Alter Schwede ... so einen Thread lesen, während ich mir meine Marmeladeschnitten einschiebe, ist nicht unspannend. Aber aus meiner persönlichen Sicht sind die bisherigen 4 Seiten doch sehr akademisch.
Warum?
- Wir stecken mitten drin in den Veränderungen und werden oft von Entwicklungen überholt.
- Literatur OHNE verifizierbare Fakten ist schlechte Meinungsmache
- Literatur MIT verifizierbaren Fakten gibt es schon > wissenschaftliche Publikationen
- Die Komplexität der Korrelationen und Kausalitäten ist so hoch, dass sich Literatur schnell im Klugscheißermodus verirrt oder einfach nur Literatur für Wenige ist.
In der Tat denke ich, dass eine stete Diskussion in ALLEN Foren und auf allen Ebenen wichtig ist; aber eben immer als Versuch zur Sichtbarmachung von Lösungen und nicht als Einbindung in Literatur, Musik, Malerei oder anderer kultureller Ausdrucksmöglichkeiten, weil immer persönliche Sicht dabei ist. Oder anders gesagt: Der Topf kocht gerade über und wir sollten ihn vom Herd holen und nicht durch zu viel Kultur die Menschen auf den kochenden Topf hinweisen.
Insofern ist dies eine akademische Diskussion. Für viele Leser wäre es Science, für andere Fiction, die nächsten lesen es gar nicht. Inwiefern sollte das helfen? Als Antwort bliebe nur die eigene Gewissensberuhigung.
Letztendlich können wir sagen, dass wir alles wissen, was schief gelaufen ist. Und wenn wir es nicht wissen, dann können wir es seit vielen Jahren täglich beobachten. Und wenn wir es nicht beobachten aus sensorischer Blindheit, können wir es uns denken, und wenn das nicht hinhaut, müssen wir es eben glauben.
Was jetzt kommt, ist aber Off-Topic, gehört aber im Sinne dessen, was ich schrieb, dass eine Diskussion über Literatur ZUM BEschreiben und FORTschreiten der Krise zwecklos sei, unbedingt dazu.
Denn vielmehr dazu geeignet, die Lage zu verbessern als Science-Literatur oder Fiction-Literatur es je könnten, ist die Gegenwart des Handelns. Denn Literatur spielt mit Emotionen, besser noch mit Ängsten. Und genau DAS wollen wir nicht. Das Handeln jedoch, die bewusste Umsetzung von Optionen in sichtbare Alternativen ist genau DAS, was nötig ist, UM zu verändern UND zu überzeugen. Literatur kann das nicht und ist auch gar nicht ihr Anspruch.
Das Handeln lässt sich auf zwei Pole verteilen:
- Staat
- Bürger
Ein Beispielmodell:
Seit etwas mehr als 1 Jahr haben wir eine PV-Anlage auf dem Dach.
Unser jährlicher Stromverbrauch im 4-Personen-Haushalt:
4.300 kWh
Unser jährlich erzeugter Strom:
7.860 kWh
Die Anlage besteht aus 24 Modulen auf 3 Dächern in Südausrichtung, aber WENIG geeignetem Winkel und MIT Winterverschattung durch Nachbarhaus. Trotzdem erzeugt die Anlage mehr als genug Strom. Für den Nachtbedarf ist eine 7,5 kWh-Batterie angehängt, die bei voller Ladung einen Tag überbrücken kann.
Kosten der Anlage:
Geleast von den Stadtwerken auf 18 Jahre für mtl. 130 €, was den momentanen Monatsabschlägen für den Strombezug entspräche. Wartung, Service und Ersatzteile im Preis inbegriffen.
Darf ich meinen überschüssigen Strom an meinen Nachbarn abgeben?
Nein. Das EEG erlaubt dies nicht. Es muss die Einspeisung ins Netz erfolgen.
Was ist im Winter?
Der Hauptanteil der 7,8 MWh wird von März bis Oktober erzeugt. Die Wintermonate sind geographisch bedingt schlecht. Möchte ich den Strom trotzdem nutzen, muss ich ihn speichern. Wie? Indem ich ihn mittels einer Elektrolyseanlage umwandle in Wasserstoff. Und der große Trick: In einem Katalysator entzieht die Anlage der Atmosphäre CO2 und katalysiert CO2 mit H zu NH4, Methan. Das Methan wird in einem Tank gespeichert und in der dunkleren Jahreszeit in einem Blockheizkraftwerk verbrannt. Das dabei entstehende CO2 wird wiederum zur Katalyse benutzt. Ich habe also Heizung UND Strom aus demselben Produkt. Die Anlage arbeitet komplett klimaneutral.
Gibt es solche Anlagen?
Ja, natürlich gibt es diese Anlagen. Sie arbeiten beispielsweise in Alzey oder Augsburg und versorgen dort Neubaugebiete mit Strom und Heizung, und zwar 100% klimaneutral.
Gibt es solche Anlagen für den Einzelhaushalt?
Nein, weil sie (noch) zu groß sind. Das Problem ist, dass diese Art Forschung und Entwicklung nur wenig vom Staat gefördert werden, weil sie etwas umsetzen könnten, was einer Revolution gleichkäme: Die Abschaffung des Energiemonopols. Und dagegen stehen die großen 4 und die Netzbetreiber.
Kann sich jeder eine PV-Anlage auf das Dach setzen?
Natürlich. Es gibt keine Probleme mehr mit Verschattung oder falschem Winkel. Die Leistung der Module lag vor zwei Jahren bei 250 Wh pro Modul. Jetzt sind wir schon bei 400 Wh und die Technik entwickelt sich rasant - nur nicht in Deutschland. Es gibt Module für vertikale Ausrichtung (Balkongeländer, Hauswände), die durch das Abfangen der Solarwärme sogar das Haus kühl halten.
Was ist mit der Batterie, wenn die mal kaputt ist?
Absolut kein Thema. Die Stadtwerke Neustadt haben einen Vertrag mit der Firma Duesenfeld im Münsterland, die Lithiumbatterien zu 97% recyclen kann. Diese Firma hat sogar mobile Recycelanlagen in 40-Fuß-Containern, die sie zur Verfügung stellt für städtische Entsorgungen. Kobalt, Lithium, Kupfer, all diese Rohstoffe können dort entnommen und wieder dem Kreislauf zugeführt werden. Im Übrigen gibt es eine 8jährige Vollgarantie auf die Batterie und auf die Anlage eine 18jährige Garantie, weil die Technik so ausgereift ist. Sie liegt auf dem Dach und funktioniert.
Warum macht nicht jeder so was?
Unwissen zum einen. Zum anderen eine unüberblickbare Finanzierung seitens des Staates, und nicht zuletzt ...
... ist der Staat sein größter Gegner!
Ja. Das ist er. Denn jeder, der sich auch eine noch so kleine ANlage zulegt, wird automatisch ein Stromerzeuger und muss sich beim Finanzamt als Gewerbe melden. Damit verbunden sind mehrseitige Formulare beim Finanzamt, dem Einspeiseunternehmen, dem Planungsunternehmen, dem Vertragspartner, dem Marktstammdatenregister (Bundesnetzagentur), damit ist verbunden eine Einnahme-Überschuß-Abrechnung beim Finanzamt, selbst wenn es nur 200 € Ertrag im Jahr sind - oder wenn man darüber liegt - die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung, ein Eintragen als §19 Kleinunternehmerregelung mit Hinweis an den Provider, dass seine Gutschriften keine Mehrwertsteuer enthalten dürfen, eine ständige Auswertung der Einspeisungen 1.8.0 und 2.8.0 und vor allem eine Besteuerung der EIGENENTNAHME für den Betrieb, also schlicht, der Strom, den wir für uns verbrauchen, die 4.300 kWh. UND wenn eine Batterie da ist, für die noch mal dieselbe Prozedur gilt, weil sie im EEG als Energieerzeugungseinheit deklariert ist, also eine eigene Erzeugernummer bekommt.
Geht das auch anders? Das ist ja schrecklich!
Aber ja. Nähme der Staat das EEG komplett weg, ab in die Tonne, würden wir für den eingespeisten Strom keine 10,46 ct pro kWh bekommen, sondern diesen Strom einfach ohne Entgelt aus solidarischen Gründen ALLEN zur Verfügung stellen, DENN ... für den von uns erzeugten Strom, für den wir 10 ct bekommen, verlangen die Stromanbieter anderen Menschen momentan im Schnitt 31 ct.
WAS ist nun die LÖSUNG?
Die Lösung ist ganz einfach. Der Staat stellt jeder Kommune/Verbandsgemeinde/Stadt eine Anfangsfinanzierung zur Verfügung. Neubauten NICHT mehr ohne Solarzellen und Solarthermie. Auf Bestandsbauten, also vorhandene Dächer, kommen den Bedarfen entsprechend Solarzellen, Solarthermie. Für die kalten Jahreszeiten kommen Elektrolysanlagen, die Methan als Energieträger speichern, das im Sommer erzeugt wird. Größere Städte/Gemeinden planen Sektorenanlagen. Über die bestehende und bewährte Technik der Sektorenkopplung (AUCH zwischen den Städten/Kommunen) gelangen Strom und Wärme per Blockchain zu den Verbrauchern, die gleichzeitig Erzeuger sind.
Energie wird auf diese Art tatsächlich vergesellschaftet, und zwar extrem solidarisch. Strompreise würden sofort fallen, denn Transportwege sind über Sektoren regelbar und benötigen keine großen Leitungen.
Und die Absicherung gegen Stromausfall?
Die Firma, die die Elektrolyseblöcke herstellt, hat ihre Technik modulmäßig gestaltet, was bedeutet, dass Anlagen kombiniert werden für Gewerbegebiete, Industriegebiete, die natürlich in das "Dächer für alle-Prinzip" eingebunden sind. SO sind die meisten Betriebe in Deutschland problemlos mit Strom und Wärme versorgbar. Und die Sektorenkopplung sorgt genau dafür, dass Strom eben NICHT ausfällt und als erstes werden bei "Wolken" die Motoren anlaufen und Methan verbrennen.
Nachteile? Haben wir genug Strom?
Die Nachteile liegen in der Tat im Zusammenbruch der vier großen (Eon, Vattenfall, EnBW und RWE) mitsamt der dahinter stehenden Dividendenwirtschaft. Als Energieerzeuger bin ich Mitglied im Marktstammdatenregister. Dort sind ALLE Energie erzeugenden Einheiten hinterlegt. Von der kleinsten Wasser-, Wind. Solar-Anlage bis zum größten Braunkohlekraftwerk. Und als Mitglied kann ich dort ALLE technischen Daten abrufen. Einmal im Monat schaue ich dort rein. Und ich sehe, dass die meisten großen Blöcke (Eschweiler, Datteln) kaum jemals mit Vollast laufen. Meist liegen ihre Erzeugungslevel zwischen 30 und 60 %. Wir haben genug Strom. Der wird aber von WENIGEN erzeugt für VIELE, und die WENIGEN lassen sich das fürstlich entlohnen. Der oben beschriebene Weg ist die Erzeugung von VIELEN für ALLE, was eine extreme Minimierung der Preise nach sich zöge.
Ach je, die Arbeitsplätze bei den Energieunternehmen?
Eine ernste Frage? Okay. Mein Sonnenenergiehandwerker hat aufgrund der Nachfrage innerhalb von 3 Jahren von 10 Mitarbeitern auf 60 Mitarbeiter aufgestockt und er kommt IMMER noch nicht hinterher. Und als politisch-gesellschaftlicher Prozess ist der Staat mit über die Agenturen finanzierten Umschulungen von Kohleschauflern zu Modulträgern gefragt. Alleine die Installation von Solarmodulen und Kollektoren ist eine Investitions- und Konjunkturprogramm ohnegleichen mit der Schaffung von hunderttausenden Arbeitsplätzen. Der Bau der Sektorenkopplungen, der Bau der Elektrolyseanlagen, Hoch- und Tiefbau, Dachdecker, Elektriker usw. usw.
Ja ... und weiter?
Denken wir weiter. Unabhängige Kommunen ... die überall Ladesäulen platzieren können und sich kleine E-Auto-Flotten leisten für den gemeinsamen Gebrauch bei Einkaufsfahrten, Arztfahrten, wenn man sich mal so ein Ding übers Wochenende leiht.
Die Möglichkeiten sind unbegrenzt und die Entfaltungsoptionen würden die ganze Wirtschaft umwälzen. Weil wir unser System NICHT einschränken oder verschmälern, sondern es auf komplett neue Beine stellen. Aber eben auf umweltverträglichere Beine.
Und warum passiert es dann nicht?
Angst. Block- und Lobbydenken. Abhängigkeiten. Kurzer Tellerrand. Gebunden an ein kurzes, visionsfreies, mutloses Leben. Sicherheit für mich. Nicht für alle.
Und noch mal den Bogen zur Literatur. Literatur kann in DIESEM Fall aus meiner Sicht nur eine visionäre sein, aber mit ganz praktischen Handlungsangeboten, die technisch schon längst durchführbar sind, aber aus Gründen menschlicher Trägheit geflissentlich auf die Sintflut verschoben wird.
Morphin