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The Funeral Song
The Funeral Song
Von Lestat
Laute Industrialmusik schlug wie eine Woge purer Leidenschaft an der Zerstörung aus den Boxen der ‚Schattenfabrik’, welche an diesem Abend hoffnungslos überfüllt schien.
Die schwarze, wabernde Masse aus Wesen, die sich in unheiliger Ekstase den wie Peitschenhieben schnellenden Rhythmus hingaben, erstarrte, als die Musik plötzlich von der Stille erdolcht wurde.
Unter diesen Kreaturen, die aus gebündelten Seelen zu bestehen schienen und mit ihrer weißen Haut alles zu durchglimmen suchten, stockte ein Mädchen mit Haaren, die wie ein wellenschlagender Bach ihren Kopf hinunter bis zu den schmalen Schultern rannen, mit Augen, wie Himmelsfeuer, welches in großen, weißen Murmeln zu glühen schien, mit einem Mund, so unschuldig wie der eines Engels, blutrot und von der Form eines Rosenblattes, mit Haut, so weiß wie Marmor.
Es war, wie wenn ein Seraphim seine Flügel um sie geschlagen hätte, nichts berührte sie, kein Mantel, kein Finger, nicht einmal ein Auge schien sie zu erreichen, obwohl doch alles auf sie gerichtet schien.
Ihr kindlicher Körper drehte und wand sich inmitten der Masse, bis die Stille plötzlich das gottesrebellische Gegröle eines neuen, eines schwarzen Gottes mit Mantel und Lippenstift und Maskaraaugen vernichtete.
Die blauen Augen des Mädchens flammten in einer Woge puren, unverhohlenen Staunens auf, ihr Mund öffnete sich, die Brauen zogen sich zusammen und sie hielt sich ungläubig die Hand so weit vor den Mund, als das diese jenen nicht berührte.
Dann flüsterte die Violine die ersten Akkorde des Begräbnisliedes durch den Raum. Ekstase.
Das Wabern setzte wieder ein. Die raue Stimme des Sängers krähte in den Ohren des Mädchens wie die heisere Stimme eines Raben. Nur so viel köstlicher.
“I dumped you again, don’t understand,
Its happened before, can’t take it no more”
Das Mädchen ließ die Hand sinken.
„Ja. Ja, ich brauche dich. Mehr als je zuvor!“
Ihre Augen schlossen sich, ihre Brauen verweilten in dem staunenden Ausdruck.
„These foolish games always end up in confusion,
I’ll take you back, just to leave you once again”
Sie stöhnte durch den leicht geöffneten Mund, als sie den Kopf in den Nacken legte. Dann breitete sie die Arme aus.
„I died in my dreams, what’s that supposed to mean, got lost in the fire?!
I died in my dreams, reaching out for your hand, my fatal desire…”
Sie ließ sich fallen, ganz so, wie sich jemand von einer Klippe fallen lässt, wenn er sich sicher ist, dass unten eine Schar von Engeln wartet, um ihn auf ihren Schwingen nach dem Fall zur Ruhe zu tragen.
„I failed you again, cause I let you stay,
I used to pretend, that I felt okay,
Just one big lie, such a perfect illusion,
I made you mine, just to hurt you once again”
Kalte Arme fingen sie nach einer Ewigkeit auf, umschlangen sie, Finger, so sanft und sensibel wie die eines Pianisten, strichen durch ihr weiches Haar, während sie an den schlanken Körper von jemanden gedrückt wurden, jemand, der kälter war, als alle anderen in diesem Raum.
„I died in my dreams, what’s that supposed to mean, got lost in the fire?!
I died in my dreams, reaching out for your hand, my fatal desire…”
Ihr Blick schweifte hoch, ihre Brauen waren wie vor Staunen über die Wunder der Nacht in ihrer melodramatischen Pose versteinert. Alle Logik schien so sinnlos zu sein, und zum ersten Mal erklärte sich Alles durch eine Violine und eine Krähenstimme.
Nach einigen Violinenakkorden war das Begräbnislied vorbei.
Sie blickte auf sanft nach unten hängende, schwarze Haare, die das Gesicht des jungen Mannes wie mit fallenden Dornen krönten. Seine Augen waren durch das fallende schwarze Licht verdeckt, dass seinem hübsch geformten Kopf entsprang, sein weißer, schöner Mund hing schlaff herab, wie von bleierner Müdigkeit erschöpft. Die Nase war wie die einer alten griechischen Marmorbüste. Klein und schön.
In der kalten Stille und den kalten Armen des Fremden schien sich die Welt zu verhärten, von warmem Wasser, das in sanften, barocken Wirbeln um sie herum spielte, zu Eisquadern, die sie einschlossen und zermalmten.
Die wogende Masse stand still wie gelähmt, niemand rührte sich, keine Haar zuckte mehr widerspenstig, kein Mantel flatterte mehr, nicht einmal ein Auge schaute mehr umher.
Dann setze die Violine erneut ein. Das Klanggemälde zeichnete sich nicht neu, es überzeichnete sich, fing seine Wirkung neu ein und erschuf alles noch einmal über dem Alten.
Der knabenhafte junge Mann zog sie an sich. Ihre milchig weißen, runden, vollen Brüste drückten sich gegen seine mit schwarzem Leder versiegelte Brust, sie quollen aus dem Dekolte fast bis zum Schlüsselbein, bis der Mann seine Hand auf den Busen legte und ihn sanft massierte. Das Mädchen atmete schwer, mit dem Kopf in ihrem wundervollen Nacken, so dass die Haare wie eine Flut von Licht in dem aus Trauer und Düsternis gemachten Raum schienen. Ihre Augen waren geschlossen, die Brauen zogen sich weiter zusammen, als der Mann ihren Busen berührte.
Getragen von den unzähligen, düsteren Körpern der trauernden, sinistren Schwarzromantikern, wurde sie wie die Göttin des Lichtes selbst, die die Erlösung bringen konnte, durch den Raum getragen. Die weißen Hände mit den schwarzen und grauen Ringen zogen an ihren unbefleckten Kleidern, rissen sie sanft in Stücke, zerknüllten sie, oder warfen sie beiseite, so dass sie wie die Federn eines Engelsflügels bis zum nassen, dunkelgrauen Boden gleiteten.
Der weiße Leib des Mannes legte sich sanft auf ihren, sein Mund küsste den ihren, seine Arme umschlangen sie, und dann verzehrte er sie, nahm ihr ihre Jungfräulichkeit, er leckte sie mit jeder Faser seines Körpers auf.
Es war das erste Mal für das Mädchen, sie gab sich in ihrer unbefleckten Unschuld einfach hin, ließ ihn gewähren, doch sie empfing sein Glied mit der ganzen fordernden Beharrlichkeit eines kleinen Mädchens, das sehnsüchtig auf eine neue Porzellanpuppe oder ein neues Kleid wartete und diese Qualen und Wonnen der Sehnsucht tief in ihren Augen, tief in ihrer Seele verbarg, und dann das Gewünschte mit stiller Wollust ganz und gar verzehrte.
Schweißnass war ihr Gesicht, Tränen liefen aus ihren Augen, wie als ein Symbol für die versiegende Jungfräulichkeit, die Wangen waren nun wie in ein rosiges Licht getaucht, als der unsterbliche Ausdruck des kindlichen Staunens auf ihrem Gesicht ganz und gar dem Ausdruck des köstlichen Schmerzes wich, ihr Körper bog sich durch, sie versuchte, ihre gefangenen Arme zu befreien, doch er erhärtete seine Umklammerung und steigerte ihre Lust, reizte ihre Vagina ganz und gar aus, füllte sie und stieß in ihr zartes, weiches Fleisch.
Sie schluchzte vor Erregung, ihre Unterlippe begann zu beben, die heißen Tränen schossen aus ihren blauen Augen, ihre weißen Beine umschlangen seine Taille, ihre Busen zitterten bei seinen sanften Spielen in ihrer Vagina, und bei seinen lustvollen, heißen Stößen wippten sie hin und her. Ihre Arme waren durch seine Umarmung noch immer an ihren Körper gedrückt, doch jetzt gab sie sich seiner Lust voll und ganz hin, während die Violinenklänge alles wie zu einem einzigen, gigantischen, wollüstigen Gemälde verwischten.
Dann fühlte das Mädchen etwas in sich. Etwas anders, etwas größeres, etwas, dass ihren ganzen Körper eine zehrende Spirale hinunter ziehen würde, um ihn dann wieder hinaufzutragen. Es kam. Ganz langsam. Aber es kam. Und als er da war, verband sich der Körper des Mädchens mit der Unendlichkeit, die Zeit blieb stehen, als sie den Kopf zu einem Schrei hob, der die Krähenstimme und die Violine zerbrachen als wären sie Glas. Etwas lief aus ihr heraus, etwas Feuchtes… und dann spürte sie, wie dieses Etwas auf den Mann überging. Er seufzte wollüstig. Dann hob er seinen Oberkörper an und zog den weichen Körper des Mädchens mit sich, und gerade, als das Mädchen wieder in der Realität war, stieß er dreimal so stark in sie hinein, dass sie noch einmal in diese köstliche Spirale gezogen wurde. Und sie riss den jungen Mann mit sich, sein Glied zuckte in ihr, ein heißer Strahl aus flüssigem Feuer, aus liquidem Leben schoss aus ihm heraus und ergoss sich in ihr. Sie fühlte es ganz deutlich, wie sich sein Leben mit dem ihrem verband in dieser Spirale in die Ewigkeit. Und dann wurden sie auf Schwingen aus Seide wieder zurück in die ‚Schattenfabrik’ getragen, auf die Rücken und die Hände der schwarzen Gestalten.
Das Mädchen sah den Mann an, wie jemanden, der ihr gerade den Tod einer geliebten Person übermittelt hatte. Nur um das tausendfache verzerrt und gesteigert. Ihre Unschuld war wieder da, diese lüsterne Reise in die Ewigkeit schien ihre Jungfräulichkeit nur noch verstärkt zu haben.
Sie wurden abgesetzt. Die Gestalten setzten sie auf dem nassen, kalten Boden ab.
Der Mann strich sich die Haare aus dem Gesicht. Mit Freude sah das Mädchen die hübschen, goldbraunen Augen.
„Gib Acht auf dich“, sprach er. „Auf dich und dein Kind.“
Und wieder war da dieser Ausdruck des süßen, kindlichen Staunens.
Es schien, als wäre der Mann auf die traurigen Gestalten mit Ölfarbe gemalt worden, und nun ließe jemand Wasser auf ihn tropfen. Er verlief und verschmierte. Er wurde verwischt, und er verschwand mitten im Raum in der Luft, die Wellen wie Wasser geschlagen hatte.
Das Mädchen legte ihre zarte Hand auf ihren Bauch. Er war wohlig warm. Langsam fuhr sie mit den Fingerspitzen an ihm herab, streichelte den weißen Venushügel und glitt dann mit dem Zeigefinger zwischen ihre Schamlippen. Sie konnte ihr Jungfernhäutchen spüren.
Ihre Augen wurden groß und strahlend, und ein Lächeln wischte das Staunen weg. Und doch war es ein kindliches Lächeln, ein Lächeln aus den tiefsten Tiefen ihrer blauen, schönen Kulleraugen, welches so ehrlich gemeint war wie nur irgend möglich.
Die letzen Violinenklänge ertönten, dann wurde es wieder still. Das Mädchen sah lächelnd zu den großen, verrußten Fenstern, durch die nun die ersten Sonnenstrahlen schienen.