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Schuldgefühle

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11.10.2014
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Schuldgefühle

Krankenhaus. Ich finde mich an seinem Bett wieder. Intensivstation.
Er ist an lauter Maschinen angeschlossen. Beatmungsgerät, Vitaldatenmonitor, Infusionssystem.
Ich erkenne ihn kaum wieder, er sieht so verändert aus. Es ist meine Schuld, nur wegen mir liegt er jetzt hier.
Es passierte vor wenigen Tagen. Er war mit seinem besten Freund in einen Autounfall verwickelt. Ich war zu Besuch bei einer Freundin. Da er die letzten Tage arbeitstechnisch verhindert war und wir uns dadurch nicht sehen konnten, wollte er mich mit einem spontanen Besuch überraschen. Per Telefon sagte er mir kurz Bescheid. Ich schickte ihm die Adresse und da geschah es auch schon. Das Handy fiel ihm in den Fußraum des Beifahrers. Er beugte sich runter, versuchte sein Handy zu greifen. Sein Freund half ihm nicht. Wie auch? Er schlief tief und fest und lies sich durch die Musik des Radios berieseln. An diesem Tag wollte er unbedingt mit fahren und mich sehen, warum weiß ich bis heute nicht. Während er den Fußraum nach seinem Handy abtastete, kam er auf die linke Fahrspur. Als er sein Handy endlich erreicht hatte und er sich wieder aufrichtete, wurde er durch große und runde Scheinwerfer geblendet. Hektisch und erschrocken zog er das Lenkrad nach rechts. Er verlor total die Kontrolle über das Fahrzeug. Das Auto überschlug sich, mehrfach. Bewusstlos, verletzt und eingequetscht lagen sie in dem demolierten Auto. An der Unfallstelle wurde er mehrmals reanimiert und verlor viel Blut durch seine schweren Verletzungen. Nun liegt er hier. In den Händen von Ärzten, an den Maschinen und um sein Leben kämpfend.
Das ist alles nur meine Schuld.
Wäre ich nicht gewesen, wäre es niemals dazu gekommen.
Wie durch ein Wunder konnte der Unfall mithilfe der Polizei und des besten Freundes rekonstruiert werden. Da ich eine der letzten Personen war, die Kontakt zu ihm hatte, war ich in die Ermittlungen involviert. Somit wusste ich über das Geschehene genauestens Bescheid.
Ich wäre nicht schuld gewesen, sagten sie. Ich solle mir keine Vorwürfe machen, sagten sie.
Aber ... aber wie soll das nur funktionieren?
Ich stehe noch immer wie versteinert an seinem Bett und starre ihn an. Gedankenverloren. Er sieht so friedlich aus. Ich setze mich neben ihn auf einen Stuhl. Nehme seine Hand, und halte sie ganz fest und lausche den Herztönen des Überwachungsmonitors.
Plötzlich überkommt mich ein mulmiges Gefühl. Ich spüre einen Atem im Nacken. Eiseskälte. Hände, die meine Schultern schützend umklammern. Schauder. "Vergiss mich nicht!", haucht jemand in mein Ohr. Schock. Ich drehe mich um, doch sehe ich niemanden.
Er ... er ist hier. In der Zwischenwelt. Panik.
Dann höre ich einen monotonen Piepton und sehe die Nulllinie auf dem Monitor. Ärzte und Krankenschwestern kommen hereingeschossen und schicken mich raus. Ich höre den Defibrillator und die Bemühungen des Teams. Doch jeder Versuch ihn zu reanimieren ist umsonst. Er hat uns verlassen. Sein Leben aufgegeben. Mich aufgegeben.
Es ist vorbei.
Die Polizei und alle anderen können sagen, was sie wollen.
Es steht fest.
Ich habe einen Menschen auf dem Gewissen. NEIN. Nicht einen Menschen. Es ist ein Mensch, den ich aus der Tiefe meines Herzens liebe, mein Freund.
Kurzschlussreaktion. Ich finde mich am Bahnhof wieder. Grelle Lichter kommen auf mich zu.
Hat er sich auch so gefühlt? Was soll ich bloß machen? Was?
Ich wollte nicht, dass es so weit komme. Doch kann ich nicht mit dieser Last leben. Schuldgefühle. Ich will bei ihm sein. Nähe. Es zerreißt mir das Herz. Höllenschmerz. Ich liebe ihn doch. Gefühle.
Er hätte es nicht gewollt. Er hätte gewollt, dass ich lebe und wieder glücklich werde. Doch hat er sein Leben einfach hingeschmissen. Wollte nicht mehr weiter kämpfen.
Wieso darf ich das dann nicht auch?
Im Moment empfinde ich nur große Leere.
Unerwartet sehe ich ihn vor mir. Klar und deutlich. Er kommt auf mich zu, nimmt mich in den Arm. "Mach es nicht, bitte!", sagt er. Da war er auch schon wieder fort.
Die grellen und wunderschönen Lichter kommen immer näher. Sie funkeln wie Diamanten. Ich muss mich entscheiden. JETZT. Welchen Weg soll ich nur einschlagen?
Verzweiflungsvolle Hoffnung.

 

Hallo Nathy1992,

Im Grunde finde ich es gut geschrieben, allerdings muss ich zugeben das dieses Gefühl bei mir nicht so rüber gekommen ist, das Gefühl das sie jemanden verloren hat den sie wirklich geliebt hat. Ich kann dir aber leider auch nicht sagen woran das jetzt liegt. Aber wie gesagt, ansonsten ist es gut geschrieben.

Nur noch eine Kleinigkeit:

Er hat und verlassen. Sein Leben aufgegeben. Mich aufgegeben.

Sollte wahrscheinlich "Er hat uns verlassen." heißen oder?


Liebe Grüße Blackbird

 

Hallo Blackbird,

danke für deine ehrliche Kritik. Ich bin ganz neu hier und das ist meine aller erste Kurzgeschichte die ich geschrieben habe. Von daher muss ich noch viel lernen. Aber über jede Kritik freu ich mich.

Ja, es sollte "Er hat uns verlassen." heißen, danke. Habe den Fehler korrigiert.

Liebe Grüße

Nathy1992

 

Hallo Nathy,

herzlich Willkommen hier bei den Wortkriegern.


Ich bin ganz neu hier und das ist meine aller erste Kurzgeschichte die ich geschrieben habe.

Ja, das habe ich vermutet. Wenn man das Schreiben beginnt, denkt fast jede(r), eine sehr dramatische Geschichte präsentieren zu müssen. Meine erste war ähnlich, wenn auch keiner gestorben ist oder sich umbringen wollte.


Keiner käme auf die Idee, von einem ganz stinknormalen Tag zu schreiben, an dem man seine Freunde trifft, über die Schule oder Arbeit frustriert oder glücklich ist, bei seinem Partner in ein Fettnäpfchen tritt - aber vielleicht doch etwas ganz besonderes passiert ist, etwas in der Person drinnen, aus welchen Gründen auch immer.

Nun ist es bekanntlich so, dass man am besten über Dinge erzählen kann, die man selber kennt. Oder man macht sich viel Mühe und recherchiert viele Details, damit eine Geschichte dann auch authentisch ist.

Für den Anfang, wenn man auch noch mit den Worten und Sätzen und der Form zu kämpfen hat, ist es sicher anzuraten, mit Geschichten zu beginnen, in denen man sich wohl fühlt, weil man das Genre kennt. Also Familie, Arbeit, Freizeit, Beziehungen. Such' dir doch da was aus und überlege dir, ob du etwas zu erzählen hast, was andere auch interessieren könnte. Oder noch besser: Phantasiere dir aus diesen Hintergrundinformationen, die du ja gut kennst, eine neue Geschichte. Setze Personen, die etwas Neues erleben, in eine Szene, die du gut beschreiben kannst, weil du sie kennst. Dann wird das eine viel interessantere und glaubwürdigere Geschichte wie die, die du hier abgeliefert hast, da würde ich eine Packung Colorado drauf wetten.

Probiers einfach mal und lass' dir viel Zeit. Auf jeden Fall danach noch einmal drüber schlafen und danach noch einige Male kritisch durchlesen.

Viel Spaß dabei,
bernadette

 

Hallo Nathy1992,

meinen Vorrednern kann ich an dieser Stelle leider nicht zustimmen. Ich finde deine erste Kurzgeschichte sehr gelungen und sie hat mich nach den ersten Sätzen schon zum weiteren Lesen angeregt. Ich konnte meine Augen kaum von der Geschichte abwenden. Ich persönlich finde, eine Kurzgeschichte muss nicht immer von Familie, Arbeit, Freizeit etc. handeln. Warum auch?
Geschichten können auch erfunden und trotzdem gut gelungen sein. Nicht jeder Schriftsteller und Autor hat seine Geschichten 1 zu 1 so erlebt oder überhaupt so erlebt, wie Sie sie niedergeschrieben haben.

Zudem fand ich deine Schreib- und Ausdrucksweise sehr gelungen und ansprechend. Ich konnte mich z. B. in der Geschichte wiederfinden und habe die Gefühle gespürt.

Ich würde mich freuen mehr von dir zu lesen.

Liebe Grüße

Franky

 

Hallo bernadette und Franky,

danke für eure Kritik. Ich werde es auf jeden Fall einmal versuchen eine Kurzgeschichte über das Thema Familie, Freizeit, oder Arbeit zu schreiben. Über jede Anregung freue ich mich sehr.

Und ich finde, jeder hat seine eigene Meinung. Manchen gefällt meine Kurzgeschichte und manchen eben nicht. Über jedes positive Feedback freue ich mich aber um so mehr.

Danke und liebe Grüße

Nathy

 
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Hallo Nathy

Herzlich willkommen in unserem Forum.

Und ich finde, jeder hat seine eigene Meinung. Manchen gefällt meine Kurzgeschichte und manchen eben nicht.

Mit einer solchen Aussage machst du es dir sehr einfach. Besser ist es, gerade die negative Kritik sehr ernst zu nehmen und dahingehend an sich zu arbeiten, um besser zu werden. So versteht sich dieses Forum auch als Textwerkstatt, um die eigenen schriftstellerischen Fähigkeiten zu verbessern.

Ich teile die Ansicht von bernadette, ich finde für das Niveau, auf dem du schreibst, ist das Thema mindestens zwei Nummern zu groß. Du musst unbedingt noch am Grundhandwerk arbeiten.

Vor wenigen Tagen war es passiert.

Hier verwendet du die falsche Zeit, es müsste heißen: "Vor wenigen Tagen passierte es." (oder besser: "Es passierte vor wenigen Tagen.")

Ich war zu Besuch bei einer Freundin und er wollte mich mit einem spontanen Besuch überraschen.

Das ist umständlich formuliert. Er will sie also spontan besuchen, während sie eine Freundin besucht? Das könntest du ruhig etwas ausführlicher beschreiben.

Das Handy fiel ihm in den Fußraum des Beifahrers. Er beugte sich runter, versuchte sein Handy zu greifen. Sein Freund half ihm nicht.

Warum nicht? Und woher weiß sie das alles so genau? Warum keine Schuldzuweisungen gegenüber dem Freund?

Überleg dir, wozu es diesen "Freund" auf dem Beifahrersitz überhaupt braucht. Warum erwähnst du diese Person, sie bringt der Geschichte keinen Mehrwert und sorgt eher für Verwirrung.

Durch große, runde und helle Scheinwerfer wurde er geblendet.

Das ist ungeschickt formuliert. Du meinst die Lichter der entgegenkommenden Autos. Ein Scheinwerfer ist eigentlich immer groß, und natürlich sind sie hell (dh. eingeschaltet), wenn er geblendet wird. Hier lieferst du dieselbe Information mehrfach und verwendest aussagelose Adjektive, das solltest du in KGs nach Möglichkeit vermeiden.

Btw, warum ist er eigentlich geblendet, wenn er auf dem Boden nach seinem Handy sucht?

Er verlor die totale Kontrolle des Fahrzeugs und kam von der Fahrspur ab.

Das ist auch wieder ungeschickt formuliert. Du meinst vermutlich eher: "Er verlor total die Kontrolle", denn Kontrolle ... die hat man entweder, oder man hat sie nicht. Man hat sie nicht "total" oder "ein wenig" oder "halb" oder so. Aber das Adjektiv total in diesem Sinne gebraucht finde ich zu umgangssprachlich hier.

Und auch hier wieder doppelte Information: natürlich kommt man von der Fahrspur ab, wenn man die Kontrolle über das Auto verliert.

An der Unfallstelle mehrmals reanimiert und viel Blut verloren.

Fehlt hier nicht ein Subjekt?

Ich wäre es nicht schuld gewesen, sagten sie.

"es" streichen

Ich setze mich neben ihn, auf einen Stuhl.

Dann höre ich einen monotonen Piepton und sehe die Nulllinie, auf dem Monitor

Beide Kommas raus.

Was dieses Thema schwierig macht, ist die Gefahr, in allgemeine Formulierungen zu rutschen, die dann auch schnell nichtssagend werden und sich dann - ähnlich wie es auch Blackbird geschrieben hat - nicht auf den Leser übertragen. So etwas hier zum Beispiel:

Schuldgefühle. Ich will bei ihm sein. Nähe. Es zerreißt mir das Herz. Höllenschmerz. Ich liebe ihn doch. Gefühle.

Was soll da ankommen bei mir als Leser? Ich kann da rein gar nichts empfinden, weil es zu allgemein ist und weil die Figuren nicht ausgearbeitet sind. Bei weniger komplizierten Themen fällt das dann auch nicht so schnell auf, und daher ist bernadettes Ratschlag, es mal mit einfacheren Dingen zu versuchen, genau richtig, und dem kann ich mich nur anschließen.

Grüsse,
Schwups

 

Wäre ich nicht gewesen, wäre es niemals dazu gekommen

Alle fünf Minuten versucht sich einer in unserer schönen neuen Welt nach offizieller Statistik umzubringen,

liebe Nathy –
und doch erst einmal herzlich willkommen hierorts!,

und es sind auffällig viele junge Leute betroffen. Wie hier in dieser kleinen Geschichte, wo die eigene Schuldzuweisung des Icherzählerin auch nicht durch Eigenverschulden des Fahrers (egal, welche Rollen er sonst noch spiele) im VORfall, das Mobiltelefon während der Fahrt zu nutzen. Bevor er die Kontrolle übers Fahrzeug verlor, hatte er schon die Selbstkontrolle verloren

Er verlor die totale Kontrolle des Fahrzeugs und kam von der Fahrspur ab.
Gibt es überhaupt die „totale“ Kontrolle? Ich bezweifel es. Selbst die Geheimdienste haben sie nicht und die soziale Kontrolle durch Nachbarschaft, Verwandtschaft, "Kameradschaft" - alle Netz-und sonstige Seilschaften dieser Welt mühen sich darum und schaffen es nicht. Da muss ein zweiter Grund herhalten
Durch große, runde und helle Scheinwerfer wurde er geblendet.
Auch so ein Versuch, den Verursacher reinzuwaschen, wobei die an sich entbehrlichen Adjektive verraten, dass es wohl ein Schulaufsatz ist.

Einige Fehler wären zu korrigieren. Hoff, dass ich nicht Schwups in die Quere komme.

Zeichensetzung, gegen Ende Rechtschreibung bzw. Flüchtigkeit

Die Polizei weiß bereits[,] wie der Unfall abgelaufen ist.
Hände[,] die meine Schultern schützend umklammern.
Die Polizei und alle anderen können sagen[,] was sie wollen.
Es ist ein Mensch[,] den ich aus der Tiefe meines Herzens liebe, mein Freund.
Ich wollte nicht[,] dass es soweit kommt.
(besser sogar Konjunktiv I: "komme"

Er hätte gewollt das ich lebe und wieder glücklich werden.
Hier also schlug vor allem Flüchtigkeit zu
Er hätte gewollt[,] das ich lebe und wieder glücklich werde[…].

"Mach es nicht, bitte.", sagt er.
Besser mit Ausrufezeichen am Ende der wörtl. Rede (es ist eine Bitte), ansonsten muss der Punkt weg!

Alles kein Beinbruch, meint der

Friedel

 
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Hallo Schwups und Friedel,

Manchen gefällt meine Kurzgeschichte und manchen eben nicht.

ich wollte es mir mit meiner Formulierung auf keinen Fall einfach machen.

Ich finde es gut das ich kritisiert werde, nur so kann ich aus meinen "Fehlern" lernen.

Ich habe meine Kurzgeschichte noch einmal überarbeitet und würde mich freuen, wenn ihr eure Kritik da lassen könntet.

 

Manchen gefällt meine Kurzgeschichte und manchen eben nicht.
Aber ist es nicht bei jedem Text so oder doch so ähnlich,

liebe Nathy -

und soll in jedem Fall so sein, dass ich noch mal die Geschichte anschau. Beim ersten Mal ist man ja immer gespannt, was draus wird.

Also bis morgen und schönen Gruß aus'm Ruhrpott vom

Friedel

 

Hallo Nathy,

hier nun wird’s Versprechen von gestern eingelöst. Es wird ein schwerer Gang, den Du aber gehen kannst, denn das ist allemal besser, als jetzt nur mit der Schulter zu zucken. Da kommstu durch! Sieh’s als Lehrstück an.

Der Anfang war und ist gut -

Krankenhaus. Ich finde mich an seinem Bett wieder. Intensivstation.
Er ist an lauter Maschinen angeschlossen. Beatmungsgerät, Vitaldatenmonitor, Infusionssystem.
Ich erkenne ihn kaum wieder, er sieht so verändert aus. Es ist meine Schuld, nur wegen mir liegt er jetzt hier. -

Die erste Änderung von
Vor wenigen Tagen war es passiert.
zu
Es passierte vor wenigen Tagen.
liegt in dieser Tendenz: Das erste entbehrliche Hilfsverb ist verdrängt, denn genau der übermäßige Gebrauch der Hilfsverben – vor allem haben, sein (war), werden, wollen - und inflationärer Gebrauch von Adjektiven erhalten den Schulaufsatz, der zudem logische Fehler aufweist.

Er war mit seinem besten Freund in einen Autounfall verwickelt.
Hier tun sich zwei Probleme auf: Wenn die Icherzählerin (die ich im folgenden duze, obwohl ich zu trennen weiß zwischen Dir und ihr) sich für schuldig hält, wäre eine Passiv-Konstruktion angebracht: „Er wurde …“, was – wie schon im ersten Beitrag erwähnt – aber nicht sein kann und Du im neuen Ende gut einbaust – eigentlich: anbaust, denn er greift ja während der Fahrt zum Handy, verursacht also das Unglück selbst. Das Verbot, während der Fahrt zu telefonieren, hat schon seine Berechtigung. Selbst ich hab nie auf dem Fahrrad telefoniert (ja, auch ich hatte mal ein mobiles Telefon, dass ich aber im Oktober 2008 ertränkt habe) und ich trag auch keinen Helm (obwohl schon mal ein PKW auf mir parken wollte …). Aus meiner Sicht wäre die Formulierung, wie Du sie ausdrückst, also korrekt.
Ich war zu Besuch bei einer Freundin
hat es dafür in sich: Warum die Substantivierung? Du schreibst doch nicht als Büroangestellte! Verbal geht’s viel kürzer und – schöner!
„Ich besuchte eine Freundin“,
drei unnötige Wörter eingespart!

Die eingeschobene, neue Begründung setzt dann aber leider noch eins drauf:

Da er die letzten Tage arbeitstechnisch verhindert war und wir uns dadurch nicht sehen konnten, wollte er mich mit einem spontanen Besuch überraschen.
„arbeitstechnisch verhindert“ – was soll das anderes sein, als dass er arbeiten musste? Da nimmt man üblicherweise seine Freundin äußerst selten mit. Und „spontan … überraschen“ – ich sag’s mal zynisch: Hat er ja auch geschafft!

Nein, spontan (von selbst, aus plötzlicher Eingebung, aus eigenem Antrieb) mag seine Idee gewesen sein, aber wenn er mit Dir telefonieren muss, um Dich zu überraschen („mit etwas Unerwartetem in Erstaunen versetzen“ definiert der Herkunfts-Duden [Bd. 7]), dann ist das Telefonat und nicht der Besuch das Überraschende.

Diese Passage geht also vollständig in die Hose. Zu retten ist sie vielleicht, indem Du sie VOR die einleitenden Sätze stelltest, dabei hülfe dann, dem Freund einen Namen zu geben, oder Euch beide gleich als ein Wir einzuführen.

Einfach mals selber ausprobieren!

Per Telefon sagte er mir kurz Bescheid.
Während der Fahrt – nicht zu Hause, nehm ich mal an – und zwar mit dem mobilen Telefon dann (wie sonst?). Warum also nicht sofort das Kind bei seinem Namen nennen: "Per Handy!"

Die nächste Neuerung zeigt dann auch Rechtschreibschwächen:

Wie auch? Er schlief tief und fest und lies sich durch die Musik des Radios berieseln. An diesem Tag wollte er unbedingt mit fahren und mich sehen, warum weiß ich bis heute nicht.
Da wird „lesen“ (lies) mit „lassen“ (ließ) verwechselt, und nicht nur der Mitfahrer ist ein Wort, sondern auch sein verbaler Auftritt: "mitfahren". Gegen Ende des Blocks geschieht dann durchs verwendete Pronomen die eigentliche Katastrophe:
Während er den Fußraum nach seinem Handy abtastete, kam er auf die linke Fahrspur.
Der Freund schlief doch … Hier gehörte also statt des Pronomens der Name des Fahrers eingesetzt.

Hier verrät das „endlich“ das eigentliche Drama der Unvernunft

Als er sein Handy endlich erreicht hatte und er sich wieder aufrichtete, wurde er durch große und runde Scheinwerfer geblendet.
Sehn wir von ab, dass den Scheinwerfern keine Schuld zukommt: Es wird schlicht dunkel sein und da fährt man üblicherweise mit Licht.

Dann wird versucht, Dramatik zu steigern durch Adjektive:

Hektisch und erschrocken zog er das Lenkrad nach rechts. Er verlor total die Kontrolle über das Fahrzeug. Das Auto überschlug sich, mehrfach. Bewusstlos, verletzt und eingequetscht lagen sie in dem demolierten Auto. An der Unfallstelle wurde er mehrmals reanimiert und verlor viel Blut durch seine schweren Verletzungen. Nun liegt er hier. In den Händen von Ärzten, an den Maschinen und um sein Leben kämpfend.

Hektisch … erschrocken … rechts (ist zwar ein Adverb aber zugleich der Genitiv des Adjektivs „recht“) … total … mehrfach … bewusstlos, verletzt … eingequetscht … demolierten … mehrmals … viel … schweren … hier

Da ließe sich manches einsparen (wohin versucht ers Lenkrad rumzureißen – doch nicht nach links …) Da musstu selber schau’n, was Dir wichtig ist.

Das ist alles nur meine Schuld.
Wäre ich nicht gewesen, wäre es niemals dazu gekommen.
Woher weißtu das?

Wie durch ein Wunder konnte der Unfall mithilfe der Polizei und des besten Freundes rekonstruiert werden.
Der Freund kommt also davon … Aber!, schlief der Freund mit Beginn des Unglücks nicht immer noch – trotz Gedudels aus dem Radio, trotz des Fahrlärms?

Und hier wieder das Pronomen am falschen Platz!, das falsche Beziehungen erzeugt:

Da ich eine der letzten Personen war, die Kontakt zu ihm hatte, war ich in die Ermittlungen involviert.
Zum Fahrer, Deinem besten Freund, nicht zum besten Freund Deines besten Freundes war der Kontakt

Jetzt was triviales

Ich setze mich neben ihn auf einen Stuhl. Nehme seine Hand, und halte sie ganz fest und lausche den Herztönen des Überwachungsmonitors.
hier wäre ein Komma zu sparen, schließlich ersetzt die Konjunktion und das Zeichen. Besser aber wäre, die Konjunktion einzusparen, also
Nehme seine Hand, […] halte sie ganz fest und lausche ...

Der Schluss mit dem Kampf ums eigene Schuldgefühl will mir so weit okay vorkommen.

Auf jeden Fall ist der Weg dorthin schwierig zu festigen …

findet der

Friedel,

der gelegentlich behauptet, es sei noch kein Meister vom Himmel gefallen. Und wenn, dann habe er ein gebrochenes Genick und sonst nix davon. Aber das ist einer besten Freundin wenig tröstlich, vielleicht aber Dir.

 

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