Aus meiner Sicht liegt es daran, was das Schreiben für jeden einzelnen darstellt und ich denke, so erwartete er/sie im allgemeinen auch die anderen Geschichten. Wie man sieht, gibt es da ganz unterschiedliche Philosophien.
Ich möchte es mal kategorisieren, obwohl ich weiß, daß es viele Zwischenstati gibt und nicht alles zutrifft, aber das ist meine Einordnung, die ich im Laufe der Jahre gebildet habe (mir ist klar, daß das Risiko für einen kollektiven Aufschrei sehr hoch ist, denn niemand läßt sich irgendwo reindrängen aber ich betone nochmal die Kategorien sind die Extreme und die meisten liegen sowieso irgendwo dazwischen):
A) Menschen, die über Ihr tägliches Leben schreiben
Hier gibt es die "Tagebuchschreiber" und solche, die über den Tagebuchrand hinweggekommen sind und die Geschichten schreiben, die Menschen der näheren Umgebung charakterisieren, Erlebnisse überbespitzt und lustig wiedergeben. Anekdoten würde ich mal sagen.
Geschichten sind es für mich nicht, denn sie erschließen sich oftmals nur der näheren Umgebung (so sind sie auch gedacht). D.h. handwerklich fehlt die literarische Verallgemeinerung und eine Aussage. Interessant und lustig für die, die den Autoren kennen bzw. so auch noch näher kennenlernen. Aber Außenstehende haben es oft schwer.
Gewiß, es wird ein Spiegel vorgehalten und der ist immer ganz heilsam, aber ich will auch noch die Meinung des Autoren, eine Art Stellungnahme, Motiv oder Grund herauslesen können. Das fehlt m.E. weil es oft nicht der Antrieb ist.
Andere, die den Antrieb haben, es zu verallgemeinern, überschneiden sich dann mit C1 (siehe unten), denn sie bringen ihre Geschichten einem allgemeinen Publikum näher. Für mich sind das dann aber keine Geschichten (im Sinne von Fiktion) sondern gute Berichte, die ein Eintauchen in die Welt des anderen erlauben. Aber mir sind diese oft zu offensichtlich, zu einfach.
Natürlich gibt es da auch Ausnahmen.
B) Menschen, die gern schreiben wollen und sich einfach mal hinsetzen
Das sind die "Künstler", wie ich sie (zugegeben etwas abfällig) bezeichne. Die sich also hinsetzen und in sich hineinhorchen und was rausholen. Abstrakte Bilder, verwobene Linien, Gedanken. Diese Menschen schreiben eher für sich, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Um ein Ventil zu haben.
Diese Geschichten sind oft anstrengend zu lesen, weil sie so viele Bilder haben und Fäden, die sich nicht auflösen, manchmal verhaken sie, ergeben eine interessante Sicht frei, am Ende steht man jedoch abgekämpft da und ist so leer, wie vorher
C) Geschichtenschreiber
die sich Unterteilen in
C1) Erzähler, Beschreiber
Das sind die, die etwas sagen wollen und die dann überlegen, wie sie es in einen Plot einbauen können. Oftmals isses ja nur ein Gedanke, eine Situation. Das wird dann aufgepumpt mit Beschreibungen von Türklinken, Parkettböden und Rockfalten. Hier frage ich mich am Ende oft, warum es so schwer war und warum es nicht kürzer geht
C2) Puristen
Jene, die schmörkellos ihr Ziel verfolgen, die genau wissen, wo sie hinwollen und da auch auf dem Wege hingelangen, der einen gewünschten Effekt erzeugt. Dort verfolgt jedes Wort ein Ziel
Ich gebe zu, daß gerade C2 meinem Ideal von einem Autoren von Kurzgeschichten (Short Stories) sehr nahe kommt. Mich interessiert, wie die Menschen handeln, reagieren, was sie fühlen, denken und fürchten und natürlich, was der Autor mir mit seiner Geschichte sagen will. Ich erwarte, daß er mir was sagt! Und ich mag, wenn es nicht deutlich gesagt wird, sondern wenn man es in ihrem Handeln erkennen kann.
Also wenn in dem Zimmer ein Aquarium steht, dann interessiert mich die Farbe der Fische nur, wenn das eine Rolle spielt, wenn es die Leute näher charakterisiert.
Ich gebe auch zu, daß ich noch nicht lange hier bin und viel gelesen habe, aber aus meiner Sicht könnten viele Geschichten viel kürzer und knackiger und damit für mich interessanter sein. Aber wie gesagt, das ist mein Geschmack und meine Meinung von einer Kurzgeschichte, die eben keine Erzählung ist.
Und ich bin nicht sicher, ob ich einfach rumrennen kann und jedem diese Meinung unter die Nase reiben und dahingehend die Geschichte kritisieren sollte. Aus meiner Sicht,eher nicht. D.h. je mehr ich damit etwas anfangen kann, desto eher würde ich etwas schreiben.
Am Ende ist kann sich ja jeder das herausnehmen, was er will und wenn mich eine Geschichte nicht packt, dann kann ich wieder rausspringen, muß nicht weiterlesen. Schön ist doch, daß es ein Forum gibt, wo man seine Texte reinstellen kann und Feedback bekommt und ich glaube, daß hat sich auch so eingepegelt. D.h. man gibt einen Kommentar dort ab, wo man interessiert ist. Ich würde mich niemals anmaßen, eine Geschichte auseinanderzunehmen, wo ich nicht durchsehe. Denn ich gehe von meinem Anspruch aus und der Autor von seinem und so wird er mit meiner Kritik nicht viel anfangen kann, außer ich versuche mich in die Sache einzufühlen, was schwer ist, denn ich habe meine eigenen Vorstellung.
Aber wie gesagt, ich glaube das hat sich ja eingepegelt. Die meisten lesen die Geschichten der Leute, die ihnen was bringen und sagen auch dort genau, was Phase ist und bei anderen Sachen kommt dann eher ein vorsichtiger, anerkennender Kommentar, die dem Autor zeigt, daß man es gelesen hat. Perspektivfehler und Rechtschreibung kann aber jeder raus machen
Aus meiner Sicht ist ein interessanter Autor niemand, der z.B. beobachtet, wie einarmiger Fahrrad fährt und das dann 1:1 beschreibt, indem er von staubigen Straße, dem heißen Nachmittag und der schwülen Hitze schreibt bevor er zur ausgemerkelten Gestalt des Mannes kommt, der auch noch eine Narbe auf der Wange und das rechte Hosenbein hochgekrempelt hat.
sondern, der daraus etwas entwickelt, der über das Gesehene hinausdenkt:
- Wie hat er seinen Arm verloren?
- Was macht er, wenn er abbiegen will?
- Was bringt ihn dazu, in so einem Zustand Fahrrad zu fahren? Wo will er hin
- Wie oft fährt er da lang?
Und der daraus eine fiktive Figur erschafft, die
z.B.
a) von der Gesellschaft ausgegrenzt wurde
b) auf heldenhafte Weise den Arm verloren hat
c) was total sinnloses angestellt hat und dabei den Arm verloren hat
Und wo ich damit etwas rausziehe über Handlungsweisen von Menschen, über unser Gesellschaft, über das Leben in Brasilien.
Es gibt Autoren, die in Bildern und nur in Bildern schreiben, die aber auch dem Beobachteten etwas hinzufügen bzw. Details und Blickwinkel hinzusetzen, die mir neu sind und darum interessieren könnten. Aber ich glaube, die findet man bei Kurzgeschichten sehr selten.
Aber wie gesagt, daß ist lediglich mein Anspruch ans Schreiben und da ich mich in dieser Richtung weiterentwickeln will, suche ich mir Leute, die auch auf dieser Welle schwimmen. Anderen bringen persönliche Erfahrungsberichte mehr.
Wie gesagt, wir sind freie Individuen und können das machen, was wir wollen