quetschte mich durch die Warteschlange eines Glühweinstandes, hielt Ausschau nach Attila dem Hunnen, sah nur ein Meer aus Jacken und Schals und Mützen. Eine Frau lachte schrill, ein Kind jammerte, ein dicker Weihnachtsmann stand vor einer Bratwurstbude und bimmelte mit einer goldenen Glocke. „Ho, ho, ho“, rief er und ein Mädchen sah mit großen Augen zu ihm auf. Von einem Asiaten keine Spur.
Der Wind peitschte mir Schnee ins Gesicht. Ich neigte mich im Gegenwind leicht nach vorn und stapfte unbeirrt weiter, obwohl ich wusste, dass meine Chancen, Attila zu finden, äußerst gering waren. Ich wusste ja nicht mal, wie er aussah.

Der erste Asiate, den ich an diesem Abend sah, redete mit einer molligen Frau, die Lebkuchenherzen verkaufte. Ich tippte dem Mann auf die Schulter, und nachdem er sich zu mir umgedreht hatte, fragte ich: „Attila?“
Der Mann legte die Stirn in Falten und schüttelte bloß mit dem Kopf. Ich hob die Hand, entschuldigte mich für die Verwechslung und setzte meinen Weg fort.
Wie lange ich über den Weihnachtsmarkt irrte, konnte ich nicht genau sagen, aber als die Stände langsam geschlossen und die Gassen leerer wurden, musste ich mich mit dem Gedanken anfreunden, Attila heute nicht zu finden. Durchgefroren und müde ging ich zurück zur Straßenbahn und nahm mir vor, morgen erneut an die weiße Tür zu klopfen.

Zitternd stand ich neben dem Aushang, auf dem die Ankunftszeiten der Bahn standen, und befummelte das Klappmesser. Das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich im glatten Stahl. Mein Bruder hatte mir das Messer gegeben, kurz bevor er nach Berlin gezogen war. Seitdem sah ich ihn nur noch an Feiertagen; aber er hatte mittlerweile eine eigene Familie gegründet, und Weihnachten würde er dies Jahr mit Frau und Kind in der Schweiz verbringen. Unwillkürlich grinste ich. Ich hatte meinen Bruder nur ein einziges Mal auf Skiern gesehen. Er hatte geflucht und getobt und war übersät gewesen mit blauen Flecken von den vielen Stürzen. Damals schwor er, nie wieder einen Skiurlaub zu machen. „Witzig, wie die richtige Frau einen verändern kann“, flüsterte ich dem Klappmesser zu, als wäre es ein Sprachrohr, das direkt ins Ohr meines Bruders mündete. Ich hoffte auf eine Antwort - mein Bruder wusste immer, was zu tun war -, aber natürlich erhielt ich keine.

Während ich auf die Bahn wartete, wurde das Schneegestöber stärker. Der Wind wehte Schnee vom Bahnsteig und wie Puderzucker stob es durch die Nacht und verschmolz mit der Finsternis. Ich presste die Lippen zusammen. Die Bahn würde sich gewiss verspäten.
Um die Zeit zu vertreiben, schob ich mit meinen Füßen den frischen Schnee zu einem Haufen zusammen, formte so einen kleinen Hügel. Ich fragte mich, ob das Koks, das Sina umgebracht hatte, ähnlich aussah. Mein Magen verkrampfte sich und ich stampfte auf den Haufen, wieder und wieder, bis nur meine Schuhabdrücke in der Schneedecke verblieben. Dann lauschte ich den leiser werdenden Stimmen der letzten Marktbesucher, dem Grölen der Studenten, die zu viel Glühwein gekippt hatten, dem Kichern der Frauen, die angetrunken nach Hause torkelten.

Wieder war mir nach Weinen zumute. Ich hatte Sina auf der Party eines gemeinsamen Freundes kennengelernt. Sie hatte mich angelächelt, wie mich noch nie eine Frau angelächelt hatte, und sie lachte über meine blöden Witze und lauschte gebannt meinem Gelaber über Geschichte, das ich damals im ersten Semester studierte. Sina hatte auch so mädchenhaft gekichert, als wir betrunken in den Nachtbus einstiegen und uns gegenseitig stützten, um nicht umzufallen.

„Haste mal Feuer?“ Die Stimme riss mich aus meinem Tagtraum. Ein schwarzhaariger Mann stand neben mir, er war ungefähr in meinem Alter.
„Hm?“, machte ich.
„Feuer“, wiederholte er und hob eine Zigarette. „Haste?“
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Sorry, ich rauche nicht.“
„Gute Entscheidung.“ Er grinste und drehte sich weg.
Neben ihm stand eine blonde Frau. Für einen kurzen Augenblick dachte ich, es wäre Sina und mein Wangen wurden warm und ich hörte Blut durch meine Ohren rauschen. Aber natürlich täuschte ich mich. Sie war kleiner als Sina, trug enge Jeans und eine teure Jacke und war stark geschminkt.
„Komm, gehen wir“, sagte der Mann.
„Muss das sein?“, fragte die Frau. Ihre Stimme klang piepsig und wehleidig, so als wäre es unter ihrer Würde, im Kalten nach Hause laufen zu müssen. „Können wir nicht die Bahn nehmen?“
Ich schmunzelte.
Der Mann sagte: „Ey, für zwei Stationen warte ich hier nicht noch ewig. Zu Fuß sind wir schneller, und das Wetter ist doch auch ganz nice.“
„Nice?“, fragte sie.
Er breitete die Arme aus. „Ich find’s jedenfalls schön. Weiße Weihnacht halt.“
Die Frau wandte sich abrupt ab und sagte: „Fick dich, Atti.“ Der Wind blies ihr die Haare ins Gesicht, als sie trotzig die Haltestelle verlies.
Ich lächelte nicht mehr.
„Nun sei doch nicht so“, sagte Attila und ging der Frau hinterher.
Ich wollte ihm folgen, doch ich konnte mich nicht rühren, wollte etwas sagen, doch mir fehlte die Kraft, gegen den Wind anzuschreien. Ich sah Attila und seiner Begleitung bloß nach, bis sie hinter einer Ecke verschwanden.

Schneeflocken legten sich auf meine Wangen und fühlten sich an wie die Berührungen kalter Fingerspitzen. Wieder dachte ich an Sina und den Sex am See, an ihre weiche Haut, ihre Küsse, ihr Lächeln. Dann stellte ich mir vor, wie Attila mit seiner neuen Freundin nach Hause ging und sie bei Kaminfeuer und Kerzenschein vögelte. Ich war mit Sina nie auf dem Weihnachtsmarkt gewesen, könnte ihr nie mehr Geschenke unter den Tannenbaum legen. Alles nur wegen Attila und seinem China-Stoff; und der Typ flirtete rum, als wäre nie etwas passiert. Es fühlte sich so ungerecht an.
Ich zog die Kapuze meiner Jacke hoch und folgte Attilas Fußspuren.

*​

In Fenstern leuchteten künstliche Weihnachtskerzen und grelle Sterne und kleine, mit Lichterketten behangene Tannenbäume. Laternen erhellten den Gehweg, ließen die Flocken, die vom Wind hin und her geblasen wurden, noch weißer erscheinen. Die Straßen waren verlassen. Der Kirchturmglocke läutete Mitternacht und Schnee knirschte unter meinen Schuhen, ansonsten war es still. Auf der Kreuzung vor mit sprang die Ampel auf Rot, aber kein Auto waren in Sicht.
Attila und die Frau überquerten die Straße und hielten sich an den Händen. Die Frau lachte. Attila hatte sie also wieder um den Finger gewickelt, und ich fragte mich, ob ihm das bei Sina auch gelungen war, immer wenn sie sich von den Drogen losreißen wollte. Ich ballte die Hände zu Fäusten und folgte den beiden in eine enge Seitengasse.

Die Kapuze verbarg mein Gesicht fast vollständig. Mein eigener Schatten zeichnete sich auf der Schneedecke ab, und als der Kopf meiner Silhouette Attilas Fersen erreichte, rief ich: „Bleib stehen, Mörder.“
Attila drehte sich langsam zu mir um. Seine Haare waren ganz weiß, und dicke Flocken klebten an seinen Augenbrauen. „Wie haste mich genannt?“
Die Frau riss die Augen auf, als würde sie in die Scheinwerfer eines Busses blicken, der sie zu überrollen drohte.
„Mörder“, sagte ich. Ich umklammerte mein Klappmesser so stark, dass es wehtat. „Kennst du Sina?“
Attila zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ist das deine Olle?“ Er sagte zu seiner Freundin: „Keine Ahnung, was der will. Ich schwöre, ich habe niemanden angerührt.“
Die Frau schnaubte bloß.
Ich sagte: „Sie war eine Kundin von dir. Du weißt schon, wovon ich spreche.“
Attila kratzte sich am Kinn. „Jetzt, wo du es erwähnst.“ Er grinste. „Das Blondchen, die Studierte.“ Er schnipste mehrmals mit den Fingern. „Hm, was war das noch. Ah, ja … Medizin, richtig?“ Er nickte. „Meine Medizin fand sie ganz gut, glaube ich.“
„Halt's Maul.“
„Sie war schon lange nicht mehr bei mir. Ist bestimmt schon vier Wochen her.“ Er legte den Kopf schief. „Ich hoffe, sie hat sich keinen Neuen gesucht.“
Meine Lippen fühlten sich trocken an und meine Glieder wurden schwer wie Blei. „Sie ist tot.“ Die Worte hallten durch die Gasse, und dann herrschte Schweigen. Nur der Wind heulte und peitschte mir weiter kalt ins Gesicht. Meine Augen tränten, aber ich wagte es nicht zu blinzeln, wollte Attila keine Sekunde aus dem Blick verlieren. „Überdosis.“
Die Frau sah betreten auf ihre Schuhe, und Attila presste die Lippen zusammen. „Sorry, Bro.“
„Spar dir das“, sagte ich. Ich deutete mit dem Zeigefinger auf seine Brust. „Du hast sie umgebracht.“
Attila schüttelte den Kopf. „Hör mal, was kann ich denn dafür, wenn sie nicht weiß, wie man mit dem Zeug umgehen muss, hm? Ich meine, wenn sich einer totsäuft, rufst du doch auch nicht bei Jim Beam an und beschimpfst die als Mörder, oder?“
Ich starrte in seine dunklen Augen und mahlte mit den Kiefern. Ich musste es zu Ende bringen, hier und jetzt. Für eine Umkehr war es zu spät. „Du hast sie mir genommen.“ Ich neigte mich nach vorn. „Jetzt wirst du dafür bezahlen.“ Bevor Attila etwas sagen konnte, stürmte ich auf ihn zu.

Die Frau quiekte, als ich ihn zu Boden riss, als wäre er ein Running Back vor dem Touchdown und ich der letzte Verteidiger.
Dann lagen wir beide im Schnee und schlugen aufeinander ein. Meine Fingerknöchel knallten gegen seine Wange, seine Faust grub sich in meinen Magen. Mir blieb die Luft weg, aber das hielt mich nicht davon ab, seiner Nase einen Kopfstoß zu verpassen. Sie knackte und Attila schrie auf und Blut sprudelte aus beiden Nasenlöchern. Dann schlug er mir gegen das Ohr, und ich hörte nur noch ein lautes Piepen und die Welt wurde etwas dunkler.

Wir rollten auf dem Boden umher, als wollten wir Schneeengel machen und mit dem Blut des anderen ein Gemälde auf die helle Leinwand unter uns malen. Attila hatte einen Cut unter dem rechten Auge, das langsam zuschwoll. Ich schmeckte Blut und spürte, wie meine Lippe dicker wurde. Attila rammte ein Knie in meine Rippen und etwas knackste. Die Frau schlug die Hände über den Kopf zusammen und kreischte: „Scheiße, scheiße. Hört doch auf damit.“

Nach einer weiteren Rolle gelang es mir, mich auf Attilas Brust zu setzen. Wehrlos lag er da, und ich rammte meinen Ellenbogen gegen seine Schläfe. Er grunzte und sein Kopf kippte zur Seite. Speichel rann aus seinem Mundwinkel und vermischte sich mit Blut. Dann griff ich in meine Jackentasche, zog das Messer heraus und ließ die Klinge hervorschnellen. „Jetzt lass ich dich ausbluten, du Sau.“
Er atmete schwer und versuchte, aufzustehen, doch es gelang ihm nicht. Ich hob die Hand, um das Messer in sein Auge zu rammen, als ich die Frau wimmern hörte. Ich hielt inne.
Mit nassen Haaren stand sie da. Ihr Mascara war verlaufen und schwarze Tränen rannen über ihr Gesicht. „Bitte.“ Sie schniefte und ihre Unterlippe bebte. „Bitte, töte ihn nicht.“
Ich öffnete den Mund, doch mir fielen keine Worte ein.
Die Frau sagte: „Vielleicht ist er ja ein Mörder.“ Sie zitterte, doch sie sah mir direkt in die Augen und ihre Stimme klang bestimmt. „Aber das heißt nicht, dass du auch so werden musst. Das würde deine Sina sicher nicht wollen.“
„Was weißt du schon?“, sagte ich, doch das Messer verharrte über Attilas Auge und meine Wut flaute ab, als hätte der Wind sie weggefegt.

Attila nutzte mein Zögern. Er packte meine Hand, verdrehte sie und richtete die Messerspitze auf meine Schulter. Mit aller Kraft streckte er die Arme aus, und der Stahl glitt durch meine Jacke und zerfetzte die Haut darunter. Ich spürte, wie der kalte Fremdkörper mein Fleisch zerschnitt und schrie auf, obwohl es nicht wehtat. Blut strömte heiß über meine Brust und tropfte auf den Boden. Ich kippte zur Seite.
Die Frau schrie und lief weg.

Attila erhob sich und blieb vor mir stehen. Er sah nicht wütend aus. „Das mit deiner Freundin tut mir echt leid, Mann.“ Er zog ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und presste es gegen seine blutige Nase. „Aber hör mir gut zu.“ Er ging in die Hocke und packte mich am Kragen. Langsam begann die Stichwunde zu schmerzen und ich biss die Zähne zusammen. Attila sagte: „Wenn ich dich nochmal sehe, dann bringe ich dich um, verstanden?“
Er stieß mich von sich, als wäre ich ein widerliches Insekt – mein Hinterkopf knallte hart auf den Boden –, und um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, trat er mir zweimal in die Magengrube. Dann ließ er mich keuchend und blutend in der Gasse zurück.

Lange lag ich da und starrte in den Nachthimmel, während Flocken meinen Körper bedeckten und mein Blut in den Schnee sickerte. Mein Kopf brummte, in meinen Ohren piepte es und meine Schulter fühlte sich an, als würden sich tausend Käfer durch Fleisch und Knochen fressen. Doch trotz der Schmerzen fühlte ich mich besser als vor dem Kampf.
Langsam erhob ich mich. Das Messer steckte noch in mir. Ich zog es raus. Blutfäden hingen von der Klinge. Ich lächelte und lies das Messer zu Boden fallen. Dunkelrote Flecken bedeckten die Stelle, an der ich gelegen hatte. Ich spuckte Blut zwischen meine Füße und machte ich mach humpelnd auf den Weg nach Hause.

Ich dachte nicht mehr an Sina, nicht mehr an den Verlust. Die Schmerzen ließen all das nebensächlich erscheinen. Als ich an einem Schaufenster vorbeikam, blieb ich stehen. Ich spiegelte mich in dem Glas und erkannte den Mann kaum, der mich da angrinste, als hätte er den Verstand verloren. Das Gesicht war blutig und geschwollen und das Haar voller Dreck. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf die kühle Luft, die über meine Wunden streichelte. Meine Gedanken waren klar, und ich fühlte mich wie eine Schlange nach dem Häuten. Stärker und gereinigt. „Wir sollten uns schnellstmöglich wieder häuten und unsere Gedanken reinigen, meinst du nicht?“, sagte ich und der Mann im Schaufenster nickte.
Während ich weiter die Straße entlanghumpelte, hörte es auf zu schneien.

 

Hallo Pleitegeier,

vielen Dank für deine Geschichte. Hat mir gefallen. :)

Schneeweiß und blutrot
Der Titel gefällt mir. Die Anlehnung an „Schneeweißchen und Rosenrot“ hat etwas Unschuldiges und doch steht hier das weiß für Koks und das Rot für Blut.

Wir schwammen damals gemeinsam im See und alberten herum, bevor wir uns im Gebüsch überall berührten.
Den Plusquamperfekt magst du nicht so, nicht wahr? Ist mir noch an anderen Stellen aufgefallen und irgendwie stört es mich.
Ich weiß auch nicht ob man den Einschub mit dem See unbedingt braucht. Sie ist nackt und nass, man kann sich ungefähr denken warum.

- sie dufteten wie gezuckerte Erdbeeren -
Ahhh, das ist absolut zu viel! Da musste ich ja lachen, mitten in der Sexszene!

Zwei Monate später war sie tot, erstickt an ihrem eigenen Erbrochenem nach einer Überdosis Koks.
Wie hart du bist! Einem so was hinzuknallen. Wirkt aber.

; und dann war es zu spät.
Finde ich unnötig.

und ich wusste, dass ich diesen Duft nie wieder vernehmen würde.
Kann auch weg.

Der Schmerz verscheuchte die Gedanken an das, was nie mehr sein würde, und ich erhob mich.
Noch ein Streichkandidat.

Da hätte eine Freundin wohnen können oder ein entfernter Verwandter,
Weg damit.

um eine andermal wiederzukommen,
ein andermal

Zerzauste schwarze Haare fielen in ihre Stirn
Zerzauste, schwarze...

Dann stand ich da wie ein kleiner Junge, der vor geschlossenen Pforten auf das Christkind wartete.
Der Vergleich hinkt etwas. Oder will er das Christkind töten?! :eek:

, die mich zum Weihnachtsmarkt bringen sollte,
Überflüssig

Der Abschnitt über die Suche auf dem Weihnachtsmarkt ist mir etwas zu lang.

Er breitete die Arme aus. „Ich find’s jedenfalls schön. Weiße Weihnacht halt.“
Die Frau wandte sich abrupt ab und sagte: „Fick dich, Atti.“
Bisschen aggressiv die Gute? Warum beschimpft die denn Attila? Er hat doch nichts schlimmes gesagt. Oder soll sie als Zicke dastehen? Bisher findet man Attila ja eher sympathisch, dabei will man ihn doch hassen. Find ich gut gemacht.

Ich wollte ihm folgen, doch ich konnte mich nicht rühren, wollte etwas sagen, doch mir fehlte die Kraft, gegen den Wind anzuschreien.
Kommt da tatsächlich ein Komma vor „gegen“?

Ich war mit Sina nie auf dem Weihnachtsmarkt gewesen, könnte ihr nie mehr Geschenke unter den Tannenbaum legen.
Schön traurig.

Es fühlte sich so ungerecht an, so falsch. Diesen Fehler musste ich bereinigen.
Kann weg.

Der Kirchturmglocke läutete Mitternacht
Es gibt Weihnachtsmärkte, die bis kurz vor Mitternacht aufhaben?

hielten sich bei den Händen.
„An den Händen“ würde ich sagen.

folgte den beiden in eine enge Seitengasse.
Uhhh, Klischeealarm.

und in der Dunkelheit fühlte ich mich ein Assassine.
Finde ich hier irgendwie unpassend.

„Bleib stehen, Mörder.“ ...
„Wie haste mich genannt?“...
„Mörder“...„Kennst du Sina?“
„Keine Ahnung. Ist das deine Olle?“ „Keine Ahnung, was der will. Ich schwöre, ich habe niemanden angerührt.“
Es kommt mir vor als hätte ich den Dialog schon öfters gelesen. Ziemlich vorhersehbar das ganze. Auch der ganze Kampf und sein Ausgang ist irgendwie zu erwarten gewesen. Schade, ich hätte mir hier noch nen Knaller gewünscht. Vllt hätte der Prota einfach die Frau abstechen können – du tötest meine Frau, dann töte ich deine, oder so was in der Art.

Wir sollten uns schnellstmöglich wieder häuten und unsere Gedanken reinigen, meinst du nicht?“, sagte ich und der Mann im Schaufenster nickte.
Während ich gen Haltestelle humpelte, wurde ich mit jedem Schritt schneller, denn nach langer Zeit hatte ich endlich wieder Rückenwind.
Das verstehe ich nicht so ganz. Sieht er es nun als generellen Ausweg sich zu prügeln um sich mit den körperlichen Schmerzen von den seelischen abzulenken?
Und das mit dem Rückenwind finde ich etwas albern. Challenge is calling, hmm?

Ich habe deine Geschichte sehr gern gelesen. Es gab nicht zum Stolpern oder Überfliegen, es lief flüssig.

Am Ende war es dann aber irgendwie doch zu einfach, zu klischeehaft. Ich hätte mir gewünscht, dass du mich überraschst. Facetten, an dem Prota oder auch an Attila, zeigst, die ich nicht erwartet hätte.

Und der Bezug zu der Challenge erscheint mir etwas angestrengt, auch wenn man natürlich jede Tiefschlag im Leben als Gegenwind interpretieren könnte.

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hallo Pleitegeier,

also, vorweg: Ich finde, deine Geschichte ist gut aufgebaut. Ich bin da schnell reingekommen, mir kam nichts zu langatmig vor und auch die Dialoge und Actionszenen waren gut gemacht. Das kannst du auf jeden Fall! Was sich mir nicht so ganz erschließt, ist der Bezug zum Thema. Klar, da weht Wind auf dem Weihnachtsmarkt und dann auch kurz in der Gasse, aber "im Gegenwind" befindet sich da doch nicht wirklich jemand, oder? Also, versteh mich nicht falsch, mir hat die Geschichte gefallen – und vielleicht geht das nur mir so, bzw. vielleicht muss ich die Geschichte noch einmal lesen, um es besser zu erkennen.

Eine Kleinigkeit:

Der Wind blies ihr die Haare ins Gesicht, als sie trotzig die Haltestelle verlies.
- verließ

Mir gefällt, dass du schnell einsteigst. Da wird nicht viel rumgequatscht, die Beziehung erklärt oder so, sondern da gibt es die Sexszene und kleine Momente, an denen man sieht, dass die beiden echt ineinander verknallt sind. Was sich mir nicht so ganz erschließt, ist, dass er das mit dem Koksen einfach so hinnimmt. Ich habe schon oft gehört, dass Studenten oft zu Koks greifen, um bessere Leistung zu bringen, also das fand ich schon schlüssig. Aber wenn sie an einer Überdosis stirbt, dann klingt das eher so, als würde sie sich entweder haufenweise Zeug in die Nase ballern und hat es dann irgendwann nicht mehr richtig eingeschätzt, oder aber sie ist Anfängerin. So wie es beschrieben wird, ist sie aber schon seit längerem abhängig, daher tendiere ich zu Variante eins. Was ich sagen will, ein kleiner Hinweis darauf, wie er sie erlebt hat in dieser Hinsicht, hätte ich interessant gefunden.

Bleib stehen, Mörder
Das hier finde ich ein wenig theatralisch. Du machst das mit den Dialogen gut, finde ich, aber sagt man das? Bleib stehen, Mörder? Vielleicht besser, "Bleib stehen, Arschloch" und dann im Laufe des Gesprächs wirft er ihm den Mord vor. So hat mich diese Szene fast an ein Theaterstück erinnert.

Ich meine, wenn sich einer totsäuft, rufst du doch auch nicht bei Jim Beam an und beschimpfst die als Mörder, oder?
Da hat Attila nicht ganz unrecht, wie ich finde. Jeder Mensch ist für seine Taten immer noch selbst verantwortlich. Dass dein Protagonist einen Sündenbock braucht, vielleicht einfach nur, um seinen Schmerz irgendwie zu verarbeiten, kann ich nachvollziehen, aber es ist gut, dass am Schluss beide lebend da rausgehen.

Meine Gedanken waren klar, und ich fühlte mich wie eine Schlange nach dem Häuten. Stärker und gereinigt. „Wir sollten uns schnellstmöglich wieder häuten und unsere Gedanken reinigen, meinst du nicht?“, sagte ich und der Mann im Schaufenster nickte.
Während ich weiter die Straße entlanghumpelte, hörte es auf zu schneien.
Das Fettgedruckte würde ich streichen, das wiederholt lediglich die Aussage davor.

Habe ich gerne gelesen!
RinaWu

 

Hallo Pleitegeier,

Gefällt mir, deine Geschichte. Gleich im ersten Absatz der abrupte, harte Wechsel von einer Liebesbeziehung zu einer Drogentoten.

Dann das Leid deines Protagonisten und er sieht sich irgendwie in der Pflicht, den Tod seiner Freundin zu rächen.
Schön, gerade passend zu Weihnachten, der Absatz über den Adventmarkt, fängt gut die Stimmung ein.
Auch nachher, am Bahnsteig, bringst du die Atmosphäre gut rüber.
Manchmal vielleicht ein bisschen zu Klischeebehaftet, ist aber sicher Geschmackssache.
Richtig unsympathisch kommt der Dealer nicht rüber, das finde ich gut, schließlich haben solche Typen bezüglich ihres "Geschäftes" meistens kein schlechtes Gewissen.
Lediglich der Schluss hat mir nicht so gefallen, bzw. hab ich ihn nicht wirklich verstanden. Wie und wieso will er sich schnellstmöglich wieder häuten? Hat er seine Mordgedanken noch nicht auf Eis gelegt? Will er den Dealer unbedingt drankriegen oder meint er die Aussage ganz allgemein?
Vielleich, so wie RinaWu sagte, einfach weglassen.
Liebe Grüße
Sabine

 
Zuletzt bearbeitet:

Von mir (fürs Erste) nur ein kleiner (physikalischer) Einwand, Pleitegeier:

Als würden unsere Finger vom Körper des anderen angezogen wie Metalle von Magneten.
Nahezu 80 Prozent der chemischen Elemente gelten als Metalle, aber lediglich drei*) davon (Eisen, Nickel und Kobalt) werden von Magneten angezogen. Insofern ist deine Formulierung einfach keine stimmige Metapher für mich. Klingt mir so ähnlich, als würde jemand schreiben:
Wie die Reptilien und die Vögel legen auch die Säugetiere Eier."

Eventuell:
Als würden unsere Finger vom Körper des anderen angezogen wie Eisen von einem Magneten.
Als würden unsere Finger wie magnetisch vom Körper des anderen angezogen.

usw.

So, und jetzt werde ich deine Geschichte lesen.

offshore


*)Für die Erbsenzähler:
Bei Temperaturen unter 16°C kommen noch fünf weitere dazu, nämlich Dysprosium, Erbium, Gadolinium, Holmium und Terbium. :D

 

Hallo Pleitegeier,

Du klebst sehr an der Schulgrammatik, was ja zunächst mal nicht falsch ist. Und der Gleichklang von ge- und verwesen hat ja in dieser Tragödie auch was. Und schön, dass Du den Konjunktiv pflegst. Doch dann hab ich doch eine Frage hierzu

Sina hatte mir von ihm erzählt und gesagt, er habe den besten Stoff der Stadt, richtige China-Cocktails. Sie wolle sich von ihm und den Drogen losreißen, aber so einfach sei das nicht. Sie stünde bei ihm in der Schuld. Drohungen, Schlägertypen, der ganze Mist. Ich wollte ihr helfen, aber sie sagte bloß, sie schaffe das schon, es reiche, wenn ich bei ihr bliebe. Jeden Tag sagte sie das und küsste mich danach lang und innig.
Warum plötzlich der Wechsel von Konj. I zu II "sie stünde bei ihm in der Schuld", Konjunktiv irrealis inmitten korrekt formulierter indirekter Rede?

Hat sie Zweifel formuliert, etwa "kann sein, dass ich bei ihm in der Schuld steh" - als wenn sie es selbst nicht genau wisse? Ich wüsste nun nicht, dass ich mal in den Kreisen je gewesen wäre (doch, doch, ich bin auch schon abgestürzt jenseits der legalen Droge schlechthin). Oder glaubt/hofft der Referent, eben der Icherzähler, dass sie eben nicht "in seiner Schuld" stehe?

Und noch eine Stelle, wenn es heißt

Der Schmerz verscheuchte die Gedanken an das, was nie mehr sein würde, und ich erhob mich.
warum hier die würde-Konstrunktion, die überhaupt nix mit der Zeitenfolge zu tun hat, sondern Wahrscheinlichkeiten ausdrückt. Da wäre das Futur I anzusetzen "was nie mehr sein wird".

Hier

Ich fragte mich, ob das Koks, das Sina umgebracht hatte, ähnlich aussah.
besser "aussehe/aussähe"

Hier schnappt dann die Fälle-Falle beim Hunnenkönig zu

Ich quetschte mich ..., hielt Ausschau nach Attila dem Hunnen, sah nur ein Meer aus Jacken und Schals und Mützen.
nicht Dativ, sondern Akkusativ, wonach hielt ich Ausschau? Nach Attila, den Hunnenkönig.

Was den Namen Attila betrifft, so ist das Gotisch und ist die Verniedlichung des Atta, setz ein F oder V davor und Du weißt, was es bedeutet (natürlich hört es sich furchtbar nach Slang oder Sprachfehler an, aber dem entspricht ja der Spruch auf den historischen Attila "Attila, der Hunnenkönig, trank zu viel und aß zu wenig. Darum starb er nicht im Kampf, sondern an 'nem Magenkrampf", das Schlimmst, was einer Person der Heldensage widerfahren kann, im Bett zu verrecken und dann noch in der ersten Nacht ...)

Und die Verwechselung von lesen (lies, Imperativ) und lassen (ließ, Prät.)sollte zumindest korrigiert werden. Das ist so der Superlativ von den schlimmen Dingen, die einem unterm Schreiben widerfahren können.
Weiter unten noch wenigstens zwei, drei Mal, darunter auch zu "verlassen" = "verließ"

###

Flüchtigkeit?

..., ließen die Flocken, die vom Wind hin und her geblasen wurden, noch weißer erscheinen.
Weiß ist das Licht, da kommen alle Farben des Spektrums gebündelt daher, und es ist die hellste Farbe, "weißer" klingt da wie Waschmittelreklame ... weißte?

Aber es ist auch der Punkt, wo erwiesenermaßenFlüchtigkeit obsiegt:

Der Kirchturmglocke läutete Mitternacht ...
..., aber kein Auto waren in Sicht.
(hier hinterließen beide Varianten ("kein Auto"/ und die umgangssprachliche "keine Autos" war/en in Sicht.

Gegenüber Deinem Erstling wirkt mir die Geschichte wie eine Kolportage ...

Gleichwohl bin ich guter Dinge.

Rschüss, schöne Restweihnacht und guten Rutsch

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Friedrichard schrieb:
Hier schnappt dann die Fälle-Falle beim Hunnenkönig zu
Ich quetschte mich ..., hielt Ausschau nach Attila dem Hunnen, sah nur ein Meer aus Jacken und Schals und Mützen.
nicht Dativ, sondern Akkusativ, wonach hielt ich Ausschau? Nach Attila, den Hunnenkönig.
Dein Ernst, Friedel?
Demnach suchst du auch nach die Adresse und erkundigst dich nach den Weg?


Mit einigermaßen verblüfften, um nicht zu sagen, kopfschüttelnden Grüßen, um nicht zu sagen:

Friedrichard schrieb:
Das ist so der Superlativ von den schlimmen Dingen, die einem unterm Schreiben widerfahren können.

:D

 

Dein Ernst, Friedel?

hätt' man mich je unernst erlebt,

wachsamer ernst offshore?

Claro este, Ernst,

Dativ, korrekt, aber Komma schon, "der Hunne(enkönig)" ist im Gegensatz zu dem Namen Theoderich des Großen oder Attila Hörbiger kein Namensbestandteil.

Noch geruhsame 5 3/4 Stunde Weihnacht und schöne Tage zwischen den Jahren!

Friedel,
der Irre(nde)

mit der Bitte um Verzeihung an Pleitegeier.

 

Hallo Pleitegeier,

die Geschichte kommt mir wie ein Versuch vor, wirkt leblos, erwartbar, wie eine Filmszene in einem beliebigen Krimi oder Gesellschaftsdrama. Tiefe fehlt, die Figuren bleiben an der Oberfläche und manches an der Handlung finde ich unglaubwürdig. Fängt schon damit an, dass sie ausgerechnet Koks nimmt. Crack, okay, Pillen, aber Koks? Das Zeug ist teuer und nicht bei jedem Attilla-Dealer zu bekommen. Dann das mit den Eltern nach dem Tod Sinas. Die lassen einen x-beliebigen Freund ihr Zimmer aufräumen, alles wegpacken, echt? Und diese Schlägerei, Attila als denjenigen zu identifizieren, der ihren Tod verschuldet hat, na ja.
Dabei finden sich in dem Text einige gute Bilder: der Schnee, die Erinnerung an den Bruder, von dem er das Klappmesser hat, das Schluss-Tableau. Vielleicht magst du ja noch ein wenig an der Geschichte arbeiten, würde sich lohnen, zumal sie sprachlich ganz gut fließt.

Textstellen:

Lächelnd und nackt, die Brustwarzen hart und die Haare nass.
lächelnde Brustwarzen hätte mir besser gefallen.

Das Logo von Metallica verschwamm hinter einem Schleier aus Tränen und ich legte mich auf den weichen Teppich.
das mit dem Schleier ist zu viel, zu dick, und Metallica, echt, alte Kerle?.

die Türkette hing zwischen uns wie ein silbergrauer Wurm.
kann ich mir nicht vorstellen, einen silbergrauen Wurm, das Bild würde ich überdenken

Sucht sich da sicher 'ne neue Schlampe, die er ficken kann.“ Sie wischte sich Rotz von der Nasenspitze. „Ich lass ihn jedenfalls nicht mehr ran.“
mm, das erzählt sie jetzt einem Fremden? Und warum ist sie überhaupt in seiner Wohnung?

Ich fragte mich, ob das Koks, das Sina umgebracht hatte, ähnlich aussah.
würde ich streichen den Satz, damit versaust du die Metapher eher, für mein Empfinden

Schneeflocken legten sich auf meine Wangen und fühlten sich an wie die Berührungen kalter Fingerspitzen. Wieder dachte ich an Sina und den Sex am See, an ihre weiche Haut, ihre Küsse, ihr Lächeln.
der erste Satz gefällt mir, ist zart und kräftig, mit dem zeiten schwächst du die Wirkung ab, finde ich

Wir rollten auf dem Boden umher, als wollten wir Schneeengel machen und mit dem Blut des anderen ein Gemälde auf die helle Leinwand unter uns malen.
was sind Scheneengel?

Die Frau sagte: „Vielleicht ist er ja ein Mörder.“ Sie zitterte, doch sie sah mir direkt in die Augen und ihre Stimme klang bestimmt. „Aber das heißt nicht, dass du auch so werden musst. Das würde deine Sina sicher nicht wollen.“
wirkt künstlich, warum sollte sie, so aufgeregt wie beide sind, solch abgeklärte Worte wechseln?

Viele Grüße und ein schreibfreudiges neues Jahr
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Huhu Pleitegeier,

Wolltest du eigentlich noch irgendwann antworten? Seit dem Einstellen ist es jetzt eine ganze Weile her. Na gut, du wirst deine Gründe haben, nicht mehr zu antworten. Ich hoffe nur, es sind keine bösen. Und wenn es ein "einfach-so-Grund" ist, dann schäm dich. :D
Im Rahmen einer Challenge ist das nämlich nicht so toll. Im Normalfall natürlich auch nicht, aber hier schmerzt es ganz besonders. Einige Leute, ich zum Beispiel auch, wollen nämlich viele Texte kommentieren, weil sich daraus eine so angenehme und betriebsame Atmosphäre ergibt. Aber was tun, wenn der Autor den Kommentar nie mehr beantworten, vielleicht nicht mal mehr lesen wird? Dafür ist die Zeit denn auch zu wichtig.
Also jetzt mach ich einfach einen Kompromiss: Ich sage, ob mir deine Geschichte gefällt, gebe einen Grund an, weitere Anmerkungen werden gespart.

Sie gefällt mir leider nicht, weil sie mir zu plakativ ist. Zu motivlos einerseits die Suche nach Attila, zu vorhersehbar und gleichzeitig zu unvorbereitet die innere Läuterung am Ende.

Als Beispiel für das Motivlose und Stereotype dieses Zitat:

Ich starrte in seine dunklen Augen und mahlte mit den Kiefern. Ich musste es zu Ende bringen, hier und jetzt. Für eine Umkehr war es zu spät. „Du hast sie mir genommen.“ Ich neigte mich nach vorn. „Jetzt wirst du dafür bezahlen.“ Bevor Attila etwas sagen konnte, stürmte ich auf ihn zu.
Die mahlenden Kiefer, oder auch, was der Protagonist inhaltlich spricht. Das ist wie eins zu eins aus einem B-Movie übernommen.
Find ich schade, weil du eigentlich schreiben kannst.


Mit den immer gleich gebauten Vergleichen schrammst du auch ansonsten stilistisch nahe an der Parodie eines hardboiled-Krimis entlang. Nur ein Beispiel dafür im folgenden Zitat. Aber ich könnte noch viele nennen.

Wir rollten auf dem Boden umher, als wollten wir Schneeengel machen und mit dem Blut des anderen ein Gemälde auf die helle Leinwand unter uns malen.
Schneeengel ist ein positiv besetzter Begriff. Der Kampf zwischen A. und dem P. geht aber ums Ganze. Und da wälzen sie sich wie im Kinderspiel?


Viele Grüße
Novak

 

Hi Pleitegeier! Die Geschichte ist spannend geschrieben, aber die Entwicklung ließ sich sehr leicht erahnen. Auch das Fazit der Geschichte ala "Schwamm d'rüber" ist mir zu oberflächlich. Aber da sind meine eigenen Geschichten leider auch (noch) nicht besser ;)

 

Hallo Pleitegeier,

Deinen Text habe ich schon vor ewigen Zeiten gelesen und ich hatte gehofft, dass Du Dich noch einmal hier blicken lässt, aber dem ist wohl nicht so.

Daher von mir ganz kurz: Vom Handwerklichen hat mir das ganz gut gefallen, aber letztlich war mir die Geschichte zu klischeehaft und zu plakativ, wie es auch Novak ausgedrückt hat.

Gruß
Geschichtenwerker

 

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