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Wie Europa dem Wahnsinn anheim fiel
Die BSE-Krise erreichte ihren Höhepunkt. Viele tausend Landwirte sahen sich von Armut und Elend bedroht, als die Europäische Union Interventionsmassnahmen beschloss, indem sie grosse Zahlen Rinder aufzukaufen und zu vernichten gedachte. Diese Maßnahme rief starken Widerstand von verschiedenen Seiten hervor, unter anderem wurde die bevorstehende Vernichtungsaktion als "Rinder-Holocaust" bezeichnet, was wiederum vehemente Proteste seitens des Zentralrates der Juden Deutschlands initierte. Es wurde eine teilweise polemische Debatte in den Medien darüber geführt, aber an der Ausführung der Pläne konnten sie im Endeffekt nichts ändern. Jedoch gab es ein Problem, dass die Rinder zwar in diesen Massen getötet, jedoch nicht beseitigt werden konnten. Und so nahm das Unheil seinen Lauf: Grosse Hallen mit hohen Schornsteinen wurden überall in Europa in die Landschaften gestellt, und eilends verlegte man Gleise von den Schlachtereien in diese Hallen. Und die Züge fingen an zu rollen, Tag und Nacht, und die Menschen konnten im Dunkeln von weither den Schein der grossen Öfen sehen, und eine nimmer endende Rauchfahne hing an den Spitzen der grossen Kamine. In ganz Europa gab es Orte, an denen jeden Morgen ein feiner Überzug an Asche die Erde bedeckte, und die Leute wurden missmutig und schimpften auf die Regierung und die Union. Doch Schröder wiegelte ab und vertröstete die Menschen auf morgen, verwies auf die Notendigkeit der Massnahme, und auf dass die Landwirtschaft Europas leben solle! Doch eines Morgens wachten die Menschen auf, und sie rieben sich erstaunt die Augen: Alles war sauber. So abrupt wie sie gekommen war, so abrupt hörte die Verbrennung der Rinder, Schweine, Schafe, Pferde und Fische auf. Nur die Öfen mit den Schornsteinen, die man später als Mahnmale des Rinderwahnsinns über Europa beliess, als man den Kontinent längst dem Erdboden gleichgemacht hatte, standen ruhig da. Feministinnen begannen aus Reflex diese Phallussymbole zu bekämpfen, doch tastete man diese Fabriken des Todes nicht an.
Fünf Jahre später zeigte sich ein deutlicher Knick in der Statistik der Erkrankungen an der Creutzfeld-Jakobschen Krankheit. Doch der Knick wies in eine Richtung, die keiner vorhergesehen hatte: nach oben. Flächendeckende, lückenlose BSE-Teste an allen Schlachttieren und Tierprodukten, die zeigten, dass seit der Verbrennungsaktion BSE nicht mehr aufgetreten war, konnten diese Entwicklung nie erwarten lassen, doch sie war Realität. Wissenschaftler beruhigten und wiesen auf die lange Inkubationszeit hin, aber es nützte nichts: Panik machte sich breit. Nach 6 Monaten des Wartens wurde deutlich, dass die Erkrankungszahlen nicht um 100%, wie befürchtet, sondern um 10000% innerhalb eines Jahres angestiegen waren. Die Dummheit nahm epidemische Ausmaße an. Immer mehr Menschen bekamen deswegen Angst. Die Kannibalismusrate stieg synchron mit der Erkrankungsrate. Viele, sehr viele Menschen versuchten, den Kontinent zu verlassen.
Doch was in der Hysterie niemand so recht bemerkt hatte: Die USA hatten schon ein Jahr nach der Vernichtungsaktion einen totalen Einwanderungsstopp für Europa verhängt, und mit dem Bekanntwerden der Epidemie zogen alle amerikanischen, sowie nach und nach die afrikanischen und asiatischen Staaten nach. Kein Mensch kam mehr aus der Wahnsinnshölle heraus. Kriegsschiffe versenkten alle Passagierschiffe, die europäische Häfen verliessen, schon kurz nach dem Auslaufen. Die nationale, sogenannte Raketenabwehr der USA, NMD, schoss alle Flugzeuge ab, die eine Sicherheitszone von 100 Seemeilen um Europa verliessen, und der Rest der Welt schloss sich den amerikanischen Aktionen an. Europa konnte darauf nicht mehr reagieren, da ein grosser Teil des Regierungspersonals und des Militärs seltsamen Zufällen zum Opfer fiel. Der letzte Verteidigungsminister war der deutsche, da er mehr als drei Wochen nicht bemerkte, dass er ein Messer im Rücken stecken hatte, doch konnte er sich nicht dazu durchringen, europäische ABC-Waffen einzusetzen, bevor er starb.
Es war eine neue Variante der Krankheit, die Europa befallen hatte. Die Verhältnisse waren grausam: Überall fingen Menschen urplötzlich an, herumzutaumeln, wild zu erbrechen und zu onanieren. Schon nach sechs Wochen waren sie nicht mehr in der Lage, sich noch fortzubewegen und siechten, wo sie gerade waren, in einen qualvollen Tod. Waren anfangs noch Möglichkeiten da, den Erkrankten einen Pflegeplatz zu geben, so brach nach einiger Zeit das gesamte Gesundheitssystem des Kontinents zusammen. So machten die Gesunden daran, die Toten wild zu vergraben, und wenn sie noch nicht tot waren, so wurden sie trotzdem vergraben. Doch es wurden immer weniger, die solches leisten konnten, und diese kümmerten sich immer weniger um die Pflicht, die ihnen die Toten auferlegten: Es war die Zeit der grossen Orgien, Exzesse und Bacchanale, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte. Davon mal abgesehen, machte sich vom Rest der Welt keiner mehr die Mühe, nach Europa zu sehen, die Abriegelung war eine totale (und von langer Hand vorbereitet). Die Lebensmittelversorgung kam zum Erliegen, und zwei Jahre nach Beginn der Epidemie krochen die letzten Menschen durch Europa, schlangen herunter, was sich ihnen in den Weg stellte, um schlussendlich zusammenzubrechen und zu sterben.
Der Kontinent war menschenleer.
Blicken wir in die Vergangenheit. Amerikanische Politiker finanzieren geheime Programme, um die Bedrohung durch den Rest der Welt zu analysieren. Nach den Wahlerfolgen der sozialdemokratischen Parteien quer durch die Demokratien hinweg kamen die Wissenschaftler in ihren Bombensicheren Bunkern und ihren Cray-1-Computern zu einem todsicheren Ergebnis: In zwanzig Jahren würde die Revolution kommen. Und es gab nur einen Weg, Amerika sicher zu machen: Europa musste sterben. Und so nutzte die Politik ihren Einfluss, um den Europäern das Verfüttern von Tiermehl, verseucht mit gewissen Prionen, schmackhaft zu machen. Die solcherart initierte Krise entwickelte sich wie vorhergesagt, und nachdem der mächtigste Staat der Union von der Seuche erfasst wurde, redeten Spione den Politikern ein, dass man die kranken Tiere (und die gesunden dazu, man muss ja auch an die Landwirtschaft denken) verbrennen müsse. Und so wurden mit amerikanscher Hilfe nach amerikanischen Bauplänen überall Hochöfen in die Landschaft gesetzt, mit 200 m hohen Schornsteinen, um bei einer genormten Temperatur von 983 °C die Tiere zu verbrennen. Was europäische Wissenschaftler nicht mal ansatzweise ahnten: In den USA hatte man herausgefunden, dass die Prionen, dieser Temperartur ausgesetzt, nicht denaturierten, sondern nur eine neue Faltung annahmen, die sie besonders resitent machte und dabei ihre krankmachende Wirkung beibehalten liess.
Und so nahm der finstere Plan zur Zerstörung Europas seinen Lauf: Die Rinder wurden verbrannt, und die Asche über den ganzen Erdteil verteilt. Und die Menschen wurden wahnsinnig, und sie starben alle, bis auf den letzten Europäer, und die USA wurden die einzige und alleinige Macht auf der Erde, und der Frieden währte ewig.