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Vergiß nie deine Badesachen

Seniors
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01.10.2002
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Vergiß nie deine Badesachen

Ich wollte duschen, aber Sissi lag schon seit Stunden in unserer Wanne.
In diesem Emaillemonstrum, in das man nicht einfach heißes Wasser laufen lassen konnte.
Doch sie war verliebt in dieses Ding – unpraktisch wie alles in unserem Palast, 160 Quadratmeter Stuck und Parkett, unsaniert, was sonst. Zum Klo konnte man Skateboardfahren, was ihre Neffen tatsächlich manchmal taten, und vor dem Baden musste man erst den Boiler mit Kohle füttern, was Sissi noch genauso inbrünstig tat, wie am ersten Tag.

Ich dachte mir nichts dabei, wieder ins Schwimmbad zu fahren, in diesen musealen Bau, um Haare und Augen gleichermaßen der Chlorbrühe auszusetzen, während Sissi im duftendem Badeschaum lag und ihre Locken pflegte. Ich sehnte mich nach Wasser, nach Duschgel und wollte nicht warten, bis sie endlich fertig war. Und sie fand es praktisch, dass ich verschwand - konnte ich doch auf dem Weg noch einkaufen. Etwas zu Essen, das wir kurz in die Mikrowelle schoben, bevor wir abends loszogen. Ich sah Sissi schon auf der Tanzfläche, ihre Hüften schmal und mädchenhaft und ihr Lachen so übersprudelnd, wenn sie wieder einmal einem Verehrer erklärte, warum Putzen ihr Traumjob war.

In der Straßenbahn drehten sich plötzlich zwei Jungs um, schniefend, und ihr Blick war vorwurfsvoll, als würde irgendein Gestank sie belästigen, und für Momente fühlte ich mich ertappt, als läge es an mir, an unserem Job und ich roch wieder Aufnehmer und die Mischung aus Butterbroten und Turnhalle, die mich den halben Tag begleitete, aber vielleicht hatten sie nur einen Schnupfen. Trotzdem stieg ich eher aus. Draußen fühlte ich mich freier und ging in die Drogerie, um einen Film abzuholen, obwohl der Abhol-Coupon zu Hause lag. Systematisch suchte ich in den Drahtfächern nach meiner Tüte, und ich bemerkte zu spät, dass mein Suchen auffällig geworden war.

Er stand nur wenige Meter von mir entfernt. Ein gut angezogener Mann in hellem Mantel; belustigt verfolgte er mein immer hektischer werdendes Stöbern.
„Sagen Sie mir Ihre Adresse, dann helfe ich Ihnen beim Suchen!“
Er sprach fast akzentlos, aber ich vermutete, dass er Türke war. Seine Stimme war heller als erwartet, seine Augen klug unter dichten, schweren Brauen.
Er gefiel mir, doch ich wollte nicht, dass er wusste, wo wir wohnten. Er lächelte mich nur an, als ich nein sagte und kam näher.

Ich wunderte mich, warum er mich ansprach, ich passte eigentlich gar nicht in sein Beuteschema, hatte weder lange rote Haare, noch blonde Locken wie Sissi. Und er schien jünger zu sein als ich, trotz der vereinzelten weißen Haare in seinem Bürstenschnitt. Ich roch sein Rasierwasser, irgendetwas Teures und fühlte mich wieder unwohl. Merkte er nicht, dass ich schlecht roch?
Aber das schien ihn nicht zu stören. Er beugte sich über meine Schulter, damit er die Adressen auf den Kuverts besser mitlesen konnte. Ich meinte, seinen Atem in meinem Nacken zu spüren. Vielleicht war es nur die Zugluft.
„Ich komme schon allein zurecht!“, sagte ich brüskierter als beabsichtigt.
Erschrocken sah er mich an. Aber ich wollte auch nicht ohne Fotos das Geschäft verlassen. Er wandte sich um, ging zu einem benachbarten CD-Regal, aber natürlich entging mir nicht, wie er mich weiterhin verstohlen ansah.

Zum Glück lagen meine Fotos im nächsten Fach, das ich durchforstete, ich nahm sie und marschierte zur Kasse, wo ich sofort bezahlen konnte. Natürlich war ihm das nicht entgangen. An der Glastür wartete er schon auf mich, seinen eigenen gefüllten Einkaufswagen ließ er einfach stehen.
„Möchten Sie mit mir noch einen Kaffee trinken?“, fragte er und hob schon vorher bedauernd die Schultern, was mir ungewollt ein Lächeln entlockte.
„Tut mir leid, ich muss noch einkaufen“, sagte ich und verschwand im benachbartem Supermarkt.

Ich wusste nicht, was ich dort sollte. Warum hatte ich nicht einfach „nein“ gesagt? Natürlich wartete er vor der Tür. Betont langsam schlenderte ich durch die Gänge. Der ganze Laden war vom Schaufenster aus einsehbar. Gedankenlos stopfte ich Dinge in meinen Einkaufswagen. Verpacktes Obst und Gemüsekonserven, Kekse und Brot. Ich las sogar die Inhaltsangaben auf den Verpackungen.

Später folgte er mir in die Buchhandlung, wo ich unkonzentriert in Zeitschriften blätterte, dann in eine Blumenhandlung, wo ich welkende Tulpen kaufte. Bald gab ich auf. Er würde mich überallhin begleiten. Und durch die schwerer werdenden Einkaufstaschen konnte ich ihm noch schlechter entwischen. Er lief hinter mir, neben mir, schweigend, bittend, flüsternd, und meine einsilbigen Antworten störten ihn nicht. Ich hätte ihn anschreien können, laut und unfreundlich und andere Passanten hätten sich nach uns umgedreht, aber er blieb die ganze Zeit höflich und was hatte er mir schon getan? Vielleicht war er nur einsam und für Momente konnte ich ihn verstehen. Als ich aus Hermannstadt gekommen war, war ich ebenfalls Wochen lang durch die Stadt geirrt, allein, gelangweilt, ohne Ziel, ohne Job und Freunde, bis ich Sissi kennen lernte und plötzlich innerhalb weniger Stunden beides bekam.

Die Leute mussten mich und ihn für ein Paar gehalten haben, als wir das letzte Geschäft verließen. Schneeflocken fielen in meine Einkaufstaschen und in seinen Schnurrbart und es dämmerte mittlerweile. Er lächelte mich an, entwaffnend, mit einem belustigten Unterton, als amüsierte ihn mein Anblick, eine Frau größer als er selbst, die unter ihren Tüten fast verschwand.
Über einer vereisten Stelle verlor ich beinahe mein Gleichgewicht und ich sträubte mich nicht, als er mir den Beutel mit den Gemüsekonserven abnahm. Vielleicht war das klug, ich fühlte mich leichter und notfalls würde ich den Beutel ihm überlassen, wenn die Straßenbahn kam und ich rennen musste.

„Ist Ihnen kalt?“, fragte er mit zitternder Stimme. Und als sei es selbstverständlich, hakte er sich bei mir unter, an meinem freigewordenem Arm und ich merkte, dass er mehr fror als ich selbst. Sein Körper unter dem weichen Stoff seines Mantels war knochig und für einen Moment gefiel mir seine Berührung, bevor ich mich entwand. Ich überlegte, wie ich ihn loswerden konnte, da fiel mir eine Lösung ein.

Ich ging nicht zur Haltestelle, obwohl sie greifbar nah war. Aus der lauten, überhellen Sicherheit zog es mich in die schneestille Einsamkeit, in eine abgerundete Welt parkender, eingeschneiter Autos und die Schneeflocken, die um uns tanzten, ließen alles harmloser erscheinen, als es war.
Wir liefen an einer Mauer entlang, die nicht enden wollte und jeder Schritt ins unberührte Schneeland erinnerte mich daran, wie verlassen der Weg war. Niemand war in der letzten Zeit vorbeigekommen und ich bereute langsam, in was für eine dumme Situation ich mich hineinmanövriert hatte, als er mich näher an sich heranzog.
„Darf ich mitkommen?“, fragte er flüsternd, ohne zu wissen, wohin wir gingen und sein warmer Atem an meinem Ohr bereitete mir Gänsehaut.

Nie hatten die neonerleuchteten Fenster des Schwimmbads einladender auf mich gewirkt als an jenem Abend. Der schmuddelige, alte Kasten strahlte eine Behaglichkeit aus, dabei brannten mir sonst schon beim Betreten die Augen vom Chlor. Vorfreude überschwemmte mich und ich musste darauf achten, sie mir nicht zu sehr anmerken zu lassen. Keinesfalls durfte ich plötzlich schneller laufen, ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich Angst hatte, dass ich am liebsten flüchten wollte, vor ihm, meinem merkwürdigem Begleiter.
Auf den Eingangsstufen sagte ich cool „Vielen Dank“ und ohne Rumzuzicken händigte er mir meine Einkaufstasche aus. Unser Abschied verlief fast harmonisch. Und wir wirkten wohl ähnlich vertraut wie das junge Paar, das unweit von uns neben den Fahrradständern stand und sich küsste. Die Frau trug ein helles, teuer aussehendes Cape und es gab mir einen leisen Stich, als ich sah, wie leidenschaftlich ihr Freund in ihren langen, glänzenden Haaren wühlte. Mein Zopf war sogar noch länger, aber von einem stumpfem Mausbraun und es interessierten sich sowieso immer nur die Falschen für mich, wie das komische Exemplar neben mir.

Ich sagte ihm sogar noch „Auf Wiedersehen“, bevor ich mich umwandte und das Gebäude betrat. Dann fiel die schwere Glastür hinter mir ins Schloss, beruhigend; ich wagte nicht, mich umzudrehen, und musste bei der Vorstellung grinsen, wie er vor dem Gebäude stand - wie ein vorm Supermarkt angebundener Hund. Doch würde er wohl kaum im Schneegestöber auf mich warten.

Ich eilte die Stufen hinauf, die Uhr gongte schon, und für einen Moment hatte ich Angst, zu spät zu kommen und ohne Karte wieder nach draußen zu müssen. Oben angekommen,
schaute ich durch das Glasschiebefenster und sah die Kassiererin im Hinterzimmer. Sie hockte über einem Rätselheft und hatte keine Lust aufzustehen. Betont laut ließ ich meine Münzen in das Geldfach fallen, neben meinen Stadt-Pass. Sie blickte kurz auf, mit einem strafendem Hinweis zur Uhr, die mittlerweile Sechs zeigte, um sich gleich wieder ihrem Heft zuzuwenden. Wenn er jetzt plötzlich auftauchte...
Notfalls würde ich ohne zu zahlen über das Drehkreuz springen. Als hätte sie meine Gedanken erraten, kam sie mit bösem Gesicht hervor, was ihre Falten unvorteilhaft vertiefte.

"Warum kommen Sie erst jetzt?“, fragte sie. „Sie hocken doch sowieso nur den ganzen Tag auf der Couch!“
Durch die Löcher der Trennscheibe sah ich die dunklen Ansätze ihres blondierten, störrischen Haars.
„Ich gehe genauso arbeiten wie Sie!“, entgegnete ich reflexhaft und stopfte meinen Ausweis zurück in mein Portemonnaie. „Nur wegen dem Ding bin ich noch lange keine Sozialhilfeempfängerin!“
Was konnte ich dafür, dass unser Putzjob so wenig abwarf.
„Außerdem geht Ihre Uhr vor“, sagte ich, obwohl ich wusste, dass es nicht stimmte.
„Nun regen Sie sich man nicht gleich auf“, lächelte sie mich versöhnlich an. „Wer wollte Ihnen denn was.“
Betont forsch nahm sie mein Geld und steckte es in ein hellblaues Tupperdöschen, das auf der Registrierkasse stand. Ich fragte mich, ob sie das Geld später heimlich einsteckte. Wer konnte ihr nachweisen, dass sie es am nächsten Morgen ins Kassenbuch eintrug.
Ich musste plötzlich an Sissi denken. Sie hätte sich diese unwürdige Behandlung nicht gefallen lassen. Aber Sissi kam nie in solche Situationen, was sie sogar manchmal bereute. Was für einen Spaß würde es ihr machen, am nächsten Morgen den Vorgesetzten zu sprechen!

Sissi fragte mich oft, warum ich mir immer alles gefallen ließ. Sie nannte das Assimilierungswahn. Als wollte ich deutscher sein als die Deutschen. Ich mochte es tatsächlich nicht aufzufallen, jedenfalls nicht mehr, als ich es durch meinen melodischen Siebenbürger Akzent ohnehin ständig tat.
„Vergessen Sie Ihre Schrankkarte nicht!“, erklang es hinter mir, dabei hatte ich meine Schuhe im feuchten Gang schon ausgezogen. Ich nahm das kleine Stück Pappe und beeilte mich, aus dem Gedränge sich Schuhe anziehender Opas herauszukommen. Einer kämmte sich vor dem Spiegel seine strähnigen Haare und man konnte nicht feststellen, ob sie nass oder fettig waren.

Ich huschte über die leere Galerie und schaute nach unten, in das grünschimmernde Rechteck, beidseitig von Liegestühlen gesäumt, in das Meer aus Bademützen, das hektische Durcheinander von Badenden, die den Schwimmern das Training vermiesten. Ein Junge versuchte auf einem Floss zu balancieren und seine Kumpels versuchten lachend ihn runter zu stoßen. Ein besonders schmächtiges Kerlchen nahm Anlauf und sprang vom Seitenrand ins Becken, ohne vorher zu Gucken. Eine ältere, träge vor sich hin paddelnde Dame wich erschrocken aus. Und über allem thronte der spärlich geschmückte Weihnachtsbaum, der fast ins Wasser zu fielen schien.

Mich wunderte, warum der Bademeister nicht einschritt, aber sein Platz war unbesetzt. Stattdessen stapelten sich auf seinem Tisch Bücher. Es war typisch, dass niemand aufpasste. Sonst jedoch entging ihnen nie was. Ihm, dem gebräunten, jungen Bademeister, der ein geschultes Auge für tiefe Ausschnitte und knappe Bikinihöschen hatte und Gudrun, die untersetzte Mittfünfzigerin, die ihm assistierte und fast die gleiche Vorliebe besaß, jedenfalls liebte sie es, mir beim Duschen lange Gespräche aufzuzwingen.
In der Damen-Umkleide schlug mir tropische Hitze und der Geruch von Cremes und Deodorants entgegen, während meine Strümpfe richtig nass wurden. Manche Fenster waren geöffnet, die anderen beschlagen und ich wunderte mich, wie jedes Mal, warum es keine Milchglasscheiben gab. Und warum die unten vor der Ampel wartenden Autofahrer stets vergaßen hinaufzuschauen.

Manchen Frauen machte es Spaß, am offenen Fenster ihre Haare zu bürsten, ohne sich vorher angezogen zu haben, fast als würden sie kokettieren, wie sie es unten mit dem Bademeister taten. Dabei waren die Sportlichsten in ihren schlichten Badeanzügen am Schlimmsten. Darüber konnte sich sogar Sissi aufregen, obwohl selbst exzessiv flirtete. Fast schien es, als wäre sie eifersüchtig. Aber auf wen?
Auf die burschikosen Schwimmerinnen? Oder auf den Bademeister? Den könnte sie nach ihren Maßstäben doch höchstens affig finden.

Ich lief durch den Gang und suchte nach einem Einzelquartier. Ich wollte Platz um mich herum haben, aber vielleicht schämte ich mich auch für meine etwas zu weiblich geratene Figur, für dieses Übermaß an Brust und Hintern. Als wollte mein Körper mich für mein unauffälliges Gesicht „entschädigen“.
Das letzte Abteil war leer und in zwei nebeneinander stehenden Schränken verstaute ich meine Einkäufe. Zum Glück hatte ich meine Schrankkarte vom letzten Besuch noch.
Die Tiefkühlgerichte würden in dieser Brutkammer auftauen, doch das war mir egal. Ich wollte nur noch nach unten, in das kühle Wasser und meine Bahnen ziehen. Das Schwimmen lohnte sich, ich wurde muskulöser. „Sie bekommen langsam wieder Figur“, war selbst dem alten Bademeister aufgefallen, der mir vom Rand immer Tipps gegeben hatte. Schade, dass er eines Tages nicht mehr da gewesen war.

Ich hörte plötzlich Schritte.
Fing Gudrun schon an zu putzen?
Aber es war nur die Frau in dem Cape, die sich von ihrem Freund unten so leidenschaftlich verabschiedet hatte. Verstohlen sah ich auf die Uhr. Dass sie sieben Minuten nach Schluss noch kommen durfte. Warum hatte man sie nicht nach Hause geschickt, wie es mir schon zweimal passiert war? Aber sie strahlte diese unaufdringliche Aura von Eleganz und Wohlstand aus, der niemand zu widersprechen wagte, jedenfalls keine unterbezahlte Schwimmbadkassiererin. Ich musste bei dem Gedanken an die blondierte Schnepfe innerlich grinsen. Wahrscheinlich verdiente sie sogar noch weniger als ich selbst. Ich hatte wohl zu breit gegrinst, denn die junge Frau neben mir fasste es als freundliche Begrüßung auf.

Unter ihrem Cape war sie überraschenderweise viel schlechter angezogen. Sie trug einen altem Herrenpullover und die Träger ihres BHs waren ausgeleiert und grau, was aber an ihr höchstens lässig aussah wie ihr Tattoo. Mein blütenweißer Spitzen-BH kam mir auf einmal spießig vor, aber bis ich soweit war, würde sie längst unten sein. Ihr Umziehtempo war erstaunlich, ihre Bewegungen besaßen die geschmeidige Effizienz einer Leistungsschwimmerin und als ich meinen Rock ausgezogen hatte, stand sie nur noch im Höschen neben mir. Verstohlen bewunderte ich die genau definierte Muskulatur unter ihrer samtigen Haut. Die feinen Härchen auf ihrem Rücken. Und so entging mir nicht, als diese sich unerwartet aufrichteten - noch ehe ich die leise Veränderung in der Atmosphäre wahrnahm, ein hektisches Flüstern aus den Nachbarkabinen, ein Flattern wie in einem Bienenstock, wenn sich plötzlich ein fremdes Tier verirrt.

Und da hörte auch ich die Schritte. Energische Stiefelschritte, die sich näherten, immer lauter, als wäre die letzte Kabine ihr Ziel. Als wollten sie zu uns. Gudrun ging mir nicht nur in der Dusche auf den Wecker, wenn sie während ich meine Haare wusch, mit dem dicken schwarzen Wasserschlauch die Fliesen abbrauste. Aber so laut konnte sie nicht gehen, nicht in ihren Birkenstocks, nicht mal in schlechtester Putzlaune. Sie bevorzugte es ohnehin, sich anzuschleichen.
Meine Nachbarin schaute mich fragend an. Aber dann begannen ihre Augen sich angstvoll zu weiten.
Vorsichtig drehte ich mich um.
„Kannst du mir helfen?“
Da war er. Mein Einkaufsbegleiter. Er schaute mich hilflos an wie ein Kindergartenkind. „Wie funktioniert Schloss?“, dabei stürzte er sich auf den Schrank meiner Nachbarin, die erschrocken zur Seite wich.
„Kannst du mir zeigen?“
Seine Naivität verblüffte mich genauso wie die Tatsache, dass er mich auf einmal duzte und fehlerhaft Deutsch sprach. Wusste er wirklich nicht, wie Schrankkarten funktionieren? Dabei hatte er draußen so intelligent und gebildet gewirkt. Was machte er überhaupt hier? Im Schwimmbad ohne Badezeug? Wie war er an Gudrun vorbeigekommen?
Ihr entging doch sonst nie etwas. Anbehaltene Straßenschuhe, die nasse Kabinenflure in schmierige, schwarze Rutschbahnen verwandelten. Kinder, die Badehosen vor den Schränken auswrangen.

Leise schimpfend zog ich ihn nach draußen auf die Galerie und ich hatte das Gefühl, dass alle empört zu uns hinaufsahen. Meine Nachbarin hatte sauer gewirkt und in ihrem Blick hatte erstauntes Unverständnis gelegen, als ob ich ihn her gelockt hatte. Aber wahrscheinlich war sie eher böse auf ihn, weil er während er mich auf die rätselhafte Kompliziertheit des Schrankschlosses hinwies, heimlich auf ihre Brüste gelinst hatte, die sie unter ihren verschränkten Armen zu verstecken versucht hatte.

Sachlich versuchte ich ihm zu erklären, dass die Schlösser nicht mit Münzen, sondern mit Karten funktionieren und ich sah im Geiste schon Sissi über mich lachen, über mein zu verständnisvolles Herz, über meine Naivität, die vorgeschobene Naivität mancher Männer nicht zu durchschauen. Aber vielleicht war er wirklich noch nie im Schwimmbad gewesen, redete ich mir ein und zeigte mit ausgestrecktem Arm über die Wasserfläche hinweg auf die andere Seite: „Dort sind die Männerkabinen!“
Und mit einem herzlichen Lächeln bedankte er sich und verschwand folgsam.

Meine Nachbarin schwieg. Nicht einmal ein „Was war denn das gerade?“, kam über ihre Lippen und ich vermied es, sie anzuschauen. Als ich mich umgezogen hatte, setzte ich mich sogar noch für Momente auf den Holzschemel. Ich hatte keine Lust, ihr unten in der Dusche zu begegnen.

Und tatsächlich begegnete ich ihr nicht. Aber dafür ihm. Was mich nicht wunderte. Jedenfalls nicht wirklich. Ich ärgerte mich über das viel zu kalte Duschwasser - als würde gegen Abend das warme Wasser mit Absicht ausgestellt-, als er plötzlich hineingeschneit kam. Noch immer in seinen Straßensachen. Langsam glaubte ich, Gudrun hatte ihn längst entdeckt und genoss heimlich seinen Schabernack. Ich hatte den Eindruck, dass er mir tatsächlich nur ins Gesicht schaute, während er mich fragte, wo er sich umziehen könnte.
Doch ich schrie ihn nur an: „Hauen Sie endlich ab!“
Woraufhin er wie ein Hund mit eingezogenem Schwanz abdackelte und die Doppeldeutigkeit des Vergleichs entlockte mir kein müdes Grinsen. Dabei hatte die Situation durchaus komische Aspekte.

Ich war froh, endlich im Schwimmbecken zu sein und meine Theorie bestätigte sich wieder einmal: Sind die Duschen kalt, dann ist das Badewasser warm. Ich schwamm eine Bahn, um mich dann auszuruhen. Meinen Nacken legte ich auf die Plastikleine, die sich wie eine überdimensionierte rot-weiße Perlenschnur durchs Wasser zog und den Nichtschwimmer-Bereich abtrennte. Mittlerweile leerte sich das Becken. Immer noch turnten die pubertierenden Jungs auf ihrem Floß herum, meine Nachbarin pflügte durchs Wasser, mit einer Eleganz, als
könnte sie tatsächlich auf van Almsick´sche Weise das Wasser „greifen“ und auf der Rutsche schürften sich die Kids ihren Po auf, weil der Bademeister das Wasser abgestellt hatte.
Ich tauchte meinen Kopf unter und blickte mich um.

Mein Schwimmkumpel war leider nicht da. Mit dem Tauchgürtel um seinen imposantem Bauch lag er manchmal länger als zwei Minuten auf dem Grund, dort unten in der blauen Stille des endlosen Kachelbodens, während über ihm die Leistungsschwimmer hektisch ihre Bahnen zogen. Warum war er bloß heute nicht da? Wir hätten uns so herrlich über meinen frechen „Begleiter“ amüsieren können. Vielleicht war es auch besser so, er neigte ein wenig zu Ausländervorurteilen. Und ich wollte nicht, dass er sich „bestätigt“ fühlte. Andererseits hätte er mich „verteidigen“ können, sich als mein Freund ausweisen, und vielleicht hätte ich mich dafür sogar an seine 140 Kilo geschmiegt. Zur Not hätte er mich nach Hause begleiten können. Obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich das wollte. Ich wollte unsere Schwimmbadfreundschaft in ihrer angenehmen Unverbindlichkeit nicht „draußen“ weiter pflegen. Und womöglich noch auf unvorhersehbare Weise intensivieren.

Männer sind schon eine merkwürdige Spezies, würde Sissi sagen, einer ihrer Lieblingssätze, die mich meistens nervten. Aber manchmal hatte sie wohl Recht. Und ich vermisste ihr Lachen an meiner Seite, als ich mich umdrehte und in Bauchlage die Fortsetzung des Dusch- und Umkleidedramas serviert bekam. Und es gab diesmal mehr Zuschauer.

Mit stolzer Haltung kam er aus der Dusche. Ohne Handtuch, ohne Badehose.
Insgeheim fand ich ihn ziemlich cool, wie er sich in knielanger, weißer Unterhose dem Wasser näherte. Seine Brust war so dicht beharrt, dass kaum noch Haut hindurchblitzte. Und seine überraschend helle Haut ließ ihn noch nackter erscheinen.

Er verweilte auf der Treppe, spähend, und ich zog schnell den Kopf unter Wasser, damit er mich nicht entdeckte. Ich musste an die Blicke der Omas denken, in deren Neugier sich noch nicht die Empörung gemischt hatte und tauchte unter Wasser, um mich erst mal aus zu prusten. Gudrun saß im Bademeisterstuhl und verfolgte scheinbar teilnahmslos die Situation. Vorsichtig glitt ich wieder nach oben, um nichts zu verpassen. Und vielleicht erkannte er mich mit Schwimmbrille gar nicht.

Da erhob Gudrun sich und stapfte zum Beckenrand. Sie stützte ihre Arme in die Seiten ihres taillenlosen Körpers. Dann brüllte sie los:
„Sie da. Sie da vorn. Kommen Sie sofort heraus!“
Aber er tat so, als ob es ihn nicht betraf. Gudruns Gesicht wurde so rot wie eine Tomate kurz vorm Platzen und ich fand, das passte gut zu ihrer weißen Betonfrisur.
So wütend hatte ich sie noch nie erlebt, selbst nicht an dem Tag, als zwei Jungs über die Absperrung des Drei-Meter-Bretts geklettert waren und beim Hinunterspringen fast jemandem das Genick gebrochen hatten. Was würde sie machen, wenn er gar nicht reagierte?
Selbst hineinspringen? Den jungen Bademeister die Sache „übergeben“? Die Polizei rufen?
Wir Zuschauer tauschten neugierige Blicke zwischen ihm und ihr aus. Da hatten sich die richtigen gefunden.
Irgendwann begriff er, dass sich die Aufregung auf ihn bezog und gehorchte ihr.
Leider, wie ich fand und beobachtete, wie er aus dem Wasser kletterte. Die Hose schlotterte durchsichtig geworden um seine Beine. Auf der obersten Stufe drehte er sich noch mal um, als wollte er sich nach der Vorstellung von uns verabschieden. Oder hoffte er immer noch, mich zu entdecken? Ich versteckte mich schnell hinter dem breiten Rücken eines Mittvierzigers.
„Mal schaun, was sie mit ihm macht“, wandte er sich zu mir um und schaut mich mit erwartungsvoll schadenfrohem Grinsen an.
Tja, was sie mit ihm wohl machen würde?
Fast tat er mir leid.

Aber sie machte mit ihm gar nichts.
Mit einer gestreiften Kindermütze verließ er breit grinsend ihr Büro. Und bevor ich mich über Gudrun ärgern konnte, hatte er mich nun wirklich entdeckt, sprang die Stufen hinunter, warf sich ins Wasser und schwamm mit hektischen, steifen Kraulzügen auf mich zu.
Ich hatte den Eindruck dass sich die Umstehenden jetzt über mich amüsierten.
Zumal, er mich mit seinen sehnsüchtigen Blicken fast auffraß und seine Arme nach mir ausstreckte, um mich zu umarmen. Instinktiv wich ich ihm aus, was er als Auftakt eines Unterwasser-Katz-und-Maus-Spiels auffasste und ich ärgerte mich über mich selbst, dass es mir sogar ein wenig gefiel. Wir spielten Hindernisschwimmen, kreisten um träge dahinziehende Seekühe und machten ihre trocken gebliebenen Haare nass. Ich war immer ein wenig schneller als er und überlegte, ob ich mich eigentlich noch richtig verhielt. Ermutigte ich ihn nicht mittlerweile?

Er lachte die ganze Zeit und ich hätte nie gedacht, dass er so albern sein konnte. Er schien sich für nichts zu schämen, weder für sein Verhalten, noch die fehlende Badehose, und auch nicht für die ausgesucht schäbige Bademütze, das wohl hässlichste Teil, das Gudrun in ihrem Kabuff finden konnte. Ein fehlfarbenes Etwas, türkis mit braunen und cremefarbenen Streifen. Eine Mütze ganz nach Sissis Geschmack, die so ein „Kult-Teil“ nach dem Baden bestimmt nicht zurückgegeben hätte.

Was Sissi wohl von ihm hielt, von „meinem Türken“? Aber die Antwort kannte ich schon: Patient. So einfach wollte ich es mir nicht machen, mich interessierte schon, was eigentlich mit ihm los war, ob er wirklich verrückt war oder nur verspielt, ob spontan oder ausgekocht raffiniert. Sein Lächeln war schön, voll schimmernder Zähne und ich fragte mich, ob jemand mit einem so ausgelassenem Kinderlachen insgeheim ein gefährlicher Psychopath sein konnte.

Ich tauchte an Wassergymnastik treibenden Damen vorbei, an Beinen, die auf und ab schwangen, als er plötzlich meinen linken Fuß zu fassen bekam.
Ich versuchte mich loszureißen, trat sogar nach ihm, aber er ließ mich nicht entkommen. Und während er mit der einen Hand meinen Knöchel umschloss, streichelte er mit der anderen fast zufällig mein Knie; seine Augen suchten meine und plötzlich wurde er ernst, sein Blick dunkler, sein Griff stärker, mein Knöchel saß jetzt fest wie in einem Schraubstock, während er kaum merklich mit der anderen meine Schenkel hinauf wanderte, eine Berührung wie von nassen Federn. Langsam bekam ich Angst, mein Herz fing heftig an zu klopfen, andererseits war es erregend, aber ich konnte nicht zulassen, das er sich so an mich ranmachte. Ich drehte meinen Hals zur Seite, um den Blicken der Damen zu entgehen, die sich mißbilligend auf uns konzentrierten, auf uns, das seltsame Paar. Seine dicht behaarten Hände ließen meine Haut noch milchiger erscheinen, noch zarter und ich schämte mich für unsere „Performance“. So verhielt sich kein normaler Mann und wie sollte ich ihn spätestens nach dem Schwimmen wieder loswerden?

Als ich nach oben glitt, um Atem zu holen, ließ er kurz los, um dann um so heftiger meine Taille an seinen Körper zu ziehen. Ich spürte seinen Bauch an meinem Rücken, im Wasser weich und irgendwie glitschig, er umfasste mich jetzt mit beiden Armen, seine Hände wanderten über meine Brüste, mit einer Begehrlichkeit, die jedes Zuviel zu schätzen wusste, dann glitten sie tiefer, wanderten über meine Oberschenkel, ich fühlte seine Erregung, seine wachsende Härte, so plastisch, so nah am Rand meines Badeanzugs und als ich merkte, wie er den Stoff langsam zur Seite schob, in die Tiefe meiner Po-Ritze, er würde doch wohl nicht tatsächlich hier, inmitten aller Leute -, wurde mir die Sache unheimlich und ich nutzte seine fiebrige Unaufmerksamkeit und entwand mich. In einer einzigen eleganten Bewegung tauchte ich zu Boden und wunderte mich, warum er mir nicht folgte.

In sicherem Abstand tauchte ich wieder auf. Er schaute mich fragend, fast etwas ängstlich an und ich begriff, dass er im tiefen Wasser nicht schwimmen konnte. Das gab mir ein beinahe triumphales Gefühl. In sicherer Entfernung zu ihm drehte ich meine Runden und es machte mir diebischen Spaß, mich plötzlich der Trenn-Leine zu nähern, nur um gleich wieder ins tiefe Wasser zu entwischen; stets versuchte er nach mir zu greifen, aber ich war jedes Mal schneller, obwohl ich mich stärker verausgabte. Schließlich gab er auf und wartete, dass ich die Lust am Schwimmen verlor. Sein frustrierter Blick brachte mich zum Lachen und ich hörte nicht auf, meine Bahnen zu ziehen. Mittlerweile fror er und ich sah, wie er zitterte. Aber er wollte nicht ohne mich sein.

Ich hätte ewig im Wasser bleiben können, wenn ich nicht plötzlich auf Toilette gemusst hätte. Vorsichtshalber benutzte ich die Leiter im Schwimmerbereich.
Ängstlich schaute er zu mir hinauf.
„Gehst du nach Hause?“
„Nein!“
„Leihst du mir dein Handtuch?“, fragte er und es klang eher wie ein selbstmitleidiger Befehl, damit er sich nicht erkältete. Wie ich mich abtrocknen sollte, schien ihn nicht zu interessieren oder dachte er etwa, wir benutzen das gleiche Handtuch? Was konnte ich dafür, dass er ohne Badezeug ins Schwimmbad gegangen war? Andererseits tat er mir wirklich leid, weil ich sah, wie sehr er fror und überlegte, es ihm später tatsächlich zu leihen.
„Ich gehe nur auf Toilette“, sagte ich stattdessen und beeilte mich. Nicht, dass er mir folgte und sich zu mir in die Kabine zwang.
Die Schlösser waren wie immer kaputt, aber das wusste er nicht und für einen Moment zauderte ich zusammen bei dem Gedanken, er würde die Tür aufreißen, inmitten aller Badegäste, wie er mir nur wenige Minuten zuvor, inmitten aller Badegäste den Badeanzug zur Seite geschoben hatte.

Aber als ich zurück kam, war er weg.
War er beleidigt, weil ich ihm nicht sofort das Handtuch gegeben hatte? Oder war er ebenfalls aufs Klo gegangen? Vielleicht zog er sich gerade an. Er musste schon völlig ausgekühlt sein. Fast war ich enttäuscht, dass er so heimlich sang- und klanglos verschwunden war. Aber vielleicht wartete er draußen auf mich. Andererseits sollte ich froh sein, ihn so elegant losgeworden zu sein.

Auch die meisten anderen Gäste waren verschwunden. Es lag jemand in einem der weißen Liegestühle hinter dem Weihnachtsbaum. Und die Jungs auf dem Floß waren noch munter. Jetzt sprangen sie sogar von der Stirnseite ins Becken, zwischen den meterhohen Palmenkübeln. Und es waren nur noch zwanzig Minuten bis zur Schließung.
Gudrun war bestimmt schon am Schäumen, aber statt wütend rumzubrüllen, wie sie es sonst meist tat, schaltete sie die Deckenbeleuchtung aus. Nur noch aus ihrem Kabuff drang trübes Licht zum Wasser. Und schwache Lichtfelder ferner Straßenlaternen hellten die Umgebung um die Fenster etwas auf. Schemenhaft konnte ich die Umrisse des Beckens erkennen.

Den Verdunkelungstrick hatte sie schon öfters angewandt, allerdings bisher nur gegen erwachsene Gäste, die überzogen und „danach“ sofort einlenkten. Wahrscheinlich wusste sie, dass die Jungs sie sowieso nur auslachen würden, wenn sie ihnen eine Predigt hielt. Ich verstand allerdings nicht, wie sie ihrer Aufsichtspflicht nachkommen wollte. Was, wenn etwas passierte?

Das dunkle Wasser zog mich wie magisch an und ich beschloss noch etwas zu schwimmen. In sicherem Abstand zu den Jungs. Ich hörte sie der Reihe nach hinunter springen, lachend, sich gegenseitig anfeuernd, und wenn sie unten ankamen, gab es sogar kleine Wellen. Dann hörte ich es nur noch einmal platschen, und dieses Mal war es anders, es war, als wäre etwas Größeres ins Wasser gefallen, etwas das schwerer war als ein vielleicht zwölfjähriger Junge und es gab viel größere Wellen als vorher. Aber so schwer konnte doch selbst der dickste von ihnen nicht sein. Ich hörte ein leises Stöhnen, als hätte jemand einen höchst unangenehmen Bauchplätscher gemacht und es war mir, als könnte ich fast selbst die Schmerzen spüren. Ich hörte ein „Scheiße“, und dann klang es, als würde jemand im Wasser strampeln, verzweifelt im Wasser strampeln mit rudernden Armen und Beinen.
Da gab es ein Husten, ein gurgelndes Geräusch, dann wieder stärkeres Platschen.
Da ertrank doch hoffentlich niemand?

Das Gekicher hatte längst aufgehört. Mittlerweile war es geradezu unheimlich still.
Zu still, wie ich fand. Und warum hörte man keinen der Jungs mehr?
Aber vielleicht waren sie selbst erschrocken und verharrten wie erstarrt.
Aber warum halfen sie nicht?
Und warum hörten die Wellen nicht auf?
Sie nahmen sogar zu, als hätte jemand den Wellenbetrieb eingeschaltet, der sonst für langweilige Sonntagnachmittage reserviert war. Sollte das ein Scherz sein, fand ich daran nichts mehr lustig.

„Warum hilft denn niemand?“, rief ich, erst leise, dann lauter, während ich mich durch höher sich auftürmende Wellenkämme vorkämpfte. Sie waren nicht wirklich hoch, aber ich bekam schon im Meer Angst, wenn sich nur eine Welle über meinem Kopf zusammenschlug und hier war es noch schlimmer, ohne den Kontakt zum Boden.
Ich schrie, aber es antwortete mir niemand.

Wo waren die Jungs bloß?
Ich hatte Angst, selbst zu ertrinken, aber was sollte ich machen.
Sollte ich den fremden Jungen absaufen lassen? Er war doch fast noch ein Kind. Wenn er ertrank, würde ich mir das nie verzeihen - nicht bis zum Rest meines Lebens.
Ich hoffte, Gudrun würde endlich das Licht anschalten. Schemenhaft entdeckte ich jemanden im Bademeisterkabuff, eine dunkle Silhouette im trüben Licht in der Nähe des Schreibtischs und absurderweise fiel mir ein, was in den Schubladen lagerte: vergessene Bademützen und Seepferdchen-Plaketten zum Annähen.

Dass Gudrun so verantwortungslos sein konnte, hätte ich nie für möglich gehalten. Sie war schon öfters seltsam gewesen, wenn sie irgendeine „Beschwerde“ über mich erfand, (weil ich angeblich zu spät duschen ging oder etwas anderes an den Haaren Herbeigezogenes) und einmal hatte sie während ihre Beschimpfungen auf mich niederprasselten, den harten Strahl des Wasserschlauchs „versehentlich“ über mich wandern lassen, und das eiskalte Wasser hatte mich selbst unter der laufenden warmen Dusche zusammenzucken lassen. Und als sie dann auch noch gelacht hatte, „ein bisschen Abhärtung kann uns nie schaden“, war ich kurz davor gewesen, mich über sie zu beschweren.

Diesmal würde ich sie anzeigen. Gleich morgen.
Was sie jetzt abzog, ging entschieden zu weit.
Eine Welle zog mich unter Wasser und ich verschluckte mich. Hustend und niesend tauchte ich wieder auf und bekam Angst vor dem nächsten auf mich zu rollenden Wellenberg. Mühsam kämpfte ich mich vorwärts. Ich versuchte die Geräusche zu orten. Die hilflosen Geräusche von Armen, die auf Wasser schlugen. Leise Hilfeschreie. Aber ich hörte nichts.
Als wäre ich allein.

Da stieß ich auf ein Hindernis.
Meine Hände berührten Gummi, nasse, luftgefüllte Kammern.
Das Floß.
Es trieb unbemannt auf den Wellen, schaukelnd und sich wild um seine eigene Achse drehend.
Endlich Rettung und ich könnte es als Boot benutzen, um den Verletzten zu finden, wenn es denn einen gab, was ich langsam bezweifelte.
Hinterher war ich die einzige, die verletzt war, während die Jungs schon quietschvergnügt auf dem Heimweg waren.
Ich versuchte mich am Floß hochzuziehen, aber es war zu glitschig, und das Schaukeln verstärkte sich noch und ich hatte kaum noch Kraft in meinen Oberarmen.

Es war mir, als hörte ich ein leises Lachen. Als würde mich jemand auslachen, wie früher als Kind im See, wenn ich es nicht schaffte, auf die Holzinsel zu klettern.
Für Momente hoffte ich, helfende Hände würden mich hinaufziehen.
Oder zumindest vertraute Stimmen zu hören.
Aber da war niemand und die Wellen trieben mich samt Floß nach vorn und als eine besonders hohe Welle kam, stürzte es um und begrub mich unter sich.
Ich versuchte unter ihm hinweg zu tauchen, aber das war nicht möglich.
Warum, konnte ich nicht verstehen.
Als trieben mich die Wellen immer dort hin, wo auch das Floß hin schwankte.
Verzweifelt schlug ich von unten gegen das Gummi.
Das gab es nicht. Während der Öffnungszeiten in einem städtischen Schwimmbad ertrinken.
Und die Bademeisterin lässt es zu.
Ich verstand auch nicht, warum die Wellen so hoch wurden.
Das war doch sonst nie der Fall gewesen.

Ich kam mir vor, wie eine Ertrinkende im offenem Meer, umschlossen von nächtlicher Dunkelheit. Nur dass hier das Licht jeden Moment wieder angehen konnte.
Wenn Gudrun zur Vernunft kam.
Ich überlegte, ob ich etwas Spitzes dabei hatte.
Ich versuchte es mit meinem Ring, aber er war zu stumpf.
Die Haarspange, fuhr es mir durch den Kopf und versuchte mir hektisch die Bademütze vom Kopf zu ziehen.
Und während ich hektisch mit der Spange das Floß bearbeitete, flossen mir meine Haare störend um Arme und Gesicht.
Ich dachte schon, Erfolg zu haben, als ich plötzlich etwas am Bein spürte.

Jemand berührte mich am Bein.
Vielmehr zog jemand an meinem Bein, als wollte er sich an mir festhalten.
War das der ertrinkende Junge?
Wenn er nicht locker ließ, würde er uns beide in die Tiefe ziehen.
Ertrinkende können ungeheure Kräfte entwickeln, hatte ich mal gelesen, aber diese überstiegen wohl bei weitem die Möglichkeiten eines Zwölfjährigen.
Wie konnte ich ihm helfen?
Aber der Griff um meine Wade verstärkte sich und langsam hatte ich den Eindruck, dass es sich gar nicht um eine hilflose Person handelte. Dass es sich vielmehr um jemanden handelte, der mich unter Wasser ziehen wollte. Wer auch immer. Der mich ertränken wollte. Und ich begann mit meinem freien Bein, wild um mich zu treten.
Ich meinte, etwas Weiches zu spüren, als hätte ich ihn tatsächlich getroffen.
Und für Momente ließ er los.
Das ermutigte mich, noch heftiger zuzutreten.
Aber was, wenn es doch der Junge war?
Und ich schaffte es nicht mehr, ihm weh zu tun.

Währenddessen trieben wir nach vorn, ich, das Floß und der Unbekannte.
Durch Meter hohe Wellen.
Und eine warf mich plötzlich gegen etwas Kaltes, Hartes, so dass mein ganzer Körper schmerzte.
Die Stirnwand des Schwimmbads.
Und die nächste Welle warf mich erneut an die Kacheln.
Der zweite Stoß war noch schlimmer als der erste, aber er hatte den Vorteil, dass mich am Bein nichts mehr festhielt.
Die unbekannte Person hatte mich losgelassen.
Ich spürte noch ein letztes zartes Streichen an meinem Bein.
Fast wie ein Abschied.
Dann spürte ich, wie die Wellen nachließen.
Und schließlich schaffte ich es, ermattet auf dem Floß zu liegen.
Ich musste eine ganze Weile dort gelegen haben, als plötzlich das Licht anging.
Ich blinzelte und sah auf einmal Gudrun am Beckenrand stehen.

„Was ist denn mit Ihnen los?“
Sie schien tatsächlich erstaunt.
„Ich dachte, Sie wären schon längst Heim gefahren.“
Dann lief sie weg.
Hoffentlich ließ sie mich nicht wieder im Stich.
Ich hörte, wie sie einen der Nebenräume aufschloss, wo normalerweise Schwimmbretter und Tauchflossen aufbewahrt wurden.
Aber sie kam wieder, mit einer langen Stange in der Hand.
Sie versuchte, damit das Floß zum Beckenrand zu bewegen und es hätte mich bestimmt amüsiert, wenn ich die Situation als Außenstehender hätte betrachten können.
Sie versuchte sogar etwas zustande zu bringen, was wohl aus ihrer Sicht ein aufmunterndes Lächeln sein sollte.
Ein Lächeln für ihren Lieblingsgast.
Aber ich war zu erschöpft, um zurück zu lächeln oder mich über sie zu amüsieren, was mir lieber gewesen wäre.
Sie sah ein, dass ich es nicht schaffen würde, die Leiter allein hochzuklettern und so dirigierte sie mich nach vorn, die ganze lange Bahn entlang, 25 Meter bis zu den Treppenstufen.
Ich spürte, wie das Floß an die oberste, aus dem Wasser ragende Stufe stieß, es gab ein kleines Schaukeln, dann griff sie unter meine Arme und zog mich hoch. Ich fühlte mich ganz wacklig, als ich stand, als könnte ich jeden Moment wegsacken, aber ich wollte die Stufen allein hochlaufen. Es waren ja nur fünf.

„Kann ich noch etwas für Sie tun?“, erkundigte sich Gudrun, freundlich wie noch nie. Aber vielleicht hatte sie auch nur Angst, dass ich sie verpetzten würde.
„Was ist mit dem Jungen?“, fragte ich.
„Welchem Jungen?“, entgegnete sie.
„Aber das müssen Sie doch mitbekommen haben“, sagte ich langsam sauer werdend. Das konnte doch nicht sein, dass sie von nichts wusste.
„Die Jungs sind schon vor einer halben Stunden nach Hause gefahren“, sagte sie. „Meine Tricks schlagen immer noch bei ihnen an.“ Und für Momente zog wieder ihr vertrautes, leicht hämisches Grinsen über ihr Gesicht.
„Finden Sie es richtig, Kinder im Dunkeln ins Wasser springen zu lassen?“
„Kinder, Kinder. Das sind keine Kinder“, sagte sie. „Die muss man anders anpacken. Glauben Sie mir.“
Ich war in Versuchung, noch einmal zum Ende des Beckens zu laufen, um mich wirklich davon zu überzeugen, dass dort kein Junge im Wasser lag.
Aber Gudrun schien meinen Blick bemerkt zu haben. „Die sind alle draußen und ärgern die Autofahrer mit Schneebällen.“ Sie drückte mir meine Shampooflasche in die Hand, die einsam in dem Regal über der Wärmebank stand.

„Los, ab mit Ihnen unter die Dusche!“, sagte sie forsch und legte ihre Hand auf meine Schulter während sie mich Richtung Waschraum lotste. Sie war wieder ganz die Alte, distanzlos und etwas herrisch, aber darauf fiel ich nicht mehr rein.
„Mir reicht´s für heute mit dem Baden“, sagte ich und überließ ihr das Shampoo. Ich nahm mein Handtuch und stürzte die Treppen nach oben.
Hastig zog ich mich an. Für Momente überlegte ich sogar meine Einkäufe in den Schließfächern stehen zu lassen. Ich wollte nur noch raus. Meine Schuhe zog ich gleich an und ging mit ihnen auf den geputzten Galeriegang.
Ich schaute nach unten. Die Wasserfläche war friedlich und still, eine spiegelnde grüne Fläche, verführerisch in ihrer Unberührtheit und ich musste daran denken, wie einmal der junge Bademeister nach Dienstschluss dort unten geschwommen hatte. Majestätisch hatten seine Arme das Wasser geteilt.

Jetzt kam es mir vor, als hätten meine letzten Geschehnisse nur in meiner Einbildung bestanden.
Einzig das Floß, das unter dem Weihnachtsbaum leise vor sich hinschaukelte, erinnerte mich an mein „Abenteuer“. Warum lag es nicht mehr bei den Treppen? Wie konnte es so schnell an die andere Seite getrieben sein?
Ich lief schon den Galeriegang hinunter, um direkt von oben einen Blick zu werfen, als mir Gudrun begegnete. Sie trug eine Art Schutzschürze über einem Putzkittel, den sie vorhin noch nicht angehabt hatte.
„Na, wer wird denn hier noch rumlaufen“, sagte sie munter und beiläufig überkreuzte sie ihre Schrubber, dass ich nicht an ihr vorbeikam.
„Wollen Sie hier übernachten? Wir haben schon alles zugeschlossen“, sagte sie.
„Und die Jungs“, fügte sie noch hinzu, „die werden Sie schneller wieder sehen, als Ihnen lieb ist.“

Zumindest in diesem Punkt behielt sie Recht. Während ich mit klitschnassen Haaren das Schwimmbad verließ, traf mich schon der erste Schneeball an der Stirn. Es war, als wäre er aus Eis, als hätten sie ihn so lange in der Hand gehalten, bis ich das Gebäude verließ.
Mich trafen noch weitere Schneebälle, am Kopf, am Bauch und einer schmerzhaft an der Brust. Was war bloß mit den Jungs los? Was hatte ich ihnen nur getan, dass ich eine solche „Abreibung“ verdiente? Die nächsten Geschosse wurden zum Glück weicher, weil die frechen Kerle nicht so viele auf Vorrat gebaut hatten und ich war innerlich so voller Wut, dass ich mich blindlings auf den ersten von ihnen stürzte, so dass er hinfiel. Ich setzte mich auf ihn und schaufelte ihm eine Schneeladung nach der anderen ins Gesicht. Schnee fiel in seinen Mantelkragen und machte seine Wangen eiskalt. Aber ich konnte nicht aufhören.

„Gib´s ihm, gib´s ihm“, skandierte es um mich herum.
„Na, wie fühlt es sich an?“, erkundigten sie sich bei meinem Opfer. „Du musst nur aufpassen, dass sie dir nicht an die Hose geht.“ Dann wieherten sie los.
„Oder an den Hals.“ Woraufhin das Lachen erstarb.
Und während der Junge unter mir ängstlich die Lippen öffnete, als erwartete er, auch noch den Mund gestopft zu bekommen, wurden meine Arme langsam müde.
Wir schauten uns in die Augen, er hatte eigentlich ein nettes Gesicht unter seinen blonden Locken. Mittlerweile tat mir leid, was ich mit ihm gemacht hatte und hörte auf. Aber ich hatte nicht mit der Reaktion der anderen gerechnet.
„Los mach weiter!“, sagte jemand hinter mir und gab mir einen Tritt. „Du kannst nicht einfach mittendrin aufhören.“
Und der wohl Älteste rief: „Gib´s ihm, gib´s ihm wie dem Türken.“

Ich stand auf und sammelte meine Taschen ein.
Jemand half dem Jungen aufzustehen.
Aber er machte das nicht aus Freundlichkeit.
„Worauf wartest du noch?“, rief er und gab ihm einen Stoß in meine Richtung. Fast fielen wir aufeinander. Und instinktiv fühlten wir beide, wie unangenehm das für uns enden konnte. Einer der Jungs zog an meinem Arm, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er sich damit begnügen wollte. Und meine Tasche mit den Lebensmitteln fiel in den Schnee. Äpfel und Apfelsinen, Kekse und Konserven rollten über den Boden. Schweigend half mir der blonde Junge, sie einzusammeln.
„Jetzt packt er schon ihre Apfelsinen“, folgte ein höhnischer Kommentar. „Aber du musst sie auch ordentlich auspressen.“ Und dann kicherten sie alle auf einmal los.
„Eigentlich müssten es Melonen sein, aber die waren heut nicht im Angebot“, brachte ich ihn zum Schweigen und ließ ihn einfach stehen.

Als ich endlich in der Straßenbahn saß, hätte ich heulen können, aber damit würde ich warten, bis ich zu Hause war. Meine nassen Haare waren draußen eingefroren, sie hatten die Form langer, dünner Eiszapfen, wie Rastalocken aus Glas und fielen zerbrechend über meine Schultern. Es knackte komisch, wenn ich sie in die Hand nahm und schmelzen ließ. Andererseits beruhigte es mich. Ich war innerlich so aufgewühlt. Ich fragte mich, was ich ständig falsch machte. Was ich an mir hatte, damit selbst Wildfremde sich provoziert fühlten, ständig über meine Abgrenzung hinweg zu treten. Mich zu demütigen, oder mir ihr Leid zu klagen, mich ungefragt zu berühren oder mich zu schlagen. Als hätte ich ein Schild um den Hals hängen. „Stehe alle Ihren Wünschen zur Verfügung.“

Und ich musste über den Mann nachdenken, mit dem ich vor allen Leuten „herumgemacht“ hatte. Wie war ich nur in so eine Situation geraten? Ich hatte mich völlig daneben benommen. Kein Wunder, dass selbst so kleine Jungs darüber durchdrehten.

Unsere Wohnung war ein einziger, begehbarer Kühlschrank. Und ich merkte auch schnell warum. In der Küche stand das Fenster auf und es hatte sogar reingeschneit. Sissi hatte wohl nach dem Rauchen vergessen, es wieder zu zu machen, genauso wie sie unsere Verabredung vergessen hatte. Eigentlich hatten wir zusammen tanzen gehen wollen. In letzter Zeit behandelte sie mich viel gedankenloser als früher.
Ich ging ins Bad, was noch nach Sissis Badezusätzen roch und eine leere Flasche Wein stand auf dem Klodeckel. Meine nassen Badesachen warf ich in den Spülstein, um sie auszuwaschen. Ich wrang gerade meine Mütze aus, als mir ein Schmerz in die Hand fuhr. Als hätte ich in eine Stecknadel gefaßt.
Und es war tatsächlich etwas Spitzes, wenn zwar keine Nadel, sondern nur eine Tannennadel.

Dann lief ich in mein Zimmer und gab meinem Kohleofen noch seine Nachtration. Dabei musste ich noch an mein Dickerchen denken, meinen übergewichtigen Schwimmbadkumpel, der seine Öfen mit getrockneten Broten und Sägespänen hochtunte, um auch im Winter
mollige dreißig Grad zu haben....
Danach verkroch ich mich in mein Bett und schaltete meine Heizdecke an. Die stammte noch von meiner Oma, ein altmodisches Ding, für das Sissi mich gern auslachte, aber die kuschelige Wärme machte mich angenehm schläfrig. Ich dachte über mein „Schwimmbadabenteuer“ nach. So richtig bereuen konnte ich es nicht. Bei aller Niveaulosigkeit, die es hatte, sich von einem „dahergelaufenem“ Mann sogar ins Schwimmbad „begleiten“ zu lassen, konnte ich nicht umhin zuzugeben, dass er bei aller hartnäckigen Verrücktheit doch nie wirklich über meine Grenzen gegangen war. Anders als Gudrun.

In der Nacht wachte ich völlig verschwitzt auf, ich hatte etwas Seltsames geträumt.
Ich lag nackt in einem Whirlpool, zusammen mit ihm. Sissi und ihre Freunde veranstalteten eine kleine Party und lungerten betrunken um uns herum. Dann kippte Sissi unter allgemeinem Gelächter einen Eimer graues Pulver ins Wasser.
Wir protestierten.
Aber plötzlich begann das Wasser zu gelieren. Und nicht nur das Wasser...
Es war, als würden wir selbst erstarren.
Immerhin half Sissi uns beim Aufstehen während ihre Freunde nur blöde lachten.

Zunächst half sie mir, dann ihm, und sie nahm seine Hände. Legte die eine um meine Taille, die andere auf meine Brust. Wir wurden zu einem Zuckerguss-Pärchen, das hoch oben auf einer überdimensionierten Hochzeitstorte tanzte. Und während er mich anlächelte, begann die Torte sich zu drehen. Immer schneller, immer schneller und nur verschwommen sah ich, wie Sissi mit einem Messer auf die Torte los ging.
Sie säbelte große Stücke ab, die sie sich gierig in den Mund stopfte, zwischen ihre lasziven, roten Lippen.

Danach musste ich wieder eingeschlafen sein. Natürlich verschlief ich. Ich hatte nicht nur vergessen, den Wecker zu stellen, sondern auch die Heizdecke auszuschalten. Ich war so verschwitzt, dass mein Schwimmbadbesuch völlig umsonst gewesen war und ich konnte ohne zu Frühstücken gleich zur Arbeit gehen. Warum hatte Sissi mich nicht geweckt? Hoffentlich gab sie mir später in der Pause etwas von ihren Broten ab, wenn sie bis dahin nicht alle aufgegessen hatte.

Ich freute mich schon, ihr von allem zu berichten, - auch von dem Traum-, aber ich sah sie erst am Spätnachmittag wieder.
Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hatte, mir den ganzen Tag aus dem Weg zu gehen. Immerhin hatten wir die gleichen Putzprojekte, zwei Grundschulen und später die Werkskantine mit den Sozialräumen. Ich wusste nicht, worüber ich mich mehr wundern sollte, über ihre neue Haarfarbe, die sie sich gestern in der Badewanne verschafft haben musste, oder über unser merkwürdiges Zusammentreffen in den Herrenduschen, die ich mit meinem Wägelchen betrat, um sie zu putzen.

Sissi stand unter der letzten Dusche und grinste mich an.
„Komm, Mary, zieh dich auch aus“, forderte sie mich auf, obwohl sie wusste, dass ich das nie tun würde.
Es war niemand mehr im Haus und eigentlich war es egal, ob wir hier duschten, aber ich konnte das nicht.
„Komm, hab dich nicht so“, lockte sie.
„Und wenn noch jemand kommt?“, fragte ich, weil mir nichts anderes einfiel, um sie von ihrer Idee abzubringen.
„Dann machen wir eine kleine Party“, sagte sie und ich hörte ihr Lachen noch im Gang.

Es gab tatsächlich eine Party, wenngleich zwei Wochen später, eine richtige kleine Weihnachtsparty, mit Geschenken, guten Essen, Weihnachtsbowle und ein paar Freunden, Sissis Freunden natürlich, ich selber hatte nur zwei Freundinnen, die zu ihren Eltern gefahren waren. Ich war schon gespannt, wie unser Abend werden würde. Sissi war die letzten Tage wieder viel netter zu mir gewesen. Fast wie in unserer Anfangszeit. Damals als wir uns im Aldi kennen gelernt hatten. In einem noch unfertigen Aldi. Zwölf Stunden Bau-Grund-Reinigung hatten uns zu besten Freundinnen gemacht. Und noch am gleichen Tag war ich bei ihr eingezogen, in unseren Palast, der leider inzwischen selbst zur Dauerbaustelle geworden war, seitdem sich Sissi nicht mehr fürs Renovieren interessierte.

Unter geschickt drapierten Tüchern hatte sie für heute Abend die schlimmsten Stellen versteckt. Sie hatte sogar einen Weihnachtsbaum aufgetan.
Wir saßen in der Küche und tranken schon mal von der Bowle. Ich war ganz aufgeregt. Nicht nur wegen dem Besuch, sondern auch weil ich morgens beim Einkaufen ihn gesehen hatte. Ihn, „meinen“ Türken. Wenn nur aus weiter Ferne. Ich hatte mir überlegt zu winken, es aber doch lieber gelassen. Und er schien mich auch nicht erkannt zu haben. Aus einer perversen Mischung aus Leichtsinn und Sehnsucht war ich in den letzten Tagen in viele türkischen Läden gegangen. Weite Umwege hatte ich in Kauf genommen - nur um ihn zu sehen. Natürlich hatte ich nicht vor gehabt, ihn anzusprechen, aber ich hätte ihn gern mal wieder gesehen.

Dafür hatte ich mein Dickerchen wiedergesehen und ich konnte zunächst gar nicht glauben, dass er es tatsächlich war. Er hatte in einem der Läden hinter der Kasse gestanden und sich so laut mit seinem Kollegen unterhalten, dass er mich gar nicht wahrgenommen hatte. Er schien sich dort gut zu amüsieren und vorsichtig schlich ich mich heraus. Aber innerlich freute ich mich, dass er nicht wirklich rechts war.

„Woran denkst du?“, fragte Sissi, um mich aus meinen Grübeleien heraus zu holen.
„Was für einen Grund könnte es geben, Ausländerfeindlichkeit zu faken?“, ließ ich sie an meinen Überlegungen teilhaben.
„A very sophisticated problem“, sagte sie „Wahrscheinlich soll es ein Ablenkungsmanöver sein, so als reine Tarnung“, rätselte sie und schüttete mir noch etwas Bowle ein. Das hatte ich mir auch schon gedacht.

Später lagen wir mit Sissis Freunden unter dem Weihnachtsbaum und schauten andächtig den Kerzen zu, die Sissi in die Zweige gesteckt hatte.
Dabei unterhielten wir uns über Second-Hand-Kleider. Ausgerechnet darüber! Ich hielt davon nichts. Wirklich gar nichts und entgegen meiner sonstigen Zurückhaltung konnte ich mich bei dem Thema nicht bremsen, obwohl mir nicht entging, wie einige sich flüsternd in die Rippen stießen. Ich wusste, dass ich mich lächerlich machte. Aber auf einmal mehr kam es auch nicht mehr an.

„Wenn jemand stirbt, müssen alle Kleider verbrannt werden“, dozierte ich. „Um sich vor den Energien zu schützen, die sich in ihnen festgesetzt haben.“ Ich warnte davor, Totenkleider zu verschenken, eine Unsitte, die man in reichen Ländern viel häufiger antraf.

„Woher weißt du denn, was für eine Frau vorher deinen Rock getragen hat“, sprach ich ein Mädchen an, das offensichtlich seinen Flohmarktrock trug. „Die fremden Energien gehen bei keiner Wäsche raus.“
Woraufhin sie nur mit den Schultern zuckte.
„Vielleicht gibt es auch positive Effekte“, witzelte einer der Männer. „Und du wirst schlauer.“

Später ging es um Häuser. Um Gebraucht-Häuser. Häuser, die die Stadt zum Abriss frei gab, weil die Unterhaltsmittel fehlten.
Häuser die man zum symbolischen Preis kaufen konnte. Die merkwürdigsten Objekte. Elf-Familien-Gründerzeitklötze, Villen mit Wintergärten und baufälligen Balkonen, zu groß geratene Lauben auf deren Dächer faulende Äpfel und Birnen prasselten, ein früherer Armeekindergarten und andere „öffentliche“ Gebäude, die in liebevolle, private Hände abzugeben waren....

„Ich würde am liebsten einen Wasserturm kaufen“, sagte ich. „Oder ein Schwimmbad.“ Michel schaute mich merkwürdig an. Fast ein wenig sauer. Als hätte ich ihm „seine“ Idee weggeschnappt.
„Die werden sowieso nicht zum Verkauf angeboten“, sagte er. „Und Leute wie du dürften sowieso keine Häuser kaufen.“
„Wieso denn das nicht?“
„Du musst erst lernen, ein Kleid zu kaufen.“

Obwohl wir uns Stritten, kamen wir ins schöne gemeinsame Träumen und Sissi war so voller Energie und aller möglicher Pläne, dass sich mein Verdacht bestätigte, dass ihre Palast-Tage insgeheim schon gezählt waren. Das sie nur noch darauf wartete, ihre Zelte abzubrechen. Das würde alles erklären - ihre ständige Abwesenheit, ihre Lustlosigkeit, ihre Teilnahmslosigkeit, was den Zustand unseres Zuhauses anging. Aber warum erzählte sie mir nichts davon? Und mit wem wollte sie später zusammenziehen?

Ein bisschen hatte ich Michel in Verdacht, der Katzenfreund mit den zerkratzten Armen, der angeblich Philosophie studierte, aber mit seiner untersetzten, kräftigen Figur eher nach Bauarbeiter aussah und von Maurerarbeiten eindeutig mehr zu verstehen schien als von seinem Fach. Ich fragte mich, ob Sissi etwas mit ihm hatte, auf eine gewisse handfeste Art sah er gut aus. Aber unser herrliches Weihnachtsessen, das wir auf dem Teppich campierend, in uns hinein stopften, ließ meine Bedenken vergessen, zunächst.

Und wie ließen wir es uns gut gehen! Wir aßen, wir tranken und zum Schluss waren alle stockbetrunken, nur natürlich ich nicht. Und nur so konnte ich mir im Nachhinein erklären, warum die Situation später umkippte.
„Nimm dich vor Mary in Acht“, warnte Sissi den etwas spröden Jan, einen Lehramtsstudenten im zwölften Semester, der eigentlich ganz nett war und neben mir auf dem Teppich lag.
„Mary ist eine Zauberin.“
„Was erzählst du denn da“, protestierte ich.
Sissi setzte sich auf und nahm ihre Schultern zurück und ihre Kettensammlung verrutschte in ihrem Dekolleté. Sie genoss es, wie erwartungsvoll alle sie anschauten und die inzwischen müde gewordenen Augen unserer Gäste wurden wieder wach.

Ich fühlte, was sie innerlich dachten. Unsere spießige, langweilige Marianne hat ungeahntere Tiefen, als wir jemals dachten. Wenn Sissi mich Mary nannte, wusste ich, dass sie etwas im Schilde führte. Denn sie wusste dass ich auf meinen altmodischen Namen stolz war. Ich hatte so lange gebraucht, ihn lieben zu lernen (wenn man in Hermannstadt auf einem Schulhof stand, brauchte man nur Waltraud, Gustav oder Hans zu rufen, um den Platz leer zu fegen), dass ich ihn mir nicht nehmen lassen wollte. Aber vielleicht war ich in diesem Punkt auch überempfindlich.

Jan reichte mir seine Walnuss, auf der er vergeblich mit seinen Zähnen rum genagt hatte und ich bemühte mich, sie unauffällig an der trockensten Stelle anzufassen.
„Vielleicht kannst du sie für mich verwandeln, wenn ich sie schon nicht auf bekomme-“, sagte er.
„In was soll ich sie denn verwandeln?“, erkundigte ich mich freundlich, nur um von Sissi gleich wieder unterbrochen zu werden.
„Mit solchem Kleinkram gibt sich unsere Mary gar nicht ab“, sagte sie und an ihrem verräterischem Glitzern in den Augen erkannte ich, dass sie nicht nur zu viel getrunken hatte. Sie warf mir einen Kussmund zu, aber der konnte nicht von ihrer Boshaftigkeit ablenken, die sich in ihren Mundwinkeln einzunisten begann. Allerdings war ich die Einzige, die davon etwas bemerkte, weshalb auch niemand meine Reaktion verstand, als Sissi zum Höhepunkt ansetzte:
„Mary kann sogar Menschen verhexen. Nicht wahr, meine Süße“, lächelte sie zuckrig. „Neulich hat sie im Schwimmbad sogar einen Türken verschwinden lassen.“

Ich stand auf und rannte aus dem Zimmer. Das war zu viel! Die Tür ließ ich heftig ins Schloss knallen.
Dann legte ich mich in mein Bett und heulte eine Runde. Nichts konnte Sissi für sich behalten, sie plauderte, wenn sie betrunken war, gern meine Geheimnisse aus – nur wegen eines oberflächlichen Vorführeffekts. Ich hatte geglaubt, sie hätte sich geändert, aber sie war fast noch schlimmer als früher.
Reichte es denn nicht, dass ich schon an mir selbst genug litt? Dass ich die Schwimmbadgeschichte in anderem Licht sah? Dass ich nachts kaum schlafen konnte, weil ich immer an die Person dachte, die sich an meinem Bein festgeklammert hatte. Es war keiner der Jungen gewesen. Davon hatte ich mich ja wirklich überzeugen können.
Es war der Satz, den einer der Jungen draußen im Schnee gesagt hatte, der mich zum Zweifeln brachte. „Gib´s ihm wie dem Türken.“ Es hatte nicht wirklich schlüpfrig geklungen, eher bedrohlich. Als hätte ich den Türken geschlagen. Als wäre ich Schuld gewesen, an was? Daran, dass er womöglich ertrunken war? War er womöglich gar nicht nach Hause gegangen? War er die ganze Zeit im Schwimmbad geblieben? Auf mich wartend? Und hatte ihn die Wellenanlage genauso überrascht wie mich?
Nur, dass er nicht schwimmen konnte.
Wie selbstverständlich hätte er sich an mir festgehalten. Das hätte ich an seiner Stelle auch getan.
Es war dumm, es nicht zu tun. Sich festhalten. Am einzigen Menschen, der einem begegnete, in dem wild gewordenem Wellentank. Aber was war das für ein Zufall, überhaupt jemanden zu treffen, in diesen Tausenden von Litern Wasser.

Aber warum hatte ich ihn nicht schon vorher gesehen? Als ich vom Klo kam und es noch hell genug gewesen war. Wenn auch nur für einige Momente.
Und da fiel es mir ein. Er konnte sich schon die ganze Zeit am Floß festgehalten haben und später war es mit ihm rausgetrieben, als die Wellen kamen, in die Tiefe, in den Schwimmerbereich. Ich hatte ihn nur nicht sehen können. Nicht aus meiner Perspektive. Aber die Jungen hatten alles gewusst.

Sissi hatte meine Theorie als Quatsch abgetan, noch schlimmerer Quatsch, als meine Second-Hand-Klamotten-Theorie. Und sie hatte mich in den Arm genommen und als das nichts geholfen hatte, geschüttelt.
„Mensch, Marianne. Hör auf mit dem Scheiß!“, hatte sie gesagt und es hatte geklungen, als würde sie sich wirklich Sorgen um mich machen.
Und ich hörte tatsächlich auf.
Zumindest ihr gegenüber.

Innerlich hoffte ich ja, dass sie Recht hatte.
Obwohl ich noch nicht wirklich überzeugt war.
Andererseits hatte auch Gudrun ganz normal gewirkt an jenem Abend.
Und wenn tatsächlich ein Toter im Becken gelegen hätte, hätte sie doch nicht so jovial munter gewirkt?
Und schwammen Tote nicht automatisch nach oben?
Und sie wäre doch sicherlich eingeschritten, wenn jemand um Hilfe schrie.
Sie hatte doch im Büro gesessen.

Und wenn die dunkle Silhouette, die ich dort gesehen hatte, gar nicht zu ihre war?, bohrten meine dunklen Gedanken in mir weiter.
Allmählich begann ich mich zu gruseln.
Was, wenn ein anderer in ihrem Büro gesessen hatte. Jemand, der an ihrem Schreibtisch saß und durch die Glasfenster des Kabuffs die Szenerie heimlich beobachtete, was draußen geschah?
„Und wenn ein Geist im Wasser gewesen war?“, hatte Sissi gefragt. Und zu spät bekam ich mit, dass sie mich nur aufziehen wollte. „Ein vielleicht nicht ganz so talentierter Streichler wie der Erste,“ spann sie weiter und zwinkerte mir zu.

Und dann fingen wir beide an zu lachen.
Und endlich merkte ich selbst, wie meine Fantasie wieder mit mir durchging.
Und ich hatte sowieso immer viel zu viel davon.
Trotzdem konnte ich es nicht lassen, in den türkischen Läden herumzuhängen. Aus reinem Aberglaube heraus.
Weil ich einen stichhaltigen Beweis haben wollte, dass „mein“ Türke noch lebte.
Und heute hatte ich ihn gesehen.

Es klopfte an meiner Tür. Doch ich wollte nicht aufstehen. Wenn Sissi meinte, sie könnte mich ärgern, nur um sich gleich danach wieder zu entschuldigten, hatte sie sich getäuscht. Das konnte sie mit anderen machen, mit Jan zum Beispiel.

Ich war selbst zu lustlos, um ihr zu sagen, dass sie draußen bleiben sollte. Ich zog mir die Decke noch mehr über den Kopf. Im Schmollen war ich schon immer gut gewesen.
Ich meinte, wie sie zu meinem Bett kam, aber an der Art, wie mir plötzlich übers Haar gestreichelt wurde, erkannte ich, dass sie es gar nicht war.
Ruckartig setzte ich mich auf.
„Nicht erschrecken, Süße“, sagte Michel und grinste mich an. Jetzt übernahm er auch noch Sissis Vokabular.
„Lass mich in Ruhe!“
„Aber wer wird denn Heiligabend allein im Bettchen liegen wollen“, meinte er und strich mir über die Wange.
„Du kannst dich ja dazu legen:“
Dann würdest du endlich mal Geschmack beweisen“, sagte er unbescheiden und legte die Decke zur Seite, damit er sich setzen konnte.
„Du studierst gar nicht Philosophie, stimmt´s“
„Und ich heiße auch gar nicht Michel“, erwiderte er, „aber Michael klingt auch nicht gerade besser oder?“
Er beugte sich über mich, um vorsichtig meinen Zopf unter meinem Kissen hervor zu fischen. Das war eine Angewohnheit noch aus meiner Kindheit. Mit geschickten Händen löste er meine Haare und sie fielen wie ein weicher Fächer weit über meinen Rücken.
„Meine Süße“, stöhnte er leise. „Und solche Traumhaare enthältst du uns vor?“ Er lachte vor sich hin und fing an mit meinen Strähnen zu spielen.
„Aber du bist sowieso ein merkwürdiges Kind. Was muss man machen als Mann, um dir zu gefallen? Sich Hundert Kilo anfressen oder-“
Er schien bestens Bescheid zu wissen.
„Der Türke. Habt ihr eigentlich wirklich, du weißt schon-?“
„Was sollte ich wissen? Dass Sissi dir jedes kleinste Detail aus meinem langweiligen Leben apportiert?“ Ich wurde langsam wirklich sauer
„Das braucht sie gar nicht“, sagte er rätselhaft und verließ den Raum.
Sah man mir mittlerweile schon an, auf welch seltsame Weise ich meine Freizeit verbrachte?

Am zweiten Weihnachtstag ging ich mit Sissis Neffen ins Schwimmbad, aber das hatte eher den Charakter einer unfreiwilligen Baby-Sitter-Stunde, gewissermaßen als Ersatz für Sissi, die verkatert im Bett lag. Ich war froh, dass sich die Kinder nur bis zum Bauch ins Wasser trauten und sich überzeugen ließen, dass die Wellen bei den Treppenstufen „viel schöner waren“. Seit meinem letzten Erlebnis hatte ich panische Angst vor dem Wellenbetrieb, und wäre es nach mir gegangen, wären wir gar nicht erst hingegangen. Aber die Kinder hatten sich schon die ganze Woche drauf gefreut und ich wollte ihnen nicht den Spaß verderben.
Zu meiner Überraschung waren sie gar nicht so sehr am Wasser interessiert. Jonas, der größere von ihnen war mit seinen acht Jahren ein richtiger Technik-Freak und klärte mich über Filtersysteme und Umwälzpumpen auf Dennis, der Kleinere hatte es mehr mit Pflanzen, was ich noch befremdlicher fand und er kroch mit nahe zu wissenschaftlichem Interesse zwischen den Pflanzenkübeln herum. Ich wusste, dass er von dort aus nicht ins Becken springen würde, deshalb ließ ich ihn gewähren, während ich ihn vom Liegestuhl aus im Auge behielt. Sein Bruder beschäftigte sich mittlerweile im Nachbarstuhl mit seinen Büchern.

„Hey, komm mal her“, rief Dennis plötzlich und winkte uns zu sich her.
Er fingerte zwischen den gefährlich gezähnten Blättern eines riesigen Schraubenbaums herum und ich hatte Angst, dass ihm noch eine Blattspitze ins Auge stach. Was wollte er denn dort? Wahrscheinlich einen Ableger abbrechen für seine Fensterbank im Kinderzimmer. Und jetzt sollte ich für ihn den stacheligen Job übernehmen. Nein danke. Aber ich stand trotzdem auf. Jonas folgte mir neugierig.
„Hey, Wahnsinn“, rief er begeistert und war so laut, dass Gudrun uns einen strafenden Blick zuwarf.
„Psst“, machte ich. „Du möchtest unsere geheimen Forschungen doch wohl nicht ausplaudern.“
„Da unten ist der Hebel für die Wellenanlage“, flüsterte er ganz aufgeregt zurück.
Ich verstand nicht, warum der schwere Blumentopf genau davor stand. Aber Gudrun wollte wohl vermeiden, dass Badegäste den Hebel zufällig entdeckten und mit ihm herumspielten.
Jetzt verstand ich auch, was es mit dem Stock auf sich hatte, den sie mitnahm, bevor sie die Wellen auslöste. Sie wollte wohl nicht so zerkratzte Arme haben wie Dennis. Selbst seine Schulter war zerkratzt, wie ich mit einigem Schrecken feststellte. Um zu dem Hebel zu gelangen, hatte er unter den ausladenden Blättern her kriechen müssten, fast bis zu dem Vorsprung, wo der Weihnachtsbaum stand.
Aber wo war eigentlich der Weihnachtsbaum? Erst jetzt fiel mir auf, dass er verschwunden war.
Das Weihnachtsfest ging hier ja erstaunlich schnell um.
Aber das passte zum ruppigen Charme des maroden Gebäudes.
Mach es deinen Gästen bloß nicht zu gemütlich. Sie könnten drohen wieder zu kommen.

Später lud ich die Kinder auf ein Glas Limonade ein. In der Milchbar des Schwimmbads.
„Schau mal, da hinten sitzt Michel“, sagte Jonas zu mir.
„Ihr kennt Michel?“
„Klar doch“, brummten sie unisono.
Aber warum auch nicht, wenn er ein Freund ihrer Tante war.
Oder war er ihr Freund? Sissi würde mir das nie verraten; sie ließ mich meist im Unklaren über ihre ständig wechselnden Beziehungen und insgeheim war ich sogar froh, nicht ständig „umlernen“ zu müssen. Bei Michel war es allerdings was anderes. Ein leicht schlechtes Gewissen bekam ich allerdings schon, als ich beschloss, die Situation für mich auszunutzen und die Kinder auszuhorchen.
„Wie findet ihr ihn eigentlich?“, fragte ich betont lässig. „Wie macht er sich denn als Sissis Freund?“
„Michel ist doch nicht ihr Freund“, sagte Dennis empört und musste über meine Dummheit sogar lachen. Heftig stieß er Jonas in die Rippen.
„Wie sieht denn eigentlich seine Katze aus?“, fragte ich aus reiner Langeweile.
Aber ich erntete nur ein Lachen. Michel besaß gar keine!
Und während ich Dennis beim Trinken zuschaute, wie seine sommersprossigen, zerschrammten Hände seine Fanta umfassten, bekam ich eine Ahnung, woher Michel seine „Katzenhiebe“ bezogen hatte...
Mir wurde kalt. Ich bekam Angst, dass man mir ansehen konnte, wie blass ich wurde.
Ich musste schnell weg, bevor Michel uns hier entdeckte.
„Hört mal, wir machen ein Spiel“, sagte ich zu meinen kleinen Begleitern. „Wer am leisesten den Raum verlässt, gewinnt.“ Sie waren gleich Feuer und Flamme und ich legte für die Kellnerin das Geld unter meine nicht mal halb ausgetrunkene Cola.

Ich musste die beiden wirklich loben. Michel hatte uns nicht entdeckt. Zur Belohnung spendierte ich ihnen später ein Eis. Aber wenn ich ehrlich war, wollte ich die Jungs darüber hinaus noch ein bisschen über Sissi ausquetschen.
„Wer ist denn nun ihr Freund?“, ging ich aufs Ganze und hoffte, die beiden Kleinen würden nie auf die Idee kommen, mich bei Sissi zu verpetzen.
„Sagen wir nicht, sagen wir nicht“, riefen sie vergnügt.
„Wisst ihr nicht, wisst ihr nicht“, versuchte ich sie aus der Reserve zu locken.
Und sie fielen sogar drauf rein.
Aber was sie da sagten, ließ mich erschaudern.
Das konnte doch höchstens ein Scherz sein und ich nahm mir vor, Sissi später darauf anzusprechen.
Nach dem Eis packte ich die beiden Zwerge und schleifte sie in die Straßenbahn. Wir fuhren schnurstracks nach Hause.

Schon aus der Entfernung sah ich Licht bei uns zu Hause brennen. Und zwar in meinem Zimmer. In dem Wintergartenerker, in dem mein Podestbett stand.
Und unschwer konnte ich erkennen, wer sich dort herumwälzte.
Und ich ärgerte mich, dass sie nicht nur ständig meine Kleider heimlich auslieh, sondern sogar noch mein Bett.

„Wisst ihr was“, sagte ich zu den Kleinen. Wir spielen noch eine Runde draußen. Aber nur wenn ihr leise seid.“ Und im Lichtschein meines Zimmers, der sanft über den eingeschneiten Rasen fiel, bauten wir Schneemänner und Sissi und ihr Toyboy waren so in ihren Nahkampf verstrickt, dass sie uns nicht hörten. Ein bisschen hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich die Kinder mitgenommen hatte. Aber sie interessierten sich komischerweise gar nicht für die Spiele ihrer Tante, für das Rumgemache, aber für ein „ungeschultes“ Auge gab es auch nur wenig zu entdecken. Stattdessen fand Dennis unter dem Balkonverschlag den abgesägten Stumpf einer riesigen Tanne. Das konnte nur der untere Teil vom Schwimmbad- Weihnachtsbaum sein, dessen andere Hälfte ein paar Etagen höher in unserem Wohnzimmer stand.

Beim nächsten Schwimmbadbesuch schaute ich ihn mir genauer an, Sissis Toyboy. Und weil Gudrun nicht da war, konnte ich ihn die ganze Zeit in meinem Blickfeld studieren, während er seine Bücher studierte. Unser junger, gebräunter, sportlicher Bademeister.
Ich versuchte die Titel zu lesen.
Schwimmbadtechnik. Baukonstruktion. Lichtplanung. Er war wohl doch schlauer als er aussah. Wollte er irgendeinen Abschluss nachmachen? Oder seiner Herzensdame ein Haus umbauen?
Das würde Sissi gefallen. Ein Schwimmbad ganz für sich allein.
Aber noch gehörte das marode Ding der Stadt. Nur wie lange noch. Es wurde immer mehr gespart.

Gudrun und Detlef, so hieß er- Sissis Schwarm erfanden ständig neue Unannehmlichkeiten, um ihre Gäste zu vergraulen. Jetzt funktionierte die Wärmebank nicht mehr. Und schon seit Tagen waren die warmen Duschen abends abgestellt. Und Wellen gab es Sonntags nur noch für Alibi-Minuten, um weiterhin die überteuerten Eintrittskarten kassieren zu können. Es war, als wollten Gudrun und Detlef auf den Tag hinarbeiten, an dem das Bad ihnen gehörte. An dem sie nicht mehr „unpassende“ Leute ertragen mussten. Unsportliche. Dicke. Ausländer. Alte. Hausfrauen. Ich fragte mich, in welche Kategorie ich wohl gehörte.

Und noch mehr interessierte mich, was Detlef später mit Gudrun machen wollte. Aber ich traute ihm zu, dass er auch für sie noch eine Lösung fand. Wie er auch sonst Lösungen gefunden hatte. Eine vereiste, ungestreute Außentreppe hatte die schwatzhafte Oma ins Pflegeheim gebracht. Die gezielte Frage, ob sie noch immer schwanger war, hatte die dicke Mutti frustriert zu Hause hocken lassen. Und mir war klar, dass Detlef sich für mich und meinen Schwimmbadkumpel auch noch etwas einfallen lassen würde. Aber wir waren resistenter gegen Beleidigungen und plötzliche „Unfälle“.

Woher ich das alles wusste?
Sissi hatte nach ihrem „Nahkampf“ doch tatsächlich ihren Beutel in meinem Zimmer stehen lassen und sich nicht getraut, ihn zurückzuholen. Aber fast war mir, als hätte sie es darauf angelegt, dass ich ihr Tagebuch las. Als wollte sie mich warnen, ein letzter Liebesbeweis. Sie schrieb fast nur in zärtlichem Ton über mich, auch wenn es mich wurmte, dass sie mich ständig als naiv charakterisierte, als reichlich naiv.
Auf perverse Art war sie stolz auf ihren Freund, auf seine „Nachhilfe-Stunden“. Denn eigentlich hatten sich die Leute immer selbst aus dem Schwimmbad „entfernt“.
Und das schien Sissi zu beruhigen. Sie wollte nicht mit einem „Täter“ zusammen sein. Obwohl es ihr mit dem „Hauskauf“ andererseits nicht schnell genug ging.

Ich verstand nicht, warum sie die Sache mit dem Türken nicht erwähnt hatte, an keiner Stelle; aber dafür tauchte mein Schwimmkumpel auf. Und als ich gelesen hatte, was sie mit ihm vorgehabt hatten, hatte ich abends leise in mein Kissen geweint.

Wie froh war ich, ihn ein paar Tage später im wahrsten Sinne des Wortes wieder auftauchen zu sehen. Mit einem neuen, schweren Tauchgürtel, den er mir stolz zeigte und ich beschwor ihn, das gute Teil nie aus der Hand zu legen, vor allem nicht, wenn Gudrun oder Detlef in der Nähe waren. Warum ich ihm nicht alles erzählte?
Ich wusste es nicht. Aber immerhin trug ich Kopien von Sissis Tagebuch in meiner Schwimmtasche mit mir herum. Man konnte nie wissen. Aber konnte ich Sissi anzeigen, nach alldem was sie für mich getan hatte? Eigentlich war nur Detlef Schuld. Aber er hatte die Dinge doch eigentlich nur für Sissi getan.

„Schwörst du mir, nie deine Tauchsachen liegen zu lassen!“wiederholte ich noch einmal und schaute meinen Schwimmkumpel wohl zum ersten Mal richtig tief in die Augen.
„Die haben sowieso alle keine Ahnung vom Tauchen“, sagte er „Gudrun kann nicht mal schwimmen.“

Die Welt in fünf Metern Tiefe ist rätselhaft schön.
Das Wasser ist wie Wände um uns herum.
Als wäre man hier unten unsterblich.
Und dann fanden wir es.
Unser erstes Beweisstück.

Es begann damit, dass ich meine Kette verlor.
Mein dünnes, angelaufenes Silberkettchen. Das man mit einem Ruck von meinem Hals abreißen konnte.
Ich glitt an der Kachelwand hinunter, als ich spürte, dass mein Hals plötzlich nackt war. Die Rauhigkeit der Fugenmasse zwischen den Fliesen hatte meine Kette gesprengt und mich völlig verzweifelt zurückgelassen.
Die Kette war das Einzige, was ich noch von meiner Oma besaß – neben der Heizdecke.
Und ich musste das wertlose Schmuckstück wieder finden.
Sie war so dünn. Man würde sie nirgendwo finden hier unten.
Aber dafür fanden wir etwas anderes.
Ich tastete alle Schlitze der Filteranlage ab. Es war arbeitsaufwendig und ich musste ständig nach oben tauchen, und ich achtete darauf, nicht genau über unserer Tauchstelle Luft holen zu gehen. Ich hatte keine Lust, Gudrun auf uns aufmerksam zu machen.
Und das war auch besser so.
Vielleicht hätte uns sonst ein ähnlich schauriges Schicksal ereilt.
Natürlich weiß ich bis heute nicht, ob sie es wirklich getan hat. Und auch die Polizei fand es nicht heraus. Später, als ich ihr meine Schwimmtasche übergab, mit all den fotokopierten Seiten.

Aber ich möchte nicht voraus greifen:
Es war ein seltsames Gefühl, als ich in einem der Schlitze plötzlich auf etwas Weiches stieß. Die komische Kinderbademütze! Wie hatte sie sich hier verfangen?
Sie war merkwürdig verknautscht, als wäre sie von irgendetwas angesogen worden. Ich faltete sie vorsichtig auseinander und was ich sah, hätte mir oben, an der Luft, bestimmt mehr als einen Schrei entlockt.
In der Mitte war ein großes Loch, als hätte man sie mit einem angespitztem Stab perforiert. Und die Blutflecken sahen immer noch frisch aus, weil sie die ganze Zeit im Wasser gewesen waren.
Ich musste mich bemühen, die Mütze nicht loszulassen.
Mein Schwimmkamerad kam mir zu Hilfe. Und durch unsere Schwimmbrillen hindurch entdeckten wir beim anderen die gleiche Furcht.
Was sollten wir mit dem Fund machen?
Sicherheitshalber steckte ich die Mütze in den Ausschnitt meines Badeanzugs. Aber das tat ich nicht nur aus Angst vor Gudrun. Es war wie eine letzte zärtliche Geste, was anderes konnte ich nicht mehr für ihn tun.

 

Schaurig schön

Die Geschichte ist schaurig schön. Sehr atmosphärisch. Das Ende ist etwas abrupt. Die Protagonistin ist sehr farbig beschrieben. Man trennt sich ungerne von ihr. Die Story werde ich garantiert nochmal lesen.
:thumbsup:

 

Hallo Theodore,

Danke fürs Lesen. Das Ende kam mir selbst auch etwas abrupt vor, werde es mir die Tage noch mal vor nehmen.

Man trennt sich ungerne von ihr.
... das freut mich

Pe

 

Hallo petdays!

Nach langer Zeit mal wieder eine Geschichte von dir, ich freu' mich! Eine Zwangs- oder eine selbstgewählte Pause deinerseits?

Zunächst vorweg: Mir hat die Story gefallen, wahrscheinlich wieder weil sie sich so schön vom Einheitsbrei hier abhebt. Ich fürchte allerdings, sie wird deshalb auch nicht allzu viele Freunde hier finden (wäre schön, wenn ich mich täuschte :D )
Tja, wo fange ich an? Wieder mal der typische petdays-Stil, ich fragte mich die ganze Zeit, an wen mich der Stil erinnert? Simenon (wie schreibt der sich??) mit seinen Maigret-Romanen? Nein, ich weiß nicht. Auf jeden Fall breitest du eine Fülle an Details vor dem Leser aus, dass dieser sich kaum sattsehen kann. (Ich glaube, genau in diesem Fakt liegt auch ein Manko: du schilderst die Details alle gleichwertig, wichtige und unwichtige, solche, die überhaupt nichts zu sagen haben und solche die überaus wertvoll sind - alle stehen sie nebeneinander; der Leser kommt durcheinander)

Doch es ist wie ein Rausch, wenn man deiner Protagonistin folgt durch die Stadt, die Läden, auf der Flucht vor ihrem Verehrer in das Schwimmbad. Und man lernt sie kennen dadurch. Ich für meinen Teil bin immer noch neidisch auf dein Talent, Alltagssituationen genau zu beschreiben.

Die Rochendame :D spukte natürlich immer noch in meinem Gehirn herum. Und zumindest auf den ersten anderthalb Seiten dieser Erzählung passiert genau das, was ich dir in der Rochendame vorhalten wollte. Innerhalb eines Absatzes springst du manchmal von einem Thema zum anderen. Du packst zuviele Informationen in zuwenige Sätze. Das verwirrt und schreckt zumindest ab. Außerdem setzt du zuviel voraus beim Leser (manchmal). Du wirfst Fakten ein, die keinen Zusammenhang mit anderen haben, die man nicht einordnen kann. Schwer, diese dann zu deuten.

Aber, wie gesagt, das war der Anfang. Dann folgte der Spaziergang durch die Stadt und das Abenteuer im Bad. Spitze.

Dann allerdings, wenn du wieder zur Geschichte zurückkommst, das heißt, wenn du die Story vorantreiben musst, lässt der Text wieder etwas nach, finde ich. (Obwohl er immer noch um Längen besser ist, als so manches Geschreibsel hier momentan!)

Das Ende hatte dann wieder etwas Daphne-du-Maurier-mäßiges. Ich glaube, die Dame hatten wir beide auch schon vor. Nebenbei, in den Alltag verwoben, das Grauen. Wobei mir die Auflösung ein ganz klein bisschen an den Haaren herbeigezogen vorkam.

Ich habe mir Stellen angestrichen im Text:

Er stand nur wenige Meter von mir entfernt. Ein gut angezogener Mann in hellem Mantel. Belustigt verfolgte er mein immer hektischer werdendes Stöbern.

HS.HS.HS. Stupide zu lesen und auf alle Fälle eleganter zu lösen, denke ich.

in eine abgerundete Welt parkender, eingeschneiter Autos

Eigentlich wollte ich dies angeben als eine Formulierung, die mir nicht genau genug ist. Nach Überlegen aber komme ich zu dem Schluss, dass sie besser kaum sein könnte.

Melancholie habe ich mir notiert während Marianne in das Schwimmbad kommt.

und Gudrun, ..., die ihm attestierte und ...

Da meintest du sicher assistierte.

Ich tauchte an auf und abschwingenden Beinen Wassergymnastik treibender Damen vorbei,...

Rein formal ist dieser Satz nicht falsch, doch er ist schrecklich zu lesen. Du musst ja immer dran denken, der Leser weiß nicht, was du sagen willst, wenn er mit dem Satz beginnt. Dann liest er: Ich tauchte an auf und . Das ist ziemlich merkwürdig. Du hast einige sehr komplizierte Wendungen drin, die es meiner Meinung nach auszumerzen gilt.

dass er so heimlich sang- und klanglos verschwunden war.

So, so. Heimlich ist er verschwunden, und dazu noch sang- und klanglos. :D

würde ichmir das nie verzeihen - nicht bis zum Rest meines Lebens.

He-He. Entweder bis zum Ende des Lebens oder für den Rest des Lebens.


Ich hätte noch so viele Anmerkungen zu dem Text - positive (in der Mehrzahl) wie auch negative. Aber - keine Zeit!

Hat mich auf jeden Fall gefreut, wieder was von dir zu lesen. Und ich freue mich auf mehr von dir!

Bis zum nächsten Mal dann also.

Viele Grüße von hier!

 

Hallo ihr Beiden,

Danke fürs Lesen!

@Hanniball

Innerhalb eines Absatzes springst du manchmal von einem Thema zum anderen. Du packst zuviele Informationen in zuwenige Sätze. Das verwirrt und schreckt zumindest ab. Außerdem setzt du zuviel voraus beim Leser (manchmal). Du wirfst Fakten ein, die keinen Zusammenhang mit anderen haben, die man nicht einordnen kann. Schwer, diese dann zu deuten.

>>> Da könntest du Recht haben. Ich finde es schwer, die Balance zu finden zwischen Verdichtung und Informationsüberflutung.

Deine Anmerkungen habe ich schon umgesetzt. Vielen Dank dafür.

Simenon (...weiss auch nicht, wie man ihn jetzt richtig schreibt :D). Ich finde seinen Stil in seiner Klarheit und Effizienz sehr beeindruckend und er schafft es sehr elegant Zeitbezug und Zeitlosigkeit miteinander zu verknüpfen.

@ Blackwood

...Details.
Eine gewisse, dabei effizient handgehabte Ausführlichkeit mag ich auch bei anderen Autoren gern, weil es die Glaubwürdigkeit erhöhen kann. Aber es kommt immer auf die Dosierung an.
Vielleicht sollte ich mal zu Übungszwecken einen detailfreien Text schreiben. :D

Vielleicht lässt Du schon von Anfang an Deine Prot. ein klein wenig mit dem Mann kokettieren – ein unwillkürliches, eigentlich nicht gewolltes ‚Augenzwinkern’ vielleicht? (-> wie konnte mir das nur passieren? Was soll er jetzt von mir denken?)
Etwas dergleichen würde mir jedenfalls die Beharrlichkeit etwas einleuchtender machen.
> Könnte interessant sein. Werde ich die Tage mal drüber nachdenken.

Kassenszene.
Mich stört´s nicht so. Werde ich mir aber auch noch mal genauer anschauen.

vielleicht, weil mir das Bild der Filteranlage fehlt? Ich kenne nur die ganz, ganz kleinen Löcher mit Schutzblech davor.

Ein Wellenbad hat auf einer Seite diese ganze – nun ja – Wellenmacher-Apperatur (wie immer das jetzt im Fachjargon heißt), und die ist mit dicken Eisenstangen und einem Drahtgitter gesichert. Vielleicht ist das der bessere Ort, eine Bademütze zu finden?

>> Guter Hinweis! Werde den Punkt noch mal nachrecherchieren.

 

Vielleicht sollte ich mal zu Übungszwecken einen detailfreien Text schreiben.

Bitte nicht, gibt schon genug davon hier!

:dozey:

 

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