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Wie auch immer

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02.01.2007
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Wie auch immer

Alle reden sie über ihn. Manche hinter seinem Rücken, die anderen ganz offensichtlich. Lars wusste nicht, was schlimmer war. Er bekam es immer mit, egal ob er es mitbekommen sollte oder nicht. Sie redeten, das war Tatsache. Sie redeten über ihn. Über ihn und seine Mutter.
Wäre das ganze jemand anderem passiert, dachte Lars, würde ich sicher auch darüber reden. Die ganze Situation schrie doch nur danach, dass man über sie quatschte. Etwas dazu erfand, an allen Ecken und Enden zu dramatisieren und Lars noch lächerlicher hinzustellen.
Irgendwo war die ganze Sache auch lächerlich.
Nein, sie war eher lächerlich geworden. Ursprünglich war die ganze Sache äußerst ernst.
Lars hatte seine Mutter nicht gekannt. Er war in die Babyklappe gesteckt worden.
Klappe auf, Baby rein, klappe zu, gut ist. Ein Problem weniger. So hatte Lars es sich immer vorgestellt.
Er wurde dann adoptiert. Klappe auf, Baby wieder raus aus der Kiste, Türe auf, klein Lars ab ins Reihenhaus zu Adoptivmama und Adoptivpapa, Türe zu, gut ist. Wieder ein Problem weniger.
Lars wuchs auf wie ein ganz normales Kind. Er spielte mit der Adoptivmama, er spielte mit dem Adoptivpapa, er spielte mit den Adoptivgroßeltern.
Er erinnert sich an lange Nachmittage im Garten. Mit dem Planschbecken und dem großen Wasserball, den Adoptivopa aufgeblasen hatte.
Und an die gelben Blumen, die man ja nicht essen durfte. So hatte es die Adoptivoma jedenfalls gesagt.
Und er erinnerte sich an das Gartenhäuschen. Er durfte dem Adoptivpapa den richtigen Schraubenzieher geben, wenn der daran rum werkelte.
Und dann gab es abends den Schokopudding von Adoptivmama. Zum Nachtisch. Lecker!
Und dann? Irgendwann war diese Zeit vorbei. Lars war zu groß für das Planschbecken und Adoptivopa zu alt, um den Wasserball aufzublasen.
Lars wollte gar keine Blumen mehr essen, und die Adoptivoma hätte es sowieso nicht mehr gesehen, weil sie fast nichts mehr sah.
Plötzlich stand Lars im Wege, wenn der Adoptivpapa das Häuschen weiter baute, weil dieser es scheinbar gar nicht so lustig fand, wenn Lars ihm aus Spaß einen falschen Schraubenzieher reichte.
Und auf den Schokopudding war auch kein Verlass mehr.
Wann genau sich das alles änderte wusste Lars nicht. Er hatte es jedenfalls nicht gleich mitbekommen. Er bemerkte es erst, als alles anders war. Dann war es eh zu spät, etwas zu ändern. Und kurz darauf war Lars auch zu cool dazu.
Türe auf, ab auf die Realschule, Türe zu, gut ist. Lars, sei nun cool! Deine Mitschüler erwarten das.
Okay. Das war kein Problem für Lars. Er fand es wirklich cool, heimlich in der großen Pause auf dem Klo zu rauchen. Er fand es wirklich cool, die Lehrer zu verarschen. Er fand es wirklich cool, nach der Schule dem kleinen Jungen aus der fünften die Süßigkeiten weg zu nehmen, und wenn der Junge noch sein Taschengeld drauf legte... Warum nicht?
Irgendwann war es dann nicht mehr genug, die Strafen für die Bubenstreiche waren schon alle angewendet worden, und außerdem wurde es langweilig. Das Rauchen auf dem Klo brachte es schon lange nicht mehr. Nicht nur, weil man es sowieso schon längst nicht mehr auf dem Klo tat, sondern weil es andere Dinge außer Zigaretten zu rauchen gab.
Lars wurde immer cooler. Von Tag zu Tag, so schien es.
Irgendwie war er da rein geraten und keiner kam, wie bisher. Keiner machte irgendeine Klappe auf, Lars raus. Gut ist. Nein, so lief das dieses Mal nicht. Lars schien sich sogar immer weiter von der Klappe weg zu bewegen. Freiwillig, ohne etwas dagegen zu tun..
Warum auch? Er hatte Ansehen in seiner Schule. „Der Junge, der von seiner Mutter abgeschoben worden ist. Dem ist alles zu zutrauen.“
Seine Adoptiveltern hatten immer gut für ihn gesorgt. Lars hatte alles an sich abprallen lassen.
Ich habe schon als Baby niemand gehabt, der nach mir geguckt hat, dachte er, wozu dann jetzt?
Doch auch, wenn Lars nach außen hin der coole, starke Junge war, der alles alleine auf die Reihe bekam, auch wenn jeder vor ihm Respekt hatte und auch wenn jeder mit ihm befreundet sein wollte, wenn Lars abends kurz vorm Einschlafen an seine Mutter dachte – und das machte er immer, egal wie viel er gekifft hatte – dann war er jedes Mal kurz vorm Weinen.
Er vermisste sie. Fragte sich, was für eine Frau sie wohl sei. Wie sie aussehe. Allein ihren Namen hätte er so gerne gewusst. Und vor allem, warum sie ihn weg gegeben hatte.
Er hatte sich schon tausend Gründe ausgemalt. Wenn nicht mehr.
Vielleicht hatte sie nicht genug Geld. Oder sie war gerade mal zwölf Jahre alt gewesen, vielleicht auch dreizehn. Oder sie war streng christlich erzogen worden und keiner durfte wissen, dass sie beim Sex vor der Ehe schwanger geworden war.
Was auch immer, nichts ergab für Lars einen Sinn. Wie konnte man sein eigenes Kind weg geben?
Lars wünschte sich immer, irgendwann die wahren Gründe zu kennen. Ihr gegenüber zu stehen, ihr in die Augen sehen, sie kennen lernen und erfahren, von wem er abstammt.
Er hatte sich die ganze Sache nur nicht so lächerlich und peinlich vorstellt.
Eines Tages klingelte das Telefon. Ein Tag, wie jeder andere. Irgend so eine Tusse war in der Leitung und Lars war viel zu breit um zu checken, was sie ihm erzählte. Er hielt alles für einen schlechten Witz.
Eine Talkshow. Im Fernsehen. Eine Überraschungssendung. In einer Woche.
Lars nahm die Frau am anderen Ende der Leitung nicht ernst.
„Willst du mich verarschen?“
„Bitte?“, die Frau schien verwirrt, „Nicht wirklich, ich spreche doch mit Lars Liebig?“
„Ja …“
Eine Woche lang zerbrach er sich den Kopf. So breit und verwirrt wie er gewesen war, hatte er einfach der scheiß Talkshowtusse zugesagt.
Wer wollte ihn Überraschen? Und mit was?
Dass es seine Mutter sein könnte, daran traute er sich nicht zu denken. Er hatte Angst davor.
Auch seine Kumpels fragen, als Lars ihnen davon erzählte.
„Ist doch sicher deine Mom, oder?“
„Ach Quatsch …“, antwortete Lars jedes Mal.
Und dann saß er plötzlich da. Nach Nächten voller Albträumen. Nach verschwitztem Aufwachen morgens. Nach vielem, vielem Grübeln. Nun saß er da.
Er hatte unmittelbar vor der Sendung zwei Tüten geraucht. Auf der Zugfahrt hatte er eine Flasche Sekt getrunken. Zuhause hatte er nichts anderes gefunden.
Ihm war schlecht und er war ziemlich fertig.
Was mache ich hier?, fragte er sich.
Es begann sich wieder alles um ihn zu drehen, während die Moderatorin mit ihm redete. Was er antwortete weiß er nicht mehr.
Er weiß sowieso alles nur noch verschwommen. Er weiß, dass ihm Y.M.C.A. von den Village People durch den Kopf ging. Warum auch immer.
Und dass er sich fragte, was wohl passieren würde, wenn er mitten in der Sendung plötzlich auf den Boden kotzen würde.
„Ich glaube, ich muss kurz raus.“, sagte Lars.
Seine Kumpels, die die Sendung aufgenommen hatten, spulten diese Stelle immer wieder zurück.
Ich glaube, ich muss kurz raus. Ich glaube, ich muss kurz raus.
Dann lachten sie sich halb tot.
Ich glaube, ich muss kurz raus. Ich glaube, ich muss kurz raus. Ich glaube, ich muss kurz raus.
„Geht’s dir nicht gut?“, fragte die Moderatorin. Sabrina. Oder Sandra. Oder Sabine. Was auch immer. Sie ließ ihn gar nicht antworten, „Jetzt wollten wir doch gerade deine Überraschung rein holen.“
Lars ging es immer schlechter. Er weiß nichts mehr. Er weiß nur noch, dass sie plötzlich vor ihm stand.
Sie roch nach billigem Aldi-Parfüm. Und als er ihr kurz in die Augen sah, sah er, dass sie genau so zugeknallt war wie er.
Renate hieß sie, das bekam er mit. Und sonst? Jugendamt … bla bla bla … ging nicht anders … bla bla bla … schön dich zu sehen … bla bla bla.
Lars war plötzlich völlig gefühlskalt. Wer war diese Frau da, die nach Aldi-Parfüm roch? Renate war es. Aber sonst? Es war unter Garantie nicht seine Mutter.
„Ihr habt sicher viel zu besprechen“, sagte Sabrina, Sabine, Sandra, was auch immer.
Lars stand auf. So geht das nicht, dachte er. „So geht das nicht.“, sagte er dann auch.
Alles rückgängig, oder wie? Alle Klappen wieder auf und wieder zu? Lars wieder raus aus der Realschule, raus aus der Adoptivfamilie, raus aus der Babyklappe, gut ist? Ein Problem weniger?
Lars musste hier raus. Kaum war er Backstage kotze er endlich.


Geändert am 6. November 2007

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Sternchenfee!

Deine Geschichte lässt mich ein bisschen zwiegespalten zurück. Ich glaube, du hast dir ein interessantes, aber schwieriges Thema vorgenommen. An einigen Stellen hat es mir gefallen, an anderen überhaupt nicht.

Was mich besonders gestört hat, war die Tatsache, dass auf Lars irgendwie jedes gängige Klischee vom heruntergekommenen Jugendlichen passt. Das war mir zu oberflächlich. Genau wie die Sache mit der Mutter.

Er vermisste sie. Fragte sich, was für eine Frau sie wohl sei. Wie sie aussehe. Allein ihren Namen hätte er so gerne gewusst. Und vor allem, warum sie ihn weg gegeben hatte.
Er hatte sich schon tausend Gründe ausgemalt. Wenn nicht mehr.
Sie hatte nicht genug Geld. Sie war gerade mal zwölf Jahre alt gewesen, vielleicht auch dreizehn. Sie war streng christlich erzogen worden und keiner durfte wissen, dass sie beim Sex vor der Ehe schwanger geworden war.
Woher um alles in der Welt weiß er das? Ich denke er kennt sie überhaupt nicht? Das ist ziemlich unlogisch und erweckt bei mir den Eindruck, dass du dich nicht wirklich tiefgehend mit deiner Geschichte beschäftigt hast. Oder hab ich da nur was nicht kapiert?

Außerdem stören mich die Wortwiederholungen. Die stören, gerade weil mir dein Stil ansonsten gut gefällt.

Die Stelle mit der Talkshow fand ich anfangs auch ein bisschen aufgesetzt. Das kam mir alles so plötzlich, so als würdest du schnell fertig werden wollen. Die Talkshow an sich (also als er seiner Mutter begegnet usw.) fand ich hingegen sehr gelungen.

Also ich würde sagen ... ganz gut aber natürlich noch verbesserungswürdig. :D

Liebe Grüße,
apfelstrudel

PS: Übrigens schönes Buch, was du da liest. ;)

 

Hallo Apfelstrudel und danke erstmal.

Zitat:
Er vermisste sie. Fragte sich, was für eine Frau sie wohl sei. Wie sie aussehe. Allein ihren Namen hätte er so gerne gewusst. Und vor allem, warum sie ihn weg gegeben hatte.
Er hatte sich schon tausend Gründe ausgemalt. Wenn nicht mehr.
Sie hatte nicht genug Geld. Sie war gerade mal zwölf Jahre alt gewesen, vielleicht auch dreizehn. Sie war streng christlich erzogen worden und keiner durfte wissen, dass sie beim Sex vor der Ehe schwanger geworden war.
Woher um alles in der Welt weiß er das? Ich denke er kennt sie überhaupt nicht? Das ist ziemlich unlogisch und erweckt bei mir den Eindruck, dass du dich nicht wirklich tiefgehend mit deiner Geschichte beschäftigt hast. Oder hab ich da nur was nicht kapiert?

Das hat er sich alles nur überlegt. Er weiß es selber nicht und denkt drüber nach, welche Gründe es geben könnte, sein Baby weg zu geben.
Aber ich gebe dir Recht, dass ich das wirklich noch überarbeiten könnte, damit man es besser versteht.

Die Stelle mit der Talkshow fand ich anfangs auch ein bisschen aufgesetzt. Das kam mir alles so plötzlich, so als würdest du schnell fertig werden wollen.

Stimmt so nicht. Also mag sein, dass das so plötzlich rüber kommt. War so aber nicht beabsichtig, aber vielleicht kenne ich die Geschichte und Lars schon zu gut um noch zu bemerken, dass das zu plötzlich kommt.

Also ich würde sagen ... ganz gut aber natürlich noch verbesserungswürdig.

Danke und Ja! Ich werde mich dran machen. Ich wusste auch, dass die Geschichte noch nicht ganz perfekt ist, kam aber irgendwie nicht weiter und ich dachte so schlecht, dass ich sie noch nicht reinstellen kann ist sie nicht :)

Also, danke nochmal fürs Lesen und Kommentieren!
Lieben Gruß
Sternchenfee *

 

Hallo Sternchenfee,

du hast für deine Geschichte ein interessantes Thema gewählt.

Lars wuchs auf wie ein ganz normales Kind. Er spielte mit der Adoptivmama, er spielte mit dem Adoptivpapa, er spielte mit den Adoptivgroßeltern.
Ich weiß nicht, warum du die Adoption so extrem negativ darstellst. Du sagst selbst, er wuchs wie ein normales Kind auf. Und da der Prot. ja anscheinend sehr klein war, als er adoptiert wurde, wird er die Adoptiveltern auch als Eltern ansehen (zumindest bis zu dem Punkt, an dem es ihm erzählt wird). Aber ist das ein Grund, dann direkt auf Abstand zu gehen und zu sagen, dass das Ehepaar, das ihn aufzog, nicht mehr seine Eltern sind. Sie gewissermaßen runterzustufen, denn sie sind ja nicht die „echten“ Eltern.
Vielleicht mag es dafür Gründe geben, aber die werden nicht erwähnt und so wirkt Lars auf mich einfach wie ein trotziges, bockiges Kind, das seinen Frust an irgendjemandem auslassen muss.
Wenn du das ausdrücken wolltest, würde ich eine andere Darstellung wählen. Ihn mehr durch Handeln und Gesprächen charakterisieren.
Diese Stelle scheint meine Vermutung zu unterstützen:
Seine Adoptiveltern hatten immer gut für ihn gesorgt. Lars hatte alles an sich abprallen lassen.
Ich habe schon als Baby niemand gehabt, der nach mir geguckt hat, dachte er, wozu dann jetzt?

Er fand es wirklich cool, heimlich in der großen Pause auf dem Klo zu rauchen. Er fand es wirklich cool, die Lehrer zu verarschen. Er fand es wirklich cool, nach der Schule dem kleinen Jungen aus der fünften die Süßigkeiten weg zu nehmen, und wenn der Junge noch sein Taschengeld drauf legte... Warum nicht?
Wie schon ganz zu Beginn der Geschichte arbeitest du hier mit Wiederholungen, auch im weiteren Textverlauf greifst auf dieses Mittel zurück. Ich persönlich denke allerdings, dass du es etwas zu häufig gebrauchst und es damit seine Wirkung verliert.
Manchmal ist weniger mehr ;)

und das machte er immer, egal wie viel er gekifft hatte – dann war er jedes Mal kurz vorm Weinen.
Er vermisste sie. Fragte sich, was für eine Frau sie wohl sei. Wie sie aussehe. Allein ihren Namen hätte er so gerne gewusst. Und vor allem, warum sie ihn weg gegeben hatte.
Mir fehlt etwas die Charakterisierung von Lars. Einerseits kümmert und berührt ihn gar nichts. Andererseits macht er sich Gedanken über eine Person, die er nie kennen gelernt hat und die ihn in diese (seiner Meinung nach) miese Situation gebracht hat; alle reden über ihn. Ich denke, du musst an dieser Stelle etwas detaillierter arbeiten, damit dieser Widerspruch nachvollziehbar ist.

Ebenso wie apfelstrudel störte mich, dass Lars so klischeehaft dargestellt wird. Lars ist auswechselbar und besitzt keine eigene Persönlichkeit, die ihn zu diesem Lars macht. Schade finde ich es auch, dass seine Adoptiveltern quasi gar nicht zu Wort kommen. Es müsste doch in irgendeiner Art und Weise eine Reaktion darauf kommen, dass er zu dieser Talkshow fährt. Mir fehlt so ein bisschen die Kommunikation in der Geschichte. Sowohl zu den Adoptiveltern als auch zu den Kumpels (dadurch lassen die Personen wunderbar charakterisieren).
Die Talkshow an sich … für mich kam es irgendwie sehr abrupt und überraschend, und es wirkt auf mich etwas aufgesetzt.
Mein Vorschlag wäre, dass du den ersten Teil zusammenkürzt, Lars charakterisierst, die Situation mit der Adoption beschreibst. Und den längeren Teil in diese sieben Tage verlegst, die zwischen Telefonanruf und Talkshow liegen. Das Wechseln der Gefühle, von kindlicher Vorfreude bis zu Ärger/Wut auf die leibliche Mutter, weil sie ihn weggeben hat. Dadurch kannst du Lars auch weiter charakterisieren.
Ich denke, darum geht es dir auch: Zu zeigen, wie sich jemand fühlen kann, wenn er/sie seine Mutter nicht kennt und auf einmal die Chance bekommt, sie kennen zu lernen.

Ich hoffe, du konntest mit meiner Kritik etwas anfangen und vielleicht hilft sie dir ja auch :)


Lieben Gruß
moon

 

Hallo Moon

Erstmal danke fürs Lesen. Und fürs Kritisieren gleich zwei mal!


Ich weiß nicht, warum du die Adoption so extrem negativ darstellst. [...] Vielleicht mag es dafür Gründe geben, aber die werden nicht erwähnt und so wirkt Lars auf mich einfach wie ein trotziges, bockiges Kind, das seinen Frust an irgendjemandem auslassen muss.

Als trotzig und bockig würde ich Lars nicht beschreiben. Eher als frustriert. Ich muss dir Recht geben, dass die Eltern (oder Adoptiveltern) zu kurz kommen. Da liegt wirklich ein Überarbeitungsbedarf vor. Und auch bei den Kumpels gebe ich dir Recht.
Erst war Lars für mich ein zugekiffter Jugendlicher, dem alles egal ist. Von außen her. Der aber im Inneren die Frage nach seiner Herkunft klären möchte. Aber wie gesagt, es stimmt, dass das noch nicht so ganz rüber kommt.
Es muss wirklich noch was an der KG gemacht werden!

Mein Vorschlag wäre, dass du den ersten Teil zusammenkürzt, Lars charakterisierst, die Situation mit der Adoption beschreibst. Und den längeren Teil in diese sieben Tage verlegst, die zwischen Telefonanruf und Talkshow liegen. Das Wechseln der Gefühle, von kindlicher Vorfreude bis zu Ärger/Wut auf die leibliche Mutter, weil sie ihn weggeben hat. Dadurch kannst du Lars auch weiter charakterisieren.

Ich denke ich werde mir deinen Vorschlag zu Herzen nehmen, jedenfalls drüber nachdenken und gucken was sich machen lässt.

Also danke nochmal und einen lieben Gruß
Sternchenfee *

 

Hallo Sternchenfee,

um es gleich auf den Punkt zu bringen: Es sind sehr gute Ansätze in der Kurzgeschichte, es gibt aus meiner Sicht aber auch noch einiges an Verbesserungspotential.

Positiv hervorgehoben hat sich für mich die Sprache:

Klappe auf, Baby rein, klappe zu, gut ist. Ein Problem weniger. So hatte Lars es sich immer vorgestellt. [...] Er wurde dann adoptiert. Klappe auf, Baby wieder raus aus der Kiste, Türe auf, klein Lars ab ins Reihenhaus zu Adoptivmama und Adoptivpapa, Türe zu, gut ist. Wieder ein Problem weniger.
Lars wuchs auf wie ein ganz normales Kind. Er spielte mit der Adoptivmama, er spielte mit dem Adoptivpapa, er spielte mit den Adoptivgroßeltern.
Bei diesen Sätzen musste ich schmunzeln. :)

In den nachfolgenden Zeilen wurden mir die Adoptiv-Nennungen von Vater, Mutter, etc. dann aber etwas zu viel. Auch die Absätze hätte man evtl. reduzieren können.

Ich hab die Kritiken der anderen nur flüchtig gelesen, stimme ihnen aber zu, dass die negative Darstellungsweise nicht ganz nachvollziehbar ist. Bin auch der Meinung, dass ich Lars zwar schon Gedanken um seine richtigen Eltern macht; gleichzeitig denke ich aber ebenfalls, dass er seine Adoptiveltern akzeptieren müsste. Schließlich ist er seit kleinauf mit ihnen vertraut und kennt es ja nicht anders.
Auch kommt es mir etwas komisch vor, dass die anderen deswegen über ihn reden.

Die Fragen, die Lars sich über seine Adoptiveltern stellt, kann ich nachvollziehen.

Die eingebauten Klischees sind mir zunächst nicht aufgefallen, da ich bei meinen Kurzgeschichten auch hin und wieder dazu neige ;); die Talkshow erschien mir dann aber doch etwas zu unrealistisch. Eher hätte ich mir vorstellen können, dass Lars' Eltern sich privat mal mit ihm treffen wollen.

Das Ende gefiel mir dann aber wieder recht gut, besser als ein Happy End. Die Babyklappe, über die man sicherlich heiß diskutieren kann, hinterlässt ja trotzdem einen gewissen negativen Nachgeschmack und ist moralisch bedenklich; daher finde ich es gut, dass die Kurzgeschichte nicht mit "Friede, Freude, Eierkuchen" endet. :)

Insgesamt ist die Geschichte lebendig formuliert. Ein paar Wortwiederholungen waren mir an manchen Stellen dann aber doch zu viel.

Sofern du noch an sprachlichen und orthografischen Detailanmerkungen interessiert bist, sag Bescheid, dann such ich dir die einzelnen Sätze noch raus.

Insgesamt hab ich die Geschichte gerne gelesen und finde, du hast ein Thema gewählt, über das es sich zu schreiben lohnt. Auch wenn die Umsetzung sicherlich nicht ganz einfach ist. :)

Viele Grüße,
Michael :)

 

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