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Susi lacht

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13.04.2006
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Susi lacht

Wenn ich morgens das Haus Richtung Strand verlasse, steht manchmal ein weisses Rad vor dem Hauseingang. Nicht immer, aber oft. Es ist ein weisses SCOTT-Rad, etwas Besonderes nicht nur in der Farbe, sondern auch rein technisch gesehen. Wer fährt schon ein weisses Rad, das mehr als ein dunkles gepflegt werden will?
Das Rad vor der Tür gehört Susi, die es günstig erstanden und schon einen Grossteil ihres Gehaltes in Durchsichten und Reparaturen investiert hat.
Sie arbeitet bei der Zimmervermittlung. Laufe ich an der Tür vorbei, dann lacht und winkt sie. Genau wie ich.
Morgens ist die Welt noch in Ordnung.
Susi kommt aus Magdeburg und hat sich irgendwann in den Norden verliebt. Nun teilt sie ihre Gunst zwischen dem Norden und der Mitte von Deutschland. Natürlich hat sie einen Freund, den Stefan, der aber nicht in den Norden will. Gern für ein Wochenende oder etwas mehr, aber nicht für immer.
Susi ist stets modisch gekleidet und kann so ziemlich alles tragen. Ausser schweren Wassereimern, aber die trägt ja der Stefan.
Neulich postete Susi Bilder vom Strand, auf dem ein Stuhl mit einer gelben Tasche zu sehen war. Wow! Der Designer muss das Bild einer Frau wie Susi vor Augen gehabt haben, als er Form und Farben kreierte. Gross, blond, schlank und ein Lachen im Gesicht! Dazu das Meer, das als blauer Kontrast im Hintergrund leuchtet. Ist die Tasche praktisch? Auf jeden Fall, denn sie ist gross. Als ich das Bild sah, hätte ich gern die Tasche gefragt, wo sie schon überall war. Am Mittelmeer? Oder doch nur am Strand der Ostsee? Am Badesee? Oder vielleicht wurde sie auch nur zum schnellen Einkauf bei EDEKA missbraucht?
Man weiss es nicht.
Tagsüber herrscht reger Betrieb bei der Zimmervermittlung bzw. es wird unentwegt telefoniert. Warnemünde an der Ostsee ist ein gefragter Ort und in Zeiten der Pandemie noch mehr. Nun lacht Susi nicht mehr so viel, denn bei einigen Kunden vergeht ihr das Lachen. Ihr Gesicht ziert jetzt nur ein kleines Lächeln, das weisse Zähne erahnen lässt.
Am frühen Nachmittag checkt ein Pärchen mittleren Alters ein. Sie erkundigen sich nach den Radwegen und was es wegen Covid 19 zu beachten gilt. Susi gibt bereitwillig Auskunft, sagt, dass die Zahl der positiv Getesteten in Mecklenburg extrem niedrig ist. Der Abstand von 1,5 m, das Tragen einer Maske in Bahn/ Geschäften sowie das Händewaschen sind einzuhalten.
So wie überall.
Um 17 Uhr hat Susi Schluss und radelt zurück nach Nienhagen. Gemächlicher als am Morgen und sie überlegt, ob sie baden gehen soll. Bei dem Gedanken an das kühle Wasser leuchten ihre Augen und ihr Mund verzieht sich zu einem Lächeln. Die Wassertemperatur ist immer ein Aufhänger für einen kleinen Flirt. Sie beschliesst, hinter der nächsten Kreuzung abzubiegen, um einen Stopp einzulegen.
Plötzlich sieht sie, wie eine Frau links abbiegen will und die Kurve nicht bekommt. Sie rutscht weg und stürzt.
Zwei andere Radfahrer, Mann und Frau, sind sofort zur Stelle, helfen aber nicht. Der Mann steigt von seinem Rad ab und schaut auf die Frau, die am Boden liegt und stöhnt. Er hilft ihr immer noch nicht.
Susi, inzwischen angekommen, steigt ab, fordert den Radfahrer wütend auf, ihr Rad zu halten und hilft der Frau hoch. Aufgeschlagene Kniee und mehrere Prellungen an Armen und Beinen! Susi, immer noch wütend, fragt die Radfahrer, warum sie nicht geholfen haben.
Beide sind verlegen. Schliesslich stottert die Frau:
"Naja, heutzutage in Corona-Zeiten, weiss man ja nicht wirklich ...wenn wir uns anstecken ... und überhaupt ..."
Susi ist sprachlos. Inzwischen hat sie die Beiden erkannt. Sie checkten am frühen Nachmittag ein und waren dankbar, dass ihnen bei ihren Fragen zu ihrem Urlaub geholfen wurde.
"Verschwinden Sie!", schreit sie die Beiden an.
Aus ihrer gelben Tasche holt sie Pflaster und gibt es der Frau, die sich bedankt und dann ganz langsam weiterradelt.
Susi steigt ebenfalls auf ihr Rad, fährt weiter, ohne die Abbiegung zum Strand zu nehmen.
Das Lachen ist ihr für heute vergangen.

 

Hallo AWM,
danke für dein Lesen und Kommentieren.
Stimmt, du hast Recht, es ist keine richtige KG sondern eher eine Momentaufnahme, da der Konflikt fehlt. Die Veröffentlichung war etwas voreilig und unüberlegt.
Für mich ist es ein Stimmungsbild in diesem Sommer, was ich ausführlicher und mit Konflikt hätte schreiben müssen.
Es war seit langer Zeit wieder ein Schreibversuch, der nicht gelungen ist.
Deshalb- neuer Versuch!
Lieben Gruß!
Jutta

 

Hallo Jurewa!

Dein Text ist keine Geschichte, aber dennoch unterhaltsam verfasst. Er plätschert so vor sich hin, ohne Tiefgang, ohne große Worte, aber er liest sich dennoch gut weg. Ich denke, mit der Figur deiner sympatischen Susi sollte es dir gelingen, eine Story draus zu machen. Radpanne, interessante Begegnung, Sturz, was weiß ich.
Unterhalb ein paar Korinthen und Vorschläge. Greif ruhig zu, sie kosten nichts.

Wenn ich morgens das Haus Richtung Strand verlasse, steht manchmal ein weisses Rad vor dem Hauseingang. Nicht immer, aber ziemlich oft.

Das "ziemlich" erscheint mir streichfähig.

Es ist ein weisses SCOTT-Rad, etwas Besonderes nicht nur in der Farbe, sondern auch rein technisch gesehen.

Ich denke, nach der Farbe sollte ein Komma rein. Man möge mich dessen zeihen, sollte ich irren.

Laufe ich morgens an der Tür zur Zimmervermittlung vorbei, wo sie beschäftigt ist, dann lacht sie und winkt. Genau wie ich. Lachen und winken.

Der vorherige Satz endet mit Blick auf Susi. Würde daher bei diesem Blickwinkel bleiben, dementsprechend umstellen und vereinfachen. Heißt, ohne Einschub.
Sie arbeitet bei der Zimmervermittlung. Laufe ich an ihrer Tür vorbei, dann lacht und winkt sie. Genau wie ich.

Morgens ist die Welt (noch) in Ordnung.

Gern für ein Wochenende oder etwas mehr am Meer, aber nicht für immer.

Der Designer muss beim Kreieren der Form und Farbe ein Bild von einer Frau wie Susi vor Augen gehabt haben.

Ließe sich leicht ohne Substantivierung darstellen.
Der Designer muss das Bild einer Frau wie Susi vor Augen gehabt haben, als er Form und Farben kreierte.

Gross, blond, schlank und immer ein Lachen im Gesicht!

Das haben Bilder so an sich. Sie sehen immer gleich aus. ;)

Als ich das Bild sah, hätte ich gern die Tasche gefragt, wo sie schon überall war. Am Mittelmeer? Oder doch nur am Strand der Ostsee? Am Badesee? Oder vielleicht wurde sie (auch nur) zum schnellen Einkauf bei EDEKA missbraucht?
Schöne Passage. :)

Ihr Gesicht ziert jetzt ein Lächeln, das weisse Zähne erahnen aber nicht sehen lässt.
Schon klar, dass man sie nicht sieht, wenn sie nur zu erahnen sind.

Um 17 Uhr hat sie Schluss und radelt zurück nach Nienhagen. Sicher etwas gemächlicher als am Morgen. Hält sie unterwegs an und springt in die Ostsee? Und wen lacht sie unterwegs an? Oder wird sie angelacht? Wird sie angeflirtet und flirtet zurück?
Man weiss auch das nicht.

Leider erschließt es sich auch dem Leser nicht. Aber wenn du eine solche Episode einbauen würdest, wäre es schon eine kleine Geschichte.

Netten Gruß,
Manuela :)

 

Hallo Manuela,
auch dir danke für das Lesen und Korrekturhinweise. Ich werde Geschichte überarbeiten und dabei deine Hinweise einarbeiten.
Ganz lieben Gruß nach Wien!
Jutta

 

Hallo @Jurewa,

war alles, was mir auffiel:

Plötzlich sieht sie, wie eine Frau links abbiegen will und die Kurve nicht bekommt.
... die Kurve nicht kriegt? ... sagt man bei Euch, nicht bekommt? Mhm ...

... ansonsten gern gelesen und - ja, eben ein Streiflicht in einer Zeit, in der dieses Spalten begann - aus Angst nicht helfen, aber aus eigener Hilflosigkeit sich helfen lassen - eine kleine Skizze unserer Gesellschaft - nichts Großes, aber Stachel genug. Vielleicht diese Szene des Unfalls mit mehr Emotionen, aber sie schreit ja das Ehepaar an - doch wie fühlt sie sich? Wirklich? Was denkt sie?
Okay, danke für Lesenlassen.
Beste Grüße
Detlev

 

Hallo Detlev,
du hast eine Geschichte von vor vier Jahren kommentiert. Ich musste sie selber nochmals lesen und erinnerte mich an die Corona-Zeit, in der wir geschasst wurden, weil nicht im Strom mitgeschwommen. Vorbei!
Bei uns sagt man auch …Kurve nicht gekriegt. Ich weiß nicht mehr, warum ich ‚bekommt‘ schrieb.
Danke für das Lesen und schöne Grüße aus dem Norden!
Jutta

 

Morgens ist die Welt noch in Ordnung.
Wäre das nicht schlimm, wenn die Welt sich schon morgens in Unordnung oder Aufruhr fände?, da ist mir Susi sehr sympathisch,

liebe @Jurewa,

denn auch ich bin i. d. R. mit den „öffentlichen“ (vor allem winters) oder mit dem Rad zur Arbeit (in den Jahrzehnten gab`s immerhin nur einen Versuch, auf mir & einer Kreuzung zu parken …) und außer zwo Stellen ist mir nix zu korrigierendes aufgefallen – ausgerechnet, wo Deine feine Ironie hervorsticht

Susi ist stets modisch gekleidet und kann so ziemlich alles tragen. Ausser schwere Wassereimer, aber die trägt ja der Stefan.​
„außer“ verlangt idR nach „dem“ Dativ, also besser „außer schweren Wassereimern“

Sie erkundigen sich nach den Radwegen und was es wegen Covid 19 zu beachten gilt.​

Und ich bin mir sicher, dass hier beim Plural
Aufgeschlagene Kniee und mehrere Prellungen an Armen und Beinen!
das Plural-e entbehrlich ist, sonst stünde dort [ein] aufgeschlagenes Knie

und auch jenseits Coronas gab und gibt es Ausreden ...
&
bei uns sagt man übrigens sowohl „Kurve nicht bekommen“ wie „… kriegen“, liegt aber daran, dass hier neben dem Niederrheinischen diverse andere „Dialekte“ vom jiddischen, westfälischen (sächsischer), polnischen (Mottek zB) italienischen und griechischen Sprachschichten sich „auftun“. Mit den „Gast“arbeitern – die geblieben sind – wird die Sprache der Einheimischen bereichert, sofern sie’s akzeptieren ...

Gern "ausgegraben" vom

Friedel

 

Hallo @Friedrichard,
danke für den positiven Kommentar -außer dem Dativ-, den ich korrigiert habe. Es entsteht ein angenehmes Gefühl, wenn es nicht viel zu korrigieren gibt.
Lieben Gruß,
Jutta

 

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