Was ist neu

Vyrroc-Paraphilie

Seniors
Beitritt
15.04.2002
Beiträge
4.219
Zuletzt bearbeitet:

Vyrroc-Paraphilie

Krallen strichen über seine Haut. Abertausende Härchen richteten sich auf. Zahnreihen wanderten von der Schulter bis zur Hand. Dann schloss sie ihr Gebiss. Zähne durchdrangen Haut und Fleisch. Langsam zermalmten die Kiefer seinen Knochen. Er schrie.


»Muss verreisen ... weil ...« Karne ließ den Satz unvollendet. Sein Sohn Volt hörte sowieso nicht ihm zu, sondern PlayBLive, das auf der Mattscheibe waberte. Vyrroc im Quiz gegen Menschen, letztere vertreten durch einen dicken englischen Rentner. Der Außerirdische konnte eine Frage über die Reality-Soap VeggieFort nicht beantworten. Sein schwarzer, schuppiger Schädel zuckte abwechselnd nach links und rechts. Der Engländer kicherte und bekam ein rotes Gesicht.
Volt hätte lieber übers Netz eine Runde RunThemDown gezockt, aber der Rechner seines Vaters war zu alt dafür. Der Junge warf einen Blick auf sein Mobiltelefon. Noch zwei Stunden, dann durfte er wieder nach Hause. Er hasste die wöchentlichen Besuche bei seinem Vater. Nicht nur wegen des veralteten Rechners.
»Aufs Klo«, sagte Volt und sprang auf. Er schlängelte sich um den zerschlissenen Sessel mit den leeren Pizzaschachteln und stakste über einen Wäschehaufen hinweg. In der winzigen Toilettenkabine schloss er sich ein, klappte den Deckel hoch und setzte sich. Innen an der Tür hing ein Poster von Tira Young. Neben sich auf dem Boden entdeckte Volt einen Vyrroc-Manga – ein Original. Volt kannte nur die übersetzten Versionen, weil er die Schrift der ETs nicht lesen konnte. Die gezeichneten Außerirdischen auf dem Titelbild waren keine der Comic-Helden, die er kannte. Aber einer trug eine kompliziert aussehende Waffe. Der Junge schlug das Heft auf. Sein Blick wanderte über die Panels. Egal, dass er die Schrift nicht verstand. Er blätterte um. Seine Augen wurden groß. Eilig schlug er den Band zu und ließ ihn fallen.
Kurz darauf stand er auf und bediente die Toilettenspülung. Sein Blick fiel erneut auf den Manga. Er griff danach und schob ihn unter seinen Pullover. Sein Herz klopfte, als er zurück ins andere Zimmer ging und sich wieder PlayBLive widmete. Sein Vater stopfte Sachen in einen Rucksack. Der Engländer hatte eine Reise nach Vyrroc gewonnen und verspritzte den Inhalt einer Sektflasche auf die Assistentin des Moderators und auf seinen unterlegenen Kontrahenden.


»Wie wars?«, fragte Esme ihren Sohn, der es sich unter seiner Thundersting-Daunendecke bequem machte.
»Cool«, sagte Volt kurz angebunden und gähnte. Es war ausnahmsweise keine Lüge, aber seine Mutter rechnete mit keiner anderen Antwort, und der Junge wollte sie nicht nerven.
Seb trat in Volts Zimmer. Er hatte den obersten Knopf seines Hemdes geöffnet und hatte eine Blümchen-Krawatte von Antonioni in der Hand. Er war heute von einer Geschäftsreise nach Vyrroc zurück gekommen. Sein Gesicht war gezeichnet von Reisestress und zuviel Arbeit.
»Willst du dem Jungen auch gute Nacht sagen?«, fragte Esme.
»Wie sieht das hier eigentlich aus?«, grunzte ihr Freund. Volt zuckte leicht zusammen.
»Wird Zeit, dass du mal lernst, was das Wort Ordnung bedeutet«, meinte er.
»Lass ihn doch«, sagte Esme leise, »er ist müde.«
»Widersprich mir nicht«, zischte Seb. Er trat an Volts Bett. »Du stehst auf und räumst auf«, fuhr er ihn an.
»Lass ihn«, rief Esme.
Volt machte keine Anstalten, aufzustehen. Seb zog ihm die Decke weg. Der Comic landete flatternd direkt vor seinen Füßen.
»Was haben wir denn hier?« Seb hob das Heft hoch und schlug es auf. Für einen Moment fehlten ihm die Worte.
»Lass ihn doch«, wiederholte Esme, die sich am Türrahmen festhielt.
Seb schluckte. Seine Wangenmuskeln zuckten wie Froschschenkel unter Strom.
»Wenn ich sowas noch einmal bei dir sehe, nehme ich dir den Computer weg«, sagte Seb. Eine schlimmere Drohung gab es nicht. Er drehte sich zu Esme um. »Dein Sohn ist krank.« Er griff nach ihrem Oberarm und knallte die Zimmertür zu.
Einige Minuten später hörte Volt rhythmische, spitze Schreie aus dem Schlafzimmer.


Ein Abenteuer. Eine andere Wirklichkei. Vyrroc-Realität. Karne fühlte sich völlig fremd hier im fossé gris, Rue Laruelle 4, Lüttich, Belgien. Den Blick umher schweifen lassen ... manche Umrisse wurden zu gebeugt sitzenden Menschen, die meisten zu Vyrroc. Einige blieben unidentifizierbar. Genauso die fremde Musik. Klang wie mehrere Metal-Hymnen gleichzeitig. Süßer, kalter Qualm.
Die Bedienung war ein Vyrroc. Zwischen seinen dunkelgrauen Hautschuppen klemmten blaue und schwarze Stoffstreifen – Körperschmuck oder Statussymbol. Seine Zahnreihen klackerten, als er Karne auf Französisch ansprach. Der konnte nur vermuten, was der Außerirdische gesagt hatte.
»German. Give Beer«, entgegnete Karne stakkatohaft.
Der Vyrroc grunzte und ließ mit einer geschmeidigen Bewegung eine Flasche Amstel auftauchen, die er vor Karne auf die Theke stellte.
Karne nahm einen tiefen Schluck. Das Bier war warm. Vyrroc vertrugen keine kalten Getränke. Aber sie vertrugen sich mit den Menschen. Karne fand das erstaunlich. Er vertrug sich nicht mit den Menschen. Er starrte auf den Aufkleber an der Bierflasche. Knibbelte ihn ab.
»Ycrr.«
Karne fuhr herum. Der intime Vyrroc-Gruß.
Es war Zvire. Er erkannte sie sofort. Leicht zitterte seine Hand, als die Außerirdische sie umfasste, um ihn mit sich zu ziehen. Zwischen den Umrissen an den Tischen hindurch. Zu einer kleinen Tür im Schatten. Eines dieser EU-Poster mit einer Frau und einem Vyrroc, die einander die Hand reichten, hing an der linken Wand. Rechts ging es eine Treppe hinunter. Die Geräusche blieben zurück, als die Vyrroc Karne durch den Keller führte. Es roch nach Schimmel. Niedrige Blechtüren links und rechts. Irgendwo tropfte Wasser. Zvires Schuppen knarrten, als sie ihn in eine unbeleuchtete Nische schob. Er spürte Holzbalken an seiner Seite. Roch Zvires Atem. Da waren plötzlich Ketten aus blankem Metall. Scharfe Krallen auf seiner Haut.


Es war still in der Wohnung, aber draußen war es schon hell. Volt kletterte aus dem Bett, zog sich Socken an und lief in die Küche. Er schob eine Karstadt-Tüte zur Seite und öffnete den Kühlschrank. Der Junge wählte einen blauen Energy-Drink und setzte sich auf den nächsten Küchenstuhl, der mit rot-weißem Blümchenmuster bezogen war. Er nahm einen Schluck von dem süßen Getränk. Dann fiel sein Blick wieder auf die Karstadt-Tüte zu seinen Füßen: Altpapier. Er blätterte gelangweilt durch die zerrissenen Reklameblättchen – und stutzte. Ungläubig zog er den Comic hervor, den Seb ihm gestern abgenommen hatte. Sein Herz begann sofort heftig zu klopfen. Er horchte, aber es war immer noch kein Geräusch von seiner Mutter oder ihrem Freund zu hören. Schnell huschte er mit Flasche und Manga zurück in sein Zimmer und in sein Bett. Er bereitete sich darauf vor, das Heft beim ersten Geräusch in der Wohnung in der Ritze zwischen Bett und Wand verschwinden zu lassen. So leise wie möglich blätterte er die Seiten um. Seine Augen sogen die fremdartigen Bilder auf. Er sah Vyrroc, und Menschen. Er konnte die Schrift nicht lesen, aber er verstand trotzdem. Schließlich kam er atemlos auf der letzten Seite an. Rechts unten hatte jemand etwas mit einem Kugelschreiber notiert. Diese Zeichen konnte Volt entziffern, und er wusste auch sofort, worum es sich handelte: Um die Zugangsdaten zu einem Internet-Forum.


Das Männerklo im Bahnhof Lüttich Guillemins stank. Karne kauerte in einer der Kabinen. Seine linke Hand hatte er in Klopapier gewickelt. Ihm war kalt, er war verkrampft und hungrig, er hatte nicht geschlafen. Er zitterte. Draußen urinierte jemand an die Wand über der Bodenrinne. Das Plätschern übertönte seinen schweren Atem. Die Tür klapperte, dann war es still. Das Schwein hatte sich nicht einmal die Hände gewaschen. Vermutlich ein Geschäftsmann, überlegte Karne. Gleich gibt er seinem Vorgesetzten die Hand. Karne schnaubte.
Er fasste einen Entschluss. Langsam und mit unbeholfenen Bewegungen entfernte er das Klopapier. Er verzog das Gesicht, nahm neues Papier und wickelte seine Hand wieder ein. Den Rest spülte er ins Klo. Er holte tief Luft und verbarg die Linke in der Jackentasche.
Kurz nach neun Uhr verließ Karne seine Kabine. Es war Samstag, daher war auf dem kürzlich renovierten Bahnhof nicht viel Betrieb. Alles war voller bunter Werbung. Viele Plakate zeigten lächelnde Menschen und freundliche Vyrroc. Sie sahen darauf aus wie Erlöser, mit Lichtkränzen und sonnigem Glanz auf ihren Körperplatten.
Karne fand eine Apotheke und kaufte Verbandszeug und Paracetamol für knapp acht Euro. Ein Stück weiter fand er McDonalds und kaufte sich Burger und Cola.
Draußen regnete es. Nach kurzer Überlegung ging Karne zurück in sein Klo. Sofort fielen ihm die Blutspuren auf den weißen Kacheln auf. Er versuchte, sie wegzuwischen. Dann verband er seine Hand, nahm zwei Tabletten und aß den Burger. Kurz darauf meldete sich sein Handy. Es war eine Nachricht von Zvire. Komm heute wieder. Das zweite ist immer das beste.
Karne holte tief Luft. Er spürte, dass er lebte.
Ja.


Seb und Esme waren auswärts essen. Volt hatte ungeduldig gewartet und so getan als würde er fernsehen, bis die beiden endlich verschwunden waren. Am Fenster hatte er sich vergewissert, dass sie wirklich abgefahren waren.
Der Junge holte den Comic aus seinem Versteck und setzte sich vor den Rechner. Er rief das Forum auf, dessen Adresse auf die letzte Seite gekritzelt war. Benutzername und Passwort standen ebenfalls da. Volt tippte sie ein und wartete gespannt. Er war etwas enttäuscht, als er nur eine Liste von Textbotschaften sah und keine Bilder. Fast hätte er gelangweilt die Seite verlassen, dann fiel ihm ein kleines Symbol auf: Eine der Botschaften enthielt offenbar ein Bild. Er klickte. Auf dem Display erschien eine Vyrroc. Er las den Text darunter. Automatisch rückte er näher an den Bildschirm. Langsam wurde es interessant.
Es ist mir als spüre ich dein Fleisch in meinen Kiefern. Du kannst dich nicht bewegen. Die Ketten sind stark. Dein Körper beginnt zu kochen. Spürst du es auch?
Volt las die nächste Nachricht.
Wir sollten uns endlich treffen. Komm zu mir. Ich erwarte dich. Es wird der Höhepunkt deines Lebens.
Es klang wie Unsinn, aber es erinnerte an das Geschehen in seinem Manga. Der Junge schüttelte den Kopf. Dann fiel ihm etwas ein. Er suchte und fand ein Symbol mit der Aufschrift Gesendete Nachrichten. Volt klickte und las, was sein Vater der Vyrroc geantwortet hatte.
Ja, friss mich! Ich kooooommeeeeee!
Wann sollen wir uns treffen?

Nach und nach erreichte er das Ende der Liste. Jetzt wusste der Junge, wohin sein Vater gestern gefahren war. Sein Herz klopfte. Er war sich nicht sicher, ob er alles richtig verstanden hatte, oder ob es nur ein komisches Erwachsenen-Spiel war, das er hier versehentlich verfolgte.
Volt hatte keine Ahnung, was er tun sollte.


Krallen strichen über seine Haut. Abertausende Härchen richteten sich auf. Zahnreihen wanderten von der Schulter bis zur Hand. Und wieder den Arm hinauf. Ihr Gebiss schloss sich, aber nur ein wenig. Karne stöhnte. Er wehrte sich spielerisch gegen die Ketten. Zvire zischte. Er konnte sie riechen. Ihm wurde heiß.
Wieder fuhren ihre Krallen scharf über seine nackte Haut. Die Innenseiten der Beine entlang. Warmes Blut lief an seinen Schenkeln hinab. Ganz leicht nur berührte sie seinen Penis.
Karne wand sich. Überall waren die Krallen, und jetzt auch wieder die Zähne. Es war, als wären es mehrere Vyrroc, nicht nur eine. Diese Frau war eine Künstlerin. Dann war sie an seinem Bauch. Ein Biss. Die Schmerzen! Die Lust!
Er öffnete die Augen. Sah Schemen in der Dunkelheit. Zvire war nicht allein. Da waren noch mehr Außerirdische. Einer war an seinem Arm. Er wollte ihn wegziehen, aber es ging nicht. Der Vyrroc biss ein Stück ab. Eine schlug ihre Kiefer in sein Bein. Sie waren überall. Ihre Zähne waren überall. Karne schrie. Schrie. Schrie ...


Volt fasste einen Entschluss. Er lief zum Telefon und nahm es in die Hand. »Papa, Handy«, sagte er. Das Telefon wählte. Der Junge hielt es sich ans Ohr, während er zurück zum Rechner ging. Zuerst hörte er nichts. Dann sagte eine Stimme: »Der Teilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar.«
Achselzuckend drückte Volt den Auflegen-Knopf und legte das Telefon zur Seite.
Dann wandte er sich wieder dem Bildschirm zu und startete EarthChase 2010. Kurz darauf war er ein Vyrroc, jagte Menschen und zerriss sie in der Luft.
Volt lachte hell auf.

 

A frisst B, ja, wenn man weglässt, dass A ein Alien ist ... und der Sohnemann könnte man in der Tat weglassen. Er ist aber da.

 

Uwe Post schrieb:
A frisst B, ja, wenn man weglässt, dass A ein Alien ist

Eine lesenswerte SF-Story ergibt sich nicht einfach dadurch, dass man eine Horror-Story kopiert und aus einem der Beteiligten einen Alien macht.

Uwe Post schrieb:
und der Sohnemann könnte man in der Tat weglassen. Er ist aber da.

Angeklatscht, ja. Ausgefranster roter Faden. Wie ich sagte.

Um das richtig zu stellen: Ich bestehe keinesfalls auf absolut neuartige Plots und hunderprozentig straffe Geschichten. Aber wenn die Rahmenhandlung nur angeklatscht wirkt und der Plot von eigener Leistung frei ist, dann gehört ein Text in die Sparte "Überflüssig".

Klaus

 

Sternenkratzer schrieb:
dann gehört ein Text in die Sparte "Überflüssig".

Uwe schrieb:
Danke für diese Bermerkung. Ich werde es mir merken.

Ist das der Beginn einer neuen Fehde? :sealed: Ich hoffe nicht!
Überflüssig ist dein Text sicher nicht, wenn auch nicht dein bester :)

zuerst das positive:
Sehr gut gefallen hat mir die Einbettung des Außergewöhnlichen(Gefressen werden von Außerirdischen) in das Alltägliche (Familiendrama Scheidung).
Deine menschl. Prots leben in einer von Außerirdischen besuchten Welt. Diese Tatsache alleine sorgt bei einem jetztzeitigen Leser für einen gewissen Abstand, an dem viele derartige Geschichten sich stoßen und aufgehalten werden. Doch mit besagter Einbettung überwindest du diese Distanz spielend und lässt uns anhand des alltägllichen und bekannten das neue erleben.

Weiteres:
Der Einstieg ist schnell und fesselnd. Zumindest der Charakter des Sohn wirkt dreidimensional und realitisch. Außerdem ist dein Schreibstil wieder mal "astrein". Die Zerfransung, von der Sternenkratzer spricht, ist ja eigentlich nur eine Aufspaltung in zwei Handlungsfäden, und die gefällt mir ganz gut. Zumal sie als stil. Mittel durchaus zulässig ist und hier auch noch interessant (Vater und Sohn nehmen unterschiedliche Rollen ein) umgesetzt ist.

soviel zu den Lorbeeren:
Für mich schwächelt dein Text an zwei Stellen.
1) Der Vater bleibt mir als Leser völlig unklar. Welche Motive treiben ihn an? Ist es nur die Sucht nach einer perversen Form der Befriedigung? Solls ja geben, dann kann ich das aber nicht in der Form nachempfinden.

2) Mit der Einführung des Seb (der wohl früher mal Schwanz geheißen hat - einen Namen, den ich dir spätestens hier an der Stelle um die Ohren geschleudert hätte) bist du doch arg ins Klischee abgerutscht. Man könnte es dir sicher verzeihen, wenn er wichtig wäre. Doch du brauchst ihn ja nicht wirklich, wie du selbst schon zugegeben hast. Er dient dir ja nur als Auslöser von Ereignissen nicht als Handlungsträger. Deshalb ist so ein schwacher Prot nicht zu entschuldigen.
Daher meine Empfehlung hierfür: Rausschmeißen und durch die Mutter ersetzen!


Man könnte noch als dritten Punkt anfügen, dass mir das ganze Zusammenleben der Außerirdischen und Menschen unklar ist. Werden die Menschen nur vom freundlichen Verhalten der Ets getäuscht und dienen sie in Wahrheit als Schlachtvieh? Oder ist das Verhalten des Vaters nur eine neue soziale Spielart?

Wäre schön, wenn du mich in diesen Punkten noch mal aufklären würdest.

Grüße
Hagen

 

Aaalso:
Keine Fehde. Zu Sternenkratzers Kritik braucht man nichts mehr zu sagen. Er hat die Geschichte zu "A frisst B" vereinfacht. Kann man natürlich machen, wenn man den ganzen Hintergrund, der nunmal im Text drinsteht (die "Fransen" des roten Fadens halt) weglässt. Aber er steht nunmal drin. Für mich ist es daher deutlich mehr als "A frisst B". Auf Sternenkratzers Weise kann man die meisten Geschichten zu "A tötet B", "A liebt B", "A bringt sich um" oder "A fickt B" zusammenfassen und banal nennen. Aber er sieht das nunmal anders, und das akzeptiere ich.

Seitdem Seb nur noch eine Nebenrolle spielt, könnte man ihn freilich weglassen. Ich halte es aber durchaus für wichtig, dass Volts Mutter einen Freund hat - und ich mag seine Existenz nicht nur im Nebensatz erwähnen. Er ist nicht von entscheidender Bedeutung für die Geschichte, aber er ist Teil des umfangreichen Hintergrunds, vor dem die Handlung stattfindet. Wenn Du ein Verlierer bist, macht es einen Unterschied, ob die Mutter Deines Kindes mit einem Geschäftsmann (Krawatte!) zusammen ist oder solo! Es gibt noch ein paar Hinweise auf Karnes trostlosen Background. Er ist offenbar arbeitslos und verwahrlost. Das zusammen sollte ein Bild ergeben, welches seinen Antrieb nicht klar erklärt, aber verständlich macht.

Wichtig ist mir, dass die Menschen nicht Schlachtvieh für die Außerirdischen sind. Sie leben wirklich friedlich zusammen, die ganzen Plakate und dergleichen sind keine Täuschung, sondern Ausdruck dessen. Was in der Lokalität in Lüttich abgeht, ist ein Treffen Perverser - beider Rassen (man kann den Titel ja auch in beide Richtungen deuten: Paraphilie der Vyrroc oder Paraphilie mit Vyrroc). Die Schlachtvieh-Sache wäre mir zu platte Banal-SF, sowas schreibe ich nicht ;)

PS: Es hat immer noch keiner erraten, warum ausgerechnet Lüttich...

 

Da ich in bezug auf lüttich nicht die geringste Idee habe, werd ich mal darauf nicht weiter eingehen.

Zu Seb:
Gut, du benötigst ihn als Fassade und als Gegenpart zu Karne. Aber müssen Stiefväter immer auch gleich herrische Schläger sein? Kann Volt ihn nicht vielleicht sogar mögen - marke Seb ist der bessere Vater? Die Mutter wiederum, die abschließen möchte mit ihrer Jugendsünde Karne, kann doch allergisch auf das Comic reagieren, dass sie wieder an ihre vorherige Ehe erinnert.

Diese Ideen sollst du nicht eins-zu-eins umsetzen, aber sie helfen dir vielleicht, das Klischee aus der Textmitte zu vertreiben.


Grüße
Hagen

PS: Schlipsträger sind nicht immer erfolgreiche Geschäftsmänner. Eindeutiger wäre da vielleicht eine Erwähnung einer GEschäftsreise von/nach Vyrroc.

PPS: Hat die Wahl Lüttichs vielleicht damit zu, dass sich unter dieser Stadt ein Höllenschlund auftut, der Dämonen/Perverse/Aliens aller Art schon heute in seinen Bann zieht?
(hab wohl zuviel "Buffy-die Vampirjägerin" geguckt :schiel: )

 

Zement mal. Seb schlägt doch gar nicht. Er ist nur recht autoritär. Das war Schwanz, und der ist raus (unterwegs in eine andere Geschichte). Die Mutter sieht gar nicht genau, was das für ein Comic ist, sie will nur ihren Sohn in Schutz nehmen, deshalb sagt sich auch dreimal "Lass ihn".

Das mit der Geschäftsreise ist eine prima Idee, passt sehr gut, baue ich ein. Danke!

 

Hallo Uwe

Es ist nicht nur A frisst B ;) in dieser Geschichte, die mir gar nicht so pervers erscheint, da der Wunsch gefressen zu werden von Natur aus etwas Erregendes, gerade wenn man jemanden liebt, hat. Dass ausgerechnet Außerirdische den innigen Wunsch des *wiehießernoch* :D erfüllen sollen, ist in meinen Augen überflüssig. Subtiler und sozialkritischer hätte ich es gefunden, wenn er auf einen echten Menschenfresserclub,, der menschliche Fantasien missbraucht, hereingefallen wäre. Gut getroffen fand ich die Vereinsamung des durch Medien desillisiunierten Sohnes, der tatsächlich noch in der Lage gewesen ist, die Vorzüge eines Comics intuitiv wahrzunehmen. Ob du nun darauf hinweisen musst, dass er die Sprache im Comic nicht verstehen muss, um den Sinn zu begreifen? Viele deiner bildhaften Beschreibungen finde ich zu überladen, weil ich als Leser kaum eine Chance habe meine eigene Vorstellungskraft hineinzubringen. Auf das Klischee: Freund poppt Mutter um Frust abzuladen, hättest du verzichten können. Das wirkt zu dick aufgetragen und trotzdem: Ich mochte deine Geschichte. ;)

Goldene Dame

 

Boah, das ist schon das zweite Mal, dass mir vorgeworfen wird, den SF-Aspekt hätte man weglassen können. Hätte man nicht! Es ist eine Übersteigerung. Wie gehen wir mit dem Fremden um? Der eine macht Geschäfte mit ihnen (Seb). Für den nächsten gehören sie selbstverständlich zum Alltag (Volt). Und für einen wie Karne bieten sie eine Möglichkeit der Perversion, die über alles hinaus geht, was er vorher schon probiert hat. Und Du kannst sicher sein, das ist eine Menge.

Die Sexszene ist wichtig für die (ehemalige) Beziehung zwischen Karne und Esme. Sie ist jetzt mit einem erfolgreichen Geschäftsmann zusammen und hat sogar noch guten Sex mit ihm - eine größere Erniedrigung gibt es nicht für einen Ex.

Jedenfalls danke für Deine Meinung! ;)

 

Oje Uwe,
ich will dir gewiss nicht deine Erfahrung in SF absprechen. :( Aber wenn du hier die SF als Überzeichnung unser heutige Gesellschaft sooo überdramatisierst kann ich den Misskredit nicht ernst nehmen. Aber vieklleicht wolltest du ja auch die Komik herausstellen. ;)

Liebe Grüße
Goldene Dame

 

Um Erfahrung in SF geht es doch gar nicht.
Es geht nur darum, dass ich eine SF-Geschichte geschrieben habe, weil es mir gerade um diese Überzeichnung ging. Sonst hätte ich in der Tat eine Gesellschaftsgeschichte schreiben können...

 

Es geht nur darum, dass ich eine SF-Geschichte geschrieben habe, weil es mir gerade um diese Überzeichnung ging. Sonst hätte ich in der Tat eine Gesellschaftsgeschichte schreiben können...
Und warum presst du dann deine Protagonisten in eine Schablone? Gerade weil du hier Schablonen benutzt, wirkt deine Geschichte beliebig austauschbar. Tatsächlich erinnert sie mich sogar an ein Remake von V- die Außerirdischen, das man ins 21. Jahundert und seinen Problemchen bringt.

 

Schablonen?

- Graue Außerirdische, die ganz toll mit den Menschen klar kommen, nur ein paar sind pervers. Das ist differenzierter als in beliebigen Außerirdische-erobern-die-Erde-Filmen, eben nicht schablonenhaft.
- Ein Vater, der Frust und Langeweile mit Perversion begegnet. Kann man als Schablone bezeichnen - oder als realistische Charakterisierung, als überzeichnete Darstellunge eines aktuellen gesellschaftlichen Problems.
- Ein Sohn, der Comics liest und Computerspiele macht. Okay, Schablone. Ist aber auch eine Nebenfigur.
- Ein interplanetarer Geschäftsmann, der sozial untauglich ist, was sich an seinem Umgang mit seinem "Stiefsohn" zeigt. Schablone, von mir aus. Ist aber eine Nebenfigur, die so ins sozialkritische Umfeld passt.
- Und schließlich die Frau, die ist einfach nur schwach; ihr stärkster Moment war vermutlich, als sie den Vater ihres Sohnes verlassen hat. Auch sie ist eine Nebenfigur, und Du kannst sie gerne als Schablone bezeichnen - ich bin sicher, dass sie nichts dagegen hat.

Ich wehre mich gegen die Behauptung, die Geschichte sei beliebig austauschbar. Das hat Sternenkratzer mir auch schon vorgeworfen. Mein Gegenargument ist: Klar, wenn man sich alles wegdenkt, was für die Geschichte wichtig ist, bleibt "A frisst B" übrig. In dieser Vorgehensweise sehe ich allerdings keinen Sinn.

Freilich ist die Geschichte weder komplex noch die Handlung innovativ im Sinne der SF, das war aber auch nicht mein Ziel. Der SF-Plot ist in diesem Fall Mittel zum Zweck, wobei der Zweck die Überzeichnung ist, und ohne Überzeichnung wäre die Geschichte wirklich beliebig austauschbar. Aber sie ist nun einmal drin, die Überzeichnung.

 

wobei der Zweck die Überzeichnung ist, und ohne Überzeichnung wäre die Geschichte wirklich beliebig austauschbar. Aber sie ist nun einmal drin, die Überzeichnung.
Ich stimme dir zu: Wir vermeiden Kitsch durch eine ironisierende Überzeichnung, durch satirische Überhöhung
Aber funktioniert das auch bei diesen Außerirdischen?
Graue Außerirdische, die ganz toll mit den Menschen klar kommen, nur ein paar sind pervers. Das ist differenzierter als in beliebigen Außerirdische-erobern-die-Erde-Filmen, eben nicht schablonenhaft.
. Ich bewundere deine Fantasie, wie du diese Wesen vom Aussehen her beschreibst, aber eine Überzeichnung ihres Charakters habe ich nicht gefunden. Ihre Perversität nicht wahrgenommen.
Übrigens haben die Außerirdischen in V lieber die Gestalt der Menschheit angenommen, Weil sie ihre eigene Gestalt nicht mochten? So in dieser Art stelle ich mir vor, müsstest du deine Charaktere zeichnen. Aber du benutzt Schablonen. Deine eigenen, selbstverständlich. Du nennst es deinen Stil. Ich nenne es Bewährtes anwenden. Wo bleibt dein Witz? Deine Innovation, die du immer so scharf einforderst?

Goldene Dame

 
Zuletzt bearbeitet:

Ihre Perversität nicht wahrgenommen.
Du findest es also normal, dass sie Menschen verspeisen.
Nun, in anderen Geschichten ist genau dies tatsächlich die Standard-Verhaltensweise von Aliens, um nicht wieder den Begriff "Schablone" zu verwenden. Die Vyrroc tun das nicht. Nur ein paar Perverse unter ihnen. Wenn dieser entscheidende Unterschied in der Geschichte nicht klar geworden ist (was ja auch Hagen angedeutet hat), muss ich daran arbeiten.

Die Außerirdischen haben in V (und in 95% jeder anderen, ähnlichen TV-Serie) das Aussehen von Menschen angenommen, weil fremdartig aussehende Aliens tricktechnisch nicht machbar oder zu teuer waren.

PS: Innovativ ist diese Geschichte sicher nicht. Aber zeig mir eine andere Story, in der einzelne Aliens Menschen aufgrund ihrer sexuellen Perversion essen, und letztere dies aus dem gleichen Grund geschehen lassen. Dann gebe ich zu, dass meine Idee ein alter Hut ist und nichts neues enthält. Aber keine Millisekunde eher.

 

[Offtopic]

Die Außerirdischen haben in V (und in 95% jeder anderen, ähnlichen TV-Serie) das Aussehen von Menschen angenommen, weil fremdartig aussehende Aliens tricktechnisch nicht machbar oder zu teuer waren.

zu diesen 5% gehört ganz klar "Die dreibeinigen Herrscher" ("The Tritons"), eine schlechte englische SciFi-Serie mit schlechten englischen Darstellern aber erstaunlich (für Mitte der achtziger Jahre) guten Spezialeffects und den mMn bisher am interessantesten gestalteten Außerirdischen (in TV-Serien natürlich)

[/Offtopic]

 

Uwe, du hast den "alten Hut" einfach in ein neues Gewand verpackt. Von daher schätze dich glücklich und sei zufrieden.

Ja, du hättest natürlich noch eine Zeitmaschine einbauen können...

 
Zuletzt bearbeitet:

Die Außerirdischen haben in V (und in 95% jeder anderen, ähnlichen TV-Serie) das Aussehen von Menschen angenommen, weil fremdartig aussehende Aliens tricktechnisch nicht machbar oder zu teuer waren.

Uwe, wo bleibt deine Fantasie? Ich habe es übertragenen Sinne gemeint. Und das weißt du genau. Mit so einer Antwort werden deine Außerirdischen nicht besser, als sie von dir in der Story beschrieben sind. Noch ein Mal: Ihr Charakter ist austauschbar, schablonenhaft dargestellt. Ich sehe kein Merkmal, dass sie so anders macht, außer ihr Aussehen. Der Charakter, wie du ihn sehen willst, bleibt mir verschlossen.
Aber zeig mir eine andere Story, in der einzelne Aliens Menschen aufgrund ihrer sexuellen Perversion essen, und letztere dies aus dem gleichen Grund geschehen lassen
.
Ich habe nicht behauptet, dass es bekannte SF Storys gibt, wonach Menschen sich aus sexueller Lust von Außerirdischen auffressen lassen.
Da es ja nun einen wirklichen Fall in Deutschland gibt , finde ich die Steigerung, es durch einen Alien vollziehen zu lassen, nicht gerade innovativ. Auch weil die Beweggründe der Aliens, den Menschen zu verspeisen, von dir nicht dargestellt werden.
Wenn du den Unterschied der Vyrroc zu dem Rest der SF Außerirdischen in der Geschichte herausarbeiten willst, ist das genau der springende Punkt um den es geht.
Es sind nicht, die vom Aussehen her Andersartigen, die solche Gelüste haben. Ihre Fremdartigkeit bleibt subtil, ist versteckt unter einer Fassade der Normalität. Du hast diese Normalität zwar im Ansatz beschrieben, indem du, wie natürlich die Menschen und Vyrroc zusammenleben lässt. Die subtile Fremdartigkeit hast du bequemerweise vergessen zu beschreiben, indem du die Schablone des Außerirdischen wählst.
Wenn ich mich jetzt auf die Gegenwart beziehe, sind es vielleicht Menschen negroider Abstammung, die du meinst? Sind das die Kannibalen unserer Gesellschaft?

Oder war das in jüngster Zeit nicht doch so ein durchgeknallter perverser Mann, europider Abstammung? Von dem man es nie geglaubt hätte?

Am Ende stellst du die Vyrroc auch noch heimtückisch dar. Das ist die absolute Steigerung in einer Schablone. Dein Prot, wollte eigentlich nur von der Einen vernascht werden. Dass sie ihn die Falle gelockt hat, damit die anderen ihn auch fressen können ist in meinen Augen auch noch ein moralischer Zeigefinger.

Wenn schon andere mitfressen, dann deshalb weil es ihre Art ist im Rudel zu kämpfen, das ist wertfreier.
Aber dir ging es ja um die Perversion Karnes, oder? ;)

 

Ich weiß mit vielem von dem, was Du schreibst, nicht viel anzufangen. Ich fürchte, wir reden aneinander vorbei. Lassen wir die Diskussion also, wir kommen nicht auf einen gemeinsamen Punkt.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom