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Was kostet ein Wunsch?

Seniors
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04.01.2004
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Was kostet ein Wunsch?

Es war einmal ein armes Ehepaar, beide waren arbeitslose Tagelöhner und so saßen sie hungrig und frierend am Straßenrand und kauten an ihrem letzten Brotklumpen.
"Ach, ich wünschte, wir hätten wieder Arbeit, sonst sind wir bald verhungert!", jammerte die Frau.
Da erschien plötzlich eine kleine Fee und rief: "Hat jemand einen Wunsch?"
Einen Augenblick lang waren beide sprachlos, doch dann sagte die Frau: "Was, nur ein Wunsch?"
"Ja," bestätigte die kleine Fee. "Und irgendwann einmal muss man dafür bezahlen, etwas tun oder etwas hergeben."
"Oh, kann das sehr unangenehm sein?" fragte die Frau ängstlich.
"Nun, es könnte schon unangenehm werden" bejahte die Fee.
"Oh weh, was mag das nur sein!", klagte die Frau. "Dann will ich lieber sterben!"
Die kleine Fee seufzte: "Ich frage Dich nur einmal ausdrücklich: Ist das wirklich dein Wunsch?"
"Nein, nein, ich will nicht sterben!", beeilte sich die Frau zu versichern.
Die kleine Fee verdrehte die Augen und seufzte noch einmal, sagte aber nichts mehr.
"Ach, was kann denn schlimmer sein als elendig zu verhungern", sagte der Mann. "Ich wünsche mir, dass wir reiche Bauern sind."

Da saß das Ehepaar plötzlich in einem großen, gemütlichen Bauernhaus, im Kamin prasselte ein Feuer, der Tisch bog sich unter der Last von Fleisch, Wurst, Milch, Eiern, Brot, Knödel, Gemüse und Obst. Draußen krähte ein Hahn, die Kühe muhten und die Schweine grunzten. Die beiden lachten, aßen, liefen umher, schauten sich alles an und umarmten sich. Lange Zeit lebten sie glücklich, beackerten das Land, kümmerten sich um die Tiere und hatten ein gutes Auskommen.

Eines Tages klopfte ein kleines Mädchen an ihre Tür und sprach: "Gebt mir doch bitte ein Stück Brot. Meine Eltern sind tot und ich habe nichts mehr zu essen."
Die Bauersleute gaben ihr eine kräftige Suppe und richteten ihr auch ein weiches Bettchen für die Nacht. Und weil sie keine eigenen Kinder hatten, blieb sie bei ihnen, half die Tiere hüten und sie hatten sie bald lieb wie eine eigenen Tochter. Sie heiratete einen fleißigen Bauernsohn und als das Ehepaar alt war, hatten sie viel Freude mit den Kindern des jungen Paares und als die Bauersleute alt und krank waren, pflegte die junge Frau sie liebevoll.

Dann kam der Tag, als es mit der Frau zuende ging, aber sie konnte nicht recht sterben, warf sich voller Qualen hin und her und sprach zu ihrem Mann: "Ach, ich wüsste zu gern, was du für deinen Wunsch nach dem Bauernhof bezahlen musst."
Da erschien wieder die kleine Fee und rief: "Hat jemand einen Wunsch?"
"Oh nein, nein!", rief die Frau schnell. "Wer weiß, was ich dafür geben müsste!"
Doch der Mann wollte seiner Frau gerne ihren letzten Wunsch erfüllen und so sprach er: "Ich möchte gerne wissen, was unsere Wünsche kosten."
Die Frau erhob sich mit letzter Kraft um alles genau zu verstehen, aber sofort fiel sie auf ihr Bett zurück und gab ihren letzten Atemzug von sich.
"Nun ist sie von mir gegangen!", ihr Mann schloss ihr die Augen.
"Das war der Preis dafür, dass ich dir eure Wünsche erkläre", sprach die Fee.
"Für den Bauernhof kann ich es mir denken", der Mann schaute nachdenklich auf ein paar Bauklötze, die vergessen am Boden lagen.
Dann fiel ihm plötzlich ein: "Oh, das hat sie ja gar nicht mehr gehört!"
"Dann hast du den Preis für den aller ersten Wunsch deiner Frau auch selber erraten!" Die Fee seufzte wieder." Wenn die Menschen doch nur etwas vorsichtiger mit ihren Wünschen umgehen würden!"

 

Hallo tamara,
ein nettes kurzes Märchen. Die Pointe gefällt mir, da haben sich die beiden unnötig Sorgen gemacht. :)
Ich finde deine Geschichte liest sich auch schön flüssig.
Weiter so. ;)
Gruß Shinji

 

Hallo Shinji-Chibi,
schön, dass es Dir gefällt. Übrigens hat sich nur der Mann Sorgen gemacht! Die Frau war unbekümmert und was sie für ihre Wünsche geben musste, war nur positiv! Ist das in der Geschichte deutlich geworden?
Gruß Tamara

 

Hallo Illusionist,
danke für den Tipp. Ich hatte es vorher auch etwas anders formuliert und einem nicht ganz unintelligenten Menschen vorgelesen, aber der hat es nicht kapiert, also habe ich es deutlicher gemacht. Außerdem: was heißt bei Dir: dass man seines nicht bedurfte? Tja, ist schon schwierig, die Balance zwischen Verständnis und Interesse zu halten. Ich schlafe erst mal drüber, vielleicht fällt mir noch was ein.
Gruß Tamara

 

Hello tamara,

das ist wirklich ein niedliches kleines Märchen!

Wenngleich sehr ungerecht, der Mann hatte den höheren Preis zu zahlen, war wohl weibliche Solidarität von der Fee.
Wirklich gelungen finde ich den Märchen-Stil, der Dir nur gelegentlich ('genervt') entgleitet.
Manchmal bist Du arg kurz:'hatten sie viel Freude mit den kleinen Kindern' - wo kommen die denn plötzlich her? ;-)

Viele Grüße vom gox

 
Zuletzt bearbeitet:

Gox, die Kinder waren ihre 'Enkel' also die Kinder der Adoptivtochter und von ihrem Mann.
Schlieslich sind bis zu diesem Satz schon einige Jahre vergangen. (Manchmal muss man beim Lesen auch mitdenken. ;))

@Tamara, ich hab schon verstanden, das der 'Preis' für ihre Wünsche nichts negatives war. Die Beiden haben die Gegenleistung erbracht, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Das sie das Mädchen bei sich aufgenommen haben lag in der Großherzigkeit des Paares. :)

 

Ich habe aus dem Schluss der Geschichte jetzt einen Dialog gemacht, trotz der Andeutungen finde ich das leichter zu lesen. Und damit MIR niemand weibliche Solidarität vorwirft :engel:, habe ich die Rollen von Mann und Frau vertauscht, wirkt interessanter Weise ganz anders! Schön, dass der Märchen-Stil getroffen ist!
Danke Euch Allen für die Anregungen
Tamara

 

hi tamara,

ich finde die geschichte auch schön, kurz, lässt sich gut lesen, keine fehler gefunden...

ich musste nur uebel grinsen bei der sache mit dem wunsch: "Bück dich, Fee! Wunsch ist Wunsch..." *kicher*

glg, cherry

 

Hi Tamara,

ich schließe mich dem Lob meiner Vorredner an. Mir hat die Geschichte sowohl inhaltlich als auch stilistisch gut gefallen.
Ich kenne zwar den ursprünglichen Schluß nur aus dem Zitat von Illus Post, finde die jetzige Version aber besser.

Gruß
Jörg

 
Zuletzt bearbeitet:

@Jo: Ach, wie konntest du nur eine meiner uralten Geschichten rauskramen? *seufz* Ich habe es überarbeitet und hoffe, es ist jetzt klarer!
vielen Dank fürs Lesen und dass es wenigstens flüssig geschrieben ist
Tamara

 

Hi Tamara,

als ich eben anfing deine Geschichte zu lesen, dachte ich: Die kennst du doch? Konnte mich noch vage an das Ende erinnern.
Dann sah ich, dass "sie" schon älter ist.
Habe sie demnach schon mal gelesen und kann überhaupt nicht verstehen, dass ich nicht darauf geantwortet habe :confused:

Ein schönes Märchen. Du erzählst von geben und nehmen, von Lohn und Preis.
Demnach ist es schon fast kein Märchen mehr, denn das reale Leben ist nicht anders.

Hat mir gut gefallen :)

liebe Grüße, col.

 

Hallo Tamara

Also gefallen hat mir dein Märchen auch. Flott zu lesen und ohne größere Schnörkel.
Aber leider muss ich Jo zustimmen. An diesem letzten Abschnitt bin ich auch gestolpert. Hab erst durch das Lesen der Kommentare verstanden, was der Preis für den Hof war.
Sicherlich war die erste Version zu offensichtlich, aber leider ist mir die momentane zweite doch etwas zu verschleiert.
Vielleicht machst du noch aus den "Bauklötzen" (das kapier ich erst jetzt!) einen "Enkel spielt mit Bauklötzen und lächelt den Opa an" ?


mfg hagen

 

Hallo euch beiden,
danke für das Lob! Ich hatte mir schon überlegt diese peinliche Anfängersünde zu löschen. Jetzt werde ich sie doch überarbeiten!
Ja, es ging um Geben und Nehmen und darum, dass das Geben nicht immer etwas Negatives ist, sondern auch sehr bereichern kann!
liebe Grüße
tamara

 

"Anfängersünden" zu löschen ist feige.
Außerdem: Wenns irgendwen interessiert, kann er anhand eines Vergleichs deiner alten und neuen Texte deine Entwicklung feststellen. :)

 

@Hagen: Danke für die Ermutigung! Ich hoffe, dass jeder so intelligent ist wie du und vergleicht!!! ;) Ich bin jetzt endlich dazu gekommen, die Geschichte zu überarbeiten und habe auch noch ein paar Rechtschreibfehler gefunden.
Gruß und Dank an alle
tamara

 

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