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Voyeur

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23.01.2014
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Voyeur

Abends ging er zu den Mündern, zu den Zungen, die sich ineinander verschlangen, zu Händen, die sich unter Röcke schoben, die tasteten, fühlten, forderten.
Er wusste, was sie suchten, er wusste, wann sie ihr Ziel erreichten, erkannte es an ihren Seufzern und an ihren Schenkeln, die sich öffneten, Finger, die über seinen Schritt glitten, nein, nicht seinen, den des anderen, Finger, die streichelten, erregten, ihr Kopf, der sich senkte und hob und senkte, entblößte Haut, hell in der Nacht, manchmal beschienen vom Mond, ihre Arme, die sich um seinen Hals schlangen, wenn sie sich auf ihn setzte, ihr kreisendes Becken. Stoßen, heben und senken, Laute, manchmal erstickt, manchmal verhalten, manchmal sich Bahn brechend.
Er fasste sich nie an dabei. Aber er drang mit ein. Fühlte die Weichheit, in die der Andere sich zwängte. Ihre Lust trieb ihm das Blut in den Schwanz, ließ ihn pulsieren, sich aufbäumen. Er lieh sie sich. Lieh sich die anderen Hände, die das warme Fleisch unter ihrem Shirt kneteten, lieh sich seine Fingerkuppen, die Brustwarzen streichelten, rieben.
Hier, in seinem Gebüsch, fasste er sich niemals an. Erst danach, zu Hause, im Dunklen seines Schlafzimmers, lieh er sich mit geschlossenen Augen nochmal ihre Lust, ihr Leben.

Er ging immer den gleichen Weg, verließ seine Wohnung etwa eine halbe Stunde vor Einbruch der Dunkelheit, im Sommer später, im Frühling und im Herbst früher. Der Winter war die Zeit der vergeblichen Hoffnung, im Frühjahr ein anderer zu sein. Aber jetzt war Sommer.
Er trug Sportschuhe, die seinen Gang leise machten, ein zahnloser Tiger, der zwar nicht mehr das Erbeuten, aber das Anschleichen beherrschte. Meistens trug er eine bequeme Hose, ein kurzärmliges Hemd, beides in dunklen Farben, die in der Nacht verschwanden.
Sein Weg führte ihn vorbei an einem Abenteuerspielplatz mit verzweigtem Klettergerüst und einem Gestrüpp aus Seilen, er überquerte die Hauptverkehrsstraße an einer Ampel, betrat den Park, folgte einem Kiesweg. Manchmal war noch Zeit für eine Zigarette, wenn es noch nicht ganz dunkel war, bevor er seinen Ort aufsuchte. Seinen Platz und den von Frauen und Männern, die draußen in einer warmen Sommernacht ungestört sein wollten.
Ein Gebüsch hinter einer einsamen Bank, ein vergessener Ort, zugewachsen, tagsüber kaum besucht, weil große belaubte Bäume ihm die Sonne und die Aussicht nahmen.
Ausharren voller Ungeduld, voller Vorfreude, voller Verzweiflung, ohnmächtiger erregender Scham.
Heute musste er lange warten. Es war lau und einladend und sternenklar und voller lüsterner Schwüle. Die Unbequemlichkeit, das Stillhalten gehörten dazu. Manchmal hatte er, während er wartete, die Vision, Sarah würde mit einem Lover auftauchen. Ihm noch einmal zeigen, was er damals gesehen hatte, als er nach Hause kam. Erst geahnt, dann erlauscht, dann durch den Türspalt erlebt. Das Bild, sie kniend, ihr Hinterteil ihm, dem anderen, zugereckt, die anderen Hände, die sich in das Hüftfleisch seiner Frau krallten. Ihr Keuchen, das er geglaubt hatte zu kennen und das sich ganz anders anhörte. Fremd. Wie bei den Paaren auf der Bank vor ihm.

Eine Frau und ein Mann schritten über die Wiese und näherten sich der Bank, setzten sich eng aneinander. Sie flüsterten nur, ihre Worte drangen nicht bis zu ihm. Sie ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken. Sein Arm legte sich um sie. Manchmal waren sie ganz still und er achtete darauf, sich nicht zu bewegen. Als ein Wind und eine kleine Nachtkühle aufkamen, zog der Mann seine Jacke aus und legte sie über ihre Schultern. Sie gingen nicht, sie taten nichts, sie blieben einfach. Irgendwann drehte der Mann seinen Kopf zu ihr, zog sie noch ein wenig enger an sich und küsste sie.
Seine Beine schmerzten, sein Hintern auch. Die beiden unterbrachen die Nachtstille kaum noch mit Worten, und ebenso still musste er sitzen.
Sie waren nicht gekommen, um etwas zu tun. Sie waren gekommen, weil die Nacht lau und schön war. Und weil es herrlich war für sie, an diesem verträumten Ort zu sitzen. Weil es nichts Schöneres für sie gab, als sich nah zu sein, als miteinander allein zu sein. Weil sie fühlten, dass alles ihnen gehörte, der Ort, die Zeit, das Leben, das vor ihnen lag.

An diesem Abend spürte er etwas, was er an diesem Ort noch nie gespürt hatte. Nicht nur seine steifen, unbewegten Glieder, in denen kaum mehr Blut zirkulierte. Er fühlte die Erniedrigung, die Scham, die Einsamkeit, die seine war, die ihm gehörte.
Die halbe Nacht war verstrichen, endlich standen sie auf, gingen ohne sich aus den Armen zu lassen.
Er blieb noch eine Weile in seinem Versteck. Dann kroch er aus dem Buschwerk, setzte sich auf die Bank, die dort, wo sie gesessen hatten, noch warm war. Und irgendwo tief im Inneren dieses Berges von Traurigkeit, der sich auf ihn gelegt hatte, spürte er, dass etwas begonnen hatte, sich Bahn zu brechen. Schmerzen, die seine waren.

 
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Erotik in Minga...na gut, raus damit. Es ist sakrisch schwer, @Maedy.
Und wie ich gesagt habe...wenn, dann geht nur was Kaputtes. :-)

 

Lieber @wander, ihr seid ja wahnsinnig schnell ... Ich werde noch eine Weile brauchen, sowohl für eure Geschichten, als auch für meine eigene. Sorry, der Sommer zieht mich weg von Bildschirm und Papier & Stift ;) Aber ich habe es auf jeden Fall auf dem Schirm und melde mich sobald ich kann.

 

Mich zieht der Sommer auch, @RinaWu. Darum wollte ich auch nicht mehr lang feilen und hab den Text rausgehauen. Aber bloß keinen Stress! :-)

 

Lieber @wander,

der Himmel ist komisch heute, so 'ne graue Suppe, im Büro ist es ausnahmsweise mal ruhig, also ran an deine Geschichte ...

Abends ging er zu den Küssen, zu den Zungen, die sich ineinander verschlangen, zu Händen, die sich unter Röcke schoben, die tasteten, fühlten, forderten.
Ich finde ja, du bist echt gut darin, Geschichten anders anzufangen, als ich persönlich es gewohnt bin. Das gefällt mir. Auch hier, das ist irgendwie ein verquerer Satz, aber doch gut. Die Küsse, die Zungen, die hier ja personalisiert wirken, das klingt erstmal komisch, macht aber Sinn, auch in Bezug auf die Distanz, die hier aufgebaut wird und zum Inhalt passt, zu diesem Typen, der alles von außen betrachtet.

Er fasste sich nie an dabei. Aber er drang mit ein. Fühlte die Weichheit, in die der Andere sich zwängte. Ihre Lust trieb ihm das Blut in den Schwanz, ließ ihn pulsieren, sich aufbäumen. Er lieh sie sich. Lieh sich die anderen Hände, die das warme Fleisch unter ihrem Shirt kneteten, lieh sich seine Fingerkuppen, die Brustwarzen streichelten, rieben.
Niemals fasste er sich an in seinem Gebüsch. Erst danach, zu Hause, im Dunklen seines Schlafzimmers, lieh er sich mit geschlossenen Augen nochmal ihre Lust, ihr Leben.
Diesen Absatz finde ich am stärksten. Das geliehene Leben, die geliehene Lust der anderen. Eine Distanz, die ihn schützt, die ihn davor bewahrt, verletzt zu werden, Risiken einzugehen, gleichzeitig macht sie ihn natürlich wahnsinnig einsam. Ich mag die Tragik, die sich hier unter das Sexuelle mischt.

Der Winter war die Zeit der vergeblichen Hoffnung, im Frühjahr ein anderer zu sein.
Richtig gut!

Manchmal hatte er, während er wartete, die Vision, seine Ex würde mit einem Lover auftauchen. Ihm noch einmal zeigen, was er damals gesehen hatte, als er nach Hause kam. Erst geahnt, dann erlauscht, dann durch den Türspalt erlebt.
Das ist echt interessant. Fühlt er sich betrogen oder erregt? Oder vielleicht beides und genau das verwirrt ihn? Zumindest scheint diese Situation ja der Auslöser für sein voyeuristisches Handeln gewesen zu sein, wenn ich das richtig verstehe.

Er hatte sich einer Therapie unterzogen. Aber es war nicht weggegangen. Nie! Er wollte es doch gar nicht weg haben, er wollte es nicht wieder selbst tun. Er wollte es sehen, unbemerkt eindringen in die Zweisamkeit Fremder. Sich spüren dabei, sich lebendig fühlen.
Würde ich streichen, ich finde, dieser kleine Absatz tut nichts für den Text ...

Sie waren nicht gekommen, um etwas zu tun. Sie waren gekommen, weil die Nacht lau und schön war.
Autsch, das ist ne gute Wendung! Die Paare zu beobachten, wie sie Sex haben, ist einfach für ihn einzuordnen, es geht um Triebbefriedigung, um Lust, um körperliches Verlangen. Die beiden nun dort zu sehen, wie sie genau das NICHT tun, sondern vielmehr eine andere Art von Nähe zu genießen scheinen, das geht tiefer, das trifft ihn an einer Stelle, die er vielleicht weggeschoben hat, die er versteckt hinter dem Trieb.

Kurz und knackig ist sie, deine Geschichte, ich habe sie gerne gelesen.

Ich habe gestern mit meinem Text begonnen ... Das kann ja was werden :susp: Aber macht auch Spaß, ist auf jeden Fall ne Herausforderung.

Bis ganz bald,
RinaWu

 

Danke, @RinaWu,
ich freu mich, dass du den Text magst. Irgendwie hab ich das Thema verfehlt damit. Er ist nicht sehr erotisch. ;-)
Danke auch, dass du mir beim Streichen hilfst. Was raus muss, muss raus.
Bin jetzt sehr gespannt auf deinen....
ja, bis bald.
wander

 

Irgendwie hab ich das Thema verfehlt damit. Er ist nicht sehr erotisch.

Naja, @wander, Ziel war ja nicht, einen Text zu schreiben, der ausschließlich erotisch ist, sondern der Erotik enthält und auch durch sie motiviert ist. Und ich finde, das hast du schon geschafft.

 

Ich wusste gar nicht so genau, was "Ziel" ist. :-)))))))))))))

 

Gewonnen hat, dessen Story von Webby gesperrt wird ;) . Lieber @wander, von mir gibt es auch noch Ausführliches. War die Tage etwas viel unterwegs. LG

 

"Ziel" war - so dachte ich - zu üben, was man nicht so gut kann, bzw. wovor man immer abhaut, weil man es für zu schwierig erachtet. Das ist zumindest meine Challenge ;)

 

Wow, wander, war wunderbar

deine kleine Geschichte.
Hat mir gut gefallen.

Details:

auf ihn setze
setzte

Becken. stoßen,

sich Bahn brechend.
bahnbrechend

Niemals fasste er sich an in seinem Gebüsch.
:rotfl:

Ein Gebüsch hinter einer einsamen Bank,
Noch ein Gebüsch, das er niemals anfasste? :rotfl:

Ihm noch einmal zeigen, was er damals gesehen hatte, als er nach Hause kam.
Ah, deshalb ...

Sie waren nicht gekommen, um etwas zu tun. Sie waren gekommen, weil die Nacht lau und schön war. Und weil es herrlich war für sie, an diesem verträumten Ort zu sitzen. Weil es nichts Schöneres für sie gab, als sich nah zu sein, als miteinander allein zu sein. Weil sie fühlten, dass alles ihnen gehörte, der Ort, die Zeit, das Leben, das vor ihnen lag.
Wer sagt/denkt/behauptet das? Perspektive?

er fühlte das Unglück, das seines war, das ihm gehörte.
Sehr schöne Stelle.

Gut geschrieben. Spannend. Miterlebend und mitfühlend.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Ich fass dich auch gleich an in deinem Gebüsch, @GoMusic ! :-))))))))))) Großartiger Kommentar!
"Bahnbrechend" ist etwas anderes als "sich Bahn brechend". Meinst du nicht? Und zu deiner Frage nach der Perspektive in dem zitierten Absatz. Da habe ich tatsächlich auch gegrübelt. Ich habe ja eher selten in einer Geschichte den praktischen "allwissenden" Erzähler. Aber hier ist er da. Die Außenperspektive erlaubt es mir, ihn in seiner "Gefangenschaft" zu beschreiben und dabei irgendwie cool und objektiv zu bleiben. Ich glaube, beim Beschreiben des Erlebens aus Sicht des Protagonisten wäre es in die Hose gegangen. ;-)))

Freu mich, dass du die kleine Geschichte magst.
Lieben Gruß von
wander

 

Gewonnen hat, dessen Story von Webby gesperrt wird ;) . Lieber @wander, von mir gibt es auch noch Ausführliches. War die Tage etwas viel unterwegs. LG
Oje, @Maedy, da bin ich ja mit meinem braven Geschichtchen völlig chancenlos. Aber warten wir mal auf Rina. ;-)
Ich bin tatsächlich hier schon mal wegen "pornisch" kassiert worden. Hab mir schon überlegt, ob ich es mit Rahmenhandlung außen rum nochmal probiere. :-))) Aber Konserven waren ja für die Challenge nicht zugelassen. :-)

 

Hallo @wander
eine sehr schöne Geschichte.
Das Thema an sich ist mir eher unangenehm (platt gesagt, da glotzt einer heimlich hinterm Busch und daheim holt er sich einen runter), aber du bist angenehm wenig wertend da ran gegangen. Dein Protagonist wird nicht als schmieriger Perverser hingestellt, aber auch nicht poetisch verklärt. Es war für mich nachvollziehbar, wie und warum er es tut ohne das über- oder untertrieben wurde.
Und, man es klingt ganz schön anstrengend, Voyeur zu sein ;)

Ich habe folgende Zitat gestern Abend rausgezogen, ich hoffe, sie sind noch aktuell.

Haut, entblößte, hell in der Nacht, manchmal beschienen vom Mond,
ist grammatikalisch bestimmt nicht falsch, aber habe das Wort im Verbund mit den anderen Beschreibungen der Haut als unrund empfunden. Ich hätte es unverändert vor "Haut" verortet, oder als "entblößt" dahinter.
Becken. stoßen,
das Satzzeichen passt nicht oder das klein geschriebene "stoßen"
Er lieh sie sich.
phonetisch klingt die Gruppe "lieh sie sich" nicht so schön.
lieh er sich mit geschlossenen Augen nochmal ihre Lust, ihr Leben
Die Stellen davor mit dem "liehen" fand ich toll, aber bei diesem Letzten hatte ich das Gefühl, als wäre es "zu spät gekommen", weil die Idee mit dem "leihen" oben schon gewirkt hatte.
Er trug Sportschuhe, die seinen Gang leise machten, ein zahnloser Tiger, der zwar nicht mehr das Erbeuten, aber das Anschleichen beherrschte.
Wunderschön diese Verbindung zwischen animalischem Gebaren und modernem Schuhwerk.
Es war lau und einladend und sternenklar und voller lüsterner Schwüle, so fühlte er diesen Abend.
Das "Es war" bildet ja einen Einstieg für die Beschreibung des Abends. Dann kommt hinten aber noch ein "so fühlte er diesen Abend" und das ist ein weiterer Einstieg, also doppelt gemoppelt. Und könnte man dann nicht auch streiten, ob "Es war" und "so fühlte er" sich nicht widersprechen?
Eines der beiden würde mir reichen.

War ein toller Text und die Art und Weise wie du Erotik thematisiert hast, war angenehm zu lesen (vom Fleisch abgesehen, in das sich Männerhände krallen. Ich mag dieses Bild nicht, weil ich darin einen zerstörerischen Akt sehe.)

man liest sich
huxley

 

Aber warten wir mal auf Rina. ;-)
Herrjeminee, das is echt mal ne ganz andere Hausnummer. Bin fast fertig. Wenn ich sie dann hochlade, verstecke ich mich erstmal 'ne Woche vor euch :lol: :sconf:

 
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Hallo @wander ,

also Erotik hast Du meines Erachtens getroffen. Der Begriff ist ja durchaus dehnbar. Ein Voyeur erlebt eben seine eigene Art von Erotik und Deiner kommt mir dabei sehr viel harmloser vor als Jimmys letzter Protagonist, der ja in gewisser Hinsicht auch einer war. Deswegen ist Deine Version der verkrachten Existenz trotzdem Sympathieträger. Er tut niemanden was und hält sich sogar fein zurück (wobei mein Misstrauen da schon geweckt ist, da Voyeurismus statistisch gesehen häufig "Einstiegsdroge" für mehr ist, aber dieses Sonderwissen hat der Durchschnittsleser dann meist doch nicht). Und letztlich, wer im Freien Sex hat, der rechnet doch irgendwie damit, gesehen zu werden oder spielt jedenfalls mit diesem Risiko, das durchaus auch einen erotischen Anreiz haben kann, wie uns viele US-Kinofilme mit Fahrstuhlszenen verklickern wollen.

Ein paar Unstimmigkeiten sehe ich da dennoch im Text.

Abends ging er zu den Küssen, zu den Zungen, die sich ineinander verschlangen, zu Händen, die sich unter Röcke schoben, die tasteten, fühlten, forderten.

Im Gegensatz zu Rina bin ich über diese Stelle gestolpert und sie mag mir immer noch nicht richtig gefallen. Weil: Küssen ist eine Handlung und Zungen, Hände, Röcke sind Objekte oder Subjekte, wie man es halt sehen will. Sprich, ich würde die Küsse rausnehmen oder z.B. durch Münder ersetzen.

Er wusste, was sie suchten, er wusste, wann sie ihr Ziel erreicht hatten, erkannte es an ihren Seufzern und an ihren Schenkeln, die sich öffneten,

An dieser Stelle stellte ich mir den Voyeur hinter einem Gebüsch vor, wie er durch Fenster anderer Leute schaut. Sprich die Verrottung fiel mir etwas schwer. --> :bonk: --> Autokorrektur: Soweit bin ich noch nicht – Verortung.:D

Der Winter war die Zeit der vergeblichen Hoffnung, im Frühjahr ein anderer zu sein.

Der Satz ist sehr schön :huldig:. Steht hier aber so im leeren Raum. Da frage ich mich, welcher andere möchte er denn sein.

Ein Gebüsch hinter einer einsamen Bank, ein vergessener Ort, zugewachsen, kaum besucht untertags, weil große belaubte Bäume ihm die Sonne und die Aussicht nahmen. Jahr für Jahr rechnete er damit, dass die Stadtverwaltung die Bank entfernen würde. Aber sie war immer noch da.

Der Ort hat schon seine Mystik. Die Stadtverwaltung holt mich da aber leicht raus. Zudem – auch wenn der Ort versteckt ist – frage ich mich, warum dort die Leute massenhaft Sex zu scheinen haben. In aller (Halb-)Öffentlichkeit. Selbst in jungen Jahren ist das doch eher etwas für Freaks und Dein Protagonist scheint ja ziemlich oft Glück an dieser Bank zu haben, dort ein Paar im Liebesrausch zu finden. Ferner ist mir noch nicht so ganz klar, warum ihn keiner entdeckt. Ist sein Versteck so obergenial? Hat er es vielleicht sogar schon zurecht gemacht? Trifft er andere Vorkehrungen (dunkle Sachen, Farbe ins Gesicht? Smartphone abstellen nicht vergessen ;) ).

Das Bild, sie kniend, ihr Hinterteil ihm, dem anderen, zugereckt, die anderen Hände, die sich in das Hüftfleisch seiner Frau krallten. Ihr Keuchen, das er geglaubt hatte zu kennen und das sich ganz anders anhörte. Fremd. Wie bei den Paaren auf der Bank vor ihm.

Üble Erfahrung. Schön finde ich das Keuchen, das sich so anders anhört. Erinnert mich daran, dass ich erst letzte Woche jemanden viel Jüngeres erzählt habe, dass jede Beziehung anders ist und ihre eigene Dynamik entwickelt. Das erfährt Dein Protagonist hier mit der Holzhammermethode :thumbsup:

Schmerzen, die seine waren.

Den letzten Satz würde ich weglassen. Ohne diesem wird die Veränderung in Deinem Protagonisten m.E. besser deutlich. Streng genommen entwickelt er an dieser Stelle ja das Gegenteil von dem, was er sieht. Er leiht sich also nichts mehr.

Insgesamt: Ich habe die Geschichte gerne gelesen. Ob sie ein "Mehr" an Rahmenhandlung bedarf? Ich weiß nicht. Ich fände die eine oder andere eingestreute Info sinnvoller, da der Fokus hier eindeutig auf der Szenerie im Park liegt.

Ich bin dann gespannt, was @RinaWu schreiben wird. Ich bin sicher, sie lässt uns alle ganz blass aussehen ...

Liebe Grüße
Mae

 

Lieber @wander , liebe @RinaWu ,

Herrjeminee, das is echt mal ne ganz andere Hausnummer. Bin fast fertig. Wenn ich sie dann hochlade, verstecke ich mich erstmal 'ne Woche vor euch :lol: :sconf:

Ha, die nächste Challenge ist dann das Vorlesen der Geschichten im MLB :silly: :rotfl:

LG
Mae

 

Hallo @Huxley, hallo @Maedy.
Danke fürs Lesen. Ein paar eurer kritischen Gedanken haben gleich in die Geschichte gefunden.
Der letzte Satz, Mae? Da kann ich mich noch nicht zum Sreichen entschließen. Er ist mir schon nochmal wichtig, weil er etwas zusammenfasst oder verdeutlicht. Er spürt seine Schmerzen. Die Betäubung funktioniert nicht mehr. Ist ja eine Art "Happy End" oder Hoffnung.
Liebe Grüße von
wander

 

Hallo @wander,

vielleicht kannst du zum Tag Erotik ja noch einen weiteren hinzufügen, natürlich ist er schon passend und war ja wohl auch Pflicht, aber was mich an der Geschichte mehr bewegt ist am Ende nicht die Erotik selbst, sondern das Gefühl der Verlassenheit und die Einsamkeit deines Prots.
Mir gefällt die Geschichte auch sehr gut, sie hat die richtige Länge und die Sprache passt zu dieser einerseits ruhigen, melancholischen aber eben doch aufgewühlten Stimmung.

Sprachlicher Kleinkram:

Abends ging er zu den Mündern, zu den Zungen, die sich ineinander verschlangen, zu Händen, die sich unter Röcke schoben, die tasteten, fühlten, forderten.
Keine Ahnung, für mich klingt das seltsam: Sie verschlangen sich … Mehr nach gegenseitig auffressen.
Finger, die über seinen Schritt glitten, nein, nicht seinen, die des anderen, Finger, die streichelten, erregten,
Hier ist mir das bissel zu kompliziert. Ich glaube ja, zu verstehen, wie du es gedacht hast, aber den des anderen, also, über den Schritt des andern, würde auch Sinn machen und würde sich vllt. stockfreier lesen
Niemals fasste er sich an in seinem Gebüsch.
Was hältst du davon, das umzustellen: Hier, in seinem Gebüsch, fasste er sich niemals an. Dann kommt es nicht zu unfreiwilliger Komik.
ein zahnloser Tiger, der zwar nicht mehr das Erbeuten, aber das Anschleichen beherrschte.
Der zahnlose Tiger ist schön!
Sein Weg führte an einem kleinen Biergarten-Kiosk vorbei.
Könnte weg
Manchmal noch eine Zigarette, wenn es noch nicht ganz dunkel war,
Es war lau und einladend und sternenklar und voller lüsterner Schwüle, so fühlte er diesen Abend.
Das Kursive vllt auch entfernen, die lüsterne Schwüle genügt, um klarzumachen, dass es sein Eindruck ist
Manchmal hatte er, während er wartete, die Vision, seine Ex würde mit einem Lover auftauchen.
Ich finde Ex für die restliche Sprache des Texts zu schnoddrig, das passt irgendwie nicht, vllt. kannst du ihr einfach einen netten Namen geben, und danach wird dann ja eh gleich klar, dass es sich um seine Verflossene handelt
Sie flüsterten nur, ihre Worte drangen nicht bis zu ihm. Sie ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken. Sein Arm legte sich um sie.
Irgendwann drehte der Mann seinen Kopf zu ihr, zog sie noch ein wenig enger an sich und küsste sie.
Sein Hintern schmerzte,
Ich weiß, der Hintern vom Prot und nicht der vom Mann, aber trotzdem. Vllt.: Es wurde unbequem im Gebüsch, sein Hintern …
seine Beine auch. Die beiden unterbrachen die Nachtstille kaum noch mit Worten,
Das sind mir ja mal zwei, die beiden Beinchen … :lol:
Nicht nur seine steifen[,]unbewegten Glieder,
Komma nach steifen, aber der Assoziation halber vielleicht auch beide Wörter vertauschen
er fühlte das Unglück, das seines war, das ihm gehörte.
Weil du die seine waren schon als letzten Satz hast, der mir übrigens sehr gefällt, das dann hier vielleicht raus?
Schmerzen, die seine waren.
Genau. Hier ist es dann stärker.
setzte sich auf die Bank, die in der Mitte, da wo sie gesessen hatten, noch warm war.
nichts falsch, aber in dieser Reihenfolge hat es bei mir dazu geführt, dass ich dachte, es stehen plötzlich drei Bänke nebeneinander, und er nimmt eben die in der Mitte …
Vllt. … die dort, wo sie gesessen hatten …

Das war’s, ich habe es sehr gern gelesen, wander.

Viele Grüße von Raindog

 

Danke, liebe @Raindog, für deinen Kommentar. Besonders für die ersten Zeilen. Natürlich ging es mir in erster Linie um die Einsamkeit, die Verlassenheit. Und auch um den positiven Ausblick. Dass er diesmal etwas ganz anderes erlebt hat, als das Erwartete und Erhoffte, hat etwas in ihm bewirkt. Drum möchte ich auch dieses doppelte "die seine waren..." drin lassen.
Viele deiner Korrekturvorschläge sind schon eingearbeitet. Mit den Zuordnungen habe ich schon aufgepasst. Aber nicht höllisch genug. Mit manchem, das man grammatisch zweideutig verstehen kann, kann ich leben.
Die unfreiwillige Komik....Wow....da bin ich ja reingerasselt. Das Gebüsch ist beseitigt oder zumindest entschärft. :) Beinchen und Hintern habe ich vertauscht. Wenn ich die steifen, unbewegten Glieder auch vertauschen würde, wie du vorschlägst, säße ich ja wieder drin.:D
Du hast Recht mit dem weiteren Tag. Aber welchen?
Danke nochmal und ganz herzlichen Gruß von
wander

 

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