Wie (fast) jeden Tag
Es war schon dunkel und sie lag noch immer wach. Die Rolläden waren runtergezogen, damit nichts eindringen konnte, kein Licht, keine Dunkelheit und auch nicht die Kreaturen, die die Finsternis so mit sich zieht. Mücken, Motten, Fliegen. Nur der Strahl künstlichen Lichtes fiel auf ihr Gesicht. Sorgenfalten, kleine Hügel aus Haut, hatten sich gebildet. Natürlich, sie hatte ja auch nie erwartet, das es einfach sein würde und dennoch gehofft. Es kommt so manches mal vor, das man sich etwas einbildet nur um zu glauben, das es wahr werden würde. Irgendwie kompliziert. Beides. Also, wenn sie dann mal angenommen beides verbinden würde, eine Vorstellung davon bekommen könnte wie es funktioniert, wie es wirklich funktioniert, nicht so wie alle darüber redeten, als hätten sie eine Ahnung, was sicherlich nicht der Fall war, oder? Naja wenn sie so genau darüber nachdachte, wusste sie es gar nicht. Man hat nur manchmal die Idee, man wüsste im Grunde bescheid, um sich Momente später schmerzlich daran zu erinnern, das man es doch nicht weiß. Irgendwie verwirrend, sehr verwirrend.
Die Aufgabe, die sie lösen musste, noch heute abend (obwohl zu dieser späten Stunde ihr Körper anfing zu rebellieren), konnte nicht mehr länger verschoben werden, wie all die Tage zuvor. Ihre Augen huschten in ungewöhnlicher Schnelligkeit über das Papier. Sie brannten. Es war ein Augenblick der Dunkelheit, den sie jetzt benötigten und Wasser. Die Flüssigkeit, die den Brand zu löschen vermochte. Nur noch ein paar Zeilen, dann war es geschafft. Eigentlich nicht, doch sie überlegte kurz. Nun so gesehen hatte sie einfach und dermaßen keine Lust mehr. Irgendwo in ihrem Hinterkopf pochte es und sie nahm die Geräusche der Umgebung nur noch gedämpft wahr. Ein entscheidender letzter Blick auf die noch ungelesenen Sätze. Weggelegt, ausgemacht, hingelegt. Ein kurzer Moment der Ruhe, es folgte Stille. Dann geraschel und die wärmende Bettdecke zur Seite geschoben. Die Blase drückte, wie immer, sie hätte es wissen müssen. Mit tapsenden Schritten also in Richtung Bad. Die kalten Fließen waren unangenehm und sie wünschte sich sehnlicher denn je zurück. Während sie so saß und wartete, betrachtete sie das Klopapier in ihrer Hand. Es waren Fische darauf. Nur Fische, blaue,aber kein Wasser. Und plötzlich fand sie das ziemlich komisch. Fische ohne Wasser! Noch immer lachend schleppte sie sich wieder ins Bett. Inzwischen hatten sich ganz viele kleine Hügel auf ihrer Haut gebildet. Verdammt noch mal, die kälte kroch ihr bis unter die Fingernägel.
Die Decke spendete wunderbare Wärme. Nicht lange und die Gedanken schweiften ab. Weg von unlösbaren Aufgaben, kalten Fließen oder gar blauen Fischen ohne Wasser. Die wollige Sicherheit des Schlafes überkam sie, unwissend, das sie nur ein paar Stunden später das schlechte Gewissen überkommen würde, wie jeden Tag, oder eher fast jeden Tag. Doch zunächst einmal war das unwichtig. Ein neuer Tag würde kommen, dies war das Einzige,was wirklich sicher war, obwohl nicht einmal das.